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BAG, Ur­teil vom 17.03.2016, 1 AZR 254/04

   
Schlagworte: Abfindung, Kündigung, Kündigungsschutzklage
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 1 AZR 254/04
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 17.03.2016
   
Leitsätze:

1. Sozialplanleistungen dürfen nicht vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden. An dieser Rechtslage hat sich durch den zum 1. Januar 2004 neu eingeführten § 1a KSchG nichts geändert.

2. Die Betriebsparteien sind nicht gehindert, bei einer Betriebsänderung im Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Planungssicherheit zusätzlich zu einem Sozialplan in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung Leistungen für den Fall vorzusehen, dass der Arbeitnehmer von der Möglichkeit zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage keinen Gebrauch macht. Das Verbot, Sozialplanleistungen von einem entsprechenden Verzicht abhängig zu machen, darf dadurch nicht umgangen werden.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Flensburg, Urteil vom 18.09.2003 - 2 Ca 533/03
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 20.04.2004 - 5 Sa 539/03
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am 31. Mai 2005

UR­TEIL

Klapp, Ur­kunds­be­am­ter der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Kläger, Be­ru­fungs­be­klag­ter und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

hat der Ers­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 31. Mai 2005 durch die Präsi­den­tin des Bun­des­ar­beits­ge­richts Schmidt, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Kreft und Lin­sen­mai­er so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Rösch und Kunz für Recht er­kannt:

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1. Auf die Re­vi­si­on der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Lan­des-ar­beits­ge­richts Schles­wig-Hol­stein vom 20. April 2004 - 5 Sa 539/03 - auf­ge­ho­ben.

2. Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Ar­beits-ge­richts Flens­burg vom 18. Sep­tem­ber 2003 - 2 Ca 533/03 - ab­geändert, so­weit es der Kla­ge statt­ge­ge­ben hat:

Die Kla­ge wird ins­ge­samt ab­ge­wie­sen.

3. Der Kläger hat die ge­sam­ten Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über ei­nen Ab­fin­dungs­an­spruch aus ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung.

Der Kläger war bei der Be­klag­ten seit dem 18. Ja­nu­ar 1994 als Ma­schi­nen­ein­rich­ter zu ei­nem mo­nat­li­chen Brut­to­ge­halt von zu­letzt 2.406,80 Eu­ro beschäftigt. Anläss­lich ei­ner Be­triebsände­rung ver­ein­bar­te die Be­klag­te mit dem Be­triebs­rat am 21. Fe­bru­ar 2003 ei­nen In­ter­es­sen­aus­gleich und So­zi­al­plan (BV So­zi­al­plan). Die­ser sieht Ab­fin­dun­gen vor für Ar­beit­neh­mer, de­nen in­fol­ge der Be­triebsände­rung gekündigt wird. Nach Nr. VI.1 BV So­zi­al­plan er­rech­net sich der Ab­fin­dungs­be­trag nach der For­mel Al­ter x Be­triebs­zu­gehörig­keit x Brut­to­mo­nats­ver­dienst : 50. Eben­falls am 21. Fe­bru­ar 2003 schlos­sen die Be­triebs­par­tei­en „ergänzend zu dem In­ter­es­sen­aus­gleich und So­zi­al­plan“ ei­ne „Be­triebs­ver­ein­ba­rung (Out­pla­ce­ment, Ab­wick­lungs­ver­trag)“ (BV Out­pla­ce­ment). Die­se enthält ua. fol­gen­de Re­ge­lun­gen:

2.

An­spruch auf Grup­pen­out­pla­ce­ment

Den in vor­ste­hen­der Num­mer eins ge­nann­ten Mit­ar­bei­tern wird ein Grup­pen­out­pla­ce­ment­pro­gramm gewährt. Al­le Ein­zel­hei­ten, ins­be­son­de­re den Um­fang des Pro­gramms han­delt die Geschäftsführung mit dem Ver­an­stal­ter Fir­ma von R. aus.
Die Gewährung des Grup­pen­out­pla­ce­ment­pro­gram­mes setzt vor­aus, dass der Mit­ar­bei­ter in­ner­halb von 7 Ta­gen nach Er­halt der Kündi­gungs­erklärung schrift­lich auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge ver­zich­tet. Es soll ein Ab­wick­lungs­ver­trag ab­ge­schlos­sen wer-

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den, wie er in nach­ste­hen­der Num­mer 3 vor­ge­se­hen ist (oh­ne Num­mer 3.2).

3.

An­spruch auf Ab­schluss ei­nes Ab­wick­lungs­ver­tra­ges

Je­der der in vor­ste­hen­der Num­mer 1 ge­nann­ter Mit­ar­bei­ter, der auf den Grup­pen­out­pla­ce­ment­an­spruch (Nr. 2) so­wie auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge in­ner­halb von 7 Ta­gen nach Aus­spruch der Kündi­gung schrift­lich ge­genüber der Per­so­nal­ab­tei­lung ver­zich­tet, hat den An­spruch auf Ab­schluss ei­nes Ab­wick­lungs­ver­tra­ges, ins­be­son­de­re zu den fol­gen­den Be­din­gun­gen:

3.1 Das An­stel­lungs­verhält­nis zwi­schen den Ver­trags­par­tei­en en­det auf Grund der Kündi­gung der Ge­sell­schaft aus be­triebs­be­ding­ten Gründen zu dem in der Kündi­gung vor­ge­se­he­nen Be­en­di­gungs­ter­min.

3.2 Wenn der Mit­ar­bei­ter auf sei­nen An­spruch auf ein Grup­pen­out­pla­ce­ment­pro­gramm nach die­ser Be­triebs­ver­ein­ba­rung ver­zich­tet, erhöht sich die Ab­fin­dung des Mit­ar­bei­ters gemäß dem So­zi­al­plan vom 21.02.03 um ein Brut­to-Mo­nats­ge­halt. Die Ab­fin­dung wird spätes­tens mit der letz­ten Ge­halts­ab­rech­nung aus­ge­zahlt, wenn bis da­hin al­le Ge­genstände zurück­ge­ge­ben wor­den sind.“

Mit Schrei­ben vom 28. März 2003 kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis des Klägers aus be­triebs­be­ding­ten Gründen zum 31. Mai 2003. Sie zahl­te dem Kläger die ihm nach der BV So­zi­al­plan zu­ste­hen­de Ab­fin­dung von rund 13.000,00 Eu­ro.
Der Kläger hat am 8. April 2003 Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­ho­ben und hilfs­wei­se die Zah­lung von 2.406,80 Eu­ro ver­langt. Er hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die in der BV Out­pla­ce­ment vor­ge­se­he­ne Ver­knüpfung des An­spruchs auf die Erhöhung der Ab­fin­dung um ein Mo­nats­ge­halt mit dem Ver­zicht auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge sei un­zulässig. Sie ver­s­toße ge­gen den Gleich­be­hand­lungs­grund­satz des § 75 Abs. 1 Be­trVG und ge­gen das Maßre­ge­lungs­ver­bot des § 612a BGB. Des­halb könn­ten auch Ar­beit­neh­mer, die von ih­rem Recht auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge Ge­brauch ge­macht hätten, die erhöhte Ab­fin­dung ver­lan­gen.

Der Kläger hat - so­weit für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren noch von Be­deu­tung - be­an­tragt,

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn über die in Ziff. VI des In­ter­es­sen­aus­gleichs und So­zi­al­plans vom 21. Fe­bru­ar 2003 vor­ge­se­he­ne Ab­fin­dung hin­aus ei­nen wei­te­ren Ab­fin­dungs­be­trag in Höhe von 2.406,80 Eu­ro zu zah­len.

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Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die von ihr frei­wil­lig zusätz­lich zu der BV So­zi­al­plan ab­ge­schlos­se­ne BV Out­pla­ce­ment sei wirk­sam. Die Ver­knüpfung der dar­in vor­ge­se­he­nen Leis­tun­gen mit dem Ver­zicht auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge die­ne ih­rem be­rech­tig­ten In­ter­es­se an ei­ner ra­schen Be­rei­ni­gung und an Pla­nungs­si­cher­heit.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kündi­gungs­schutz­kla­ge ab­ge­wie­sen und die Be­klag­te auf den Hilfs­an­trag zur Zah­lung von 2.406,80 Eu­ro ver­ur­teilt. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die hier­ge­gen von der Be­klag­ten ein­ge­leg­te Be­ru­fung zurück­ge­wie­sen. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on be­gehrt die Be­klag­te wei­ter­hin die Ab­wei­sung auch des Zah­lungs­an­trags.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ist be­gründet. Die Vor­in­stan­zen ha­ben der Zah­lungs­kla­ge zu Un­recht ent­spro­chen. Dem Kläger steht nach der BV Out­pla­ce­ment kein Ab­fin­dungs­an­spruch zu, da er nicht auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge ver­zich­tet hat. Die­se in der BV Out­pla­ce­ment vor­ge­se­he­ne An­spruchs­vor­aus­set­zung verstößt we­der ge­gen den be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz des § 75 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG noch ge­gen das Maßre­ge­lungs­ver­bot des § 612a BGB.

I. Der Kläger hat kei­nen Ab­fin­dungs­an­spruch nach der BV Out­pla­ce­ment.

1. Vor­aus­set­zung für ei­nen An­spruch auf ei­ne wei­te­re Ab­fin­dung in Höhe ei­nes Brut­to­mo­nats­ge­halts ist nach Nr. 3.2 BV Out­pla­ce­ment der Ab­schluss des in Nr. 3 Satz 1 BV Out­pla­ce­ment vor­ge­se­he­nen Ab­wick­lungs­ver­trags. Ge­gen­stand ei­nes Ab­wick­lungs­ver­trags ist nach Nr. 3.1 BV Out­pla­ce­ment die Be­en­di­gung des An­stel­lungs­verhält­nis­ses zu dem in der Kündi­gung vor­ge­se­he­nen Be­en­di­gungs­ter­min. Vor­aus­set­zung für den Ab­schluss ei­nes sol­chen Ab­wick­lungs­ver­trags ist nach Nr. 3 Satz 1 BV Out­pla­ce­ment der in­ner­halb von 7 Ta­gen nach Aus­spruch der Kündi­gung schrift­lich ge­genüber der Per­so­nal­ab­tei­lung zu erklären­de Ver­zicht auf den Grup­pen­out­pla­ce­ment­an­spruch und auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge.

2. Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind nicht erfüllt.

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a) Der Kläger hat kei­nen Ab­wick­lungs­ver­trag mit der Be­klag­ten ge­schlos­sen. Er hat mit der Be­klag­ten nicht ver­ein­bart, dass sein Ar­beits­verhält­nis aus be­triebs­be­ding­ten Gründen zum 31. Mai 2003 en­det. Er hat ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­ho­ben, die vom Ar­beits­ge­richt rechts­kräftig ab­ge­wie­sen wur­de.

b) Der Kläger hat­te nach der BV Out­pla­ce­ment auch kei­nen An­spruch auf den Ab­schluss ei­nes Ab­wick­lungs­ver­trags. Vor­aus­set­zung hierfür wäre der Ver­zicht auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge ge­we­sen. Die­sen hat der Kläger nicht erklärt.

II. Ent­ge­gen der Be­ur­tei­lung des Lan­des­ar­beits­ge­richts sind die Re­ge­lun­gen in Nr. 2 Abs. 2 Satz 1 und in Nr. 3 Satz 1 BV Out­pla­ce­ment wirk­sam. Die Be­triebs­par­tei­en durf­ten den An­spruch auf das Grup­pen­out­pla­ce­ment und die wei­te­re Ab­fin­dung vom Ver­zicht des Ar­beit­neh­mers auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge abhängig ma­chen. Die Zulässig­keit ei­ner sol­chen Re­ge­lung ist abhängig vom Zweck der je­wei­li­gen Leis­tung. Während bei er­zwing­ba­ren So­zi­al­plan­leis­tun­gen ei­ne der­ar­ti­ge Ver­knüpfung un­zulässig ist, kann sie in frei­wil­li­gen Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen, mit de­nen an­de­re Leis­tungs­zwe­cke ver­folgt wer­den, vor­ge­nom­men wer­den.

1. Nach bis­lang ganz über­wie­gen­der Auf­fas­sung in Recht­spre­chung und Schrift­tum dürfen Leis­tun­gen in So­zi­alplänen iSv. § 112 Abs. 1 Satz 2 Be­trVG, die dem Aus­gleich oder der Ab­mil­de­rung der mit ei­ner Be­triebsände­rung für die Ar­beit­neh­mer ver­bun­de­nen wirt­schaft­li­chen Nach­tei­le die­nen, nicht vom Ver­zicht auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge abhängig ge­macht wer­den (vgl. BAG 20. De­zem­ber 1983 -1 AZR 442/82 - BA­GE 44, 364; 20. Ju­ni 1985 - 2 AZR 427/84 - AP Be­trVG 1972 § 112 Nr. 33 = EzA KSchG § 4 Aus­gleichs­quit­tung Nr. 1, zu B II 1 a der Gründe; LAG Ba­den-Würt­tem­berg 16. Sep­tem­ber 1997 - 8 Sa 77/97 - NZA-RR 1998, 358; LAG Nie­der­sach­sen 16. Au­gust 2002 - 10 Sa 409/02 - NZA-RR 2003, 578; DKK-Däubler 9. Aufl. §§ 112, 112a Rn. 43; Fit­ting 22. Aufl. §§ 112, 112a Rn. 169; HWK/Ho­hen­statt/ Wil­lem­sen Be­trVG § 112 Rn. 54; Hess in HSWG 6. Aufl. Be­trVG § 112 Rn. 94; ErfK/Ka­nia 5. Aufl. §§ 112, 112a Be­trVG Rn. 23; MünchArbR-Mat­thes 2. Aufl. Bd. 3 § 362 Rn. 14; Ri­char­di/An­nuß Be­trVG 9. Aufl. § 112 Rn. 112; aA neu­er­dings un­ter Hin­weis auf § 1a KSchG nF Busch BB 2004, 267 ff.; Ha­nau ZIP 2004, 1169, 1177 f.; Raab RdA 2005, 1, 10 f.). Dar­an hält der Se­nat grundsätz­lich fest. Die Einführung des § 1a KSchG hat die Rechts­la­ge in­so­weit nicht verändert.

a) Ob sich die Un­wirk­sam­keit ei­ner der­ar­ti­gen So­zi­al­plan­be­stim­mung be­reits aus der feh­len­den Re­ge­lungs­macht der Be­triebs­par­tei­en er­gibt (so BAG 20. De­zem­ber

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1983 - 1 AZR 442/82 - BA­GE 44, 364), ist al­ler­dings frag­lich. Bei ei­nem Ei­ni­gungs­stel­len­spruch stellt der Um­fang der er­zwing­ba­ren Mit­be­stim­mungs­rech­te des Be­triebs­rats ei­ne Gren­ze der Re­ge­lungs­be­fug­nis dar. Der Ei­ni­gungs­stel­le ist es ver­wehrt, ge­gen den Wil­len des Ar­beit­ge­bers Re­ge­lun­gen über ei­nen Ge­gen­stand zu tref­fen, der nicht der er­zwing­ba­ren Mit­be­stim­mung des Be­triebs­rats un­terfällt. Bei ein­ver­nehm­li­chen Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen ist da­ge­gen die Re­ge­lungs­be­fug­nis der Be­triebs­par­tei­en nicht auf die Ge­genstände des § 88 Be­trVG be­schränkt. Die Be­triebs­par­tei­en ha­ben in den Schran­ken des § 77 Abs. 3 Be­trVG grundsätz­lich ei­ne um­fas­sen­de Re­ge­lungs­kom­pe­tenz (vgl. BAG GS 7. No­vem­ber 1989 - GS 3/85 - BA­GE 63, 211, zu C I 2 b und c der Gründe; Fit­ting 22. Aufl. § 88 Rn. 2 mwN). Da­her spricht vie­les dafür, dass Re­ge­lun­gen in ei­nem ein­ver­nehm­lich ver­ein­bar­ten So­zi­al­plan nicht al­lein des­halb un­wirk­sam sind, weil sie nicht der Funk­ti­on des So­zi­al­plans die­nen und da­her nicht er­zwun­gen wer­den könn­ten.

b) Die­se Fra­ge muss hier nicht ent­schie­den wer­den. Die Un­wirk­sam­keit ei­ner Re­ge­lung in ei­nem So­zi­al­plan, die den An­spruch der be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer auf ei­ne Ab­fin­dung zum Aus­gleich oder zur Mil­de­rung der mit der Be­triebsände­rung ver­bun­de­nen wirt­schaft­li­chen Nach­tei­le vom Ver­zicht auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge abhängig macht, folgt je­den­falls aus § 75 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG (so auch BAG 20. De­zem­ber 1983 - 1 AZR 442/82 - BA­GE 44, 364). Ob ei­ne sol­che Re­ge­lung auch ge­gen § 612a BGB verstößt (so LAG Nie­der­sach­sen 16. Au­gust 2002 - 10 Sa 409/02 - NZA-RR 2003, 578; ErfK/Preis 5. Aufl. § 612a BGB Rn. 15; Fit­ting 22. Aufl. §§ 112, 112a Rn. 169; Ri­char­di/An­nuß Be­trVG 9. Aufl. § 112 Rn. 112; Schlie­mann in ArbR BGB 2. Aufl. § 612a Rn. 20), kann des­halb eben­falls da­hin­ste­hen.

aa) Die Be­triebs­par­tei­en ha­ben bei So­zi­alplänen - wie auch sonst bei Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen - den be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz des § 75 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG zu be­ach­ten, dem wie­der­um der all­ge­mei­ne Gleich­heits­satz des Art. 3 Abs. 1 GG zu­grun­de liegt (vgl. zu­letzt BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zur Veröffent­li­chung vor­ge­se­hen <zVv.>, zu 3 a der Gründe). Er zielt dar­auf ab, ei­ne Gleich­be­hand­lung von Per­so­nen in ver­gleich­ba­ren Sach­ver­hal­ten si­cher­zu­stel­len und ei­ne gleich­heits­wid­ri­ge Grup­pen­bil­dung aus­zu­sch­ließen. Maßgeb­lich für das Vor­lie­gen ei­nes die Bil­dung un­ter­schied­li­cher Grup­pen recht­fer­ti­gen­den Sach­grunds ist vor al­lem der mit der Re­ge­lung ver­folg­te Zweck (vgl. BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - aaO). Macht ein So­zi­al­plan den Ver­zicht auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge zur Vor­aus­set­zung für den An­spruch auf die So­zi­al­plan­ab­fin­dung, er­folgt ei­ne Grup­pen­bil-

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dung, wel­che die An­wen­dung des Gleich­heits­sat­zes ermöglicht und ge­bie­tet. Die Ar­beit­neh­mer, wel­che nicht auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge ver­zich­ten, wer­den hin­sicht­lich der So­zi­al­plan­ab­fin­dung schlech­ter be­han­delt als die­je­ni­gen, die von der ge­richt­li­chen Über­prüfung der Wirk­sam­keit der Kündi­gung ab­se­hen.

bb) Die­se Un­gleich­be­hand­lung ist nach Sinn und Zweck des So­zi­al­plans sach­lich nicht ge­recht­fer­tigt. Nach § 112 Abs. 1 Satz 2 Be­trVG ist ein So­zi­al­plan ei­ne Ei­ni­gung über den Aus­gleich oder die Mil­de­rung der wirt­schaft­li­chen Nach­tei­le, die den Ar­beit­neh­mern in­fol­ge der ge­plan­ten Be­triebsände­rung ent­ste­hen. Auf die­se Aus­gleichs- und Über­brückungs­funk­ti­on stellt der Se­nat bei der Aus­le­gung so­wie der recht­li­chen Über-prüfung von So­zi­alplänen in ständi­ger Recht­spre­chung ent­schei­dend ab (vgl. et­wa 14. Au­gust 2001 - 1 AZR 760/00 - AP Be­trVG 1972 § 112 Nr. 142 = EzA Be­trVG 1972 § 112 Nr. 108, zu III 1 a der Gründe; 21. Ok­to­ber 2003 - 1 AZR 407/02 - BA­GE 108, 147, zu I 1 der Gründe mwN). Darüber hin­aus hat ein So­zi­al­plan ei­ne Be­frie­dungs­funk­ti­on (vgl. et­wa 14. Au­gust 2001 - 1 AZR 760/00 - aaO; 21. Ok­to­ber 2003 - 1 AZR 407/00 - aaO, zu I 2 der Gründe). Dies recht­fer­tigt es ua., bei So­zi­al­plan­ab­fin­dun­gen auch an Kri­te­ri­en wie Le­bens­al­ter und Be­triebs­zu­gehörig­keit an­zu­knüpfen. Ei­ne „Be­rei­ni­gungs­funk­ti­on“ zur Her­beiführung von Pla­nungs­si­cher­heit kommt ei­nem So­zi­al­plan da­ge­gen nicht zu (vgl. BAG 20. De­zem­ber 1983 - 1 AZR 442/82 - BA­GE 44, 364). Er dient nicht da­zu, die in­di­vi­du­al­recht­li­chen Ri­si­ken des Ar­beit­ge­bers bei der Durchführung der Be­triebsände­rung zu re­du­zie­ren oder gar zu be­sei­ti­gen. Wird ein So­zi­al­plan gleich­wohl so aus­ge­stal­tet, ver­fehlt er sei­ne Funk­ti­on. Dies ist der Fall, wenn der An­spruch auf So­zi­al­plan­ab­fin­dun­gen von dem in­di­vi­du­al­recht­li­chen Ver­zicht des Ar­beit­neh­mers zur ge­richt­li­chen Über­prüfung ei­ner ihn be­tref­fen­den Kündi­gung abhängig ge­macht wird (vgl. BAG 20. De­zem­ber 1983 - 1 AZR 442/82 - aaO). Ei­ne der­ar­ti­ge Be­din­gung hat nichts mit den wirt­schaft­li­chen Nach­tei­len zu tun, die den be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mern durch die Be­triebsände­rung ent­ste­hen. Die wirt­schaft­li­chen Nach­tei­le der Ar­beit­neh­mer, die nach - ver­lo­re­ner - Kündi­gungs­schutz­kla­ge ih­ren Ar­beits­platz ver­lie­ren, sind nicht ge­rin­ger als die Nach­tei­le der­je­ni­gen, die kei­nen Kündi­gungs­schutz­pro­zess führen. Kei­ne oder zu­min­dest nicht die­sel­ben wirt­schaft­li­chen Nach­tei­le ent­ste­hen al­ler­dings für die Ar­beit­neh­mer, die ih­ren Kündi­gungs­schutz­pro­zess ge­win­nen, be­hal­ten sie doch den Ar­beits­platz. Da­her ist es auch sach­lich ge­recht­fer­tigt, die Fällig­keit des So­zi­al­plan­an­spruchs bis zum Ab­schluss ei­nes et­wai­gen Kündi­gungs­schutz­pro­zes­ses hin­aus­zu­schie­ben (vgl. BAG 20. Ju­ni 1985 - 2 AZR 427/84 - AP Be­trVG 1972 § 112 Nr. 33 = EzA KSchG § 4 Aus­gleichs­quit­tung Nr. 1, zu B II 1 b aa der Gründe).

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cc) An die­ser Rechts­la­ge hat sich durch die am 1. Ja­nu­ar 2004 in Kraft ge­tre­te­ne Vor­schrift des § 1a Abs. 1 KSchG nichts geändert. Die Re­ge­lung be­legt zwar, dass nach den Wer­tun­gen des Ge­setz­ge­bers die Ver­knüpfung ei­nes in­di­vi­du­el­len Ab­fin­dungs­an­spruchs mit der Nicht­wahr­neh­mung des Kla­ge­rechts nach § 4 Satz 1 KSchG von der Rechts­ord­nung ge­bil­ligt wird. Aus ihr kann aber für So­zi­al­plan­ansprüche nichts her­ge­lei­tet wer­den (aA Busch BB 2004, 267 ff.; Ha­nau ZIP 2004, 1169, 1177 f.; Raab RdA 2005, 1, 10 f.). Durch § 1a KSchG soll ei­ne „ein­fach zu hand­ha­ben­de, mo­der­ne und unbüro­kra­ti­sche Al­ter­na­ti­ve zum Kündi­gungs­schutz­pro­zess“ ge­schaf­fen wer­den (vgl. BT-Drucks. 15/1204 S. 12). Der in § 1a KSchG vor­ge­se­he­ne Ab­fin­dungs­an­spruch ent­spricht sei­nem Cha­rak­ter nach ei­ner ein­zel­ver­trag­lich zwi­schen Ar­beit­neh­mer und Ar­beit­ge­ber für die Hin­nah­me ei­ner Kündi­gung ver­ein­bar­ten Ab­fin­dung. Da­mit sind So­zi­al­plan­leis­tun­gen nicht ver­gleich­bar (vgl. BAG 20. De­zem­ber 1983 - 1 AZR 442/82 - BA­GE 44, 364). An­ders als bei ei­ner in ei­nem Kündi­gungs­schutz­pro­zess ver­gleichs­wei­se ver­ein­bar­ten oder nach § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG ver­spro­che­nen Ab­fin­dung steht es bei ei­ner So­zi­al­plan­ab­fin­dung nicht im Be­lie­ben des Ar­beit­ge­bers, ob er sich auf die­se einlässt. Viel­mehr be­gründet die Be­triebsände­rung ei­nen - er­for­der­li­chen­falls über die Ei­ni­gungs­stel­le er­zwing­ba­ren - An­spruch des Be­triebs­rats auf Ab­schluss ei­nes So­zi­al­plans (BAG 20. De­zem­ber 1983 - 1 AZR 442/82 - aaO). Außer­dem geht ein So­zi­al­plan, der für den Ver­lust der Ar­beitsplätze Ab­fin­dun­gen vor­sieht, von der Wirk­sam­keit der Kündi­gun­gen aus. An­dern­falls träte ein aus­zu­glei­chen­der oder ab­zu­mil­dern­der Ver­lust nicht ein. Da­ge­gen wird ei­ne in­di­vi­du­al­recht­li­che Ab­fin­dung re­gelmäßig auch im Hin­blick auf das Ri­si­ko des Ar­beit­ge­bers ver­ein­bart, dass sich die Kündi­gung in ei­nem Kündi­gungs­schutz­pro­zess als un­wirk­sam er­wei­sen könn­te. Die­ses Ri­si­ko soll durch die an die Hin­nah­me der Kündi­gung oder die ein­ver­nehm­li­che Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­knüpfte Ab­fin­dung be­sei­tigt wer­den. Ei­ne So­zi­al­plan­ab­fin­dung hat da­mit ei­ne völlig an­de­re Funk­ti­on als die Ab­fin­dung nach § 1a KSchG.

2. Auch wenn So­zi­al­plan­leis­tun­gen nicht vom Ver­zicht des Ar­beit­neh­mers auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge abhängig ge­macht wer­den dürfen, ist den Be­triebs­par­tei­en nicht jeg­li­che Re­ge­lung ver­bo­ten, durch die im Fal­le ei­ner Be­triebsände­rung für die Ar­beit­neh­mer ein fi­nan­zi­el­ler An­reiz ge­schaf­fen wer­den soll, ei­ne Kündi­gung zu ak­zep­tie­ren. Je­den­falls dann, wenn die Be­triebs­par­tei­en ih­rer Pflicht zur Auf­stel­lung ei­nes So­zi­al­plans nach­ge­kom­men sind, können sie frei­wil­lig ei­ne kol­lek­tiv-recht­li­che Re­ge­lung tref­fen, die im In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an als­bal­di­ger Pla­nungs­si­cher­heit fi­nan­zi­el­le Leis­tun­gen für den Fall vor­sieht, dass der Ar­beit­neh­mer von der Möglich­keit der Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge kei­nen Ge­brauch macht.

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Das Ver­bot, So­zi­al­plan­ab­fin­dun­gen von ei­nem ent­spre­chen­den Ver­zicht abhängig zu ma­chen, darf da­durch aber nicht um­gan­gen wer­den.

a) Die grundsätz­li­che Be­fug­nis der Be­triebs­par­tei­en zu ei­ner sol­chen frei­wil­li­gen Be­triebs­ver­ein­ba­rung folgt aus § 88 Be­trVG. Ih­re Kom­pe­tenz ist nicht auf die dort aus­drück­lich ge­nann­ten Ge­genstände be­schränkt. In den Schran­ken des § 77 Abs. 3 Be­trVG können grundsätz­lich al­le durch Ta­rif­ver­trag re­gel­ba­re An­ge­le­gen­hei­ten Ge­gen­stand ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung sein. Da­her können Ar­beit­ge­ber und Be­triebs­rat in ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung un­ter Be­ach­tung von zwin­gen­dem höher­ran­gi­gen Recht ua. Re­ge­lun­gen über den In­halt, den Ab­schluss und die Be­en­di­gung von Ar­beits­verhält­nis­sen tref­fen (vgl. BAG GS 7. No­vem­ber 1989 - GS 3/85 - BA­GE 63, 211, zu C I 2 b der Gründe).

b) Ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung, in der Ab­fin­dungs­ansprüche der Ar­beit­neh­mer vom Ver­zicht auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge abhängig ge­macht wer­den, verstößt nicht not­wen­dig ge­gen den auch bei frei­wil­li­gen Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen zu be­ach­ten­den be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz des § 75 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG. Die Grup­pen­bil­dung zwi­schen den Ar­beit­neh­mern, die auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge ver­zich­ten, und den­je­ni­gen, die dies nicht tun, kann viel­mehr durch den Re­ge­lungs­zweck ge­recht­fer­tigt sein. Dies kann ins­be­son­de­re der Fall sein, wenn der Ver­zicht auf die Kündi­gungs­schutz­kla­ge, zu dem die frei­wil­li­ge Leis­tung des Ar­beit­ge­bers ei­nen An­reiz dar­stel­len soll, der ra­schen Be­rei­ni­gung der mit dem Aus­spruch von Kündi­gun­gen ver­bun­de­nen recht­li­chen und wirt­schaft­li­chen Un­si­cher­heit und der Her­stel­lung von Pla­nungs­si­cher­heit dient. Hier­an hat der Ar­beit­ge­ber - wie jetzt auch in § 1a KSchG deut­lich wird - ein an­er­ken­nens­wer­tes In­ter­es­se.

c) Ei­ne sol­che Be­triebs­ver­ein­ba­rung ist nicht et­wa we­gen Ver­s­toßes ge­gen § 612a BGB un­wirk­sam.

aa) Al­ler­dings ha­ben die Be­triebs­par­tei­en bei Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen das Maßre­ge­lungs­ver­bot des § 612a BGB zu be­ach­ten (vgl. ErfK/Preis 5. Aufl. § 612a BGB Rn. 9; Ri­char­di/An­nuß Be­trVG 9. Aufl. § 112 Rn. 112; Münch­Komm-BGB/Müller-Glöge 4. Aufl. § 612a Rn. 13; Schlie­mann in ArbR BGB 2. Aufl. § 612a Rn. 14). Da­bei kann da­hin­ste­hen, ob sich dies aus der un­mit­tel­ba­ren An­wen­dung des § 612a BGB oder mit­tel­bar aus § 75 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG er­gibt. Dem­ent­spre­chend dürfen die Be­triebs­par­tei­en Ar­beit­neh­mer nicht des­halb be­nach­tei­li­gen, weil sie in zulässi­ger Wei­se ih­re Rech­te ausüben.

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bb) Ei­ne Be­nach­tei­li­gung iSv. § 612a BGB setzt nicht not­wen­dig vor­aus, dass sich die Si­tua­ti­on des Ar­beit­neh­mers ge­genüber dem bis­he­ri­gen Zu­stand ver­schlech­tert. Das Maßre­ge­lungs­ver­bot kann auch ver­letzt sein, wenn dem Ar­beit­neh­mer Vor­tei­le vor­ent­hal­ten wer­den, die der Ar­beit­ge­ber an­de­ren Ar­beit­neh­mern gewährt, weil sie ih­re Rech­te nicht aus­geübt ha­ben (vgl. BAG 23. Fe­bru­ar 2000 - 10 AZR 1/99 - BA­GE 94, 11, zu II 6 der Gründe; 12. Ju­ni 2002 - 10 AZR 340/01 - BA­GE 101, 312, zu II 1 a der Gründe; 7. No­vem­ber 2002 - 2 AZR 742/00 - BA­GE 103, 265, zu B I 1 d bb (1) der Gründe mwN; ErfK/Preis 5. Aufl. § 612a BGB Rn. 10; Münch­Komm-BGB/Müller-Glöge 4. Auf. § 612a Rn. 15; HWK/Thüsing § 612a BGB Rn. 9).

cc) Noch nicht ab­sch­ließend geklärt ist in Recht­spre­chung und Schrift­tum die Fra­ge, ob § 612a BGB nur Maßnah­men und Ver­ein­ba­run­gen er­fasst, die der Rechts­ausübung zeit­lich nach­fol­gen, oder auch sol­che, die vor der Rechts­ausübung lie­gen, aber erst später wirk­sam wer­den (vgl. da­zu ins­be­son­de­re HWK/Thüsing § 612a BGB Rn. 7 und 8 mit zahl. Nachw.). Die über­wie­gen­de Auf­fas­sung hält die zeit­li­che Rei­hen­fol­ge für un­er­heb­lich; § 612a BGB sei auch oder ge­ra­de dann an­wend­bar, wenn die be­nach­tei­li­gen­de Maßnah­me oder Ver­ein­ba­rung zeit­lich vor der Rechts­ausübung lie­ge (so So­er­gel/Raab BGB 12. Aufl. § 612a Rn. 11; Stau­din­ger/Ri­char­di BGB 13. Be­ar­bei­tung § 612a Rn. 13; Preis Grund­fra­gen der Ver­trags­ge­stal­tung im Ar­beits­recht S. 172; Gaul NJW 1994, 1025, 1027; je­den­falls im Er­geb­nis so - für ei­ne von der Be­reit­schaft der Ar­beit­neh­mer zur un­be­zahl­ten Ar­beits­zeit­verlänge­rung abhängi­ge Er-folgs­be­tei­li­gung - auch BAG 12. Ju­ni 2002 - 10 AZR 340/01 - BA­GE 101, 312, zu II 1 c der Gründe). Das führt zu ei­ner nicht un­er­heb­li­chen Ein­schränkung der Ver­trags­frei­heit (vgl. Stau­din­ger/Ri­char­di BGB 13. Be­ar­bei­tung § 612a Rn. 10). Wohl auch des­halb wol­len ei­ni­ge Ver­tre­ter die­ser Auf­fas­sung die An­wend­bar­keit des § 612a BGB auf Maßnah­men und Ver­ein­ba­run­gen be­gren­zen, die un­verhält­nismäßig und so­zi­al in­adäquat sind (vgl. et­wa Gaul NJW 1994, 1025, 1027; vgl. auch Ha­nau/Vos­sen DB 1992, 213, 221). Da­ge­gen lehnt ein an­de­rer Teil des Schrift­tums die An­wend­bar­keit des § 612a BGB auf Ver­ein­ba­run­gen ab, die der Rechts­ausübung vor­an­ge­gan­gen sind; ei­ne sol­che Ver­ein­ba­rung könne kei­ne Be­nach­tei­li­gung iSv. § 612a BGB dar­stel­len (so ins­be­son­de­re HWK/Thüsing § 612a BGB Rn. 8; ders. NZA 1994, 728, 730 f.; im Er­geb­nis eben­so BGB-RGRK/Ascheid § 612a Rn. 5). Der Se­nat hat ent­schie­den, dass ei­ne während ei­nes Ar­beits­kampfs aus­ge­lob­te Prämie für die Nicht­teil­nah­me an ei­nem rechtmäßigen Streik kei­ne Maßre­ge­lung iSv. § 612a BGB dar­stellt (13. Ju­li 1993 - 1 AZR 676/92 - BA­GE 73, 320, zu IV 1 der Gründe). Bezüglich der Kürzung von Son­der­vergütun­gen we­gen be­rech­tig­ter Fehl­zei­ten hat der Ge­setz­ge­ber das Pro­blem der

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An­wend­bar­keit des § 612a BGB durch § 4a EFZG gelöst (vgl. ErfK/Dörner 5. Aufl. § 4a EFZG Rn. 3 mwN).

dd) Im Streit­fall kann die ge­ne­rel­le Streit­fra­ge, ob das Maßre­ge­lungs­ver­bot des § 612a BGB über­haupt auf Maßnah­men und Ver­ein­ba­run­gen an­wend­bar ist, die der Rechts­ausübung zeit­lich vor­an­ge­hen, da­hin­ste­hen. Auch wenn hier­von grundsätz­lich aus­zu­ge­hen wäre, ver­s­toßen je­den­falls Ver­ein­ba­run­gen, in de­nen der Ar­beit­ge­ber den Ar­beit­neh­mern für den Fall des Ver­zichts auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge ei­ne Ab­fin­dung ver­spricht, nicht ge­gen das Maßre­ge­lungs­ver­bot. Ver­ein­ba­run­gen der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en, in de­nen ei­ne Ab­fin­dung dafür ver­spro­chen wird, dass der Ar­beit­neh­mer ei­ne Kündi­gung ak­zep­tiert, ge­gen die­se kei­ne Kla­ge er­hebt oder von der Fortführung ei­ner be­reits er­ho­be­nen Kla­ge Ab­stand nimmt, sind recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Zwar kann ein Ar­beit­neh­mer nicht im Vor­aus auf den ge­setz­li­chen Kündi­gungs­schutz wirk­sam ver­zich­ten (vgl. et­wa KR-Fried­rich 7. Aufl. § 4 KSchG Rn. 296 mwN). In Recht­spre­chung und Schrift­tum ist aber all­ge­mein an­er­kannt, dass nach erklärter Kündi­gung be­reits vor Ab­lauf der Drei-Wo­chen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG ein Ver­zicht auf die Er­he­bung oder Durchführung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge zulässig ist (vgl. BAG 3. Mai 1979 - 2 AZR 679/77 - BA­GE 32, 6, zu II 2 a der Gründe; 27. No­vem­ber 2003 - 2 AZR 135/03 - AP BGB § 312 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 312 Nr. 1; KR-Fried­rich aaO Rn. 297 mwN). Den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en ist es auch je­den­falls nach Aus­spruch der Kündi­gung nicht ver­wehrt, für ei­nen sol­chen Ver­zicht des Ar­beit­neh­mers ei­ne Ge­gen­leis­tung des Ar­beit­ge­bers in Form ei­ner Ab­fin­dung zu ver­ein­ba­ren. An­ders als bei un­ver­zicht­ba­ren Rech­ten und Ansprüchen wird da­mit dem Ar­beit­neh­mer kein von der Rechts­ord­nung miss­bil­lig­tes Rechts­geschäft an­ge­tra­gen. Zwar wird ihm in ei­nem sol­chen Fall ein Vor­teil ge­ra­de dafür ver­spro­chen, dass er sein Recht auf Er­he­bung oder Durchführung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge nicht wahr­nimmt. Gleich­wohl liegt dar­in kein Ver­s­toß ge­gen das Maßre­ge­lungs­ver­bot des § 612a BGB. An­dern­falls wären Ab­fin­dungs­ver­glei­che in Kündi­gungs­strei­tig­kei­ten nicht statt-haft. Gütli­che Ei­ni­gun­gen der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en über Kündi­gun­gen zu ver­hin­dern, ist je­doch er­sicht­lich nicht der Zweck des § 612a BGB. Dies macht nun­mehr auch § 1a Abs. 1 Satz 1 und 2 KSchG deut­lich. An­ders als in Fällen, in de­nen der Ar­beit­ge­ber nachträglich dem Ar­beit­neh­mer we­gen der vor­an­ge­gan­ge­nen Wahr­neh­mung von Rech­ten Leis­tun­gen vor­enthält, wird der Ar­beit­neh­mer durch ein An­ge­bot des Ar­beit­ge­bers, im Fal­le des Kla­ge­ver­zichts ei­ne Ab­fin­dung zu be­zah­len, nicht für die Wahr­neh­mung sei­ner Rech­te „be­straft“. Ihm bleibt die freie Ent­schei­dung, ob er sein Kla­ge­recht ver­folgt oder für den Ver­zicht auf die­ses Recht ei­ne (Ge­gen-)Leis­tung des Ar­beit-

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ge­bers erhält. Hier­nach verstößt es auch nicht ge­gen das Maßre­ge­lungs­ver­bot des § 612a BGB, wenn der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer be­reits vor Aus­spruch ei­ner Kündi­gung ei­ne Ab­fin­dung für den Fall ver­spricht, dass er ge­gen die Kündi­gung kei­ne Kla­ge er­hebt. Dies gilt je­den­falls dann, wenn dem Ar­beit­neh­mer nach Aus­spruch der Kündi­gung die freie Wahl ver­bleibt, ob er sich für die aus­ge­lob­te Ab­fin­dung oder die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge ent­schei­det.

ee) Ein Ver­spre­chen des Ar­beit­ge­bers, den Ar­beit­neh­mern, die auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge ver­zich­ten, ei­ne Ab­fin­dung zu zah­len, ist nicht nur in in­di­vi­du­el­len Zu­sa­gen oder in ei­ner Ge­samt­zu­sa­ge möglich. Es kann auch mit nor­ma­ti­ver Wir­kung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 Be­trVG) in ei­ner mit dem Be­triebs­rat ge­schlos­se­nen frei­wil­li­gen Be­triebs­ver­ein­ba­rung er­fol­gen.

d) Durch ei­ne frei­wil­li­ge Be­triebs­ver­ein­ba­rung, in wel­cher Leis­tun­gen für den Fall der Nicht­er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge ver­spro­chen wer­den, darf al­ler­dings nicht das Ver­bot um­gan­gen wer­den, So­zi­al­plan­ab­fin­dun­gen von ei­nem ent­spre­chen­den Ver­zicht abhängig zu ma­chen. Ob ei­ne sol­che Um­ge­hung vor­liegt, kann re­gelmäßig nur un­ter Berück­sich­ti­gung der Umstände des kon­kre­ten Ein­zel­falls be­ur­teilt wer­den. Ei­ne Um­ge­hung kann ins­be­son­de­re vor­lie­gen, wenn der So­zi­al­plan kei­ne an­ge­mes­se­ne Ab­mil­de­rung der wirt­schaft­li­chen Nach­tei­le vor­sieht (vgl. zur „Min­dest­do­tie­rung“ ei­nes So­zi­al­plans BAG 24. Au­gust 2004 - 1 ABR 23/03 - NZA 2005, 302, auch zur Veröffent­li­chung in der Amt­li­chen Samm­lung vor­ge­se­hen) oder wenn greif­ba­re An­halts­punk­te für die An­nah­me be­ste­hen, dem „an sich“ für den So­zi­al­plan zur Verfügung ste­hen­den Fi­nanz­vo­lu­men sei­en zum Nach­teil der von der Be­triebsände­rung be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer Mit­tel ent­zo­gen und funk­ti­ons­wid­rig im „Be­rei­ni­gungs­in­ter­es­se“ des Ar­beit­ge­bers ein­ge­setzt wor­den.

3. Im Streit­fall ist nicht zu be­an­stan­den, dass die Be­triebs­par­tei­en in der BV Out­pla­ce­ment den wahl­wei­sen An­spruch der Ar­beit­neh­mer auf die Teil­nah­me an dem Out­pla­ce­ment­pro­gramm oder die Erhöhung der Ab­fin­dung um ein Mo­nats­ge­halt da­von abhängig ge­macht ha­ben, dass der Ar­beit­neh­mer nach Aus­spruch schrift­lich auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge ver­zich­tet. Die Ver­knüpfung verstößt un­ter Berück­sich­ti­gung der mit der Be­triebs­ver­ein­ba­rung ver­folg­ten Zwe­cke we­der ge­gen den be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz des § 75 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG noch ge­gen das Maßre­ge­lungs­ver­bot des § 612a BGB. Durch die BV Out­pla­ce­ment wird auch nicht das Ver­bot um­gan­gen, So­zi­al­plan­leis­tun­gen an den Ver­zicht auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge zu knüpfen.

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a) Zweck der BV Out­pla­ce­ment ist zum ei­nen die wei­te­re Ab­mil­de­rung von Nach­tei­len für die gekündig­ten Ar­beit­neh­mer durch die Möglich­keit der Teil­nah­me an ei­nem Out­pla­ce­ment­pro­gramm, das sie bei ih­ren Bemühun­gen um ei­nen neu­en Ar­beits­platz un­terstützen soll. Die­se Möglich­keit an den Ver­zicht auf ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge zu knüpfen, ist sach­an­ge­mes­sen. Die­ser dient da­zu, ei­ne sinn­vol­le, zeit­na­he und in ih­rer Mo­ti­va­ti­on nicht durch ein Kündi­gungs­schutz­ver­fah­ren be­las­te­te Teil­nah­me an ei­nem sol­chen Pro­gramm zu gewähr­leis­ten.

b) Zweck der BV Out­pla­ce­ment ist zum an­de­ren, für die Be­klag­te auch un­abhängig von ei­ner Teil­nah­me am Out­pla­ce­ment­pro­gramm Pla­nungs­si­cher­heit durch die als­bal­di­ge „Be­rei­ni­gung“ der mit Kündi­gungs­schutz­kla­gen ver­bun­de­nen Un­si­cher­heit zu schaf­fen (vgl. zu ei­ner ei­nem ähn­li­chen Leis­tungs­zweck die­nen­den Pro­duk­ti­vitätsprämie BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zVv.). Hier dient der Ver­zicht auf die Kündi­gungs­schutz­kla­ge aus­sch­ließlich dem In­ter­es­se der Be­klag­ten, den mit Kündi­gungs­schutz­kla­gen ver­bun­de­nen Auf­wand und das je­wei­li­ge Pro­zess­ri­si­ko zu ver­mei­den und möglichst bald Pla­nungs­si­cher­heit zu er­hal­ten. Er­kenn­bar zu die­sem Zweck war die Be­klag­te be­reit, über ih­re Ver­pflich­tun­gen aus dem So­zi­al­plan hin­aus frei­wil­lig wei­te­re Leis­tun­gen zu er­brin­gen. Die Ge­gen­leis­tung hierfür soll­te der von den Ar­beit­neh­mern zu erklären­de Ver­zicht auf die Durchführung ei­nes Kündi­gungs­schutz­ver­fah­rens sein.

Bei die­sem Leis­tungs­zweck verstößt die Ver­knüpfung der in der BV Out­pla­ce­ment vor­ge­se­he­nen wei­te­ren Ab­fin­dung mit dem Ver­zicht der be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge nicht ge­gen den be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz des § 75 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG. An­ge­sichts des an­er­ken­nens­wer­ten In­ter­es­ses der Be­klag­ten an als­bal­di­ger Rechts­si­cher­heit und Klar­heit ist es nicht sach­wid­rig oder gar willkürlich, den An­spruch auf ei­ne Ab­fin­dung in Höhe ei­nes Brut­to­mo­nats­ge­halts vom Ver­zicht auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge abhängig zu ma­chen. Im Er­geb­nis da­hin­ste­hen kann die Fra­ge, ob mögli­cher­wei­se die in der BV Out­pla­ce­ment für den Ver­zicht vor­ge­se­he­ne Frist von ei­ner Wo­che un­an­ge­mes­sen kurz ist. Auch bei ei­ner - ggf. ge­bo­te­nen und zulässi­gen - gel­tungs­er­hal­ten­den Verlänge­rung der Frist auf drei Wo­chen oder bei Ein­be­zie­hung der Fälle, in de­nen die Ar­beit­neh­mer oh­ne aus­drück­li­che Ver­zichts­erklärung die Drei-Wo­chen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG ha­ben ver­strei­chen las­sen, ergäbe sich für den Kläger kein An­spruch. Die­ser hat nicht et­wa nach Ab­lauf der Ein-Wo­chen-Frist auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge ver­zich­tet oder die Drei-Wo­chen-Frist des

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§ 4 Satz 1 KSchG un­ge­nutzt ver­strei­chen las­sen. Er hat frist­gemäß Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­ho­ben und die­se durch das Ar­beits­ge­richt ent­schei­den las­sen.

c) Die Re­ge­lun­gen der BV Out­pla­ce­ment, nach de­nen der zusätz­li­che Ab­fin­dungs­an­spruch vom Ver­zicht auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge abhängig ge­macht wird, ver­s­toßen nicht ge­gen das Maßre­ge­lungs­ver­bot des § 612a BGB. Von den Ar­beit­neh­mern wur­de nicht et­wa er­war­tet, be­reits vor dem Aus­spruch der Kündi­gun­gen auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge zu ver­zich­ten. Ih­nen wur­de viel­mehr die freie Ent­schei­dung eröff­net, ihr Kla­ge­recht zu ver­fol­gen oder die aus­ge­lob­te Ab­fin­dung zu er­hal­ten.

d) Die Be­triebs­par­tei­en ha­ben da­bei nicht das Ver­bot um­gan­gen, So­zi­al­plan­leis­tun­gen vom Ver­zicht auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge abhängig zu ma­chen. Sie ha­ben mit der am sel­ben Tag ver­ein­bar­ten BV So­zi­al­plan ei­nen den Er­for­der­nis­sen des § 112 Abs. 1 Satz 2 Be­trVG genügen­den vollständi­gen So­zi­al­plan ge­schlos­sen. Die BV So­zi­al­plan dient dem Aus­gleich oder der Mil­de­rung der wirt­schaft­li­chen Nach­tei­le, die den von der Be­triebsände­rung be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mern der Be­klag­ten ent­ste­hen. Die in ihr vor­ge­se­he­nen Leis­tun­gen sind nicht von ei­nem Ver­zicht der be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer abhängig. Sie be­darf zu ih­rer An­wend­bar­keit kei­ner Ergänzung und ist auch oh­ne die BV Out­pla­ce­ment prak­ti­zier­bar. Aus dem Wort „ergänzend“ in der Präam­bel der BV Out­pla­ce­ment kann ent­ge­gen den Ausführun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts nicht der Schluss ge­zo­gen wer­den, die BV So­zi­al­plan sei un­vollständig. Dass die Leis­tun­gen nach der BV So­zi­al­plan kei­ne an­ge­mes­se­ne Ab-mil­de­rung der den Ar­beit­neh­mern durch die Be­triebsände­rung ent­ste­hen­den wirt­schaft­li­chen Nach­tei­le dar­stel­len würden, ist we­der vom Kläger be­haup­tet noch sonst er­sicht­lich. Die BV So­zi­al­plan sieht nicht un­beträcht­li­che Ab­fin­dun­gen vor. Die For­mel Al­ter x Be­triebs­zu­gehörig­keit x Brut­to­mo­nats­ver­dienst : 50 führt be­reits bei ei­nem 25-jähri­gen Ar­beit­neh­mer zu ei­ner Ab­fin­dung von ei­nem hal­ben Mo­nats­ver­dienst pro Beschäfti­gungs­jahr. Bei Ar­beit­neh­mern, die älter als 25 Jah­re sind, steigt der Ab­fin­dungs­an­spruch ent­spre­chend. Es be­ste­hen auch kei­ne greif­ba­ren An­halts­punk­te für die An-nah­me, die Be­triebs­par­tei­en hätten für den So­zi­al­plan zur Verfügung ste­hen­de fi­nan­zi­el­le Mit­tel zweck­ent­frem­det im „Be­rei­ni­gungs­in­ter­es­se“ der Be­klag­ten ein­ge­setzt. Ge­gen ei­ne der­ar­ti­ge An­nah­me spricht der Um­stand, dass das für zusätz­li­che Ab­fin­dun­gen nach der BV Out­pla­ce­ment vor­ge­se­he­ne fi­nan­zi­el­le Vo­lu­men ganz deut­lich hin­ter dem So­zi­al­plan­vo­lu­men zurück­bleibt.

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III. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts stünde selbst bei Un­wirk­sam­keit der in der BV Out­pla­ce­ment vor­ge­se­he­nen Ver­knüpfung dem Kläger der gel­tend ge­mach­te Ab­fin­dungs­an­spruch nicht zu.

1. Die Un­wirk­sam­keit des Ver­lan­gens nach ei­nem Ver­zicht auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge hätte die Un­wirk­sam­keit der ge­sam­ten BV Out­pla­ce­ment zur Fol­ge. Es han­delt sich bei die­ser Tat­be­stands­vor­aus­set­zung nicht et­wa nur um ei­nen mar­gi­na­len Punkt in ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung, die auch oh­ne die­se Be­din­gung noch sinn­voll an­wend­bar blie­be. Viel­mehr ent­fie­le mit die­sem Er­for­der­nis ein zen­tra­les Ele­ment der ge­sam­ten Be­triebs­ver­ein­ba­rung. Auch der Leis­tungs­um­fang blie­be ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts nicht der­sel­be, käme doch auf die Be­klag­te für je­den Ar­beit­neh­mer, der von dem Out­pla­ce­men­t­an­ge­bot kei­nen Ge­brauch ge­macht und auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge nicht ver­zich­tet hat, als wei­te­re fi­nan­zi­el­le Be­las­tung je ein Brut­to­mo­nats­ge­halt hin­zu.

2. Auch aus dem ar­beits­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz ergäbe sich in die­sem Fall kein An­spruch des Klägers. Falls die Be­klag­te an die Ar­beit­neh­mer, die auf die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge und auf die Teil­nah­me am Out­pla­ce­ment­pro­gramm ver­zich­tet ha­ben, ein Brut­to­mo­nats­ge­halt schon be­zahlt ha­ben soll­te, ge­schah dies er­sicht­lich in der An­nah­me, hier­zu auf Grund der BV Out­pla­ce­ment ver­pflich­tet zu sein. In Fällen, in de­nen der Ar­beit­ge­ber in An­wen­dung ei­ner ver­meint­lich wirk­sa­men Be­triebs­ver­ein­ba­rung Leis­tun­gen er­bracht hat, gibt es kei­nen An­spruch auf „Gleich­be­hand­lung im Irr­tum“ (vgl. BAG 26. No­vem­ber 1998 - 6 AZR 335/97 - BA­GE 90, 219, zu B II 2 c der Gründe).

Schmidt Kreft Lin­sen­mai­er Rösch Olaf Kunz

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