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LAG Düs­sel­dorf, Be­schluss vom 20.12.2016, 14 TaBV 57/16

   
Schlagworte: Betriebsrat
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Aktenzeichen: 14 TaBV 57/16
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 20.12.2016
   
Leitsätze: 1. Die nachträgliche und vorsorgliche Unterrichtung des Betriebsrates nach § 99 Abs. 1 BetrVG während eines Verfahrens nach § 101 Satz 1 BetrVG ist rechtlich zulässig, ohne dass eine bereits vorgenommene Einstellung vor der Unterrichtung erst aufgehoben werden müsste. Dies gilt auch dann, wenn zunächst ein betriebsverfassungswidriger Zustand vorgelegen hat. Die in § 99 BetrVG geregelte Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen ist erst dann beendet, wenn ein betriebsverfassungsgemäßer Zustand eingetreten ist.
2. Eine faktisch rechtswidrige Durchführung der Maßnahme in der Vergangenheit hindert den Arbeitgeber aufgrund des zukunftsgerichteten Charakters des Verfahrens nach § 99 BetrVG nicht daran, die Maßnahme zukünftig auf betriebsverfassungsrechtlich ordnungsgemäßer Grundlage durchzuführen.
3. Für die Entscheidung des Gerichts über einen Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung der Beteiligten an. Ein möglicher Beteiligungsmangel kann bis dahin geheilt werden.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Essen, Beschluss vom 04.05.2016, 4 BV 4/16
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf, 14 TaBV 57/16

Te­nor:

1.Auf die Be­schwer­de der Be­tei­lig­ten zu 2) wird der Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Es­sen vom 04.05.2016 (4 BV 4/16) ab­geändert und der An­trag des An­trag­stel­lers zurück­ge­wie­sen.

2.Die Rechts­be­schwer­de wird für den An­trag­stel­ler zu­ge­las­sen.

G r ü n d e :

I.

Die Be­tei­lig­ten strei­ten über die Auf­he­bung ei­ner Ein­stel­lung als per­so­nel­le Ein­zel­maßnah­me.

Die zu 2) be­tei­lig­te Ar­beit­ge­be­rin gehört zum glo­ba­len Kon­zern K. Con­trols und bie­tet Equip­ment, Steue­rungs­sys­te­me und Dienst­leis­tun­gen für Hei­zungs-, Lüftungs-, Kli­ma­ti­sie­rungs- und Kühl­sys­te­me an. Sie un­terhält bun­des­weit 14 Be­trie­be. Der zu 1) be­tei­lig­te An­trag­stel­ler ist der für den Be­trieb "F.-G." ge­bil­de­te Be­triebs­rat mit sie­ben or­dent­li­chen Mit­glie­dern.

Die Ar­beit­ge­be­rin stell­te zum 01.10.2015 Herrn V. N. als "Branch Ma­na­ger" im Be­trieb F.-G. für den Be­reich Ser­vice ein und hat­te den Be­triebs­rat vor der Ein­stel­lung am 20.08.2015 nach § 105 Be­trVG un­ter­rich­tet.

Mit sei­nem am 11.01.2016 bei dem Ar­beits­ge­richt Es­sen ein­ge­gan­ge­nen und der Ar­beit­ge­be­rin am 19.01.2016 zu­ge­stell­ten An­trag hat der Be­triebs­rat die Auf­he­bung der Ein­stel­lung des Herrn N. be­gehrt.

Im An­schluss an den Güte­ter­min vor dem Ar­beits­ge­richt vom 15.02.2016 hörte die Ar­beit­ge­be­rin den Be­triebs­rat am 22.02.2016 vor­sorg­lich gem. § 99 Be­trVG zur Ein­stel­lung des Herrn N. wie folgt an:

"Vor­sorg­li­che Anhörung zur Ein­stel­lung gem. § 99 Abs. 1 Be­trVG

Sehr ge­ehr­ter Herr P., sehr ge­ehr­tes Gre­mi­um,

wir be­ab­sich­ti­gen, rück­wir­kend zum 01.10.2015, die nach­fol­gen­de Per­son als Branch Ma­na­ger in ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis ein­zu­stel­len.

Un­se­rer Auf­fas­sung nach ist ein Branch Ma­na­ger lei­ten­der An­ge­stell­ter im Sin­ne von § 5 Abs. 3 und 4 Be­trVG. Da­her ha­ben wir sie un­ter dem Da­tum des 20.08.2015 nach Maßga­be des § 105 Be­trVG ord­nungs­gemäß über die Ein­stel­lung von Herrn N. un­ter­rich­tet.

Da sich der Be­triebs­rat je­doch auf den Stand­punkt stellt, dass die Branch Ma­na­ger im Un­ter­neh­men kei­ne lei­ten­de An­ge­stell­ten im vor­ge­nann­ten Sin­ne dar­stel­len, hören wir Sie vor­sorg­lich und un­ter Auf­recht­er­hal­tung un­se­rer Rechts­auf­fas­sung zusätz­lich gem. § 99 Be­trVG zur be­ab­sich­tig­ten Ein­stel­lung von Herrn N. an."

Es fol­gen An­ga­ben zu den persönli­chen Da­ten des Herrn N., zum Ar­beits­platz, zum Ge­halt so­wie zur Ar­beits­zeit. Im An­schluss dar­an enthält das Schrei­ben vom 22.02.2016 fol­gen­de Ausführun­gen der Ar­beit­ge­be­rin:

"Da sie be­reits in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Ar­beits­ge­richt Es­sen vom 15.02.2016 aus­geführt ha­ben, dass ge­gen die Ein­stel­lung von Herrn N. - bis auf die un­ter­schied­li­che Rechts­auf­fas­sung der Be­triebs­par­tei­en in Be­zug auf die Qua­li­fi­zie­rung der Branch Ma­na­ger - kei­ner­lei Be­den­ken be­ste­hen, ge­hen wir da­von aus, dass der Be­triebs­rat der Ein­stel­lung nicht wi­der­spre­chen wird.

Wir bit­ten um Zu­stim­mung."

Der Be­triebs­rat ant­wor­te­te mit Schrei­ben vom 25.02.2016 wie folgt:

" Vor­sorg­li­che Anhörung zur Ein­stel­lung gemäß § 99 Abs. 1 Be­trVG

Ein­stel­lung von Herrn V. N. zum 01.10.2015

Sehr gehr­te Da­men und Her­ren,

sehr ge­ehr­te Frau T.,

am 22.02.2016 er­hielt der Be­triebs­rat Ihr Schrei­ben be­ti­telt mit "Vor­sorg­li­che Anhörung zur Ein­stel­lung von Herrn V. N. als Branch-Ma­na­ger per 01.10.2015.

Hier­zu gibt der Be­triebs­rat fol­gen­de Stel­lung­nah­me ab:

Ih­re Bit­te, der Be­triebs­rat möge der Ein­stel­lung von Herrn V. N. als Branch-Ma­na­ger rück­wir­kend zum 01.10.2015 nach § 99 Be­trVG zu­stim­men, kann vom Be­triebs­rat nicht mit JA be­ant­wor­tet wer­den.

1.

Auf­grund des Um­stan­des, dass sie Herrn N. wei­ter­hin als lei­ten­den An­ge­stell­ten im Sin­ne von § 5 Abs. 3 und 4 Be­trVG be­trach­ten und da­mit das Be­ste­hen des Mit­be­stim­mungs­rechts nach § 99 Be­trVG in Be­zug auf die Ein­stel­lung von Herrn N. ver­nei­nen, ent­behrt Ih­re An­fra­ge jeg­li­cher (recht­li­chen) Grund­la­ge und ist recht­lich un­zulässig.

Außer­dem be­geh­ren Sie im Rah­men ih­rer Un­ter­rich­tung die nachträgli­che Ge­neh­mi­gung der Ein­stel­lung von Herrn N. durch den Be­triebs­rat, nämlich zum 1.10.2015. § 99 Bert­VG kennt nicht die nachträgli­che Un­ter­rich­tung und auch nicht die Ein­ho­lung ei­ner nachträgli­chen Ge­neh­mi­gung zu ei­ner per­so­nel­len Ein­zel­maßnah­me, erst recht nicht zu ei­ner per­so­nel­len Ein­zel­maßnah­me, die na­he­zu fünf Mo­na­te zurück­liegt. Auch von da­her ist Ihr jet­zi­ges Vor­ge­hen auf Ba­sis Ih­res Schrei­bens vom 22.02.2016 recht­lich un­zulässig.

2. ....

3.

In An­be­tracht des Um­stan­des, dass sie - wie oben aus­geführt - in recht­lich un­zulässi­ger Wei­se die Un­ter­rich­tung nach § 99 Abs. 1 Be­trVG vor­ge­nom­men ha­ben, hält der Be­triebs­rat an sei­nem Ver­fah­ren nach § 101 Satz 1 Be­trVG vor dem Ar­beits­ge­richt Es­sen fest und wird über sei­ne Ver­fah­rens­be­vollmäch­tig­te be­an­tra­gen, ei­nen Kam­mer­ter­min zu be­stim­men."

Auf den wei­te­ren In­halt des Schrei­bens vom 25.02.2016 (Bl. 29 f. d. A) wird ver­wie­sen.

Der Be­triebs­rat hat be­haup­tet, Herr N. dürfe nicht al­lei­ne Ein­stel­lun­gen und Ent­las­sun­gen vor­neh­men und neh­me in dem zen­tra­lis­tisch geführ­ten Un­ter­neh­men kei­ne be­deu­ten­den Auf­ga­ben wahr. Die für ihn vor­ge­se­he­ne aber noch nicht er­teil­te Pro­ku­ra ha­be kei­ne we­sent­li­che Be­deu­tung. Um­satz­zah­len und Mar­gen­ge­win­ne würden den Branch Ma­na­gern vor­ge­ge­ben. Auch die übri­gen Branch Ma­na­ger des Un­ter­neh­mens würden eben­so wie der Vorgänger des Herrn N. nicht als lei­ten­de An­ge­stell­te geführt.

Der Be­triebs­rat hat da­zu die An­sicht ver­tre­ten, Herr N. erfülle nicht die Vor­aus­set­zun­gen des § 5 Abs. 3 Be­trVG. Die Branch Ma­na­ger und da­mit auch Herr N. sei­en kei­ne lei­ten­den An­ge­stell­ten. Da­her ha­be die Ar­beit­ge­be­rin die Zu­stim­mung nach § 99 Be­trVG ein­ho­len müssen und sei nun ver­pflich­tet, die mit­be­stim­mungs­wid­ri­ge Maßnah­me auf­he­ben. Die vor­sorg­li­che Anhörung vom 22.02.2016 sei un­zulässig ge­we­sen. Da die Ar­beit­ge­be­rin er­kenn­bar Herrn N. wei­ter­hin für ei­nen lei­ten­den An­ge­stell­ten hal­te, sei es ihr ver­wehrt, sich gleich­zei­tig auf ei­ne kor­rek­te Anhörung nach § 99 Be­trVG zu be­ru­fen und de­ren An­wend­bar­keit zu be­strei­ten. Die vor­sorg­li­che Un­ter­rich­tung be­ru­he ent­ge­gen der Dar­stel­lung der Ar­beit­ge­be­rin nicht auf ei­ner vor­he­ri­gen Ab­spra­che. Die Un­ter­rich­tung nach § 99 Be­trVG ha­be zu­dem vor der Ein­stel­lung zu er­fol­gen.

Der Be­triebs­rat hat be­an­tragt,

der Ar­beit­ge­be­rin auf­zu­ge­ben, die Ein­stel­lung von Herrn V. N. auf­zu­he­ben.

Die Ar­beit­ge­be­rin hat be­an­tragt,

den An­trag zurück­zu­wei­sen.

Die Ar­beit­ge­be­rin hat be­haup­tet, Herr N. sei der ein­zi­ge Branch Ma­na­ger im Be­trieb F.. Er be­rich­te an den Lei­ter des Ser­vice­be­reichs für Deutsch­land, Öster­reich und die Schweiz. Er ha­be Ge­winn- und Ver­lust­ver­ant­wor­tung für die ge­sam­te Re­gi­on Ger­ma­ny West, lei­te die Geschäfte in Um­set­zung der ver­ein­bar­ten Stra­te­gi­en und Ziel­set­zun­gen. Er ha­be Wachs­tum und Pro­fi­ta­bi­lität si­cher­zu­stel­len und sei ver­ant­wort­lich für Ver­triebs­pla­nung und Ent­wick­lung. Er er­stel­le Bud­get- und Geschäftspläne und über­wa­che de­ren Ein­hal­tung eben­so wie in­ter­ne Un­ter­neh­mens­richt­li­ni­en und Rechts- wie Qua­litäts­nor­men.

Herr N. er­hal­te - wie auch die an­de­ren Branch Ma­na­ger mit ei­ner Aus­nah­me - noch Pro­ku­ra un­mit­tel­bar nach sei­ner Pro­be­zeit. Die­se be­rech­ti­ge ihn zu um­fang­rei­chen Verträgen mit Kun­den und Lie­fe­ran­ten. Es sei bei der Ar­beit­ge­be­rin üblich, Pro­ku­ra erst nach Ab­lauf der Pro­be­zeit zu er­tei­len. Er ha­be Führungs­ver­ant­wor­tung für 85 Mit­ar­bei­ter. Die Branch Ma­na­ger nähmen in nicht un­er­heb­li­cher Wei­se Ein­stel­lun­gen und Ent­las­sun­gen vor. Herr N. wer­de vor­aus­sicht­lich ca. 5 Mit­ar­bei­ter pro Jahr ein­stel­len und ent­las­sen. In den von der Ar­beit­ge­be­rin vor­be­rei­te­ten Wähler­lis­ten zu den Be­triebs­rats­wah­len ver­schie­de­ner Be­trie­be sei­en die je­wei­li­gen Branch Ma­na­ger nicht auf­geführt.

Die Ar­beit­ge­be­rin hat die An­sicht ver­tre­ten, bei Herrn N. han­de­le es sich um ei­nen lei­ten­den An­ge­stell­ten i.S.d. § 5 Abs. 3 und 4 Be­trVG. Für ei­nen An­trag nach § 101 Satz 1 Be­trVG feh­le dem Be­triebs­rat das Rechts­schutz­bedürf­nis, weil er am 22.02.2016 nachträglich ord­nungs­gemäß be­tei­ligt wor­den sei. Dass sie an ih­rer Rechts­auf­fas­sung hin­sicht­lich der Ein­ord­nung des Herrn N. als lei­ten­der An­ge­stell­ter fest­hal­te und vor­sorg­lich ei­ne Anhörung nach § 99 Be­trVG durch­geführt ha­be, ma­che die Anhörung nicht un­zulässig. Die Rück­wir­kung ha­be sich auf den Zeit­punkt der Ein­stel­lung be­zo­gen. Das Ant­wort­schrei­ben des Be­triebs­ra­tes ent­hal­te kei­ne Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung.

Das Ar­beits­ge­richt hat mit Be­schluss vom 04.05.2016 der Ar­beit­ge­be­rin auf­ge­ge­ben, die Ein­stel­lung von Herrn V. N. auf­zu­he­ben. Zur Be­gründung führt das Ar­beits­ge­richt aus, dass der Be­triebs­rat sei­ne Zu­stim­mung zur Ein­stel­lung des Herrn N. we­der aus­drück­lich er­teilt ha­be noch die Zu­stim­mung nach § 99 Abs. 3 Satz 2 Be­trVG als er­teilt gel­te. Die Ar­beit­ge­be­rin ha­be den Be­triebs­rat vor der Ein­stel­lung gar nicht nach § 99 Abs. 1 Be­trVG be­tei­ligt. Im Fe­bru­ar 2016 ha­be ei­ne Be­tei­li­gung für ei­ne zum 01.10.2015 er­folg­te Ein­stel­lung nicht mehr wirk­sam er­fol­gen können. Dies sei je­doch er­for­der­lich ge­we­sen, da ei­ne Be­wer­tung der Tätig­keit des Herrn N. er­ge­be, dass er kein lei­ten­der An­ge­stell­ter nach § 5 Abs. 3 und 4 Be­trVG sei.

Die Ar­beit­ge­be­rin hat ge­gen den am 01.06.2016 zu­ge­stell­ten Be­schluss am 22.06.2016 Be­schwer­de ein­ge­legt und die­se - nach Verlänge­rung der Frist zur Be­gründung der Be­schwer­de bis zum 15.08.2016 - am 12.08.2016 be­gründet.

Sie ist der Auf­fas­sung, bei der von Herrn N. auf der Po­si­ti­on "Branch Ma­na­ger West" durch­geführ­ten Tätig­keit er­ge­be ei­ne länger­fris­ti­ge tätig­keits­be­zo­ge­ne Be­trach­tung, dass er kein lei­ten­der An­ge­stell­ter sei und da­her ei­ne Be­tei­li­gung des Be­triebs­ra­tes nach § 99 Be­trVG gar nicht er­for­der­lich sei. Zur Be­gründung der Rechts­an­sicht, dass Herr N. bei sei­ner Ein­stel­lung am 01.10.2015 lei­ten­der An­ge­stell­ter ge­we­sen sei, trägt die Ar­beit­ge­be­rin - teil­wei­se strei­tig - zum In­halt sei­ner Tätig­keit so­wie zu sei­nen Be­fug­nis­sen im In­nen- und Außen­verhält­nis seit sei­ner Ein­stel­lung ergänzend vor.

Die Ar­beit­ge­be­rin be­an­tragt zu­letzt,

den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Es­sen vom 04.05.2016 (4 BV 4/16) ab­zuändern und den An­trag zurück­zu­wei­sen.

Der Be­triebs­rat be­an­tragt nach Rück­nah­me ei­ner nach Ab­lauf der vom Ge­richt ge­setz­ten und verlänger­ten Be­schwer­de­er­wi­de­rungs­frist ein­ge­reich­ten An­schluss­be­schwer­de zu­letzt,

die Be­schwer­de zurück­zu­wei­sen.

Der Be­triebs­rat ver­tei­digt zur Be­gründung sei­nes Zurück­wei­sungs­an­tra­ges die Würdi­gung des Ar­beits­ge­richts und trägt - bei teil­wei­sem Be­strei­ten des Vor­tra­ges der Ar­beit­ge­be­rin - zur Tätig­keit des Herrn N. und zu sei­nen Be­fug­nis­sen ergänzend vor.

Das Be­schwer­de­ge­richt hat die Be­tei­lig­ten mit Hin­weis­be­schluss vom 06.12.2016 dar­auf hin­ge­wie­sen, dass in dem Schrei­ben der Ar­beit­ge­be­rin vom 22.02.2016 ei­ne für die Zu­kunft wirk­sa­me Un­ter­rich­tung des Be­triebs­ra­tes nach § 99 Abs. 1 Be­trVG lie­gen dürf­te und die Zu­stim­mung des Be­triebs­ra­tes nachträglich gem. § 99 Abs. 3 Satz 2 Be­trVG als er­teilt gel­ten dürf­te.

Der Be­triebs­rat ver­tritt in sei­ner Stel­lung­nah­me vom 13.12.2016 die Auf­fas­sung, das Schrei­ben vom 22.02.2016 be­zie­he sich nicht auf ei­ne be­ab­sich­tig­te und be­vor­ste­hen­de Ein­stel­lung und er­set­ze da­her nicht die nach § 99 Be­trVG er­for­der­li­che Be­tei­li­gung. Die Ar­beit­ge­be­rin hätte die Ein­stel­lung zu­vor auf­he­ben und er­neut ei­ne neue per­so­nel­le Ein­zel­maßnah­me nach der vor­he­ri­gen Be­tei­li­gung des Be­triebs­ra­tes durchführen müssen. Ei­ne nachträgli­che Zu­stim­mung se­he das Be­trVG nicht vor.

Ergänzend wird auf die wech­sel­sei­ti­gen Schriftsätze der Be­tei­lig­ten nebst An­la­gen so­wie auf den Hin­weis­be­schluss der Be­schwer­de­kam­mer vom 06.12.2016 und das Pro­to­koll zur Anhörung der Be­tei­lig­ten vom 20.12.2016 ver­wie­sen.

II.

Die Be­schwer­de der Ar­beit­ge­be­rin ist zulässig und be­gründet.

1.

Ge­gen die Zulässig­keit der Be­schwer­de be­ste­hen kei­ne Be­den­ken. Sie ist statt­haft gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG. Sie ist zu­dem form- und frist­ge­recht im Sin­ne von § 87 Abs. 2 i.V.m. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 520 ZPO ein­ge­legt und be­gründet wor­den.

Über ei­nen An­trag nach § 101 Satz 1 Be­trVG ist im Be­schluss­ver­fah­ren zu ent­schei­den (§ 2a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i.?V.?mit §§ 80?ff. ArbGG).

Be­tei­lig­ter i.?S. des § 83 Abs. 3 ArbGG ist ne­ben dem Be­triebs­rat nur der Ar­beit­ge­ber, nicht der von der per­so­nel­len Maßnah­me be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­mer (BAG 22.3.1983 AP Be­trVG 1972 § 101 Nr. 6; 31.5.1983 AP Be­trVG 1972 § 118 Nr. 27; Ri­char­di /Thüsing Be­trVG § 101, Rn. 14).

2.

Die Be­schwer­de hat auch in der Sa­che Er­folg. Der An­trag des Be­triebs­ra­tes, der Ar­beit­ge­be­rin auf­zu­ge­ben, die Ein­stel­lung von Herrn V. N. auf­zu­he­ben, ist zurück­zu­wei­sen. Der zulässi­ge An­trag des Be­triebs­ra­tes ist un­be­gründet.

a)Der An­trag nach § 101 Satz 1 Be­trVG ist zulässig. Der Be­triebs­rat hat ins­be­son­de­re das für ei­nen An­trag nach § 101 Satz 1 Be­trVG er­for­der­li­che Rechts­schutz­in­ter­es­se.

Der Be­triebs­rat ver­folgt mit sei­nem An­trag nach § 101 Satz 1 Be­trVG die Auf­he­bung ei­ner Ein­stel­lung und da­mit ei­ner per­so­nel­len Maßnah­me nach § 99 Abs. 1 Be­trVG, weil er der An­sicht ist, der Ein­stel­lung nicht zu­ge­stimmt zu ha­ben. Er hat da­her ein fort­be­ste­hen­des In­ter­es­se an der Klärung der Fra­ge, ob die Ar­beit­ge­be­rin die per­so­nel­le Ein­zel­maßnah­me der Ein­stel­lung von Herrn N. auf­recht­er­hal­ten darf.

Wie das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend ausführt, fehlt das Rechts­schutz­in­ter­es­se nicht des­halb, weil der Be­triebs­rat ge­gen die per­so­nel­le Maßnah­me an sich kei­ne Einwände hat, son­dern le­dig­lich sein Mit­be­stim­mungs­recht ge­si­chert wis­sen will. Er kann im Hin­blick auf die Be­sei­ti­gung ei­nes be­haup­te­ten ge­genwärti­gen be­triebs­ver­fas­sungs­wid­ri­gen Zu­stan­des nicht auf ein Vor­ge­hen nach § 23 Abs. 3 Be­trVG oder auf ei­nen Fest­stel­lungs­an­trag nach § 5 Be­trVG ver­wie­sen wer­den. Denn das Ver­fah­ren nach § 101 Be­trVG zielt ge­ra­de auf die Be­sei­ti­gung ei­nes be­triebs­ver­fas­sungs­wid­ri­gen Zu­stands ab und gibt dem Be­triebs­rat ei­nen Auf­he­bungs­an­spruch, wenn der Ar­beit­ge­ber ei­ne per­so­nel­le Ein­zel­maßnah­me un­ter Ver­let­zung des Mit­be­stim­mungs­ver­fah­rens durchführt (eben­so BAG 17.3.1987 AP Be­trVG 1972 § 23 Nr. 7; Mat­thes, MHdBAr­bR § 265, Rn. 1). Bei ihm han­delt es sich da­her rechts­dog­ma­tisch um ei­nen ne­ga­to­ri­schen An­spruch (vgl. Ri­char­di, FS Wlotz­ke, S. 407, 410?f.). Durch die Rückgängig­ma­chung der per­so­nel­len Maßnah­me soll die Be­ein­träch­ti­gung des dem Be­triebs­rat ein­geräum­ten Rechts be­sei­tigt wer­den.

Die Vor­schrif­ten der §§ 101 und 23 Abs. 3 Be­trVG fin­den da­bei ne­ben­ein­an­der An­wen­dung. Sie über­schnei­den sich in ih­rem An­wen­dungs­be­reich nicht, denn § 23 Abs. 3 Be­trVG gibt dem Be­triebs­rat ei­nen An­spruch auf künf­ti­ge Be­ach­tung sei­ner Mit­be­stim­mungs­rech­te, das Ver­fah­ren nach § 101 Be­trVG hat die ver­gan­ge­ne mit­be­stim­mungs­wid­ri­ge Maßnah­me zum Ge­gen­stand (vgl. Fit­ting, § 101, Rn. 12; GK/Raab, § 101 Rn. 21). Der hier gel­tend ge­mach­te An­spruch des Be­triebs­ra­tes ist primär ein Be­sei­ti­gungs­an­spruch, für den das Ver­fah­ren nach § 23 Abs. 3 Be­trVG aus­schei­det.

Wenn der Be­triebs­rat außer­dem die Fest­stel­lung be­gehrt, dass Herr N. kein lei­ten­der An­ge­stell­ter ist, kann er al­ter­na­tiv oder zusätz­lich zu dem An­trag nach § 101 Satz 1 Be­trVG auch ein Fest­stel­lungs­ver­fah­ren nach § 5 Be­trVG ein­lei­ten (vgl. Ri­char­di-Ri­char­di, Bert­VG, Rn. 299 - 305).

b)Der An­trag ist je­doch un­be­gründet. Der Be­triebs­rat kann nicht von der Ar­beit­ge­be­rin ver­lan­gen, die Ein­stel­lung des Herrn V. N. auf­zu­he­ben.

Da­bei kann es für die Be­schwer­de­ent­schei­dung da­hin­ste­hen, ob es sich bei Herrn N. um ei­nen lei­ten­den An­ge­stell­ten gem. § 5 Abs. 3 und 4 Be­trVG han­delt und der Be­triebs­rat nach § 99 Abs. 1 Be­trVG über­haupt zu be­tei­li­gen war. Denn die Ar­beit­ge­be­rin hat den Be­triebs­rat je­den­falls am 22.02.2016 wirk­sam nach § 99 Abs. 1 Be­trVG un­ter­rich­tet (da­zu aa). Die Stel­lung­nah­me des Be­triebs­ra­tes vom 25.02.2016 be­zieht sich nicht auf ei­nen der Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­gründe nach § 99 Abs. 2 Be­trVG und ist un­be­acht­lich (da­zu bb). Die Zu­stim­mung des Be­triebs­ra­tes zur Ein­stel­lung des Herrn V. N. galt zum Zeit­punkt der Ent­schei­dung der Be­schwer­de­kam­mer am 20.12.2016 da­her gem. § 99 Abs. 3 Satz 2 Be­trVG als er­teilt (da­zu cc).

aa)Die Ar­beit­ge­be­rin hat den Be­triebs­rat am 22.02.2016 wirk­sam nach § 99 Abs. 1 Be­trVG un­ter­rich­tet.

aaa) Das Un­ter­rich­tungs­schrei­ben vom 22.02.2016 enthält al­le nach § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG er­for­der­li­chen An­ga­ben.

Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG hat der Ar­beit­ge­ber den Be­triebs­rat über die be­ab­sich­tig­te per­so­nel­le Ein­zel­maßnah­me un­ter Vor­la­ge der er­for­der­li­chen Ur­kun­den zu un­ter­rich­ten. Er­for­der­lich und aus­rei­chend ist ei­ne Un­ter­rich­tung, die es dem Be­triebs­rat ermöglicht, auf­grund der mit­ge­teil­ten Tat­sa­chen zu prüfen, ob ei­ner der in § 99 Abs. 2 Be­trVG ge­nann­ten Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­gründe vor­liegt (BAG 29.06.2011 - 7 ABR 24/10 -, AP Be­trVG 1972 § 99 Nr. 137; BAG 10.10.2012 - 7 ABR 42/11 -, Beck­RS 2013, 66464). Die Ein­stel­lung liegt da­bei in der Zu­wei­sung ei­nes Ar­beits­be­reichs, durch die ein Ar­beit­neh­mer in den Be­trieb ein­ge­glie­dert wird. Es han­delt sich in­so­weit um das­sel­be Kri­te­ri­um wie beim Ver­set­zungs­be­griff, der die Zu­wei­sung ei­nes an­de­ren Ar­beits­be­reichs er­fasst (Ri­char­di/Thüsing Be­trVG § 99, Rn. 32).

Die Ar­beit­ge­be­rin hat da­bei dem Be­triebs­rat mit Schrei­ben vom 22.02.2016, so­weit ihm die­se An­ga­ben aus der vor­an­ge­gan­ge­nen Un­ter­rich­tung nach § 105 Be­trVG nicht oh­ne­hin be­kannt wa­ren, al­le In­for­ma­tio­nen zur Per­son, zum Ar­beits­platz, zur Ar­beits­zeit und zum Ge­halt des Herrn N. mit­ge­teilt. Dass die­se An­ga­ben es dem Be­triebs­rat nicht ermögli­chen würden, das Vor­lie­gen ei­nes der in § 99 Abs. 2 Be­trVG ge­nann­ten Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­gründe zu prüfen, ist nicht er­sicht­lich und hat der Be­triebs­rat auch nicht be­haup­tet.

bbb)Die nachträgli­che und vor­sorg­li­che Un­ter­rich­tung des Be­triebs­ra­tes am 22.02.2016 war recht­lich zulässig, oh­ne dass die Ein­stel­lung von Herrn N. vor der Un­ter­rich­tung erst auf­ge­ho­ben wer­den muss­te. Dies gilt auch dann, wenn zunächst seit dem 01.10.2015 ein be­triebs­ver­fas­sungs­wid­ri­ger Zu­stand vor­ge­le­gen hat. Die in § 99 Be­trVG ge­re­gel­te Mit­be­stim­mung bei per­so­nel­len Ein­zel­maßnah­men ist erst dann be­en­det, wenn ein be­triebs­ver­fas­sungs­gemäßer Zu­stand ein­ge­tre­ten ist.

(1)Für die Ent­schei­dung des Ge­richts über ei­nen An­trag nach § 101 Satz 1 Be­trVG kommt es auf die Rechts­la­ge zum Zeit­punkt der letz­ten münd­li­chen Anhörung der Be­tei­lig­ten an. Ein mögli­cher Be­tei­li­gungs­man­gel kann bis da­hin ge­heilt wer­den.

Das er­gibt sich aus der Sys­te­ma­tik der §§ 99 ff. Be­trVG und dem Streit­ge­gen­stand ei­nes An­tra­ges nach § 101 Satz 1 Be­trVG in zeit­li­cher Hin­sicht.

Für die ge­plan­te Ein­stel­lung ei­nes be­stimm­ten Ar­beit­neh­mers han­delt es sich bei je­dem An­trag des Ar­beit­ge­bers nach § 99 Abs. 1 Be­trVG auf Zu­stim­mung des Be­triebs­ra­tes bzw. auf Zu­stim­mungs­er­set­zung nach § 99 Abs. 4 Be­trVG um ei­nen ei­genständi­gen Streit­ge­gen­stand (BAG 28.02.2006 - 1 ABR 1/05 -, EzA Be­trVG 2001 § 99 Nr. 10). Ein Ar­beit­ge­ber kann da­her so­gar nach­ein­an­der meh­re­re auf die­sel­be per­so­nel­le Maßnah­me ge­rich­te­te Be­tei­li­gungs­ver­fah­ren gemäß §§ 99, 100 Be­trVG durchführen, und zwar auch zeit­lich par­al­lel (BAG 28.02.2006 - 1 ABR 1/05 -, AP Be­trVG 1972 § 99 Ein­stel­lung Nr. 51; BAG 16.01.2007 - 1 ABR 16/06 -, AP Be­trVG 1972 § 99 Ein­stel­lung Nr. 52; LAG Hes­sen 02.12.2008 - 4 TaBV 193/08 -, Beck­RS 2011, 71515). Der Streit­ge­gen­stand des vor­lie­gen­den Ver­fah­rens nach § 101 Bert­VG be­trifft in zeit­li­cher Hin­sicht eben­so wie das Zu­stim­mungs­er­set­zungs­ver­fah­ren gemäß § 99 Abs. 4 Be­trVG grundsätz­lich die Fra­ge, ob die per­so­nel­le Maßnah­me ge­genwärtig und zukünf­tig zulässig ist. Ver­fah­rens­ge­gen­stand ist da­ge­gen nicht, ob die Maßnah­me im Zeit­punkt der An­trag­stel­lung oder zu ei­nem frühe­ren Zeit­punkt zulässig war. Maßgeb­lich für die Be­gründet­heit des An­trags ist da­her grundsätz­lich die Sach­la­ge zum Zeit­punkt der letz­ten münd­li­chen Anhörung (BAG 25.01.2005 - 1 ABR 61/03 -, BA­GE 113/218; BAG 16.01.2007 - 1 ABR 16/06 -).

Aus die­sem Verständ­nis folgt, dass der Ar­beit­ge­ber even­tu­el­le Be­tei­li­gungsmängel bis zum Schluss der münd­li­chen Anhörung be­sei­ti­gen kann. So ist für das Zu­stim­mungs­er­set­zungs­ver­fah­ren nach § 99 Abs. 4 Be­trVG auch an­er­kannt, dass der Ar­beit­ge­ber bis zu die­sem Zeit­punkt ei­ne un­zu­rei­chen­de Un­ter­rich­tung des Be­triebs­rats ergänzen kann (BAG 29.06.2011 - 7 ABR 24/10 -).

Nichts an­de­res gilt, wenn der Ar­beit­ge­ber - et­wa auf­grund der Ver­ken­nung des Vor­lie­gens des Mit­be­stim­mungs­rechts nach § 99 Be­trVG - ei­ne per­so­nel­le Maßnah­me ganz oh­ne Be­tei­li­gung des Be­triebs­rats durch­geführt hat. Auch hier kann er den Be­tei­li­gungs­man­gel durch ei­ne nachträgli­che Un­ter­rich­tung des Be­triebs­rats hei­len. Ei­ne fak­tisch rechts­wid­ri­ge Durchführung der Maßnah­me in der Ver­gan­gen­heit hin­dert den Ar­beit­ge­ber da­her auf­grund des zu­kunfts­ge­rich­te­ten Cha­rak­ters des Ver­fah­rens nach § 99 Be­trVG nicht dar­an, die Maßnah­me zukünf­tig auf be­triebs­ver­fas­sungs­recht­lich ord­nungs­gemäßer Grund­la­ge durch­zuführen.

(2)Durch die kon­kre­te Un­ter­rich­tung vom 22.02.2016 bringt die Ar­beit­ge­be­rin für den Be­triebs­rat deut­lich zum Aus­druck, dass sie je­den­falls vor­sorg­lich für den Fall ei­ner feh­ler­haf­ten Rechts­auf­fas­sung auch ei­ne nach­ho­len­de Un­ter­rich­tung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG durchführen woll­te, um ei­nen mögli­chen be­triebs­ver­fas­sungs­wid­ri­gen Zu­stand für die Zu­kunft zu be­sei­ti­gen.

Die er­gibt die Aus­le­gung der Un­ter­rich­tung vom 22.02.2016 un­ter Berück­sich­ti­gung der Be­gründung der Ar­beit­ge­be­rin und des Ge­samt­zu­sam­men­hangs.

Erklärun­gen der Ar­beit­ge­be­rin gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, 100 Abs. 2 Satz 1 Be­trVG sind rechts­geschäftsähn­li­che Hand­lun­gen (vgl. BAG 09.12.2008 - 1 ABR 79/07 -, AP Be­trVG 1972 § 99 Ein­grup­pie­rung Nr. 36; ent­spre­chend zum Wi­der­spruch des Be­triebs­rats: BAG 11.06.2002 - 1 ABR 43/01 - BA­GE 101/298). Da­her sind sie nach § 133 BGB aus­zu­le­gen (vgl. LAG Düssel­dorf 01.02.2002 - 10 Sa 1628/01 - LA­GE BGB § 620 Per­so­nal­rat Nr. 6). Nach die­ser Vor­schrift ist der wirk­li­che Wil­le des Erklären­den zu er­for­schen und nicht am buchstäbli­chen Sinn des Aus­drucks zu haf­ten. Es ist zwar vom Wort­laut der Erklärung aus­zu­ge­hen. Zu berück­sich­ti­gen sind je­doch die für den Erklärungs­empfänger nach des­sen Ho­ri­zont er­kenn­ba­ren Ge­samt­umstände (vgl. et­wa BAG 14.07.2005 - 8 AZR 392/02 -, AP BGB § 611 Ru­hen des Ar­beits­verhält­nis­ses Nr. 4; BAG 12.09.2006 - 9 AZR 686/05 -, AP Tz­B­fG § 8 Nr. 17).

Ge­mes­sen an die­sem Maßstab soll­te die Ein­stel­lung des Herrn N. er­kenn­bar mit der Un­ter­rich­tung vom 22.02.2016 vor­sorg­lich auf ei­ne be­triebs­ver­fas­sungs­recht­lich neue Grund­la­ge ge­stellt wer­den. Das "Vor­sorg­li­che" be­zieht sich da­bei aus­weis­lich des ein­deu­ti­gen Wort­lau­tes der Un­ter­rich­tung vom 22.02.2016 auf die Rechts­auf­fas­sung der Ar­beit­ge­be­rin hin­sicht­lich der Stel­lung des Herrn N. als lei­ten­der An­ge­stell­ter. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­triebs­ra­tes be­darf es auch kei­ner vor­he­ri­gen Auf­ga­be ei­ner Rechts­an­sicht durch die Ar­beit­ge­be­rin. So­lan­ge be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Be­tei­li­gungs­rech­te ein­ge­hal­ten wer­den, gehört es zu der ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­ten Mei­nungs­frei­heit aus Art. 5 Abs. 1 GG, gleich­wohl ei­ne an­de­re Rechts­auf­fas­sung zu den Mit­be­stim­mungs­vor­schrif­ten ver­tre­ten und kom­mu­ni­zie­ren zu dürfen.

Der Be­triebs­rat weist zwar zu­tref­fend dar­auf hin, dass sich das An­lie­gen ei­ner Un­ter­rich­tung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG für die Zu­kunft aus der For­mu­lie­rung "rück­wir­kend zum 01.10.2015" nicht ein­deu­tig er­gibt. Die Ar­beit­ge­be­rin hat je­doch hin­rei­chend deut­lich zum Aus­druck ge­bracht, dass sie vor­sorg­lich für den Fall ei­ner feh­ler­haf­ten Rechts­auf­fas­sung ei­nen mögli­chen be­triebs­ver­fas­sungs­wid­ri­gen Zu­stand we­nigs­tens für die Zu­kunft be­sei­ti­gen woll­te. Dem Be­triebs­rat muss­te klar sein, dass die Ar­beit­ge­be­rin für den Fall ei­ner in der Ver­gan­gen­heit getätig­ten fal­schen recht­li­chen Einschätzung nun­mehr vor­sorg­lich die per­so­nel­le Ein­zel­maßnah­me auf ei­ner neu­en Grund­la­ge durchführen woll­te. Ent­spre­chend wies die Ar­beit­ge­be­rin in dem Schrei­ben vom 22.02.2016 dar­auf hin, dass die Un­ter­rich­tung nach § 99 Be­trVG "zusätz­lich" zu der Un­ter­rich­tung nach § 105 Be­trVG er­fol­ge. Die Zeit­an­ga­be ei­ner rück­wir­ken­den Ein­stel­lung zum 01.10.2015 ver­weist nur auf das Da­tum des tatsächli­chen Ar­beits­be­ginns und im­pli­ziert da­mit, dass die Ein­stel­lung seit die­sem Zeit­punkt für den Fall, dass es sich bei Herrn N. nicht um ei­nen lei­ten­den An­ge­stell­ten han­delt, zu­letzt oh­ne be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Grund­la­ge fak­tisch durch­geführt wur­de. Die­ser mögli­che Zu­stand soll­te er­kenn­bar durch die "vor­sorg­li­che" und "zusätz­li­che" Be­tei­li­gung nach § 99 Be­trVG be­en­det wer­den. Dass der Be­triebs­rat dies auch so ver­stan­den hat, be­legt der In­halt sei­ner Stel­lung­nah­me vom 25.02.2016. Denn dar­in hat der Be­triebs­rat klar zum Aus­druck ge­bracht, dass er auf ei­ne Un­ter­rich­tung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG ant­wor­ten wol­le. Es ist da­bei als bloßer Rechts­irr­tum un­be­acht­lich, dass der Be­triebs­rat ei­ne vor­sorg­li­che und zusätz­li­che Un­ter­rich­tung für recht­lich un­zulässig hielt.

(3)Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­triebs­ra­tes muss­te - so­fern da­von aus­ge­gan­gen wird, dass Herr N. kein lei­ten­der An­ge­stell­ter nach § 5 Abs. 3 und 4 Be­trVG ist - die Ein­stel­lung vor der Un­ter­rich­tung vom 22.02.2016 auch nicht zu­vor erst auf­ge­ho­ben wer­den.

Auch ei­ne tatsächli­che Beschäfti­gung seit dem 01.10.2015 oh­ne Be­tei­li­gung des Be­triebs­ra­tes nach § 99 Be­trVG er­for­dert nach Auf­fas­sung der Kam­mer kei­ne nach außen er­kenn­ba­re tatsächli­che Auf­he­bung der Ein­stel­lung, be­vor die Be­tei­li­gung nach­ge­holt wird.

Ei­ne nachträgli­che Be­tei­li­gung des Be­triebs­rats zu ei­ner zunächst oh­ne Be­tei­li­gung durch­geführ­ten Maßnah­me zur Hei­lung der ursprüng­li­chen Rechts­wid­rig­keit ist nach Auf­fas­sung der Kam­mer möglich und führt so zum vollständi­gen Weg­fall ei­nes Auf­he­bungs­an­spruchs nach § 101 Satz 1 Be­trVG (dies ver­nei­nend LAG Bre­men 20.07.2005 - 2 TaBV 4/05 - EzA-SD 11/06 Nr. 16). Der vom Be­triebs­rat in Be­zug ge­nom­me­nen Ent­schei­dung des LAG Bre­men vom 20.07.2005 lag ein An­trag der Ar­beit­ge­be­rin auf Zu­stim­mungs­er­set­zung zu ver­schie­de­nen Ver­set­zun­gen nach § 99 Abs. 4 Be­trVG trotz rechts­kräfti­ger Ver­pflich­tung zur Auf­he­bung der Ver­set­zun­gen nach § 101 Satz 1 Be­trVG zu­grun­de. Das LAG Bre­men hat da­zu ent­schie­den, dass die Un­wirk­sam­keit ei­ner nicht be­triebs­ver­fas­sungs­gemäßen Maßnah­me nicht durch die nachträgli­che Durchführung des in § 99 Be­trVG vor­ge­se­he­nen Ver­fah­rens ge­heilt wer­den könne. Zur Be­gründung hat es an­geführt, dass der Zweck der Si­che­rung der Mit­be­stim­mung nur erfüllt wer­den könne, wenn "rein tatsächlich" kei­ne Beschäfti­gung mehr un­ter Miss­ach­tung des per­so­nel­len Mit­be­stim­mungs­rechts er­fol­ge. So­lan­ge ein Ver­fah­ren nach § 101 Be­trVG anhängig sei, könne - wenn des­sen Grund in der Nicht­be­tei­li­gung des Be­triebs­ra­tes lie­ge - ein statt­ge­ben­der Be­schluss nicht da­durch ver­hin­dert wer­den, dass die un­ter­las­se­ne Be­tei­li­gung des Be­triebs­ra­tes nach­ge­holt wer­de.

Die er­ken­nen­de Kam­mer hält ei­ne nachträgli­che Un­ter­rich­tung des Be­triebs­ra­tes nach § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG oh­ne vor­he­ri­ge Auf­he­bung der Maßnah­me je­den­falls so­lan­ge für zulässig, so­lan­ge noch kei­ne rechts­kräfti­ge Ent­schei­dung über den An­trag des Be­triebs­ra­tes nach § 101 Be­trVG er­gan­gen ist. Denn Ge­gen­stand des ge­richt­li­chen Auf­he­bungs­ver­fah­rens nach § 101 Satz 1 Be­trVG ist die Fra­ge, ob ei­ne kon­kre­te per­so­nel­le Ein­zel­maßnah­me ge­genwärtig und zukünf­tig als endgülti­ge Maßnah­me zulässig ist (Fit­ting Be­trVG, 28. Auf­la­ge, § 101 Be­trVG, Rn. 4a). Ver­fah­rens­ge­gen­stand ist da­ge­gen nicht, ob die Maßnah­me im Zeit­punkt der An­trag­stel­lung oder zu ei­nem frühe­ren Zeit­punkt zulässig war (LAG Hes­sen 05.11.2013 - 4 TaBV 18/13 -). Erst mit der Rechts­kraft des dem An­trag nach § 101 Satz 1 Be­trVG statt­ge­ben­den Be­schlus­ses wird die Ar­beit­ge­be­rin ver­pflich­tet, ei­nen be­triebs­ver­fas­sungs­wid­ri­gen Zu­stand durch Auf­he­bung der per­so­nel­len Ein­zel­maßnah­me zu be­sei­ti­gen. Ent­schei­dun­gen im Auf­he­bungs­ver­fah­ren ha­ben da­her nur Wir­kung für die Zu­kunft, so dass auch zunächst be­gründe­te Anträge nach § 101 Satz 1 Be­trVG im Lau­fe des Ver­fah­rens un­be­gründet wer­den können, wenn kein be­triebs­ver­fas­sungs­wid­ri­ger Zu­stand mehr vor­liegt (vgl. BAG 14.04.2015 - 1 ABR 66/13 -, NZA 2015, 1077 zum Zeit­ab­lauf der Maßnah­me). Das LAG Hes­sen führt da­zu im Leit­satz der Ent­schei­dung vom 02.12.2008 ( - 4 TaBV 193/08, Beck­RS 2011, 71515) zu der eben­falls in § 99 Abs. 1 Satz 1 ge­re­gel­ten Ver­set­zung fol­gen­des zu­tref­fend aus:

"Ei­ne Mit­be­stim­mungs­rech­te gemäß §§ 99, 100 Be­trVG ver­let­zen­de fak­ti­sche Durchführung ei­ner Ver­set­zung steht ei­ner späte­ren ord­nungs­gemäßen Durchführung des Be­tei­li­gungs­ver­fah­rens nicht ent­ge­gen. Der Ar­beit­ge­ber ist ins­be­son­de­re nicht ver­pflich­tet, die Maßnah­me vor­her tatsächlich auf­zu­he­ben. So­lan­ge die rechts­wid­ri­ge Durchführung der Ver­set­zung an­dau­ert, kann der Be­triebs­rat sich hier­ge­gen mit ei­nem An­trag gemäß § 101 Be­trVG weh­ren."

So ist auch an­er­kannt, dass die Ar­beit­ge­be­rin bis zum Schluss der münd­li­chen Anhörung im Zu­stim­mungs­er­set­zungs­ver­fah­ren nach § 99 Abs. 4 Be­trVG ei­ne un­zu­rei­chen­de Un­ter­rich­tung des Be­triebs­rats ergänzen kann (vgl. nur BAG 29.06.2011 - 7 ABR 24/10 -). Nichts an­de­res gilt, wenn die Ar­beit­ge­be­rin - et­wa auf­grund der Ver­ken­nung des Vor­lie­gens des Mit­be­stim­mungs­rechts nach § 99 Be­trVG - ei­ne per­so­nel­le Maßnah­me oh­ne Be­tei­li­gung des Be­triebs­rats durch­geführt hat. Auch hier kann sie den Be­tei­li­gungs­man­gel durch ei­ne nachträgli­che Un­ter­rich­tung des Be­triebs­rats hei­len.

Ei­ne fak­tisch rechts­wid­ri­ge Durchführung der Maßnah­me in der Ver­gan­gen­heit hin­dert den Ar­beit­ge­ber da­her auf­grund des zu­kunfts­ge­rich­te­ten Cha­rak­ters des Ver­fah­rens nach § 99 Be­trVG nicht dar­an, die Maßnah­me zukünf­tig auf be­triebs­ver­fas­sungs­recht­lich ord­nungs­gemäßer Grund­la­ge durch­zuführen (vgl. LAG Hes­sen 05.11.2013 - 4 TaBV 18/13 -, Beck­RS 2015, 70497).

Die §§ 99 ff. Be­trVG ent­hal­ten kei­ne Rechts­grund­la­ge, trotz der nach­ge­hol­ten ord­nungs­gemäßen Un­ter­rich­tung des Be­triebs­ra­tes nebst (fin­gier­ter) Zu­stim­mung, die Auf­he­bung der tatsächli­chen Ein­stel­lung des Ar­beit­neh­mers auf dem neu­en Ar­beits­platz für ei­nen be­stimm­ten, wie auch im­mer zu be­mes­sen­den Zeit­raum, zu ver­lan­gen. Da­bei würde es sich oh­ne­hin nur um ei­ne sym­bo­li­sche Ges­te oder die Do­ku­men­ta­ti­on ei­nes Un­rechts­be­wusst­seins des Ar­beit­ge­bers hin­sicht­lich sei­nes Ver­hal­tens in der Ver­gan­gen­heit han­deln. Die Ein­hal­tung der For­ma­li­en der Mit­be­stim­mungs­vor­schrif­ten des Be­trVG hat kei­nen Selbst­zweck. Die Mit­be­stim­mung soll viel­mehr ei­ne aus­ge­wo­ge­ne Be­tei­li­gung der Ar­beit­neh­mer­inter­es­sen an dem un­ter­neh­me­ri­schen Han­deln der Ar­beit­ge­be­rin gewähr­leis­ten und si­cher­stel­len. Vor die­sem Hin­ter­grund kann sich aus § 101 Satz 1 Be­trVG auch nur ei­ne durch das Ge­richt aus­zu­spre­chen­de Sank­ti­on her­lei­ten las­sen, die sich auf ei­nen be­triebs­ver­fas­sungs­wid­ri­gen Zu­stand zum Zeit­punkt der Ent­schei­dung des Ge­richts be­zieht.

Es ist da­her recht­lich le­gi­tim, sich trotz ent­ge­gen­ste­hen­der Rechts­auf­fas­sung vor­sorg­lich und zusätz­lich die Rechts­auf­fas­sung des an­de­ren Be­triebs­part­ners zu ei­gen und zum Ge­gen­stand der ei­ge­nen be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Hand­lun­gen zu ma­chen.

bb)Die Stel­lung­nah­me des Be­triebs­ra­tes vom 25.02.2016 be­zieht sich nicht auf ei­nen der Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­gründe nach § 99 Abs. 2 Be­trVG und ist da­her un­be­acht­lich.

aaa)Der Be­triebs­rat genügt der ge­setz­li­chen Be­gründungs­pflicht, wenn es als möglich er­scheint, dass mit sei­ner schrift­lich ge­ge­be­nen Be­gründung ei­ner der in § 99 Abs. 2 Be­trVG auf­geführ­ten Ver­wei­ge­rungs­gründe gel­tend ge­macht wird (BAG 10.10.2012 - 7 ABR 42/11 -, Beck­RS 2013, 66464). Ei­ne Be­gründung, die of­fen­sicht­lich auf kei­nen der ge­setz­li­chen Ver­wei­ge­rungs­gründe Be­zug nimmt, ist da­ge­gen un­be­acht­lich. Die Be­gründung des Be­triebs­rats braucht nicht schlüssig zu sein. Kon­kre­te Tat­sa­chen und Gründe müssen nur für die auf § 99 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 6 Be­trVG gestütz­te Ver­wei­ge­rung an­ge­ge­ben wer­den (vgl. BAG 19.04.2012 - 7 ABR 52/10 -; 16.03.2010 - 3 AZR 31/09 -; 9.12.2008 - 1 ABR 79/07 -; BAG 10.10.2012 - 7 ABR 42/11 -).

Der Be­triebs­rat be­ruft sich vor­lie­gend zur Be­gründung sei­ner Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung auf ei­ne Un­zulässig­keit ei­ner vor­sorg­li­chen und rück­wir­ken­den Un­ter­rich­tung nach § 99 Abs. 1 Be­trVG im Hin­blick auf die Ein­stel­lung des Herrn N.. Da­mit be­zieht er sich auf den Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grund des Ver­s­toßes ge­gen ein Ge­setz i.S. des § 99 Abs. 2 Nr. 1 Be­trVG. Ein an­de­rer Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grund aus dem Ka­ta­log des Abs. 2 kommt nach dem In­halt der maßgeb­li­chen Erklärung vom 25.02.2016 er­kenn­bar nicht in Be­tracht.

bbb)Die Rüge des Ge­set­zes­ver­s­toßes nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 Be­trVG ist ge­mes­sen an der kon­kre­ten Be­gründung des Wi­der­spruchs vom 25.02.2016 un­be­acht­lich.

Ein Ge­set­zes­ver­s­toß als Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grund setzt vor­aus, dass die per­so­nel­le Maßnah­me als sol­che ge­set­zes­wid­rig ist. Es kom­men al­so ins­be­son­de­re Ver­let­zun­gen von Ein­stel­lungs­nor­men und Beschäfti­gungs­ver­bo­te in Be­tracht, die ei­ne Beschäfti­gung mit be­stimm­ten In­halt oder un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen un­ter­sa­gen. In­so­weit steht dem Be­triebs­rat die Rol­le ei­nes "Hüters des zwin­gen­den Rechts" zu (BAG 10.08.1993 - 1 ABR 22/93 -, Beck­RS 9998, 22109).

Nicht als Ge­set­zes­ver­s­toß i.?S. die­ser Be­stim­mung ist es da­ge­gen an­zu­se­hen, wenn der Ar­beit­ge­ber bei ei­ner ge­plan­ten Ein­stel­lung oder Ver­set­zung den Be­triebs­rat nicht ord­nungs­gemäß un­ter­rich­tet (eben­so BAG 01.06.2011, AP Be­trVG 1972 § 99 Nr. 139; BAG 12.01.2010, AP Be­trVG 1972 § 99 Ein­grup­pie­rung Nr. 50; BAG 28.01.1986 AP Be­trVG 1972 § 99 Nr. 34; GK/Raab, § 99, Rn. 174; Ri­char­di/Thüsing Be­trVG § 99, Rn. 223). Denn der Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grund liegt nur vor, wenn zwin­gen­de Rechts­vor­schrif­ten der per­so­nel­len Maßnah­me selbst ent­ge­gen­ste­hen. Zu den Ge­set­zes­be­stim­mun­gen i.?S. der Nr. 1 gehören da­her nicht Vor­schrif­ten, die al­lei­ne das Mit­be­stim­mungs­ver­fah­ren bei der per­so­nel­len Maßnah­me be­tref­fen.

Es be­darf auch nicht der An­nah­me ei­nes Ge­set­zes­ver­s­toßes, um ei­ne Lücke im Ge­setz zu schließen. So­lan­ge der Ar­beit­ge­ber den Be­triebs­rat nicht oder nicht ord­nungs­gemäß un­ter­rich­tet hat, wird die Wo­chen­frist nicht in Lauf ge­setzt, die der Be­triebs­rat wah­ren muss, wenn er sei­ne Zu­stim­mung zu der ge­plan­ten Per­so­nal­maßnah­me ver­wei­gern will (BAG 28.01.1986 AP Be­trVG 1972 § 99 Nr. 34). Ei­ne dem Ge­setz nicht ent­spre­chen­de und da­mit un­zu­rei­chen­de Un­ter­rich­tung des Be­triebs­ra­tes führt zu­dem da­zu, dass auch ein An­trag der Ar­beit­ge­be­rin auf Fest­stel­lung, die Zu­stim­mung gel­te als er­teilt, als un­be­gründet ab­ge­wie­sen wer­den muss. Was ein Ar­beit­ge­ber zu tun hat, ist in § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG ge­re­gelt. Erst wenn er die­sen Ver­pflich­tun­gen nach­ge­kom­men ist, ist der Be­triebs­rat zu ei­ner Stel­lung­nah­me auf­ge­ru­fen.

Be­gründet der Be­triebs­rat sei­ne Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung da­her wie hier da­mit, dass der Ar­beit­ge­ber ihn nicht ord­nungs­gemäß un­ter­rich­tet ha­be, so übt er nicht sein Mit­be­stim­mungs­recht aus, son­dern macht le­dig­lich gel­tend, dass der Ar­beit­ge­ber ihn nicht ord­nungs­gemäß be­tei­ligt hat. Die Be­tei­li­gung der Ar­beit­ge­be­rin vom 22.02.2016 war je­doch ord­nungs­gemäß (sie­he oben aa).

cc)Die - un­ter­stellt not­wen­di­ge - Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zu der Ein­stel­lung des Herrn N. gilt je­den­falls nachträglich gemäß § 99 Abs. 3 S. 2 Be­trVG als er­teilt.

Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 Be­trVG gilt die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zu ei­ner per­so­nel­len Ein­zel­maßnah­me als er­teilt, wenn er sei­ne Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung dem Ar­beit­ge­ber nicht in­ner­halb ei­ner Wo­che nach ord­nungs­gemäßer Un­ter­rich­tung un­ter An­ga­ben von Gründen schrift­lich mit­teilt.

Die Frist be­ginnt nach § 187 Abs. 1 BGB mit dem Tag, an dem der Ar­beit­ge­ber dem Be­triebs­rat von der be­ab­sich­tig­ten per­so­nel­len Ein­zel­maßnah­me Mit­tei­lung ge­macht hat, die­sen Tag nicht mit­ge­rech­net (eben­so BAG 12.10.1955 AP Be­trVG § 61 Nr. 1; BAG 05.02.1971 AP Be­trVG § 61 Nr. 6). Die Frist zur Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung des Be­triebs­ra­tes en­de­te da­her im Hin­blick auf die Un­ter­rich­tung vom 22.02.2016 gemäß § 188 Abs. 2 1. Alt. BGB mit Ab­lauf des 29.02.206.

Bis zu die­sem Zeit­punkt ist kei­ne ord­nungs­gemäße Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung bei der Ar­beit­ge­be­rin ein­ge­gan­gen. Ins­be­son­de­re ent­hielt das Schrei­ben vom 25.02.2016 kei­ne be­acht­li­che Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung (sie­he bb), so dass mit Ab­lauf des 29.02.2016 die Zu­stim­mung des Be­triebs­ra­tes zur Ein­stel­lung des Herrn N. als er­teilt galt.

3.

Die Rechts­be­schwer­de war gem. §§ 72 Abs. 2 Nr. 1 und 2, 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG zu­zu­las­sen, da die ent­schei­dungs­er­heb­li­che Fra­ge, ob ei­ne be­reits durch­geführ­te per­so­nel­le Ein­zel­maßnah­me vor ei­ner (er­neu­ten) Un­ter­rich­tung nach § 99 Abs. 1 Be­trVG zu­vor auf­ge­ho­ben wer­den muss, grundsätz­li­che Be­deu­tung hat und die Ent­schei­dung von der Ent­schei­dung des LAG Bre­men vom 20.07.2005 (2 TaBV 4/05) ab­weicht und auf die­ser Ab­wei­chung be­ruht.

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