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BAG, Ur­teil vom 15.05.2013, 10 AZR 325/12

   
Schlagworte: Arbeitszeit
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 10 AZR 325/12
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 15.05.2013
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Essen, Urteil vom 30.6.2011 - 3 Ca 111/11
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 9.2.2012 - 4 Sa 1025/11
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

10 AZR 325/12
4 Sa 1025/11
Lan­des­ar­beits­ge­richt
Düssel­dorf

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

15. Mai 2013

UR­TEIL

Jatz, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläge­rin, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Zehn­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 15. Mai 2013 durch den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Schmitz-Scho­le­mann als Vor­sit­zen­den, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt
 


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Rein­fel­der und Mest­werdt so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Thiel und Pe­tri für Recht er­kannt:


1. Die Re­vi­si­on der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf vom 9. Fe­bru­ar 2012 - 4 Sa 1025/11 - wird zurück­ge­wie­sen.

2. Die Kläge­rin hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über den Um­fang der Ar­beits­ver­pflich­tung der Kläge­rin und über Vergütungs­ansprüche.

Die Kläge­rin ist - nach Vor­beschäfti­gung bei ei­nem an­de­ren Kon­zern­un­ter­neh­men - seit dem 1. Ja­nu­ar 2006 bei der Be­klag­ten bzw. de­ren Rechts­vorgänge­rin als außer­ta­rif­li­che Mit­ar­bei­te­rin beschäftigt. Der Ar­beits­ver­trag vom 28. De­zem­ber 2005 lau­tet aus­zugs­wei­se:

„2. Vergütung

(1) Die über­tra­ge­ne Auf­ga­be ist dem Band 1 im Sin­ne der Be­triebs­ver­ein­ba­rung der R E AG zur Vergütung für nicht lei­ten­de außer­ta­rif­lich beschäftig­te Mit­ar­bei­ter (AT-Mit­ar­bei­ter) der R E AG zu­ge­ord­net.

(2) Als Vergütung er­hal­ten Sie für die Erfüllung Ih­rer Auf­ga­be:


a) ein fes­tes Jah­res­ge­halt in Höhe von € 67.920,00 brut­to, zahl­bar in zwölf glei­chen Tei­len, je­weils mo­nat­lich nachträglich in Höhe von € 5.660,00 brut­to. Da­von sind zum Zeit-punkt des Ver­trags­ab­schlus­ses € 5.622,00 (99,33 %) pen­si­onsfähig.


b) ein fes­tes, nicht ru­he­geldfähi­ges Brut­to­mo­nats­ge­halt, zahl­bar ab Mit­te No­vem­ber,

c) ei­ne va­ria­ble, in­di­vi­du­el­le Vergütung bis max.

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1,56 Mo­nats­gehälter gemäß Zif­fer 2, Ab­satz 2 a). Die in­di­vi­du­el­le Vergütung wird auf Ba­sis der Be­triebs­ver­ein­ba­rung über die Ziel­er­rei­chung der R E AG er­mit­telt;


d) ei­ne va­ria­ble, vom Un­ter­neh­mens­er­folg abhängi­ge Vergütung bis max. 0,6 Mo­nats­gehälter gemäß Zif­fer 2, Ab­satz 2 a). Die Höhe der va­ria­blen Un­ter­neh­mens­vergütung ist von dem Un­ter­neh­mens­er­folg abhängig. Nähe­res re­gelt die Be­triebs­ver­ein­ba­rung AT-Vergütung der R E AG.
...


(5) Im Rah­men Ih­rer Auf­ga­ben­stel­lung sind Sie ver­pflich­tet, auch außer­halb der be­triebsübli­chen Ar­beits­zeit tätig zu wer­den. Mit der Vergütung gemäß Zif­fer 2 ist die ge­sam­te Tätig­keit für die R E AG ab­ge­gol­ten; darüber hin­aus­ge­hen­de Zu­la­gen und Zu­schläge wer­den nicht gewährt.“

Das ak­tu­el­le Jah­res­ge­halt der Kläge­rin beläuft sich auf ca. 95.000,00 Eu­ro brut­to. Ua. erhält sie ein mo­nat­li­ches Grund­ge­halt iHv. 6.225,00 Eu­ro brut­to.


Die Be­triebs­ver­ein­ba­rung 2009 zur Er­fas­sung und Re­ge­lung der Ar­beits­zeit zwi­schen der Be­klag­ten und dem Be­triebs­rat vom 31. März 2009 (im Fol­gen­den: BV) lau­tet aus­zugs­wei­se:


„Präam­bel:

Ziel die­ser Be­triebs­ver­ein­ba­rung ist ei­ne mo­der­ne Ge­stal­tung der Ar­beits­zeit, um den An­for­de­run­gen des Wett­be­werbs Rech­nung zu tra­gen und den Mit­ar­bei­tern ei­ne fle­xi­ble Ein­tei­lung der Ar­beits­zeit zu ermögli­chen. Die­se Be­triebs­ver­ein­ba­rung er­for­dert ei­ne ho­he Ver­ant­wor­tung der Führungs­kräfte und Mit­ar­bei­ter. Die Re­ge­lun­gen die­ser Be­triebs­ver­ein­ba­rung sind von Führungs­kräften und Mit­ar­bei­tern un­ein­ge­schränkt und ak­tiv um­zu­set­zen. Da­zu wird ei­ne in­ten­si­ve Ko­ope­ra­ti­on zwi­schen Führungs­kräften, Mit­ar­bei­tern und dem Be­triebs­rat vor­aus­ge­setzt.


§ 1 Gel­tungs­be­reich

Die­se Be­triebs­ver­ein­ba­rung gilt für al­le Mit­ar­bei­ter (Ta­rif-und AT-Mit­ar­bei­ter) der Ge­sell­schaft am Stand­ort Es mit Aus­nah­me der Lei­ten­den An­ge­stell­ten gemäß § 5 Ab­satz 3, 4 Be­trVG so­wie Aus­zu­bil­den­den, Werks­stu­den­ten,
 

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Prak­ti­kan­ten und Di­plo­man­den.


§ 2 Ar­beits­zeit/Ar­beits­zeit­rah­men/Ser­vice­zeit

1. Die re­gelmäßige wöchent­li­che Ar­beits­zeit für Ta­rif-an­ge­stell­te be­stimmt sich nach dem je­weils gel­ten-den Ta­rif­ver­trag (z. Zt.: Man­tel­ta­rif­ver­trag Ta­rif­grup­pe R) und beträgt der­zeit 38 St­un­den für Voll­zeit­mit­ar­bei­ter (oh­ne Ru­he­pau­sen und Zei­ten z. B. zur Verlänge­rung von Pau­sen, für Arzt­be­su­che oder sons­ti­ge pri­va­te We­ge­zei­ten). Für Teil­zeit­mit­ar­bei­ter gel­ten die je­weils ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Ar­beits­zei­ten.

2. Die Ver­tei­lung der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit er­folgt in der Re­gel auf die Wo­chen­ta­ge Mon­tag bis Frei­tag je­weils zwi­schen 6:00 Uhr und 20:00 Uhr. Die Mit­ar­bei­ter können die La­ge der Ar­beits­zeit in­ner­halb die­ses Rah­mens un­ter Berück­sich­ti­gung der be­trieb­li­chen Er­for­der­nis­se und der Ser­vice­zeit gemäß nach­fol­gen­der Zif­fer 3 in Ab­stim­mung mit dem Vor-ge­setz­ten frei wählen.

...

§ 3 Zeit­er­fas­sung

1. Die Ar­beits­zeit­da­ten (z. B. ‚Kom­men’- und ‚Ge­hen’-Zei­ten) al­ler Mit­ar­bei­ter wer­den elek­tro­nisch er­fasst. Je­der Mit­ar­bei­ter hat täglich vor Ar­beits­be­ginn mit sei­ner Ser­vice­kar­te an ei­nem der Zeit­er­fas­sungs­geräte oder durch Pas­sie­ren der Zu­tritts­kon­trol­le ei­ne ‚Kom­men-Bu­chung’ und bei Ar­beits­en­de ei­ne ‚Ge­hen-Bu­chung’ durch­zuführen.

2. Ist ei­ne Nut­zung der Zeit­er­fas­sungs­geräte bei Ar­beits­be­ginn und/oder Ar­beits­en­de nicht möglich, ist der Mit­ar­bei­ter ver­pflich­tet, sei­ne Ar­beits­zei­ten über ESS (Em­ployee Self Ser­vice) bis zum drit­ten Ar­beits­tag des Fol­ge­mo­nats zu er­fas­sen. Die­ses Sys­tem ist darüber hin­aus für die Kon­trol­le und ggf. Ak­tua­li­sie­rung oder Kor­rek­tur der Ar­beits­zeit­da­ten zu nut­zen.

3. Die Ar­beits­zeit­da­ten der Mit­ar­bei­ter können von dem Vor­ge­setz­ten je­der­zeit ein­ge­se­hen wer­den.

...

§ 5 Gleit­zeit

1. Für je­den Mit­ar­bei­ter wird ein Gleit­zeit­kon­to ein­ge­rich­tet und geführt. Da­von aus­ge­nom­men sind nur AT-Mit­ar­bei­ter, die gemäß Zif­fer II. 2., 3. und 5. der Bo­nus-Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 12. Fe­bru­ar 2008
 


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in Ver­bin­dung mit An­la­ge 2 zur Bo­nus-Be­triebs­ver­ein­ba­rung der Vergütungs­grup­pe ‚Com­mer­ci­al’ an­gehören. Für die­se AT-Mit­ar­bei­ter wird kein Gleit­zeit­kon­to geführt und kein Ar­beits­zeits­al­do ge­bil­det; die Ar­beits­zei­ten wer­den le­dig­lich do­ku­men­tiert.

...

3. Das Gleit­zeit­kon­to von AT-Mit­ar­bei­tern er­fasst die Dif­fe­renz aus IST-Ar­beits­zeit in­klu­si­ve Mehr­ar­beit und re­gelmäßiger Ar­beits­zeit.

...


§ 7 Gleit­zeit­kon­to AT-Mit­ar­bei­ter

1. Das Gleit­zeit­kon­to für AT-Mit­ar­bei­ter (§ 5 Zif­fer 1) wird auf der Ba­sis der der­zeit gülti­gen ta­rif­li­chen Wo­chen­ar­beits­zeit (38 St­un­den) geführt. Die je­weils gülti­ge ta­rif­li­che Wo­chen­ar­beits­zeit wird aus­sch­ließlich zum Zweck der Führung des Gleit­zeit­kon­tos her­an­ge­zo­gen. Ei­ne ent­spre­chen­de Fest­le­gung der re­gelmäßigen wöchent­li­chen Ar­beits­zeit für AT-Mit­ar­bei­ter er­folgt da­mit nicht.

2. Zeit­gut­ha­ben sol­len vor­ran­gig durch Frei­zeit aus­ge­gli­chen wer­den.

3. So­weit das Gleit­zeit­kon­to ein Zeit­gut­ha­ben von 180 St­un­den oder ei­ne Zeit­schuld von 80 St­un­den er­reicht, ist der Vor­ge­setz­te ver­pflich­tet, mit dem Mit­ar­bei­ter ge­mein­sam mit dem Be­triebs­rat so­wie ei­nem Ver­tre­ter von Hu­man Re­sour­ces ein Gespräch zu führen und Maßnah­men zu ver­ein­ba­ren, die ein wei­te­res An­wach­sen des Zeit­gut­ha­bens, ins­be­son­de­re die Über­schrei­tung ei­nes Zeit­gut­ha­bens von 220 St­un­den, oder der Zeit­schuld ver­hin­dern. Die In­hal­te des Gesprächs sind von dem Vor­ge­setz­ten zu pro­to­kol­lie­ren. Das Pro­to­koll ist Hu­man Re­sour­ces und dem Be­triebs­rat zu­zu­lei­ten.


...

5. Zum 31.12. ei­nes Ka­len­der­jah­res be­ste­hen­de Zeit­gut­ha­ben ent­fal­len er­satz­los. Et­wai­ge Zeit­schul­den wer­den in vol­lem Um­fang auf das nächs­te Ka­len­der­jahr über­tra­gen und sind auch in die­sem Jahr ab­zu­bau­en.“
 


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Mit E-Mail vom 8. Ok­to­ber 2010 wies die Be­klag­te die Kläge­rin an, min­des­tens 7,6 St­un­den täglich zu ar­bei­ten. Mit Schrei­ben vom 10. No­vem­ber 2010 for­der­te die Be­klag­te die Kläge­rin auf, ei­ne Wo­chen­ar­beits­zeit von 38 St­un­den ein­zu­hal­ten, und wies dar­auf hin, dass sie be­gin­nend mit dem Mo­nat No­vem­ber 2010 ei­nen Teil des Ge­halts ein­be­hal­ten wer­de, bis das Ar­beits­zeit­kon­to aus­ge­gli­chen sei.


Im De­zem­ber 2010 ar­bei­te­te die Kläge­rin ins­ge­samt 19,8 St­un­den im Be­trieb. Für die­sen Mo­nat zahl­te die Be­klag­te der Kläge­rin 2.144,56 Eu­ro brut­to. Vom 1. bis 19. Ja­nu­ar 2011 ar­bei­te­te die Kläge­rin ins­ge­samt 5,51 St­un­den. Vom 20. bis 31. Ja­nu­ar 2011 hat­te die Kläge­rin Ur­laub. Für Ja­nu­ar 2011 zahl­te die Be­klag­te der Kläge­rin 3.346,43 Eu­ro brut­to.


Die Kläge­rin hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, we­der im Ar­beits­ver­trag noch in der BV sei ein be­stimm­ter Um­fang der Ar­beits­zeit fest­ge­legt. Zu­min­dest bestünden er­heb­li­che Zwei­fel dar­an, dass der Ar­beits­ver­trag ei­ne Ver­pflich­tung zur Ein­hal­tung der be­triebsübli­chen Ar­beits­zeit ent­hal­te, so­dass zu­guns­ten der Kläge­rin § 305c Abs. 2 BGB An­wen­dung fin­den müsse. Das Maß für ih­re Ar­beits­leis­tung sei nicht ei­ne be­stimm­te Ar­beits­zeit, son­dern die Erfüllung der ihr über­tra­ge­nen Tätig­kei­ten. Sie sei ih­rer Pflicht, ihr zu­ge­wie­se­ne Auf­ga­ben zu bewälti­gen, stets nach­ge­kom­men. Die Be­klag­te ha­be sie je­doch nicht oder doch nicht in aus­rei­chen­dem Maße mit Auf­trägen be­traut, wes­halb im frag­li­chen Zeit­raum An­nah­me­ver­zug be­stan­den ha­be.


Die Kläge­rin hat be­an­tragt,

1. fest­zu­stel­len, dass sie kei­ne ar­beits­ver­trag­li­che Ver­pflich­tung zur Ab­leis­tung ei­ner 38-St­un­den-Wo­che hat;


2. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an sie 4.277,83 Eu­ro nebst fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit zu zah­len;

3. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an sie wei­te­re 2.878,57 Eu­ro nebst fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Die Kläge­rin sei zur Ab­leis­tung ei­ner 38-St­un­den-Wo­che ver­pflich­tet. Das fol­ge aus dem Ar­beits­ver-
 


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trag der Par­tei­en. Da die Kläge­rin die ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung auch im streit­ge­genständ­li­chen Zeit­raum nicht in vol­lem Um­fang er­bracht ha­be, be­ste­he der er­ho­be­ne Vergütungs­an­spruch nicht.


Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung der Kläge­rin zurück­ge­wie­sen. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt die Kläge­rin ih­re Kla­ge­anträge wei­ter.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on ist un­be­gründet. Die Vor­in­stan­zen ha­ben die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen. Die Kla­ge ist zulässig, aber un­be­gründet.

I. Die Kla­ge ist zulässig. Das gilt auch für den ne­ga­ti­ven Fest­stel­lungs­an­trag, der al­ler­dings der Aus­le­gung be­darf.

1. Nach dem Wort­laut des Fest­stel­lungs­an­trags be­zieht sich das Be­geh­ren auf die von der Be­klag­ten in An­spruch ge­nom­me­ne ar­beits­ver­trag­li­che Ver­pflich­tung zur Ab­leis­tung ei­ner 38-St­un­den-Wo­che. Ge­gen­stand des Streits der Par­tei­en ist da­nach al­lein der ver­trag­lich fest­ge­leg­te zeit­li­che Um­fang der Ar­beits­pflicht, nicht aber die - ge­ge­be­nen­falls auch kol­lek­tiv­recht­lich be­ein­fluss­te (§ 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 Be­trVG) - Wirk­sam­keit et­wai­ger Ein­zel­wei­sun­gen zur Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit.


2. Mit die­sem In­halt ist der Fest­stel­lungs­an­trag zulässig. Ei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge kann sich auf ein­zel­ne Be­zie­hun­gen oder Fol­gen aus ei­nem Rechts­verhält­nis, auf be­stimm­te Ansprüche oder Ver­pflich­tun­gen oder auf den Um­fang ei­ner Leis­tungs­pflicht be­schränken (BAG 18. Ja­nu­ar 2012 - 10 AZR 779/10 - Rn. 22; 19. Ok­to­ber 2011 - 4 AZR 811/09 - Rn. 13). Der - hier strei­ti­ge - Um­fang der Leis­tungs­pflicht des Ar­beit­neh­mers ist zulässi­ger In­halt ei­ner Fest­stel­lungs­kla­ge (vgl. BAG 21. Ju­ni 2011 - 9 AZR 236/10 - Rn. 29, BA­GE 138, 148). Die ge­richt­li­che Ent­schei­dung ist ge­eig­net, die Streit­fra­ge endgültig zu klären und wei­te­re Pro­zes­se über die­sen Streit­punkt zu ver­mei­den (vgl. zu die­sem Ge-
 


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sichts­punkt BGH 12. Ju­li 2006 - VIII ZR 235/04 - Rn. 16; Zöller/Gre­ger ZPO 29. Aufl. § 256 Rn. 7b).

II. Die Kla­ge ist nicht be­gründet. 


1. Die Kläge­rin ist zur Ar­beits­leis­tung im Um­fang von 38 Wo­chen­stun­den am ver­ein­bar­ten Dienst­ort ver­pflich­tet. Dies er­gibt sich nicht aus der BV; de­ren § 7 Ziff. 1 stellt aus­drück­lich klar, dass die re­gelmäßige wöchent­li­che Ar­beits­zeit für AT-Mit­ar­bei­ter durch die BV nicht fest­ge­legt wird. Ei­ne ent­spre­chen­de Ver­pflich­tung der Kläge­rin ha­ben die Par­tei­en je­doch im Ar­beits­ver­trag ver­ein­bart. Das er­gibt die Aus­le­gung des Ver­trags.

a) Bei den Be­stim­mun­gen des Ar­beits­ver­trags han­delt es sich nach der von der Re­vi­si­on nicht an­ge­grif­fe­nen recht­li­chen Wer­tung des Lan­des­ar­beits­ge­richts um All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür be­gründet be­reits das äußere Er­schei­nungs­bild ei­ne tatsächli­che Ver­mu­tung (vgl. BAG 17. Au­gust 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 11, BA­GE 139, 44; 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 20 ff., BA­GE 117, 155), der kei­ne der Par­tei­en ent­ge­gen­ge­tre­ten ist. All­ge­mei­ne Ver­trags­be­din­gun­gen sind nach ih­rem ob­jek­ti­ven In­halt und ty­pi­schen Sinn ein­heit­lich so aus­zu­le­gen, wie sie von verständi­gen und red­li­chen Ver­trags­part­nern un­ter Abwägung der In­ter­es­sen der nor­ma­ler­wei­se be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se ver­stan­den wer­den. Da­bei sind nicht die Verständ­nismöglich­kei­ten des kon­kre­ten, son­dern die des durch­schnitt­li­chen Ver­trags­part­ners des Ver­wen­ders zu­grun­de zu le­gen. An­satz­punkt für die nicht am Wil­len der je­wei­li­gen Ver­trags­part­ner zu ori­en­tie­ren­de Aus­le­gung All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen ist in ers­ter Li­nie der Ver­trags­wort­laut. Ist die­ser nicht ein­deu­tig, kommt es für die Aus­le­gung ent­schei­dend dar­auf an, wie der Ver­trags­text aus Sicht der ty­pi­scher­wei­se an Geschäften die­ser Art be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se zu ver­ste­hen ist, wo­bei der Ver­trags­wil­le verständi­ger und red­li­cher Ver­trags­part­ner be­ach­tet wer­den muss. So­weit auch der mit dem Ver­trag ver­folg­te Zweck ein­zu­be­zie­hen ist, kann das nur in Be­zug auf ty­pi­sche und von red­li­chen Geschäfts­part­nern ver­folg­te Zie­le gel­ten. Die Aus­le­gung von All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen durch das Be­ru­fungs­ge­richt un­ter­liegt ei­ner
 


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vol­len re­vi­si­ons­recht­li­chen Nach­prüfung (BAG 14. No­vem­ber 2012 - 10 AZR 783/11 - Rn. 16).

b) Die Aus­le­gung des Ar­beits­ver­trags nach die­sen Grundsätzen führt - wie die Vor­in­stan­zen rich­tig er­kannt ha­ben - zu dem Er­geb­nis, dass die Kläge­rin ver­pflich­tet ist, die im Be­trieb der Be­klag­ten übli­che Ar­beits­zeit für Voll­zeit­kräfte ein­zu­hal­ten.

aa) Durch den Ar­beits­ver­trag vom 28. De­zem­ber 2005 ha­ben die Par­tei­en ein Voll­zeit­ar­beits­verhält­nis be­gründet. Die Ver­trags­be­stim­mun­gen ent­hal­ten kei­ne Ver­ein­ba­rung über ein Teil­zeit­ar­beits­verhält­nis. Bei Feh­len ei­ner Teil­zeit­ver­ein­ba­rung wird im Zwei­fel ein Voll­zeit­ar­beits­verhält­nis be­gründet (BAG 21. Ju­ni 2011 - 9 AZR 236/10 - Rn. 52, BA­GE 138, 148; 8. Ok­to­ber 2008 - 5 AZR 715/07 - Rn. 19). Für ein Voll­zeit­ar­beits­verhält­nis spricht auch der ver­trag­lich ein­geräum­te Ur­laubs­an­spruch von 30 Ar­beits­ta­gen pro Jahr (Ziff. 3 des Ar­beits­ver­trags).

bb) Ei­ne ge­naue Be­zif­fe­rung des Um­fangs der Ar­beits­zeit enthält der Ar­beits­ver­trag nicht. Gleich­wohl war für ei­nen red­li­chen und verständi­gen Ar­beit­neh­mer er­kenn­bar, dass durch den Ar­beits­ver­trag ei­ne Ver­pflich­tung zur Ar­beits­leis­tung im Um­fang der be­triebsübli­chen Ar­beits­zeit für Voll­zeit­mit­ar­bei­ter be­gründet wer­den soll­te.


(1) Wird im Ar­beits­ver­trag kei­ne aus­drück­li­che Ver­ein­ba­rung über die Dau­er der Ar­beits­zeit ge­trof­fen, so ist an­zu­neh­men, dass die Par­tei­en die be­triebs-übli­che Ar­beits­zeit ver­ein­ba­ren wol­len (vgl. BAG 9. De­zem­ber 1987 - 4 AZR 584/87 - BA­GE 57, 130; ErfK/Preis 13. Aufl. § 611 BGB Rn. 653; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 45 Rn. 49; Stau­din­ger/Ri­char­di/Fi­schin­ger (2011) § 611 Rn. 544; MüArbR/Reichold 3. Aufl. § 36 Rn. 81; MüArbR/Anz­in­ger § 297 Rn. 14; zur La­ge der Ar­beits­zeit: BAG 23. Ju­ni 1992 - 1 AZR 57/92 - zu II 2 der Gründe). Dies ent­spricht dem Ver­trags­wil­len verständi­ger und red­li­cher Ver­trags­part­ner. Ein Mit­ar­bei­ter, der ei­nen Ar­beits­ver­trag über ein Voll­zeit­ar­beits­verhält­nis ab­sch­ließt, muss bei Feh­len ei­ner aus­drück­li­chen ar­beits­ver­trag­li­chen Re­ge­lung zum Um­fang der Ar­beits­zeit man­gels an­der­wei­ti­ger An­halts-


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punk­te red­li­cher­wei­se da­von aus­ge­hen, dass er in glei­chem Um­fang wie an­de­re Voll­zeit­ar­beit­neh­mer des Ar­beit­ge­bers zur Ar­beits­leis­tung ver­pflich­tet und für ihn da­her der be­triebsübli­che Um­fang der für Voll­zeit­mit­ar­bei­ter gel­ten­den Ar­beits­zeit maßgeb­lich ist.


(2) Auch der Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en spricht nicht für die Auf­fas­sung der Kläge­rin, ih­re Tätig­keit sei von der Bin­dung von Ar­beits­zeit frei. Zwar fehlt es an ei­ner aus­drück­li­chen Fest­le­gung des zeit­li­chen Um­fangs der zu leis­ten­den Ar­beit. Gemäß Ziff. 2 Abs. 5 Satz 1 des Ar­beits­ver­trags ist die Kläge­rin je­doch im Rah­men ih­rer Auf­ga­ben­stel­lung ver­pflich­tet, auch außer­halb der be­triebsübli­chen Ar­beits­zeit tätig zu wer­den. Da­mit ist ei­ne mit­tel­ba­re Bin­dung an die be­triebsübli­che Ar­beits­zeit vor­aus­ge­setzt. Das er­gibt sich aus dem er­kenn­ba­ren Zweck der in Ziff. 2 ge­trof­fe­nen Re­ge­lung. Wie schon die Über­schrift zeigt, be­trifft sie un­mit­tel­bar die Vergütung, al­so ei­ne Leis­tungs­pflicht der Be­klag­ten und nicht der Kläge­rin (vgl. auch BAG 8. Ok­to­ber 2008 - 5 AZR 715/07 - Rn. 18). Mit der ver­ein­bar­ten Vergütung soll die ge­sam­te Tätig­keit - auch so­weit sie die be­triebsübli­che Ar­beits­zeit über­steigt - ab­ge­gol­ten sein. Es han­delt sich um ei­ne Ab­re­de zur pau­scha­lier­ten Vergütung von Über­stun­den. Un­be­scha­det der Fra­ge, ob ei­ne der­ar­ti­ge Ab­re­de wirk­sam ist (vgl. BAG 1. Sep­tem­ber 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 15 mwN, BA­GE 135, 250), bie­tet sie je­den­falls kei­ner­lei Grund für die An­nah­me, es sei nicht we­nigs­tens Ar­beits­leis­tung im Um­fang der be­triebsübli­chen Ar­beits­zeit ge­schul­det.

cc) Oh­ne Er­folg macht die Kläge­rin gel­tend, die ver­trag­li­che Re­ge­lung der Ar­beits­zeit sei un­klar, wes­halb die be­triebsübli­che Ar­beits­zeit nicht ver­ein­bart sei (§ 305c Abs. 2 BGB, vgl. da­zu BAG 14. No­vem­ber 2012 - 10 AZR 783/11 - Rn. 17). Die Kläge­rin legt be­reits nicht dar, wel­che Ar­beits­zeit­re­ge­lung nach ih­rem Verständ­nis die hier maßgeb­li­che Klau­sel tref­fen soll. Ein Verständ­nis da­hin ge­hend, nach dem Ver­trag sei ei­ne Mes­sung ih­rer Ar­beits­leis­tung in Zeit­ab­schnit­ten von vorn­her­ein aus­ge­schlos­sen, liegt fern.

(1) Der Ver­trag bie­tet kei­ne An­halts­punk­te für die Auf­fas­sung der Kläge­rin, sie schul­de al­lein die Erfüllung der ihr über­tra­ge­nen Auf­ga­ben und sei ver­trag­lich nicht zur Ar­beits­leis­tung in ei­nem be­stimm­ten zeit­li­chen Um­fang, son­dern
 


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ge­ge­be­nen­falls auch nur we­ni­ge Ta­ge im Mo­nat - et­wa in dem von der Kläge­rin im De­zem­ber 2010 und Ja­nu­ar 2011 er­brach­ten Maße - ver­pflich­tet. Nach der Präam­bel des mit „AT-Ar­beits­ver­trag“ über­schrie­be­nen Ver­trags wird durch ihn ein „Ar­beits­verhält­nis“ be­gründet. Der Ar­beit­neh­mer schul­det nicht die Er­brin­gung von ein­zel­nen Tätig­kei­ten oder ein be­stimm­tes Er­geb­nis. Nicht der Er­folg, son­dern die Zeit ist das we­sent­li­che Maß für die Ar­beits­leis­tung (ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 641; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 611 Rn. 18). Das gilt auch für außer­ta­rif­li­che An­ge­stell­te; auch sie ent­ge­hen nicht der Not­wen­dig­keit, ih­re Ar­beits­leis­tung „in der Zeit“ zu er­brin­gen (Fran­ke Der außer­ta­rif­li­che An­ge­stell­te S. 75; Be­seler in Be­seler/Bopp/Bram/Gött­ling/Grund­mann/Keil/ Schlie­mann Außer­ta­rif­li­che An­ge­stell­te S. 47). Der zeit­be­zo­ge­ne Cha­rak­ter der ge­schul­de­ten Ar­beits­leis­tung lag - ins­be­son­de­re für ei­ne AT-Mit­ar­bei­te­rin - auf der Hand. Gemäß Ziff. 2 Abs. 2 Buchst. a des Ar­beits­ver­trags erhält die Kläge­rin ein mo­nat­li­ches und da­mit nach Zeit­ab­schnit­ten be­mes­se­nes Grund­ge­halt, das den we­sent­li­chen Teil ih­rer Vergütung aus­macht. Die Ver­ein­ba­rung und Er­rei­chung von Zie­len, die im Übri­gen eben­falls nur „in der Zeit“ er­ar­bei­tet wer­den können, ist le­dig­lich für die Höhe der va­ria­blen Vergütung gemäß Ziff. 2 Abs. 2 Buchst. c des Ar­beits­ver­trags re­le­vant.


(2) Auch die BV spricht nicht für die Auf­fas­sung der Kläge­rin. Viel­mehr zeigt § 5 Ziff. 3 BV, dass auch für außer­ta­rif­li­che An­ge­stell­te ei­ne re­gelmäßige Ar­beits­zeit gel­ten muss. An­sons­ten hätte die dort ge­trof­fe­ne An­ord­nung, der­zu­fol­ge das Gleit­zeit­kon­to die Dif­fe­renz aus IST-Ar­beits­zeit ein­sch­ließlich Mehr­ar­beit und „re­gelmäßiger Ar­beits­zeit“ er­fasst, kei­nen An­wen­dungs­be­reich.

(3) Die Be­haup­tung der Kläge­rin, bei der Be­klag­ten wer­de das Kon­zept der Ver­trau­ens­ar­beits­zeit an­ge­wen­det, ist nicht zielführend. Ab­ge­se­hen von dem Um­stand, dass der Ar­beits­ver­trag kei­ner­lei An­halts­punk­te für die Rich­tig­keit die­ser Be­haup­tung enthält, entfällt durch die Ver­ein­ba­rung von Ver­trau­ens­ar­beits­zeit nicht die Pflicht des Ar­beit­neh­mers, Ar­beits­zeit in ei­nem nach St­un­den be­mes­se­nen Um­fang ab­zu­leis­ten. Die Ein­hal­tung die­ser Ver­pflich­tung wird le­dig­lich nicht kon­trol­liert (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 34; Schaub/Vo­gel­sang ArbR-Hdb. § 160 Rn. 34).
 


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(4) Auch die Be­deu­tung des in Ziff. 2 Abs. 5 des Ar­beits­ver­trags ver­wen­de­ten Be­griffs der „be­triebsübli­chen Ar­beits­zeit“ un­ter­liegt ent­ge­gen der Rechts­auf­fas­sung der Kläge­rin kei­nen Zwei­feln. Zwar trifft es zu, dass die be­triebsübli­che Ar­beits­zeit in ei­nem Be­trieb nicht zwin­gend für al­le Ar­beit­neh­mer ein­heit­lich sein muss, son­dern abhängig von dem je­weils ver­trag­lich ge­schul­de­ten re­gelmäßigen Um­fang der Ar­beits­leis­tung für ver­schie­de­ne Ar­beit­neh­mer­grup­pen un­ter­schied­lich sein kann (vgl. BAG 24. April 2007 - 1 ABR 47/06 - Rn. 16 mwN, BA­GE 122, 127). Die Kläge­rin be­haup­tet in­des selbst nicht, dass ei­ne an­de­re als die von der Be­klag­ten als maßgeb­lich an­ge­se­he­ne Ar­beits­zeit von 38 Wo­chen­stun­den, sei es auch nur für ein­zel­ne Grup­pen von Ar­beit­neh­mern, be­triebsüblich wäre.


dd) Et­was an­de­res er­gibt sich ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin nicht dar­aus, dass die Ar­beits­zeit nicht aus­drück­lich im Ar­beits­ver­trag ver­ein­bart wur­de. Ob dar­in ein Ver­s­toß ge­gen § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 NachwG zu se­hen ist, wofür ei­ni­ges spricht, kann da­hin­ste­hen. Je­den­falls führt ein Ver­s­toß ge­gen die Nach­weis­pflicht nicht zur Un­wirk­sam­keit der be­tref­fen­den Ver­ein­ba­rung.


c) Die be­triebsübli­che Ar­beits­zeit für Voll­zeit­kräfte ist die in dem je­wei­li­gen Be­trieb von Voll­zeit­kräften re­gelmäßig ge­leis­te­te Ar­beits­zeit (vgl. BAG 24. April 2007 - 1 ABR 47/06 - Rn. 16 mwN, BA­GE 122, 127). Bei ta­rif­ge­bun­de­nen Ar­beit­ge­bern ist dies re­gelmäßig die ta­rif­li­che Ar­beits­zeit (vgl. BAG 21. Ju­ni 2011 - 9 AZR 236/10 - Rn. 52, BA­GE 138, 148; 8. Ok­to­ber 2008 - 5 AZR 715/07 - Rn. 20). Auch § 2 Ziff. 1 BV be­stimmt, dass sich die re­gelmäßige wöchent­li­che Ar­beits­zeit von Voll­zeit­mit­ar­bei­tern im Be­trieb der Be­klag­ten nach dem je­weils gel­ten­den Ta­rif­ver­trag rich­tet. Gemäß § 4 Ziff. 1.1 MTV beträgt die re­gelmäßige wöchent­li­che Ar­beits­zeit für Voll­zeit­kräfte 38 St­un­den. Die ta­rif­li­che Ar­beits­zeit ist da­nach be­triebsüblich. Sie gilt des­halb auch für außer­ta­rif­li­che An­ge­stell­te, mit de­nen ei­ne an­de­re Ar­beits­zeit nicht ver­ein­bart ist.


2. Die Leis­tungs­anträge sind eben­falls un­be­gründet. Die Be­klag­te hat sämt­li­che Vergütungs­ansprüche der Kläge­rin für die Mo­na­te De­zem­ber 2010 und Ja­nu­ar 2011 be­reits erfüllt. Darüber hin­aus­ge­hen­de Vergütungs­ansprüche für die­se Mo­na­te be­ste­hen nicht.


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a) Im De­zem­ber 2010 ar­bei­te­te die Kläge­rin ins­ge­samt 19,8 St­un­den. Am 24. und 31. De­zem­ber wer­den die Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten be­zahlt von der Ar­beits­leis­tung frei­ge­stellt (§ 8 Ziff. 4 BV). Vom 1. bis 19. Ja­nu­ar 2011 ar­bei­te­te die Kläge­rin ins­ge­samt 5,51 St­un­den. Vom 20. bis 31. Ja­nu­ar 2011 hat­te sie Ur­laub.

b) Un­ter Berück­sich­ti­gung ei­nes Brut­to­mo­nats­ge­halts iHv. 6.225,00 Eu­ro, der auf der Grund­la­ge ei­ner 38-St­un­den-Wo­che im je­wei­li­gen Mo­nat zu leis­ten­den Ar­beits­stun­den und der be­reits ge­leis­te­ten Zah­lun­gen ste­hen der Kläge­rin da­her für De­zem­ber 2010 und Ja­nu­ar 2011 kei­ne wei­te­ren Zah­lungs­ansprüche zu.

aa) Aus­ge­hend von den Vor­schrif­ten des all­ge­mei­nen Schuld­rechts iVm. § 614 BGB gilt im Ar­beits­verhält­nis der Grund­satz „Oh­ne Ar­beit kein Lohn“. Ver­langt der Ar­beit­neh­mer gemäß § 611 BGB Ar­beits­vergütung für Ar­beits­leis­tun­gen, hat er des­halb dar­zu­le­gen und - im Be­strei­tens­fall - zu be­wei­sen, dass er Ar­beit ver­rich­tet oder ei­ner der Tat­bestände vor­ge­le­gen hat, der ei­ne Vergütungs­pflicht oh­ne Ar­beit re­gelt (BAG 18. April 2012 - 5 AZR 248/11 - Rn. 14 mwN).


bb) Dass die Kläge­rin über die be­reits vergüte­ten Ar­beits­stun­den hin­aus wei­te­re er­bracht hätte, ist nicht er­kenn­bar.


(1) Die Kläge­rin hat selbst nicht vor­ge­tra­gen, im maßgeb­li­chen Zeit­raum über die im Zeit­er­fas­sungs­sys­tem der Be­klag­ten aus­ge­wie­se­nen Zei­ten hin­aus Ar­beits­leis­tun­gen für die Be­klag­te er­bracht zu ha­ben. Die pau­scha­le Be­haup­tung, die Zeit­er­fas­sung der Be­klag­ten ha­be im Jahr 2010 nicht im­mer rei­bungs­los funk­tio­niert, lässt nicht er­ken­nen, ob und ge­ge­be­nen­falls wel­che tatsächli­che Ar­beits­leis­tun­gen der Kläge­rin nicht auf­ge­zeich­net wor­den sein sol­len.


(2) Die Kläge­rin kann die von ihr be­gehr­te Vergütung auch nicht gemäß § 615 Satz 1 BGB iVm. § 611 Abs. 1 BGB we­gen An­nah­me­ver­zugs ver­lan­gen. Der Ar­beit­ge­ber kommt nur dann in An­nah­me­ver­zug, wenn er die ihm an­ge­bo­te­ne Ar­beits­leis­tung nicht an­nimmt (§ 293 BGB). Vor­aus­set­zung ist ein zur Er-


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füllung taug­li­ches An­ge­bot. Die Leis­tung muss gemäß § 294 BGB so, wie sie ge­schul­det ist, tatsächlich an­ge­bo­ten wer­den (BAG 13. Ju­ni 2007 - 5 AZR 564/06 - Rn. 18, BA­GE 123, 98). Die Kläge­rin ist - wie sie nicht in Ab­re­de stellt - man­gels ent­ge­gen­ste­hen­der Ver­ab­re­dun­gen mit der Be­klag­ten ver­pflich­tet, ih­re Ar­beits­leis­tung an ih­rem Dienst­ort (früher D, zu­letzt Es) zu er­brin­gen. Ei­ne Tätig­keit von zu Hau­se aus ist nicht ver­ein­bart. Die Kläge­rin hat selbst nicht be­haup­tet, dass sie - außer­halb der im Zeit­er­fas­sungs­sys­tem der Be­klag­ten aus­ge­wie­se­nen und be­reits vergüte­ten Zei­ten - ih­re Ar­beits­leis­tung im Be­trieb der Be­klag­ten tatsächlich an­ge­bo­ten hat.


c) Die Kläge­rin kann die von ihr be­gehr­te Vergütung auch nicht un­ter Ver­weis auf die in der BV ent­hal­te­ne Re­ge­lung über das Ar­beits­zeit­kon­to ver­lan­gen.


aa) Al­ler­dings re­gelt § 7 BV die Führung ei­nes Ar­beits­zeit­kon­tos mit ver­ste­tig­ter Lohn­zah­lung. Dar­in liegt ei­ne wech­sel­sei­ti­ge Vor­schuss­ver­ein­ba­rung (MüKoBGB/Müller-Glöge § 614 Rn. 2). Ein nicht aus­ge­gli­che­nes Ar­beits­zeit­kon­to weist, je nach Stand, Vor­leis­tun­gen der ei­nen oder der an­de­ren Sei­te aus. Ein ne­ga­ti­ves Zeit­gut­ha­ben be­deu­tet bei gleich­blei­ben­der, nach der re­gelmäßigen Ar­beits­zeit des Ar­beit­neh­mers be­mes­se­ner Vergütung ei­nen Vor­schuss des Ar­beit­ge­bers (BAG 13. De­zem­ber 2000 - 5 AZR 334/99 - zu II 2 a der Gründe; MüKoBGB/Müller-Glöge § 611 Rn. 1058).


bb) Ver­langt der Ar­beit­neh­mer auf der Grund­la­ge ei­ner Ver­ein­ba­rung über ein Ar­beits­zeit­kon­to ei­ne ver­ste­tig­te Vergütung für ei­nen be­stimm­ten Zeit­raum, ob­wohl er die ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung in dem be­tref­fen­den Zeit­raum nicht in vol­lem Um­fang er­bracht hat, ist sein Vor­trag da­her nur dann schlüssig, wenn er er­ken­nen lässt, dass er ei­nen Vor­schuss und nicht ei­ne be­reits ver­dien­te Vergütung ver­langt. Das setzt ins­be­son­de­re vor­aus, dass sich dem Vor­trag des Ar­beit­neh­mers ent­neh­men lässt, dass er zur Nach­leis­tung der im be­tref­fen­den Zeit­raum ge­schul­de­ten, aber frei­wil­lig nicht er­brach­ten Ar­beits­leis­tung ver­pflich­tet und da­her mit ei­ner ent­spre­chen­den Be­las­tung des Ar­beits­zeit­kon­tos mit Mi­nus­stun­den ein­ver­stan­den ist.
 


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cc) Die­se An­for­de­run­gen lie­gen nicht vor. Die Kläge­rin stellt jeg­li­che Ver­pflich­tung zur Ab­leis­tung ei­nes in Zeit­ab­schnit­ten be­mes­se­nen Min­dest­maßes an Ar­beit in Ab­re­de. Sie er­kennt auch kei­ne Ver­pflich­tung zur Nach­leis­tung von Ar­beits­stun­den ent­spre­chend der Gleit­zeit­re­ge­lung. Sie hat be­reits vor Be­ginn des Ver­fah­rens aus­drück­lich erklärt, dass sie mit ei­ner Be­las­tung des Ar­beits­zeit­kon­tos mit Mi­nus­stun­den nicht ein­ver­stan­den ist. Sie ver­langt so­mit kei­nen Vor­schuss im Sin­ne der BV über das Gleit­zeit­kon­to, son­dern ei­ne nach ih­rer Rechts­auf­fas­sung be­reits ver­dien­te Vergütung, der nach ih­rer Auf­fas­sung ei­ne Pflicht zu nach St­un­den zu mes­sen­der Ar­beits­leis­tung - sei es in der Ver­gan­gen­heit oder in der Zu­kunft - nicht ge­genüber­steht.


III. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 

 

Schmitz-Scho­le­mann 

W. Rein­fel­der 

Mest­werdt

Thiel 

Pe­tri

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