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LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 12.01.2016, 19 Sa 1851/15

   
Schlagworte: Mindestlohn, Sonderzahlung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen: 19 Sa 1851/15
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 12.01.2016
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel 3 Ca 260/15
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ber­lin-Bran­den­burg

Verkündet

am 12. Ja­nu­ar 2016
 

Geschäfts­zei­chen (bit­te im­mer an­ge­ben)
19 Sa 1851/15

3 Ca 260/15
Ar­beits­ge­richt Bran­den­burg an der Ha­vel  

G., GB

als Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

 


Im Na­men des Vol­kes

Ur­teil

 

In Sa­chen
pp

hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg, 19. Kam­mer,
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 12. Ja­nu­ar 2016
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Dr. N. als Vor­sit­zen­der
so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Herrn Sch. und Frau Z.
für Recht er­kannt:
 

I.
Auf die Be­ru­fung der Kläge­rin wird das am 19.08.2015 verkünde­te Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Bran­den­burg an der Ha­vel – 3 Ca 260/15 – teil­wei­se ab­geändert:

Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin
0,13 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über Ba­sis­zins­satz ab 11.02.2015
0,08 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über Ba­sis­zins­satz ab 11.03.2015
0,28 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen in Höhe von. 5 Pro­zent­punk­ten über Ba­sis­zins­satz ab 11.04.2015
0,08 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über Ba­sis­zins­satz ab 11.05.2015
0,05 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über Ba­sis­zins­satz ab 11.07.2015
0,03 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über Ba­sis­zins­satz ab 11.10.2015
0,15 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über Ba­sis­zins­satz ab 11.11.2015

zu zah­len.

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II.
Im Übri­gen wird die Be­ru­fung zurück­ge­wie­sen.

III.
Die Kos­ten des Rechts­streits hat die Kläge­rin zu tra­gen.

IV.
Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

Dr. N.

Sch.

Z.

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Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten im We­sent­li­chen über die An­rech­nung von Ur­laubs­geld bzw. Son­der­zu­wen­dung (Weih­nachts­geld) auf den Min­dest­lohn nach dem Min­dest­l­ohn­ge­setz (Mi­LoG) so­wie die Be­rech­nung von di­ver­sen Zu­schlägen ab dem 01.01.2015 und die Zah­lung ei­nes Ur­laubs­gel­des und ei­nes Weih­nachts­gelds.

Die Kläge­rin ist seit 1992 bei der Be­klag­ten bzw. de­ren Rechts­vorgänge­rin beschäftigt, zu­letzt auf der Grund­la­ge ei­nes schrift­li­chen Ar­beits­ver­trags vom 12.01.2001 (Bl. 42 ff. d.A.) als Mit­ar­bei­te­rin Ca­fe­te­ria mit ei­ner re­gelmäßigen wöchent­li­chen Ar­beits­zeit von 40 St­un­den.

Un­ter § 3 – Lohn; Ge­halt – ist im Ar­beits­ver­trag ua. ge­re­gelt:

„a) Der Ar­beit­neh­mer / die Ar­beit­neh­me­rin erhält auf der Ba­sis ei­nes St­un­den­sat­zes von 13,50 DM ei­nen Mo­nats­lohn / ein Mo­nats­ge­halt von 2.347,92 DM. Der Lohn / das Ge­halt wird je­weils am 10. des Mo­nats für den Vor­mo­nat per Banküber­wei­sung ge­zahlt. (…)

b) Mehr­ar­beit / Über­stun­den sind nur in drin­gen­den Fällen an­zu­ord­nen. Die über die re­gelmäßige mo­nat­li­che be­triebsübli­che Ar­beits­zeit hin­aus an­ge­ord­ne­te und ge­leis­te­te Ar­beit wird mit dem ver­ein­bar­ten St­un­den­satz zuzüglich des nach­ste­hen­den Zu­schlags be­rech­net. Grundsätz­lich sind Mehr­ar­beit / Über­stun­den als Frei­zeit ab­zu­gel­ten. Der Über­stun­den­zu­schlag bleibt da­von un­berührt und wird in Geld ab­ge­gol­ten. Kann der Frei­zeit­aus­gleich nicht im Lau­fe des Ka­len­der­jahrs gewährt wer­den, sind Mehr­stun­den / Über­stun­den un­ter An­rech­nung ei­nes be­reits ge­zahl­ten Zu­schla­ges ent­spre­chend in Geld ab­zu­gel­ten.

Über­stun­den­zu­schlag: 25 %

Der Über­stun­den­zu­schlag wird nur für die über die re­gelmäßige, mo­nat­lich be­triebsübli­che Ar­beits­zeit ei­nes Voll­zeit­beschäftig­ten fällig.

c) Für die Ar­beit an Sonn– und Fei­er­ta­gen wird der Zu­schlag in nach­ste­hen­der Höhe des ver­ein­bar­ten St­un­den­loh­nes ge­zahlt. Fällt der ent­spre­chen­de Fei­er­tag auf ei­nen Sonn­tag wird nur der Fei­er­tags­zu­schlag gewährt.

Sonn­tags­zu­schlag: 30 %

Fei­er­tags­zu­schlag: 100 %

d) Für die Ar­beit in der Zeit von 20:00 Uhr bis 6:00 Uhr (Nacht­ar­beit) erhält der Ar­beit­neh­mer / die Ar­beit­neh­me­rin ei­nen Zu­schlag in nach­ste­hen­der Höhe des ver­ein­bar­ten St­un­den­loh­nes.

Nacht­zu­schlag: 10 %

(…)

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Un­ter § 4 - Ur­laubs­geld, Zu­wen­dung – ist im Ar­beits­ver­trag ge­re­gelt:

„Hat das Ar­beits­verhält­nis seit Be­ginn des lau­fen­den Ka­len­der­jah­res be­stan­den, erhält der Ar­beit­neh­mer / die Ar­beit­neh­me­rin zur Lohn­zah­lung Mai ein zusätz­li­ches Ur­laubs­geld des im Fällig­keits­mo­nats ver­ein­bar­ten Ent­gelts ent­spre­chend § 3 des Ar­beits­ver­tra­ges und mit der Ge­halts­zah­lung im Mo­nat No­vem­ber ein Weih­nachts­geld des zu die­sem Zeit­punkt ver­ein­bar­ten Lohns als Son­der­zu­wen­dung in nach­ste­hen­der Höhe.

Ur­laubs­geld: 50 %

Son­der­zu­wen­dung (Weih­nachts­geld): 50 %

Be­ginnt oder en­det das Ar­beits­verhält­nis im lau­fen­den Ka­len­der­jahr oder hat der Ar­beit­neh­mer / die Ar­beit­neh­me­rin nicht während des ge­sam­ten Jah­res Bezüge von der Ein­rich­tung er­hal­ten, ver­min­dert sich das zusätz­li­che Ur­laubs­geld so­wie die Son­der­zu­wen­dung um ein Zwölf­tel für je­den Ka­len­der­mo­nat, in dem kein Ar­beits­verhält­nis be­stan­den oder für den kei­ne Bezüge be­an­sprucht wur­den. Even­tu­ell zu viel ge­zahl­tes Ur­laubs­geld und / oder Son­der­zu­wen­dung sind zurück­zu­zah­len.“

Mit Schrei­ben an sämt­li­che Mit­ar­bei­ter vom 16.12.2014 und bei­gefügten Ände­rungs­ver­trags­ent­wurf (Anl. 1 und 2 zum Schrifts. d. Bekl. vom 20.04.2015, Bl. 35 f. d.A.) such­te die Be­klag­te die Mit­ar­bei­ter zu ei­ner Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen da­hin­ge­hend zu be­we­gen, dass ei­ne Vergütungs­erhöhung um 2 % ab 01.01.2015 er­fol­ge, ver­bun­den mit ei­ner Ver­tei­lung der bis­her er­brach­ten Jah­res­son­der­zah­lun­gen auf je­weils 1/12 in je­dem Mo­nat. Zu­gleich teil­te sie mit, nach der Un­ter­zeich­nung des Ände­rungs­ver­tra­ges von al­len Beschäftig­ten sol­le die Un­ter­zeich­nung durch sie als Ar­beit­ge­be­rin er­fol­gen. Die Kläge­rin und wei­te­re Ar­beit­neh­mer un­ter­zeich­ne­ten den Ände­rungs­ver­trag nicht.

Die Be­klag­te und der in ih­rem Be­trieb ge­bil­de­te Be­triebs­rat schlos­sen ei­ne „Be­triebs­ver­ein­ba­rung In­kraft­tre­ten Min­dest­l­ohn­ge­setz“ (Anl. 7 zum Schrifts. d. Bekl. vom 20.04.2015, Bl. 41 d.A.) fol­gen­den In­halts:

„Gel­tungs­be­reich
Die Be­triebs­ver­ein­ba­rung gilt für al­le Ar­beit­neh­mer der Ar­beit­ge­be­rin, aus­ge­nom­men lei­ten­de An­ge­stell­te und ge­ringfügig Beschäfti­ge.

Fällig­keit Son­der­zah­lun­gen Ur­laubs­geld/Weih­nachts­geld
Ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­bar­te Son­der­zah­lun­gen (Ur­laubs­geld, Weih­nachts­geld) sind in Höhe von 1/12 für je­den Ka­len­der­mo­nat zur be­triebsübli­chen Fällig­keit der Mo­nats­vergütung zur Zah­lung fällig.

Aus­schluss be­triebs­be­ding­ter Kündi­gun­gen
Die Ar­beit­ge­be­rin ver­pflich­tet sich für den Zeit­raum vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2017 kei­ne be­triebs­be­ding­ten Kündi­gun­gen aus­zu­spre­chen. Aus­ge­nom­men von

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die­ser Re­ge­lung ist die Not­wen­dig­keit der Auflösung ei­nes Be­rei­ches aus nach­weis­lich wirt­schaft­li­chen Gründen.

Bran­den­burg an der Ha­vel, den 08.12.2014“

Das Schriftstück ist un­ter­zeich­net von der Geschäftsführe­rin der Be­klag­ten mit dem hand­schrift­li­chen Zu­satz: 10.12.2014, fer­ner be­fin­det sich auf der für die Un­ter­schrift des Be­triebs­rats vor­be­rei­te­ten Stel­le eben­falls ei­ne Un­ter­schrift.

Mit Schrei­ben vom 27.01.2015 (Anl. 5 zum Schrifts. v. 20.04.2015, Bl. 39 d.A.) teil­te die Be­klag­te der Kläge­rin mit, dass die Re­ge­lung des Ar­beits­ver­trags, wo­nach even­tu­ell zu viel ge­zahl­tes Ur­laubs­geld und/oder Son­der­zah­lung zurück­zu­zah­len sei­en, er­satz­los ent­fal­le und mit Wir­kung ab 01.01.2015 kei­ne An­wen­dung mehr fin­de.

Be­gin­nend ab dem Mo­nat Ja­nu­ar 2015 zahl­te die Be­klag­te der Kläge­rin ne­ben der fes­ten Grund­vergütung von zu­letzt 1.391,36 Eu­ro un­ter den Be­zeich­nun­gen „Ur­laubs­geld 1/12“ und „Son­der­zu­wen­dung 1/12“ je­weils wei­te­re 57,97 Eu­ro (vgl. Ja­nu­a­rab­rech­nung 2015, Anl. K 2 zur Kla­ge­schrift, Bl. 8 d.A.), des Wei­te­ren sind in den Ab­rech­nun­gen ver­schie­de­ne Beträge aus­ge­wie­sen, die die Be­klag­te auf der Ba­sis der ver­trag­li­chen Vergütung er­rech­ne­te und zahl­te.

Die Kläge­rin hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Be­klag­te zah­le den ihr nach § 1 Abs. 2 S. 1 Mi­LoG zu­ste­hen­den Min­dest­lohn nicht in vol­ler Höhe. Bei ei­ner 40 St­un­den­wo­che und dem­ent­spre­chend 173,33 Mo­nats­stun­den ha­be sie mo­nat­lich ei­ne Grund­vergütung von 1.473,33 Eu­ro zu be­an­spru­chen

In un­zulässi­ger Wei­se rech­ne die Be­klag­te je­weils mo­nat­lich 1/12 des Ur­laubs­gelds und der Son­der­zu­wen­dung ab. Die­se Beträge sei­en nicht auf den Min­dest­lohn an­re­chen­bar. Das Ur­laubs­geld sei zusätz­lich zum Lohn ver­ein­bart und die­ne dem erhöhten Fi­nanz­bedürf­nis der Ar­beit­neh­mer während des Ur­laubs. Das Weih­nachts­geld be­loh­ne die Be­triebs­treue. Die Be­klag­te könne auch die im Ar­beits­ver­trag ver­ein­bar­te Fällig­keit die­ser Zah­lun­gen nicht vor­ver­le­gen, da da­durch für die Ar­beit­neh­mer ggf. Nach­tei­le in Form der An­rech­nung die­ser Zah­lun­gen auf den Min­dest­lohn entstünden. In die­sem Zu­sam­men­hang hel­fe der Be­klag­ten auch die „Be­triebs­ver­ein­ba­rung In­kraft­tre­ten Min­dest­l­ohn­ge­setz“ nicht wei­ter, denn die­se sei gem. § 77 Abs. 3 Be­trVG un­wirk­sam, da in die­ser Be­triebs­ver­ein­ba­rung in un­zulässi­ger Wei­se Ar­beits­be­din­gun­gen ge­re­gelt würden, die übli­cher­wei­se durch Ta­rif­ver­trag ge­re­gelt würden. Die ar­beits­ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen sei­en für die Kläge­rin auch güns­ti­ger, so dass sie nach dem sog. Güns­tig­keits­prin­zip vor­gin­gen.

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Da das Ur­laubs­geld ins­ge­samt mit der Zah­lung für Mai fällig ge­wor­den sei, könne die Kläge­rin die­ses ins­ge­samt – un­ter An­rech­nung der mo­nat­li­chen Teil­beträge von 57,97 Eu­ro – zum ver­trag­lich vor­ge­se­he­nen Zeit­punkt ver­lan­gen (An­trag zu 3).

Wei­ter­hin ha­be die Kläge­rin die fälli­gen Zu­schläge auf der Grund­la­ge des Min­dest­lohn­an­spruchs von 8,50 Eu­ro zu be­an­spru­chen, zusätz­lich zu den Dif­fe­ren­zen zwi­schen der mo­nat­lich ab­ge­rech­ne­ten Grund­vergütung von 1.391,36 Eu­ro und der zu be­an­spru­chen­den Grund­vergütung von 1.473,33 Eu­ro (An­trag zu 1).

Die Kläge­rin hat zu­letzt be­an­tragt,

1. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, der Kläge­rin 509,18 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen iHv. 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz gem. § 247 BGB

aus 83,08 Eu­ro seit dem 11.02.2015,
aus 83,86 Eu­ro brut­to seit dem 11.03.2015,
aus 84,20 Eu­ro brut­to seit dem 11.04.2015,
aus 85,90 Eu­ro brut­to seit dem 11.05.2015,
aus 86,71Euro brut­to seit dem 11.06.2015
und aus 85,43 Eu­ro brut­to seit dem 11.07.2015

zu zah­len.

2. fest­zu­stel­len, dass die Ab­rech­nung des Ar­beits­verhält­nis­ses durch die Be­klag­te von 1/12 Ur­laubs­geld iHv. 57,97 Eu­ro brut­to und 1/12 Son­der­zu­wen­dung iHv. 57,97 Eu­ro brut­to durch Ent­gel­tab­rech­nung für den je­wei­li­gen Ka­len­der­mo­nat seit Ja­nu­ar 2015 un­wirk­sam ist.

3. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, der Kläge­rin Ur­laubs­geld iHv. 736,67 Eu­ro brut­to abzüglich be­reits ge­zahl­ter 347,82 Eu­ro nebst Zin­sen iHv. 5 % über dem Ba­sis­zins­satz gemäß § 247 BGB seit dem 11.06.2015 zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass das Ur­laubs­geld auf den Min­dest­lohn an­re­chen­bar sei, da des­sen Zah­lung ins­be­son­de­re nicht an die tatsächli­che Ur­laubs­nah­me ge­knüpft sei, das glei­che gel­te für die Son­der­zah­lung, da de­ren Be­zug auch nicht an wei­te­re Be­din­gun­gen ge­knüpft sei.

Die Zwölf­te­lung des Ur­laubs­gelds und der Son­der­zah­lung sei zulässig. Der Be­klag­ten sei es gem. § 271 Abs. 2 BGB zum ei­nen ge­stat­tet, Leis­tung vor Fällig­keit zu be­wir­ken. Auf­grund der „Be­triebs­ver­ein­ba­rung In­kraft­tre­ten Min­dest­lohn“ könn­ten zum an­de­ren

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die im Ar­beits­ver­trag ge­re­gel­ten Fällig­kei­ten für das Ur­laubs­geld und die Son­der­zah­lung auch in zulässi­ger Wei­se geändert wer­den, so dass nicht mehr von ei­ner Fällig­keit des Ur­laubs­gelds zum Mai des je­wei­li­gen Jah­res aus­zu­ge­hen sei.

Da das Mi­LoG nur ei­nen An­spruch auf 8,50 Eu­ro brut­to je ge­leis­te­ter Ar­beits­stun­de sta­tu­ie­re, der hier erfüllt sie, ver­bie­te es das Ge­setz auch nicht, die ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Zu­schläge auf der Grund­la­ge des ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Grund­lohns zu be­rech­nen.

Mit dem am 19.08.2015 verkünde­ten Ur­teil (Bl. 182 ff. d.A.) – 3 Ca 260/15 - hat das Ar­beits­ge­richt Bran­den­burg an der Ha­vel die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­gründung hat das Ar­beits­ge­richt ins­be­son­de­re aus­geführt, vor­lie­gend könne die An­rech­nung des Ur­laubs­gel­des und der Son­der­zah­lung auf den Min­dest­lohn er­fol­gen. Gemäß der ar­beits­ver­trag­li­chen Re­ge­lung sei­en die Zah­lung des Ur­laubs­gel­des und der Son­der­zu­wen­dung nur dar­an ge­bun­den, dass das Ar­beits­verhält­nis seit Be­ginn des lau­fen­den Ka­len­der­jah­res be­ste­he. Ins­be­son­de­re das Ur­laubs­geld sei nicht dar­an ge­knüpft, dass der Ar­beit­neh­mer tatsächlich Ur­laub neh­me und Ur­laubs­ent­gelt er­hal­te, der An­spruch be­ste­he un­abhängig vom Ur­laubs­an­spruch. Der letz­te Ab­satz in § 4 des Ar­beits­ver­trags („Be­ginnt oder en­det … “) stel­le si­cher, dass die bei­den Zah­lun­gen aus­sch­ließlich an den Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses und die Er­brin­gung von Ar­beits­leis­tung ge­knüpft sei­en. Bei den bei­den Zah­lun­gen han­de­le es sich um die Vergütung der Nor­mal­leis­tung.

Auf­grund der „Be­triebs­ver­ein­ba­rung In­kraft­tre­ten Min­dest­l­ohn­ge­setz“ ha­be die Be­klag­te die Fällig­keit des Ur­laubs­gelds zu Las­ten des Klägers abändern können. Die Be­triebs­ver­ein­ba­rung ver­dränge die für den Kläger dies­bezüglich güns­ti­ge­re Re­ge­lung aus dem Ar­beits­ver­trag. Die­se ar­beits­ver­trag­li­che Re­ge­lung sei als all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung mit kol­lek­ti­vem Be­zug kon­klu­dent be­triebs­ver­ein­ba­rungs­of­fen aus­ge­stal­tet, so dass die Be­triebs­ver­ein­ba­rung wirk­sam an­de­re Fällig­kei­ten vor­schrei­ben könne, die suk­zes­si­ve An­rech­nung möglich sei und die Kläge­rin nicht mehr die zusätz­li­che ins­ge­sam­te Zah­lung des Ur­laubs­gel­des mit der Mai­vergütung ver­lan­gen könne.

Die Be­rech­nung der Zu­schläge auf der Grund­la­ge von 8,50 Eu­ro könne die Kläge­rin nicht aus dem Min­dest­l­ohn­ge­setz her­lei­ten, denn nach § 1 Mi­LoG schul­de der Ar­beit­ge­ber nicht ei­nen St­un­den­lohn von 8,50 Eu­ro, son­dern Ar­beits­ent­gelt, wel­ches min­des­tens rein rech­ne­risch auf je­de Ar­beits­stun­de be­zo­gen, dem Ge­gen­wert des Min­dest­lohns ent­spre­che. Die Re­ge­lun­gen zu den Zu­schlägen in § 3 des Ar­beits­ver­trags bezögen sich ein­deu­tig auf das ver­ein­bar­te Mo­nats­ge­halt. Die Kläge­rin

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er­hal­te aber auch oh­ne die Zu­schläge schon ein Ent­gelt, dass der Re­ge­lung nach § 1 Abs. 1 Mi­LoG ent­spre­che, so dass die An­for­de­run­gen des Mi­LoG erfüllt sei­en.

Ge­gen die­ses der Kläge­rin am 28.09.2015 zu­ge­stell­te Ur­teil wen­det sie sich mit ih­rer am 23.10.2015 bei Ge­richt ein­ge­gan­gen und zu­gleich be­gründe­ten Be­ru­fung, die sie – ua. in Hin­blick auf die Zah­lung der Son­der­zah­lung / des Weih­nachts­gelds 2015 un­ter An­rech­nung von Zah­lun­gen der Be­klag­ten in­so­weit - mehr­fach er­wei­tert.

Die Kläge­rin meint, das Ur­teil sei feh­ler­haft, weil rich­ti­ger­wei­se das zusätz­li­che Ur­laubs­geld und auch die Son­der­zah­lung / das Weih­nachts­geld nicht auf den Min­dest­lohn an­zu­rech­nen sei­en. Denn nach der ver­trag­li­chen Re­ge­lung han­de­le es sich um ein „zusätz­li­ches Ur­laubs­geld“ und die Son­der­zu­wen­dung wer­de im Ver­trag auch als „Weih­nachts­geld“ be­zeich­net. An die­sen Be­zeich­nun­gen müsse die Be­klag­te sich fest­hal­ten las­sen. Das im No­vem­ber ge­schul­de­te Weih­nachts­geld be­loh­ne die Be­triebs­treue der Ar­beit­neh­mer und sei kein Ent­gelt als Ge­gen­leis­tung für die von der Kläge­rin ge­leis­te­te Ar­beit, das­sel­be gel­te für das Ur­laubs­geld. Die mo­nat­li­chen Zah­lun­gen sei­en rich­ti­ger­wei­se auch auf der Ba­sis von 1.473,33 Eu­ro (8,50 Eu­ro x 173,33 St­un­den) und nicht auf der Ba­sis des letz­ten ver­trag­li­chen Ge­halts von 1.391,36 Eu­ro zu be­rech­nen.

Ei­ne Abände­rung der ver­trag­li­chen Re­ge­lung des § 4 des Ar­beits­ver­trags ha­be nicht statt­ge­fun­den, so dass die Be­klag­te das Ur­laubs- und Weih­nachts­geld zwölf­te­le, oh­ne hier­zu be­rech­tigt zu sein. Die „Be­triebs­ver­ein­ba­rung In­kraft­tre­ten Min­dest­lohn“ vom 08.12.2014/10.12.2014 ha­be kei­nen Ein­fluss auf die Gültig­keit des § 4 des Ar­beits­ver­trags als ei­ne für die Kläge­rin güns­ti­ge­re Re­ge­lung, es han­de­le sich in­so­weit nicht um ei­ne „be­triebs­ver­ein­ba­rungs­of­fen“ ge­stal­te­te „All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung“.

Die Be­triebs­ver­ein­ba­rung sei for­mell un­wirk­sam, wie die Kläge­rin in der Be­ru­fungs­be­gründung (Schrifts. v. 22.10.2015, S. 23 f., Bl. 270 f. d.A.), wor­auf we­gen der Ein­zel­hei­ten Be­zug ge­nom­men wird, be­haup­tet. Mit Nicht­wis­sen wer­de ua. be­strit­ten, dass über die­se Be­triebs­ver­ein­ba­rung ein wirk­sa­mer Be­triebs­rats­be­schluss vor­lie­ge. Mit Nicht­wis­sen wer­de ua. auch be­strit­ten, dass der Be­triebs­rat be­schlussfähig ge­we­sen sei, der Be­triebs­rat sich auf ei­ner Be­triebs­rats­sit­zung auf­grund ei­ner mit den Vor­schrif­ten des Be­trVG in Ein­klang ste­hen­den La­dung mit die­sem Sach­ver­halt be­fasst ha­be und durch Ab­stim­mung ei­ne ein­heit­li­che Wil­lens­bil­dung her­bei­geführt wor­den sei. Mit Nicht­wis­sen wer­de fer­ner ua. auch be­strit­ten, dass die Ur­kun­de der

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Be­triebs­ver­ein­ba­rung durch den Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den ei­genhändig un­ter­schrie­ben wor­den sei.

Nach­dem die Be­klag­te in der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung zum Zu­stan­de­kom­men der in Re­de ste­hen­den Be­triebs­ver­ein­ba­rung vor­ge­tra­gen hat, nimmt die Kläge­rin hier­zu im Schrift­satz vom 04.01.2016 (dort S. 2 – 5, Bl. 483 - 486 d.A.) Stel­lung, wor­auf we­gen der Ein­zel­hei­ten Be­zug ge­nom­men wird. U.a. be­strei­tet die Kläge­rin dar­in, dass das zu der Be­triebs­ver­samm­lung am 10.12.2014 nicht er­schie­ne­ne Er­satz­mit­glied, Frau C. P., zu der Be­triebs­rats­sit­zung ord­nungs­gemäß ge­la­den wor­den sei. Ei­ne fernmünd­li­che La­dung des Er­satz­mit­glieds C. P. sei nicht aus­rei­chend ge­we­sen, da dem Ge­la­de­nen gemäß § 29 Abs. 2 Be­trVG ne­ben der La­dung auch die Ta­ges­ord­nung mit­zu­tei­len sei und zwar bei­des so recht­zei­tig, dass sich der Ge­la­de­ne auf der Sit­zung ein­rich­ten und vor­be­rei­ten könne. Ein un­vor­her­ge­se­he­ner Eil­fall, wel­cher nach der Recht­spre­chung aus­nahms­wei­se ei­ne ganz kurz­fris­ti­ge Ein­la­dung recht­fer­ti­gen könne, ha­be nicht vor­ge­le­gen. Der Be­triebs­rat sei da­her man­gels ord­nungs­gemäßer La­dung des Er­satz­mit­glieds C. P. am 10.12.2014 nicht ord­nungs­gemäß be­setzt und da­her nicht be­schlussfähig ge­we­sen.

In­halt­lich ver­s­toße die Be­triebs­ver­ein­ba­rung ge­gen § 77 Abs. 3 Be­trVG.

Die Ab­rech­nung der Zu­schläge durch die Be­klag­te sei feh­ler­haft. Denn würden die­se wei­ter auf der Ba­sis der un­ter 8,50 Eu­ro lie­gen­den ver­trag­li­chen St­un­den­lohn­vergütung ab­ge­rech­net, wer­de der Sinn und Zweck der Einführung des Min­dest­lohns ver­kannt. Die Auf­fas­sung des erst­in­stanz­li­chen Ge­richts in­so­weit führe fak­tisch zu ei­ner An­rech­nung der Zu­schläge für Ar­beits­be­din­gun­gen un­ter er­schwer­ten Be­din­gun­gen.

Hin­sicht­lich der Be­rech­nung der Ansprüche im Ein­zel­nen durch die Kläge­rin wird auf die Dar­stel­lung auf S. 36 ff. der Be­ru­fungs­be­gründung (Bl. 283 ff. d.A.), die Be­rech­nun­gen im Schrift­satz vom 03.12.2015 (Bl. 380 ff. d.A.) und im Schrift­satz vom 29.12.2015 (Bl. 465 ff. d.A.) Be­zug ge­nom­men.

Die Kläge­rin be­an­tragt zu­letzt,

un­ter Abände­rung des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Bran­den­burg an der Ha­vel vom 19.08.2015, 3 Ca 260/15, zu­ge­stellt am 28.09.2015,

1. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, der Kläge­rin 928,01 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen iHv. 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz gem. § 247 BGB

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aus 83,08 Eu­ro seit dem 11.02.2015,
aus 83,86 Eu­ro brut­to seit dem 11.03.2015,
aus 84,20 Eu­ro brut­to seit dem 11.04.2015,
aus 85,90 Eu­ro brut­to seit dem 11.05.2015,
aus 86,71Euro brut­to seit dem 11.06.2015,
aus 85,43 Eu­ro brut­to seit dem 11.07.2015,
aus 83,10 Eu­ro brut­to seit dem 11.08.2015,
aus 82,65 Eu­ro brut­to seit dem 11.09.2015,
aus 82,98 Eu­ro brut­to seit dem 11.10.2015,
aus 87,00 Eu­ro brut­to seit dem 11.11.2015
und aus 83,10 Eu­ro brut­to seit dem 11.12.2015

zu zah­len.

2. fest­zu­stel­len, dass die Ab­rech­nung des Ar­beits­verhält­nis­ses durch die Be­klag­te von 1/12 Ur­laubs­geld iHv. 57,97 Eu­ro brut­to und 1/12 Son­der­zu­wen­dung iHv. 57,97 Eu­ro brut­to durch Ent­gel­tab­rech­nung für den je­wei­li­gen Ka­len­der­mo­nat seit Ja­nu­ar 2015 un­wirk­sam ist.

3. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, der Kläge­rin Ur­laubs­geld iHv. 736,67 Eu­ro brut­to abzüglich be­reits ge­zahl­ter 637,67 Eu­ro nebst Zin­sen iHv. 5 % über dem Ba­sis­zins­satz gemäß § 247 BGB

aus 473,82 Eu­ro seit dem seit dem 11.06.2015 bis zum 10.07.2015
aus 415,85 Eu­ro seit dem seit dem 11.07.2015 bis zum 10.08.2015
aus 357,88 Eu­ro seit dem seit dem 11.08.2015 bis zum 10.09.2015
aus 299,91 Eu­ro seit dem seit dem 11.09.2015 bis zum 10.10.2015
aus 241,94 Eu­ro seit dem seit dem 11.10.2015 bis zum 10.11.2015
aus 183,97 Eu­ro seit dem seit dem 11.11.2015 bis zum 10.12.2015
aus 126,00 Eu­ro seit dem seit dem 11.12.2015

zu zah­len.

4. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, Weih­nachts­geld iHv. 736,67 Eu­ro brut­to abzüglich be­reits ge­zahl­ter 637,67 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen iHv. 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz gem. § 247 BGB

aus 183,97 Eu­ro seit dem 11.11.2015 bis zum 10.12.2015 und
aus 126,00 Eu­ro seit 11.12.2015

zu zah­len

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te ver­tei­digt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil. Sie meint, die ver­meint­li­chen Dif­fe­renz­ansprüche hin­sicht­lich der Mo­nats­grund­vergütung würden kläger­seits in un­schlüssi­ger Wei­se er­rech­net. Da § 1 Abs. 2 Mi­LoG den Min­dest­lohn je Zeit­stun­de fest­le­ge, müss­ten mögli­che Dif­fe­ren­zen in Be­zug auf die kon­kre­te St­un­den­zahl im

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je­wei­li­gen Mo­nat be­rech­net wer­den. Hier­auf kom­me es aber nicht an, da, wie das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend ent­schie­den ha­be, dass das Ur­laubs­geld und die Son­der­zu­wen­dung in zu­tref­fen­der Wei­se ge­zwölf­telt wer­den könn­ten und mo­nat­lich der ver­trag­lich Grund­vergütung an­rech­nungs­wirk­sam hin­zu ge­rech­net wer­den könn­ten.

Dem stünden die ar­beits­ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen nicht ent­ge­gen. Bei den §§ 3 und 4 des mit der Kläge­rin ab­ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­tra­ges han­de­le es sich um gleich­lau­ten­de Re­ge­lun­gen, die die Be­klag­te in na­he­zu al­len der von ihr ver­wen­de­ten Ar­beits­verträgen seit 2000 auf­ge­nom­men ha­be. Die Be­kla­ge ha­be die­se Mus­ter­verträge in­halts­gleich bei ih­ren an­de­ren Ar­beits­verträgen ver­wen­det, die Be­klag­te (ge­meint: die Kläge­rin) ha­be kei­ne Ge­le­gen­heit ge­habt, auf den In­halt der For­mu­lie­rung Ein­fluss zu neh­men und ha­be auch kei­ne Ände­rungswünsche bezüglich die­ser Klau­sel oder an­de­rer Be­stim­mun­gen des Ar­beits­ver­tra­ges geäußert.

Die­se be­triebs­ver­ein­ba­rungs­of­fe­nen Be­stim­mun­gen des Ar­beits­ver­trags würden durch die „Be­triebs­ver­ein­ba­rung In­kraft­tre­ten Min­dest­l­ohn­ge­setz“ ver­drängt. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin sei auch in for­mel­ler Hin­sicht die Wirk­sam­keit der in Re­de ste­hen­den Be­triebs­ver­ein­ba­rung nicht zu be­an­stan­den, wie von der Be­klag­ten in der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung (dort S. 3 ff., Bl. 406 ff. d.A.), wor­auf we­gen der Ein­zel­hei­ten Be­zug ge­nom­men wird, aus­geführt wird. Die Son­der­sit­zung am 10.12.2014, an der der Be­triebs­rat, der aus neun Mit­glie­dern be­ste­he, ei­ne Ent­schei­dung über die Be­triebs­ver­ein­ba­rung her­bei­geführt ha­be, sei am 08.12.2014 aus­weis­lich des Pro­to­kolls vom 08.12.2014 (Anl. 10 zu Be­ru­fungs­er­wi­de­rung, Bl. 453 d.A.) be­schlos­sen wor­den. Die­se Sit­zung ha­be dann wie ge­plant am 10.12.2014 statt­ge­fun­den. Teil­neh­mer der Sit­zung sei­en die im ent­spre­chen­den Pro­to­koll (Bl. 455 d.A.) auf­geführ­ten acht Be­triebs­rats­mit­glie­der, dar­un­ter der Vor­sit­zen­de Herr Leh­mann, ge­we­sen. Ent­schul­digt ge­fehlt ha­be das Be­triebs­rats­mit­glied K.. Das Er­satz­mit­glied B. sei we­gen Ar­beits­unfähig­keit eben­so ver­hin­dert ge­we­sen wie das wei­te­re Er­satz­mit­glied L. we­gen Ur­laubs. Das fol­gen­de Er­satz­mit­glied P. ha­be der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de Le. fernmünd­lich ge­la­den. Frau P. sei aber nicht ge­kom­men.

Auf der Sit­zung hätten die Be­triebs­rats­mit­glie­der dem Ab­schluss der in Re­de ste­hen­den Be­triebs­ver­ein­ba­rung ein­stim­mig zu­ge­stimmt. Herr Le. ha­be ei­ne von ihm un­ter­zeich­ne­te Fas­sung der Be­triebs­ver­ein­ba­rung ei­genhändig un­ter­zeich­net und der Geschäftsführe­rin über­sandt, die die­se noch am 10.12.2014 ge­gen­ge­zeich­net ha­be.

Auch sei­en die Zu­schläge kor­rekt er­mit­telt wor­den, die ent­spre­chen­den Re­ge­lun­gen des Ar­beits­ver­trags bezögen sich auf den ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Lohn.

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We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird auf die zwi­schen den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen und die Sit­zungs­nie­der­schrif­ten bei­der In­stan­zen Be­zug ge­nom­men.


Ent­schei­dungs­gründe:

I.
Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statt­haf­te Be­ru­fung der Kläge­rin ist form- und frist­ge­recht im Sin­ne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO ein­ge­legt und be­gründet wor­den.

II.
Die Be­ru­fung hat je­doch in der Sa­che im We­sent­li­chen kei­nen Er­folg. Zu Recht hat das Ar­beits­ge­richt die Kla­ge in Be­zug auf das weit über­wie­gen­de Kla­ge­be­geh­ren ab­ge­wie­sen.

1. a) Der An­trag zu 2 ist be­reits un­zulässig. Die Kläge­rin be­gehrt kei­ne Fest­stel­lung ei­nes ge­genwärti­gen Rechts­verhält­nis­ses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO. Denn bei der Ab­rech­nung han­delt es sich um ei­ne tatsächli­che Hand­lung, die die Be­klag­te gem. § 108 Ge­wO bei Zah­lung des Ar­beits­ent­gelts schul­det.

b) Der An­trag ist auch un­be­gründet. Selbst wenn man zu Guns­ten der Kläge­rin den An­trag zu 2 da­hin­ge­hend ver­steht, dass sie fest­ge­stellt wis­sen will, dass die Be­klag­te nicht nach der von ihr seit Ja­nu­ar 2015 prak­ti­zier­ten Vor­ge­hens­wei­se be­rech­tigt sei, das Ur­laubs­geld und die Son­der­zu­wen­dung mo­nat­lich zu zwölf­teln, kann die Kla­ge mit dem An­trag zu 2) in­halt­lich kei­nen Er­folg ha­ben. Denn die Vor­ge­hens­wei­se der Be­klag­ten in­so­weit ist recht­lich nicht zu be­an­stan­den.

aa) Die Be­rech­ti­gung zu die­ser Vor­ge­hens­wei­se im Verhält­nis zur Kläge­rin folgt zwar nicht aus zwi­schen den Par­tei­en ab­ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trag aus dem Jah­re 2001, in dem un­ter § 4 ua. ge­re­gelt ist, dass das zusätz­li­che Ur­laubs­geld „zur Lohn­zah­lung Mai“ und ein Weih­nachts­gelt „mit der Ge­halts­zah­lung im Mo­nat No­vem­ber“, ge­zahlt wird, wo­bei Letz­te­res in Hin­blick auf den ge­nau­en Aus­zah­lungs­zeit­punkt zwi­schen den Par­tei­en mögli­cher­wei­se un­ter­schied­lich ver­stan­den wird: Die Kläge­rin ist aus­weis­lich der Kla­ge­er­wei­te­rung vom 03.12.2015 (dort S. 6, 386 d.A.) der Mei­nung, das

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Weih­nachts­geld sei am 10.11.2015 zu zah­len, während die For­mu­lie­rung der Be­kla­gen im Schrei­ben der Be­klag­ten vom 16.12.2014 (Bl. 35 d.A.): „der bis­her hälf­tig mit der Vergütung Mai und No­vem­ber ei­nes Jah­res er­brach­ten Jah­res­son­der­zah­lung“, dar­auf hin­deu­tet kann, dass nach ih­rer Auf­fas­sung die­se Zah­lung bis­her mit der No­vem­ber­zah­lung, al­so im De­zem­ber, zu er­fol­gen hat­te.

bb) § 271 Abs. 2 BGB löst die Fra­ge­stel­lung nicht um­fas­send, auch wenn man – so wie die Be­klag­te – an­neh­men würde, die­se Norm er­laub­te es hier der Be­klag­ten, das Ur­laubs­geld zu 4/12 an­tei­lig für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis April bzw. das Weih­nachts­geld zu 10/12 oder 11/12 an­tei­lig für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis Ok­to­ber oder No­vem­ber vor­zei­tig zu er­brin­gen. Denn hin­sicht­lich der rest­li­chen 8 /12 des Ur­laubs­gel­des und hin­sicht­lich der rest­li­chen 1/12 oder 2/12 des Weih­nachts­gelds würde sich gleich­wohl die Fra­ge stel­len, ob die­se dann ins­ge­samt zu den ver­trag­lich fest­ge­leg­ten Fällig­keits­zeit­punk­ten der je­wei­li­gen Son­der­zah­lun­gen ge­zahlt wer­den müssen, oder ob die Be­klag­te auch in­so­weit die rest­li­chen Zah­lun­gen an­tei­lig mo­nat­lich wei­ter „ver­tei­len“ darf.

cc) Die Be­triebs­ver­ein­ba­rung In­kraft­tre­ten Min­dest­l­ohn­ge­setz er­laubt der Be­klag­ten je­doch, die Zwölte­lung die­ser bei­den Son­der­zah­lun­gen vor­zu­neh­men, oh­ne dass hier­in ein Ver­s­toß ge­gen § 4 des Ar­beits­ver­trags vor­liegt:

(1) Die Be­triebs­ver­ein­ba­rung ist for­mell wirk­sam zu­stan­de ge­kom­men. Zwar be­strei­tet die Kläge­rin (erst­mals) in der Be­ru­fungs­be­gründung das ord­nungs­gemäße for­mel­le Zu­stan­de­kom­men der Be­triebs­ver­ein­ba­rung mit Nicht­wis­sen (Bl. 270 ff. d.A.), in­dem sie ei­ne An­zahl theo­re­tisch mögli­cher Feh­ler­quel­len auf­zeigt und die Umstände, die zu ei­ner ord­nungs­gemäßen Be­schluss­fas­sung auf Be­triebs­rats­sei­te und den Ab­schluss ei­ner wirk­sa­men Be­triebs­ver­ein­ba­rung mit Nicht­wis­sen be­strei­tet. Die­ses Be­strei­ten wird man nach all­ge­mei­nen pro­zes­sua­len Grundsätzen zunächst als zulässig er­ach­ten können, denn die Ein­la­dung zu der Be­triebs­rats­sit­zung und de­ren Ab­lauf sind re­gelmäßig nicht Ge­genstände der ei­ge­nen Wahr­neh­mung des be­tref­fen­den Ar­beit­neh­mers. Wird al­ler­dings die Ein­hal­tung der Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen wirk­sa­men Be­schluss des Gre­mi­ums dar­ge­legt, ist ein sich dar­an an­sch­ließen­des pau­scha­les Be­strei­ten mit Nicht­wis­sen un­be­acht­lich. Es muss dann kon­kret an­ge­ge­ben wer­den, wel­che der zu­vor vor­ge­tra­ge­nen Tat­sa­chen be­strit­ten wer­den soll (vgl. BAG 30. Sep­tem­ber 2014 – 1 ABR 5/13 – Rn. 32, zit. nach ju­ris).

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Vor­lie­gend er­bringt die Be­klag­te in der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung (Bl. 406 ff. d.A.) de­tail­lier­ten Sach­vor­trag, aus dem sich nach­voll­zieh­bar ein ord­nungs­gemäßer Be­triebs­rats­be­schluss und ein wirk­sa­mes Zu­stan­de­kom­men der in Re­de ste­hen­den Be­triebs­ver­ein­ba­rung er­gibt. Die kläger­seits so­dann im Schrift­satz vom 04.01.2016 (Bl. 483 ff. d.A.) er­ho­be­nen Einwände recht­fer­ti­gen kei­ne ab­wei­chen­de Be­ur­tei­lung.

So sind et­wa die bei­den Da­ten des 08.12.2014 und des 10.12.2014, die sich un­ter der „Be­triebs­ver­ein­ba­rung In­kraft­tre­ten Min­dest­lohn“ be­fin­den, von der Be­klag­ten hin­rei­chend erläutert wor­den.

Die for­mel­le Un­wirk­sam­keit der Be­triebs­ver­ein­ba­rung er­gibt sich fer­ner auch nicht dar­aus, dass die Kläger­sei­te in recht­li­cher Hin­sicht un­ter Be­zug­nah­me auf ei­ne Kom­men­tarstel­le dar­auf hin­weist, dass dann, wenn für ein zeit­wei­lig ver­hin­der­tes Be­triebs­rats­mit­glied ein vor­han­de­nes Er­satz­mit­glied nicht oder feh­ler­haft ge­la­den wer­den wor­den ist, kei­ne wirk­sa­men Be­schlüsse ge­fasst wer­den können und kon­kret be­haup­tet, dass das zu der Sit­zung am 10.12.2014 nicht er­schie­ne­ne Er­satz­mit­glied P. nicht ord­nungs­gemäß ge­la­den wor­den sei, denn ei­ne fernmünd­li­che La­dung sei nicht aus­rei­chend ge­we­sen, da dem Ge­la­de­nen ne­ben der La­dung auch die Ta­ges­ord­nung recht­zei­tig mit­ge­teilt ha­be wer­den müsse und auch kein Eil­fall vor­ge­le­gen ha­be.

Denn die­se Be­haup­tun­gen sind hier im Er­geb­nis un­er­heb­lich, so dass es auch nicht wei­ter er­for­der­lich war, der Be­klag­ten zu die­sen Be­haup­tun­gen wei­te­re Ge­le­gen­heit zur schriftsätz­li­chen Stel­lung­nah­me ein­zuräum­en. So hat das BAG ent­schie­den, dass ei­ne man­gels Über­mitt­lung der Ta­ges­ord­nung ver­fah­rens­feh­ler­haf­te La­dung zu ei­ner Be­triebs­rats­sit­zung durch die im Übri­gen ord­nungs­gemäß ge­la­de­nen Mit­glie­der und Er­satz­mit­glie­der des Be­triebs­rats in der Be­triebs­rats­sit­zung ge­heilt wer­den kann, wenn die­ser be­schlussfähig iSd. § 33 Abs. 2 Be­trVG ist und die An­we­sen­den ein­stim­mig be­sch­ließen, über ei­nen Re­ge­lungs­ge­gen­stand zu be­ra­ten und ab­zu­stim­men. Nicht er­for­der­lich ist, dass an die­ser Sit­zung al­le Be­triebs­rats­mit­glie­der teil­neh­men (BAG 15. April 2014 – 1 ABR 2/13 (B) – Rn. 19 ff, zit. nach ju­ris). Zwar stel­le die man­geln­de Über­mitt­lung der Ta­ges­ord­nung bei ei­ner La­dung ei­ne Ver­let­zung der Ver­fah­rens­vor­schrift des § 29 Abs. 2 S. 3 Be­trVG dar. Die­se würde in dem zu ent­schei­den­den Fall aber nicht zur Un­wirk­sam­keit ei­nes auf die­ser Sit­zung ge­fass­ten Be­schlus­ses führen. Denn der Man­gel sei heil­bar, wenn der so­dann ver­sam­mel­te be­schlussfähi­ge Be­triebs­rat ein­stim­mig ei­nen wei­te­ren Punkt auf die Ta­ges­ord­nung setz­te; das nicht er­schie­ne­ne Be­triebs­rats­mit­glied, das ei­ne be­stimm­te Ta­ges­ord­nung für un­wich­tig er­ach­te, ver­die­ne kei­nen Schutz da­vor, dass die an­we­sen­den Be­triebs­rats­mit­glie­der ei­nen wei­te­ren Ta­ges­ord­nungs­punkt ein­stim­mig auf die Ta­ges­ord­nung setz­ten (BAG, aaO, Rn. 30 ff.).

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Die­se Recht­spre­chung um­fasst die hier vor­lie­gen­de Kon­stel­la­ti­on, so denn die Be­haup­tun­gen der Kläger­sei­te in Be­zug auf die be­haup­te­te man­geln­de Über­mitt­lung der Ta­ges­ord­nung an das Er­satz­mit­glied P. zu­tref­fen würden. Das fernmünd­lich ge­la­de­ne Er­satz­mit­glied, das zu der Sit­zung der Be­triebs­rats am 10.12.2014 nicht er­schie­nen ist, würde kei­nen Schutz da­vor ver­die­nen, dass der im Übri­gen ver­sam­mel­te Be­triebs­rat ei­nen be­stimm­ten Ta­ges­ord­nungs­punkt ein­stim­mig be­han­delt und be­sch­ließt. Soll­te al­so die Be­haup­tung der Kläge­rin, dem Er­satz­mit­glied sei die Ta­ges­ord­nung bei der La­dung nicht mit­ge­teilt wor­den, zu­tref­fen, so wäre die­ser Um­stand hier un­be­acht­lich.

Soll­te des Wei­te­ren das Be­strei­ten der Kläge­rin im Schrift­satz vom 04.10.2016 noch als ein Be­strei­ten der Be­schlussfähig­keit iSd. § 33 Abs. 2 Be­trVG zu ver­ste­hen sein, dann wäre die­ses Be­strei­ten gem. § 138 Abs. 1, 2 ZPO zu­letzt un­zulässig. Un­ter Be­zug­nah­me auf das Pro­to­koll der Be­triebs­rats­sit­zung vom 10.12.2014 (Anl. Bl. 455 d.A.) trägt die Be­klag­te vor, dass acht der neun Be­triebs­rats­mit­glie­der und da­mit mehr als die Hälf­te der Mit­glie­der bei der Be­schluss­fas­sung über die Be­triebs­ver­ein­ba­rung (vgl. § 77 Abs. 2 S. 1 Be­trVG) an­we­send ge­we­sen sei­en. Ei­nen Vor­trag, wel­ches Mit­glied, ob­wohl es im Pro­to­koll ver­zeich­net ist, doch nicht auf der ent­spre­chen­den Be­triebs­rats­sit­zung an­we­send ge­we­sen sein sol­le, er­bringt die Kläge­rin nicht. Ver­gleich­ba­res gilt an­ge­sichts des von der Be­klag­ten dar­ge­stell­ten Ver­laufs auch in­so­weit, als von der Kläge­rin – je­den­falls ursprüng­lich in der Be­ru­fungs­be­gründung – be­strit­ten wor­den ist, dass die Be­triebs­ver­ein­ba­rung von dem Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den die Be­triebs­ver­ein­ba­rung ei­genhändig un­ter­schrie­ben wor­den sei.

(2) Die Be­triebs­ver­ein­ba­rung ist auch in­halt­lich wirk­sam, ins­be­son­de­re liegt kein Ver­s­toß ge­gen § 77 Abs. 3 Be­trVG vor.

Zum ei­nen kann nach dem vor­ge­tra­ge­nen Sach­ver­halt tatsächlich nicht von ei­ner Ta­rifüblich­keit der Re­ge­lung in Be­triebs­ver­ein­ba­rung zur „Fällig­keit Son­der­zah­lun­gen Ur­laubs­geld / Weih­nachts­geld“ aus­ge­gan­gen wer­den. Ta­rifüblich ist ei­ne Re­ge­lung, wenn der Re­ge­lungs­ge­gen­stand in der Ver­gan­gen­heit in ei­nem ein­schlägi­gen Ta­rif­ver­trag ent­hal­ten war und die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en über ihn Ver­hand­lun­gen führen. Bloße zeit­li­che Gel­tungslücken zwi­schen ei­nem ab­ge­lau­fe­nen und ei­nem zu er­war­ten­den Ta­rif­ver­trag führen nicht zum Weg­fall der Sperr­wir­kung. Kei­ne Ta­rifüblich­keit liegt al­ler­dings vor, wenn es in der Ver­gan­gen­heit noch kei­nen ein­schlägi­gen Ta­rif­ver­trag gab und die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en le­dig­lich be­ab­sich­ti­gen, die An­ge­le­gen­heit künf­tig ta­rif­lich zu re­geln. Das gilt selbst dann, wenn sie be­reits

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Ta­rif­ver­hand­lun­gen auf­ge­nom­men ha­ben (BAG 05. März 2013 – 1 AZR 417/12 Rn. 19, zit. nach ju­ris). Vor­lie­gend wird von kei­ner Sei­te vor­ge­tra­gen, dass auf die Be­klag­te ein Haus- oder Flächen­ta­rif­ver­trag zur Re­ge­lung der Son­der­zah­lun­gen und da­mit auch de­ren Fällig­keit zur An­wen­dung kam. So­weit die Kläge­rin auf den „Ta­rif­ver­trag für die Beschäftig­ten beim Städti­schen Kli­ni­kum B. – TV-SKB – “ ver­weist, kann dies kei­ne Ta­rifüblich­keit be­le­gen, denn die Kläge­rin ist seit Jah­ren nicht (mehr) bei der dort auf Ar­beit­ge­ber­sei­te ta­rif­ver­trags­sch­ließen­den Par­tei, städti­sches Kli­ni­kum B. GmbH, an­ge­stellt.

Zum an­de­ren würde auch dann der Be­triebs­ver­ein­ba­rung nicht die Wirk­sam­keit zu ver­sa­gen sein, wenn ei­ne ta­rif­li­che Re­ge­lung all­ge­mein üblich wäre, sie aber für den Be­trieb kei­ne Bin­dungs­wir­kung er­zeug­te. Würde § 77 Abs. 3 Be­trVG Mit­be­stim­mungs­rech­te des Be­triebs­rats schon dann ent­fal­len las­sen, wenn die mit­be­stim­mungs­pflich­ti­ge An­ge­le­gen­heit nur "übli­cher­wei­se" durch Ta­rif­ver­trag ge­re­gelt ist, so könn­te der durch § 87 Abs. 1 Be­trVG be­zweck­te Schutz der Ar­beit­neh­mer - so­fern nicht ei­ne ge­setz­li­che Re­ge­lung be­steht - we­der durch ei­ne ta­rif­li­che Re­ge­lung noch durch ei­ne mit­be­stimm­te Re­ge­lung be­wirkt wer­den. Die in § 87 Abs. 1 Be­trVG - hier in § 87 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Be­trVG - ge­re­gel­ten Mit­be­stim­mungs­rech­te des Be­triebs­rats würden, so­weit sie ma­te­ri­el­le Ar­beits­be­din­gun­gen be­tref­fen, weit­ge­hend leer­lau­fen und nur dort be­deut­sam sein, wo ei­ne ta­rif­li­che Re­ge­lung von ma­te­ri­el­len Ar­beits­be­din­gun­gen nicht ein­mal üblich ist. Mit­be­stim­mungs­rech­te sind aber nicht auf sol­che Rand­be­rei­che be­schränkt, son­dern sol­len grundsätz­lich in al­len Be­trie­ben zum Tra­gen kom­men. Schon von da­her er­scheint es nicht ge­recht­fer­tigt, dass ei­ne le­dig­lich übli­che ta­rif­li­che Re­ge­lung ei­ner An­ge­le­gen­heit Mit­be­stim­mungs­rech­te des Be­triebs­rats aus­sch­ließen soll, wenn eben die­se An­ge­le­gen­heit nach § 87 Abs. 1 Be­trVG mit­be­stim­mungs­pflich­tig ist (BAG 24. Fe­bru­ar 1987 – 1 ABR 18/85 – zu II 4b aa der Gründe, zit. nach ju­ris).

dd) Sch­ließlich verstößt die von der Be­klag­ten ab 01.01.2015 prak­ti­zier­te Zwölf­te­lung auch nicht ge­gen die Fällig­keits­be­stim­mun­gen in § 4 des Ar­beits­ver­tra­ges, die als mögli­cher­wei­se güns­ti­ge­re Re­ge­lun­gen de­nen der Be­triebs­ver­ein­ba­rung vor­ge­hen könn­ten.

Die Be­ru­fungs­kam­mer folgt der über­zeu­gen­den Ar­gu­men­ta­ti­on des Ar­beits­ge­richts in dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil, das sich wie­der­um an den im Ur­teil des BAG vom 5. März 2013 – 1 AZR 417/12 – nie­der­ge­leg­ten Grundsätzen ori­en­tiert:

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(1) Bei den in Re­de ste­hen­den Be­stim­mun­gen des § 4 des Ar­beits­ver­tra­ges han­delt es sich um all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen iSd. § 305 Abs. 1 BGB. Dass es sich um ei­ne für ei­ne Viel­zahl von Verträgen vor­for­mu­lier­te Ver­trags­be­din­gun­gen han­delt, ist von der Kläge­rin zwar erst­in­stanz­lich pau­schal be­strit­ten wor­den (Schrifts. v. 18.08.2015, Bl. 140 d.A.). Nach­dem das Ar­beits­ge­richt im Tat­be­stand des an­ge­grif­fe­nen Ur­teils (S. 2, Bl. 183 d.A.) fest­ge­stellt hat, dass sich glei­che Re­ge­lun­gen wie § 4 des Ar­beits­ver­tra­ges in al­len Ar­beits­verträgen der Beschäftig­ten befänden, die Be­klag­te in­so­weit in der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung (S. 7, Bl. 410 d.A.) präzi­siert hat, dass sie die­se gleich­lau­ten­den Re­ge­lun­gen in na­he­zu al­len von ihr ver­wen­de­ten Ar­beits­verträgen seit 2000 auf­ge­nom­men ha­be und bei dem hie­si­gen Lan­des­ar­beits­ge­richt ei­ne An­zahl von „Par­al­lelfällen“ anhängig sind, was in der münd­li­chen Ver­hand­lung auch zur Spra­che ge­kom­men ist, kann die­ses Be­strei­ten nicht mehr iSd. § 138 Abs. 1, 2 ZPO als aus­rei­chend be­wer­tet wer­den. Hin­zu kommt, dass auch die Kläge­rin selbst nicht be­haup­tet, dass sie die in Re­de ste­hen­den Ver­trags­be­stim­mun­gen in­di­vi­du­ell aus­ge­han­delt ha­be (vgl. § 310 Abs. 3 Nr. 1, 2 BGB).

§ 4 des Ar­beits­ver­trags ist in dem hier in­ter­es­sie­ren­den Zu­sam­men­hang be­triebs­ver­ein­ba­rungs­of­fen aus­ge­stal­tet. Die Re­ge­lung weist als all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung ei­nen kol­lek­ti­ven Be­zug je­den­falls in­so­weit auf, als in ihr ua. die Zeit der Aus­zah­lung der Son­der­zah­lun­gen ge­re­gelt wer­den (§ 87 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Be­trVG). Da All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen eben­so wie Be­stim­mun­gen in ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung auf ei­ne Ver­ein­heit­li­chung der Re­ge­lungs­ge­genstände ge­rich­tet sind, kann aus Sicht ei­nes verständi­gen und red­li­chen Ar­beit­neh­mers nicht zwei­fel­haft sein, dass es sich bei den vom Ar­beit­ge­ber in­so­weit ge­stell­ten Ar­beits­be­din­gun­gen um sol­che han­delt, die ei­ner Ände­rung durch Be­triebs­ver­ein­ba­rung zugäng­lich sind (vgl. BAG 05. März 2013 – 1 AZR 417/12 –, Rn. 60, zit nach ju­ris).

Dem steht die Un­klar­hei­ten­re­ge­lung des § 305c Abs. 2 BGB nicht ent­ge­gen. Da­nach muss der die All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen ver­wen­den­de Ar­beit­ge­ber bei Un­klar­hei­ten die ihm ungüns­tigs­te Aus­le­gungsmöglich­keit ge­gen sich gel­ten las­sen. Die­se Aus­le­gungs­re­gel kommt al­ler­dings erst dann zur An­wen­dung, wenn der Klau­sel­in­halt nicht be­reits durch Aus­le­gung zwei­fels­frei fest­ge­stellt wer­den kann. Es müssen „er­heb­li­che Zwei­fel“ an der rich­ti­gen Aus­le­gung be­ste­hen (BAG, aaO., Rn. 61). Die­se lie­gen hier nicht vor.

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Die Be­klag­te durf­te auf­grund der „Be­triebs­ver­ein­ba­rung In­kraft­tre­ten Min­dest­l­ohn­ge­setz“ da­her die bei­den Son­der­zah­lun­gen zwölf­teln, oh­ne ge­gen den mit der Kläge­rin ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trag zu ver­s­toßen.

Der An­trag zu 2 ist da­her auch un­be­gründet.

2. Die Anträge zu 3 und 4, ge­rich­tet auf Dif­fe­renz­zah­lun­gen zum Ur­laubs- und Weih­nachts­geld, sind eben­falls un­be­gründet. Die Höhe bei­der Zah­lung ist im Ar­beits­ver­trag fest­ge­legt, und zwar je­weils im Um­fang von 50 % des ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Mo­nats­lohns. § 1 Mi­LoG bie­tet kei­nen An­satz­punkt für ei­ne Erhöhung in­so­weit. Die von der Be­klag­ten vor­ge­nom­me­ne Zwölf­te­lung be­geg­net, wie zu­vor aus­geführt, kei­nen durch­grei­fen­den recht­li­chen Be­den­ken, so dass auch evtl. Zins­ansprüche we­gen ver­späte­ter Teil­zah­lun­gen aus­schei­den. Die Kla­ge ist da­her ins­ge­samt in Be­zug auf die Anträge zu 3 und 4 ab­zu­wei­sen.

3. Mit dem Kla­ge­an­trag zu 1 be­an­sprucht die Kläge­rin zum ei­nen Dif­fe­renz­zah­lun­gen zur lau­fen­den Mo­nats­vergütung, zu­letzt für den Zeit­raum von Ja­nu­ar 2015 bis No­vem­ber 2015 (da­zu so­gleich un­ter a)), so­wie zum an­de­ren ein höhe­res Über­stun­den­ent­gelt und Dif­fe­renz­zah­lun­gen zu di­ver­sen Zu­schlägen für den­sel­ben Zeit­raum (da­zu so­gleich un­ter b)).

a) Hin­sicht­lich der be­an­spruch­ten Dif­fe­renz­zah­lun­gen auf den je­wei­li­gen Mo­nats­lohn ist die Kla­ge un­be­gründet. So­weit der Kläge­rin auf­grund der Einführung des ge­setz­li­chen Min­dest­lohns ei­ne Erhöhung des Grund­lohns gem. § 1 Abs. 2 S. 1 Mi­LoG zu­steht, ist der An­spruch durch Erfüllung er­lo­schen (§ 362 Abs. 1 BGB). Die Kläge­rin be­an­sprucht ab Ja­nu­ar 2015 ei­nen erhöhten Grund­lohn von 1.473,33 Eu­ro brut­to. Die­ser ist erfüllt. Denn ne­ben dem bis­he­ri­gen Mo­nats­lohn von 1.391,36 Eu­ro brut­to hat die Be­klag­te der Kläge­rin mo­nat­lich ein Zwölf­tel des Ur­laubs­gel­des iHv. mo­nat­lich 57,97 Eu­ro und ein Zwölf­tel des Weih­nachts­gelds iHv. wei­te­ren 57,97 Eu­ro mo­nat­lich ge­zahlt, al­so ins­ge­samt 1.507,30 Eu­ro. Da der kläger­seits ge­for­der­te Be­trag von mo­nat­lich 1.473,33 Eu­ro da­mit im­mer über­schrit­ten ist, be­darf die zwi­schen den Par­tei­en strei­tig erörter­te Fra­ge, ob der Dif­fe­renz­an­spruch auf Ba­sis der tatsächlich im Mo­nat ge­leis­te­ten St­un­den zu be­rech­nen ist, hier kei­ner wei­te­ren Ver­tie­fung.

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aa) Das Ur­laubs­geld, das wie oben aus­geführt recht­lich zulässig ge­zwölf­telt und auf die ein­zel­nen Mo­na­te „ver­teilt“ wer­den darf, ist im vor­lie­gen­den Fall auf den ge­setz­li­chen Min­dest­lohn, ne­ben dem ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Grund­lohn, an­re­chen­bar.

(1) Gem. § 1 Abs. 1 Mi­LoG hat je­der Ar­beit­neh­me­rin und je­der Ar­beit­neh­mer An­spruch auf Zah­lung ei­nes Ar­beits­ent­gelts min­des­tens in Höhe des Min­dest­lohns. Es han­delt sich so­mit um ei­ne Geld­sum­men­schuld, da die Geld­schuld durch § 1 Abs. 2 S. 1 bzw. § 1 Abs. 2 S. 2 iVm. ei­ner Min­dest­lohn­ver­ord­nung nach § 11 Abs. 1 zif­fernmäßig be­stimmt ist (Rie­cher/Nim­mer­jahn Min­dest­l­ohn­ge­setz 1. Auf­la­ge 2015, § 1 Rn. 11).

Leis­tun­gen wie Weih­nachts­geld oder ein zusätz­li­ches Ur­laubs­geld sol­len nach der ver­laut­bar­ten Vor­stel­lung des Ge­setz­ge­bers dann als Be­stand­teil des Min­dest­lohns ge­wer­tet wer­den können, wenn die Ar­beit­neh­me­rin oder der Ar­beit­neh­mer den (…) Be­trag je­weils zu dem für den Min­dest­lohn maßgeb­li­chen Fällig­keits­da­tum tatsächlich und un­wi­der­ruf­lich aus­be­zahlt erhält (vgl. Dt. Bun­des­tag, Drucks. 18/1558, S. 67).

Bei der An­rech­nung von Leis­tun­gen ist, wie das BAG ver­gleich­bar schon in Zu­sam­men­hang mit ei­nem Min­dest­lohn nach ei­nem Min­dest­lohn­ta­rif­ver­trag ent­schie­den hat, dar­auf ab­zu­stel­len, ob die vom Ar­beit­ge­ber er­brach­te Leis­tung ih­rem Zweck nach die­je­ni­ge Ar­beits­leis­tung des Ar­beit­neh­mers ent­gel­ten soll, die mit der ta­rif­lich be­gründe­ten Zah­lung zu vergüten ist. Da­her ist dem er­kenn­ba­ren Zweck des ta­rif­li­chen Min­dest­lohns, den der Ar­beit­neh­mer als un­mit­tel­ba­re Leis­tung für die ver­rich­te­te Tätig­keit be­gehrt, der zu er­mit­teln­de Zweck der je­wei­li­gen Leis­tung des Ar­beit­ge­bers, die die­ser auf­grund an­de­rer (in­di­vi­du­al- oder kol­lek­tiv­recht­li­cher) Re­ge­lun­gen er­bracht hat, ge­genüber­zu­stel­len. Be­steht da­nach - ähn­lich wie bei ei­nem Güns­tig­keits­ver­gleich mit Sach­grup­pen­bil­dung nach § 4 Abs. 3 TVG - ei­ne funk­tio­na­le Gleich­wer­tig­keit der zu ver­glei­chen­den Leis­tun­gen, ist die er­brach­te Leis­tung auf den zu erfüllen­den An­spruch an­zu­rech­nen (BAG 16. April 2014 – 4 AZR 802/11 – Rn. 39, zit. nach ju­ris).

(2) Bei ei­ner als Ur­laubs­geld be­zeich­ne­ten Son­der­zah­lung des Ar­beit­ge­bers ist da­her dar­auf ab­zu­stel­len, ob das Ur­laubs­geld da­zu dient, erhöhte Ur­laub­s­auf­wen­dun­gen zu­min­dest teil­wei­se ab­zu­de­cken. Dann ist es kei­ne wei­te­re Ge­gen­leis­tung für die er­brach­te nor­ma­le Ar­beits­leis­tung, son­dern auf die Wie­der­her­stel­lung und den Er­halt der Ar­beitsfähig­keit des Ar­beit­neh­mers ge­rich­tet. In die­sem Fall ist das Ur­laubs­geld nicht auf den Min­dest­lohn an­re­chen­bar (Ri­chert/Nim­mer­jahn, aaO., Rn 139, mwN). Al­lein die Be­zeich­nung ei­ner Leis­tung als Ur­laubs­geld, die in vie­len Fällen oh­ne­hin nicht

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mit Be­dacht gewählt ist, recht­fer­tigt es in­des nicht, ei­nen zwin­gen­den Sach­zu­sam­men­hang der Son­der­zah­lung zum Er­ho­lungs­ur­laub an­zu­neh­men, denn den Ver­trags­par­tei­en steht es frei, die Be­zeich­nung auch für nich­t­ur­laubs­ak­zes­s­o­ri­sche Son­der­zah­lun­gen zu ver­wen­den. Des­halb ist an­hand der Leis­tungs­vor­aus­set­zun­gen zu er­mes­sen, ob das Ur­laubs­geld von den Re­ge­lun­gen zum Ur­laub abhängig ist oder bloß ei­ne sai­so­na­le Son­der­leis­tung dar­stellt (vgl. BAG Urt. v. 12.10.2010 – 9 AZR 522/09- Rn . 24, zit. nach ju­ris).

Nach die­sen Grundsätzen kann der Be­zeich­nung der Son­der­zah­lung hier kein ent­schei­den­des Ge­wicht zu­kom­men, selbst wenn das Ur­laubs­geld in § 4 des Ver­tra­ges teil­wei­se – nicht durchgängig - als „zusätz­li­ches Ur­laubs­geld“ be­zeich­net wird. „Zusätz­lich“ kann sich nach der bis­he­ri­gen ver­trag­li­chen Be­stim­mung des Fällig­keits­zeit­punkts auch dar­auf be­zie­hen, dass es zusätz­lich zur übli­chen Mai-Vergütung ge­zahlt wird bzw. zusätz­lich zu dem bis­her ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Ent­gelt, es muss sich nicht be­zie­hen auf ein durch ge­setz­ge­be­ri­sche In­ter­ven­ti­on über das ver­trag­li­che Ent­gelt hin­aus erhöhtes St­un­den­ent­gelt.

Ent­schei­dend ist vor­lie­gend viel­mehr, dass das in § 4 des Ar­beits­ver­trag ge­re­gel­te Ur­laubs­geld nicht an die tatsächli­che Ur­laubs­nah­me ge­knüpft ist; dies auch nicht nach der Verände­rung der Fällig­keits­zeit­punk­te auf­grund der „Be­triebs­ver­ein­ba­rung In­kraft­tre­ten Min­dest­l­ohn­ge­setz“.

Die ar­beit­ge­ber­sei­ti­ge Ver­pflich­tung zur Leis­tung die­ser Son­der­zah­lung ist tatsächlich auch nicht an wei­te­re Vor­aus­set­zun­gen ge­knüpft, als an die Dau­er des Be­stand des Ar­beits­ver­tra­ges im je­wei­li­gen Jahr und die Vergütungs­pflicht des Ar­beit­ge­bers, wie der letz­te Ab­satz in § 4 des Ar­beits­ver­tra­ges („Be­ginnt oder en­det …“) re­gelt; das Ur­laubs­gel­de wird ent­spre­chend dem An­teil der er­brach­ten jähr­li­chen Ar­beits­zeit ge­zahlt. Die­sem Ziel dien­te auch der letz­te Satz die­ses Ab­sat­zes, der ei­ne Über­zah­lung re­gel­te für den Fall, dass das Ar­beits­verhält­nis nicht das ge­sam­te Ka­len­der­jahr be­stan­den hat oder Zei­ten oh­ne Ent­gelt vor­la­gen; es wird da­mit nicht et­wa die „Be­triebs­treue“ des Ar­beit­neh­mers ho­no­riert, wie es um­ge­kehrt et­wa der Fall wäre, wenn ei­ne War­te­zeit ver­ein­bart wor­den wäre oder wenn als Vor­aus­set­zung für das Be­hal­ten ei­ner Zah­lung ver­ein­bart wor­den wäre, dass das Ar­beits­verhält­nis über ei­nen be­stimm­ten Zeit­punkt hin­aus (un­gekündigt) fort­bestünde. Das in § 4 ge­re­gel­te Ur­laubs­gelt stellt sich da­mit hier als „sai­so­na­le Son­der­leis­tung“ dar, und da­mit grundsätz­lich als auf den Min­dest­lohn an­re­chen­ba­res Ar­beits­ent­gelt.

An­zu­mer­ken ist in die­sem Zu­sam­men­hang noch, dass aus dem auch von der Kläge­rin in Be­zug ge­nom­men Ur­teil der er­ken­nen­den Kam­mer vom 11.08.2014 (19 Sa 819/15

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ua.) nichts für sie Güns­ti­ges folgt, denn die dort in Re­de ste­hen­de (zusätz­li­che) Ur­laubs­vergütung ist dem dor­ti­gen Kläger je­weils zusätz­lich zu sei­ner nor­ma­len (Ur­laubs-)Vergütung anläss­lich des je­weils tatsächlich ge­nom­men Ur­laubs ge­zahlt wor­den (vgl. B II 1 der Gründe des Ur­teils vom 11.08.2014).

bb) Auch die wei­te­re, in § 4 des Ver­tra­ges un­ter­schied­lich als „Zu­wen­dung“, „Weih­nachts­geld“, „Son­der­zu­wen­dung (Weih­nachts­geld)“, „Son­der­zu­wen­dung“ be­zeich­ne­te Zah­lung ist nach den vor­ste­hen­de Ausführun­gen hier auf den Min­dest­lohn an­re­chen­bar. Ent­schei­dend ist auch in­so­weit der sich aus den Leis­tungs­vor­aus­set­zun­gen er­sch­ließen­de Zweck der Leis­tung, nicht des­sen - hier oh­ne­hin un­ein­heit­li­che - Be­zeich­nung. Auch die Son­der­zu­wen­dung ist hier al­lein an die Dau­er des Be­stands des Ar­beits­verhält­nis­ses in dem je­wei­li­gen Jahr ge­knüpft und an die Vergütung für Ar­beits­leis­tung. Es ist ins­be­son­de­re kei­ne War­te­zeit und kei­ne Rück­zah­lung der Son­der­zah­lung ver­ein­bart wor­den für den Fall, dass ein be­stimm­ter Zeit­punkt des (un­gekündig­ten) Fort­be­stands des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht er­reicht wird, auch wird kein be­stimm­tes Er­schwer­nis durch die­se Son­der­zah­lung kom­pen­siert. Da­mit steht der Ent­gelt­cha­rak­ter die­ser Zu­wen­dung deut­lich im Vor­der­grund, wes­halb auch des­sen grundsätz­li­che An­re­chen­bar­keit auf den ge­setz­li­chen Min­dest­lohn ge­ge­ben ist.

Die Kläge­rin hat da­her die von ihr be­an­spruch­ten Dif­fe­renz­zah­lun­gen in Be­zug auf die lau­fen­de Mo­nats­vergütung nicht ver­lan­gen.

b) In Hin­blick auf die von der Kläge­rin be­an­spruch­ten Vergütungs­dif­fe­ren­zen im Übri­gen (vgl. die Zu­sam­men­stel­lung im Schrifts. v. 29.12.2015, Bl. 468 ff. d.A.) ist zu un­ter­schei­den:

aa) So­weit die Kläge­rin ei­ne Über­stun­de im Fe­bru­ar 2015 und vier Über­stun­den im April 2015 mit 8,50 Eu­ro statt mit 8,00 Eu­ro vergütet ha­ben will, kann die Ent­schei­dung, ob die­se St­un­den mit dem erhöhten Satz zu vergüten sind, da­hin­ste­hen. Denn im Fe­bru­ar 2015 über­steigt der ver­trag­li­che Grund­lohn zu­sam­men mit den bei­den Son­der­zah­lun­gen und der be­reits vor­ge­nom­me­nen Über­stun­den­vergütung für ei­ne St­un­de (1.391,36 + 57,97 + 57,97 + 8 Eu­ro = 1515,30 Eu­ro) den Be­trag, der sich für Fe­bru­ar 2015 er­rech­nen würde, wenn man die Re­gel­ar­beits­zeit und die­se Über­stun­de un­ter Zu­grun­de­le­gung ei­nes St­un­den­lohns von 8,50 Eu­ro be­rech­nen würde ([160 St­un­den + 1 Über­stun­de=] 161 St­un­den x 8,50 Eu­ro = 1.368,50 Eu­ro). Das Glei­che gilt

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für den Mo­nat April 2015, in dem der an­re­chen­ba­re Be­trag von 1.539,30 Eu­ro (= 1.391,36 + 57,97 + 57,97 + 32 Eu­ro [für vier ab­ge­rech­ne­te Über­stun­den]) den Be­trag von 1.530 Eu­ro über­steigt, der sich bei 176 Re­gel­ar­beits­stun­den und vier Über­stun­den auf der Ba­sis von 8,50 Eu­ro er­rech­nen würde ([176 St­un­den + 4 Über­stun­den=] 180 St­un­den x 8,50 Eu­ro = 1530 Eu­ro, vgl. hier­zu auch die bei­den Ab­rech­nun­gen für Fe­bru­ar und April 2015, Anl. B10, B12, Bl. 347, 349 d.A.).

bb) Der An­spruch auf Über­stun­den­zu­schläge, Sonn­tags­zu­schläge und Fei­er­tags­zu­schläge ist in § 3 Ziff. b) und c) des Ar­beits­ver­trags ge­re­gelt, wor­in über­haupt erst ei­ne Vergütungs­pflicht ne­ben dem mo­nat­li­chen Grund­lohn in­so­weit be­gründet wird.
§ 3 Ziff. b) S. 2 re­gelt aus­drück­lich, dass die Mehr­ar­beit „mit dem ver­ein­bar­ten St­un­den­satz zuzüglich des nach­ste­hen­den Zu­schlags“ – hier 25 % - be­rech­net wird. Die­se kla­re ver­trag­li­che Re­ge­lung bie­tet nach Auf­fas­sung der Kam­mer kei­nen An­satz­punkt dafür, den Zu­schlag für Mehr­ar­beit auf der Ba­sis von 8,50 Eu­ro zu be­rech­nen.

Glei­ches gilt für § 3 Ziff. c) des Ar­beits­ver­tra­ges, wo­nach für Ar­beit an Sonn- und Fei­er­ta­gen ein Zu­schlag in näher be­stimm­ter Höhe „des ver­ein­bar­ten St­un­den­lohns“ ge­zahlt wird. In die­sem di­rek­ten in­halt­li­chen Zu­sam­men­hang wird auch der Fei­er­tags­zu­schlag ge­re­gelt, der da­her auch auf der Ba­sis des ver­ein­bar­ten ver­trag­li­chen St­un­den­lohns zu vergüten ist. Auch be­zo­gen auf die be­an­spruch­ten Sonn­tags-, Über­stun­den- und Fei­er­tags­zu­schlags­dif­fe­ren­zen ist da­her die Kla­ge un­be­gründet.

cc) Et­was an­de­res gilt je­doch für den Nacht­zu­schlag: Be­zo­gen auf den Nacht­zu­schlag ist ne­ben dem Ar­beits­ver­trag auch § 6 Abs. 5 Arb­ZG zu be­ach­ten, wo­nach der Nacht­ar­beit­neh­mer für die Nacht­ar­beit ua. ei­nen „an­ge­mes­se­nen Zu­schlag auf das ihm hierfür zu­ste­hen­de Brut­to­ar­beits­ent­gelt“ zu er­hal­ten hat.

Vor­lie­gend soll der Nacht­ar­beits­zu­schlag nach der ver­trag­li­chen Re­ge­lung 10 % des ver­ein­bar­ten St­un­den­lohns be­tra­gen. Der Pro­zent­satz als sol­cher wird von den Par­tei­en nicht in Fra­ge ge­stellt, so dass wei­te­re Ausführun­gen zu dem Pro­zent­satz als sol­chen - ggf. auch in Hin­blick auf § 308 Abs. 1 ZPO - nicht ge­bo­ten sind.

Der Nacht­zu­schlag ist je­doch auf der Ba­sis des ge­setz­li­chen Min­dest­lohns, al­so 8,50 Eu­ro, zu be­rech­nen. Nach dem Ar­beits­ver­trag soll es sich bei dem Nacht­ar­beits­zu­schlag zwar um den Pro­zent­wert des „ver­ein­bar­ten St­un­den­lohns“ han­deln. Er­folgt durch den Ge­setz­ge­ber al­ler­dings durch die Einführung des

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Min­dest­lohns ei­ne Erhöhung des Grund­lohns auf 8,50 Eu­ro pro St­un­de, dann ist das dem Nacht­ar­beit­neh­mer „zu­ste­hen­de Brut­to­ar­beits­ent­gelt“ 8,50 Eu­ro und die­ser St­un­den­satz ist der Be­rech­nung ei­nes an­ge­mes­se­nen Zu­schlags iSd. § 6 Abs. 5 Arb­ZG zu Grun­de zu le­gen (in die­sem Sinn auch ArbG Baut­zen, 25. Ju­ni 2015 – 1 Ca 1094/15 Rn. 24, zit. nach ju­ris). § 3 Ziff. d) des Ar­beits­ver­trags ist in­so­weit ge­set­zes­kon­form aus­zu­le­gen.

Legt man für die Be­rech­nung der Nacht­zu­schläge ei­ne Be­rech­nungs­grund­la­ge von 8,50 Eu­ro brut­to (statt bis­her 8,00 Eu­ro) an, er­gibt sich für den Mo­nat Ja­nu­ar 2015 ei­ne Dif­fe­renz von 0,13 Eu­ro, für den Mo­nat Fe­bru­ar 2015 ei­ne Dif­fe­renz von 0,08 Eu­ro, für den Mo­nat März 2015 ei­ne Dif­fe­renz von 0,28 Eu­ro, für den Mo­nat April 2015 von 0,08 Eu­ro, für Ju­ni 2015 von 0,05 Eu­ro, für Sep­tem­ber 2015 von 0,03 Eu­ro und für Ok­to­ber 2015 von 0,15 Eu­ro (vgl. die Ge­genüber­stel­lung im kläge­ri­schen Schrifts. v. 29.12.2015, Bl. 461 f. d.A.).

In die­sem mi­ni­ma­len Um­fang be­ste­hen zu Guns­ten der Kläge­rin Dif­fe­renz­lohn­ansprüche nebst Ver­zugs­zins­ansprüchen, so dass auf die Be­ru­fung der Kläge­rin das an­ge­foch­te­ne Ur­teil teil­wei­se ab­zuändern ist und die Be­klag­te ent­spre­chend zur Zah­lung zu ver­ur­tei­len ist.

III. Die Kos­ten des Rechts­streits hat die Kläge­rin zu tra­gen (§§ 97 Abs. 1, 91, 92 Abs. 2 ZPO).


Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Ge­gen die­ses Ur­teil kann von den Par­tei­en bei dem

Bun­des­ar­beits­ge­richt,
Hu­go-Preuß-Platz 1,
99084 Er­furt
(Post­adres­se: 99113 Er­furt),

Re­vi­si­on ein­ge­legt wer­den.

Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb

ei­ner Not­frist von ei­nem Mo­nat

schrift­lich beim Bun­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­legt wer­den.

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Sie ist gleich­zei­tig oder in­ner­halb

ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten

schrift­lich zu be­gründen.

Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­setz­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Die Re­vi­si­ons­schrift muss die Be­zeich­nung des Ur­teils, ge­gen das die Re­vi­si­on ge­rich­tet wird und die Erklärung ent­hal­ten, dass ge­gen die­ses Ur­teil Re­vi­si­on ein­ge­legt wer­de.

Die Re­vi­si­ons­schrift und die Re­vi­si­ons­be­gründung müssen von ei­nem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten un­ter­zeich­net sein. Als sol­che sind außer Rechts­anwälten nur fol­gen­de Stel­len zu­ge­las­sen, die zu­dem durch Per­so­nen mit Befähi­gung zum Rich­ter­amt han­deln müssen:

  • Ge­werk­schaf­ten und Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie Zu­sam­men­schlüsse sol­cher Verbände für ih­re Mit­glie­der oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der,
  • ju­ris­ti­sche Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich im wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tum ei­ner der vor­ge­nann­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen, wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on und ih­rer Mit­glie­der oder an­de­rer Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt, und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.

Der Schrift­form wird auch durch Ein­rei­chung ei­nes elek­tro­ni­schen Do­ku­ments i. S. d. § 46 c ArbGG genügt. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den sich auf der In­ter­net­sei­te des Bun­des­ar­beits­ge­richts un­ter www.bun­des­ar­beits­ge­richt.de.


Dr. N.

Sch.

Z.

Hin­weis der Geschäfts­stel­le
Das Bun­des­ar­beits­ge­richt bit­tet, sämt­li­che Schriftsätze in sie­ben­fa­cher Aus­fer­ti­gung ein­zu­rei­chen.

 

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