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ArbG Leip­zig, Ur­teil vom 15.02.2012, 11 BV 79/11

   
Schlagworte: Arbeitnehmerüberlassung
   
Gericht: Arbeitsgericht Leipzig
Aktenzeichen: 11 BV 79/11
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 15.02.2012
   
Leitsätze:
Vorinstanzen:
   

Ar­beits­ge­richt Leip­zig
Erich-Wei­nert-Straße 18
04105 Leip­zig

Ak­ten­zei­chen: 11 BV 79/11

Verkündet am 15. Fe­bru­ar 2012

Frau
Ur­kunds­be­am­tin

 

Im Na­men des Vol­kes

Be­schluss

 

In dem Be­schluss­ver­fah­ren

 

Ver­fah­rens­bev.:

- An­trag­stel­le­rin / Be­tei­lig­te zu 1 -

Ver­fah­rens­bev.:

- Be­tei­lig­te zu 2 -
 

we­gen Sons­ti­ges

hat das Ar­beits­ge­richt Leip­zig, 11. Kam­mer, durch den Rich­ter am Ar­beits­ge­richt als Vor­sit­zen­den so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Herr und Herr auf­grund der Anhörung vorn 15. Fe­bru­ar 2012

für Recht er­kannt:

als Mit­ar­bei­ter/Mit­ar­bei­te­rin­nen Pro­duk­ti­on Press­werk wird er­setzt.

2. Es wird fest­ge­stellt, dass die vorläufi­ge Ein­stel­lung der vor­ste­hend zu 1. be­nann­ten Mit-ar­bei­ter/Mit­ar­bei­te­rin­nen aus sach­li­chen Gründen drin­gend er­for­der­lich ist.

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Gründe:

I.

Die Be­tei­lig­ten strei­ten um die Ein­stel­lung von 33 Leih­ar­beit­neh­mern und ih­ren vorläufi­gen Ein­satz im Werk .

Die An­trag­stel­le­rin ist ein Un­ter­neh­men der Au­to­mo­bil­in­dus­trie mit meh­re­ren 10 000 Mit­ar­bei­ter an un­ter­schied­li­chen Stand­or­ten.

An­trags­geg­ner ist der im Werk gewähl­te Be­triebs­rat. Er hat die Wahr­neh­mung der Mit­be­stim­mungs­rech­te bei per­so­nel­len Ein­zel­maßnah­men gemäß § 99 Be­trVG dem dafür ge­bil­de­ten Per­so­nal­aus­schuss über­tra­gen.

Im Werk Leip­zig ist die Stamm­be­leg­schaft von 2.405 im Jahr 2005 bis ge­genwärtig ca. 2.800 Mit­ar­bei­ter an­ge­stie­gen. Ne­ben der Stamm­be­leg­schaft kom­men Leih­ar­beit­neh­mer in jähr­lich un­ter­schied­li­cher An­zahl, häufig mit auf­ein­an­der fol­gen­den Be­fris­tun­gen, zum Ein­satz. So wur­den 398 Leih­ar­beit­neh­mer im Jahr 2005 und 1.663 Leih­ar­beit­neh­mer im Jahr 2011 beschäftigt. Die der An­trag­stel­le­rin über­las­se­nen Leih­ar­beit­neh­mer er­hal­ten Grun­dent­gelt in glei­cher Höhe wie das Stamm­per­so­nal.

Die An­trag­stel­le­rin be­ab­sich­tigt für das Jahr 2012 im Werk Leip­zig den Ein­satz von ca. 1.100 Leih­ar­beit­neh­mern, da­von 33 als Pro­duk­ti­ons­mit­ar­bei­ter im Press­werk. Die 33 Pro­duk­ti­ons­mit­ar­bei­ter wa­ren aus­nahms­los be­reits bis zum 31.12.2011 als Leih­ar­beit­neh­mer im Werk Leip­zig beschäftigt.

Am 12.12.2011 be­an­trag­te die Ar­beit­ge­be­rin beim Be­triebs­rat schrift­lich die Zu­stim­mung zur Ein­stel­lung von 33 Leih­ar­beit­neh­mern für das Press­werk zum 01.01.2012. Am 19.12.2011 ver­wei­ger­te der Per­so­nal­aus­schuss mit Hin­weis auf § 99 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 4 Be­trVG schrift­lich sei­ne Zu­stim­mung. In ein­zel­nen, in­halts­glei­chen schrift­li­chen Stel­lung­nah­men be­gründe­te der Per­so­nal­aus­schuss sei­ne Ent­schei­dung im we­sent­li­chen wie folgt:

  • die nicht mehr „vorüber­ge­hen­de“ Über­las­sung ver­s­toße ge­gen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG,
  • der über­di­men­sio­nier­te Ein­satz von Leih­ar­beit­neh­mern neh­me dem Be­triebs­rat Zeit­an­tei­le für die Stamm­be­leg­schaft und not­wen­di­ges An­ler­nen der Leih­ar­beit­neh­mer be­ein­träch­ti­ge Ar­beits­abläufe,

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Die 33 Leih­ar­beit­neh­mer wer­den in­zwi­schen im Werk Leip­zig beschäftigt. Auf Hin­weis der An­trag­stel­le­rin vom 16.12.2011, die vorläufi­ge Ein­stel­lung der 33 Mit­ar­bei­ter sei aus sach­li­chen Gründen er­for­der­lich, be­stritt der Per­so­nal­aus­schuss mit Schrei­ben vom 19.12.2011 die Er­for­der­lich­keit der vorläufi­gen Ein­stel­lung.

Mit am 22.12.2011 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nem An­trag, zu­ge­stellt 30.12.2011, be­gehrt die Ar­beit­ge­be­rin die Er­set­zung der Zu­stim­mung zur Ein­stel­lung und die Fest­stel­lung der Er­for­der­lich­keit de­ren vorläufi­gen Ein­stel­lung.

Die An­trag­stel­le­rin ver­tritt die An­sicht, der vollständig un­ter­rich­te­te Be­triebs­rat könne mit den bin­nen Wo­chen­frist vor­ge­tra­ge­nen Gründen die Zu­stim­mung nicht ver­wei­gern.

Die Un­ter­rich­tung sei ord­nungs­gemäß er­folgt, so die Ar­beit­ge­be­rin. Sach­li­che Gründe für die Ent­schei­dung zum be­fris­te­ten Ein­satz von Leih­ar­beit­neh­mern müss­ten dem Be­triebs­rat nicht mit­ge­teilt wer­den.

Die Ein­stel­lung der Leih­ar­beit­neh­mer, so die An­trag­stel­le­rin wei­ter, ver­s­toße nicht ge­gen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG. Vor­ge­nann­te Re­ge­lung be­gren­ze die Über­las­sungs­dau­er nicht. Ei­ne Ana­lo­gie zum Be­fris­tungs­recht schei­de aus. ”Vorüber­ge­hen­de Über­las­sung" be­tref­fe viel­mehr das Verhält­nis zwi­schen der Über­las­sung und dem Ar­beits­ver­trags­verhält­nis des Leih­ar­beit­neh­mers zum Ver­lei­her. Die Über­las­sung sei hier nur vorüber­ge­hend, weil nicht als endgültig ge­plant. Der Be­triebs­rat könne außer­dem der Ein­stel­lung nur wi­der­spre­chen, wenn die tatsächli­che Beschäfti­gung in dem Ar­beits­be­reich ge­set­zes­wid­rig wäre. Das sei nicht der Fall. Der Be­triebs­rat be­geh­re selbst die Beschäfti­gung der Be­trof­fe­nen, nur eben als Stamm­per­so­nal.

Ei­ne Be­nach­tei­li­gung der Stamm­be­leg­schaft sei nicht er­sicht­lich, so die Ar­beit­ge­be­rin. Sie be­strei­te ei­ne Mehr­be­las­tung des Be­triebs­ra­tes und der Stamm­ar­beit­neh­mer in­fol­ge des Ein­sat­zes von Leih­ar­beit­neh­mern. Ei­ne et­wai­ge Mehr­be­las­tung stel­le kei­ne Be­nach­tei­li­gung im Sin­ne von § 99 Abs. 2 Nr. 3 Be­trVG dar. Mit der im Ver­fah­ren neu­en, aber auf kei­ne Tat­sa­chen gestütz­ten Be­haup­tung, Auf­stiegs­chan­cen der Stamm­be­leg­schaft sei­en we­gen der nur be­fris­te­ten Aus­schrei­bung der Stel­len be­ein­träch­tigt, sei der Be­triebs­rat präklu­diert.

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Ei­ne Be­nach­tei­li­gung der be­trof­fe­nen Leih­ar­beit­neh­mer schei­de aus, so die An­trag­stel­le­rin, da es sich bei der per­so­nel­len Maßnah­me um ei­ne Ein­stel­lung han­de­le.

Die vorläufi­ge Durchführung der Ein­stel­lung sei zur Auf­recht­er­hal­tung der Pro­duk­ti­on drin­gend er­for­der­lich ge­we­sen.

Die An­trag­stel­le­rin be­an­tragt,

die Zu­stim­mung des An­trags­geg­ners zur Ein­stel­lung der nach­fol­gen­den Mit­ar­bei­ter zum 1. Ja­nu­ar 2012, so­fern nach­fol­gend kein ab­wei­chen­der Ein­satz­be­ginn an­ge­ge­ben ist, zu er­set­zen:

...

und fest­zu­stel­len, dass die vorläufi­ge Ein­stel­lung der vor­ste­hen­den Mit­ar­bei­ter aus sach­li­chen Gründen drin­gend er­for­der­lich ist.

Der An­trags­geg­ner be­an­tragt,

die Anträge zurück­zu­wei­sen.

Der Be­triebs­rat ver­tritt die Auf­fas­sung, erst die Un­ter­rich­tung über sach­li­che Gründe für den Ein­satz der 33 Leih­ar­beit­neh­mer hätte ihm die Prüfung ermöglicht, ob de­ren er­neu­ter Ein­satz „vorüber­ge­hend“ sei oder ge­gen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG ver­s­toße.

Die Ein­stel­lung der 33 Mit­ar­bei­ter sei nicht vorüber­ge­hend. Sie über­schrei­te an­zu­neh­men­de Fris­ten oh­ne kon­kre­ten Sach­grund. Die Dau­er der „sach­grund­lo­sen“ Über­las­sung dürfe die zeit­lich zulässi­ge Gren­ze ei­nes sach­grund­los be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses nicht über­stei­gen. Bei 19 der 33 be­trof­fe­nen Leih­ar­beit­neh­mer sei die­se Gren­ze über­schrit­ten. De­ren wei­te­rer Ein­satz er­for­de­re kon­kre­te Sach­gründe, die es aber nicht ge­be.

Ei­ne Be­nach­tei­li­gung der Stamm­be­leg­schaft lie­ge vor, so der Be­triebs­rat wei­ter. Auf die teils qua­li­fi­zier­te Ar­beitsplätze be­tref­fen­de Stel­len be­wer­be sich nie­mand des Stamm­per­so­nals, weil die Aus­schrei­bung nur be­fris­tet er­fol­ge. Nach­tei­le bei den Auf­stiegs­chan­cen sei­en die Fol­ge.

Die be­trof­fe­nen Leih­ar­beit­neh­mer würden be­nach­tei­ligt, weil be­reits er­wor­be­nen Rechts­po­si­tio­nen durch die er­neu­te be­fris­te­te Über­las­sung be­ein­träch­tigt würden, so der Be­triebs­rat, der ab­sch­ließend meint, die An­trag­stel­le­rin ha­be den Per­so­nal­eng­pass selbst

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ver­ur­sacht und sei da­mit ge­hin­dert, die vorläufi­ge Durchführung der Maßnah­me mit Be­triebs­ab­laufstörun­gen zu be­gründen.

We­gen des wei­te­ren Vor­brin­gens der Be­tei­lig­ten wird auf die ge­wech­sel­ten Schriftsätze samt An­la­gen so­wie den In­halt des Sit­zungs­pro­to­kolls Be­zug ge­nom­men.

II.

Der An­trag ist zulässig.

Die Rechts­weg­zulässig­keit folgt aus § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG. Rech­te der Be­triebs­par­tei­en gem. §§ 99, 100 Be­trVG ste­hen im Streit, der im Be­schluss­ver­fah­ren aus­zu­tra­gen ist. Be­tei­ligt sind der Ar­beit­ge­ber und der Be­triebs­rat, nicht je­doch die von der Ein­stel­lung be­trof­fe­nen Leih­ar­beit­neh­mer.

Das Ar­beits­ge­richt Leip­zig ist für das den Be­trieb Leip­zig be­tref­fen­de Be­schluss­ver­fah­ren ört­lich zuständig (§ 82 Abs.1 ArbGG).

Der Zu­stim­mungs­er­set­zungs­an­trag und der Fest­stel­lungs­an­trag sind nach §§ 99 Abs. 4, 100 Abs. 2 Be­trVG zulässig.

Das er­for­der­li­che Rechts­schutz­bedürf­nis der An­trag­stel­le­rin liegt vor. Sie beschäftigt mehr als zwan­zig wahl­be­rech­tig­te Ar­beit­neh­mer. Da­her be­darf es bei ei­ner Ein­stel­lung gem. § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG der Zu­stim­mung des Be­triebs­rats. Den im Er­set­zungs­an­trag an­ge­ge­be­nen Da­ten „zum 1. Ja­nu­ar 2012 ... Ein­satz­be­ginn Ein­satz­en­de 31.12.2012 ...“ und die An­ga­be der Plan­stel­le und der Vergütungs­grup­pe kommt kei­ne ei­genständi­ge Be­deu­tung zu. Zu­stim­mungs­er­set­zungs­anträge sind nicht ver­gan­gen­heits-, son­dern zu­kunfts­be­zo­gen. Für den Er­set­zungs­an­trag ist die Tätig­keits­be­zeich­nung der 33 be­trof­fe­nen Leih­ar­beit­neh­mer aus­rei­chend. Auf Plan­stel­len, auf de­nen sie zu Ein­satz kom­men und Vergütungs­grup­pen kommt es in die­sem Be­schluss­ver­fah­ren nicht an. Der Er­set­zungs­an­trag ist da­hin aus­zu­le­gen.

Die for­mel­len Vor­aus­set­zun­gen des § 100 Abs. 2 Be­trVG lie­gen vor. Der Fest­stel­lungs­an­trag der Ar­beit­ge­be­rin ist frist­ge­recht in­ner­halb von drei Ta­gen nach Ab­leh­nung durch den Be­triebs­rat beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­gen (§ 100 Abs. 2 Satz 3 Be­trVG).

Der An­trag ist be­gründet. Der Be­triebs­rat wur­de aus­rei­chend über die be­ab­sich­tig­ten per­so­nel­len Ein­zel­maßnah­men un­ter­rich­tet (A). Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­gründe ste-

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hen dem Be­triebs­rat nicht zur Sei­te; teils ist der Be­triebs­rat da­mit präklu­diert (B). Die vorläufi­ge Maßnah­me ist sach­lich be­gründet (C).

A Bei der be­gehr­ten (verlängert be­fris­te­ten) Ein­glie­de­rung von 33 Pro­duk­ti­ons­ar­bei­tern in das Press­werk in Leip­zig han­delt es sich um ei­ne der Mit­be­stim­mung un­ter­lie­gen­de Ein­stel­lung iSv. §§ 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 Be­trVG (vgl. BAG 23.01.2008, 1 ABR 74/06, BA­GE 125, 306 ff.). Die Ar­beit­ge­be­rin hat das da­zu vor­ge­se­he­ne Zu­stim­mungs­ver­fah­ren ord­nungs­gemäß ein­ge­lei­tet und den Be­triebs­rat aus­rei­chend iSv. § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG iVm. § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 Be­trVG über die be­ab­sich­tig­te per­so­nel­le Ein­zel­maßnah­me un­ter­rich­tet.

Der Ar­beit­ge­ber hat den Be­triebs­rat bei ei­ner per­so­nel­len Ein­zel­maßnah­me so zu un­ter­rich­ten, dass die­ser auf­grund der mit­ge­teil­ten Tat­sa­chen in die La­ge ver­setzt wird, zu prüfen, ob ei­ner der in § 99 Abs.2 Be­trVG ge­nann­ten Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­gründe vor­liegt (vgl. BAG 27.10.2010, 7 ABR 86/09, NZA 2011, 418 ff.). Hier­zu gehört im Ver­fah­ren über die Zu­stim­mung der Ein­stel­lung von Leih­ar­beit­neh­mern die Un­ter­rich­tung über die Per­so­na­li­en der Leih­ar­beit­neh­me­rin, ih­ren Ein­satz­be­reich und -um­fang, den Ein­stel­lungs­ter­min und die Ein­satz­dau­er so­wie die schrift­li­che Erklärung des Ver­lei­h­un­ter­neh­mens ent­spre­chend §§ 14 Abs. 3 Satz2, 12 Abs. 1 Satz 2 AÜG.

Die Un­ter­rich­tung des Be­triebs­rats durch die Ar­beit­ge­be­rin vom 12.12.2011 genügt vor-ge­nann­ten An­for­de­run­gen. Sie un­ter­rich­te­te über die Per­so­na­li­en der 33 Leih­ar­beit­neh­mer, de­ren Ein­satz­be­reich- und Um­fang, den 01.01.2012 als Ein­stel­lungs­ter­min und die zum 31.12.2012 en­den­de Über­las­sungs­dau­er. Vor­ge­legt wur­den die Ent­lei­her­verträge ein­sch­ließlich der Erklärung gem. § 12 AÜG. Die An­trag­stel­le­rin in­for­mier­te wei­ter über Be­wer­ber auf die in­tern er­folg­te Stel­len­aus­schrei­bung.

Der Be­triebs­rat war zur Ab­ga­be ei­ner sach­ge­rech­ten Stel­lung­nah­me in die La­ge ver­setzt. Die An­trag­stel­le­rin muss­te dem Be­triebs­rat kei­nen sach­li­chen Grund für ih­re Ent­schei­dung zum be­fris­te­ten Ein­satz von Leih­ar­beit­neh­mern an­ge­ben. Die Ein­stel­lung von Leih­ar­beit­neh­mern er­for­dert gemäß den Re­ge­lun­gen des Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­set­zes (AÜG) kei­nen Sach­grund.

Un­ter­stellt, die Über­las­sung von Leih­ar­beit­neh­mern er­for­de­re nach den, ge­ge­be­nen­falls so aus­zu­le­gen­den Re­ge­lun­gen des AÜG ei­nen Sach­grund, würde bei feh­len­der Un­ter­rich­tung ei­nes Sach­grun­des im Zu­stim­mungs­ver­fah­ren gleich­wohl der Lauf der Wo­chen­frist zur Stel­lung­nah­me be­gin­nen. Der Be­triebs­rat ist in die La­ge ver­setzt, aus der feh­len-den An­ga­be ei­nes Sach­grun­des für die Über­las­sung auf ei­nen Ge­set­zes­ver­s­toß zu

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schließen und die­sen Ver­s­toß gel­tend zu ma­chen. Im Zu­stim­mungs­er­set­zungs­ver­fah­ren ist dann der feh­len­de Sach­grund bei der Prüfung der Ver­wei­ge­rungs­gründe zu würdi­gen.

Der Be­triebs­rat ver­wei­ger­te auf die Un­ter­rich­tung vom 12.12.2011 bin­nen Wo­chen­frist (§ 99 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG) am 19.12.2011 schrift­lich sei­ne Zu­stim­mung zur be­ab­sich­tig­ten Ein­stel­lung un­ter An­ga­be von Gründen nach § 99 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 4 Be­trVG. Die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zur Ein­stel­lung gilt nicht als er­teilt.

B Die vom Be­triebs­rat nach ord­nungs­gemäßer Un­ter­rich­tung ver­wei­ger­te Zu­stim­mung zur Ein­stel­lung ist zu er­set­zen. Die Ein­stel­lung der 33 Pro­duk­ti­ons­mit­ar­bei­ter in das Press­werk verstößt nicht ge­gen ein Ge­setz (aa) und be­nach­tei­ligt we­der die Stamm­be­leg­schaft (bb), noch die be­trof­fe­nen Leih­ar­beit­neh­mer (cc).

aa Die Ein­stel­lung der 33 Leih­ar­beit­neh­mer in das Press­werk der An­trag­stel­le­rin in Leip­zig verstößt nicht ge­gen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG.

Nach den durch die zu­tref­fen­de Recht­spre­chung des BAG ent­wi­ckel­ten Grundsätzen kann ein Ver­s­toß ge­gen ein Ge­setz bei ei­ner Ein­stel­lung nur vor­lie­gen, wenn die Ein­stel­lung als sol­che durch die Ge­set­zes­norm hin­rei­chend deut­lich un­ter­sagt ist (vgl. BAG 01.06.2011, 7 ABR 117/09, NZA 2011, 1435). Rechts­wid­rig­keit ein­zel­ner Ver­trags­be­din­gun­gen genügt es nicht. Der Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­grund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 Be­trVG ist bei Ein­stel­lun­gen le­dig­lich dann ge­ge­ben, wenn der Zweck der Ver­bots­norm nur da­durch er­reicht wer­den kann, dass die Ein­stel­lung ins­ge­samt un­ter­bleibt (vgl. BAG 14.12.2004, 1 ABR 54/03 BA­GE 113, 102) In Be­tracht kom­men et­wa Nor­men, mit de­nen Ge­sund­heits­ge­fah­ren für die Beschäftig­ten selbst oder auch für Drit­te aus­ge­schlos­sen wer­den sol­len. Das Ver­bot der Beschäfti­gung kann auch ar­beits­markt­po­li­ti­sche oder so­zi­al­po­li­ti­sche Zie­le ver­fol­gen (vgl. BAG 28.06.1993, 1 ABR 59/93, BA­GE 77, 165).

Ein Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­recht des Be­triebs­rats hat das BAG z.B. an­ge­nom­men

  • bei der Ein­stel­lung ei­nes Leih­ar­beit­neh­mers, die von vorn­her­ein auf ei­nen Zeit­raum von mehr als sechs Mo­na­ten be­ab­sich­tigt war und ge­gen die da­ma­li­ge Höchstüber­las­sungs­dau­er von Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG ver­stieß (vgl. BAG 28.09.1988, 1 ABR 85/87 BA­GE 59, 380 ff.)
  • bei der Ein­stel­lung ei­ner Verkäufe­r­in mit we­ni­ger als 20 Wo­chen­stun­den bei ta­rif-ver­trag­li­chen Ver­bots des Ab­schlus­ses von Ar­beits­verträgen mit we­ni­ger als 20 Wo­chen­ar­beits­stun­den (vgl. BAG 28. Ja­nu­ar 1992, 1 ABR 45/91, AP Nr. 95 zu § 99 Be­trVG 1972).

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Un­ter Berück­sich­ti­gung der vom BAG ent­wi­ckel­ten Grundsätze ist vor­lie­gend ein Zu-stim­mungs­ver­wei­ge­rungs­recht nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 Be­trVG dann an­zu­neh­men, wenn

1. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG ei­ne Ver­bots­norm enthält,

2. der Zweck der Ver­bots­norm nur durch Ver­hin­de­rung der Ein­stel­lung er­reicht wer-den kann und

3. die be­ab­sich­tig­te Ein­stel­lung ge­gen das et­wai­ge Ver­bot verstößt.

Nach Auf­fas­sung der Kam­mer enthält § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG schon kei­ne Ver­bots­norm. Ent­hiel­te die Re­ge­lung ein Ver­bot der nicht nur vorüber­ge­hen­den Über­las­sung von Leih­ar­beit­neh­mern ist nicht er­sicht­lich, dass der Zweck der Norm nur durch Ver­bot der Eistel­lung er­reicht wer­den kann. Ob die be­ab­sich­tig­te Ein­stel­lung der 33 Leih­ar­beit­neh­mer nur vorüber­ge­hend ist, d.h. auf die De­fi­ni­ti­on „vorüber­ge­hend“, kommt es nicht an.

§ 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG, wo­nach die Über­las­sung von Ar­beit­neh­mern an Ent­lei­her vorüber­ge­hend er­folgt, un­ter­sagt die dau­er­haf­te Ein­stel­lung von Leih­ar­beit­neh­mern nicht mit hin­rei­chen­der Deut­lich­keit. Die Gren­ze ei­ner zulässi­gen Über­las­sungs­dau­er ist ihr nicht zu ent­neh­men. Ihr kommt le­dig­lich klar­stel­len­de Be­deu­tung bezüglich des Be­griffs „Leih­ar­beit“ zu. Dies ent­nimmt die er­ken­nen­de Kam­mer aus der Be­gründung zum Ent­wurf des AÜG vom 17.02.2009. Dem­nach re­gelt das Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz ein auf vorüber­ge­hen­de Über­las­sun­gen an­ge­leg­tes Mo­dell der Ar­beit­neh­merüber­las­sung, bei dem die Über­las­sung an den je­wei­li­gen Ent­lei­her im Verhält­nis zum Ar­beits­ver­trags­verhält­nis zwi­schen dem Ver­lei­her und dem Leih­ar­beit­neh­mer vorüber­ge­hend ist. Da­bei wird der Be­griff „vorüber­ge­hend“ im Sin­ne der Leih­ar­beits­richt­li­nie als fle­xi­ble Zeit­kom­po­nen­te ver­stan­den und ins­be­son­de­re auf ge­nau be­stimm­te Höchstüber­las­sungs­fris­ten ver­zich­tet (vgl. BT-Drucks. 17/4804 un­ter B zu Art. 1 Nr. 2 lit. a).

Aus dem Wort­laut des Ge­set­zes und der Ge­set­zes­be­gründung folgt für die Kam­mer, dass der Ge­setz­ge­ber mit § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG be­wusst kei­ne Höchst­fris­ten für die Über­las­sung von Leih­ar­beit­neh­mern fest­ge­setzt hat. Durch die­se Vor­schrift wird so­mit nicht be­stimmt, dass ei­ne be­stimm­te Über­las­sungs­dau­er nicht über­schrit­ten wer­den dürf­te. Ein ge­setz­li­ches Ver­bot iSv § 99 Abs. 2 Nr. 1 Be­trVG liegt nicht vor.

Et­was an­de­res er­gibt sich nicht bei Aus­le­gung der Re­ge­lung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nach den Vor­ga­ben der EG-Leih­ar­beits­richt­li­nie (RL 2008/104 EG vom 19.11.2008), die bis zum 05.12.2011 in na­tio­na­les Recht um­ge­setzt wer­den muss­te. Die Richt­li­nie enthält eben­falls kein Ver­bot dau­er­haf­ter Ar­beit­neh­merüber­las­sung. Ein sol­ches Ver­bot er­gibt

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sich we­der aus de­ren Präam­bel, noch aus dem in Art. 2 ent­hal­te­nen Ziel, noch aus den Be­griffs­be­stim­mun­gen in Art. 3 RL 2008/104 EG. Art. 5 Abs. 5 RL 2008/104 EG ver­pflich­tet die Mit­glieds­staa­ten, die er­for­der­li­chen Maßnah­men zu er­grei­fen, um ins­be­son­de­re auf­ein­an­der fol­gen­de Über­las­sun­gen zu ver­hin­dern, mit de­nen die Be­stim­mun­gen der Richt­li­nie um­gan­gen wer­den sol­len. Auf­ein­an­der­fol­gen­de Über­las­sun­gen von Leih­ar­beit­neh­mern sind da­mit nicht ge­ne­rell un­ter­sagt. Die EG-Leih­ar­beits­richt­li­nie ver­pflich­tet zu Maßnah­men ge­gen die Um­ge­hung der Be­stim­mun­gen der Richt­li­nie. Ein grundsätz­li­ches Ver­bot der dau­er­haf­ten Über­las­sung re­gelt die Richt­li­nie nicht und er­for­dert die Um­set­zung der Richt­li­nie in das na­tio­na­le Recht nicht.

Un­abhängig da­von ist nicht er­sicht­lich, dass bei ei­nem Ver­s­toß ge­gen das (von der Kam­mer so nicht ge­se­he­ne) Ver­bot der länger als nur „vorüber­ge­hen­den Über­las­sung“, der Zweck die­ser (et­wai­gen) Ver­bots­norm nur durch die Ver­hin­de­rung der Ein­stel­lung er-zielt wer­den kann. Ei­ne sol­che Sank­ti­on sieht das AÜG nicht vor. Zur Zwecker­mitt­lung ei­nes sol­chen (et­wai­gen) Ver­bots ist so­mit auf die durch die EG-Leih­ar­beits­richt­li­nie vor-ge­ge­be­ne Ziel­set­zung zurück­zu­grei­fen. Nach Art. 2 RL 2008/104 EG müssen- be­zo­gen auf die Leih­ar­beit­neh­mer - die Ein­hal­tung des Grund­sat­zes de­ren Gleich­be­hand­lung ge­si­chert und ein an­ge­mes­se­ner Rah­men für den Ein­satz von Leih­ar­beit fest­ge­legt wer­den. Die­ses Ziel er­for­dert nicht zwin­gend ein ge­setz­li­ches Ver­bot der Ein­stel­lung von Leih­ar­beit­neh­mern über ei­ne be­stimm­te Zeit hin­aus oder nur ge­kop­pelt an ei­nen Sach­grund. Näher­lie­gend sind für die Kam­mer ge­setz­li­che Ver­pflich­tun­gen, die dau­er­haft nur ei­nem ein­zi­gen Ent­lei­her über­las­se­ne Mit­ar­bei­ter nicht nur beim Brut­to­stun­den­lohn, son­dern auch bei al­len an­de­ren we­sent­li­chen, vor al­lem wert­hal­ti­gen Kon­di­tio­nen wie Weih-nachts- und Ur­laubs­geld, leis­tungs­abhängi­ge Vergütung oder auch Ur­laubs­dau­er der Stamm­be­leg­schaft gleich­stel­len.

bb Die Ein­stel­lung der 33 Leih­ar­beit­neh­mer führt bei der Stamm­be­leg­schaft nicht zu sons­ti­gen Nach­tei­len wie vom Be­triebs­rat be­haup­tet. Der Ver­wei­ge­rungs­grund nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 Be­trVG liegt nicht vor. Zum Teil ist der Be­triebs­rat mit die­sem Grund aus­ge­schlos­sen.

Die Be­nach­tei­li­gung der Stamm­be­leg­schaft kann der Be­triebs­rat bei der Ein­stel­lung gel­tend ma­chen, wenn Tat­sa­chen die ent­spre­chen­de Be­sorg­nis be­gründen. Nach­tei­le iSv § 99 Abs. 2 Nr. 3 Be­trVG können z.B. im Ver­lust von Rechts­po­si­tio­nen oder in der Ver­schlech­te­rung der ge­genwärti­gen Stel­lung ei­nes Stamm­ar­beit­neh­mers lie­gen.

Die da­zu vom Be­triebs­rat zunächst ab­ge­ge­ben Be­gründung, die über­di­men­sio­nier­te Ein-

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bei der Be­triebs­rats­ar­beit und nimmt Zeit­an­tei­le für die Stamm­be­leg­schaft und be­ein­träch­tigt an­de­rer­seits Ar­beits­abläufe we­gen des er­for­der­li­chen An­ler­nens, trägt die­sen Ver­wei­ge­rungs­grund nicht. Dafür, dass die Ein­stel­lung von Leih­ar­beit­neh­mer an­stel­le ei­ner gleich­großen Zahl Stamm­ar­beit­neh­mer zu ei­nem 10-fa­chen Mehr­auf­wand bei der Be­triebs­rats­ar­beit und beim An­ler­nen der Mit­ar­bei­ter führt, sind Tat­sa­chen vom Be­triebs­rat nicht be­haup­tet und auch nicht er­sicht­lich. Eben­so fehlt es an ei­nem sub­stan­ti­ier­ten Vor­trag des Be­triebs­rats zu gefähr­de­ten Rechts­po­si­tio­nen und/oder ge­genwärti­gen be­ruf­li­chen Stel­lun­gen der Stamm­be­leg­schaft, ver­ur­sacht durch Leih­ar­beit be­ding­ten Mehr-auf­wand in der Be­triebs­rats­ar­beit. Zu den pau­schal be­haup­te­ten Störun­gen in den Ar­beits­abläufen des Press­wer­kes kann es schon des­halb nicht kom­men, weil die 33 be­trof­fe­nen Leih­ar­beit­neh­mer un­strei­tig mit den Ar­beits­abläufen ver­traut sind.

So­weit der Be­triebs­rat dar­auf ver­weist, die Maßnah­men be­nach­tei­li­ge Stamm­ar­beit­neh­mer in ih­rem be­ruf­li­chen Auf­stieg, ist er mit die­sem Grund aus­ge­schlos­sen.

Der Be­triebs­rat hat erst im vor­lie­gen­den Be­schluss­ver­fah­ren, nicht aber schon im Zu-stim­mungs­ver­fah­ren be­haup­tet, ein Teil der letzt­lich mit über 1.100 Leih­ar­beit­neh­mern be­setz­ten Stel­len, sei­en ge­ho­be­ne­re Stel­len oder sol­che mit be­son­de­ren fach­li­chen An­for­de­run­gen, auf die sich Stamm­ar­beit­neh­mer im Rah­men der in­ter­nen Aus­schrei­bung der Stel­len nur des­halb nicht be­wer­ben, weil die Aus­schrei­bung die­ser Stel­len nur be­fris­tet er­folgt. Dies be­nach­tei­ligt die Stamm­ar­beit­neh­mer im be­ruf­li­chen Auf­stieg.

Vor­ge­nann­ter Grund ist tatsäch­li­cher Art und hätte vom Be­triebs­rat in­ner­halb der einwöchi­gen Aus­schluss­frist des § 99 Abs. 3 Be­trVG im Zu­stim­mungs­ver­fah­ren gel­tend ge­macht wer­den müssen. Mit der Gel­tend­ma­chung die­ses Grun­des erst im vor­lie­gen­den Zu­stim­mungs­er­set­zungs­ver­fah­ren ist der Be­triebs­rat aus­ge­schlos­sen. Un­abhängig da­von ist vom Be­triebs­rat nicht be­haup­tet, auch nur ei­ne der hier zu be­set­zen­den 33 Pro­duk­ti­ons­ar­bei­ter­stel­len im Press­werk sei ei­ne „Beförde­rungs­stel­le“.

cc Dem Ver­wei­ge­rungs­grund nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 Be­trVG steht ent­ge­gen, dass es sich bei vor­lie­gen­den Maßnah­me um Ein­stel­lun­gen han­delt. Die Ein­stel­lung selbst kann bei den be­trof­fe­nen 33 Leih­ar­beit­neh­mern nicht zu sons­ti­gen Nach­tei­len führen.

Die Verlänge­rung des be­fris­te­ten Ein­sat­zes ei­nes Leih­ar­beit­neh­mers stellt ein Ein­stel­lung iSv § 99 Abs. 1 Be­trVG dar (vgl. BAG 23.01.2008, 1 ABR 17/06, BA­GE 125; 306 ff.). An-sons­ten wäre sie nicht mit­be­stim­mungs­pflich­tig nach vor­ge­nann­ter Be­stim­mung. In der Ein­stel­lung kann für die Be­trof­fe­nen kei­ne Be­nach­tei­li­gung iSv § 99 Abs. 2 Nr. 4 Be­trVG lie­gen (vgl. BAG 09.07.1996, 1 ABR 55/95, AP Nr 9 zu § 99 Be­trVG 1972 Ein­stel­lung

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NZA 1997, 447 ff), selbst wenn, wie der Be­triebs­rat meint, die Ein­stel­lung mit Ver­lus­ten in Rechts­po­si­tio­nen ver­bun­den wäre. Hier­auf hat die Ar­beit­ge­be­rin zu­tref­fend hin­ge­wie­sen.

C Der Fest­stel­lungs­an­trag ist be­gründet.

Der nach § 100 Abs. 2 Satz 3 Be­trVG vom Ar­beit­ge­ber zu stel­len­de Fest­stel­lungs­an­trag ist nur dann un­be­gründet, wenn die Maßnah­me of­fen­sicht­lich aus sach­li­chen Gründen nicht drin­gend er­for­der­lich war. Das Merk­mal "of­fen­sicht­lich" er­for­dert ei­ne gro­be Ver­ken­nung der sach­lich-be­trieb­li­chen Not­wen­dig­keit der vorläufi­gen Durchführung der Pe­ro­nal­maßnah­me sei­tens des Ar­beit­ge­bers (vgl. BAG 07.11.1977, 1 ABR 55/75, BA­GE 29, 345 ff.). Für die drin­gen­de Er­for­der­lich­keit der vorläufi­gen Durchführung ei­ner Per­so­nal­maßnah­me kommt es al­lein dar­auf an, ob es mit dem ord­nungs­gemäßen be­trieb­li­chen Ab­lauf zu ver­ein­ba­ren ist, dass der Ar­beits­platz et­wa für länge­re Zeit un­be­setzt bleibt (vgl. BAG 06.10.1978, 1 ABR 51/77, AP Nr. 10 zu § 99 Be­trVG 1972).

Die An­trag­stel­le­rin hat bei der vorläufi­gen Ein­stel­lung der 33 Mit­ar­bei­ter die dafür er­for­der­li­che sach­lich-be­trieb­li­chen Not­wen­dig­keit nicht grob ver­kannt. Mit den von ihm er­ho­be­nen Gründen durf­te der Be­triebs­rat sei­ne Zu­stim­mung zur Ein­stel­lung der 33 Ar­beit­neh­mer nicht ver­wei­gern. Die An­trag­stel­le­rin muss­te die durch das er­for­der­li­che Zu­stim­mungs­er­set­zungs­ver­fah­ren ent­ste­hen­de Verzöge­rung bei der Be­set­zung der 33 Ar­beitsplätze, die zur Störung des Be­triebs­ab­laufs im Press­werk geführt hätte, nicht hin­neh­men.

Die­se Ent­schei­dung er­geht ge­richts­gebühren­frei (§ 2 a Abs. 1 ArbGG).

 

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Rechts­mit­tel­be­leh­rung

1. Ge­gen die­sen Be­schluss kann von dem Be­tei­lig­ten zu 2 durch Ein­rei­chung ei­ner Be­schwer­de­schrift beim

Säch­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richt,

Zwi­ckau­er Straße 54, 09112 Chem­nitz

Be­schwer­de ein­ge­legt wer­den.

Die Be­schwer­de­schrift und die Be­schwer­de­be­gründung müssen von ei­nem bei ei­nem deut­schen Ge­richt zu­ge­las­se­nen Rechts­an­walt un­ter­zeich­net sein. Sie können auch von dem Be­vollmäch­tig­ten ei­ner Ge­werk­schaft, ei­ner Ar­beit­ge­ber­ver­ei­ni­gung oder ei­nes Zu­sam­men­schlus­ses sol­cher Verbände un­ter­zeich­net wer­den, wenn sie kraft Sat­zung oder Voll­macht zur Ver­tre­tung be­fugt sind und der Zu­sam­men­schluss, der Ver­band oder de­ren Mit­glie­der Par­tei sind. Satz 2 des Ab­sat­zes gilt ent­spre­chend für Be­vollmäch­tig­te, die als An­ge­stell­te ju­ris­ti­scher Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich in wirt­schaft­li­chem Ei­gen­tum ei­ner der in Satz 2 des Ab­sat­zes ge­nann­ten Or­ga­ni­sa­ti­on ste­hen, han­deln, wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung der Mit­glie­der der Or­ga­ni­sa­ti­on ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet. Mit­glie­der der in Satz 2 des Ab­sat­zes ge­nann­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen können sich durch ei­nen Ver­tre­ter ei­nes an­de­ren Ver­ban­des oder Zu­sam­men­schlus­ses mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung ver­tre­ten las­sen. Satz 3 des Ab­sat­zes gilt ent­spre­chend.

Die Be­schwer­de­schrift muss bin­nen ei­nes Mo­nats nach Zu­stel­lung die­ses Be­schlus­ses bei dem Säch­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­gen sein. Sie muss den Be­schluss be­zeich­nen, ge­gen den die Be­schwer­de ge­rich­tet ist und die Erklärung ent­hal­ten, dass ge­gen die­sen Be­schluss die Be­schwer­de ein­ge­legt wird.

Die Be­schwer­de ist gleich­zei­tig oder in­ner­halb von zwei Mo­na­ten nach Zu­stel­lung die­ses Be­schlus­ses beim Säch­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richt in glei­cher Form schrift­lich zu be­gründen. Die Be­schwer­de­be­gründung muss an­ge­ben, auf wel­che im Ein­zel­nen aus­zuführen­den Be­schwer­de­gründe so­wie auf wel­che neu­en Tat­sa­chen die Be­schwer­de gestützt wird.

2. Für die Be­tei­lig­te zu 1 ist ge­gen die­sen Be­schluss kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.

Rich­ter am Ar­beits­ge­richt

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