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All­ge­mei­ne Ver­wal­tungs­vor­schrift zum Kün­di­gungs­schutz bei El­tern­zeit

All­ge­mei­ne Ver­wal­tungs­vor­schrift zum Kündi­gungs­schutz bei El­tern­zeit

(§ 18 Abs. 1 Satz 4 des Bun­des­el­tern­geld- und El­tern­zeit­ge­set­zes)

Vom 3. Ja­nu­ar 2007

Nach § 18 Abs. 1 Satz 4 des Bun­des­el­tern­geld- und El­tern­zeit­ge­set­zes vom 5. De­zem­ber 2006 (BGBl. I S. 2748) wird fol­gen­de all­ge­mei­ne Ver­wal­tungs­vor­schrift er­las­sen:

1 Auf­ga­be der Behörde

Die für den Ar­beits­schutz zuständi­ge obers­te Lan­des­behörde oder die von ihr be­stimm­te Stel­le (Behörde) hat zu prüfen, ob ein be­son­de­rer Fall ge­ge­ben ist. Ein sol­cher be­son­de­rer Fall liegt vor, wenn es ge­recht­fer­tigt er­scheint, dass das nach § 18 Abs. 1 Satz 1 des Ge­set­zes als vor­ran­gig an­ge­se­he­ne In­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers oder der Ar­beit­neh­me­rin am Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses we­gen außer­gewöhn­li­cher Umstände hin­ter die In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers zurück­tritt.

2 Vor­lie­gen ei­nes be­son­de­ren Fal­les

2.1 Bei der Prüfung nach Maßga­be der Num­mer 1 hat die Behörde da­von aus­zu­ge­hen, dass ein be­son­de­rer Fall im Sin­ne des § 18 Abs. 1 Satz 2 des Ge­set­zes ins­be­son­de­re dann ge­ge­ben ist, wenn

2.1.1 der Be­trieb, in dem der Ar­beit­neh­mer oder die Ar­beit­neh­me­rin beschäftigt ist, still­ge­legt wird und der Ar­beit­neh­mer oder die Ar­beit­neh­me­rin nicht in ei­nem an­de­ren Be­trieb des Un­ter­neh­mens wei­ter­beschäftigt wer­den kann,

2.1.2 die Be­triebs­ab­tei­lung, in der der Ar­beit­neh­mer oder die Ar­beit­neh­me­rin beschäftigt ist, still­ge­legt wird und der Ar­beit­neh­mer oder die Ar­beit­neh­me­rin nicht in ei­ner an­de­ren Be­triebs­ab­tei­lung des Be­trie­bes oder in ei­nem an­de­ren Be­trieb des Un­ter­neh­mens wei­ter­beschäftigt wer­den kann,

2.1.3 der Be­trieb oder die Be­triebs­ab­tei­lung, in de­nen der Ar­beit­neh­mer oder die Ar­beit­neh­me­rin beschäftigt ist, ver­la­gert wird und der Ar­beit­neh­mer oder die Ar­beit­neh­me­rin an dem neu­en Sitz des Be­trie­bes oder der Be­triebs­ab­tei­lung und auch in ei­ner an­de­ren Be­triebs­ab­tei­lung oder in ei­nem an­de­ren Be­trieb des Un­ter­neh­mens nicht wei­ter­beschäftigt wer­den kann,

2.1.4 der Ar­beit­neh­mer oder die Ar­beit­neh­me­rin in den Fällen der Num­mern 2.1.1 bis 2.1.3 ei­ne ihm vom Ar­beit­ge­ber an­ge­bo­te­ne, zu­mut­ba­re Wei­ter­beschäfti­gung auf ei­nem an­de­ren Ar­beits­platz ab­lehnt,

2.1.5 durch die Auf­recht­er­hal­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses nach Be­en­di­gung der El­tern­zeit die Exis­tenz des Be­trie­bes oder die wirt­schaft­li­che Exis­tenz des Ar­beit­ge­bers gefähr­det wird,

2.1.6 be­son­ders schwe­re Verstöße des Ar­beit­neh­mers oder der Ar­beit­neh­me­rin ge­gen ar­beits­ver­trag­li­che Pflich­ten oder vorsätz­li­che straf­ba­re Hand­lun­gen des Ar­beit­neh­mers oder der Ar­beit­neh­me­rin dem Ar­beit­ge­ber die Auf­recht­er­hal­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses un­zu­mut­bar ma­chen.

2.2 Ein be­son­de­rer Fall im Sin­ne des § 18 Abs. 1 Satz 2 des Ge­set­zes kann auch dann ge­ge­ben sein, wenn die wirt­schaft­li­che Exis­tenz des Ar­beit­ge­bers durch die Auf­recht­er­hal­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses nach Be­en­di­gung der El­tern­zeit un­bil­lig er­schwert wird, so dass er in die Nähe der Exis­tenz­gefähr­dung kommt. Ei­ne sol­che un­bil­li­ge Er­schwe­rung kann auch dann an­ge­nom­men wer­den, wenn der Ar­beit­ge­ber in die Nähe der Exis­tenz­gefähr­dung kommt, weil

2.2.1 der Ar­beit­neh­mer oder die Ar­beit­neh­me­rin in ei­nem Be­trieb mit in der Re­gel 5 oder we­ni­ger Ar­beit­neh­mern und Ar­beit­neh­me­rin­nen aus­sch­ließlich der zu ih­rer Be­rufs­bil­dung Beschäftig­ten beschäftigt ist und der Ar­beit­ge­ber zur Fortführung des Be­trie­bes drin­gend auf ei­ne ent­spre­chend qua­li­fi­zier­te Er­satz­kraft an­ge­wie­sen ist, die er nur ein­stel­len kann, wenn er mit ihr ei­nen un­be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag ab­sch­ließt; bei der Fest­stel­lung der Zahl der beschäftig­ten Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer sind teil­zeit­beschäftig­te Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer mit ei­ner re­gelmäßigen wöchent­li­chen Ar­beits­zeit von nicht mehr als 20 St­un­den mit 0,5 und nicht mehr als 30 St­un­den mit 0,75 zu berück­sich­ti­gen, oder

2.2.2 der Ar­beit­ge­ber we­gen der Auf­recht­er­hal­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses nach Be­en­di­gung der El­tern­zeit kei­ne ent­spre­chend qua­li­fi­zier­te Er­satz­kraft für ei­nen nur be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag fin­det und des­halb meh­re­re Ar­beitsplätze weg­fal­len müss­ten.

3 Er­mes­sen

Kommt die Behörde zu dem Er­geb­nis, dass ein be­son­de­rer Fall im Sin­ne des § 18 Abs. 1 Satz 2 des Ge­set­zes ge­ge­ben ist, so hat sie im Rah­men ih­res pflicht­gemäßen Er­mes­sens zu ent­schei­den, ob das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an ei­ner Kündi­gung während der El­tern­zeit so er­heb­lich über­wiegt, dass aus­nahms­wei­se die vom Ar­beit­ge­ber be­ab­sich­tig­te Kündi­gung für zulässig zu erklären ist.

4 Form des An­tra­ges

Die Zulässig­keits­erklärung der Kündi­gung hat der Ar­beit­ge­ber bei der für den Sitz des Be­trie­bes oder der Dienst­stel­le zuständi­gen Behörde schrift­lich oder zu Pro­to­koll zu be­an­tra­gen. Im An­trag sind der Ar­beits­ort und die vollständi­ge An­schrift des Ar­beit­neh­mers oder der Ar­beit­neh­me­rin, dem oder der gekündigt wer­den soll, an­zu­ge­ben. Der An­trag ist zu be­gründen; et­wai­ge Be­weis­mit­tel sind bei­zufügen oder zu be­nen­nen.

5 Ent­schei­dung; vor­he­ri­ge Anhörung

5.1 Die Behörde hat die Ent­schei­dung un­verzüglich zu tref­fen.

5.2 Die Behörde hat vor ih­rer Ent­schei­dung dem be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer oder der be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­me­rin so­wie dem Be­triebs- oder Per­so­nal­rat Ge­le­gen­heit zu ge­ben, sich münd­lich oder schrift­lich zu dem An­trag nach Num­mer 4 zu äußern.

6 Zulässig­keits­erklärung un­ter Be­din­gun­gen

Die Zulässig­keit der Kündi­gung kann un­ter Be­din­gun­gen erklärt wer­den, z. B., dass sie erst zum En­de der El­tern­zeit aus­ge­spro­chen wird.

7 Form der Ent­schei­dung

Die Behörde hat ih­re Ent­schei­dung (Zulässig­keits­erklärung oder Ab­leh­nung mit Rechts­be­helfs­be­leh­rung) schrift­lich zu er­las­sen, schrift­lich zu be­gründen und- dem Ar­beit­ge­ber so­wie dem Ar­beit­neh­mer oder der Ar­beit­neh­me­rin zu­zu­stel­len. Dem Be­triebs- oder Per­so­nal­rat ist ei­ne Ab­schrift zu über­sen­den.

8 Zur Be­rufs­bil­dung Beschäftig­te, in Heim­ar­beit Beschäftig­te

8.1 Die zu ih­rer Be­rufs­bil­dung Beschäftig­ten gel­ten als Ar­beit­neh­mer oder Ar­beit­neh­me­rin­nen im Sin­ne der vor­ste­hen­den Vor­schrif­ten.

8.2 Für die in Heim­ar­beit Beschäftig­ten und die ih­nen Gleich­ge­stell­ten (§ 1 Abs. 1 und 2 des Heim­ar­beits­ge­set­zes), so­weit sie am Stück mit­ar­bei­ten, gel­ten die vor­ste­hen­den Vor­schrif­ten ent­spre­chend mit der Maßga­be, dass an die Stel­le des Ar­beit­ge­bers der Auf­trag­ge­ber oder der Zwi­schen­meis­ter tritt (vgl. § 20 des Ge­set­zes).

9 In­kraft­tre­ten

Die­se all­ge­mei­ne Ver­wal­tungs­vor­schrift tritt mit Wir­kung vom 1. Ja­nu­ar 2007 in Kraft.


Der Bun­des­rat hat zu­ge­stimmt.

Ber­lin, den 3. Ja­nu­ar 2007

 

Die Bun­des­kanz­le­rin

Dr. An­ge­la Mer­kel

 

Die Bun­des­mi­nis­te­rin für Fa­mi­lie, Se­nio­ren, Frau­en und Ju­gend

Ur­su­la von der Ley­en

Letzte Überarbeitung: 21. Juli 2012

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