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LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Ur­teil vom 04.11.2014, 7 Sa 29/14

   
Schlagworte: Erwerbsminderungsrente, Öffentlicher Dienst, TVöD, Ruhen des Arbeitsverhältnisses
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Aktenzeichen: 7 Sa 29/14
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 04.11.2014
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 25.6.2014 - 29 Ca 779/14
   

Aus­fer­ti­gung

Ak­ten­zei­chen:
Bit­te bei al­len Schrei­ben an­ge­ben!
7 Sa 29/14
29 Ca 779/14 (ArbG Stutt­gart)


verkündet am 04.11.2014

Lan­des­ar­beits­ge­richt
Ba­den-Würt­tem­berg

gez. Ha­nold, An­ge­stell­te
Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

Im Na­men des Vol­kes

Ur­teil

In dem Rechts­streit

- Kläge­rin/Be­ru­fungskläge­rin -

Proz.-Bev.:

ge­gen

- Be­klag­te/Be­ru­fungs­be­klag­te -

Proz.-Bev.:

hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg - 7. Kam­mer - durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Pfeif­fer,
die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Hel­big und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Herr­mann auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 04.11.2014

für Recht er­kannt:

1. Die Be­ru­fung der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Ar-beits­ge­richts Stutt­gart vom 25.06.2014 - 29 Ca 779/14 - wird auf ih­re Kos­ten zurück­ge­wie­sen.

2. Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

 

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Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob ihr Ar­beits­verhält­nis in­fol­ge der zu­guns­ten der Kläge­rin be-fris­tet bis zum 30.06.2015 we­gen teil­wei­ser Er­werbs­min­de­rung mit Be­scheid vom 11.06.2013 gewähr­ten Ren­te gemäß § 33 Abs. 2 Satz 6 TVöD-AT ruht.

We­gen des erst­in­stanz­li­chen un­strei­ti­gen und strei­ti­gen Vor­brin­gens der Par­tei­en ein­sch­ließ-lich ih­rer Rechts­an­sich­ten wird auf den nicht an­ge­grif­fe­nen Tat­be­stand des Ur­teils des Ar-beits­ge­richts Be­zug ge­nom­men und ver­wie­sen.

Das Ar­beits­ge­richt hat mit Ur­teil vom 25.06.2014 die auf Fest­stel­lung des Nicht­ein­tritts des Ru­hens für den Zeit­raum vom 01.07.2013 bis 30.06.2015 ge­rich­te­te Kla­ge ab­ge­wie­sen. We-gen der Be­gründung des Ar­beits­ge­richts wird auf sei­ne Ent­schei­dungs­gründe un­ter I Be­zug ge­nom­men und ver­wie­sen.

Die Kläge­rin hat ge­gen das ihr am 02.07.2014 zu­ge­stell­te Ur­teil mit beim Be­ru­fungs­ge­richt am 24.07.2014 ein­ge­gan­ge­nem Schrift­satz Be­ru­fung ein­ge­legt und sie mit beim Lan­des­ar­beits­ge­richt am 22.08.2014 ein­ge­gan­ge­nem Schrift­satz aus­geführt.

Sie rügt auf der Grund­la­ge ih­res Be­gründungs­schrift­sat­zes vom 21.08.2014, der Ge­gen­stand der Be­ru­fungs­ver­hand­lung war und auf den Be­zug ge­nom­men und ver­wie­sen wird, näher be­stimmt feh­ler­haf­te Rechts­an­wen­dung des Ar­beits­ge­richts und macht darüber hin­aus gel­tend, das Ar­beits­verhält­nis sei über den 01.07.2013 mit Wis­sen und Wol­len der be­klag­ten Stadt fort­ge­setzt wor­den, so dass ei­ne Be­ru­fung auf den Ru­hen­stat­be­stand durch die be-klag­te Stadt ge­gen Treu und Glau­ben ver­s­toße.

Die Kläge­rin be­an­tragt:

1. Das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Stutt­gart, Az: 29 Ca 779/14, vom 25.06.2014 wird ab­geändert.

2. Es wird fest­ge­stellt, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis durch die Be­din­gung des § 33 Abs. 2 und 3 TVöD während der Dau­er der teil­wei­sen Er­werbs­min­de­rung vom 01.07.2013 bis 30.06.2015 nicht ruht.

Die be­klag­te Stadt be­an­tragt Zurück­wei­sung der Be­ru­fung und ver­tei­digt das erst­in­stanz­li-che Ur­teil auf der Grund­la­ge ih­res Schrift­sat­zes vom 19.09.2014, auf den so­wie auf die Ver-

 

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fügung des Vor­sit­zen­den vom 28.10.2014 ein­sch­ließlich des Sit­zungs­pro­to­kol­les vom 04.11.2014 ergänzend ver­wie­sen wird.


Ent­schei­dungs­gründe

I.

Die statt­haf­te, frist- und form­ge­recht ein­ge­leg­te und auch im Übri­gen zulässi­ge Be­ru­fung der Kläge­rin ist un­be­gründet. Das Ar­beits­ge­richt hat die zulässi­ge Kla­ge zu Recht als un­be­gründet ab­ge­wie­sen. Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en ruht gemäß § 33 Abs. 2 Satz 6 TVöD bis zum Ab­lauf des 30.06.2015. Der be­klag­ten Stadt ist es nicht ver­wehrt, sich auf den ta­rif­li­chen Ru­hen­stat­be­stand zu be­ru­fen.

1. Die Be­ru­fungs­kam­mer schließt sich zur Ver­mei­dung von Wie­der­ho­lun­gen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG den zu­tref­fen­den Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts un­ter I sei­ner Ent-schei­dungs­gründe voll­umfäng­lich an und macht sich die­se aus­drück­lich zu ei­gen. Das Ar­beits­ge­richt hat sei­ner Be­ur­tei­lung die ein­schlägi­gen und durch die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts kon­kre­ti­sier­ten ta­rif­li­chen Rechtssätze zu­grun­de ge­legt und ei­ne von Rechts we­gen nicht zu be­an­stan­den­de Sub­sum­ti­on auf der Grund­la­ge sei­ner nicht an­ge­grif­fe­nen und da­mit bin­den­den Fest­stel­lun­gen durch­geführt.

2. Die Be­ru­fung der Kläge­rin gibt An­lass, ergänzend und präzi­sie­rend noch Fol­gen­des aus-zuführen:

a) Das Ar­beits­ge­richt hat zu­tref­fend fest­ge­stellt, dass die Kläge­rin ent­ge­gen der vor­lie­gend kraft bei­der­sei­ti­ger Ta­rif­ge­bun­den­heit und auch kraft ar­beits­ver­trag­li­cher Be­zug­nah­me gel­ten­den Re­ge­lung des § 33 Abs. 3 TVöD nicht in­ner­halb von zwei Wo­chen nach Zu­gang des Ren­ten­be­schei­des ih­re Wei­ter­beschäfti­gung schrift­lich be­an­tragt hat. Der Ren­ten­be­scheid vom 11.06.2013 ging der Kläge­rin nach ih­ren ei­ge­nen An­ga­ben am 15. oder 16.06.2013 zu. Nach dem un­wi­der­spro­chen ge­blie­be­nen Vor­trag der be­klag­ten Stadt er­hielt die Kläge­rin mit Schrei­ben vom 18.07.2013 des Haupt- und Per­so­nal­am­tes die Mit­tei­lung, dass ihr Ar­beits­verhält­nis auf­grund der Be­wil­li­gung der be­fris­te­ten Ren­te we­gen Teiler­werbs­unfähig­keit ruht. In Um­set­zung die­ser Mit­tei­lung er­hielt die Kläge­rin am 19. bzw. 20.07.2013 in ei­nem Te­le­fo­nat ih­rer Vor­ge­setz­ten die Auf­for­de­rung, ih­ren Ar­beits­platz so­fort zu räum­en. Un­strei­tig hat die Kläge­rin erst am 21.08.2013 ei­nen „Wi­der­spruch“ ge­gen die Mit­tei­lung über das Ru­hen ih­res Ar­beits-

 

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verhält­nis­ses ein­ge­legt, der mit Schrei­ben der be­klag­ten Stadt vom 11.09.2013 „zurück­ge­wie­sen“ wur­de (Blatt 28 und Blatt 10 der ArbG-Ak­te). Die Kläge­rin hat we­der nach Zu­gang des Ren­ten­be­schei­des noch nach Mit­tei­lung durch die be­klag­te Stadt über die ta­rif­li­che Fol­ge in­ner­halb von zwei Wo­chen ih­re Wei­ter­beschäfti­gung schrift­lich im Sin­ne der kon­sti­tu­tiv vor­ge­schrie­be­nen Form des § 125 Satz 1 BGB (BAG 01. De­zem­ber 2004 - 7 AZR 135/04 - AP Nr. 13 zu § 59 BAT zu I 4 b bb der Gründe = Rn. 27) ver­langt.

b) Ent­ge­gen der An­sicht der Kläge­rin kann sich die be­klag­te Stadt sehr wohl auf die Ru-hens­fol­ge des § 33 Abs. 2 Satz 6 TVöD be­ru­fen. Et­was an­de­res er­gibt sich auch nicht dar­aus, dass die be­klag­te Stadt die Kläge­rin über den 01.07.2013 hin­aus bis zum 19. bzw. 20.07.2013 wei­ter beschäftigt hat. Die be­klag­te Stadt hat ge­genüber der Kläge­rin in Be­zug auf die ta­rif­li­che Rechts­fol­ge kei­nen Ver­trau­en­stat­be­stand ge­setzt, aus dem die Kläge­rin hätte den Schluss zie­hen können, die be­klag­te Stadt beschäfti­ge sie auch oh­ne schrift­li­ches Wei­ter­beschäfti­gungs­ver­lan­gen wei­ter. Nach der Mit­tei­lung der Kläge­rin in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung gab es zwi­schen ihr und der be­klag­ten Stadt bis zum Te­le­fo­nat am 19. bzw. 20.07.2013 kein Gespräch über die Fol­ge­run­gen aus dem Ren­ten­be­scheid. Et­was an­de­res er­gibt sich auch nicht aus dem zum Bei­spiel § 15 Abs. 5 Tz­B­fG zu­grun­de lie­gen­den Wer­tungs­ge­dan­ken. Nach die­ser Be­stim­mung gilt ein Ar­beits­verhält­nis als auf un­be­stimm­te Zeit verlängert, wenn es nach Ab­lauf der Zeit, für die es ein­ge­gan­gen ist oder nach Zweck­er­rei­chung mit Wis­sen des Ar­beit­ge­bers fort­ge­setzt wird, so­fern der Ar­beit­ge­ber nicht un­verzüglich wi­der­spricht oder dem Ar­beit­neh­mer die Zweck­er­rei­chung nicht un­verzüglich mit­teilt. Der An­wen­dung des in die­ser Be­stim­mung zum Aus­druck kom­men­den Wer­tungs­ge­dan­kens über den Grund-satz von Treu und Glau­ben steht je­doch be­reits ent­ge­gen, dass die Wei­ter­beschäfti­gung der Kläge­rin ih­re ei­ge­ne Kennt­nis über den Ein­tritt des Ru­hens vor­aus­setzt (vgl. da­zu BAG 18. Ok­to­ber 2006 - 7 AZR 749/05 - FA 2007, 141 zu B II 1 der Gründe = Rn. 15). Die Kläge­rin hat­te je­doch kei­ne Kennt­nis über den In­halt des § 33 TVöD. Darüber hin­aus setzt es auf Sei­ten der be­klag­ten Stadt po­si­ti­ve Kennt­nis über die Recht­stat­sa­chen in der Per­son des ge­setz­li­chen Ver­tre­ters oder der dafür zuständi­gen Per­so-nen vor­aus (BAG 20. Fe­bru­ar 2002 - 7 AZR 662/00 - ZTR 2002, 439 zu B II 1 der Gründe = Rn. 27). Hierfür fehlt jeg­li­cher Sach­vor­trag. Al­lein die Be­haup­tung, die Wei-ter­beschäfti­gung sei mit Wis­sen und Wol­len der be­klag­ten Stadt er­folgt, genügt hierfür nicht.

II.

 

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Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe, die Re­vi­si­on zu­zu­las­sen, lie­gen nicht vor.

Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Das Ur­teil un­ter­liegt kei­nem Rechts­mit­tel. Auf § 72a ArbGG wird hin­ge­wie­sen.

gez. Pfeif­fer  

gez. Hel­big  

gez. Herr­mann

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