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ARBEITSRECHT AKTUELL // 09/002

So­zi­al­ver­si­che­rung und Lohn­steu­er

Was hat sich zum 01.01.2009 ge­än­dert?: Bei­trä­ge zur Kran­ken­ver­si­che­rung wer­den ver­ein­heit­licht und auf 15,5 Pro­zent her­auf­ge­setzt, Bei­trag zur Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung wird von 3,3 auf 2,8 Pro­zent ge­senkt
Chipkarten von Krankenversicherungen Die Kran­ken­ver­si­che­rung wird 2009 wie­der ein­mal teu­rer

16.01.2009. Zum Jah­res­wech­sel 2008/2009 ha­ben Ar­beit­ge­ber sehr viel mehr Än­de­run­gen im Be­reich des So­zi­al­ver­si­che­rungs­rechts und des Lohn­steu­er­rechts zu ver­dau­en als in den ver­gan­ge­nen Jah­ren.

Im fol­gen­den fin­den Sie ei­nen Über­blick über die we­sent­li­chen Neue­run­gen, die zum Jah­res­be­ginn 2009 in Kraft ge­tre­ten sind.

Die wich­tigs­ten Än­de­run­gen be­tref­fen den kräf­ti­gen An­stieg und die Ver­ein­heit­li­chung der Bei­trä­ge zur Kran­ken­ver­si­che­rung so­wie die we­ni­ger star­ke Ab­sen­kung des Bei­trags zur Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung.

1. Zum 01.01.2009 ist ein Kern­stück der im üb­ri­gen be­reits zum 01.04.2007 in Kraft ge­tre­te­nen Ge­sund­heits­re­form um­ge­setzt wor­den, näm­lich die Ein­rich­tung ei­nes Ge­sund­heits­fonds, den das Bun­des­ver­si­che­rungs­amt ver­wal­tet. In die­sen „ge­mein­sa­men Topf“ flie­ßen künf­tig al­le Bei­trä­ge zur ge­setz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung (KV).

Die Ent­rich­tung der Ge­samt­so­zi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge er­folgt al­ler­dings wie bis­her an die Kran­ken­kas­se des Ar­beit­neh­mers. Hier än­dert sich durch die Ein­füh­rung des Ge­sund­heits­fonds zu­nächst nichts. Die Kran­ken­kas­se muss die Bei­trä­ge an­schlie­ßend an Ren­ten­ver­si­che­rung und Ge­sund­heits­fond wei­ter­lei­ten. Ei­ne ge­mein­sa­me Ein­zugs­stel­le wird erst ab dem Jahr 2011 ein­ge­rich­tet.

2. Wich­ti­ger als der vor­erst nur im Hin­ter­grund tä­ti­ge Ge­sund­heits­fonds ist die Tat­sa­che, dass sich bei die­ser Ge­le­gen­heit der KV-Bei­trag be­trächt­lich er­höht hat. Er be­trägt nun­mehr für al­le Kas­sen ein­heit­lich 15,5 Pro­zent (!) des Brut­to­loh­nes. Da­von wer­den 14,6 Pro­zent von Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer je zur Hälf­te ge­tra­gen, 0,9 Pro­zent trägt der Ar­beit­neh­mer al­lein.

Die­se dras­ti­sche Er­hö­hung des KV-Bei­trags wird ent­ge­gen an­ders­lau­ten­den po­li­ti­schen Be­kun­dun­gen durch die Ab­sen­kung des Bei­trags zur Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung (AV) um 0,5 Pro­zent (von 3,3 auf 2,8 Pro­zent) bei wei­tem nicht aus­ge­gli­chen.

Zum ei­nen näm­lich be­trug der Bei­trags­satz bei vie­len Kran­ken­kas­sen bis­lang we­ni­ger als 14 Pro­zent, so dass sich ei­ne Stei­ge­rung von 1,5 Pro­zent oder mehr er­gibt. Un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Re­du­zie­rung des AV-Bei­trags er­gibt sich für Be­schäf­tig­te, die bei sol­chen Kas­sen ver­si­chert sind, ei­ne Stei­ge­rung des So­zi­al­bei­trags um ei­nen Pro­zent­punkt oder mehr. Zwar wur­de im Rah­men des sog. zwei­ten Kon­junk­tur­pa­ke­tes der Bun­des­re­gie­rung vor we­ni­gen Ta­gen ei­ne Sen­kung des (ge­ra­de erst er­höh­ten!) Bei­trags­sat­zes der Kran­ken­kas­sen auf 14,9 Pro­zent be­schlos­sen, doch soll die­se Re­du­zie­rung vor­aus­sicht­lich erst ab Ju­li 2009 gel­ten.

Zum an­de­ren ha­ben die Kran­ken­kas­sen die Bei­trags­sät­ze für die Um­la­ge U1, die der Ab­si­che­rung von Lohn­er­satz­auf­wen­dun­gen im Krank­heits­fall dient, kräf­tig er­höht. Lag die Um­la­ge U1 bis­lang je nach­dem, wel­chen pro­zen­tua­len Er­stat­tungs­satz der Ar­beit­ge­ber wähl­te, bei et­wa 0,5 bis et­wa 1,0 Pro­zent des Brut­to­lohns, be­trägt die Um­la­ge nun­mehr bei ei­ni­gen Kas­sen und ei­nem ho­hen Er­stat­tungs­satz mehr als 2 Pro­zent, teil­wei­se so­gar mehr als 3 (!) Pro­zent. Um­la­ge­pflich­tig sind wie bis­her Ar­beit­ge­ber, in de­ren Be­trieb in der Re­gel nicht mehr als 30 Ar­beit­neh­mer be­schäf­tigt sind.

Oh­ne dass die­se Mehr­be­las­tung in der Öf­fent­lich­keit bis­lang wahr­ge­nom­men wur­de, wer­den um­la­ge­pflich­ti­ge Ar­beit­ge­ber nicht nur mit der Er­hö­hung des all­ge­mei­nen Bei­trags­sat­zes auf 15,5 Pro­zent be­las­tet, son­dern mit ei­ner teil­wei­se noch stär­ke­ren Bei­trags­satz­er­hö­hung in Ge­stalt ei­ner dras­ti­schen Er­hö­hung der Um­la­ge U1.

Er­schwe­rend kommt hin­zu, dass ei­ni­ge Kran­ken­kas­sen Ar­beit­ge­bern nicht mehr wie bis­lang die Wahl zwi­schen ver­schie­de­nen Er­stat­tungs­sät­zen las­sen.

Konn­te man bis­her wäh­len, ob man in Krank­heits­fäl­len 80 Pro­zent der Lohn­er­satz­leis­tun­gen er­stat­tet ha­ben will (wo­für ei­ne ent­spre­chend ho­he Um­la­ge U1 zu be­zah­len war) oder ob man nur 60 oder gar nur 40 Pro­zent der Lohn­fort­zah­lungs­kos­ten er­stat­tet ha­ben möch­te (was die Um­la­ge U1 bil­li­ger mach­te), so fällt die­se Wahl­mög­lich­keit bei vie­len Kas­sen zum 01.01.2009 weg.

Es gibt dann nur noch ei­nen ein­heit­li­chen, ver­gleichs­wei­se teu­ren Re­gel­satz von 80 Pro­zent - bei gleich­zei­ti­ger star­ker An­he­bung der da­für zu zah­len­den Um­la­ge.

Zur Be­grün­dung hört man von sei­ten der Kran­ken­kas­sen, die Mög­lich­keit der Wahl zwi­schen ver­schie­de­nen Er­stat­tungs­sät­zen sei durch ei­ne Ent­schei­dung des Bun­des­so­zi­al­ge­richts (BSG) für rechts­wid­rig er­klärt wor­den. Das ist un­rich­tig.

Zwar hat das BSG im Jah­re 2006 in die­sem Sin­ne ent­schie­den (Ur­teil vom 18.07.2006, B 1 A 1/06 R), doch ist die­se Ent­schei­dung mitt­ler­wei­le durch ei­ne Kor­rek­tur des Ge­setz­ge­bers über­holt: Nach § 9 Abs.2 Auf­wen­dungs­aus­gleichs­ge­setz (AAG) ist es zu­läs­sig, meh­re­re Er­stat­tungs­sät­ze zur Wahl zu stel­len, so­fern die­se nicht un­ter 40 Pro­zent lie­gen.

3. Neu ab 2009 ist wei­ter­hin die Pflicht des Ar­beit­ge­bers, bei be­stimm­ten so­zi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­chen Mel­dun­gen, ins­be­son­de­re bei Ab­mel­dun­gen und bei Jah­res­mel­dun­gen, zu­sätz­li­che An­ga­ben mit un­fall­ver­si­che­rungs­re­le­van­ten In­for­ma­tio­nen zu ma­chen. Bei die­sen Mel­dun­gen sind künf­tig un­ter an­de­rem der zu­stän­di­ge Un­fall­ver­si­che­rungs­trä­ger und die ge­leis­te­ten Ar­beits­stun­den an­zu­ge­ben. Da­mit hat sich der Um­fang der so­zi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­chen Mel­dun­gen - und da­mit de­ren Feh­ler­an­fäl­lig­keit - er­höht.

Die­se Mel­de­pflicht lässt vor­erst die wei­ter­hin wie bis­her ge­gen­über den Un­fall­ver­si­che­rungs­trä­gern be­ste­hen­den Er­klä­rungs- und Mel­de­pflich­ten un­be­rührt.

4. Auch die In­sol­venz­geld­um­la­ge wird zum 01.01.2009 auf ei­ne neue Grund­la­ge ge­stellt. Der Um­la­ge­satz be­trägt 0,1 Pro­zent und ist nun­mehr zu­sam­men mit dem Ge­samt­so­zi­al­ver­si­che­rungs­bei­trag an die Ein­zugs­stel­len bzw. Kran­ken­kas­sen ab­zu­füh­ren (statt wie bis­her an den Trä­ger der Un­fall­ver­si­che­rung). Da­her ist die In­sol­venz­geld­um­la­ge ab 2009 auch ge­gen­über den Kran­ken­kas­sen zu­sam­men mit den so­zi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­chen Bei­trags­mel­dun­gen an­zu­ge­ben.

5. Eben­so wie die Mel­dun­gen zur So­zi­al­ver­si­che­rung sind künf­tig auch die Lohn­steu­er­be­schei­ni­gun­gen zwin­gend zu ver­schlüs­seln, was die Ver­wen­dung ei­nes ent­spre­chen­den Ver­schlüs­se­lungs­codes bei der Be­nut­zung des bei der Über­mitt­lung der Da­ten an das Fi­nanz­amt zu ver­wen­den­den Pro­gramms ELS­TER be­dingt.

Lohn­steu­er­be­schei­ni­gun­gen von Ar­beits­löh­nen für das Ka­len­der­jahr 2008 sind da­von al­ler­dings nicht be­trof­fen.

Nä­he­re In­for­ma­tio­nen zu die­sem Vor­gang fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 21. März 2020

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