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LAG Düs­sel­dorf, Be­schluss vom 04.09.2013, 4 TaBV 15/13

   
Schlagworte: Kündigung: Fristlos
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Aktenzeichen: 4 TaBV 15/13
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 04.09.2013
   
Leitsätze: Zur Frage, ob die in geringfügigem Umfang ausgeübte Nebentätigkeit als Reinigungskraft für einen Wettbewerber des Arbeitgebers (Gebäudereinigungsunternehmen) gegen die Pflicht zur Unterlassung von Wettbewerb verstößt und ob dies nach den Umständen des Einzelfalles ohne vorausgegangene Abmahnung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Duisburg, Beschluss vom 29.01.2013, 5 BV 105/12
   

Te­nor:

1.Auf die Be­schwer­de der Be­tei­lig­ten zu 2) und 3) wird der Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Duis­burg vom 29.01.2013 auf­ge­ho­ben.

2.Der An­trag wird ab­ge­wie­sen.

3.Die Rechts­be­schwer­de wird zu­ge­las­sen.

Gründe:

I.

Die an­trag­stel­len­de Ar­beit­ge­be­rin be­gehrt die Er­set­zung der Zu­stim­mung des zu 2) be­tei­lig­ten Be­triebs­rats zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung der Be­tei­lig­ten zu 3).

Die Ar­beit­ge­be­rin be­treibt Gebäuderei­ni­gung. Die 41-jähri­ge Be­tei­lig­te zu drei, ver­hei­ra­tet und oh­ne un­ter­halts­pflich­ti­ge Kin­der, war seit dem 01.04.2006 bei ihr als Kun­den­be­treue­rin zu ei­nem mo­nat­li­chen Brut­to­ein­kom­men in Höhe von zu­letzt 2.500 € beschäftigt. Als Kun­den­be­treue­rin war sie An­sprech­part­ne­rin für Auf­trag­ge­ber, teil­te das Per­so­nal ein und kon­trol­lier­te die Rei­ni­gungs­ar­bei­ten. Nach § 9 des An­stel­lungs­ver­tra­ges vom 27.02.2006 (Bl. 11 ff. GA) hat­te die Ar­beit­neh­me­rin ih­re ge­sam­te Ar­beits­kraft aus­sch­ließlich in die Diens­te der Ar­beit­ge­be­rin zu stel­len. Ne­bentätig­kei­ten, auch eh­ren­amt­li­cher Art, wa­ren der Ar­beit­ge­be­rin vor­her an­zu­zei­gen. Die Be­tei­lig­te zu 3) ist Mit­glied des bei der Ar­beit­ge­be­rin be­ste­hen­den Be­triebs­rats (Be­tei­lig­ter zu 2) und in die­ser Funk­ti­on seit dem 01.03.2012 frei­ge­stellt. Im Ver­lau­fe des Rechts­streits wur­de sie er­neut in den Be­triebs­rat gewählt und ist wie­der­um frei­ge­stellt.

Die Be­tei­lig­te zu 3) be­treu­te ne­ben ca. 46 wei­te­ren Ob­jek­ten un­ter an­de­rem bis zum 30.04.2011 das Ob­jekt "J. ver­si­che­rung X.". Zum 01.05.2011 ver­lor die Ar­beit­ge­be­rin die­ses Ob­jekt an ei­nen Wett­be­wer­ber, die Fir­ma D. Ser­vice I. (im fol­gen­den D.). Seit dem 01.05.2011 war der Ehe­mann der Be­tei­lig­ten zu 3), Herr B. O., in ei­ner Ne­bentätig­keit in dem Ob­jekt J. ver­si­che­rung X. für die Fir­ma D. mit Rei­ni­gungs­ar­bei­ten tätig.

Spätes­tens seit dem 01.08.2011 führ­te auch die Be­tei­lig­te zu 3) Rei­ni­gungs­ar­bei­ten in dem Ob­jekt J. ver­si­che­rung X. für die Fir­ma D. durch. Die Tätig­keit hat­te ei­nen Um­fang von ca. 19 St­un­den mo­nat­lich bei ei­ner Vergütung von ca. 185 € mo­nat­lich. Sie wur­de ab­wech­selnd an zwei bzw. drei Ta­gen die Wo­che je­weils für 1 St­un­de und 45 Mi­nu­ten aus­geübt und be­traf die so ge­nann­te Un­ter­halts­rei­ni­gung (Tep­pich sau­gen, Feucht­rei­ni­gung von Schreib­ti­schen, Rei­ni­gung von WC-An­la­gen und Teeküche so­wie Pa­pierkörbe lee­ren).

Im Jah­re 2012 er­hielt die Ar­beit­ge­ber Kennt­nis von ei­nem Ar­beits­zeit­nach­weis für den Mo­nat Au­gust 2012 über 21,25 ge­leis­te­te Ar­beits­stun­den, der auf ei­nem von ihr ver­wen­de­ten For­mu­lar Ein­tra­gun­gen über Ar­beits­zei­ten ent­hielt und von ih­rem An­schluss an die Fir­ma D. ge­faxt wur­de. Im Kopf des For­mu­lars wa­ren als Ob­jekt "In­ter­ver­si­che­rung" und der Na­me der Be­tei­lig­ten zu 3) an­ge­ge­ben. Die ein­ge­tra­ge­nen Ar­beits­zei­ten la­gen im Wech­sel an zwei bzw. drei Ta­gen pro Wo­che je­weils zwi­schen 17:00 Uhr und 18:45 Uhr (Bl. 26 GA).

Am 17.10.2012 wur­de die Be­tei­lig­te zu 3) von dem Geschäftsführer der Ar­beit­ge­be­rin und dem kaufmänni­schen Lei­ter, dem Zeu­gen S., zu dem Vor­wurf, für ei­nen Wett­be­wer­ber zu ar­bei­ten, an­gehört. Außer­dem wur­den ihr Un­ter­la­gen über ei­nen E-Mail Ver­kehr zwi­schen ihr und der Fir­ma D. aus Au­gust 2012 so­wie der auf­ge­fun­de­ne Ar­beits­zeit­nach­weis für Au­gust 2012 vor­ge­legt (Bl. 24 - 26 GA).

Mit Schrei­ben vom 24.10.2012, zu­ge­gan­gen am 25.10.2011, be­an­trag­te der Ar­beit­ge­ber bei dem Be­triebs­rat die Er­tei­lung der Zu­stim­mung zur
außer­or­dent­li­chen Tat- und hilfs­wei­sen Ver­dachtskündi­gung der Be­tei­lig­ten zu 3). Auf den In­halt des An­trags wird Be­zug ge­nom­men (Bl. 73 ff. GA). Mit Schrei­ben vom 29.10.2012 ver­wei­ger­te der Be­triebs­rat sei­ne Zu­stim­mung (Bl. 76 GA).

Mit ih­rem am 30.10.2012 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen An­trag be­gehrt die Ar­beit­ge­be­rin, die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung zu er­set­zen. Sie hat be­haup­tet, die Be­tei­lig­te zu 3) ha­be in dem Gespräch am 17.10.2012 ei­ne Tätig­keit für die Fir­ma D. seit dem 01.05.2011 so­wie die in dem Ar­beits­zeit­nach­weis für Au­gust 2012 auf­geführ­ten Ar­beits­zei­ten ein­geräumt. Sie ist der Auf­fas­sung, die Be­tei­lig­te zu 3) ha­be un­zulässi­ge Wett­be­werbstätig­keit aus­geübt. Da­durch ha­be sie in gro­ber Wei­se ge­gen ih­re Treue­pflicht ver­s­toßen. Außer­dem ha­be sie sich ei­nes Ar­beits­zeit- bzw. Lohn­be­trugs schul­dig ge­macht, da die für die Fir­ma D. zi­schen 17:00 Uhr und 18:45 Uhr er­brach­te Ar­beits­zeit mit ih­rer Ar­beits­zeit als Kun­den­be­treue­rin kol­li­diert ha­be. Das glei­che gel­te auch für ih­re Ar­beits­zeit als frei­ge­stell­tes Be­triebs­rats­mit­glied. In bei­den Funk­tio­nen sei ei­ne Präsenz ins­be­son­de­re in der für die Fir­ma D. no­tier­ten Zeit un­ab­ding­bar, da in die­ser Zeit auch ganz we­sent­lich Rei­ni­gungs­ar­bei­ten der Mit­ar­bei­ter der Ar­beit­ge­be­rin stattfänden. Für die Vorwürfe der Wett­be­werbstätig­keit und des Ar­beits­zeit- bzw. Lohn­be­tru­ges be­ste­he zu­min­dest ein drin­gen­der Ver­dacht. Ei­ne Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses sei un­zu­mut­bar.

Der Be­triebs­rat und die Be­tei­lig­te zu 3) ha­ben dem­ge­genüber die Auf­fas­sung ver­tre­ten, un­zulässi­ger Wett­be­werb lie­ge in der bloßen Rei­ni­gungstätig­keit nicht. Die Be­tei­lig­te zu 3) sei aus­sch­ließlich in der Zeit vom 01.08.2011 bis zum 19.10.2012 für die Fir­ma D. tätig ge­we­sen. Ei­ne Be­ein­träch­ti­gung der In­ter­es­sen der Ar­beit­ge­be­rin sei nicht ein­ge­tre­ten. Ein Lohn- oder Ar­beits­zeit­be­trug zu­las­ten der Ar­beit­ge­be­rin lie­ge eben­falls nicht vor. Die Be­tei­lig­te zu 3) sei im Be­sitz ei­nes Schlüssels zu dem Ob­jekt in der Ver­si­che­rung ge­we­sen. Sie ha­be ih­re Ar­beits­zeit da­durch so ein­tei­len können, wie es mit ih­ren Ver­pflich­tun­gen ge­genüber der Ar­beit­ge­be­rin ver­ein­bar ge­we­sen sei. Die An­ga­ben in dem Ar­beits­zeit­nach­weis aus Au­gust 2012 über ei­ne Ar­beits­zeit zwi­schen 17:00 Uhr und 18:45 Uhr entsprächen nicht den tatsächlich ge­leis­te­ten Zei­ten. Die Ein­tra­gun­gen in die Ar­beits­zeit­nach­wei­se sei­en in Ab­spra­che mit dem zuständi­gen Mit­ar­bei­ter der Fir­ma D., dem Zeu­gen H., nur pro for­ma er­folgt und hätten le­dig­lich die ge­naue An­zahl der ge­leis­te­ten St­un­den und die Ta­ge zu­tref­fend wie­der­ge­ben sol­len. Aus Ver­ein­fa­chungs­gründen ha­be sie sämt­li­che Ar­beits­zeit­nach­wei­se mit den an­ge­ge­be­nen Uhr­zei­ten aus­gefüllt. Im Übri­gen ha­be sie we­der als Kun­den­be­treue­rin noch als frei­ge­stell­tes Be­triebs­rats­mit­glied fes­te Ar­beits­zei­ten ge­habt. Auch Ker­nar­beits­zei­ten hätten nicht exis­tiert. Die Be­tei­lig­ten zu 2) und 3) ha­ben zu­dem ei­ne ord­nungs­gemäße Anhörung der Be­tei­lig­ten zu 3) zum Aus­spruch ei­ner Ver­dachtskündi­gung in Ab­re­de ge­stellt. Auch sei der Be­triebs­rat nicht ord­nungs­gemäß un­ter­rich­tet wor­den, da die Ar­beit­ge­be­rin ihm ge­genüber wahr­heits­wid­rig an­ge­ge­ben ha­be, die Be­tei­lig­te zu 3) ha­be be­reits seit dem 01.05.2011 für die Fir­ma D. ge­ar­bei­tet.

Mit Be­schluss vom 29.01.2013, auf des­sen Gründe Be­zug ge­nom­men wird, hat das Ar­beits­ge­richt an­trags­gemäß die Zu­stim­mung des An­trags­geg­ners (Be­triebs­rats) zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung der Be­tei­lig­ten zu 3), des Be­triebs­rats­mit­glieds T. O., er­setzt.

Zur Be­gründung hat es im We­sent­li­chen aus­geführt, dass ein wich­ti­ger Grund im Sin­ne des § 626 BGB für die frist­ge­recht be­an­trag­te Er­set­zung der Zu­stim­mung gemäß § 103 Abs. 2 S. 1 Be­trVG vor­lie­ge. Der wich­ti­ge Grund lie­ge in dem un­strei­tig ge­ge­be­nen Ver­s­toß der Be­tei­lig­ten zu 3) ge­gen das ver­trag­li­che Wett­be­werbs­ver­bot. Die Zu­frie­den­heit des Wett­be­wer­bers mit der Leis­tung der Be­tei­lig­ten zu 3) kom­me in dem E-Mail Ver­kehr aus Au­gust 2012 deut­lich zum Aus­druck. Da­bei wie­ge um­so schwe­rer, dass die Be­tei­lig­te zu 3) das Ob­jekt "J. ver­si­che­rung" bis zum 30.04.2011 als Kun­den­be­treue­rin für die Ar­beit­ge­be­rin selbst geführt ha­be. Sie ha­be da­her über die­sen Auf­trag nähe­re In­for­ma­tio­nen aus ih­rem Ar­beits­verhält­nis mit der Ar­beit­ge­be­rin ge­habt und in ih­rer Tätig­keit für den Wett­be­wer­ber nut­zen können. Auch bloße Rei­ni­gungstätig­kei­ten hätten im Hin­blick auf die je­wei­li­gen Un­ter­neh­mens­zwe­cke Wett­be­werbs­be­zug.

Un­ter die­sen Umständen fal­le die In­ter­es­sen­abwägung zu­las­ten der Be­tei­lig­ten zu 3) aus. Die Fra­gen ei­nes Lohn- oder Ar­beits­zeit­be­tru­ges und ei­ner Ver­dachtskündi­gung könn­ten da­her of­fen blei­ben.

Ge­gen den ihm am 12.02.2013 zu­ge­stell­ten Be­schluss wen­det sich die am 14.02.2013 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­ne und am 10.04.2013
be­gründe­te Be­schwer­de des Be­triebs­rats. Eben­falls wen­det sich die Be­tei­lig­te zu 3) ge­gen den ihr am 18.02.2013 zu­ge­stell­ten Be­schluss mit ih­rer am 11.03.2013 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen und am 18.04.2013 be­gründe­ten Be­schwer­de. Die Be­schwer­deführer ma­chen gel­tend, die für die Fir­ma D. er­brach­te Rei­ni­gungstätig­keit der Be­tei­lig­ten zu 3) stel­le kei­nen schwer wie­gen­den Wett­be­werbs­ver­s­toß dar. Ins­be­son­de­re be­ste­he kein Zu­sam­men­hang mit dem Ver­lust des Auf­tra­ges "In­ter­ver­si­che­rung". Fer­ner ha­be die Be­tei­lig­te zu 3) kei­ne nähe­ren kal­ku­la­to­ri­schen Da­ten über das zu be­treu­en­de Ob­jekt ge­kannt, ge­schwei­ge denn sol­che Da­ten in ih­rer Tätig­keit für die Fir­ma D. ver­wen­det. Sie ha­be auch nicht den zwi­schen der Fir­ma und der "In­ter­ver­si­che­rung" ge­schlos­se­nen Ver­trag ge­kannt und kei­ner­lei Kon­takt zu dem Kun­den ge­habt. Selbst wenn es sich um un­zulässi­ge Wett­be­werbstätig­keit ge­han­delt ha­be, hätte die Ar­beit­ge­be­rin zunächst ei­ne Ab­mah­nung aus­spre­chen müssen. Ei­ne Über­schnei­dung der Ar­beits­zei­ten für die Ar­beit­ge­be­rin und für die Fir­ma D. ha­be nicht statt­ge­fun­den. Der Ar­beit­ge­be­rin sei es ver­wehrt, den vor­ge­leg­ten Mail­ver­kehr zwi­schen der Be­tei­lig­ten zu 3) und der Fir­ma D. zu ver­wer­ten, zu­mal die­ser von ei­nem An­schluss geführt wor­den sei, der für Be­triebs­rats­ar­beit ver­wen­det wer­de.

Die Be­tei­lig­ten zu 2) und 3) be­an­tra­gen,

un­ter Abände­rung der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung nach dem erst­in­stanz­lich zu­letzt in der münd­li­chen Ver­hand­lung ge­stell­ten An­trag zu ent­schei­den bzw. den An­trag der An­trag­stel­le­rin (Ar­beit­ge­be­rin) auf Zu­stim­mung zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung der Be­tei­lig­ten zu 3) zurück­zu­wei­sen.

Die Ar­beit­ge­be­rin be­an­tragt,

die Be­schwer­de zurück­zu­wei­sen.

Sie ver­tei­digt den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts nach Maßga­be ih­res Schrift­sat­zes vom 14.05.2013. Ins­be­son­de­re hält sie an ih­rer Auf­fas­sung fest, dass es sich um ei­nen gra­vie­ren­den Wett­be­werbs­ver­s­toß der Be­tei­lig­ten zu 3) ge­han­delt ha­be.

Die­se ha­be maßgeb­li­che wett­be­werbs­re­le­van­te Kenn­da­ten der Ar­beit­ge­be­rin ge­kannt, ins­be­son­de­re et­wa die St­un­den­kal­ku­la­ti­on für das Ob­jekt. Fer­ner ha­be die Be­tei­lig­te zu 3) nicht frei über ih­re Ar­beits­zeit verfügen können, da sie so­wohl in ih­rer Ei­gen­schaft als Kun­den­be­treue­rin wie auch in ih­rer Ei­gen­schaft als frei­ge­stell­tes Be­triebs­rats­mit­glied ih­re Ar­beit während der Tätig­kei­ten der ge­werb­li­chen Rei­ni­gungs­kräfte ausüben muss­te, die mit den in den Ar­beits­zeit­nach­wei­sen für die Fir­ma D. an­ge­ge­be­nen Zei­ten kol­li­dier­ten. Zu­dem ha­be die Be­tei­lig­te zu 3) Ar­beits­ma­te­ria­li­en der Ar­beit­ge­be­rin für ih­re Tätig­keit bei der Fir­ma D. ver­wen­det (Fax, Dru­cker, Ko­pie­rer etc.).

We­gen des wei­te­ren Be­schwer­de­vor­brin­gens der Be­tei­lig­ten wird auf ih­re zweit­in­stanz­lich ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst bei­gefügten An­la­gen so­wie ih­re Erklärun­gen im Rah­men der Anhörun­gen am 22.05.2013 und 04.09.2013 Be­zug ge­nom­men. Die Be­schwer­de­kam­mer hat Be­weis er­ho­ben durch Ver­neh­mung der Zeu­gen S., H. und O.. We­gen des Er­geb­nis­ses der Be­weis­auf­nah­me wird auf die Sit­zungs­nie­der­schrift vom 04.09.2013 ver­wie­sen.

II.

Die zulässi­ge Be­schwer­de der Be­tei­lig­ten zu 2) und 3) ist be­gründet. Zu Un­recht hat das Ar­beits­ge­richt die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung der Be­tei­lig­ten zu 3) er­setzt. Der dar­auf ge­rich­te­te An­trag der Ar­beit­ge­be­rin war in Er­man­ge­lung ei­nes wich­ti­gen Grun­des ab­zu­wei­sen.

1. Der An­trag der Ar­beit­ge­be­rin ist zulässig. Das Ver­fah­ren ist nicht er­le­digt.

En­det das Amt des Be­triebs­rats­mit­glieds, so wird der An­trag des Ar­beit­ge­bers auf Zu­stim­mung zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung nach § 103 Abs. 2 Be­trVG un­zulässig (BAG 30.05.1978 - 2 AZR 637/76, BA­GE 30, 320; 27.06.2002 - 2 ABR 22/01, BA­GE 102, 30). Der Ar­beit­ge­ber ist dann be­rech­tigt, oh­ne Zu­stim­mung des Be­triebs­rats nach § 103 Be­trVG die Kündi­gung aus­zu­spre­chen. An­ders ist es je­doch, wenn sich - wie im vor­lie­gen­den Fall - an das En­de der Amts­zeit, in der ein An­trag nach § 103 Abs. 2 Be­trVG ge­stellt wur­de, oh­ne Un­ter­bre­chung ei­ne neue Amts­zeit an­sch­ließt. In die­sem Fall gilt die Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung fort. Das Ver­fah­ren er­le­digt sich nicht, son­dern kann wei­ter geführt wer­den (BAG 19.09.1991 - 2 ABR 14/91, ju­ris).

2. Der An­trag auf Er­set­zung der Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung der Be­tei­lig­ten zu 3) ist un­be­gründet. Ein wich­ti­ger Grund (da­zu a) lag we­der in der Wett­be­werbstätig­keit der Be­tei­lig­ten zu 3) (da­zu b) noch in ei­nem Lohn- oder Ar­beits­zeit­be­trug (da­zu c).

a. Nach § 103 Abs. 1 Be­trVG be­darf die außer­or­dent­li­che Kündi­gung von Mit­glie­dern des Be­triebs­rats der Zu­stim­mung des Be­triebs­rats. Nach § 103 Abs. 2 Satz 1 Be­trVG i.V.m. § 15 Abs. 1 KSchG hat die Ar­beit­ge­be­rin dann ei­nen An­spruch auf Er­set­zung der Zu­stim­mung, wenn die be­ab­sich­tig­te außer­or­dent­li­che Kündi­gung un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände ge­recht­fer­tigt ist. Dies setzt ei­nen wich­ti­gen Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB vor­aus, es müssen al­so Tat­sa­chen vor­lie­gen, auf­grund de­rer der Ar­beit­ge­be­rin un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des
Ein­zel­falls und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann (vgl. et­wa BAG 10.02.1999 - 2 ABR 31/98, BA­GE 91, 30).

Kommt da­nach ei­ne Ver­trags­pflicht­ver­let­zung in Be­tracht, ist für die Be­ur­tei­lung, ob Tat­sa­chen vor­lie­gen, die den Ar­beit­ge­ber i.S.v. § 15 Abs. 1 KSchG aus wich­ti­gem Grund zur Kündi­gung be­rech­ti­gen, auf die Un­zu­mut­bar­keit ei­ner Wei­ter­beschäfti­gung bis zum Ab­lauf der fik­ti­ven or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist ab­zu­stel­len. Ist ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung bis da­hin zu­mut­bar, ist die Kündi­gung un­wirk­sam. Ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung mit not­wen­di­ger Aus­lauf­frist ist ge­genüber dem durch § 15 KSchG be­son­ders geschütz­ten Per­so­nen­kreis aus­ge­schlos­sen (BAG 17. Ja­nu­ar 2008 - 2 AZR 821/06 - Rn. 25 ff., BA­GE 125, 267; BAG 12.05.2010 - 2 AZR 587/08, AP Nr. 67 zu § 15 KSchG 1969).

Ei­ne schwe­re, ins­be­son­de­re schuld­haf­te Ver­trags­pflicht­ver­let­zung kann ein wich­ti­ger Grund für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung sein. Das gilt auch für die er­heb­li­che Ver­let­zung von ver­trag­li­chen Ne­ben­pflich­ten (vgl. BAG 12.03.2009 - 2 ABR 24/08, AP Nr. 59 zu § 103 Be­trVG 1972 m.w.N.). Da die or­dent­li­che ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung die übli­che und re­gelmäßig auch aus­rei­chen­de Re­ak­ti­on auf die Ver­let­zung ei­ner Ne­ben­pflicht ist, kommt ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung al­ler­dings nur in Be­tracht, wenn das re­gelmäßig ge­rin­ge­re Ge­wicht die­ser Pflicht­ver­let­zung durch er­schwe­ren­de Umstände verstärkt wird (BAG 15.01.1986 - 7 AZR 128/83, AP Nr. 93 zu § 626 BGB). Da­bei ist auch bei Störun­gen im Ver­trau­ens­be­reich das Ab­mah­nungs­er­for­der­nis stets zu prüfen und ei­ne Ab­mah­nung je­den­falls dann vor Aus­spruch der Kündi­gung er­for­der­lich, wenn es um ein steu­er­ba­res Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers geht und ei­ne Wie­der­her­stel­lung des Ver­trau­ens er­war­tet wer­den kann. Bei ei­ner Kündi­gung aus ver­hal­tens­be­ding­ten Gründen ist ei­ne Ab­mah­nung al­ler­dings ent­behr­lich, wenn es um schwe­re Pflicht­ver­let­zun­gen geht, de­ren Rechts­wid­rig­keit dem Ar­beit­neh­mer oh­ne wei­te­res er­kenn­bar ist und bei de­nen ei­ne Hin­nah­me des Ver­hal­tens durch den Ar­beit­ge­ber of­fen­sicht­lich aus­ge­schlos­sen ist (BAG 10.02.1999 - 2 ABR 31/98, BA­GE 91, 30 m.w.N.).

b. Der in der Tätig­keit für die Fir­ma D. lie­gen­de Wett­be­werbs­ver­s­toß hat­te bei Abwägung al­ler Umstände und der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen nicht das Ge­wicht, das seit ca. 6,5 Jah­ren be­an­stan­dungs­frei be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis der Be­tei­lig­ten zu 3) oh­ne vor­aus­ge­gan­ge­ne Ab­mah­nung frist­los zu be­en­den.

aa. Zu­tref­fend geht das Ar­beits­ge­richt al­ler­dings zunächst da­von aus, dass das Ver­hal­ten der Be­tei­lig­ten zu 3) grundsätz­lich ge­eig­net ist, ei­nen Grund zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung nach § 626 Abs. 1 BGB dar­zu­stel­len.

(1) Während des recht­li­chen Be­ste­hens ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses ist dem Ar­beit­neh­mer grundsätz­lich je­de Kon­kur­renztätig­keit zum Nach­teil sei­nes
Ar­beit­ge­bers un­ter­sagt, auch wenn der Ein­zel­ar­beits­ver­trag kei­ne aus­drück­li­che Re­ge­lung enthält. Für Hand­lungs­ge­hil­fen ist dies in § 60 Abs. 1 HGB aus­drück­lich ge­re­gelt. Die­se Vor­schrift kon­kre­ti­siert je­doch ei­nen all­ge­mei­nen Rechts­ge­dan­ken (st. Rspr., vgl. et­wa BAG 26.06.2008 - 2 AZR 190/07, AP Nr. 213 zu § 626 BGB m.w.N.). Al­ler­dings muss bei der Be­stim­mung der Reich­wei­te des im lau­fen­den Ar­beits­verhält­nis be­ste­hen­den Wett­be­werbs­ver­bots die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschütz­te Be­rufs­frei­heit des Ar­beit­neh­mers stets Berück­sich­ti­gung fin­den. Da­her ist im Rah­men ei­ner Ge­samtwürdi­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls fest­zu­stel­len, ob die an­der­wei­ti­ge Tätig­keit zu ei­ner Gefähr­dung oder Be­ein­träch­ti­gung der In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers führt. Es spricht viel dafür, dass bloße Hilfstätig­kei­ten oh­ne Wett­be­werbs­be­zug nicht er­fasst wer­den (da­hin ten­die­rend BAG 24.03.2010 - 10 AZR 66/09, BA­GE 134, 43). Ein Ver­s­toß ge­gen ein da­nach be­ste­hen­des ver­trag­li­ches Wett­be­werbs­ver­bot ist an sich ge­eig­net, ei­nen wich­ti­gen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB zu be­gründen (BAG 26.06.2008 - 2 AZR 190/07, AP Nr. 213 zu § 626 BGB m.w.N.). Denn er kann die Pflicht zur Rück­sicht­nah­me auf die In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers nach § 241 Abs. 2 BGB er­heb­lich ver­let­zen.

(2) Mit ih­rer Tätig­keit für die Fir­ma D. hat die Be­tei­lig­te zu 3) ge­gen das all­ge­mei­ne ver­trag­li­che Wett­be­werbs­ver­bot ver­s­toßen und da­mit ver­trag­li­che Pflich­ten in nicht un­er­heb­li­chem Maße ver­letzt.

Die Rei­ni­gungstätig­keit der Be­tei­lig­ten zu 3) für die Fir­ma D. in dem Ob­jekt In­ter­ver­si­che­rung er­folg­te un­mit­tel­bar im Rah­men de­ren wer­ben­der Tätig­keit auf dem Markt, auf dem sich auch die Ar­beit­ge­be­rin betätig­te (Gebäuderei­ni­gung). Es han­del­te sich da­mit nicht le­dig­lich um ei­ne un­be­deu­ten­de Hilfstätig­keit für ein Un­ter­neh­men, das an­sons­ten ganz an­ders­ar­ti­ge un­ter­neh­me­ri­sche Zie­le ver­folgt. Dar­an ändert auch der Um­stand nichts, dass es sich um ein­fach ge­la­ger­te Tätig­kei­ten han­del­te (Un­ter­halts­rei­ni­gung) und die­se nur in ge­ringfügi­gem Um­fang (19 St­un­den pro Mo­nat zu 185 € ca.) aus­geübt wur­de. Auch ei­ne der­ar­ti­ge Tätig­keit im Markt­be­reich des Ar­beit­ge­bers für ei­nen un­mit­tel­ba­ren Wett­be­wer­ber birgt, wie das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend dar­ge­legt hat (Sei­te 7 des Ur­teils), grundsätz­lich die Ge­fahr ei­ner nach­tei­li­gen, zwei­fel­haf­ten oder zwie­lich­ti­gen Be­ein­flus­sung der In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers (vgl. da­zu BAG 21.11.1996 - 2 AZR 852/95, EzA § 626 nF BGB Nr. 162). Für die Be­tei­lig­te zu 3) kann auch nicht an­geführt wer­den, dass sie aus be­son­de­rem Er­werbs­druck han­del­te; sie stand bei der Ar­beit­ge­be­rin in ei­nem Voll­zeit­ar­beits­verhält­nis und be­zog ei­ne mo­nat­li­che Vergütung i.H.v. 2.500 €.

bb. Bei Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Fal­les er­scheint die Vor­werf­bar­keit des Wett­be­werbs­ver­s­toßes der Be­tei­lig­ten zu 3) in­des­sen nicht als so gra­vie­rend, dass un­ter Be­ach­tung des Verhält­nismäßig­keits­grund­sat­zes als mil­de­res Mit­tel ei­ne Ab­mah­nung nicht mehr in Be­tracht ge­kom­men wäre. Ins­be­son­de­re kann von ei­ner ne­ga­ti­ven Zu­kunfts­pro­gno­se nicht aus­ge­gan­gen wer­den.

Zwar dürf­te der Be­tei­lig­ten zu 3) als Kun­den­be­treue­rin kaum ver­bor­gen ge­blie­ben sein, dass sie sich für ei­nen un­mit­tel­ba­ren Wett­be­wer­ber ih­rer Ar­beit­ge­be­rin betätig­te. Denn sie hat­te noch sel­ber bis zum 30.04.2011 das Ob­jekt "In­ter­ver­si­che­rung" be­treut. Auch ver­stieß sie ge­gen die in § 9 S. 2 des Ar­beits­ver­tra­ges zulässig ver­ein­bar­te Pflicht, die Auf­nah­me der Ne­bentätig­keit der Ar­beit­ge­be­rin an­zu­zei­gen (die Ver­pflich­tung aus § 9 S. 1 des Ar­beits­ver­tra­ges, sei­ne ge­sam­te Ar­beits­kraft aus­sch­ließlich in die Diens­te des Ar­beit­ge­bers zu stel­len, dürf­te al­ler­dings ge­gen § 307 BGB ver­s­toßen, vgl. BAG 11.12.2001 - 9 AZR 464/00, NZA 2002, 965, 967; LAG Rhein­land-Pfalz 29.04.2005 - 8 Sa 69/05, ju­ris). Fer­ner ver­wen­de­te die Be­tei­lig­te zu 3) im Zu­sam­men­hang mit ih­rer Ne­bentätig­keit auch - in ge­rin­gem Um­fang - Ar­beits­ma­te­ria­li­en der Ar­beit­ge­be­rin (For­mu­lar für Ar­beits­zeit­nach­weis, Fax­gerät, Ko­pie­rer). Sch­ließlich übte die Be­tei­lig­te zu 3) die Ne­bentätig­keit über ei­nen Zeit­raum von ca. 15 Mo­na­ten aus.

Die In­ter­es­sen­be­ein­träch­ti­gung der Ar­beit­ge­be­rin durch den Wett­be­werbs­ver­s­toß der Be­tei­lig­ten zu 3) er­scheint gleich­wohl eher ge­ringfügig. Es han­del­te sich tatsächlich um ein­fach ge­la­ger­te Tätig­kei­ten, die kei­ne be­son­de­re Sach­kun­de er­for­der­ten (Un­ter­halts­rei­ni­gung). Der Vor­teil für den Wett­be­wer­ber dürf­te kaum mess­bar sein, da die ein­fach ge­la­ger­te Tätig­keit je­der­zeit auf dem Ar­beits­markt an­der­wei­tig sub­sti­tu­ier­bar ist. An­ge­sichts des­sen er­scheint auch der Um­stand, dass es sich bei der Kläge­rin um ei­ne gu­te und er­fah­re­ne Rei­ni­gungs­kraft han­del­te, ver­nachlässi­gens­wert. Die Be­tei­lig­te zu 3) hat auch kei­ner­lei Geschäfts­ge­heim­nis­se oder ähn­li­ches in ih­re Tätig­keit bei der Fir­ma D. ein­ge­bracht. Der­ar­ti­ges konn­te die Kam­mer zu­min­dest nicht fest­stel­len. Ins­be­son­de­re be­stand auch kein An­halts­punkt dafür, dass die Be­tei­lig­te zu 3) über­haupt in Kun­den­kon­takt ge­tre­ten ist. Fer­ner ist nicht er­kenn­bar und wird auch von der Ar­beit­ge­be­rin nicht be­haup­tet, dass die Be­tei­lig­te zu 3) in ir­gend­ei­ner Wei­se für den Auf­trags­ver­lust des Ob­jek­tes "In­ter­ver­si­che­rung" ver­ant­wort­lich war. Die so­mit die In­ter­es­sen der Ar­beit­ge­be­rin ins­ge­samt nur leicht ver­let­zen­den Tätig­kei­ten wur­den schließlich nur in ge­ringfügi­gem Um­fang aus­geführt (ca. 19 St­un­den mo­nat­lich für ca. 185 €).

Sub­jek­tiv ist der Be­tei­lig­ten zu 3) nicht der Vor­wurf zu ma­chen, et­wa in be­wuss­ter Schädi­gungs­ab­sicht zu­las­ten der Ar­beit­ge­be­rin ge­han­delt zu ha­ben. In dem Gespräch am 17.10.2012 zeig­te sie sich nach Dar­stel­lung der Be­tei­lig­ten ver­wun­dert darüber, dass die Ar­beit­ge­be­rin an die­ser Ne­bentätig­keit et­was aus­zu­set­zen ha­be. Da­bei ist zu be­den­ken, dass Ne­bentätig­kei­ten die­ser Art, das heißt ein­fa­che Un­ter­halts­rei­ni­gung, häufig und all­ge­mein to­le­riert als Ne­bentätig­kei­ten aus­geübt wer­den. Auch der Geschäftsführer der Ar­beit­ge­be­rin hat in der münd­li­chen Anhörung am 04.09.2013 an­ge­ge­ben, ei­ne ir­gend­wo aus­geübte Rei­ni­gungstätig­keit wäre noch hin­nehm­bar ge­we­sen, so­fern es sich nicht wie hier um ein Ob­jekt ge­han­delt hätte, dass an den Wett­be­wer­ber ver­lo­ren ge­gan­gen war. Auch die Art, wie die Be­tei­lig­te zu 3) an die Ne­bentätig­keit ge­langt ist, er­scheint in der Ge­samt­be­trach­tung un­verfäng­lich: Die Fir­ma D. sprach aus An­lass ei­ner Er­wei­te­rung ih­res Rei­ni­gungs­auf­tra­ges im Ob­jekt "In­ter­ver­si­che­rung" ab dem 01.08.2011 den in die­sem Ob­jekt be­reits täti­gen Ehe­mann der Be­tei­lig­ten zu 3) an, der sich dar­auf­hin an sei­ne Ehe­frau wand­te. Die Be­tei­lig­te zu 3) ge­lang­te so of­fen­bar eher zufällig an die Ne­bentätig­keit. Die­se hat sie nach dem Gespräch am 17.10.2012 un­verzüglich be­en­det.

Bei al­le­dem wäre vor Aus­spruch ei­ner Kündi­gung ei­ne Ab­mah­nung er­for­der­lich ge­we­sen, da im Hin­blick auf die feh­len­de Schädi­gungs­ab­sicht der Be­tei­lig­ten zu 3) ei­ne grundsätz­lich ne­ga­ti­ve Zu­kunfts­pro­gno­se nicht fest­ge­stellt wer­den kann.

cc. Je­den­falls ist aber bei Abwägung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen das In­ter­es­se der Be­tei­lig­ten zu 3) an dem Fort­be­stand ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum Ab­lauf ei­ner fik­ti­ven Kündi­gungs­frist höher zu ge­wich­ten als das In­ter­es­se der Ar­beit­ge­be­rin an ei­ner frist­lo­sen Be­en­di­gung. Die für die Be­tei­lig­te zu 3) maßgeb­li­che Kündi­gungs­frist be­trug gemäß § 7 Nr. 2 des Ar­beits­ver­tra­ges i.V.m. § 622 Abs. 2 Nr. 2 BGB zwei Mo­na­te zum Mo­nats­en­de. Der Pflicht­ver­s­toß hat­te, wie ge­zeigt, un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände ein eher be­grenz­tes Aus­maß. Das Ver­trau­ens­verhält­nis zwi­schen den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en dürf­te da­her bei ob­jek­ti­ver Be­trach­tung nicht in ei­nem so er­heb­li­chen Aus­maß erschüttert wor­den sein, dass der Ar­beit­ge­be­rin ei­ne Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum Ab­lauf der zwei­mo­na­ti­gen Kündi­gungs­frist nicht zu­mut­bar ge­we­sen ist. Ein mess­ba­rer Scha­den ist für sie kaum er­sicht­lich. In An­be­tracht des Al­ters und der Be­triebs­zu­gehörig­keit der Be­tei­lig­ten zu 3), die bis­her zu kei­ner­lei Be­an­stan­dun­gen geführt hat, war da­her ihr In­ter­es­se an ei­ner Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum Ab­lauf ei­ner fik­ti­ven Kündi­gungs­frist höher zu be­wer­ten.

c. Der Vor­wurf ei­nes Ar­beits­zeit- bzw. Lohn­be­trugs recht­fer­tigt die Kündi­gung we­der als Tat- noch als Ver­dachtskündi­gung. Es be­ste­hen kei­ne fest­stell­ba­ren Tat­sa­chen, die mit aus­rei­chen­der Wahr­schein­lich­keit auf ei­ne der­ar­ti­ge Ver­trags­pflicht­ver­let­zung schließen ließen.

aa. Es stellt ei­ne er­heb­li­che Ver­trags­pflicht­ver­let­zung dar, die grundsätz­lich ge­eig­net ist, ei­nen Grund zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung nach § 626 Abs. 1 BGB zu ge­ben, wenn der Ar­beit­neh­mer während der Ar­beits­zeit ei­ner ent­gelt­li­chen Ne­bentätig­keit nach­geht und für die­se Zeit Vergütung sei­nes Haupt­ar­beit­ge­bers in An­spruch nimmt. Auch der drin­gen­de Ver­dacht ei­ner Ver­let­zung von er­heb­li­chen ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten kann ei­nen wich­ti­gen Grund zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung dar­stel­len (vgl. BAG 12.03.2009 - 2 ABR 24/08, AP Nr. 59 zu § 103 Be­trVG 1972 m.w.N.). Der Ver­dacht stellt ge­genüber dem Vor­wurf, der Ar­beit­neh­mer ha­be die Tat be­gan­gen, ei­nen ei­genständi­gen Kündi­gungs­grund dar. Ei­ne Ver­dachtskündi­gung kommt in Be­tracht, wenn drin­gen­de auf ob­jek­ti­ven Tat­sa­chen be­ru­hen­de schwer­wie­gen­de Ver­dachts­mo­men­te vor­lie­gen und die­se ge­eig­net sind, das für die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses er­for­der­li­che Ver­trau­en bei ei­nem verständi­gen und ge­recht abwägen­den Ar­beit­ge­ber zu zerstören. Der Ar­beit­ge­ber muss al­le zu­mut­ba­ren An­stren­gun­gen zur Aufklärung des Sach­ver­halts un­ter­nom­men, ins­be­son­de­re dem Ar­beit­neh­mer Ge­le­gen­heit zur Stel­lung­nah­me ge­ge­ben ha­ben (vgl. BAG 12.03.2009 - 2 ABR 24/08, AP Nr 59 zu § 103 Be­trVG 1972 m.w.N.). Der schwer­wie­gen­de Ver­dacht muss sich aus den Umständen er­ge­ben bzw. ob­jek­tiv durch Tat­sa­chen be­gründet sein. Er muss drin­gend sein, dh. bei ei­ner kri­ti­schen Prüfung muss ei­ne auf Be­weis­an­zei­chen (In­di­zi­en) gestütz­te große Wahr­schein­lich­keit für die er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung (Tat) ge­ra­de die­ses Ar­beit­neh­mers be­ste­hen (vgl. BAG 12.03.2009 - 2 ABR 24/08, AP Nr. 59 zu § 103 Be­trVG 1972 m.w.N.).

bb. Es kann da­hin­ste­hen, ob die Ar­beit­ge­be­rin al­le zu­mut­ba­ren An­stren­gun­gen zur 44 Aufklärung des Sach­ver­halts un­ter­nom­men hat, ins­be­son­de­re in aus­rei­chen­dem Maße die Be­tei­lig­te zu 3) zu dem Ver­dacht an­gehört hat. Denn ein hin­rei­chend drin­gen­der Ver­dacht dafür, dass die Be­tei­lig­te zu 3) während ih­rer vergüte­ten Ar­beits­zeit bei der Ar­beit­ge­be­rin ei­ner ent­gelt­li­chen Ne­bentätig­keit für die Fir­ma D. nach­ge­gan­gen ist, be­steht nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me nicht.

(1) Zum ei­nen ist die Ar­beits­zeit der Be­tei­lig­ten zu 3) in ih­rem Ar­beits­verhält­nis als Kun­den­be­treue­rin zeit­lich nicht ein­deu­tig und fest be­stimmt. Es be­ste­hen er­heb­li­che Spielräume zu ih­rer tägli­chen Aus­ge­stal­tung.

Bei der Ar­beit­ge­be­rin exis­tiert für Kun­den­be­treu­er kei­ne fes­te Ar­beits­zeit. Ent­spre­chend fehlt es auch an ei­ner Ar­beits­zeit­er­fas­sung. Nach der
übe­rein­stim­men­den Dar­stel­lung der Be­tei­lig­ten hat­ten die Kun­den­be­treu­er ih­rer Ar­beit an den je­wei­li­gen be­trieb­li­chen Bedürf­nis­sen aus­zu­rich­ten. Die Ar­beits­zeit war da­durch ge­kenn­zeich­net, dass so­wohl in den frühen Mor­gen- und Vor­mit­tags­stun­den als auch in den Nach­mit­tags- bzw. Abend­stun­den bei den Kun­den die Rei­ni­gungs­ar­bei­ten durch­geführt wur­den. Die Ob­jektüber­wa­chung, d.h. die Kon­trol­le der Rei­ni­gungs­ar­bei­ten der Rei­ni­gungs­kräfte, konn­te dem­gemäß nur zu die­sen Zei­ten durch­geführt wer­den. Sie er­for­der­te je nach Ob­jekt ei­nen un­ter­schied­li­chen Auf­wand. Außer­halb des Neu­starts ei­nes Ob­jekts wa­ren größere Ob­jek­te max. zwei- bis drei­mal pro Wo­che, klei­ne­re Ob­jek­te da­ge­gen zum Teil nur ein­mal pro Mo­nat zu über­wa­chen. Dar­aus er­gibt sich, dass zwar nicht aus­nahms­los, aber doch in der Zeit zwi­schen 17:00 Uhr und 18:00 Uhr, wohl aber auch bis 19:00 Uhr oder ge­le­gent­lich darüber hin­aus Ar­beit an­fiel. Hier­aus er­gab sich ei­ne ge­spal­te­ne Ar­beits­zeit, da Ar­beit auch be­reits ab ca. 6:00 Uhr, teil­wei­se auch früher, an­fiel (Frühr­ei­ni­gung). Zu berück­sich­ti­gen ist da­bei, dass auch in der Zwi­schen­zeit Ar­beit an­fal­len konn­te, sei es durch An­ru­fe, die ein so­for­ti­ges Han­deln er­for­der­ten, sei es durch Bürotätig­keit. Aus die­sem Grund konn­ten sich die Ar­beits­zei­ten je­den­falls nicht stets bis in die Abend­stun­den aus­deh­nen, so­fern sie nicht die ver­trag­lich ge­schul­de­te Ar­beits­zeit von 40 St­un­den pro Wo­che (§ 3 S. 1 des Ar­beits­ver­tra­ges) er­heb­lich über­schrei­ten soll­ten.

Bei die­sem Bild lässt sich je­den­falls ei­ne re­gelmäßige tägli­che Ar­beits­zeit nach 18:30 Uhr nicht fest­stel­len. An­de­res er­gibt auch nicht die Aus­sa­ge des Zeu­gen S.. Bei den von ihm so ge­nann­ten "Ker­nar­beits­zei­ten", die in der Zeit zwi­schen 6:00 Uhr und 10:00 Uhr so­wie 15:30 Uhr und 20:00 Uhr lägen, han­de­le es sich um ei­ne er­fah­rungs­gemäß mit Ar­beit aus­gefüll­te Zeit, wo­bei es sich von Tag zu Tag im Ein­zel­fall un­ter­schied­lich ver­hal­te. Da­mit lässt sich je­den­falls nicht die Möglich­keit aus­sch­ließen, als Kun­den­be­treu­er zwei bzw. drei­mal pro Wo­che nach 18:30 Uhr kei­ne Ar­beits­pflich­ten mehr zu ha­ben. Der Zeu­ge hat le­dig­lich aus­ge­schlos­sen, dass ein Kun­den­be­treu­er zwei bis drei­mal in der Wo­che schon um 17:00 Uhr sei­ne Ar­beit be­en­det ha­ben könn­te.

Das gilt erst recht für die Tätig­keit der Be­tei­lig­ten zu 3) als frei­ge­stell­tes Be­triebs­rats­mit­glied. Als sol­che hat­te sie ih­re Be­triebs­ratstätig­keit so ein­zu­tei­len, wie es ihr zur ord­nungs­gemäßen Durchführung ih­rer Auf­ga­ben am bes­ten er­schien (vgl. Fit­ting, Be­trVG, 26. Aufl. § 38 Rz. 78).

(2) Zum an­de­ren konn­te nicht fest­ge­stellt wer­den, dass die Be­tei­lig­te zu 3) ih­re Ne­bentätig­keit für die Fir­ma D. in­ner­halb des vor­ge­nann­ten Zeit­fens­ters ver­rich­tet hätte, in dem sie ei­ner Tätig­keit für die Ar­beit­ge­be­rin nach­zu­ge­hen hat­te.

Die hier­zu an­gehörten Zeu­gen H. und O. be­kun­de­ten übe­rein­stim­mend, dass die von der Be­tei­lig­ten zu 3) für die Fir­ma D. er­brach­te Ar­beit nicht zu den in den Ar­beits­zeit­nach­wei­sen auf­geführ­ten Uhr­zei­ten statt­ge­fun­den ha­be (17:00 Uhr bis 18:45 Uhr). Bei die­sen Zei­ten ha­be es sich in Be­zug auf ih­re La­ge um ei­ne ge­grif­fe­ne An­ga­be ge­han­delt, die mit der tatsächli­chen La­ge der Ar­beits­zeit nicht übe­rein ge­stimmt ha­be. Die Nach­wei­se hätten nur den Zweck ge­habt, den Um­fang und den Rhyth­mus der ge­leis­te­ten Ar­beit zu do­ku­men­tie­ren. Die Ar­beits­zei­ten hätten re­gelmäßig erst zwi­schen 18:30 Uhr und 19:00 Uhr be­gon­nen. Teil­wei­se hätte die Be­tei­lig­te zu 3) auch noch später mit der Ar­beit be­gon­nen. Darüber hin­aus gab der Ehe­mann der Be­tei­lig­ten zu 3) an, ge­le­gent­lich für sei­ne Frau ein­ge­sprun­gen zu sein, wenn sie auf­grund ih­rer Haupt­beschäfti­gung bei der Ar­beit­ge­be­rin ver­hin­dert ge­we­sen sei.

Bei die­sem Bild konn­te die Be­schwer­de­kam­mer je­den­falls nicht fest­stel­len, dass die Be­tei­lig­te zu 3) vor 18:30 Uhr ge­ar­bei­tet hat. Es konn­te auch nicht fest­ge­stellt wer­den, dass sie stets ab 18:30 Uhr und nicht später für die Fir­ma D. tätig ge­wor­den ist. Die Aus­sa­ge des Zeu­gen S., wo­nach die Be­tei­lig­te zu 3) in dem Gespräch am 17.10.2012 bestätigt ha­be, dass die in dem Ar­beits­zeit­nach­weis auf­geführ­ten Ar­beits­zei­ten zu­träfen, über­zeug­te die Kam­mer da­ge­gen nicht. Zum ei­nen muss­te die­se Aus­sa­ge dem Zeu­gen durch mehr­fa­ches Nach­ha­ken erst ent­lockt wer­den (vgl. S. 3 bis 4 des Prot. vom 04.09.2013). Sein Sto­cken an die­ser Stel­le, ob­wohl er ge­zielt auf das Be­weisthe­ma an­ge­spro­chen wor­den war, er­schien ge­ra­de­zu auffällig. Zum an­de­ren kann sich ei­ne et­wai­ge Bestäti­gung der Zei­ten durch die Be­tei­lig­te zu 3) auch oh­ne wei­te­res auf die in dem Ar­beits­zeit­nach­weis an­ge­ge­be­nen Ta­ge und die An­zahl der St­un­den be­zo­gen ha­ben. We­der aus der Aus­sa­ge des Zeu­gen noch aus dem Vor­brin­gen der Ar­beit­ge­be­rin wur­de deut­lich, dass die Be­tei­lig­te zu 3) am 17.10.2012 kon­kret zur La­ge der Ar­beits­zeit nach der an­ge­ge­be­nen Uhr­zeit be­fragt wor­den wäre und ex­pli­zit die­se bestätigt hätte. Sch­ließlich ste­hen die Aus­sa­gen der Zeu­gen H. und O. dem ent­ge­gen.

(3) Im Er­geb­nis be­stand da­her kein hin­rei­chend drin­gen­der Tat­ver­dacht dafür, dass die Be­tei­lig­te zu 3) während ih­rer Ar­beits­zeit für die Ar­beit­ge­be­rin der Ne­bentätig­keit bei der Fir­ma D. nach­ge­gan­gen ist. Es fehl­te an ei­ner bei kri­ti­scher Prüfung auf Be­weis­an­zei­chen (In­di­zi­en) gestütz­ten großen Wahr­schein­lich­keit für die er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung (Tat).

cc. Be­stand da­nach be­reits kein hin­rei­chen­der Tat­ver­dacht für ei­ne Ver­dachtskündi­gung, schei­det oh­ne wei­te­res auch ei­ne Tatkündi­gung aus.

3. Die Rechts­be­schwer­de war gemäß §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zu­zu­las­sen.

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