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LAG Hamm, Ur­teil vom 20.11.2009, 10 Sa 875/09

   
Schlagworte: Kündigung: Minderleistung, Kündigungsschutzprozess
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Aktenzeichen: 10 Sa 875/09
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 20.11.2009
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Münster, Urteil vom 12.03.2009, 1 Ca 57/09
   

10 Sa 875/09

1 Ca 57/09 Ar­beits­ge­richt Müns­ter

 

Verkündet am 20.11.2009

Neu­ge­bau­er Re­gie­rungs­beschäftig­te als Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

Lan­des­ar­beits­ge­richt Hamm

Im Na­men des Vol­kes

Ur­teil

In Sa­chen

hat die 10. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hamm
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 20.11.2009
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Schier­baum
so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter We­ge­ner und Men­ke

für Recht er­kannt:

 

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Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Müns­ter vom 12.03.2009 – 1 Ca 57/09 - wird zurück­ge­wie­sen.

Auf die An­schluss­be­ru­fung des Klägers wird die Be­klag­te ver­ur­teilt, den Kläger bis zur rechts­kräfti­gen Ent­schei­dung über den Fest­stel­lungs­an­trag zu den im Ar­beits­ver­trag vom 22.06.1998/21.12.2000 ge­nann­ten Be­din­gun­gen als Ein­rich­ter in der Ver­pa­ckung wei­ter­zu­beschäfti­gen.

Die Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens hat die Be­klag­te zu tra­gen.

Die Re­vi­si­on zum Bun­des­ar­beits­ge­richt wird nicht zu­ge­las­sen.

Der Streit­wert für das Be­ru­fungs­ver­fah­ren beträgt 19.264,-- €.

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten in der Be­ru­fungs­in­stanz noch um die Wirk­sam­keit ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung, um die Zah­lung ei­ner Jah­res­leis­tung so­wie um die Wei­ter­beschäfti­gung des Klägers.

Der am 30.04.1972 ge­bo­re­ne Kläger ist ver­hei­ra­tet und zwei Kin­dern zum Un­ter­halt ver­pflich­tet, seit dem 01.07.1998 ist er bei der Be­klag­ten, ei­nem Be­trieb der Phar­ma­in­dus­trie mit ca. 630 Ar­beit­neh­mern, auf­grund ei­nes schrift­li­chen Ar­beits­ver­tra­ges vom 22.06.1998 so­wie ei­ner Ergänzung vom 21.12.2000 (Bl. 7 ff. d. A.) als Ein­rich­ter in der Ver­pa­ckungs­ab­tei­lung zu ei­nem mo­nat­li­chen Brut­to­ver­dienst von zu­letzt 3.350,00 € beschäftigt.

Nach­dem die Be­klag­te das mit dem Kläger be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis am 16.12.2005 frist­los gekündigt und die vom Kläger hier­ge­gen er­ho­be­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge gemäß Ur­teil vom 16.05.2006 – 3 Ca 2958/05 Ar­beits­ge­richt Müns­ter – Er­folg ge­habt hat­te, wur­de der Kläger, der von der Be­klag­ten frei­ge­stellt wor­den war, seit dem 03.07.2006 wie­der zu den bis­he­ri­gen Ar­beits­be­din­gun­gen wei­ter­beschäftigt.

 

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Mit Schrei­ben vom 12.07.2006 (Bl. 111 d. A.) er­teil­te die Be­klag­te dem Kläger ei­ne Ab­mah­nung, weil der Kläger ent­ge­gen den Vor­ga­ben aus der Ver­pa­ckungs­an­wei­sung am 07.07.2006 ein fal­sches Ver­falls­da­tum ein­ge­rich­tet hat­te, was da­zu führ­te, dass auf den Falt­schach­teln das fal­sche Ver­falls­da­tum auf­ge­prägt wur­de.

Mit Schrei­ben vom 20.09.2007 (Bl. 118 d. A.) er­hielt der Kläger ei­ne wei­te­re Ab­mah­nung von der Be­klag­ten, nach­dem der Kläger am 13.09.2007 an ei­ner Ver­pa­ckungs­ma­schi­ne Pro­ble­me in der Ver­ein­ze­lung fest­ge­stellt, die Nie­der­hal­te­plat­te von der Blis­ter­stan­ze aus­ge­baut, sie gesäubert und sie wie­der ein­ge­baut hat­te. Der Wie­der­ein­bau er­folg­te je­doch feh­ler­haft, so­dass Blis­ter zeit­ver­setzt und un­kor­rekt aus­ge­stanzt wur­den.
Nach Er­halt der Ab­mah­nung vom 20.09.2007 er­hob der Kläger mit Schrei­ben vom 07.11.2007 (Bl. 182 d. A.) Ge­gen­vor­stel­lun­gen, auf die Be­zug ge­nom­men wird.

Mit Schrei­ben vom 08.11.2007 (Bl. 120 d. A.) mahn­te die Be­klag­te den Kläger er­neut ab, weil der Kläger am 19.10.2007 sei­ner Do­ku­men­ta­ti­ons­pflicht als Ein­rich­ter nicht hin­rei­chend nach­ge­kom­men sei, in­dem er auf ei­nem Ver­pa­ckungs­pro­to­koll die schrift­li­che Bestäti­gung un­ter­las­sen ha­be, dass er die Ver­pa­ckungs­an­wei­sung ge­le­sen und die dort ent­hal­te­nen Vor­ga­ben während der Ver­pa­ckung ein­ge­hal­ten ha­be.

Mit Schrei­ben vom 24.04.2008 (Bl. 131 f. d.A.) er­hielt der Kläger ei­ne wei­te­re Ab­mah­nung, weil in der Spätschicht vom 03.04.2008 ca. 24.000 Blis­ter pro­du­ziert wur­den, bei de­nen in ei­nem Vie­rer­takt an ei­nem Präge­werk­zeug ein fal­sches Ver­falls­da­tum ein­ge­baut war. Ob der Kläger die Ein­rich­tung die­ser Ma­schi­ne über­nom­men hat­te und ob der Kläger bei ord­nungs­gemäßer Kon­trol­lie­rung das feh­ler­haf­te Ver­falls­da­tum hätte fest­stel­len müssen, ist zwi­schen den Par­tei­en strei­tig.

Am 03.07.2008 war der Kläger in der Frühschicht ver­ant­wort­li­cher Ein­rich­ter für ei­nen Ver­pa­ckungs­auf­trag für das Pro­dukt ei­nes Kun­den T1 G1 GmbH. Bei der End­kon­trol­le des Auf­tra­ges stell­ten Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten fest, dass die va­ria­blen Da­ten auf den Blis­tern teil­wei­se nicht les­bar wa­ren. Ur­sa­che für die Qua­litätsab­wei­chung war ein ge­lo­cker­ter Num­mern­hal­ter. Zwi­schen den Par­tei­en ist strei­tig, ob der Kläger sei­ner Kon­troll­pflicht als ver­ant­wort­li­cher Ein­rich­ter ord­nungs­gemäß nach­ge­kom­men ist.

Ob der Kläger am 10.07.2008 als ver­ant­wort­li­cher Ein­rich­ter bei der Durchführung ei­nes Auf­trags wie­der­um sei­ner Do­ku­men­ta­ti­ons­pflicht nicht ord­nungs­gemäß nach­ge­kom­men ist, ist eben­falls zwi­schen den Par­tei­en strei­tig.

 

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Am 14.08.2008 fand in der Ver­pa­ckungs­ab­tei­lung der Be­klag­ten ein Au­dit statt. Dem Lei­ter der Ver­pa­ckungs­ab­tei­lung fiel da­bei auf, dass der Ar­beits­platz des Klägers nicht den so­ge­nann­ten GMP-Be­din­gun­gen ent­spra­chen. Es be­fan­den sich im Behälter für den Falt­schach­tel­ab­fall For­mat­werk­zeu­ge. Der Behälter für den Mus­ter­zug war ent­ge­gen der Ar­beits­an­wei­sung zwi­schen zwei Ab­fall­behältern grup­piert. Der Auf­for­de­rung des Lei­ters der Ver­pa­ckungs­ab­tei­lung, den Zu­stand des Ar­beits­plat­zes zu verändern, kam der Kläger oh­ne Einwände un­mit­tel­bar nach.

Mit Schrei­ben vom 20.08.2008 (Bl. 90 ff. d. A.) hörte die Be­klag­te den in ih­rem Be­trieb gewähl­ten Be­triebs­rat zu ei­ner be­ab­sich­tig­ten or­dent­li­chen Kündi­gung des Klägers zum 31.12.2008 an. Das Schrei­ben der Be­klag­ten vom 20.08.2008 er­hielt der Be­triebs­rat am 27.08.2008 (Bl. 97 d. A.).

Be­reits mit Schrei­ben vom 26.08.2008 (Bl. 14 d. A.) stell­te die Be­klag­te den Kläger mit so­for­ti­ger Wir­kung von sei­nen ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten frei.

Nach­dem der Be­triebs­rat in­ner­halb ei­ner Wo­che kei­ne ab­sch­ließen­de Stel­lung­nah­me ab­ge­ge­ben hat­te, kündig­te die Be­klag­te das mit dem Kläger be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis mit Schrei­ben vom 05.09.2008 (Bl. 17 d. A.) zum 31.12.2008.

Hier­ge­gen er­hob der Kläger am 22.09.2008 Kündi­gungs­schutz­kla­ge zum Ar­beits­ge­richt.

Der Kläger hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die ihm aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung sei auch in An­be­tracht der er­teil­ten Ab­mah­nun­gen so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt.

Be­reits die Ab­mah­nung vom 12.07.2006 sei nicht ge­recht­fer­tigt ge­we­sen. Ihm sei nämlich di­rekt nach sei­ner Rück­kehr in den Be­trieb der Be­klag­ten am 03.07.2006 ei­ne an­de­re Ma­schi­ne zu­ge­wie­sen wor­den, an der ei­ne An­wei­sung durch die Be­klag­te nicht er­folgt sei. Der dem Kläger zur Last ge­leg­te Fehl­print sei ein klas­si­scher Feh­ler, der nicht nur dem Kläger, son­dern al­len Ein­rich­tern hin und wie­der un­ter­lau­fe. Der ge­sam­te Pro­zess bis zum fer­ti­gen Pro­dukt um­fas­se ver­schie­de­ne Kon­troll­me­cha­nis­men, die al­le­samt ver­sa­gen müss­ten, um ein feh­ler­haf­tes Pro­dukt zu fer­ti­gen. Im Übri­gen sei er am 07.07.2006 von der Be­klag­ten als ein­zi­ger Ein­rich­ter an der Ver­pa­ckungs­ma­schi­ne ein­ge­setzt ge­we­sen. Grundsätz­lich würden an der Ver­pa­ckungs­an­la­ge zwei Ein­rich­ter ein­ge­setzt, die ei­ne Per­son rich­te ein, die an­de­re prüfe.

 

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Auch die dem Kläger am 20.09.2007 we­gen des Vor­fal­les vom 13.09.2007 er­teil­te Ab­mah­nung sei un­ge­recht­fer­tigt ge­we­sen. Er, der Kläger, ha­be be­merkt, dass der Stan­zer an der Ver­pa­ckungs­ma­schi­ne nicht ein­deu­tig ar­bei­te. Da er erst seit ca. zwei Mo­na­ten an die­ser Ma­schi­ne ein­ge­setzt ge­we­sen sei, ha­be er den da­ma­li­gen Schicht­lei­ter wie­der­holt um Hil­fe­stel­lung ge­be­ten, der Schicht­lei­ter ha­be je­doch nicht re­agiert. Sch­ließlich ha­be er die Rei­ni­gung der Ma­schi­ne selbst vor­ge­nom­men, nach­dem er ei­ne Stan­ze aus­ge­baut ha­be. Da­mit sei das Pro­blem je­doch nicht be­sei­tigt ge­we­sen, es ha­be sich er­neut ein Funk­ti­ons­feh­ler ge­zeigt. Wie­der­um ha­be er den Schicht­lei­ter um Hil­fe­stel­lung ge­be­ten, die je­doch nicht er­folgt sei. Dass bei dem Wie­der­ein­bau auf ei­ne ent­spre­chen­de Num­me­rie­rung ha­be ge­ach­tet wer­den müssen, sei ihm nicht be­kannt ge­we­sen. In­so­weit sei er kei­nes­wegs für den ge­sam­ten Fehl­print ver­ant­wort­lich ge­we­sen.

Auch auf die Ab­mah­nung vom 08.11.2007 we­gen un­zu­rei­chen­der Do­ku­men­ta­ti­on könne die Be­klag­te sich nicht be­ru­fen. Die ver­meint­lich be­gan­ge­ne un­ter­blie­be­ne Do­ku­men­ta­ti­on sei­ner Tätig­keit ge­sche­he Tag für Tag bei ver­schie­de­nen Mit­ar­bei­tern. Aus die­sem Grun­de ha­be die Be­klag­te aus­drück­lich ei­ne be­son­de­re Stel­le ge­schaf­fen, die zur we­sent­li­chen Auf­ga­be ha­be, zu kon­trol­lie­ren, ob die not­wen­di­gen Un­ter­schrif­ten auf den ein­zel­nen Pro­to­kol­len vor­han­den sei­en oder nicht. Er, der Kläger, ha­be bei den zu ver­rich­ten­den Do­ku­men­ta­ti­ons­auf­ga­ben kei­nes­wegs ei­ne höhe­re Feh­ler­quo­te als sei­ne übri­gen Kol­le­gen.

Sch­ließlich sei auch die Ab­mah­nung vom 24.04.2008 we­gen des Vor­fal­les vom 03.04.2008 un­wirk­sam. Am 03.04.2008 ha­be der Kläger nicht die Ein­rich­tung für die Ver­pa­ckungs­ma­schi­ne über­nom­men.

Die Be­klag­te könne sich zur Be­gründung der Kündi­gung auch nicht auf den Vor­fall vom 03.07.2008 be­ru­fen. An die­sem Tag sei ihm kein Fehl­ver­hal­ten zur Last zu le­gen. Ins­be­son­de­re ha­be er auch sei­ne Kon­troll­auf­ga­ben ord­nungs­gemäß durch­geführt. Ob ein an­de­rer Ein­rich­ter am 03.07.2008 den Num­mern­hal­ter nicht kor­rekt fi­xiert ha­be, könne er nicht be­ur­tei­len. Es sei auch nicht je­der Blis­ter fehl­ge­prin­tet ge­we­sen, son­dern ma­xi­mal je­der Vier­te. Sei­ner Prüfungs­pflicht sei er, der Kläger, ord­nungs­gemäß nach­ge­kom­men. Aus­weis­lich des Ver­pa­ckungs­pro­to­kolls ha­be er ei­ne ein­zi­ge Prüfung vor­ge­nom­men und auch nur ei­ne ein­zi­ge Prüfung vor­neh­men müssen, die bei Ver­sand­kar­ton 22 be­gon­nen ha­be; hier­bei sei nichts auffällig ge­we­sen. Auch noch bei Ver­sand­kar­ton 24, ge­prüft durch an­de­re Mit­ar­bei­ter, sei kein Feh­ler auf­ge­fal­len. Zahl­rei­che Mit­ar­bei­ter hätten auf der rech­ten Spal­te des Ver­pa­ckungs­pro­to­kolls die Feh­ler­frei­heit bestätigt. So­weit ab Kar­ton 10 Auffällig­kei­ten auf­ge­tre­ten sei­en, sol­le der Kläger für et­was ver­ant­wort­lich ge­macht wer­den, was al­len an­de­ren Mit­ar­bei­tern längst vor­her hätte auf­fal­len müssen.

 

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Die Be­klag­te könne sich auch nicht auf ein Fehl­ver­hal­ten am 10.07.2008 be­ru­fen. An ei­nen Do­ku­men­ta­ti­ons­feh­ler vom 10.07.2008 könne er sich nicht er­in­nern. Noch un­ter dem 11.07.2008 ha­be der Lei­ter der Ver­pa­ckung bestätigt, dass die Ver­pa­ckung und die ord­nungs­gemäße Do­ku­men­ta­ti­on ge­prüft und bestätigt wor­den sei. Selbst die Vor­ge­setz­ten hätten ei­ne ord­nungs­gemäße Do­ku­men­ta­ti­on bestätigt, ob­gleich nach dem Vor­brin­gen der Be­klag­ten der Kläger die Do­ku­men­ta­ti­on nicht ord­nungs­gemäß durch­geführt ha­ben sol­le.

Außer­dem ha­be der Kläger am 14.08.2008 kei­ne Pflicht­ver­let­zung be­gan­gen. An die­sem Tag ha­be er die Ver­pa­ckungs­ma­schi­ne nicht ein­ge­rich­tet. Auch wenn sich an der Ver­pa­ckungs­ma­schi­ne ei­ne so­ge­nann­te Deck­schie­ne mit ei­ner Größe von et­was mehr als ei­nem Me­ter über ei­nen der Falt­schach­tel­ab­fallkästen be­fun­den ha­be, ha­be der Kläger die­se Deck­schie­ne dort nicht hin­ge­bracht. Die von der Be­klag­ten ihm zur Last ge­leg­te Si­tua­ti­on sei ihm nicht zu­zu­schrei­ben. Der Auf­for­de­rung zur Be­sei­ti­gung der Werk­zeu­ge sei er, der Kläger, so­fort nach­ge­kom­men.

Ins­ge­samt, so hat der Kläger ge­meint, sei die aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung min­des­tens un­verhält­nismäßig. Die ihm an­ge­las­te­ten Feh­ler sei­en aus­sch­ließlich im so­ge­nann­ten men­sch­li­chen Fak­tor zu su­chen. Wenn in ei­ner Nacht­schicht am En­de der Schicht ein Do­ku­men­ta­ti­ons­feh­ler be­gan­gen würden, las­se sich dies mögli­cher­wei­se auf Müdig­keit oder Un­kon­zen­triert­heit zurückführen. Nicht nur der Kläger, son­dern sämt­li­che wei­te­re Mit­ar­bei­ter und an­de­re Ein­rich­ter hätten ähn­li­che Feh­ler ge­zeigt. Ge­ra­de we­gen die­ser Feh­ler­quel­le ha­be die Be­klag­te wei­te­re Kon­troll­me­cha­nis­men ein­ge­baut.

Der Kläger hat schließlich die ord­nungs­gemäße Be­triebs­rats­anhörung be­strit­ten. Ins­be­son­de­re sei der Be­triebs­rat über ent­las­ten­de Umstände nicht in­for­miert wor­den.

Der Kläger hat fer­ner die Auf­fas­sung ver­tre­ten, ihm ste­he die so­ge­nann­te Jah­res­leis­tung in Höhe von 2.514,00 € brut­to für das Jahr 2008 zu. In der Ver­gan­gen­heit sei ihm die­se Jah­res­leis­tung stets gewährt wor­den. Nach dem Ta­rif­ver­trag der che­mi­schen In­dus­trie West­fa­len wer­de die­se Jah­res­leis­tung eben­falls ge­schul­det.

Der Kläger hat erst­in­stanz­lich zu­dem gel­tend ge­macht, dass ihm ei­ne Ur­laubs­ab­gel­tung für das Jahr 2008 zu­ste­he, die er mit 1587,60 € be­zif­fert hat.

 

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Sch­ließlich hat der Kläger im Kam­mer­ter­min beim Ar­beits­ge­richt ei­nen Auflösungs­an­trag ge­stellt, den er mit den Ausführun­gen der Be­klag­ten im Schrift­satz vom 06.03.2009 be­gründet hat.

Der Kläger hat be­an­tragt,

1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die schrift­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 05.09.2008 nicht auf­gelöst wor­den ist,

2. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Kläger 2.514,-- € brut­to nebst 5 Pro­zent­punk­ten nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 01.11.2008 zu zah­len,

3. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Kläger 1.587,60 € brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 01.01.2009 zu zah­len,

4. das Ar­beits­verhält­nis ge­gen Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung, die ins Er­mes­sen des Ge­richts ge­stellt wird, aber nicht 17.000,-- € un­ter­schrei­ten soll­te, auf­zulösen zum 31.12.2008.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die dem Kläger aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung vom 05.09.2008 sei un­ter Berück­sich­ti­gung der zu­vor er­teil­ten Ab­mah­nun­gen ins­ge­samt so­zi­al ge­recht­fer­tigt.

Die Be­klag­te hat be­haup­tet, die Ein­rich­tung ei­nes fal­schen Ver­falls­da­tums – der Kläger ha­be ent­ge­gen den Vor­ga­ben aus der Ver­pa­ckungs­an­wei­sung statt den Zif­fern „04/2011" die Zif­fern „11/2011" ein­ge­ge­ben und dies auch im Char­gen­pro­to­koll ver­merkt – ha­be da­zu geführt, dass sie, die Be­klag­te, 3.456 Falt­schach­teln ma­nu­ell hätte aus­pa­cken und neu kon­fek­tio­nie­ren müssen. Da­bei sei ein Scha­den von 3.000,-- € ent­stan­den.

 

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Der Kläger könne sich auch nicht dar­auf be­ru­fen, dass ihm am 03.07.2006 ei­ne an­de­re Ma­schi­ne zu­ge­wie­sen wor­den sei, die statt bis­her Do­sen, nun­mehr Blis­ter und Ver­pa­ckun­gen be­druckt ha­be. Die Abläufe sei­en iden­tisch. Ei­ne Ein­wei­sung in die neue Tätig­keit sei auch tatsächlich er­folgt. Der Kläger könne den von ihm ver­ur­sach­ten Feh­ler auch nicht an­de­ren Mit­ar­bei­tern an­las­ten. Ei­ne Kon­trol­le der ein­zu­ge­ben­den va­ria­blen Da­ten durch den Schicht­lei­ter oder durch den Ab­tei­lungs­lei­ter er­fol­ge nicht; die­se ach­te­ten viel­mehr nur auf tech­ni­sche Pa­ra­me­ter. Die Ab­schluss­kon­trol­le der va­ria­blen Da­ten wer­de durch den Lin­ein­spek­tor vor­ge­nom­men. Nicht nur ge­genüber dem Kläger, son­dern auch ge­genüber al­len Mit­ar­bei­tern, die ar­beits­ver­trag­li­ches Fehl­ver­hal­ten an den Tag leg­ten, würden ent­spre­chen­de ar­beits­recht­li­che Maßnah­men er­fol­gen. An der Ver­pa­ckungs­ma­schi­ne, an der der Kläger am 03.07.2006 tätig ge­we­sen sei, würden auch nicht re­gelmäßig zwei Ein­rich­ter ein­ge­setzt.

Auch die Ab­mah­nung vom 13.09.2007 sei zu Recht er­folgt. Der Kläger ha­be nach dem Aus­bau der Nie­der­hal­te­plat­te die­se trotz Num­me­rie­rung der ein­zel­nen ein­zu­bau­en­den Tei­le feh­ler­haft wie­der ein­ge­baut. Hier­durch sei­en zahl­rei­che Blis­ter zeit­ver­setzt und nicht kor­rekt aus­ge­stanzt wor­den, ca. 60 Blis­ter hätten aus­sor­tiert und ver­nich­tet wer­den müssen. Hier­durch sei der Be­klag­ten ein Scha­den von et­wa 2.100,00 € ent­stan­den.
Bei dem Ein- und Aus­bau der Nie­der­hal­te­plat­te ha­be der Kläger auch kei­nen Schicht­lei­ter um Hil­fe ge­be­ten. Der Kläger ha­be über ei­ne mehr als zehnjähri­ge Be­rufs­er­fah­rung als Ein­rich­ter in der Ver­pa­ckung verfügt. Al­lein aus die­sem Grund ha­be ihm ein der­ar­ti­ger Feh­ler nicht un­ter­lau­fen dürfen.

Auch die dem Kläger am 08.11.2007 er­teil­te Ab­mah­nung we­gen feh­ler­haf­ter Do­ku­men­ta­ti­on am 19.10.2007 sei zu Recht er­folgt. Ins­be­son­de­re sei es un­rich­tig, dass al­len an­de­ren Mit­ar­bei­tern täglich un­zu­rei­chen­de Do­ku­men­ta­tio­nen pas­sier­ten. Ge­ra­de die ord­nungs­gemäße Do­ku­men­ta­ti­on ha­be im Arz­nei­mit­tel­be­reich ei­ne er­heb­li­che Be­deu­tung. Der Ver­s­toß ge­gen die Do­ku­men­ta­ti­ons­pflicht durch den Kläger am 19.10.2007 ha­be zur Fol­ge ge­habt, dass die Wa­re ins­ge­samt drei Ta­ge lang nicht ha­be ver­schickt wer­den können, weil eben die GMP-ge­rech­te Do­ku­men­ta­ti­on zu dem her­ge­stell­ten Pro­dukt gehöre. Im Übri­gen wei­se der Kläger sehr wohl ei­ne weit­aus höhe­re Feh­ler­quo­te auf als sei­ne übri­gen Kol­le­gen. So­weit der Kläger dies be­strei­tet, bestäti­ge dies die großen Un­ter­schie­de zwi­schen dem Selbst- und Fremd­bild des Klägers.

Sch­ließlich sei auch die Ab­mah­nung vom 24.04.2008 zu­tref­fend ge­we­sen. Der Kläger ha­be nämlich am 03.04.2008 die Ein­rich­tung der Ver­pa­ckungs­ma­schi­ne vor­ge­nom­men. Dies er­ge­be sich aus dem Ver­pa­ckungs­pro­to­koll Nr. 5 vom 03.04.2008 (Bl. 240 d. A.), das vom

 

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Kläger un­ter­schrie­ben sei. Un­zu­tref­fend sei es auch, dass nur der Kläger we­gen des an­geb­li­chen Fehl­ver­hal­tens ab­ge­mahnt wor­den sei. Die ver­ant­wort­li­che Lin­ein­spek­to­rin sei eben­falls für den glei­chen Vor­fall ab­ge­mahnt wor­den.

Auch der dem Kläger für den Vor­fall vom 03.07.2008 ge­mach­te Vor­wurf sei zu­tref­fend. Zwar ha­be der Kläger an die­sem Tag die Ver­pa­ckungs­ma­schi­ne nicht selbst ein­ge­rich­tet, er ha­be aber die er­for­der­li­chen Kon­trol­len nicht ord­nungs­gemäß durch­geführt. Hätte er die Pro­duk­ti­on ord­nungs­gemäß kon­trol­liert, hätte er fest­stel­len müssen, dass sich ein Num­mern­hal­ter ge­lo­ckert ha­be. Die Tat­sa­che, dass auch an­de­re Mit­ar­bei­ter die Feh­ler­frei­heit bestätigt hätten, ände­re nichts an dem Um­stand, dass es sich in­so­weit um ein ar­beits­ver­trag­li­ches Fehl­ver­hal­ten des Klägers han­de­le. Auch die ver­ant­wort­li­che Ma­schi­nen­be­die­ne­rin sei für die­sen Vor­fall ab­ge­mahnt wor­den. Die ver­ant­wort­li­che Mit­ar­bei­te­rin in der Pro­zess­kon­trol­le sei nicht ab­ge­mahnt wor­den, da sie schwer­be­hin­dert sei und der Ar­beits­platz nicht lei­dens­ge­recht aus­ge­stat­tet ge­we­sen sei. Die Tat­sa­che, dass auch an­de­re Mit­ar­bei­ter Feh­ler be­gin­gen, recht­fer­ti­ge nicht das Fehl­ver­hal­ten des Klägers.

Auch beim Ausfüllen des Ver­pa­ckungs­pro­to­kolls vom 10.07.2008 sei der Kläger sei­ner Do­ku­men­ta­ti­ons­pflicht nicht ord­nungs­gemäß nach­ge­kom­men, in dem er vor­ge­schrie­be­ne Kreu­ze im Pro­to­koll nicht ge­setzt ha­be. Der Kläger könne sich auch nicht dar­auf be­ru­fen, dass der Lei­ter der Ver­pa­ckung die Do­ku­men­ta­ti­on am 11.07.2008 ge­gen­ge­zeich­net und bestätigt ha­be. Der Lei­ter der Ver­pa­ckung ha­be die Rich­tig­keit wahr­schein­lich bestätigt, nach­dem die Do­ku­men­ta­ti­on kor­ri­giert und da­mit vollständig ge­we­sen sei. Selbst wenn der Lei­ter der Ver­pa­ckung sei­ner­seits sei­ne ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten ver­letzt ha­be, ände­re dies nichts an dem Fehl­ver­hal­ten des Klägers.

Sch­ließlich sei auch der ge­genüber dem Kläger am 14.08.2008 er­ho­be­ne Vor­wurf zu­tref­fend. Der Kläger sei am 14.08.2008 laut Ma­schi­nen­ein­rich­tungs­plan für die Ma­schi­ne als Ein­rich­ter ein­ge­teilt ge­we­sen. Dass ein an­de­rer Mit­ar­bei­ter das For­mat­werk­zeug in die Ab­fall­kis­te ver­bracht ha­be, müsse be­strit­ten wer­den. Auch der Um­stand, dass der Kläger der Auf­for­de­rung zur Be­sei­ti­gung der Werk­zeu­ge so­fort nach­ge­kom­men sei, lie­ge in sei­nem Fall ge­ra­de nicht in der Na­tur der Sa­che. Der Kläger sei bei sei­nen Vor­ge­setz­ten dafür be­kannt, dass er sich für un­fehl­bar hal­te und stets die Dis­kus­si­on su­che. Wäre die Be­sei­ti­gung des Werk­zeugs nicht in sei­ner Ver­ant­wor­tung ge­we­sen, hätte der Kläger ei­ne lan­ge und brei­te Dis­kus­si­on be­gon­nen.

 

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Die Be­klag­te hat fer­ner die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass dem Kläger ein An­spruch auf die Jah­res­leis­tung nicht zu­ste­he. Die­ser An­spruch set­ze vor­aus, dass der Kläger sich in un­gekündig­ter Stel­lung be­fin­de.

Durch Ur­teil vom 12.03.2009 hat das Ar­beits­ge­richt der Kündi­gungs­schutz­kla­ge und der Zah­lungs­kla­ge hin­sicht­lich der Jah­res­leis­tung von 2.514,00 € brut­to statt­ge­ge­ben und sie hin­sicht­lich der vom Kläger gel­tend ge­mach­ten Ur­laubs­ab­gel­tung für das Jahr 2008 und der Auflösung des Ar­beits­verhält­nis­ses ab­ge­wie­sen. Zur Be­gründung des statt­ge­ben­den Ur­teils hat das Ar­beits­ge­richt aus­geführt, die Kündi­gung vom 05.09.2008 sei so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt. Bei Fehl- und Schlecht­leis­tun­gen kom­me ei­ne so­zi­al­ge­recht­fer­tig­te or­dent­li­che Kündi­gung nur bei Un­ter­schrei­ten des von ver­gleich­ba­ren Ar­beit­neh­mern er­reich­ba­ren Mit­tel­wer­tes in Be­tracht, ein Ar­beit­ge­ber genüge sei­ner Dar­le­gungs­last noch nicht da­durch, dass er al­lein die Feh­ler des Ar­beit­neh­mers und de­ren Häufig­keit auf­zei­ge. Er müsse viel­mehr die Feh­lerhäufig­keit des gekündig­ten Ar­beit­neh­mers in Re­la­ti­on zu der durch­schnitt­li­chen Feh­lerhäufig­keit von ver­gleich­ba­ren Ar­beit­neh­mern set­zen. Die­ser Dar­le­gungs­last sei die Be­klag­te nicht nach­ge­kom­men. Die Be­klag­te ha­be le­dig­lich pau­schal vor­ge­tra­gen, bei dem Kläger lie­ge ei­ne höhe­re Feh­lerhäufig­keit als bei an­de­ren Mit­ar­bei­tern vor. Dies sei un­zu­rei­chend. Mit wel­chem Grad der Kläger die durch­schnitt­li­che Feh­lerhäufig­keit ver­gleich­ba­rer Ar­beit­neh­mer über­schrei­te, ge­he aus dem Vor­brin­gen der Be­klag­ten nicht her­vor. Da das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en hier­nach un­gekündigt über den 31.12.2008 hin­aus fort­be­ste­he, ste­he dem Kläger auch die ein­ge­klag­te Jah­res­leis­tung für das Jahr 2008 zu.

Ge­gen das der Be­klag­ten am 18.06.2009 zu­ge­stell­te Ur­teil des Ar­beits­ge­richts, auf des­sen Gründe ergänzend Be­zug ge­nom­men wird, hat die Be­klag­te am 24.06.2009 Be­ru­fung zum Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­legt und die­se mit dem am 10.08.2009 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz be­gründet.

Nach Zu­stel­lung der Be­ru­fungs­be­gründung am 12.08.2009 beim Kläger hat die­ser mit dem am 11.09.2009 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz sei­ne Wei­ter­beschäfti­gung zu un­veränder­ten Ar­beits­be­din­gun­gen gel­tend ge­macht.

Un­ter Wie­der­ho­lung und Ver­tie­fung ih­res erst­in­stanz­li­chen Sach­vor­trags ist die Be­klag­te nach wie vor der Auf­fas­sung, dass die aus­ge­spro­che­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung vom 05.09.2008 un­ter Berück­sich­ti­gung der zu­vor aus­ge­spro­che­nen Ab­mah­nun­gen vom 12.07.2006, 20.09.2007, 08.11.2007 und 24.04.2008 so­zi­al ge­recht­fer­tigt sei. Ins­be­son­de­re könne der Kläger sich nicht dar­auf be­ru­fen, dass es sich bei den bei ihm auf­ge­tre­te­nen Feh­lern um sol­che han­de­le, die nicht nur ihm, son­dern al­len Ein­rich­tern hin und wie­der

 

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un­ter­lie­fen. Bei der Arz­nei­mit­tel­pro­duk­ti­on han­de­le es sich um ei­nen hoch­sen­si­blen Be­reich. Feh­ler, die den Auf­druck des Halt­bar­keits­da­tums beträfen, sei­en nicht hin­nehm­bar. Be­ge­he ein Mit­ar­bei­ter ei­nen ent­spre­chen­den Feh­ler, der zu fal­schen Auf­druck­da­ten auf den Ver­pa­ckun­gen führe, so wer­de die­ser Mit­ar­bei­ter ab­ge­mahnt. Auch an­de­re Mit­ar­bei­ter sei­en für ver­gleich­ba­res Fehl­ver­hal­ten ab­ge­mahnt wor­den. Der Um­stand, dass im Be­trieb der Be­klag­ten wei­te­re Kon­troll­me­cha­nis­men ein­ge­baut sei­en, könne das Fehl­ver­hal­ten des Klägers nicht recht­fer­ti­gen. Es sei ge­ra­de der Ein­rich­ter, der durch den Rüstvor­gang die Pro­duk­ti­on star­te. Auch un­zu­rei­chen­de Kon­trol­len und Über­prüfun­gen des lau­fen­den Pro­duk­ti­ons­vor­gan­ges, die dem Kläger an­zu­las­ten sei­en, sei­en ab­mahnfähig. Das Glei­che gel­te bei Feh­lern hin­sicht­lich der dem Kläger ob­lie­gen­den Do­ku­men­ta­ti­ons­pflich­ten. Ent­spre­chen­de Do­ku­men­ta­ti­ons­feh­ler, die zu ei­ner Verzöge­rung der Ver­schi­ckung der Wa­re zum Kun­den führ­ten, sei­en nicht to­le­rier­bar. Un­zu­tref­fend sei es auch, dass ein der­ar­ti­ges Fehl­ver­hal­ten bei der Be­klag­ten Tag für Tag bei an­de­ren Mit­ar­bei­tern vor­kom­me. Auch Do­ku­men­ta­ti­ons­feh­ler, die an­de­ren Mit­ar­bei­tern un­ter­lie­fen, würden ab­ge­mahnt.

Auch nach Er­tei­lung der Ab­mah­nun­gen sei der Kläger am 03.07.2008 sei­ner Pflicht, die Pro­duk­ti­on ord­nungs­gemäß zu prüfen und zu kon­trol­lie­ren, nicht vollständig nach­ge­kom­men. In je­dem Takt­b­lis­ter ab Kar­ton 22 sei­en Auffällig­kei­ten zu er­ken­nen ge­we­sen. Et­wa 25 % der Blis­ter hätten ent­spre­chen­de Ver­schie­bun­gen auf­ge­wie­sen. Wenn der Kläger sei­nen Kon­troll­pflich­ten ord­nungs­gemäß nach­ge­kom­men wäre, hätte er dies er­ken­nen und ent­spre­chend han­deln müssen. Auch die ver­ant­wort­li­che Ma­schi­nen­be­die­ne­rin ha­be ei­ne ent­spre­chen­de Ab­mah­nung er­hal­ten.
Am 10.07.2008 sei der Kläger trotz aus­drück­li­cher vor­an­ge­gan­ge­ner Ab­mah­nung sei­ner Do­ku­men­ta­ti­ons­pflicht un­strei­tig nicht ord­nungs­gemäß nach­ge­kom­men.
Sch­ließlich ha­be der Kläger auch am 14.08.2008 ei­nen wei­te­ren Ver­s­toß ge­gen sei­ne ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten be­gan­gen.

Die Be­klag­te ist ins­ge­samt der Auf­fas­sung, dass sie im vor­lie­gen­den Fall je­den­falls nicht ver­pflich­tet sei dar­zu­le­gen, dass die Feh­lerhäufig­keit des Klägers die durch­schnitt­li­che Feh­lerhäufig­keit von ver­gleich­ba­ren Ar­beit­neh­mern über­schrei­te. Das Ar­beits­ge­richt ha­be ver­kannt, dass auch ein­ma­li­ge Feh­ler weit­rei­chen­de Kon­se­quen­zen ha­ben könn­ten. Je­der Feh­ler bei der Pro­duk­ti­on von Arz­nei­mit­teln könne ver­hee­ren­de Fol­gen für die Arz­nei­mit­tel­si­cher­heit und da­mit für die All­ge­mein­heit nach sich zie­hen. Der Kläger ha­be im vor­lie­gen­den Fall in ekla­tan­ter Wei­se mehr­fach ge­gen ent­spre­chen­de Si­cher­heits­be­stim­mun­gen ver­s­toßen. Am 03.07.2008, 10.07.2008 so­wie am 14.08.2008 sei der Kläger wie­der­um trotz der vor­an­ge­gan­ge­nen vier Ab­mah­nun­gen sei­nen Sorg­falts-, Kon­troll- und Do­ku­men­ta­ti­ons­pflich­ten nicht ord­nungs­gemäß nach­ge­kom­men. In­so­weit

 

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han­de­le es sich nicht um Feh­ler, die bei Tätig­kei­ten entstünden, bei de­nen nach Art und Tätig­keit Feh­ler vom Ar­beit­neh­mer kaum zu ver­mei­den und vom Ar­beit­ge­ber eher hin­zu­neh­men sei­en, weil ih­re Fol­gen das Ar­beits­verhält­nis nicht all zu stark be­las­te­ten. Es han­de­le sich bei den Feh­lern, die dem Kläger un­ter­lau­fen sei­en, viel­mehr um ekla­tan­te Pflicht­verstöße im si­cher­heits­re­le­van­ten Be­reich. Dem­zu­fol­ge könne hier auch kei­ne durch­schnitt­li­che Feh­ler­quo­te zu­grun­de ge­legt wer­den, bei der erst ei­ne länger­fris­ti­ge, deut­li­che Über­schrei­tung der durch­schnitt­li­chen Feh­ler­quo­te zu ei­ner vor­werf­ba­ren ver­trag­li­chen Pflicht­ver­let­zung führe.
Zwar sei es zu­tref­fend, dass auch an­de­ren Mit­ar­bei­tern der Be­klag­ten Feh­ler bei der Do­ku­men­ta­ti­on bzw. bei der Kon­trol­le/Qua­litätskon­trol­le un­ter­lie­fen. Die­se Feh­ler träten je­doch kei­nes­falls so re­gelmäßig auf, wie dies vom Kläger be­haup­tet wer­de. Es han­de­le sich nicht um Feh­ler, die we­gen Art und Tätig­keit vom Ar­beit­neh­mer kaum zu ver­mei­den und vom Ar­beit­ge­ber hin­zu­neh­men sei­en. Al­le Mit­ar­bei­ter, de­nen ent­spre­chen­de Feh­ler un­ter­lie­fen, würden eben­falls ab­ge­mahnt. Ei­ne Dar­le­gung der Feh­lerhäufig­keit des gekündig­ten Ar­beit­neh­mers in Re­la­ti­on zu der durch­schnitt­li­chen Feh­lerhäufig­keit von ver­gleich­ba­ren Ar­beit­neh­mern sei nur dann er­for­der­lich, wenn ein ge­wis­ser Um­fang an Feh­lern auf­grund der Art der Tätig­keit vom Ar­beit­ge­ber hin­zu­neh­men sei. In der phar­ma­zeu­ti­schen Her­stel­lung spie­le die Qua­litäts­si­che­rung, an­ders als bei Ver­sandtätig­kei­ten in dem vom Bun­des­ar­beits­ge­richt am 17.01.2008 ent­schie­de­nen Fall, ei­ne zen­tra­le Rol­le; Qua­litätsab­wei­chun­gen könn­ten hier schwer­wie­gen­de Fol­gen für die Ge­sund­heit der Ver­brau­cher nach sich zie­hen.

Auch ei­ne ab­sch­ließen­de In­ter­es­sen­abwägung fal­le nicht zu Guns­ten des Klägers aus. Selbst un­ter Berück­sich­ti­gung ei­ner zehnjähri­gen Be­triebs­zu­gehörig­keit könn­ten fahrlässi­ge Schlecht­leis­tun­gen, wie sie dem Kläger im­mer wie­der zur Last fie­len, nicht da­zu führen, das Ar­beits­verhält­nis mit dem Kläger fort­zuführen. Bei der vom Kläger aus­geübten Ar­beit han­de­le es sich nicht um Tätig­kei­ten, bei de­nen Feh­ler nach Art der Tätig­keit vom Ar­beit­ge­ber hin­zu­neh­men sei­en.

Da das Ar­beits­verhält­nis auf­grund or­dent­li­cher Kündi­gung der Be­klag­ten vom 05.09.2008 mit Ab­lauf des 31.12.2008 sein En­de ge­fun­den ha­be, ste­he dem Kläger auch nicht die Jah­res­leis­tung für das Jahr 2008 zu.

 

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Die Be­klag­te be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Müns­ter vom 12.03.2009 – 1 Ca 57/09 – teil­wei­se ab­zuändern und die Kla­ge ins­ge­samt ab­zu­wei­sen.

Der Kläger be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen so­wie

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, den Kläger bis zur rechts­kräfti­gen Ent­schei­dung über den Fest­stel­lungs­an­trag zu Zif­fer 1. zu den im Ar­beits­ver­trag vom 22.06.1998 ge­nann­ten Be­din­gun­gen, ergänzt durch Ar­beits­ver­trag vom 21.12.2000, bei ei­nem
Brut­to­mo­nats­ge­halt von 2.995,47 € als Ein­rich­ter in der Ver­pa­ckung wei­ter­zu­beschäfti­gen.

Der Kläger ver­tei­digt un­ter Wie­der­ho­lung sei­nes erst­in­stanz­li­chen Sach­vor­trags und un­ter Auf­recht­er­hal­tung sei­ner Be­haup­tun­gen das erst­in­stanz­li­che Ur­teil und ist nach wie vor der Auf­fas­sung, die aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung vom 05.09.2008 sei so­zi­al nicht ge­recht­fer­tigt. Auch in der Be­ru­fungs­in­stanz stel­le die Be­klag­te das an­geb­li­che Fehl­ver­hal­ten des Klägers nicht ei­nem et­wai­gen Fehl­ver­hal­ten an­de­rer Mit­ar­bei­ter ge­genüber. Dies sei aber er­for­der­lich, an­sons­ten las­se sich die Schwe­re der be­haup­te­ten Pflicht­ver­let­zung über­haupt nicht be­ur­tei­len. Im Übri­gen sei dies auch im Rah­men der ab­sch­ließen­den In­ter­es­sen­abwägung er­for­der­lich. Die Be­klag­te sei nicht ein­mal in der La­ge, ei­ne ord­nungs­gemäße Feh­ler­sta­tis­tik dar­zu­stel­len. Die im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren vor­ge­leg­ten Do­ku­men­ta­ti­ons­pro­to­kol­le be­leg­ten ge­ra­de, dass zahl­rei­che Mit­ar­bei­ter in die Kon­trol­le der Pro­duk­ti­ons­vorgänge ein­ge­bun­den sei­en. All die Kon­troll­me­cha­nis­men do­ku­men­tier­ten, dass nicht nur der Kläger zum Teil feh­ler­haft ge­ar­bei­tet ha­ben sol­le, son­dern auch die an­de­ren Mit­ar­bei­ter in an­de­ren Pro­duk­ti­ons­li­ni­en und Schich­ten.
Im Übri­gen zei­ge das vor­lie­gen­de Ver­fah­ren, dass ent­spre­chen­de Feh­ler auch der Be­klag­ten un­ter­lie­fen. Auch die Be­klag­te ha­be auf Sei­te 13 der Be­ru­fungs­be­gründung das ent­spre­chen­de Ver­falls­da­tum ver­wech­selt. Da­nach sei der Be­klag­ten ex­akt der Feh­ler un­ter­lau­fen, der dem Kläger an­ge­las­tet wer­de.
Un­strei­tig sei in­zwi­schen, dass auch an­de­ren Mit­ar­bei­tern in der Pro­duk­ti­on Feh­ler bei der Do­ku­men­ta­ti­on bzw. bei der Kon­trol­le/Qua­litätskon­trol­le un­ter­lie­fen. Dass bei die­sen Mit­ar­bei­tern die Feh­ler­quo­te je­doch kei­nes­wegs so re­gelmäßig sei, wie es dem Kläger zur

 

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Last ge­legt wer­de, müsse nach wie vor be­strit­ten wer­den. Es sei un­zu­tref­fend, dass al­le Mit­ar­bei­ter, de­nen ent­spre­chen­de Feh­ler un­ter­lie­fen, je­weils ab­ge­mahnt würden. Nur le­dig­lich er, der Kläger, sei je­weils bei jeg­li­cher kleins­ten, feh­ler­haf­ten Tätig­keit mit ei­ner Ab­mah­nung über­zo­gen wor­den.

Da die Kündi­gung vom 05.09.2008 un­wirk­sam sei, sei die Be­klag­te auch zur Wei­ter­beschäfti­gung des Klägers ver­pflich­tet. Zusätz­li­che Umstände, die ei­ner Wei­ter­beschäfti­gung des Klägers wi­dersprächen, ha­be die Be­klag­te nicht an­geführt.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die An­schluss­be­ru­fung des Klägers zurück­zu­wei­sen.

Sie ha­be ein über­wie­gen­des In­ter­es­se, den Kläger nicht wei­ter­zu­beschäfti­gen. Das Ver­trau­en der Be­klag­ten in die Ar­beit des Klägers sei auf­grund des bemängel­ten Fehl­ver­hal­tens rest­los zerstört. Der Um­gang mit me­di­zi­ni­schen Pro­duk­ten bzw. de­ren Her­stel­lung ver­lan­ge ei­nen äußerst sorg­sa­men Um­gang, um das Ver­trau­en der Kun­den zu er­hal­ten und zu stärken. Die Vor­aus­set­zung ha­be der Kläger durch sei­ne Ar­beits­wei­se nicht erfüllt. Die Be­klag­te müsse auch mit wei­te­ren Ver­feh­lun­gen beim Kläger rech­nen.

Im Übri­gen wird auf den wei­te­ren In­halt der von den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze ergänzend Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe:

Die form- und frist­ge­recht ein­ge­leg­te und be­gründe­te und da­mit zulässi­ge Be­ru­fung der Be­klag­ten ist un­be­gründet. Dem­ge­genüber ist die nach § 524 ZPO form- und frist­ge­recht ein­ge­leg­te und be­gründe­te An­schluss­be­ru­fung des Klägers be­gründet.

Zu Recht hat das Ar­beits­ge­richt fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 05.09.2008 nicht mit Ab­lauf des 31.121.2008 sein En­de ge­fun­den hat.
Der vom Kläger in der Be­ru­fungs­in­stanz ge­stell­te Wei­ter­beschäfti­gungs­an­trag ist be­gründet. Der Kläger hat auch ei­nen An­spruch auf Zah­lung der gel­tend ge­mach­ten Jah­res­leis­tung.

 

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I.

Das Ar­beits­ge­richt hat zu Recht dem zulässi­gen Fest­stel­lungs­an­trag des Klägers statt­ge­ge­ben.

Die or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 05.09.2008 ist un­wirk­sam, weil sie so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt ist, § 1 Abs. 1 KSchG.
So­wohl die Beschäfti­gungs­zeit des Klägers bei der Be­klag­ten als auch die Größe des Be­trie­bes der Be­klag­ten recht­fer­ti­gen die An­wen­dung des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes, §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG.
Die Kündi­gungs­schutz­kla­ge ist auch recht­zei­tig er­ho­ben wor­den, § 4 KSchG.

Die Kündi­gung vom 05.09.2008 ist so­zi­al nicht ge­recht­fer­tigt, weil sie nicht durch im Ver­hal­ten des Klägers lie­gen­de Gründe be­dingt ist, § 1 Abs. 2 KSchG.

Als ver­hal­tens­be­ding­te Gründe für ei­ne Kündi­gung kom­men zunächst sol­che in Be­tracht, die der Ar­beit­neh­mer bei Erfüllung sei­ner ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten, ins­be­son­de­re bei der Er­brin­gung sei­ner Ar­beits­leis­tung her­bei­geführt hat (BAG, 20.06.1969 – 2 AZR 173/68 – AP KSchG § 1 Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 6). Ins­be­son­de­re Ver­trags­pflicht­ver­let­zun­gen gehören zu den Kündi­gungs­gründen im Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers. Die­se Gründe müssen im Un­ter­schied zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung aus wich­ti­gem Grund nach § 626 BGB nicht so schwer­wie­gend sein, dass sie für den Ar­beit­ge­ber die Un­zu­mut­bar­keit der Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zur ver­ein­bar­ten Be­en­di­gung be­gründen. Viel­mehr genügen sol­che im Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers lie­gen­de Umstände, die bei verständi­ger Würdi­gung un­ter Abwägung der In­ter­es­sen der Ver­trags­par­tei­en die Kündi­gung als bil­li­gens­wert und an­ge­mes­sen er­schei­nen las­sen (BAG, 07.10.1954 – 2 AZR 6/54 – AP KSchG § 1 Nr. 5; BAG, 22.07.1982 – 2 AZR 30/81 – AP KSchG 1969 § 1 Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 5). Ob das Fehl­ver­hal­ten ei­nes Ar­beit­neh­mers im Ein­zel­fall ge­eig­net ist, ei­nen ru­hig und verständig ur­tei­len­den Ar­beit­ge­ber zu ei­ner Kündi­gung zu be­stim­men (BAG, 02.11.1961 – 2 AZR 241/61 – AP KSchG § 1 Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 3; BAG, 21.05.1992 – 2 AZR 10/92 – AP KSchG 1969 Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 29), ist durch Berück­sich­ti­gung al­ler maßgeb­li­chen Umstände durch ei­ne um­fas­sen­de Abwägung der ge­gen­sei­ti­gen In­ter­es­sen zu er­mit­teln (BAG, 13.03.1987 – 7 AZR 601/85 – AP KSchG

 

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1969 § 1 Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 18; KR/Grie­be­ling, 9. Aufl., § 1 KSchG Rn. 201 ff., 209 f. m.w.N.).

1. In der Recht­spre­chung der Ar­beits­ge­rich­te ist an­er­kannt, dass auf Pflicht­ver­let­zun­gen be­ru­hen­de Schlecht­leis­tun­gen grundsätz­lich ge­eig­net sind, ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung zu recht­fer­ti­gen (BAG, 17.01.2008 – 2 AZR 536/06 – AP KSchG 1969 § 1 Nr. 85; KR/Grie­be­ling, a.a.O., § 1 KSchG Rn. 448 m.w.N.). Das Ar­beits­ge­richt ist in dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil auch zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass die Fest­stel­lung, ob ei­ne Leis­tung als Schlecht­leis­tung an­zu­se­hen ist, sich ei­ner­seits nach dem vom Ar­beit­ge­ber durch Ausübung des Di­rek­ti­ons­rechts fest­zu­le­gen­den Ar­beits­in­halt und zum an­de­ren nach den persönli­chen, sub­jek­ti­ven Leis­tungs­vermögen des Ar­beit­neh­mers rich­tet. Der Ar­beit­neh­mer muss tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann. Die Leis­tungs­pflicht des Ar­beit­neh­mers ist nicht starr, son­dern dy­na­misch und ori­en­tiert sich an der Leis­tungsfähig­keit des Ar­beit­neh­mers. Ein ob­jek­ti­ver Maßstab ist da­bei nicht an­zu­set­zen (BAG, 21.05.1992 – 2 AZR 551/91 – AP KSchG 1969 § 1 Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 28; BAG, 17.01.2008 – 2 AZR 536/06 – AP KSchG 1969 § 1 Nr. 85 Rn. 15 m.w.N.).
Dar­aus ist al­ler­dings nicht zu fol­gen, dass der Ar­beit­neh­mer sei­ne Leis­tungs­pflicht selbst willkürlich be­stim­men kann. Dem Ar­beit­neh­mer ist es nicht ge­stat­tet, das Verhält­nis von Leis­tung und Ge­gen­leis­tung ein­sei­tig nach sei­nem Be­lie­ben zu be­stim­men. Er muss viel­mehr un­ter an­ge­mes­se­ner Ausschöpfung sei­ner persönli­chen Leis­tungsfähig­keit ar­bei­ten. Ob der Ar­beit­neh­mer die­ser Ver­pflich­tung nach­kommt, ist für den Ar­beit­ge­ber an­hand ob­jek­ti­vier­ba­rer Kri­te­ri­en nicht im­mer er­kenn­bar. Der Um­stand, dass ein Ar­beit­neh­mer un­ter­durch­schnitt­li­che Leis­tun­gen er­bringt, muss nicht zwangsläufig be­deu­ten, dass der Ar­beit­neh­mer sei­ne persönli­che Leis­tungsfähig­keit nicht ausschöpft. In ei­ner Ver­gleichs­grup­pe ist stets ein An­gehöri­ger der Grup­pe das „Schluss­licht". Das kann sei­ne Ur­sa­che auch dar­in ha­ben, dass die übri­gen Grup­pen­an­gehöri­gen be­son­ders leis­tungs­stark sind, sich über­for­dern oder dass um­ge­kehrt der grup­pen­schwächs­te Ar­beit­neh­mer be­son­ders leis­tungs­schwach ist. An­de­rer­seits ist das deut­li­che und länger­fris­ti­ge Un­ter­schrei­ten des von ver­gleich­ba­ren Ar­beit­neh­mern er­reich­ba­ren Mit­tel­werts oft der ein­zi­ge für den Ar­beit­ge­ber er­kenn­ba­re Hin­weis dar­auf, dass der schwa­che Er­geb­nis­se er­zie­len­de Ar­beit­neh­mer Re­ser­ven nicht ausschöpft, die mit zu­mut­ba­ren An­stren­gun­gen nutz­bar wären. Dem muss auch im Rah­men des Kündi­gungs­schutz­rechts Rech­nung ge­tra­gen wer­den, da an­sons­ten ei­ner Ver­trags­par­tei die Möglich­keit ge­nom­men würde, ei­nen ver­trags­wid­ri­gen Zu­stand mit recht­lich zulässi­gen Mit­teln zu be­sei­ti­gen.
Die­ser Kon­flikt zwi­schen den ge­nann­ten wi­der­strei­ten­den Ge­sichts­punk­ten kann nach den Re­geln der ab­ge­stuf­ten Dar­le­gungs­last an­ge­mes­sen gelöst wer­den (BAG, 11.12.2003 – 2 AZR 667/02 – AP KSchG 1969 § 1 Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 48; BAG, 17.01.2008

 

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– 2 AZR 536/06 – AP KSchG 1969 § 1 Nr. 85 Rn. 17). Be­reits das Ar­beits­ge­richt hat in dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil die je­wei­li­ge Dar­le­gungs­last des Ar­beit­ge­bers und des Ar­beit­neh­mers im Rah­men ei­nes Kündi­gungs­schutz­pro­zes­ses zu­tref­fend wie­der­ge­ge­ben (vgl. BAG, 17.01.2008 – 2 AZR 536/06 – AP KSchG 1969 § 1 Nr. 85 Rn. 18 und 19).
Die­se Re­geln der ab­ge­stuf­ten Dar­le­gungs­last im Kündi­gungs­schutz­pro­zess gel­ten nicht nur dann, wenn der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer quan­ti­ta­ti­ve Min­der­leis­tun­gen vor­wirft, son­dern auch für den Fall der qua­li­ta­ti­ven Min­der­leis­tung. Zwar kann in ei­nem Fall der qua­li­ta­ti­ven Min­der­leis­tung nicht al­lein auf ei­ne bloße Feh­ler­quo­te – wie im Fall des der Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 17.01.2008 zu­grun­de­lie­gen­den Sach­ver­halts - ab­ge­stellt wer­den. Für die Fälle qua­li­ta­ti­ver Min­der­leis­tung ist über die bloße Feh­ler­quo­te hin­aus die Dar­le­gung wei­te­rer Umstände wie Art, Schwe­re und Fol­gen der feh­ler­haf­ten Ar­beits­leis­tung er­for­der­lich. Auch im Fal­le qua­li­ta­ti­ver Min­der­leis­tun­gen hat sich die Prüfung ei­ner ver­hal­tens­be­ding­ten Kündi­gung an dem Maßstab zu ori­en­tie­ren, ob und ge­ge­be­nen­falls in wel­chem Um­fang das Verhält­nis von Leis­tung und Ge­gen­leis­tung be­ein­träch­tigt ist. Wel­che An­for­de­run­gen an die Dar­le­gungs­last des Ar­beit­ge­bers in ei­nem der­ar­ti­gen Fall ge­stellt wer­den, hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt in der Ent­schei­dung vom 17.01.2008 (Rn. 21, 22) ausführ­lich dar­ge­legt. Die­sen An­for­de­run­gen, von de­nen auch das Ar­beits­ge­richt aus­ge­gan­gen ist, schließt sich die er­ken­nen­de Be­ru­fungs­kam­mer an.

2. Die­sen Maßstäben wird das Vor­brin­gen der Be­klag­ten im vor­lie­gen­den Fall nicht in vol­lem Um­fang ge­recht. Auch das Be­ru­fungs­vor­brin­gen der Ar­beit­ge­be­rin erfüllt nicht die An­for­de­run­gen, die das Bun­des­ar­beits­ge­richt an ei­nen sub­stan­ti­ier­ten Sach­vor­trag des Ar­beit­ge­bers im Kündi­gungs­schutz­pro­zess we­gen qua­li­ta­ti­ver Min­der­leis­tun­gen stellt.

Zwar hat die Be­klag­te so­wohl erst­in­stanz­lich wie auch in der Be­ru­fungs­in­stanz im Ein­zel­nen dar­ge­legt, wel­che Fehl­leis­tun­gen, die sie be­reits mit den Ab­mah­nun­gen vom 12.07.2006, 20.09.2007, 08.11.2007 und 24.04.2008 ge­genüber dem Kläger ge­ahn­det hat, und wel­che wei­te­ren Feh­ler dem Kläger am 03.07.2008, 10.07.2008 und 14.08.2008 un­ter­lau­fen sein sol­len. Dem Kläger wird vor­ge­wor­fen, dass er anläss­lich der je­wei­li­gen Vorfälle fal­sche Ver­falls­da­ten ein­ge­rich­tet, er­for­der­li­che Qua­litätskon­trol­len nicht ord­nungs­gemäß durch­geführt und sei­ne Do­ku­men­ta­ti­ons­pflich­ten als Ein­rich­ter nicht ord­nungs­gemäß erfüllt hat. Bei ih­ren Dar­le­gun­gen hat die Be­klag­te auch im Ein­zel­nen Art und Schwe­re so­wie die aus ih­rer Sicht ent­stan­de­nen Fol­gen der feh­ler­haf­ten Ar­beits­wei­se des Klägers ge­schil­dert.

Dem Vor­brin­gen der Be­klag­ten fehlt es aber an ei­nem kon­kre­ten Sach­vor­trag des In­halts, dass der Kläger länger­fris­tig die über­durch­schnitt­li­che Feh­lerhäufig­keit al­ler mit ihm 

 

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ver­gleich­ba­ren Mit­ar­bei­ter – un­strei­tig beschäftigt die Be­klag­te zu­letzt ca. 30 Ein­rich­ter - er­heb­lich über­schrit­ten hat. Zwar hat die Be­klag­te in­so­weit dar­ge­legt, dass auch an­de­re Mit­ar­bei­ter bei ver­gleich­ba­ren Vorfällen Ab­mah­nun­gen er­hal­ten ha­ben.
Die Be­klag­te hat aber nicht dar­ge­legt, wel­che Feh­ler­quo­te die mit dem Kläger ver­gleich­ba­ren Mit­ar­bei­ter ha­ben und wel­cher Art und Schwe­re die Feh­ler die­ser Mit­ar­bei­ter sind. Wie häufig an­de­ren Ein­rich­tern im Be­trieb der Be­klag­ten ent­spre­chen­de Feh­ler – Ein­rich­tung fal­scher Ver­falls­da­ten, Nicht­durchführung er­for­der­li­cher Qua­litätskon­trol­len, feh­ler­haf­te Do­ku­men­ta­ti­on – un­ter­lau­fen, ist von der Be­klag­ten nicht dar­ge­legt wor­den. Sie hat sich erst­in­stanz­lich wie auch in der Be­ru­fungs­in­stanz le­dig­lich dar­auf be­zo­gen, dass der Kläger ei­ne höhe­re Feh­ler­quo­te auf­wei­se als sei­ne übri­gen Kol­le­gen. Dies ist un­zu­rei­chend. Ei­ne Ein­ver­nah­me des von der Be­klag­ten hier­zu an­ge­bo­te­nen Zeu­gen D1. R2 durch die Be­ru­fungs­kam­mer würde ei­nen un­zulässi­gen Aus­for­schungs­be­weis dar­stel­len, weil der Zeu­ge nach der je­wei­li­gen Feh­ler­quo­te der an­de­ren, mit dem Kläger ver­gleich­ba­ren Mit­ar­bei­ter be­fragt wer­den müss­te.
Die Be­klag­te kann sich auch nicht dar­auf be­ru­fen, dass die Fehl­leis­tun­gen, die ge­genüber dem Kläger ab­ge­mahnt wor­den sind und die dem Kläger trotz der ab­ge­mahn­ten Vorfälle im Ju­li und Au­gust 2008 un­ter­lau­fen sein sol­len, be­son­ders weit­rei­chen­de Kon­se­quen­zen ge­habt ha­ben und als äußerst schwer­wie­gen­de Feh­ler ein­zu­stu­fen sei­en mit der Fol­ge, dass ein wei­te­rer Vor­trag zur durch­schnitt­li­chen Feh­lerhäufig­keit der übri­gen Ein­rich­ter und zur Über­schrei­tung die­ser durch­schnitt­li­chen Feh­lerhäufig­keit durch den Kläger ent­behr­lich ge­we­sen wäre. Auch der vor­lie­gen­de Fall gehört zu den Fällen, in dem dem Kläger ei­ne qua­li­ta­ti­ve Min­der­leis­tung vor­ge­wor­fen wird. Bei den dem Kläger vor­ge­wor­fe­nen Fehl­leis­tun­gen – Ein­rich­tung fal­scher Ver­falls­da­ten, un­zu­rei­chen­de Qua­litätskon­trol­len, feh­ler­haf­te Do­ku­men­ta­ti­on – han­delt es sich um so­ge­nann­te ar­beits­platz­spe­zi­fi­sche Feh­ler, die auch nach dem Vor­brin­gen der Be­klag­ten nicht un­gewöhn­lich sind. Un­strei­tig ist zwi­schen den Par­tei­en nämlich, dass auch an­de­ren ver­gleich­ba­ren Mit­ar­bei­tern, an­de­ren Ein­rich­tern ähn­li­che Feh­ler un­ter­lau­fen; die Be­klag­te be­haup­tet darüber hin­aus, dass sie bei ver­gleich­ba­ren Feh­lern eben­falls Ab­mah­nun­gen an ih­re Mit­ar­bei­ter er­tei­le. Ist ei­ne be­stimm­te Feh­ler­quo­te aber ar­beits­platz­spe­zi­fisch, kann nur ei­ne beträcht­li­che, das ver­trag­li­che Aus­tausch­verhält­nis er­heb­lich stören­de Über­schrei­tung die­ser Quo­te ei­ne ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung recht­fer­ti­gen (BAG, 17.01.2008 – 2 AZR 536/06 – AP KSchG 1969 § 1 Nr. 85, Rn. 21, 22; KR/Grie­be­ling, a.a.O., § 1 Rn. 448). Hier­aus folgt, dass auch im vor­lie­gen­den Fall die Be­klag­te ver­pflich­tet ge­we­sen ist, zu der Feh­ler­quo­te des Klägers und zur durch­schnitt­li­chen Feh­ler­quo­te der mit dem Kläger ver­gleich­ba­ren Ein­rich­ter sub­stan­ti­iert hätte vor­tra­gen müssen. Nur der Ar­beit­ge­ber kennt re­gelmäßig die ob­jek­ti­ven mess­ba­ren Ar­beits­er­geb­nis­se der in sei­nem Be­trieb beschäftig­ten Mit­ar­bei­ter (Sas­se, ZTR 2009, 186, 187 f.). Nur der Ar­beit­ge­ber kennt die Ver­gleichs­zah­len der an­de­ren Mit­ar­bei­ter. Hier­aus

 

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folgt, dass auch im vor­lie­gen­den Fall die Be­klag­te zunächst hätte dar­le­gen müssen, dass der Kläger länger­fris­tig die durch­schnitt­li­che Feh­ler­zahl al­ler mit ihm ver­gleich­ba­ren Mit­ar­bei­ter er­heb­lich über­schrit­ten hat. Zur tatsächli­chen Feh­ler­zahl der mit dem Kläger ver­gleich­ba­ren Ein­rich­ter sind je­doch auch in der Be­ru­fungs­in­stanz kei­ne sub­stan­ti­ier­ten Ausführun­gen ge­macht wor­den (vgl. auch: Tschöpe, BB 2206, 213, 218, 221; Sas­se, Ar­bRB 2008, 233; Wetz­ling/Ha­bel, BB 2009, 1638). Erst wenn die Feh­ler­quo­te des Klägers in Re­la­ti­on zu der durch­schnitt­li­chen Feh­ler­quo­te der übri­gen Ein­rich­ter im Be­trieb der Be­klag­ten ge­setzt wor­den wäre, hätte die Be­klag­te ih­rer Dar­le­gungs­last genügt.
Da ein den An­for­de­run­gen an ei­nen sub­stan­ti­ier­ten Sach­vor­trag genügen­der Vor­trag der Be­klag­ten fehlt, er­weist sich be­reits aus die­sem Grund die Kündi­gung vom 05.09.2008 als so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt.

II.

Auf­grund der Un­wirk­sam­keit der Kündi­gung der Be­klag­ten vom 05.09.2008 ist auch der mit der An­schluss­be­ru­fung des Klägers gel­tend ge­mach­te Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch be­gründet.

Der Beschäfti­gungs­an­spruch des Klägers ist ab­zu­lei­ten aus den §§ 611, 613, 242 BGB, Art. 1 und 2 GG. Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG, 27.02.1985 – GS 1/84 – AP BGB § 611 Beschäfti­gungs­pflicht Nr. 14) hat der gekündig­te Ar­beit­neh­mer ei­nen all­ge­mei­nen Beschäfti­gungs­an­spruch außer im Fal­le ei­ner of­fen­sicht­lich un­wirk­sa­men Kündi­gung min­des­tens dann, wenn der Ar­beit­neh­mer im Kündi­gungs­pro­zess ein ob­sie­gen­des Ur­teil er­strei­tet. Ein über­wie­gen­des In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an der Nicht­beschäfti­gung des gekündig­ten Ar­beit­neh­mers ist nur bis zur Ent­schei­dung der ers­ten In­stanz im Kündi­gungs­schutz­pro­zess an­zu­er­ken­nen. Die­se In­ter­es­sen­la­ge ändert sich dann, wenn der Ar­beit­neh­mer im Kündi­gungs­schutz­pro­zess ein ob­sie­gen­des Ur­teil er­strei­tet. In die­sem Fall kann die Un­ge­wiss­heit über den endgülti­gen Pro­zess­aus­gang für sich al­lein ein über­wie­gen­des In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an der Nicht­beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers nicht mehr be­gründen. Will der Ar­beit­ge­ber auch für die­sen Fall die Beschäfti­gung ver­wei­gern, so muss er zusätz­lich die Gründe anführen, aus de­nen sich sein über­wie­gen­des In­ter­es­se an der Nicht­beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers er­gibt.

Der­ar­ti­ge Gründe hat die Be­klag­te im Be­ru­fungs­rechts­zug auch mit der An­schluss­be­ru­fungs­er­wi­de­rung nicht vor­ge­tra­gen. Das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en be­steht trotz der Kündi­gung durch die Be­klag­te vom 05.09.2009 hin­aus fort. Gründe

 

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die ein über­wie­gen­des In­ter­es­se der Be­klag­ten an der Nicht­beschäfti­gung des Klägers be­gründen könn­ten, lie­gen nicht vor, nach­dem die Be­klag­te in zwei In­stan­zen im Kündi­gungs­rechts­streit über die Wirk­sam­keit der Kündi­gung vom 05.09.2008 ge­schei­tert ist. Al­lein der Hin­weis der Be­klag­ten, dass ihr Ver­trau­en in die Ar­beit des Klägers auf­grund des viel­fa­chen Fehl­ver­hal­tens des Klägers zerstört sei, führt – wie die obi­gen Ausführun­gen zei­gen – nicht zur Un­wirk­sam­keit der Kündi­gung vom 05.09.2008. Er kann da­mit auch nicht den Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch des Klägers zu Fall brin­gen.

III.

Zu Recht hat das Ar­beits­ge­richt auch dem An­spruch des Klägers auf Zah­lung der Jah­res­leis­tung für das Jahr 2008 in Höhe von 2.514,00 € brut­to statt­ge­ge­ben. Auch in­so­weit er­weist sich die Be­ru­fung der Be­klag­ten als un­be­gründet. Da das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en durch die Kündi­gung der Be­klag­ten vom 05.09.2008 nicht mit Ab­lauf des 31.12.2008 sein En­de ge­fun­den hat, be­fand sich der Kläger im ge­sam­ten Jahr 2008 in ei­nem un­gekündig­ten Ar­beits­verhält­nis. Nach dem ei­ge­nen Vor­brin­gen der Be­klag­ten steht dem Kläger da­nach der An­spruch auf die gel­tend ge­mach­te Jah­res­leis­tung zu.

IV.

Die Kos­ten­ent­schei­dung er­gibt sich aus § 97 Abs. 1, 91 ZPO. Die Be­klag­te hat die Kos­ten ih­rer er­folg­los ge­blie­be­nen Be­ru­fung so­wie die Kos­ten der er­folg­rei­chen An­schluss­be­ru­fung des Klägers zu tra­gen.

Für die Zu­las­sung der Re­vi­si­on zum Bun­des­ar­beits­ge­richt be­stand nach § 72 Abs. 2 ArbGG kei­ne Ver­an­las­sung.

Der Streit­wert hat sich in der Be­ru­fungs­in­stanz geändert und war neu fest­zu­set­zen, § 63 GKG. Da­bei hat die Be­ru­fungs­kam­mer für den Fest­stel­lungs­an­trag den drei­fa­chen Mo­nats­ver­dienst des Klägers, für den Wei­ter­beschäfti­gungs­an­trag den zwei­fa­chen Mo­nats­ver­dienst in An­satz ge­bracht. Hin­zu­zu­rech­nen war der Wert des in die Be­ru­fungs­in­stanz ge­lang­ten Zah­lungs­an­trags.

 

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Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Ge­gen die­ses Ur­teil ist für die kla­gen­de Par­tei ein Rechts­mit­tel nicht ge­ge­ben.

Ge­gen die­ses Ur­teil ist für die be­klag­te Par­tei man­gels aus­drück­li­cher Zu­las­sung die Re­vi­si­on nicht statt­haft, § 72 Abs. 1 ArbGG. We­gen der Möglich­keit, die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on selbständig durch Be­schwer­de beim

Bun­des­ar­beits­ge­richt,

Hu­go-Preuß-Platz 1,

99084 Er­furt, Fax-Nr.

0361/2636-2000

an­zu­fech­ten, wird die be­klag­te Par­tei auf die An­for­de­run­gen des § 72 a ArbGG ver­wie­sen.

 

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