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ARBEITSRECHT AKTUELL // 13/024

Ge­setz zum Ar­beit­neh­mer-Da­ten­schutz

Re­gie­rungs­ko­ali­ti­on bläst Ver­ab­schie­dung neu­er Ge­set­zes­vor­schrif­ten zum Ar­beit­neh­mer-Da­ten­schutz kurz­fris­tig ab: Der "Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zur Re­ge­lung des Be­schäf­tig­ten­da­ten­schut­zes" ver­schwin­det wie­der in der Schub­la­de
Steckverbindung an PC-Rückwand Muss der Da­ten­schutz im Ar­beits­recht ge­setz­lich ge­re­gelt wer­den?

04.02.2013. Wie schnell die Jah­re ver­ge­hen, merkt man bei ei­nem Blick auf die Be­mü­hun­gen der Bun­des­re­gie­rung, ei­ni­ge zeit­ge­mä­ße Neu­re­ge­lun­gen zum Ar­beit­neh­mer­da­ten­schutz in das Bun­des­da­ten­schutz­ge­setz (BDSG) auf­zu­neh­men. Hat­te die Bun­des­re­gie­rung nicht erst vor kur­zem ei­nen Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zur Re­ge­lung des Be­schäf­tig­ten­da­ten­schut­zes vor­ge­legt?

Nun, mitt­ler­wei­le sind zwei­ein­halb Jah­re ins Land ge­gan­gen, denn der ur­sprüng­li­che Ent­wurf stammt vom 24.08.2010 (wir be­rich­te­ten in: Ar­beits­recht ak­tu­ell: 10/175 Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zum Schutz von Be­schäf­tig­ten­da­ten). Der ak­tu­ell maß­geb­li­che, auf­grund ei­ner Stel­lung­nah­me des Bun­des­rats im Herbst 2010 ge­ring­fü­gig ge­än­der­te Ge­setz­ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung da­tiert vom 15.12.2010 und da­her auch schon mehr als zwei Jah­re alt.

Was ist ei­gent­lich in der Zwi­schen­zeit pas­siert? Von ei­ner ziel­stre­bi­gen par­la­men­ta­ri­schen Be­fas­sung mit dem Ge­setz­ent­wurf vom De­zem­ber 2010 kann je­den­falls kei­ne Re­de sein.

Im­mer­hin ist ver­mel­den, dass die SPD schon zu­vor ei­nen ei­ge­nen Ge­setz­ent­wurf vor­ge­legt hat­te (Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zum Da­ten­schutz im Be­schäf­ti­gungs­ver­hält­nis, Ge­setz­ent­wurf der der Frak­ti­on der SPD, vom 25.11.2009) und dass auch die Grü­nen nicht ab­seits ste­hen woll­ten und da­her eben­falls ei­nen Ent­wurf ver­fasst ha­ben (Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zur Ver­bes­se­rung des Schut­zes per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten der Be­schäf­tig­ten in der Pri­vat­wirt­schaft und bei öf­fent­li­chen Stel­len, Ge­setz­ent­wurf der Ab­ge­ord­ne­ten Dr. Kon­stan­tin von Notz u.a. so­wie der Frak­ti­on BÜND­NIS 90/DIE GRÜ­NEN, vom 22.02.2011).

An Ge­setz­ent­wür­fen zum The­ma Ar­beit­neh­mer­da­ten­schutz herrscht al­so kein Man­gel. Und über sie be­ra­ten wur­de im Bun­des­tag auch schon, näm­lich in ers­ter Le­sung am 25.02.2011 (Dt. Bun­des­tag, Ste­no­gra­fi­scher Be­richt, 94. Sit­zung, 25.02.2011).

Dann gab es am 23.05.2011 ei­ne öf­fent­li­che An­hö­rung von Sach­ver­stän­di­gen im In­nen­aus­schuss zum Re­gie­rungs­ent­wurf, die sich kri­tisch u.a. zu der Fra­ge äu­ßer­ten, ob die Er­he­bung von per­sön­li­chen Da­ten von Stel­len­be­wer­bern und Ar­beit­neh­mern durch den Ar­beit­ge­ber (ent­spre­chend dem Re­gie­rungs­ent­wurf) da­durch ge­recht­fer­tigt wer­den kann, dass die Be­trof­fe­nen „frei­wil­lig“ der Er­he­bung ih­rer Da­ten zu­stim­men.

Hier wur­de von ge­werk­schafts­na­hen Sach­ver­stän­di­gen ver­ständ­li­cher­wei­se ein­ge­wandt, dass in­fol­ge der wirt­schaft­li­chen Druck­si­tua­ti­on von Stel­len­be­wer­bern bzw. der so­zia­len Ab­hän­gig­keit von Ar­beit­neh­mern ei­ne for­mell „frei­wil­li­ges“ Ein­ver­ständ­nis zur Da­ten­er­he­bung kei­ne aus­rei­chen­de Be­gren­zung der Da­ten­sam­me­lei dar­stellt (Deut­scher Bun­des­tag: In­nen­aus­schuss - Stel­lung­nah­men der Sach­ver­stän­di­gen).

Den da­ma­li­gen Dis­kus­si­ons­stand der Frak­tio­nen CDU/CSU und der FDP gibt ein „Ar­beits­pa­pier der Be­richt­er­stat­ter der Ko­ali­ti­ons­frak­tio­nen zur öf­fent­li­chen An­hö­rung am 23.05.2011“ wie­der. In die­sem Pa­pier wer­den ei­ni­ge Än­de­rungs­vor­schlä­ge zu dem Ge­setz­ent­wurf der Re­gie­rung ge­macht. U.a. wur­de vor­ge­schla­gen, das Fra­ge­recht des Ar­beit­ge­bers bei der Ein­stel­lung ge­gen­über dem Re­gie­rungs­ent­wurf aus­zu­wei­ten.

Mehr als ein Jahr spä­ter, am 12.09.2012, nahm die Bun­des­re­gie­rung so­dann auf­grund ei­ner Klei­nen An­fra­ge der Bun­des­tags­frak­ti­on DIE LIN­KE Stel­lung zu der Kri­tik an ih­rem Ge­setz­ent­wurf, der aus Sicht der Kri­ti­ker zu ar­beit­ge­ber­freund­lich war.

Ihr Ent­wurf, so die Re­gie­rung, ha­be zu­stim­men­de und ab­leh­nen­de Be­wer­tun­gen er­fah­ren. Man neh­me die Kri­tik ernst, hal­te aber dar­an fest, dass der Ent­wurf aus­ge­wo­gen und in der Sa­che rich­tig sei (Ant­wort der Bun­des­re­gie­rung auf die Klei­ne An­fra­ge der Ab­ge­ord­ne­ten Sa­bi­ne Zim­mer­mann u.a. und der Frak­ti­on DIE LIN­KE, vom 12.09.2012).

Nach­dem die Bun­des­re­gie­rung ihr Ge­set­zes­vor­ha­ben jah­re­lang mehr oder we­ni­ger in der Schub­la­de hat lie­gen las­sen, kam im Ja­nu­ar 2013 plötz­lich Be­we­gung in der Sa­che.

Am 10.01.2013 leg­ten die Frak­tio­nen der CDU/CSU und der FDP ei­nen de­tail- und um­fang­rei­chen Än­de­rungs­an­trag zu dem Ge­setz­ent­wurf der Re­gie­rung vor, der be­reits we­ni­ge Ta­ge spä­ter im Aus­schuss und so­dann am 01.02.2013 im Bun­des­tag zu­sam­men mit den Ge­setz­ent­wür­fen der SPD und der Grü­nen hät­te be­ra­ten wer­den sol­len, so je­den­falls die An­kün­di­gung des Bun­des­tags. Um nicht zu spät zu kom­men, ver­öf­fent­lich­te auch die SPD am 14.01.2013 flugs noch ei­nen ei­ge­nen Än­de­rungs­an­trag.

Die De­bat­te im Bun­des­tag über die drei Ge­setz­ent­wür­fe wur­de dann al­ler­dings kurz­fris­tig von der Ta­ges­ord­ndung ge­nom­men. Of­fen­sicht­lich war der Druck der von Da­ten­schüt­zern, Op­po­si­ti­on und Ge­werk­schaf­ten ge­äu­ßer­ten Kri­tik an dem Vor­ha­ben der Re­gie­rungs­ko­ali­ti­on so groß, dass man be­fürch­te­te, sich zu Be­ginn des Wahl­jah­res die Fin­ger an dem hei­ßen Ei­sen Ar­beit­neh­mer­da­ten­schutz zu ver­bren­nen, so je­den­falls die selbst­be­wuss­te Ein­schät­zung von SPD und Ge­werk­schaf­ten.

Fa­zit: Ob es wirk­lich sinn­voll ist, über­haupt neue ge­setz­li­che Re­ge­lun­gen zum Ar­beit­neh­mer­da­ten­schutz zu er­las­sen, ist frag­lich. Die Zwei­fel wer­den durch den schlep­pen­den und bis­her er­geb­nis­lo­sen Ver­lauf des Ge­set­zes­vor­ha­bens der Bun­des­re­gie­rung be­stä­tigt.

Prak­tisch al­le denk­ba­ren Ein­grif­fe in die Per­sön­lich­keits- und Da­ten­schutz­rech­te von Stel­len­be­wer­bern und Ar­beit­neh­mern sind je nach den Um­stän­den des Fal­les ver­schie­den zu be­wer­ten, an­ge­fan­gen von Ge­sund­heits­un­ter­su­chen und Da­ten­er­he­bun­gen bei der Ein­stel­lung bis hin zur Vi­deo­über­wa­chung im Be­trieb.

Das be­deu­tet, dass hier si­tua­ti­ons­be­zo­ge­ne recht­li­che "Ab­wä­gun­gen" vor­zu­neh­men sind. Wie das im All­ge­mei­nen zu ge­he­hen hat, weiß man auch, denn da­zu gibt es ei­ni­ge Grund­satz­ent­schei­dun­gen der Ar­beits­ge­rich­te. Und na­tür­lich gibt es auch Mit­be­stim­mungs­rech­te des Be­triebs­rats.

Der Ar­beit­neh­mer­da­ten­schutz ist da­her al­les an­de­re als ein recht­li­ches Va­ku­um. So­lan­ge man hier nur die be­reits be­ste­hen­de Rechts­la­ge ge­setz­lich fest­schrei­ben will, lohnt sich ei­ne ge­setz­li­che Re­ge­lung nicht wirk­lich. Und wenn man bei die­ser Ge­le­gen­heit der Ar­beit­ge­ber­sei­te das ei­ne oder an­de­re „Goo­die“ mit­ge­ben möch­te, bringt man Da­ten­schüt­zer und Ge­werk­schaf­ten ge­gen sich auf.

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Letzte Überarbeitung: 16. November 2020

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