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OVG Lü­ne­burg, Ur­teil vom 25.09.2014, 8 LC 23/14

   
Schlagworte: Handwerksinnung, Tarifbindung, OT-Mitgliedschaft
   
Gericht: Oberverwaltungsgericht Lüneburg
Aktenzeichen: 8 LC 23/14
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 25.09.2014
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: VG Braunschweig, Urteil vom 19. Dezember 2013, 1 A 58/13
   

Te­nor

Auf die Be­ru­fung der Kläge­rin wird das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Braun­schweig - 1. Kam­mer - vom 19. De­zem­ber 2013 geändert.

Die Be­klag­te wird un­ter Auf­he­bung ih­res Be­schei­des vom 18. Ja­nu­ar 2013 ver­pflich­tet, die Be­schluss­fas­sung der
In­nungs­ver­samm­lung der Kläge­rin vom 14. No­vem­ber 2012 über die Neu­fas­sung der Sat­zung zu ge­neh­mi­gen.

Die Be­klag­te trägt die Kos­ten des Ver­fah­rens in bei­den Rechtszügen.

Das Ur­teil ist hin­sicht­lich der Kos­ten­ent­schei­dung vorläufig voll­streck­bar. Die Be­klag­te kann die Voll­stre­ckung durch Si­cher­heits­leis­tung in Höhe des zu voll­stre­cken­den Be­tra­ges ab­wen­den, wenn nicht die Kläge­rin vor­her Si­cher­heit in glei­cher Höhe leis­tet.

Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand

Die Be­tei­lig­ten strei­ten um die Be­rech­ti­gung der Kläge­rin, ei­ne Mit­glied­schaft in der Hand­werks­in­nung oh­ne Ta­rif­bin­dung (so­ge­nann­te OT-Mit­glied­schaft) ein­zuführen.

Die Kläge­rin ist ei­ne In­nung des Klemp­ner- so­wie des In­stal­la­teur- und Hei­zungs-bau­er­hand­werks im Be­zirk der be­klag­ten Hand­werks­kam­mer. Ih­re Mit­glied­schaft im Fach­ver­band Sa­nitär-, Hei­zungs-, Kli­ma- und Klemp­ner­tech­nik Nie­der­sach­sen, dem Lan­des­in­nungs­ver­band für die ge­nann­ten Hand­wer­ke, en­de­te 2007.

Die In­nungs­ver­samm­lung der Kläge­rin be­schloss 2007 ei­ne Neu­fas­sung der Sat­zung, die in § 7 vor­sah:

"Bei Ta­rif­verträgen, die nicht für all­ge­mein ver­bind­lich erklärt sind, können die Mit­glie­der den Aus­schluss der Ta­rif­bin­dung erklären. Die Erklärung ist schrift­lich an die In­nungs­geschäfts­stel­le zu rich­ten. Sie wirkt bis zum Ab­lauf der je­weils gel­ten­den Ta­rif­verträge. Die Erklärung kann je­der­zeit wi­der­ru­fen wer­den. Nicht ta­rif­ge­bun­de­ne Mit­glie­der sind nicht be­rech­tigt, an der Ab­stim­mung über ta­rif­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen mit­zu­wir­ken."

Die Be­klag­te ver­wei­ger­te mit Be­scheid vom 20. Au­gust 2008 die Ge­neh­mi­gung der Sat­zungsände­rung, weil sie die­se mit den Vor­ga­ben der Hand­werks­ord­nung für nicht ver­ein­bar hielt. Die hier­ge­gen ge­rich­te­te Kla­ge wies das Ver­wal­tungs­ge­richt Braun­schweig mit Ur­teil vom 17. März 2010 - 1 A 274/08 - ab. Das Be­ru­fungs­ver­fah­ren vor dem Se­nat wur­de nach Rück­nah­me der Be­ru­fung durch die Kläge­rin mit Be­schluss vom 9. Sep­tem­ber 2010 - 8 LC 186/10 - ein­ge­stellt.

Am 14. No­vem­ber 2012 be­schloss die In­nungs­ver­samm­lung der Kläge­rin ein­stim­mig ei­ne Neu­fas­sung ih­rer Sat­zung, die ei­ne OT-Mit­glied­schaft ermögli­chen soll. Hier­zu sind die Be­stim­mun­gen in §§ 3 Abs. 3 Nr. 2, 6a, 13 Abs. 1 und 37 Abs. 4 der Sat­zung wie folgt geändert wor­den:

§ 3 Abs. 3 Nr. 2:

"Die In­nung kann für ih­re Mit­glie­der mit Ta­rif­bin­dung (T-Mit­glie­der) Ta­rif­verträge ab­sch­ließen, so­weit und so­lan­ge sol­che Verträge nicht durch den In­nungs­ver­band für den Be­reich der In­nung aus­ge­schlos­sen sind"

§ 6a:

"(1) Die In­nung führt zwei Grup­pen von Mit­glie­dern, nämlich Mit­glie­der mit der Bin­dung an die von der In­nung ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge ("T-Mit­glie­der") und Mit­glie­der oh­ne Bin­dung an die von der In­nung ab­ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge ("OT-Mit­glie­der").

(2) 1Die Mit­glie­der, die der In­nung als OT-Mit­glie­der an­gehören wol­len, ha­ben dies ge­genüber dem
In­nungs­vor­stand zu­sam­men mit ih­rem Bei­tritts­an­trag zu erklären. 2Innungsmitglieder können be­an­tra­gen, ih­re Mit­glied­schaft von ei­ner sol­chen mit Ta­rif­bin­dung in ei­ne sol­che oh­ne Ta­rif­bin­dung oder auch um­ge­kehrt zu wech­seln. 3Der Wech­sel be­darf der sat­zungs­gemäßen An­nah­me. 4Die Art der Mit­glied­schaft kann nicht rück­wir­kend be­gründet oder ge­wech­selt wer­den.

(3) 1OT-Mit­glie­der neh­men an Wil­lens- und Ent­schei­dungs­bil­dun­gen der In­nung über In­nungs­ta­rif­verträge oder Ar­beitskämp­fe, wel­che die In­nung oder de­ren Mit­glie­der be­tref­fen, so­wie an hier­mit im
Zu­sam­men­hang ste­hen­den so­zi­al­po­li­ti­schen Maßnah­men nicht teil. 2Im Übri­gen ha­ben sie die­sel­ben Rech­te und Pflich­ten wie In­nungs­mit­glie­der mit Ta­rif­bin­dung."

§ 13 Abs. 1:

"1Die Mit­glie­der der In­nung ha­ben glei­che Rech­te und Pflich­ten. 2Für Mit­glie­der oh­ne Ta­rif­bin­dung gilt § 6a Abs. 3."

§ 37 Abs. 4:

"1Die In­nungs­ver­samm­lung er­rich­tet ei­nen so­zi­al­po­li­ti­schen Aus­schuss. 2Der Aus­schuss be­steht aus ei­nem Vor­sit­zen­den so­wie aus zwei wei­te­ren Mit­glie­dern. 3Der Aus­schuss kann zur Erörte­rung und zur Wil­lens­bil­dung wei­te­re von der so­zi­al­po­li­ti­schen Maßnah­me be­trof­fe­ne T-Mit­glie­der her­an­zie­hen. 4Der Aus­schuss kann sich ei­ne Geschäfts­ord­nung ge­ben. 5Ihm können nur Mit­glie­der mit Ta­rif­bin­dung (T-Mit­glie­der) an­gehören. 6Dem so­zi­al­po­li­ti­schen Aus­schuss ob­lie­gen die Wil­lens- und Ent­schei­dungs­bil­dun­gen über In­nungs­ta­rif­verträge oder Ar­beitskämp­fe, wel­che die In­nung oder de­ren Mit­glie­der be­tref­fen, so­wie über hier­mit im Zu­sam­men­hang ste­hen­den so­zi­al­po­li­ti­schen Maßnah­men. 7Er kann Rück­la­gen für so­zi­al­po­li­ti­sche Maßnah­men or­ga­ni­sie­ren. 8OT-Mit­glie­der sind aus­ge­schlos­sen von der Verfügungs­ge­walt über et­wai­ge Streik- und/oder Aus­sper­rungs­fonds. 9Die Geschäfts­ord­nung des so­zi­al­po­li­ti­schen Aus­schus­ses so­wie de­ren Ergänzun­gen, Ände­run­gen oder Auf­he­bung wer­den von den Mit­glie­dern mit Ta­rif­bin­dung (T-Mit­glie­der) be­schlos­sen. 10Diese Be­schlüsse sind für den Aus­schuss und für al­le Mit­glie­der mit Ta­rif­bin­dung (T-Mit­glie­der) ver­bind­lich."

Mit Schrei­ben vom 21. No­vem­ber 2012 be­an­trag­te die Kläge­rin bei der Be­klag­ten die Ge­neh­mi­gung der be­schlos­se­nen Sat­zungsände­run­gen. Die­sen An­trag lehn­te die Be­klag­te mit Be­scheid vom 18. Ja­nu­ar 2013 ab. Zur Be­gründung führ­te sie un­ter Be­zug­nah­me auf die Ent­schei­dung des Ver­wal­tungs­ge­richts Braun­schweig vom 17. März 2010 aus, dass die OT-Mit­glied­schaft mit den Re­ge­lun­gen der Hand­werks­ord­nung nicht ver­ein­bar sei. § 58 Abs. 1 der Hand­werks­ord­nung be­stim­me ab­sch­ließend, wel­che Per­so­nen zu ei­ner In­nung zu­sam­men­tre­ten könn­ten. Bei der Mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung han­de­le es sich um ei­ne hier­nach nicht vor­ge­se­he­ne ein­ge­schränk­te und selbstständi­ge Form der Mit­glied­schaft, die mit der Sys­te­ma­tik und dem Kon­zept der Hand­werks­ord­nung nicht ver­ein­bar sei. § 3 Abs. 3 Nr. 2 der Sat­zung wei­che auch von der ge­setz­li­chen Re­ge­lung in § 54 Abs. 3 Nr. 1 der Hand­werks­ord­nung ab und ver­s­toße da­her ge­gen die Sat­zungs­ermäch­ti­gung in § 55 Abs. 1 der Hand­werks­ord­nung. Selbst wenn die Mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung zulässig wäre, ver­s­toße § 6a Abs. 3 der Sat­zung ge­gen den durch Ge­rich­te fest­ge­leg­ten Grund­satz, dass OT-Mit­glie­der nicht grundsätz­lich vom Wil­lens­bil­dungs­pro­zess aus­ge­schlos­sen wer­den dürfen. In der Sat­zung fehl­ten deut­li­che Re­ge­lun­gen zum Aus­schluss der OT-Mit­glie­der bei ta­rif­po­li­ti­schen Ent­schei­dun­gen. Für den Wech­sel von der Mit­glied­schaft mit in die Mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung sei in der Sat­zung ei­ne Frist nicht ge­re­gelt. We­gen der feh­len­den Rechts­si­cher­heit sei die Sat­zung un­zulässig.

Ge­gen die­sen Be­scheid hat die Kläge­rin am 20. Fe­bru­ar 2013 bei dem Ver­wal­tungs­ge­richt Braun­schweig Kla­ge er­ho­ben.

Sie hat gel­tend ge­macht, der Zulässig­keit der Kla­ge ste­he die Rechts­kraft des vor­aus­ge­gan­ge­nen Ur­teils des Ver­wal­tungs­ge­richts Braun­schweig vom 17. März 2010 nicht ent­ge­gen. Die Streit­ge­genstände bei­der Ver­fah­ren sei­en nicht iden­tisch. Die von ih­rer In­nungs­ver­samm­lung 2007 be­schlos­se­ne Sat­zungsände­rung un­ter­schei­de sich von der nun streit­ge­genständ­li­chen Sat­zungsände­rung von 2012. Das Ver­fah­ren ha­be sie sei­ner­zeit nicht wei­ter­ver­folgt, son­dern ei­ne an der neue­ren Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zur Zulässig­keit von Mit­glied­schaf­ten oh­ne Ta­rif­bin­dung ori­en­tier­te Sat­zungsände­rung er­ar­bei­tet. Hier­nach sei geklärt, dass ta­riffähi­ge Ar­beit­ge­ber­verbände in Ausübung ih­rer durch Art. 9 Abs. 3 des Grund­ge­set­zes ga­ran­tier­ten Sat­zungs­au­to­no­mie Mit­glied­schaf­ten mit und oh­ne Ta­rif­bin­dung im so­ge­nann­ten Stu­fen­mo­dell re­geln dürf­ten. Die Mit­glie­der könn­ten zwi­schen der Mit­glied­schaft mit oder oh­ne Ta­rif­bin­dung frei wählen. In glei­cher Wei­se dürf­ten die Hand­werks­in­nun­gen ih­ren Mit­glie­dern ei­ne OT-Mit­glied­schaft eröff­nen. Dies ver­bie­te auch die Hand­werks­ord­nung nicht. Die­se se­he nicht nur ei­ne ein­zi­ge Form der Voll­mit­glied­schaft vor. Sie räume in § 54 Abs. 3 Nr. 1 den In­nun­gen und in § 82 Satz 2 Nr. 3 den In­nungs­verbänden zwar die Ta­riffähig­keit ein. Hier­aus er­ge­be sich aber nur die Be­fug­nis und nicht die Ver­pflich­tung, Ta­rif­verträge ab­zu­sch­ließen. Es sei für ei­ne In­nung nicht iden­titäts­stif­tend, Ta­rif­verträge zu schließen. In die­sem Be­reich han­de­le die als öffent­lich­recht­li­che Körper­schaft ge­bil­de­te In­nung frei­wil­lig und pri­vat­recht­lich mit den Funk­tio­nen ei­nes Ar­beit­ge­ber­ver­ban­des. Als sol­cher könne sie sich auf Art. 9 Abs. 3 des Grund­ge­set­zes be­ru­fen und da­her frei - und zwar auch durch ih­re Sat­zung - be­stim­men, ob sie Ta­rif­verträge schließe und für wel­che ih­rer Mit­glie­der die Bin­dungs­wir­kung die­ser Ta­rif­verträge gel­ten sol­le. Die Mit­glie­der könn­ten frei wählen, ob sie der Ta­rif­bin­dung un­ter­lie­gen woll­ten. Da­von abhängig würden sie an den in­nungs­in­ter­nen Wil­lens­bil­dungs­pro­zes­sen be­tei­ligt.

Die Kläge­rin hat be­an­tragt,

die Be­klag­te un­ter Auf­he­bung ih­res Be­schei­des vom 18. Ja­nu­ar 2013 zu ver­pflich­ten, die geänder­te Sat­zung der Kläge­rin - Stand: 14. No­vem­ber 2012 - zu ge­neh­mi­gen.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen,

und ein­ge­wandt, die Kla­ge sei we­gen der ent­ge­gen­ste­hen­den Rechts­kraft des vor­aus­ge­gan­ge­nen Ur­teils des Ver­wal­tungs­ge­richts Braun­schweig vom 17. März 2010 be­reits un­zulässig. Das Ver­wal­tungs­ge­richt ha­be rechts­kräftig darüber ent­schie­den, dass die Einführung ei­ner Mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung mit der Sys­te­ma­tik und dem Kon­zept der Hand­werks­ord­nung nicht ver­ein­bar sei. Das Ver­wal­tungs­ge­richt ha­be auch rechts­kraftfähig fest­ge­stellt, dass die In­nung als öffent­lich-recht­li­che Körper­schaft sich von den pri­va­ten Ar­beit­ge­ber­verbänden un­ter­schei­de und bei Einführung ei­ner OT-Mit­glied­schaft durch ih­re Sat­zung öffent­lich-recht­lich han­de­le. Die ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Fra­gen sei­en da­her ver­bind­lich geklärt. Im Übri­gen sei die Sat­zungsände­rung un­verändert nicht ge­neh­mi­gungsfähig. Die Hand­werks­ord­nung se­he ne­ben der (Voll-)Mit­glied­schaft mit Ta­rif­bin­dung nur ei­ne Gast­mit­glied­schaft, nicht aber ei­ne (Voll-)Mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung vor. § 54 Abs. 3 Nr. 1 der Hand­werks­ord­nung räume der In­nung zwar die bloße Be­fug­nis ein, Ta­rif­verträge ab­zu­sch­ließen. Die­se Be­fug­nis wer­de durch § 3 Abs. 3 Nr. 2 der Sat­zung aber un­zulässig da­hin­ge­hend be­schränkt, dass Ta­rif­verträge nur für Mit­glie­der mit Ta­rif­bin­dung ab­ge­schlos­sen wer­den dürf­ten. Die Kläge­rin könne sich auch nicht er­folg­reich auf Art. 9 Abs. 3 des Grund­ge­set­zes be­ru­fen. Bei der Einführung der OT-Mit­glied­schaft durch Sat­zung wer­de sie nicht pri­vat­recht­lich als Ta­rif­part­ne­rin tätig, son­dern öffent­lich­recht­lich als Körper­schaft. Im Ge­gen­satz zu Ar­beit­ge­ber­verbänden lei­te­ten die In­nun­gen ih­re Ta­riffähig­keit auch nicht aus Art. 9 Abs. 3 des Grunds­ge­set­zes ab, son­dern al­lein aus de­ren ein­fach­ge­setz­li­cher Ver­lei­hung. Selbst die sich aus Art. 9 Abs. 3 des Grund­ge­set­zes er­ge­ben­de ne­ga­ti­ve Ko­ali­ti­ons­frei­heit ste­he ei­ner zwin­gen­den Ta­rif­bin­dung nicht ent­ge­gen; die­se sei nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts als Maßnah­me zur Si­che­rung des Ta­rif­ver­trags­we­sens grundsätz­lich zulässig, zu­mal sich der ein­zel­ne Hand­wer­ker der Ta­rif­bin­dung oh­ne Wei­te­res durch Aus­tritt aus der In­nung ent­zie­hen könne. Die Einführung der OT-Mit­glied­schaft ver­s­toße auch ge­gen § 58 Abs. 4 der Hand­werks­ord­nung, da sie die da­nach un­ter­sag­ten Ab­wei­chun­gen von der Hand­werks­ord­nung und der Sat­zung für ein­zel­ne Mit­glie­der, die oh­ne Ta­rif­bin­dung, schaf­fe. Im Übri­gen sei durch die Sat­zungsände­rung der nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts er­for­der­li­che Aus­schluss der OT-Mit­glie­der von der Mit­wir­kung an Wil­lens­bil­dungs­pro­zes­sen in ta­rif­po­li­ti­schen Ent­schei­dun­gen nicht kon­se­quent um­ge­setzt wor­den. Dies sei nach der Kon­zep­ti­on der Hand­werks­ord­nung auch nicht möglich. So be­sch­ließe nach § 61 Abs. 2 Nr. 9 der Hand­werks­ord­nung die In­nungs­ver­samm­lung, mit­hin die Mit­glie­der mit und oh­ne Ta­rif­bin­dung, über den Er­werb und die Be­en­di­gung der Mit­glied­schaft im Lan­des­in­nungs­ver­band. Die­se Ent­schei­dung be­tref­fe auch die Un­ter­wer­fung un­ter die vom Lan­des­in­nungs­ver­band nach § 82 Satz 2 Nr. 3 der Hand­werks­ord­nung ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge, so dass auch OT-Mit­glie­der fak­tisch Ein­fluss auf ta­rif­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen neh­men könn­ten. Die in § 37 der Sat­zung vor­ge­se­he­ne Über­tra­gung der Zuständig­keit für die Ent­schei­dung über den Ab­schluss von Ta­rif­verträgen auf ei­nen Aus­schuss ver­s­toße ge­gen die Hand­werks­ord­nung. Bei der Ta­rif­bil­dung han­de­le es sich nicht um ei­ne ein­zel­ne An­ge­le­gen­heit im Sin­ne des § 67 Abs. 1 der Hand­werks­ord­nung.

Das Ver­wal­tungs­ge­richt Braun­schweig hat die Kla­ge mit Ur­teil vom 19. De­zem­ber 2013 ab­ge­wie­sen. Der Zulässig­keit der Kla­ge ste­he die Rechts­kraft des Ur­teils vom 17. März 2010 nicht ent­ge­gen. Mit die­sem sei über die Sat­zungsände­rung aus dem Jah­re 2007 ent­schie­den wor­den, während nun­mehr die Sat­zungsände­rung aus dem Jah­re 2012 streit­ge­genständ­lich sei, de­ren Ge­neh­mi­gung die Be­klag­te mit Be­scheid vom 18. Ja­nu­ar 2013 ab­ge­lehnt und da­mit ei­ne er­neu­te Sach­ent­schei­dung ge­trof­fen ha­be. Die Kla­ge sei aber un­be­gründet. Die Be­klag­te ha­be die er­for­der­li­che Ge­neh­mi­gung zu Recht ver­wei­gert. Das In­ter­es­se der Kläge­rin an der Einführung der OT-Mit­glied­schaft sei verständ­lich und nach­voll­zieh­bar. Die hier­zu vor­ge­nom­me­ne Sat­zungsände­rung sei mit den Vor­schrif­ten der Hand­werks­ord­nung aber nicht ver­ein­bar. Der Einführung ei­ner OT-Mit­glied­schaft für In­nun­gen stünden die Re­ge­lun­gen der §§ 58 Abs. 1 und 59, 54 Abs. 3 Nr. 1 in Ver­bin­dung mit §§ 82 Satz 2 Nr. 3, 85 Abs. 2 Satz 1 und § 58 Abs. 4 der Hand­werks­ord­nung ent­ge­gen. Bei der Mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung han­de­le es sich um ei­ne ein­ge­schränk­te und selbstständi­ge Form der Mit­glied­schaft, die in der Hand­werks­ord­nung nicht ge­re­gelt sei. Die­se ge­stat­te nach § 58 Abs. 1 und § 59 nur zwei For­men der Mit­glied­schaft, die Voll- und die Gast­mit­glied­schaft. Voll­mit­glie­der sei­en in der In­nungs­ver­samm­lung un­ein­ge­schränkt stimm­be­rech­tigt und un­terlägen gemäß § 3 Abs. 1 des Ta­rif­ver­trags­ge­set­zes der Ta­rif­bin­dung von Ta­rif­verträgen, die ih­re In­nung oder ihr In­nungs­ver­band ab­ge­schlos­sen hätten. Durch die Ver­lei­hung der Ta­riffähig­keit an In­nun­gen und In­nungs­verbände sol­le die Ta­rif­au­to­no­mie im Be­reich des Hand­werks gefördert und den Ge­werk­schaf­ten ein schlag­kräfti­ger Ta­rif­part­ner zur Sei­te ge­stellt wer­den. Die­sem Ziel wi­der­spre­che ei­ne Mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung. Die Ta­riffähig­keit der In­nun­gen ha­be für den ein­zel­nen Hand­wer­ker zur Fol­ge, dass sei­ne Zu­gehörig­keit zu ei­nem ta­riffähi­gen Zu­sam­men­schluss aufs Engs­te ver­bun­den sei mit der Teil­nah­me an den all­ge­mei­nen öffent­li­chen Auf­ga­ben der In­nung, ins­be­son­de­re auch an der Förde­rung der ge­mein­sa­men be­ruf­li­chen In­ter­es­sen. Der Ta­rif­bin­dung könne sich der ein­zel­ne Hand­wer­ker nur durch ei­nen Aus­tritt aus der In­nung ent­zie­hen. Die­se in der Hand­werks­ord­nung an­ge­leg­te Kop­pe­lung der Zu­gehörig­keit zu ei­nem ta­riffähi­gen Ver­band mit den Vor­tei­len ei­ner öffent­lich-recht­li­chen Be­rufs­or­ga­ni­sa­ti­on ha­be auch das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt nicht be­an­stan­det. Der hier­durch für den ein­zel­nen Hand­wer­ker ent­ste­hen­de Druck, ei­ner In­nung bei­zu­tre­ten, be­ein­träch­ti­ge die­sen nicht in ver­fas­sungs­wid­ri­ger Wei­se in sei­ner ne­ga­ti­ven Ko­ali­ti­ons­frei­heit. Die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zur Zulässig­keit der OT-Mit­glied­schaft von pri­vat­recht­li­chen Ar­beit­ge­ber­verbänden sei auf In­nun­gen als öffent­lich-recht­li­che Körper­schaf­ten nicht über­trag­bar. Als Träger mit­tel­ba­rer Staats­ver­wal­tung sei­en die­se grundsätz­lich nicht grund­rechtsfähig. Et­was an­de­res gel­te zwar bei der Wahr­neh­mung ih­rer frei­wil­li­gen Auf­ga­ben, wo­zu auch der Ab­schluss von Ta­rif­verträgen nach § 54 Abs. 3 Nr. 1 der Hand­werks­ord­nung zähle. Die Sat­zungsände­rung sei hier­von aber nicht um­fasst. Die Kläge­rin wer­de in­so­weit nicht als Ta­rif­part­ne­rin tätig, son­dern neh­me die ihr in § 55 der Hand­werks­ord­nung zu­ge­wie­se­ne, öffent­lich-recht­li­che Auf­ga­be wahr, ihr Or­ga­ni­sa­ti­ons­sta­tut in­ner­halb ei­nes ge­setz­lich vor­ge­ge­be­nen Rah­mens durch Sat­zung zu re­geln. Ih­re Sat­zungs­au­to­no­mie lei­te sie aus die­ser Be­stim­mung ab und nicht, wie die Ar­beit­ge­ber­verbände, aus Art. 9 Abs. 3 des Grund­ge­set­zes. Die OT-Mit­glied­schaft ver­s­toße auch ge­gen § 58 Abs. 4 der Hand­werks­ord­nung, da sie zu­guns­ten Ein­zel­ner von der ge­setz­li­chen Aus­ge­stal­tung der in § 58 Abs. 1 der Hand­werks­ord­nung ge­re­gel­ten Mit­glied­schaft mit po­ten­zi­ell glei­cher Ta­rif­bin­dung ab­wei­che.

Ge­gen die­ses Ur­teil rich­tet sich die vom Ver­wal­tungs­ge­richt zu­ge­las­se­ne Be­ru­fung der Kläge­rin, mit der sie ihr erst­in­stanz­li­ches Vor­brin­gen er­neu­ert und in Aus­ein­an­der­set­zung mit der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung wei­ter ver­tieft. Ent­ge­gen der An­nah­me des Ver­wal­tungs­ge­richts er­ge­be sich aus § 58 Abs. 1 der Hand­werks­ord­nung nicht, dass aus­sch­ließlich ei­ne Voll­mit­glied­schaft mit Ta­rif­bin­dung zulässig sei. Dies zei­ge be­reits § 54 Abs. 3 Nr. 1 der Hand­werks­ord­nung, wo­nach die In­nung le­dig­lich be­fugt, aber nicht ver­pflich­tet sei, Ta­rif­verträge zu schließen. Die hier der In­nung eröff­ne­te Au­to­no­mie würde un­zulässig ein­ge­schränkt, wenn sie ih­ren Mit­glie­dern aus­sch­ließlich die Mit­glied­schaft mit Ta­rif­bin­dung an­bie­ten dürf­te. In­dem die Be­klag­te die sat­zungsmäßige Einführung ei­ner sol­chen Mit­glied­schaft nicht ge­neh­mi­ge, ver­let­ze sie die Gren­zen der ihr al­lein zu­ste­hen­den Rechts­auf­sicht. Ihr - der Kläge­rin - ste­he auch der Schutz des Art. 9 Abs. 3 des Grund­ge­set­zes zu, wenn sie ih­ren Mit­glie­dern die Mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung eröff­nen wol­le. Die­ser Schutz um­fas­se nicht nur die Wahr­neh­mung ta­rif­li­cher Auf­ga­ben, wie den Ab­schluss von Ta­rif­verträgen. Er er­stre­cke sich viel­mehr auf al­le Hand­lun­gen der In­nung bei Wahr­neh­mung der frei­wil­li­gen Auf­ga­be nach § 54 Abs. 3 Nr. 1 der Hand­werks­ord­nung und da­mit auch die Ent­schei­dung über die Einführung der OT-Mit­glied­schaft. In­so­weit sei ih­re Betäti­gung oh­ne Wei­te­res mit der ei­nes pri­vat­recht­li­chen Ar­beit­ge­ber­ver­ban­des ver­gleich­bar, oh­ne dass es dar­auf an­kom­me, dass sie - die Kläge­rin - die Ent­schei­dung in ih­rer Sat­zung tref­fe und die­se dem Vor­be­halt ei­ner Ge­neh­mi­gung der Be­klag­ten un­ter­lie­ge. § 55 der Hand­werks­ord­nung ver­pflich­te die In­nung zu sat­zungsmäßigen Re­ge­lun­gen auch für den Be­reich frei­wil­li­ger, pri­vat­recht­li­cher Betäti­gung nach § 54 Abs. 3 der Hand­werks­ord­nung. Da­her ge­he das Ver­wal­tungs­ge­richt auch fehl, so­weit es für die Zulässig­keit der OT-Mit­glied­schaft ei­ne Ände­rung der Hand­werks­ord­nung for­de­re. Dies zei­ge auch der Ver­gleich mit dem Ta­rif­ver­trags­ge­setz, das eben­falls nicht zwi­schen Mit­glied­schaf­ten in den Ar­beit­ge­ber­verbänden mit und oh­ne Ta­rif­bin­dung un­ter­schei­de, ei­ne sol­che vom Bun­des­ar­beits­ge­richt auch oh­ne Zu­tun des Ge­setz­ge­bers aber für zulässig er­ach­tet wor­den sei.

Die Kläge­rin be­an­tragt,

das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Braun­schweig - 1. Kam­mer - vom 19. De­zem­ber 2013 zu ändern und die Be­klag­te un­ter Auf­he­bung ih­res Be­schei­des vom 18. Ja­nu­ar 2013 zu ver­pflich­ten, die Be­schluss­fas­sung der In­nungs­ver­samm­lung der Kläge­rin vom 14. No­vem­ber 2012 über die Neu­fas­sung der Sat­zung zu ge­neh­mi­gen.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Auch sie ver­tieft ihr erst­in­stanz­li­ches Vor­brin­gen. Der von der Kläge­rin ge­zo­ge­ne Schluss, die Frei­wil­lig­keit bei dem Ab­schluss von Ta­rif­verträgen ge­stat­te auch die Einführung der OT-Mit­glied­schaft, ge­he fehl. Zwar dürfe die In­nung frei ent­schei­den, ob sie Ta­rif­verträge schließe, dies könne auf­grund der Vor­ga­be des § 58 Abs. 4 der Hand­werks­ord­nung aber nur mit ein­heit­li­cher Wir­kung für al­le (Voll-)Mit­glie­der ge­sche­hen. Hier­mit un­ver­ein­bar sei es, die OT-Mit­glie­der von be­stimm­ten in­nungs­in­ter­nen Wil­lens­bil­dungs­pro­zes­sen aus­zu­sch­ließen, wie es in der Sat­zung der Kläge­rin in Um­set­zung der Vor­ga­ben des Bun­des­ar­beits­ge­richts ge­sche­hen sei. Das Ver­bot des § 58 Abs. 4 der Hand­werks­ord­nung, zu­guns­ten ein­zel­ner Mit­glie­der von der Ta­rif­bin­dung ab­zu­wei­chen, könne al­lein der Ge­setz­ge­ber auf­he­ben. Hierfür spre­che auch das in der Hand­werks­ord­nung auf­ein­an­der ab­ge­stimm­te Gefüge von In­nun­gen als Körper­schaf­ten des öffent­li­chen Rechts und Lan­des­in­nungs­verbänden als ju­ris­ti­schen Per­so­nen des Pri­vat­rechts. Auch die von der Kläge­rin in An­leh­nung an Be­stim­mun­gen des Ta­rif­ver­trags­ge­set­zes vor­ge­nom­me­ne Aus­le­gung des § 58 Abs. 1 der Hand­werks­ord­nung könne nicht über­zeu­gen. Denn In­nun­gen un­terlägen als öffent­lich-recht­li­che Körper­schaf­ten dem or­ga­ni­sa­ti­ons­recht­li­chen Ge­set­zes­vor­be­halt. Nur in dem hier­durch be­stimm­ten Rah­men dürf­ten sie sat­zungs­recht­li­che Re­ge­lun­gen tref­fen. Die pri­vat­recht­li­chen Ar­beit­ge­ber­verbände un­terlägen die­sen Be­schränkun­gen nicht, son­dern dürf­ten die Mit­glied­schafts­rech­te al­lein durch Sat­zung be­stim­men. Die OT-Mit­glied­schaft ver­s­toße auch ge­gen § 54 Abs. 3 Nr. 1 der Hand­werks­ord­nung, denn die dort der In­nung ein­geräum­te Be­fug­nis Ta­rif­verträge zu schließen, wer­de sat­zungsmäßig dar­auf be­schränkt, Ta­rif­verträge für Mit­glie­der mit Ta­rif­bin­dung zu schließen. Die­se Be­schränkung sei ge­setz­lich nicht vor­ge­se­hen. Dem könne die Kläge­rin nicht ent­ge­gen hal­ten, dass sie sich in ei­nem pri­vat­recht­li­chen Re­ge­lungs­be­reich be­we­ge und als Ta­rif­part­ne­rin han­de­le. Or­ga­ni­sa­ti­ons­fra­gen der Kläge­rin, wie hier die OT-Mit­glied­schaft, sei­en stets öffent­lich-recht­li­cher Na­tur und stell­ten auch kein Han­deln als Ta­rif­part­ner dar, son­dern al­len­falls die Vor­be­rei­tung ei­nes sol­chen Han­delns. Selbst wenn die Einführung ei­ner OT-Mit­glied­schaft bei In­nun­gen nach Maßga­be der ar­beits­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung zulässig wäre, erfülle die Sat­zung der Kläge­rin die sich da­nach er­ge­ben­den Vor­aus­set­zun­gen nicht.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Vor­brin­gens der Be­tei­lig­ten und des Sach­ver­halts wird auf die Ge­richts­ak­te und die bei­ge­zo­ge­nen Ver­wal­tungs­vorgänge der Be­klag­ten (Bei­ak­te A) ver­wie­sen, die Ge­gen­stand der münd­li­chen Ver­hand­lung ge­we­sen sind.

Ent­schei­dungs­gründe

Die nach Zu­las­sung durch das Ver­wal­tungs­ge­richt statt­haf­te Be­ru­fung der Kläge­rin ist zulässig und be­gründet. Das Ver­wal­tungs­ge­richt hat die Kla­ge zu Un­recht ab­ge­wie­sen. Die Kla­ge ist zulässig und be­gründet.

Der Zulässig­keit der Kla­ge steht die Rechts­kraft der vor­aus­ge­gan­ge­nen Ent­schei­dung des Ver­wal­tungs­ge­richts Braun­schweig vom 17. März 2010 - 1 A 274/08 - nicht ent­ge­gen.

Nach § 121 Nr. 1 Vw­GO wer­den die Be­tei­lig­ten durch rechts­kräfti­ge Ur­tei­le ge­bun­den, so­weit über den Streit­ge­gen­stand ent­schie­den wor­den ist. Die Rechts­kraft ei­nes Ur­teils soll ver­hin­dern, dass die aus ei­nem fest­ge­stell­ten Tat­be­stand her­ge­lei­te­te Rechts­fol­ge, über die durch ein Ur­teil rechts­kräftig ent­schie­den wor­den ist, bei un­veränder­ter Sach- und Rechts­la­ge - mit der Ge­fahr un­ter­schied­li­cher Er­geb­nis­se - er­neut zum Ge­gen­stand ei­nes Ver­fah­rens zwi­schen den­sel­ben Be­tei­lig­ten ge­macht wird. Das Ge­richt ist im Fol­ge­ver­fah­ren an ei­ner er­neu­ten Sach­prüfung ge­hin­dert (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.10.2012 - BVerwG 2 C 41.11 -, NVwZ-RR 2013, 320, 321 f. mit wei­te­ren Nach­wei­sen). Der In­halt des for­mell rechts­kräfti­gen Ur­teils und da­mit der Um­fang der Rechts­kraft ist der Ent­schei­dung im Gan­zen zu ent­neh­men. Maßge­bend ist in ers­ter Li­nie die Ur­teils­for­mel. Lässt die Ur­teils­for­mel den In­halt der Ent­schei­dung nicht mit Si­cher­heit er­ken­nen, sind Tat­be­stand und Ent­schei­dungs­gründe, er­for­der­li­chen­falls auch das Par­tei­vor­brin­gen ergänzend her­an­zu­zie­hen (vgl. BVerwG, Be­schl. v. 30.6.2014 - BVerwG 2 B 99.13 -, ju­ris Rn. 14; Urt. v. 21.9.1984 - BVerwG 8 C 4.82 -, BVerw­GE 70, 159, 161 je­weils mit wei­te­ren Nach­wei­sen).

Die Rechts­kraft des Ur­teils des Ver­wal­tungs­ge­richts Braun­schweig vom 17. März 2010 - 1 A 274/08 - er­streckt sich da­nach al­lein auf die von der In­nungs­ver­samm­lung der Kläge­rin 2007 be­schlos­se­ne Neu­fas­sung ih­rer Sat­zung und die von der Be­klag­ten mit Be­scheid vom 20. Au­gust 2008 ver­wei­ger­te Ge­neh­mi­gung die­ser Be­schluss­fas­sung. Dem­ge­genüber ist Streit­ge­gen­stand des nun­mehr anhängi­gen Ver­fah­rens die Be­schluss­fas­sung der In­nungs­ver­samm­lung der Kläge­rin über die Neu­fas­sung ih­rer Sat­zung vom 14. No­vem­ber 2012 und die von der Be­klag­ten mit Be­scheid vom 18. Ja­nu­ar 2013 ver­wei­ger­te Ge­neh­mi­gung die­ser Be­schluss­fas­sung. Auch wenn die 2007 und 2012 be­schlos­se­nen Sat­zungsände­run­gen bei­de auf die Einführung ei­ner OT-Mit­glied­schaft ge­rich­tet sind, un­ter­schei­den sich die geänder­ten Sat­zungs­be­stim­mun­gen doch deut­lich. Es fehlt da­mit er­sicht­lich an ei­ner un­veränder­ten Sach­la­ge, um ei­ne der Zulässig­keit der Kla­ge ent­ge­gen­ste­hen­de Rechts­kraft­wir­kung der vor­aus­ge­gan­ge­nen Ent­schei­dung des Ver­wal­tungs­ge­richts Braun­schweig vom 17. März 2010 - 1 A 274/08 - an­neh­men zu können. Dass das Ver­wal­tungs­ge­richt sich mit den auch hier ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Rechts­fra­gen be­reits be­fasst hat, ver­mag die Wir­kun­gen des § 121 Nr. 1 Vw­GO nicht aus­zulösen.

Die Kla­ge ist auch be­gründet.

Der Kläge­rin steht ein An­spruch auf Ver­pflich­tung der Be­klag­ten, die Be­schluss­fas­sung der In­nungs­ver­samm­lung der Kläge­rin vom 14. No­vem­ber 2012 über die Neu­fas­sung der Sat­zung zu ge­neh­mi­gen, zu. Der die­se Ge­neh­mi­gung ver­sa­gen­de Be­scheid der Be­klag­ten vom 18. Ja­nu­ar 2013 ist rechts­wid­rig und ver­letzt die Kläge­rin ih­ren Rech­ten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Vw­GO; vgl. zur sub­jek­ti­ven Rechts­ver­let­zung bei Kla­gen ei­ner öffent­lich-recht­li­chen Selbst­ver­wal­tungskörper­schaft ge­gen rechts­auf­sichts­behörd­li­che Ent­schei­dun­gen: BVerwG, Urt. v. 25.4.1972 - BVerwG I C 3.70 -, Buch­holz 451.45 § 75 HwO Nr. 1; Be­th­ge, Grund­fra­gen in­ner­or­ga­ni­sa­ti­ons­recht­li­chen Rechts­schut­zes, in: DVBl. 1980, 309, 312 f.; Kluth, Hand­buch des Kam­mer­rechts, Rn. 81 je­weils m.w.N.).

Nach § 61 Abs. 3 und Abs. 2 Nr. 8 des Ge­set­zes zur Ord­nung des Hand­werks (Hand­werks­ord­nung - HwO -) vom 17. Sep­tem­ber 1953 (BGBl. I S. 1411) in der hier maßgeb­li­chen, zu­letzt durch Ge­setz vom 25. Ju­li 2013 (BGBl. I S. 2749) geänder­ten Fas­sung be­darf die Be­schluss­fas­sung über die Ände­rung der Sat­zung der Hand­werks­in­nung der Ge­neh­mi­gung durch die Hand­werks­kam­mer. Die Ge­neh­mi­gung und auch die sie ab­leh­nen­de Ent­schei­dung der Hand­werks­kam­mer sind je­den­falls ge­genüber der sat­zungs­ge­ben­den In­nung Ver­wal­tungs­ak­te (vgl. Kor­mann, Der auf­sicht­li­che Ge­neh­mi­gungs­akt im Hand­werks­recht - Na­tur und Mo­da­lität der Ent­schei­dung, in: Ge­wArch 1996, 393, 396; Stel­kens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 35 Rn. 182a mit wei­te­ren Nach­wei­sen). Die Ge­neh­mi­gung ist, oh­ne dass der nach § 75 HwO le­dig­lich zur Rechts­auf­sicht ge­genüber der In­nung be­fug­ten Hand­werks­kam­mer ein Er­mes­sen zu­steht (vgl. Kor­mann, Rechts­an­spruch der In­nung auf Ge­neh­mi­gung oder Er­mes­sens­ent­schei­dung der Hand­werks­kam­mer ?, in: Ge­wArch 1996, 41, 46; an­de­rer An­sicht: Detter­beck, HwO, 4. Aufl., § 61 Rn. 17; Schwan­ne­cke, Die Deut­sche Hand­werks­ord­nung, Stand: März 2014, HwO, § 61 Rn. 6), zu er­tei­len, wenn die Be­schluss­fas­sung über die Ände­rung der Sat­zung for­mell und ma­te­ri­ell rechtmäßig ist (vgl. § 56 Abs. 2 Nr. 1 HwO und BVerwG, Urt. v. 17.3.1992 - BVerwG 1 C 31.89 -, BVerw­GE 90, 88, 90; Detter­beck, a.a.O., § 61 Rn. 19; Schwan­ne­cke, a.a.O., Die Ent­wick­lung des Deut­schen Hand­werks­rechts, S. 27, und § 61 Rn. 6).

Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind hier erfüllt. Die Be­schluss­fas­sung der In­nungs­ver­samm­lung der Kläge­rin vom 14. No­vem­ber 2012 über die Neu­fas­sung der Sat­zung ist for­mell und ma­te­ri­ell rechtmäßig.

Die Be­schluss­fas­sung der In­nungs­ver­samm­lung der Kläge­rin vom 14. No­vem­ber 2012 über die Neu­fas­sung der Sat­zung ist for­mell rechtmäßig.

Die In­nungs­ver­samm­lung der Kläge­rin war für die Be­schluss­fas­sung über die Ände­rung der Sat­zung nach § 61 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 8 der Hand­werks­ord­nung in der in­so­weit maßgeb­li­chen zu­letzt durch Ge­setz vom 20. De­zem­ber 2011 (BGBl. I S. 2854) geänder­ten Fas­sung zuständig. Die Mit­glie­der der In­nung sind mit Schrei­ben vom 18. Ok­to­ber 2012 zu der In­nungs­ver­samm­lung ge­la­den wor­den. Das Ein­la­dungs­schrei­ben be­zeich­net, wie von § 62 Abs. 1 HwO ge­for­dert, als Ge­gen­stand der In­nungs­ver­samm­lung auch die Erläute­rung, Erörte­rung und Be­schluss­fas­sung über die Neu­fas­sung der In­nungs­sat­zung. Die La­dungs­frist von ei­ner Wo­che nach § 25 Satz 1 der gel­ten­den Sat­zung der Kläge­rin ist ge­wahrt. Der Be­schluss über die Neu­fas­sung der Sat­zung ist von den er­schie­ne­nen sechs­und­zwan­zig In­nungs­mit­glie­dern ein­stim­mig ge­fasst wor­den. Er genügt da­mit den Er­for­der­nis­sen des § 62 Abs. 2 Satz 2 HwO.

Die Be­schluss­fas­sung der In­nungs­ver­samm­lung der Kläge­rin vom 14. No­vem­ber 2012 über die Neu­fas­sung der Sat­zung ist auch ma­te­ri­ell rechtmäßig.

Hand­werks­in­nun­gen sind frei­wil­li­ge Zu­sam­men­schlüsse der In­ha­ber von Be­trie­ben des glei­chen zu­las­sungs­pflich­ti­gen Hand­werks oder des glei­chen hand­werksähn­li­chen Ge­wer­bes oder sol­cher Hand­wer­ke oder hand­werksähn­li­cher Ge­wer­be, die sich fach­lich oder wirt­schaft­lich na­he ste­hen, zur Förde­rung ih­rer ge­mein­sa­men ge­werb­li­chen In­ter­es­sen in­ner­halb ei­nes be­stimm­ten Be­zirks (§ 52 Abs. 1 Satz 1 HwO). Dem fol­gend be­steht die zen­tra­le Auf­ga­be der Hand­werks­in­nung dar­in, die ge­mein­sa­men ge­werb­li­chen In­ter­es­sen ih­rer Mit­glie­der zu fördern (§ 54 Abs. 1 Satz 1 HwO, sog. Pflicht­auf­ga­ben). Ins­be­son­de­re hat sie den Ge­mein­geist und die Be­rufs­eh­re zu pfle­gen und ein gu­tes Verhält­nis zwi­schen Meis­tern, Ge­sel­len und Lehr­lin­gen an­zu­stre­ben (§ 54 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 2 HwO), ent­spre­chend den Vor­schrif­ten der Hand­werks­kam­mer die Lehr­lings­aus­bil­dung zu re­geln und zu über­wa­chen so­wie für die be­ruf­li­che Aus­bil­dung der Lehr­lin­ge zu sor­gen und ih­re cha­rak­ter­li­che Ent­wick­lung zu fördern und die Ge­sel­len­prüfun­gen ab­zu­neh­men und hierfür Ge­sel­len­prüfungs­ausschüsse zu er­rich­ten, so­fern sie von der Hand­werks­kam­mer da­zu ermäch­tigt ist (§ 54 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 3 und 4 HwO), das hand­werk­li­che Können der Meis­ter und Ge­sel­len zu fördern: Zu die­sem Zweck kann sie ins­be­son­de­re Fach­schu­len er­rich­ten oder un­terstützen und Lehrgänge ver­an­stal­ten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 HwO), bei der Ver­wal­tung der Be­rufs­schu­len gemäß den bun­des- und lan­des­recht­li­chen Be­stim­mun­gen mit­wir­ken (§ 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 HwO), das Ge­nos­sen­schafts­we­sen im Hand­werk fördern (§ 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 HwO), über An­ge­le­gen­hei­ten der in ihr ver­tre­te­nen Hand­wer­ke den Behörden Gut­ach­ten und Auskünf­te er­stat­ten, die sons­ti­gen hand­werk­li­chen Or­ga­ni­sa­tio­nen und Ein­rich­tun­gen in der Erfüllung ih­rer Auf­ga­ben zu un­terstützen und die von der Hand­werks­kam­mer in­ner­halb ih­rer Zuständig­keit er­las­se­nen Vor­schrif­ten und An­ord­nun­gen durchführen (§ 54 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 8 bis 10 HwO). Die Hand­werks­in­nung soll darüber hin­aus nach § 54 Abs. 2 HwO zwecks Erhöhung der Wirt­schaft­lich­keit der Be­trie­be ih­rer Mit­glie­der Ein­rich­tun­gen zur Ver­bes­se­rung der Ar­beits­wei­se und der Be­triebsführung schaf­fen und fördern, bei der Ver­ge­bung öffent­li­cher Lie­fe­run­gen und Leis­tun­gen die Ver­ge­bungs­stel­len be­ra­ten und das hand­werk­li­che Pres­se­we­sen un­terstützen (sog. Soll-Auf­ga­ben). Außer­dem kann die Hand­werks­in­nung Ta­rif­verträge ab­sch­ließen, so­weit und so­lan­ge sol­che Verträge nicht durch den In­nungs­ver­band für den Be­reich der Hand­werks­in­nung ge­schlos­sen sind (§ 54 Abs. 3 Nr. 1 HwO), für ih­re Mit­glie­der und de­ren An­gehöri­ge Un­terstützungs­kas­sen für Fälle der Krank­heit, des To­des, der Ar­beits­unfähig­keit oder sons­ti­ger Bedürf­tig­keit er­rich­ten (§ 54 Abs. 3 Nr. 2 HwO), bei Strei­tig­kei­ten zwi­schen den In­nungs­mit­glie­dern und ih­ren Auf­trag­ge­bern auf An­trag ver­mit­teln (§ 54 Abs. 3 Nr. 3 HwO) und auch sons­ti­ge Maßnah­men zur Förde­rung der ge­mein­sa­men ge­werb­li­chen In­ter­es­sen der In­nungs­mit­glie­der durchführen (§ 54 Abs. 4 HwO, sog. Kann-Auf­ga­ben).

So­weit die­se Auf­ga­ben Ver­wal­tungs­auf­ga­ben sind (et­wa nach § 54 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 3, 4, 6 und 8 bis 10 HwO), han­delt die In­nung als Teil der im wei­te­ren Sin­ne staat­li­chen Ver­wal­tung und kann ho­heit­li­che Be­fug­nis­se in An­spruch neh­men. Im Übri­gen, mit­hin so­weit die Auf­ga­ben auf die Förde­rung der ge­mein­sa­men ge­werb­li­chen In­ter­es­sen der In­nungs­mit­glie­der ge­rich­tet sind (et­wa nach § 54 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nrn. 1 und 2, Abs. 2 Nrn. 1 und 3 HwO), han­delt die In­nung als be­rufsständi­sche Or­ga­ni­sa­ti­on (vgl. zu die­ser Ab­gren­zung: BVerfG, Be­schl. v. 7.12.2001 - 1 BvR 1806/98 -, NVwZ 2002, 335, 336 ("zwei un­ter­scheid­ba­re Auf­ga­ben­kom­ple­xe" (zur IHK)); Be­schl. v. 31.10.1984 - 1 BvR 35/82 u.a. -, BVerfGE 68, 193, 208 ("Dop­pel­na­tur"); BVerwG, Urt. v. 26.4.2006 - BVerwG 6 C 19.05 -, BVerw­GE 125, 384, 392; Bie­back, Die öffent­li­che Körper­schaft, 1976, S. 315 f.; Fröhler/Obern­dor­fer, Körper­schaf­ten des öffent­li­chen Rechts und In­ter­es­sen­ver­tre­tung, 1974, S. 32 f.; Leis­ner, Öffent­lich­recht­li­che oder pri­vat­recht­li­che Körper­schafts­rechts­form für In­nun­gen, Kreis­hand­wer­ker­schaf­ten und In­nungs­verbände ?, in: Ge­wArch 2011, 470, 472 f.; Schup­pert, Die Erfüllung öffent­li­cher Auf­ga­ben durch ver­selbständig­te Ver­wal­tungs­ein­hei­ten, 1981, S. 162 f. je­weils mit wei­te­ren Nach­wei­sen). Die­se rein funk­tio­na­le (vgl. Schup­pert, a.a.O., S. 163 f.) und durch­aus mit prak­ti­schen Schwie­rig­kei­ten (vgl. hier­zu Leis­ner, a.a.O., S. 472) ver­bun­de­ne Tren­nung nach Auf­ga­ben­fel­dern be­trifft den Sta­tus der In­nung nicht. Sie han­delt stets als Körper­schaft des öffent­li­chen Rechts; nur als sol­che ist sie nach § 53 Satz 1 HwO kon­sti­tu­iert und nach § 53 Satz 2 HwO rechtsfähig (vgl. kri­tisch zur Ver­fas­sung der In­nung als Körper­schaft des öffent­li­chen Rechts: Ge­setz­ent­wurf der Frak­tio­nen SPD und Bünd­nis 90/Die Grünen, Ent­wurf ei­nes Drit­ten Ge­set­zes zur Ände­rung der Hand­werks­ord­nung und an­de­rer hand­werks­recht­li­cher Vor­schrif­ten, BT-Drs. 15/1206, S. 38). Es be­geg­net von Ver­fas­sungs we­gen auch kei­nen Be­den­ken, dass die In­nung als Körper­schaft des öffent­li­chen Rechts ne­ben den Ver­wal­tungs­auf­ga­ben auch die Förde­rung der ge­mein­sa­men ge­werb­li­chen In­ter­es­sen der In­nungs­mit­glie­der wahr­nimmt. Denn die In­ter­es­sen­ver­tre­tung oder bes­ser: die "Förde­rung der ge­mein­sa­men ge­werb­li­chen In­ter­es­sen" ist - im Ver­gleich zu (staat­li­chen) Ver­wal­tungs­auf­ga­ben - nicht nur pri­vat­recht­lich ver­fass­ten Körper­schaf­ten vor­be­hal­ten; sie kann auch Auf­ga­be öffent­lich-recht­li­cher Körper­schaf­ten und Wahr­neh­mung öffent­li­cher Be­lan­ge sein (vgl. BVerfG, Be­schl. v. 7.12.2001, a.a.O., S. 336 f.; Be­schl. v. 9.5.1972 - 1 BvR 518/62 u.a. -, BVerfGE 33, 125, 157; Be­schl. v. 19.12.1962 - 1 BvR 541/57 -, BVerfGE 15, 235, 241; BAG, Urt. v. 6.5.2003 - 1 AZR 241/02 -, ju­ris Rn. 18; Fröhler/Obern­dor­fer, a.a.O., S. 9 f.; Klei­ne-Co­sack, Be­rufsständi­sche Au­to­no­mie und Grund­ge­setz, 1986, a.a.O., S. 155 f.; Leis­ner, a.a.O., S. 472 f.). Fol­ge die­ser Ver­fas­sung als Körper­schaft des öffent­li­chen Rechts ist, dass die In­nung - un­abhängig von dem Auf­ga­ben­feld - nur im Rah­men der ihr vom Ge­setz­ge­ber ein­geräum­ten Be­fug­nis­se han­deln kann (so­ge­nann­te ul­tra-vi­res-Leh­re, vgl. BGH, Urt. v. 28.2.1956 - I ZR 84/54 -, BGHZ 20, 119, 124; Se­nats­urt. v. 11.3.2010 - 8 LB 9/08 -, NVwZ-RR 2010, 639, 641; Wolff, Die Ul­tra-vi­res-Leh­re in der mit­tel­ba­ren Staats­ver­wal­tung, in: Ver­wArch 2014, 1 f.). Auch ei­ne Be­fug­nis zur Ge­stal­tung der in­ter­nen Rechts­verhält­nis­se durch Sat­zung kann al­lein auf staat­li­cher Ver­lei­hung be­ru­hen. Man­gels ei­ner ver­fas­sungs­recht­li­chen Ga­ran­tie der Sat­zungs­au­to­no­mie ei­ner Hand­werks­in­nung (vgl. Klei­ne-Co­sack, a.a.O., S. 77 f.) be­steht die­se al­lein nach Maßga­be und im Rah­men des staat­li­chen Rechts (vgl. Isen­see/Kirch­hof, Hand­buch des Staats­rechts, Band III, § 66 Rn. 26).

Den so be­stimm­ten Rah­men der Sat­zungs­be­fug­nis wahrt die Be­schluss­fas­sung der In­nungs­ver­samm­lung der Kläge­rin vom 14. No­vem­ber 2012 über die Neu­fas­sung der Sat­zung und die dort in §§ 3 Abs. 3 Nr. 2, 6a, 13 Abs. 1 und 37 Abs. 4 vor­ge­se­he­ne OT-Mit­glied­schaft.

Nach § 55 Abs. 1 HwO hat die Hand­werks­in­nung ih­re Auf­ga­ben, ih­re Ver­wal­tung und die Rechts­verhält­nis­se ih­rer Mit­glie­der, so­weit ge­setz­lich nichts darüber be­stimmt ist, durch die Sat­zung zu re­geln. Die Sat­zung muss nach § 55 Abs. 2 Nr. 4 HwO auch Be­stim­mun­gen über die Rech­te und Pflich­ten der Mit­glie­der ent­hal­ten.

Von der so be­schrie­be­nen Be­fug­nis sind oh­ne Wei­te­res die in §§ 3 Abs. 3 Nr. 2, 6a, 13 Abs. 1 und 37 Abs. 4 der Sat­zung ge­trof­fe­nen Be­stim­mun­gen um­fasst. Die­se re­geln Rech­te und Pflich­ten der In­nungs­mit­glie­der, wie de­ren Bin­dung an von der Kläge­rin ge­schlos­se­ne Ta­rif­verträge und de­ren Mit­wir­kungs­rech­te an in­nungs­in­ter­nen Wil­lens­bil­dungs­pro­zes­sen.

Die­se in der Sat­zung der Kläge­rin ge­trof­fe­nen Be­stim­mun­gen sind auch nicht des­halb un­zulässig, weil sie ei­nem in­sti­tu­tio­nel­len oder or­ga­ni­sa­to­ri­schen Ge­set­zes­vor­be­halt un­ter­lie­gen (an­de­rer An­sicht: Kluth, Die Zulässig­keit ei­ner Mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung in Hand­werks­in­nun­gen, 2013, S. 48 f.).

Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts be­steht über die grund­recht­li­chen und be­son­de­ren Ge­set­zes­vor­be­hal­te hin­aus ein aus dem De­mo­kra­tie­prin­zip her­zu­lei­ten­der all­ge­mei­ner Vor­be­halt des Ge­set­zes, da mit der Ver­selbstständi­gung von Ver­wal­tungs­ein­hei­ten un­mit­tel­bar auch ei­ne Ein­schränkung der par­la­men­ta­ri­schen Kon­trol­le ver­bun­den ist (vgl. OVG Nord­rhein-West­fa­len, Urt. v. 27.9.1979 - XVI A 2693/78 -, NJW 1980, 1406, 1407; Klei­ne-Co­sack, a.a.O., S. 223 f.; Stel­kens, Or­ga­ni­sa­ti­ons­ge­walt und Or­ga­ni­sa­ti­ons­feh­ler - Vor­aus­set­zun­gen der Er­rich­tung von Behörden und ju­ris­ti­schen Per­so­nen des öffent­li­chen Rechts und Rechts­fol­gen ih­rer Miss­ach­tung, in: LKV 2003, 489, 491 je­weils mit wei­te­ren Nach­wei­sen). Hier­nach ist der Ge­setz­ge­ber ver­pflich­tet, in grund­le­gen­den nor­ma­ti­ven Be­rei­chen, so­weit die­se staat­li­cher Re­ge­lung zugäng­lich sind, al­le we­sent­li­chen Ent­schei­dun­gen selbst zu tref­fen. In wel­chen Be­rei­chen da­nach staat­li­ches Han­deln ei­ner Rechts­grund­la­ge im förm­li­chen Ge­setz be­darf, lässt sich nur mit Blick auf den je­wei­li­gen Sach­be­reich und die In­ten­sität der ge­plan­ten oder ge­trof­fe­nen Re­ge­lung er­mit­teln. Die ver­fas­sungs­recht­li­chen Wer­tungs­kri­te­ri­en sind da­bei in ers­ter Li­nie den tra­gen­den Prin­zi­pi­en des Grund­ge­set­zes, ins­be­son­de­re den vom Grund­ge­setz an­er­kann­ten und verbürg­ten Grund­rech­ten zu ent­neh­men. Nach den glei­chen Maßstäben be­ur­teilt sich, ob der Ge­setz­ge­ber, wie der ver­fas­sungs­recht­li­che Ge­set­zes­vor­be­halt wei­ter for­dert, mit der zur Prüfung vor­ge­leg­ten Norm die we­sent­li­chen nor­ma­ti­ven Grund­la­gen des zu re­geln­den Rechts­be­reichs selbst fest­ge­legt und dies nicht dem Han­deln et­wa der Ver­wal­tung über­las­sen hat (vgl. BVerfG, Be­schl. v. 10.11.2009 - 1 BvR 1178/07 -, NVwZ 2010, 114, 117; Be­schl. v. 8.8.1978 - 2 BvL 8/77 -, BVerfGE 49, 89, 126 f. je­weils mit wei­te­ren Nach­wei­sen).

Hier­nach liegt es na­he, dass der Ge­setz­ge­ber bei der Er­rich­tung ei­ner Körper­schaft des öffent­li­chen Rechts ne­ben den Gründungs­vor­aus­set­zun­gen, den Auf­ga­ben, den Grundzügen der Bin­nen­ver­fas­sung und der Fi­nan­zie­rung auch zu be­stim­men hat, wer Mit­glied der Körper­schaft wird oder wer­den kann (vgl. Klei­ne-Co­sack, S. 259 f.; Wolff/Ba­chof /Sto­ber/Kluth, Ver­wal­tungs­recht II, 7. Aufl., § 85 Rn. 41). Denn für die Körper­schaft als mit­glied­schaft­lich ver­fass­te ju­ris­ti­sche Per­son (vgl. BVerfG, Urt. v. 6.7.2005 - 2 BvR 2335/95 u.a. -, BVerfGE 113, 128, 149; Wolff/Ba­chof/Sto­ber /Kluth, a.a.O., Rn. 7) sind die Mit­glie­der das we­sent­li­che und prägen­de Ele­ment. Dies gilt al­ler­dings nicht für die körper­schafts­in­ter­nen Rech­te und Pflich­ten der Mit­glie­der. Die­se sind ge­ra­de bei der Körper­schaft oh­ne ei­ne vom Ge­setz­ge­ber an­ge­ord­ne­te Pflicht­mit­glied­schaft, wie der Hand­werks­in­nung, nicht der­art we­sent­lich, dass sie vom Ge­setz­ge­ber selbst ge­re­gelt wer­den müss­ten. Die Aus­ge­stal­tung der mit­glied­schaft­li­chen Rech­te und Pflich­te darf der Ge­setz­ge­ber da­her der Körper­schaft zur au­to­no­men Re­ge­lung durch Sat­zung über­las­sen, wie dies für die Hand­werks­in­nung auch in § 55 Abs. 2 Nr. 4 HwO ge­sche­hen ist.

Die von der In­nungs­ver­samm­lung der Kläge­rin in §§ 3 Abs. 3 Nr. 2, 6a, 13 Abs. 1 und 37 Abs. 4 der Sat­zung be­schlos­se­nen Be­stim­mun­gen sind ent­ge­gen der An­nah­me des Ver­wal­tungs­ge­richts und der Be­klag­ten auch mit den ge­setz­li­chen Vor­ga­ben der Hand­werks­ord­nung ver­ein­bar. Die Hand­werks­ord­nung steht der sat­zungsmäßigen Einführung ei­ner OT-Mit­glied­schaft nicht ent­ge­gen.

Die Einführung der OT-Mit­glied­schaft verstößt zunächst nicht ge­gen §§ 58 Abs. 1, 59 HwO.

Die Be­stim­mun­gen re­geln in Ausübung des auf­ge­zeig­ten in­sti­tu­tio­nel­len Ge­set­zes­vor­be­halts, wer Mit­glied der Hand­werks­in­nung wer­den kann. Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 HwO kann Mit­glied bei der Hand­werks­in­nung je­der In­ha­ber ei­nes Be­triebs ei­nes Hand­werks oder ei­nes hand­werksähn­li­chen Ge­wer­bes wer­den, der das Ge­wer­be ausübt, für wel­ches die Hand­werks­in­nung ge­bil­det ist. Die Hand­werks­in­nung kann nach § 58Abs. 1 Satz 2 HwO durch Sat­zung im Rah­men ih­rer ört­li­chen Zuständig­keit be­stim­men, dass Ge­wer­be­trei­ben­de, die ein dem Ge­wer­be, für wel­ches die Hand­werks­in­nung ge­bil­det ist, fach­lich oder wirt­schaft­lich na­he ste­hen­des hand­werksähn­li­ches Ge­wer­be ausüben, für das kei­ne Aus­bil­dungs­ord­nung er­las­sen wor­den ist, Mit­glied der Hand­werks­in­nung wer­den können. Ne­ben die­sen so­ge­nann­ten or­dent­li­chen Mit­glie­dern kann die Hand­werks­in­nung nach § 59 Satz 1 HwO Gast­mit­glie­der auf­neh­men, die dem Hand­werk, für das die In­nung ge­bil­det ist, be­ruf­lich oder wirt­schaft­lich na­he­ste­hen. Auch ih­re Rech­te und Pflich­ten sind in der Sat­zung zu re­geln: § 59 Satz 3 HwO be­schränkt die Sat­zungs­au­to­no­mie le­dig­lich in­so­weit, als dass Gast­mit­glie­der an der In­nungs­ver­samm­lung nur mit be­ra­ten­der Stim­me teil­neh­men dürfen.

Mit die­sen Be­stim­mun­gen sind vom Ge­setz­ge­ber le­dig­lich Vor­aus­set­zun­gen für den Er­werb der Mit­glied­schaft in der Hand­werks­in­nung for­mu­liert wor­den. §§ 58 Abs. 1 und 59 HwO be­stim­men nur, wer Mit­glied in ei­ner Hand­werks­in­nung wer­den kann (vgl. zur Be­fug­nis der In­nung, sach­lich be­gründe­te ergänzen­de Vor­aus­set­zun­gen für den Er­werb der Mit­glied­schaft sat­zungsmäßig zu be­din­gen: BVerwG, Urt. v. 30.9.1987 - BVerwG 1 C 32.85 -, BVerw­GE 78, 134, 138; Detter­beck, a.a.O., § 58 Rn. 6 mit wei­te­ren Nach­wei­sen). Die­se Vor­aus­set­zun­gen für den Er­werb der Mit­glied­schaft wer­den durch die Re­ge­lun­gen in §§ 3 Abs. 3 Nr. 2, 6a, 13 Abs. 1 und 37 Abs. 4 der Sat­zung nicht berührt, denn die­se be­stim­men nicht, wer Mit­glied in der In­nung wer­den kann, son­dern nur, wel­che Rech­te und Pflich­ten sich aus der Mit­glied­schaft er­ge­ben.

Wei­ter­ge­hen­de Vor­ga­ben des Ge­setz­ge­bers zur Aus­ge­stal­tung der in­nungs­in­ter­nen Rech­te und Pflich­ten der Mit­glie­der ent­hal­ten §§ 58 Abs. 1, 59 HwO - ab­ge­se­hen von der in § 59 Satz 3 HwO ent­hal­te­nen Be­schränkung der nach §§ 59 Satz 2, 55 Abs. 1 und 2 Nr. 4 HwO eröff­ne­ten Sat­zungs­au­to­no­mie - aber nicht (vgl. Schrift­li­cher Be­richt des Aus­schus­ses für Mit­tel­stands­fra­gen (18. Aus­schuss) über den von den Ab­ge­ord­ne­ten Schul­hoff und Ge­nos­sen und der Frak­ti­on der CDU/CSU, Lan­ge (Es­sen) und Ge­nos­sen und der Frak­ti­on der SPD, Opitz und Ge­nos­sen und der Frak­ti­on der FDP ein­ge­brach­ten Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zur Ände­rung der Hand­werks­ord­nung - Druck­sa­che IV/2335 -, An­la­ge zur BT-Drs. IV/34/61 zu Nr. 45). Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ver­wal­tungs­ge­richts er­ge­ben sich aus §§ 58 Abs. 1, 59 HwO auch kei­ne An­halts­punk­te dafür, dass die In­nung nicht be­rech­tigt sein soll, die Rech­te und Pflich­ten der or­dent­li­chen Mit­glie­der (und der Gast­mit­glie­der) sat­zungsmäßig so zu ge­stal­ten, dass Grup­pen or­dent­li­cher Mit­glie­der mit ver­schie­de­nen Rech­ten und Pflich­ten ge­bil­det wer­den, wie es hier mit §§ 3 Abs. 3 Nr. 2, 6a, 13 Abs. 1 und 37 Abs. 4 der Sat­zung für die or­dent­li­chen Mit­glie­der mit und oh­ne Ta­rif­bin­dung ge­sche­hen ist.

Die Einführung der OT-Mit­glied­schaft verstößt auch nicht ge­gen § 58 Abs. 4 HwO.

Aus die­ser Be­stim­mung folgt ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten kein Ge­bot, dass al­le or­dent­li­chen Mit­glie­der ei­ner In­nung die­sel­ben Rech­te und Pflich­ten ha­ben müssen (an­de­rer An­sicht: Detter­beck, a.a.O., § 58 Rn. 15; Schwan­ne­cke, a.a.O., § 58 Rn. 10). § 58 Abs. 4 HwO be­stimmt le­dig­lich, dass von der Erfüllung der ge­setz­li­chen und sat­zungsmäßigen Be­din­gun­gen zu­guns­ten ein­zel­ner Mit­glie­der nicht ab­ge­se­hen wer­den kann.

Von die­sem Wort­laut sind sat­zungsmäßige Be­stim­mun­gen der Rech­te und Pflich­ten von Mit­glie­dern schon nicht er­fasst. Un­ter­sagt sind le­dig­lich Ab­wei­chun­gen von der Erfüllung der sat­zungsmäßigen Be­din­gun­gen, nicht aber Dif­fe­ren­zie­run­gen in Sat­zungs­re­ge­lun­gen selbst. Darüber hin­aus sind nur Ab­wei­chun­gen zu­guns­ten ein­zel­ner Mit­glie­der un­ter­sagt, mit­hin (willkürli­che) Ab­wei­chun­gen von ge­setz­li­chen und sat­zungsmäßigen Be­din­gun­gen in kon­kre­ten Ein­z­elfällen, nicht aber dif­fe­ren­zie­ren­de ab-strak­te Sat­zungs­re­ge­lun­gen, die ei­ne Grup­pe, al­so ei­ne Viel­zahl von Mit­glie­dern be­tref­fen können (so auch Detter­beck, a.a.O., § 58 Rn. 15; Schwan­ne­cke, a.a.O., § 58 Rn. 10). Sat­zungs­re­geln, die mit­glied­schaft­li­che Rech­te nach abs­trak­ten Kri­te­ri­en be­schränken, wer­den da­nach, so­weit er­sicht­lich, durch­weg für zulässig er­ach­tet (vgl. et­wa zum sat­zungsmäßigen Aus­schluss des Stimm­rechts nach § 63 HwO über die von § 64 HwO ge­re­gel­ten Fälle hin­aus: Detter­beck, a.a.O., § 58 Rn. 6 mit zahl­rei­chen wei­te­ren Nach­wei­sen).

Ei­ne ega­litäre Aus­ge­stal­tung der Mit­glieds­rech­te und -pflich­ten ist Körper­schaf­ten des öffent­li­chen Rechts auch nicht we­sens­im­ma­nent. Dif­fe­ren­zie­run­gen sind aus sach­li­chen Gründen viel­mehr grundsätz­lich zulässig, et­wa zur Durch­set­zung grund­recht­li­cher Schutz­wir­kun­gen, zum In­ter­es­sen­aus­gleich oder wenn dies der Ei­gen­art der Or­ga­ni­sa­ti­on und der von ihr wahr­zu­neh­men­den Auf­ga­ben ent­spricht (vgl. BVerfG, Be­schl. v. 5.12.2002 - 2 BvL 5/98 u.a. -, BVerfGE 107, 59, 92 f.; Be­schl. v. 22.5.1979 - 2 BvR 193/79 u.a. -, BVerfGE 51, 222, 235 f.; Be­schl. v. 9.4.1975 - 1 BvL 6/74 -, BVerfGE 39, 247, 255 f.; Wolff/Ba­chof/Sto­ber/Kluth, a.a.O., § 85 Rn. 58, 70 f.).

Die Einführung der OT-Mit­glied­schaft verstößt da­nach auch nicht ge­gen § 63 Satz 1 HwO, wo­nach in der In­nungs­ver­samm­lung die Mit­glie­der der Hand­werks­in­nung stimm­be­rech­tigt sind.

Ab­ge­se­hen da­von, dass nach Vor­ste­hen­dem ein sat­zungsmäßiger Aus­schluss von die­sem Stimm­recht nach abs­trak­ten Kri­te­ri­en, wie hier der OT-Mit­glied­schaft, zulässig ist, ent­hal­ten §§ 3 Abs. 3 Nr. 2, 6a, 13 Abs. 1 und 37 Abs. 4 der Sat­zung hier ei­nen sol­chen Aus­schluss der OT-Mit­glie­der vom Stimm­recht in der In­nungs­ver­samm­lung nicht. § 6a Abs. 3 Satz 1 der Sat­zung be­stimmt zwar, dass OT-Mit­glie­der an Wil­lens- und Ent­schei­dungs­bil­dun­gen der In­nung über In­nungs­ta­rif­verträge oder Ar­beitskämp­fe, wel­che die In­nung oder de­ren Mit­glie­der be­tref­fen, so­wie an hier­mit im Zu­sam­men­hang ste­hen­den so­zi­al­po­li­ti­schen Maßnah­men nicht teil­neh­men. Die­se Wil­lens- und Ent­schei­dungs­bil­dun­gen über In­nungs­ta­rif­verträge oder Ar­beitskämp­fe, wel­che die In­nung oder de­ren Mit­glie­der be­tref­fen, so­wie hier­mit im Zu­sam­men­hang ste­hen­de so­zi­al­po­li­ti­sche Maßnah­men sind nach § 37 Abs. 4 Satz 6 der Sat­zung aber dem nach § 37 Abs. 4 Satz 1 der Sat­zung von der In­nungs­ver­samm­lung ge­bil­de­ten so­zi­al­po­li­ti­schen Aus­schuss über­tra­gen wor­den, dem nach § 37 Abs. 4 Satz 5 der Sat­zung nur Mit­glie­der mit Ta­rif­bin­dung (T-Mit­glie­der) an­gehören dürfen. Da­mit sind al­len­falls die Stimm­rech­te von OT-Mit­glie­dern im so­zi­al­po­li­ti­schen Aus­schuss der In­nung, nicht aber in der In­nungs­ver­samm­lung be­schränkt wor­den.

Die vor­ge­nom­me­ne Über­tra­gung der ge­nann­ten An­ge­le­gen­hei­ten an ei­nen Aus­schuss ge­stat­tet § 61 Abs. 1 Satz 1 Halb­satz 2 HwO, oh­ne dass in­so­weit im Ka­ta­log des § 61 Abs. 2 HwO ein Vor­be­halt zu­guns­ten der In­nungs­ver­samm­lung for­mu­liert ist. Der Über­tra­gung steht auch nicht § 67 Abs. 1 HwO ent­ge­gen, wo­nach Ausschüsse nur "zur Wahr­neh­mung ein­zel­ner An­ge­le­gen­hei­ten" ge­bil­det wer­den dürfen. Die­se Be­stim­mung schließt le­dig­lich aus, dass al­le Auf­ga­ben ei­nes In­nungs­or­gans auf ei­nen Aus­schuss über­tra­gen wer­den (vgl. Schwan­ne­cke, a.a.O., § 67 Rn. 2). Im Übri­gen sind, wie auch die be­son­de­ren Ausschüsse nach § 67 Abs. 2 und 3 HwO zei­gen, Über­tra­gun­gen be­stimm­ter Auf­ga­ben(-be­rei­che) auf Ausschüsse in wei­tem Um­fang möglich.

Die Einführung der OT-Mit­glied­schaft verstößt ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ver­wal­tungs­ge­richts auch nicht ge­gen § 54 Abs. 3 Nr. 1 HwO.

Mit die­ser Be­stim­mung räumt der Ge­setz­ge­ber der In­nung die - zum Lan­des- und Bun­des­in­nungs­ver­band sub­si­diäre (vgl. Schwan­ne­cke, a.a.O., § 54 Rn. 28) - Ta­riffähig­keit ein. Die Hand­werks­in­nung kann Ta­rif­verträge ab­sch­ließen, so­weit und so­lan­ge sol­che Verträge nicht durch den In­nungs­ver­band für den Be­reich der Hand­werks­in­nung ge­schlos­sen sind. Die­se Be­stim­mung hat das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt (Urt. v. 19.10.1966 - 1 BvL 24/65 -, BVerfGE 20, 312 f.) für mit dem Grund­ge­setz ver­ein­bar erklärt und fest­ge­stellt, dass Art. 9 Abs. 3 GG die Ver­lei­hung der Ta­riffähig­keit an die In­nun­gen und die In­nungs­verbände durch den ein­fa­chen Ge­setz­ge­ber nicht aus­sch­ließe. Die Ta­riffähig­keit der In­nung sei auch mit der ne­ga­ti­ven Ko­ali­ti­ons­frei­heit des ein­zel­nen Hand­wer­kers ver­ein­bar. Der ein­zel­ne Hand­wer­ker, der sich der Ta­rif­macht der In­nung ent­zie­hen, et­wa ei­nem be­son­de­ren Ar­beit­ge­ber­ver­band bei­tre­ten oder über­haupt nicht so­zi­al­po­li­tisch or­ga­ni­siert sein will, müsse zwar zu­gleich auf die all­ge­mei­nen, durch die Hand­werks­ord­nung gewähr­ten Vor­tei­le der Zu­gehörig­keit zur In­nung ver­zich­ten. Die­se in der Hand­werks­ord­nung an­ge­leg­te Kop­pe­lung der Zu­gehörig­keit zu ei­nem ta­riffähi­gen Ver­band mit den Vor­tei­len ei­ner öffent­lich­recht­li­chen Be­rufs­or­ga­ni­sa­ti­on könne für den ein­zel­nen Hand­wer­ker ei­nen ge­wis­sen Druck be­deu­ten, die Ta­rif­macht der In­nung an­zu­neh­men und von dem Bei­tritt zu ei­ner be­son­de­ren Ar­beit­ge­ber­or­ga­ni­sa­ti­on ab­zu­se­hen. Dies dürfe aber nicht über­be­wer­tet wer­den, da auch sonst der Frei­heit des Ein­zel­nen, ei­nen Ar­beit­ge­ber­ver­band zu bil­den oder ihm bei­zu­tre­ten, en­ge Gren­zen ge­setzt sei­en.

Auch hier­nach räumt § 54 Abs. 3 Nr. 1 HwO der In­nung aber le­dig­lich ei­ne Be­fug­nis ein, Ta­rif­verträge ab­zu­sch­ließen. Sie ist hier­zu nicht ver­pflich­tet. Sie ist auch nicht ver­pflich­tet, bei Aus­nut­zung der Be­fug­nis nach § 54 Abs. 3 Nr. 1 HwO ei­nen Ta­rif­ver­trag mit Bin­dungs­wir­kung für al­le ih­re or­dent­li­chen Mit­glie­der ab­zu­sch­ließen. Dies er­gibt sich er­sicht­lich nicht aus dem Wort­laut der Be­stim­mung. Dies er­gibt sich auch nicht mit Blick auf die sons­ti­gen Re­ge­lun­gen der Hand­werks­ord­nung, da die In­nung, wie ge­zeigt, nicht ver­pflich­tet ist, al­len or­dent­li­chen Mit­glie­dern glei­che Rech­te und Pflich­ten ein­zuräum­en. Auch al­lein aus dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers, durch die Ver­lei­hung der Ta­riffähig­keit an In­nun­gen und In­nungs­verbände die Ta­rif­au­to­no­mie im Be­reich des Hand­werks zu fördern und den Ge­werk­schaf­ten ei­nen schlag­kräfti­gen Ta­rif­part­ner ge­genüber­zu­stel­len, er­gibt sich ei­ne sol­che Ver­pflich­tung nicht. Der Ge­setz­ge­ber hat aus­drück­lich da­von ab­ge­se­hen, ei­ne Pflicht­mit­glied­schaft in der Hand­werks­in­nung ein­zuführen, und da­mit be­wusst in Kauf ge­nom­men, dass die In­nun­gen nicht al­le selbständi­gen Hand­wer­ker im In­nungs­be­zirk re­präsen­tie­ren und sich hier­aus ei­ne Schwächung ih­rer Ta­rif­macht er­ge­ben kann. Al­lein die Einführung der OT-Mit­glied­schaft be­wirkt da­her ei­ne struk­tu­rel­le Störung der Ver­hand­lungs­pa­rität zwi­schen In­nung und Ta­rif­part­ner nicht (vgl. BAG, Be­schl. v. 18.7.2006 - 1 ABR 36/05 -, ju­ris Rn. 59). Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat dann auch le­dig­lich fest­ge­stellt, dass die Ta­rif­bin­dung der In­nungs­mit­glie­der mit der ne­ga­ti­ven Ko­ali­ti­ons­frei­heit ver­ein­bar ist. Es hat aber nicht ge­for­dert, dass die In­nung die­se Ta­rif­bin­dung auf al­le In­nungs­mit­glie­der gleichmäßig er­streckt.

Auch § 3 Abs. 3 Nr. 2 der Sat­zung, der un­ter Aus­nut­zung der nach § 55 Abs. 1 und 2 Nr. 2 HwO eröff­ne­ten Sat­zungs­au­to­no­mie der Kläge­rin die Be­fug­nis zum Ab­schluss von Ta­rif­verträgen (nur) "für ih­re Mit­glie­der mit Ta­rif­bin­dung (T-Mit­glie­der)" einräumt, verstößt da­her nicht ge­gen § 54 Abs. 3 Nr. 1 HwO.

Die Einführung der OT-Mit­glied­schaft verstößt ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ver­wal­tungs­ge­richts und der Be­klag­ten auch nicht ge­gen §§ 82 Satz 2 Nr. 3, 85 Abs. 2 Satz 1 HwO.

Nach die­sen Be­stim­mun­gen können der Lan­des­in­nungs­ver­band und auch der Bun­des­in­nungs­ver­band Ta­rif­verträge ab­sch­ließen. Die­se Be­fug­nis wird durch die von der Kläge­rin sat­zungsmäßig ein­geführ­te OT-Mit­glied­schaft er­sicht­lich nicht berührt. Dass sich durch die OT-Mit­glied­schaft die Zahl ta­rif­ge­bun­de­ner Hand­werks­be­trie­be im Be­zirk des In­nungs­ver­ban­des ver­rin­gern kann, ist oh­ne Be­lang. Wie be­reits auf­ge­zeigt, hat sich der Ge­setz­ge­ber be­reits auf der Ebe­ne der In­nun­gen ge­gen ei­ne Pflicht­mit­glied­schaft der Hand­werks­be­trie­be ent­schie­den. Glei­ches gilt auf der Ebe­ne der In­nungs­verbände. Auch die In­nung muss dem In­nungs­ver­band bei­tre­ten, um ih­re Mit­glie­der der Bin­dung an vom In­nungs­ver­band ge­schlos­se­ne Ta­rif­verträge zu un­ter­wer­fen (vgl. § 61 Abs. 2 Nr. 9 HwO). Auch die In­nungs­verbände können da­her nicht be­an­spru­chen, al­le Hand­werks­be­trie­be in ih­rem Be­zirk zu re­präsen­tie­ren und in Ta­rif­ver­hand­lun­gen zu ver­tre­ten. Ei­ne da­mit ver­bun­de­ne Schwächung der Ta­rif­macht der In­nungs­verbände ist vom Ge­setz­ge­ber er­sicht­lich in Kauf ge­nom­men wor­den. 

Die von der Be­klag­ten befürch­te­te In­trans­pa­renz für die In­nungs­verbände (und de­ren Ta­rif­part­ner), nicht al­lein an­hand des Bei­tritts ei­ner In­nung er­ken­nen zu können, wel­che ih­rer Mit­glie­der ta­rif­ge­bun­den sind, ver­letzt kei­ne Be­stim­mun­gen der Hand­werks­ord­nung. Sie berührt die Rechtmäßig­keit ei­ner sat­zungsmäßigen Einführung der OT-Mit­glied­schaft da­her nicht. Im Übri­gen ent­steht durch die Möglich­keit der OT-Mit­glied­schaft kei­ne die Funk­ti­onsfähig­keit des Ta­rif­sys­tems gefähr­den­de In­trans­pa­renz. An­ders als die Ta­rif­zuständig­keit des Ver­bands, die an­hand der Sat­zung zu­verlässig fest­stell­bar sein muss, muss die Ta­rif­ge­bun­den­heit ein­zel­ner Mit­glie­der nicht un­mit­tel­bar er­kenn­bar sein. Die In­nungs­verbände (und de­ren Ta­rif­part­ner) mögen ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se dar­an ha­ben, zu wis­sen, wel­che Mit­glie­der der In­nung an ei­nen Ta­rif­ver­trag ge­bun­den sind. Die­ses In­ter­es­se steht je­doch der Zulässig­keit ei­ner OT-Mit­glied­schaft nicht ent­ge­gen. Die Fra­ge der Ta­rif­ge­bun­den­heit ein­zel­ner Ar­beit­ge­ber stellt sich nicht nur in Fällen ei­ner OT-Mit­glied­schaft, son­dern in glei­cher Wei­se, wenn es dar­um geht, ob ein Ar­beit­ge­ber über­haupt Mit­glied des Ver­bands ist (vgl. BAG, Be­schl. v. 18.7.2006, a.a.O., Rn. 60).

Die Einführung der OT-Mit­glied­schaft durch §§ 3 Abs. 3 Nr. 2, 6a, 13 Abs. 1 und 37 Abs. 4 der von der In­nungs­ver­samm­lung der Kläge­rin be­schlos­se­nen Sat­zung verstößt schließlich nicht ge­gen sons­ti­ges höher­ran­gi­ges Recht.

Ein Ver­s­toß ge­gen die Be­stim­mun­gen des Ta­rif­ver­trags­ge­set­zes ist nicht ge­ge­ben.

Nach § 3 Abs. 1 Ta­rif­ver­trags­ge­setz - TVG - sind die Mit­glie­der der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ta­rif­ge­bun­den. Die Ar­beit­ge­ber­verbände als Ta­rif­ver­trags­par­tei ha­ben nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (vgl. Urt. v. 12.2.2014 - 4 AZR 450/12 -, ju­ris Rn. 12; Urt. v. 22.4.2009 - 4 AZR 111/08 -, ju­ris Rn. 27 f. mit wei­te­ren Nach­wei­sen), die vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt für ver­fas­sungs­gemäß er­ach­tet wor­den ist (vgl. BVerfG, Be­schl. v. 1.12.2010 - 1 BvR 2593/09 -, ju­ris Rn. 17 f.), aber die Möglich­keit, in ih­rer Sat­zung ei­ne Form der Mit­glied­schaft vor­zu­se­hen, die kei­ne Ta­rif­ge­bun­den­heit im Sin­ne des § 3 Abs. 1 TVG er­zeugt. Denn § 3 Abs. 1 TVG re­gelt nicht, wer Mit­glied im Sin­ne der Be­stim­mung ist (vgl. im Ein­zel­nen: BAG, Be­schl. v. 18.7.2006, a.a.O., Rn. 51 f.; Brahmsta­edt, Die Mit­glied­schaft im Ar­beit­ge­ber­ver­band oh­ne Ta­rif­bin­dung im Stu­fen­mo­dell, 2013, S. 55 f.).

Hierfür ist es je­doch er­for­der­lich, dass die Ver­bands­mit­glied­schaft mit Ta­rif­bin­dung von ei­ner Ver­bands­mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung ein­deu­tig ab­grenz­bar ist. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat hier­zu in sei­nem Ur­teil vom 22. April 2009 (a.a.O., Rn. 28 f.) aus­geführt:

"We­gen der an die Ta­rif­ge­bun­den­heit an­knüpfen­den und ggf. weit­rei­chen­den Rechts­wir­kun­gen auch auf Drit­te ist es je­doch er­for­der­lich, dass die Ver­bands­mit­glied­schaft mit Ta­rif­bin­dung iSv. § 3 Abs. 1 TVG von ei­ner Ver­bands­mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung ein­deu­tig ab­grenz­bar ist. Die Funk­ti­onsfähig­keit der Ta­rif­au­to­no­mie er­for­dert im Hin­blick auf den Ab­schluss von Ta­rif­verträgen und de­ren nor­ma­ti­ve Wir­kung für hier­von be­trof­fe­ne Drit­te grundsätz­lich den Gleich­lauf von Ver­ant­wort­lich­keit und Be­trof­fen­heit bezüglich der ta­rif­li­chen Ver­ein­ba­run­gen. Nur so ist die Un­ter­wer­fung der Mit­glie­der der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en un­ter die Nor­men des Ta­rif­ver­tra­ges le­gi­ti­miert, und nur so kann von der An­ge­mes­sen­heits­ver­mu­tung der in Ta­rif­verträgen aus­ge­han­del­ten und ver­ein­bar­ten (Min­dest-) Ar­beits­be­din­gun­gen aus­ge­gan­gen wer­den (Se­nat 4. Ju­ni 2008 - 4 AZR 419/07 - Rn. 65, AP TVG § 3 Nr. 38 = EzA GG Art. 9 Nr. 95) . Die Ver­ant­wort­lich­keit für ein be­stimm­tes Ta­rif­er­geb­nis er­fasst grundsätz­lich auch die Ver­hand­lung in ih­ren ein­zel­nen Sta­di­en, vom ei­ge­nen An­ge­bot und der Re­ak­ti­on auf die For­de­rung des Ta­rif­geg­ners bis hin zu ei­nem mögli­chen Ar­beits­kampf und letzt­end­lich der Zu­stim­mung zu ei­nem Er­geb­nis. Die da­bei zu tref­fen­den Ent­schei­dun­gen können und dürfen nur von den­je­ni­gen Ver­bands­mit­glie­dern ge­trof­fen wer­den, die an den ver­han­del­ten und letzt­lich ver­ein­bar­ten Ta­rif­ver­trag auch ge­bun­den sind.

cc) Dar­aus er­ge­ben sich die An­for­de­run­gen an ei­ne Ver­bands­sat­zung, die die Möglich­keit ei­ner Ver­bands­mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung vor­sieht. Wie der Se­nat be­reits in der Ent­schei­dung vom 4. Ju­ni 2008 dar­ge­legt hat, kann die Sat­zung für OT-Mit­glie­der nicht le­dig­lich die Rechts­fol­ge des § 3 Abs. 1 TVG ab­be­din­gen. Sie muss darüber hin­aus für Ta­rif­an­ge­le­gen­hei­ten ei­ne kla­re und ein­deu­ti­ge Tren­nung der Be­fug­nis­se von Mit­glie­dern mit und oh­ne Ta­rif­bin­dung vor­se­hen. Ei­ne un­mit­tel­ba­re Ein­fluss­nah­me von OT-Mit­glie­dern auf ta­rif­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen ist nicht zulässig. OT-Mit­glie­der dürfen da­her nicht in Ta­rif­kom­mis­sio­nen ent­sandt wer­den, den Ver­band im Außen­verhält­nis nicht ta­rif­po­li­tisch ver­tre­ten und nicht in Auf­sichts­or­ga­nen mit­wir­ken, die die Streik­fonds ver­wal­ten. Zu­dem sind sie von Ab­stim­mun­gen aus­zu­sch­ließen, in de­nen die ta­rif­po­li­ti­schen Zie­le fest­ge­legt oder Er­geb­nis­se von Ta­rif­ver­hand­lun­gen an­ge­nom­men wer­den. Es wird teil­wei­se darüber hin­aus auch noch ge­for­dert, die Ver­bands­sat­zung müsse vor­se­hen, dass ein Wech­sel in die OT-Mit­glied­schaft zum Ver­lust ent­spre­chen­der Ämter führe. Dem­ge­genüber ste­hen den OT-Mit­glie­dern die all­ge­mei­nen Mit­wir­kungs­rech­te ei­nes "gewöhn­li­chen" Ver­eins­mit­glieds zu, die kei­nen ori­ginären Be­zug zur Ta­rif­po­li­tik des Ver­bands ha­ben. Die Be­tei­li­gung bei der Erörte­rung ta­rif­po­li­ti­scher Fra­gen mit be­ra­ten­der Stim­me ist eben­falls un­be­denk­lich. Denn dem Ver­band ist es auch nicht ver­wehrt, sich durch an die ta­rif­po­li­ti­schen Ent­schei­dun­gen nicht ge­bun­de­ne außen­ste­hen­de Drit­te be­ra­ten zu las­sen (Se­nat 4. Ju­ni 2008 - 4 AZR 419/07 - Rn. 38 f. mwN, AP TVG § 3 Nr. 38 = EzA GG Art. 9 Nr. 95)."

Die so ver­stan­de­ne Be­stim­mung in § 3 Abs. 1 TVG ge­stat­tet es auch den Hand­werks­in­nun­gen, un­ter den auf­ge­zeig­ten Vor­aus­set­zun­gen in ih­rer Sat­zung ei­ne Form der Mit­glied­schaft vor­zu­se­hen, die kei­ne Ta­rif­ge­bun­den­heit im Sin­ne des § 3 Abs. 1 TVG er­zeugt. Ei­ne von der ar­beits­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung ab­wei­chen­de Aus­le­gung der Be­stim­mung im Hand­werks­recht ist auch un­ter Berück­sich­ti­gung des Sta­tus der Hand­werks­in­nung als Körper­schaft des öffent­li­chen Rechts und der Vor­ga­ben an ih­re Bin­nen­ver­fas­sung durch die Hand­werks­ord­nung we­der ge­bo­ten, noch wäre sie ge­recht­fer­tigt. Die Hand­werks­ord­nung ver­leiht der Hand­werks­in­nung le­dig­lich die Ta­riffähig­keit, be­stimmt aber nicht, wel­che Mit­glie­der ta­rif­ge­bun­den sein sol­len. Die Ta­rif­bin­dung der Mit­glie­der der Hand­werks­in­nung er­gibt sich eben­so wie für die Mit­glie­der der pri­vat­recht­li­chen Ar­beit­ge­ber­verbände al­lein aus der ar­beits­recht­li­chen Re­ge­lung in § 3 Abs. 1 TVG.

Den da­nach be­ste­hen­den An­for­de­run­gen an die ein­deu­ti­ge Ab­gren­zung der Mit­glied­schaf­ten mit und oh­ne Ta­rif­bin­dung genügen die in §§ 3 Abs. 3 Nr. 2, 6a, 13 Abs. 1 und 37 Abs. 4 der Sat­zung ge­trof­fe­nen Be­stim­mun­gen.

§§ 3 Abs. 3 Nr. 2, 6a Abs. 1 der Sat­zung be­din­gen für OT-Mit­glie­der zunächst die Rechts­fol­ge des § 3 Abs. 1 TVG ab.

§§ 6a Abs. 3, 13 Abs. 1 und 37 Abs. 4 der Sat­zung re­geln ei­ne hin­rei­chend kla­re und ein­deu­ti­ge Tren­nung der Be­fug­nis­se von Mit­glie­dern mit und oh­ne Ta­rif­bin­dung. § 6a Abs. 3 Satz 1 der Sat­zung be­stimmt zunächst grund­le­gend, dass die OT-Mit­glie­der an Wil­lens- und Ent­schei­dungs­bil­dun­gen der In­nung über In­nungs­ta­rif­verträge oder Ar­beitskämp­fe, wel­che die In­nung oder de­ren Mit­glie­der be­tref­fen, so­wie an hier­mit im Zu­sam­men­hang ste­hen­den so­zi­al­po­li­ti­schen Maßnah­men nicht teil­neh­men. Um dies auch prak­tisch si­cher­zu­stel­len, wird nach § 37 Abs. 4 Satz 1 der Sat­zung in zulässi­ger Wei­se ein so­zi­al­po­li­ti­scher Aus­schuss ge­bil­det, dem nach § 37 Abs. 4 Satz 5 der Sat­zung nur Mit­glie­der mit Ta­rif­bin­dung an­gehören dürfen. Dem so­zi­al­po­li­ti­schen Aus­schuss ob­lie­gen nach § 37 Abs. 4 Satz 6 HwO die Wil­lens- und Ent­schei­dungs­bil­dun­gen über In­nungs­ta­rif­verträge oder Ar­beitskämp­fe, wel­che die In­nung oder de­ren Mit­glie­der be­tref­fen, so­wie die hier­mit im Zu­sam­men­hang ste­hen­den so­zi­al­po­li­ti­schen Maßnah­men. Er kann nach § 37 Abs. 4 Satz 7 der Sat­zung Rück­la­gen für so­zi­al­po­li­ti­sche Maßnah­men or­ga­ni­sie­ren. OT-Mit­glie­der sind nach § 37 Abs. 4 Satz 8 der Sat­zung von der Verfügungs­ge­walt über et­wai­ge Streik- und/oder Aus­sper­rungs­fonds aus­ge­schlos­sen. Nach § 37 Abs. 4 Satz 9 und 10 der Sat­zung wer­den die Geschäfts­ord­nung des so­zi­al­po­li­ti­schen Aus­schus­ses so­wie de­ren Ergänzun­gen, Ände­run­gen oder Auf­he­bun­gen al­lein von den Mit­glie­dern mit Ta­rif­bin­dung be­schlos­sen; die Be­schlüsse sind für den Aus­schuss und für al­le Mit­glie­der mit Ta­rif­bin­dung ver­bind­lich.

Nach die­sen Be­stim­mun­gen ist ei­ne un­mit­tel­ba­re Ein­fluss­nah­me von OT-Mit­glie­dern auf ta­rif­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen aus­ge­schlos­sen. Sie sind auch von Ab­stim­mun­gen aus­ge­schlos­sen, in de­nen die ta­rif­po­li­ti­schen Zie­le fest­ge­legt oder Er­geb­nis­se von Ta­rif­ver­hand­lun­gen an­ge­nom­men wer­den. Oh­ne we­sent­li­chen Be­lang ist es dem­ge­genüber, dass die OT-Mit­glie­der in der In­nungs­ver­samm­lung über die Ent­sen­dung von T-Mit­glie­dern in den so­zi­al­po­li­ti­schen Aus­schuss der In­nung und auch über den Bei­tritt oder Aus­tritt der In­nung aus dem In­nungs­ver­band mit ab­stim­men und so je­den­falls mit­tel­bar auf ta­rif­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen Ein­fluss neh­men können. Denn nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts, der der Se­nat folgt, sind al­lein un­mit­tel­ba­re Ein­fluss­nah­men der OT-Mit­glie­der auf ta­rif­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen zu un­ter­bin­den, zu­mal ein mit­tel­ba­rer Ein­fluss der nicht ta­rif­ge­bun­de­nen Mit­glie­der ei­nes pri­vat- oder öffent­lich-recht­lich or­ga­ni­sier­ten Ar­beit­ge­ber­ver­ban­des oh­ne­hin nicht zur Gänze aus­zu­sch­ließen ist.

§ 6a Abs. 2 Satz 2 bis 4 der Sat­zung re­geln den zulässi­gen Wech­sel von der Mit­glied­schaft mit Ta­rif­bin­dung in ei­ne sol­che oh­ne Ta­rif­bin­dung oder auch um­ge­kehrt (vgl. zur Zulässig­keit die­ses Wech­sels und zur Ob­lie­gen­heit des Ar­beit­ge­ber­ver­ban­des, den Ta­rif­part­ner über ei­nen Sta­tus­wech­sel während lau­fen­der Ta­rif­ver­hand­lun­gen zu in­for­mie­ren: BAG, Urt. v. 4.6.2008 - 4 AZR 419/07 -, ju­ris Rn. 47 f.).

Im Übri­gen gewähren §§ 6a Abs. 3 Satz 2, 13 Abs. 1 der Sat­zung den OT-Mit­glie­dern in zulässi­ger Wei­se die­sel­ben Rech­te und Pflich­ten wie In­nungs­mit­glie­dern mit Ta­rif­bin­dung.

Wel­che An­for­de­run­gen an die ein­deu­ti­ge Ab­gren­zung der Mit­glied­schaf­ten mit und oh­ne Ta­rif­bin­dung bei der Mit­wir­kung an ta­rif­po­li­ti­schen Ent­schei­dun­gen auf der Ebe­ne der In­nungs­verbände zu stel­len sind, be­darf hier kei­ner ab­sch­ließen­den Ent­schei­dung des Se­nats. Denn die Kläge­rin ist nicht Mit­glied in ei­nem In­nungs­ver­band und ent­sen­det in ei­nen sol­chen da­her kei­ne Mit­glie­der, die an ta­rif­po­li­ti­schen Ent­schei­dun­gen des In­nungs­ver­ban­des mit­wir­ken könn­ten. Der Se­nat weist da­her nur ergänzend dar­auf hin, dass der ge­bo­te­ne Aus­schluss von OT-Mit­glie­dern vom Ein­fluss auf ta­rif­po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen ent­we­der in der Sat­zung des In­nungs­ver­ban­des voll­zo­gen wer­den muss oder die Ent­sen­dung von OT-Mit­glie­dern ei­ner In­nung in die Mit­glie­der­ver­samm­lung des In­nungs­ver­ban­des nach § 83 Abs. 2 Satz 1 HwO hin­dert.

Die Einführung der OT-Mit­glied­schaft ver­letzt schließlich nicht die grund­ge­setz­li­che Ko­ali­ti­ons­frei­heit des Art. 9 Abs. 3 GG.

Ein Ein­griff in die in­di­vi­du­el­le Ko­ali­ti­ons­frei­heit (vgl. hier­zu BVerfG, Be­schl. v. 23.4.1986 - 2 BvR 487/80 -, BVerfGE 73, 261, 270; Urt. v. 14.6.1983 - 2 BvR 488/80 -, BVerfGE 64, 208, 213) der In­nungs­mit­glie­der durch die OT-Mit­glied­schaft liegt nicht vor. Die Möglich­keit, ei­ner Hand­werks­in­nung an­zu­gehören und selbst über die Ta­rif­bin­dung ent­schei­den zu können, stärkt viel­mehr die ne­ga­ti­ve Ko­ali­ti­ons­frei­heit der In­nungs­mit­glie­der.

Auch ein Ein­griff in die in­di­vi­du­el­le Ko­ali­ti­ons­frei­heit der In­nung liegt nicht vor. Da­bei kann der Se­nat hier da­hin­ste­hen las­sen, ob sich die In­nung als Körper­schaft des öffent­li­chen Rechts bei Wahr­neh­mung der frei­wil­li­gen Auf­ga­be nach § 54 Abs. 3 Nr. 1 HwO über­haupt auf den Grund­rechts­schutz nach Art. 9 Abs. 3 GG be­ru­fen kann (vgl. BVerfG, Be­schl. v. 31.10.1984, a.a.O., S. 209 (of­fen­ge­las­sen); BAG, Urt. v. 6.5.2003, a.a.O., Rn. 18 (wohl be­ja­hend)). Denn die Ent­schei­dung der In­nungs­ver­samm­lung, den Mit­glie­dern ei­ne Mit­glied­schaft oh­ne Ta­rif­bin­dung zu eröff­nen, wäre die Ausübung der von Art. 9 Abs. 3 GG geschütz­ten Frei­heits­rech­te (vgl. BAG, Urt. v. 4.6.2008, a.a.O., Rn. 26) und nicht de­ren Be­ein­träch­ti­gung durch staat­li­ches Han­deln.

Durch die Ko­ali­ti­ons­frei­heit im Sin­ne des Art. 9 Abs. 3 GG ist über das in­di­vi­du­el­le Frei­heits­recht hin­aus zwar auch die au­to­no­me Ord­nung des Ar­beits­le­bens durch die Ko­ali­tio­nen (vgl. BVerfG, Be­schl. v. 24.5.1977 - 2 BvL 11/74 -, BVerfGE 44, 322, 341), al­so die Funk­ti­onsfähig­keit der Ta­rif­au­to­no­mie (vgl. BVerfG, Be­schl. v. 1.12.2010, a.a.O., Rn. 23 mit wei­te­ren Nach­wei­sen), geschützt. Hier­mit un­ver­ein­bar wäre die An­er­ken­nung der OT-Mit­glied­schaft, wenn die­se da­zu führen würde, dass die Ver­hand­lungsfähig­keit ei­ner Ta­rif­ver­trags­par­tei bei Ta­rif­aus­ein­an­der­set­zun­gen ein­sch­ließlich der Fähig­keit, ei­nen wirk­sa­men Ar­beits­kampf zu führen, nicht mehr ge­wahrt wäre (vgl. BVerfG, Be­schl. v. 4.7.1995 - 1 BvF 2/86 u.a. -, BVerfGE 92, 365, 394 f.). Mit Blick auf die In­nun­gen und auch die In­nungs­verbände be­ste­hen - eben­so wie für die Ar­beit­ge­ber­verbände (vgl. BAG, Be­schl. v. 18.7.2006, a.a.O., Rn. 59) - aber kei­ne An­halts­punk­te dafür, dass die Einführung ei­ner OT-Mit­glied­schaft zu ei­ner sol­chen struk­tu­rel­len Störung der Ver­hand­lungs­pa­rität führt. Ist die Be­schluss­fas­sung der In­nungs­ver­samm­lung der Kläge­rin vom 14. No­vem­ber 2012 über die Neu­fas­sung der Sat­zung da­nach for­mell und ma­te­ri­ell rechtmäßig, ist die Be­klag­te ver­pflich­tet, die nach § 61 Abs. 3 und Abs. 2 Nr. 8 HwO er­for­der­li­che Ge­neh­mi­gung zu er­tei­len.

Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 154 Abs. 1 Vw­GO.

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