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ARBEITSRECHT AKTUELL

07/07a Bun­des­ar­beits­ge­richt: Fal­sche Be­zeich­nung des Be­klag­ten ist kein Bein­bruch.

Die un­rich­ti­ge An­ga­be ei­ner be­klag­ten Per­so­nen­ge­sell­schaft in der Kla­ge kann im We­ge der Aus­le­gung be­rich­tigt wer­den: Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 01.03.2007, 2 AZR 525/05
Auktionshammer bzw. Gerichtshammer auf Geldscheinen Bei Kün­di­gungs­schutz­kla­gen geht es um Geld, um Zeit - und um ei­ni­ge For­ma­li­tä­ten

03.05.2007. Bei ei­ner Kün­di­gungs­schutz­kla­ge soll­te man wie bei je­der Kla­ge auf be­stimm­te For­ma­li­tä­ten ach­ten, so ins­be­son­de­re dar­auf, dass man als Klä­ger den rich­ti­gen Be­klag­ten be­nennt.

An­dern­falls kann das Ver­fah­ren ei­nen un­gu­ten Ver­lauf neh­men, denn ei­ne ei­ne Kün­di­gungs­schutz­kla­ge muss zwin­gend in­ner­halb von drei Wo­chen nach Zu­gang der Kün­di­gung er­ho­ben wer­den.

In ei­ner ak­tu­el­len Ent­schei­dung hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) hier zu­guns­ten der kla­gen­den Ar­beit­neh­mer klar­ge­stellt, dass ei­ne spä­te­re Be­rich­ti­gung der fal­schen Par­tei­be­zeich­nung ("Ru­brums­be­rich­ti­gung") mög­lich ist, wenn der Kla­ge ei­ne Ko­pie der Kün­di­gung bei­ge­fügt ist und wenn sich aus die­ser Kün­di­gungs­er­klä­rung die Per­son des rich­ti­ger­wei­se zu ver­kla­gen­den Ar­beit­ge­bers ent­neh­men lässt: BAG, Ur­teil vom 01.03.2007, 2 AZR 525/05.

Was tun, wenn in ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge die fal­sche Par­tei an­ge­ge­ben ist?

Die §§ 4 und 7 Kündi­gungs­schutz­ge­setz (KSchG) schrei­ben vor, dass man als Ar­beit­neh­mer, wenn man ge­gen ei­ne vom Ar­beit­ge­ber aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung kla­gen will, ei­ne Kla­ge­frist von drei Wo­chen ein­zu­hal­ten ist. Versäumt man die Frist, ist die Kündi­gung - und zwar al­lein we­gen der Frist­versäum­ung! - als wirk­sam an­zu­se­hen, was be­son­ders ärger­lich ist, wenn die Kündi­gung be­son­ders gra­vie­ren­de Mängel auf­weist.

Ei­ne recht­zei­ti­ge Kla­ge­er­he­bung setzt vor­aus, dass der Ar­beit­ge­ber, der die Kündi­gung aus­ge­spro­chen hat, als Be­klag­ter in der Kündi­gungs­schutz­kla­ge kor­rekt be­zeich­net wird. Rich­tet sich die Kla­ge ge­gen ei­ne an­de­re Per­son, was in­fol­ge von Schlam­pe­rei bei der Ab­fas­sung der Kla­ge leicht pas­sie­ren kann, wirkt die­se Kla­ge­er­he­bung nicht frist­wah­rend.

Um den Ar­beit­neh­mer vor den Fall­stri­cken ei­nes über­trie­be­nen ju­ris­ti­schen For­ma­lis­mus zu be­wah­ren, hel­fen die Ar­beits­ge­rich­te in Fällen die­ser Art oft durch sog. "Ru­brums­be­rich­ti­gung", d.h. man trifft im Lau­fe des Ver­fah­rens die Fest­stel­lung, dass die (an sich fal­sche) Be­zeich­nung der Be­klag­ten­par­tei in dem Sin­ne "aus­zu­le­gen" sei, dass der rich­ti­ge Ar­beit­ge­ber ge­meint sein soll.

Der Fall des BAG: Per­so­nen­ge­sell­schaft kündigt und soll ver­klagt wer­den doch in der Kla­ge sind zwei Ge­sell­schaf­ter als be­klag­te Par­tei an­ge­ge­ben

Der kla­gen­de Ar­beit­neh­mer war ein 57 Jah­re al­ter Ar­chi­tekt, der seit 1973 in ei­nem als Part­ner­schafts­ge­sell­schaft geführ­ten Ar­chi­tek­tenbüro beschäftigt war. Die Ar­beit­ge­be­rin fir­miert un­ter "N. + Part­ner Ar­chi­tek­ten". Mit Schrei­ben vom 19.05.2003 kündig­te die Part­ner­schafts­ge­sell­schaft das Ar­beits­verhält­nis.

Das Kündi­gungs­schrei­ben war auf ei­nem Brief­bo­gen mit Brief­kopf der Part­ner­schafts­ge­sell­schaft aus­ge­fer­tigt und von ei­nem der bei­den Part­ner un­ter­zeich­net wor­den. Die an sich recht­zei­tig, nämlich am 22.05.2003 beim zuständi­gen Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge, rich­te­te sich aber lei­der nicht ge­gen die Part­ner­schafts­ge­sell­schaft, son­dern ge­gen die bei­den Part­ner der Part­ner­schafts­ge­sell­schaft, die Ar­chi­tek­ten N. und M.

Das war recht­lich falsch, da Ar­beit­ge­be­rin und Kündi­gen­de nicht die Part­ner der Part­ner­schafts­ge­sell­schaft, son­dern die­se selbst war.

Das Ar­beits­ge­richt Darm­stadt hat die Par­tei­be­zeich­nung (das sog. "Ru­brum") durch Be­schluss be­rich­tigt und der Kla­ge hin­sicht­lich der frist­lo­sen Kündi­gung statt­ge­ge­ben. Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das Hes­si­sche Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) die Kla­ge we­gen Versäum­ung der Kla­ge­frist ins­ge­samt ab­ge­wie­sen. Zu die­sem Er­geb­nis kam das Hes­si­sche LAG, da es da­von aus­ging, dass ei­ne fal­sche Per­son be­klagt und da­her die Drei­wo­chen­frist zur Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge be­reits ab­ge­lau­fen war.

BAG: Er­gibt sich aus ei­ner der Kla­ge bei­gefügten Kündi­gung der rich­ti­ge Be­klag­te, kann die Kla­ge ent­spre­chend aus­ge­legt wer­den

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) hob die Ent­schei­dung des Hes­si­schen LAG auf und ent­schied da­mit zu­guns­ten des Ar­beit­neh­mers. Zur Be­gründung heißt es:

Ei­ne un­ge­naue oder so­gar fal­sche Par­tei­be­zeich­nung in ei­ner Kla­ge­schrift kann je­der­zeit vom Ge­richt be­rich­tigt wer­den, und zwar auch oh­ne ent­spre­chen­den An­trag ei­ner der Par­tei­en.

Ist ei­ne Ge­sell­schaft Ar­beit­ge­be­rin des kla­gen­den Ar­beit­neh­mers, so ist bei ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge sorgfältig zu prüfen, ob le­dig­lich ei­ne fal­sche Par­tei­be­zeich­nung vor­liegt, wenn der Ar­beit­neh­mer nicht sei­ne Ar­beit­ge­be­rin, son­dern de­ren Ge­sell­schaf­ter ver­klagt.

Er­gibt sich in ei­nem Kündi­gungs­rechts­streit et­wa aus dem der Kla­ge­schrift bei­gefügten Kündi­gungs­schrei­ben, wer als be­klag­te Par­tei ge­meint ist, so ist ei­ne Be­rich­ti­gung der Par­tei­be­zeich­nung nach An­sicht des BAG re­gelmäßig möglich. Dies gilt auch, wenn der Ar­beit­neh­mer bei ei­ner Part­ner­schafts­ge­sell­schaft nach dem Ge­setz über Part­ner­schafts­ge­sell­schaf­ten An­gehöri­ger Frei­er Be­ru­fe (PartGG) beschäftigt ist und sich ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge (fälsch­lich) ge­gen die ein­zel­nen Part­ner rich­tet.

Fa­zit: Bei ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge soll­te man sehr sorgfältig prüfen, wer ei­gent­lich gekündigt hat, was nor­ma­ler­wei­se auch kein unlösba­res Pro­blem ist, da ei­ne Kündi­gung ja gemäß § 623 Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB) schrift­lich erklärt wer­den muss. Und dann er­gibt sich aus dem Kündi­gungs­schrei­ben, wer die Kündi­gung erklärt hat bzw. in wes­sen Na­men sie erklärt wur­de.

Vor­sichts­hal­ber soll­ten der kla­gen­de Ar­beit­neh­mer bzw. sein Rechs­an­walt ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge im­mer die Kündi­gung in Ko­pie beifügen, denn wenn es der Feh­ler­teu­fel will, dass die Be­zeich­nung des Be­klag­ten in der Kla­ge un­rich­tig war, kann das Ge­richt die­sen Feh­ler un­ter Aus­wer­tung der bei­gefügten Kündi­gung kor­ri­gie­ren. Die­se Emp­feh­lung gilt für al­le Be­stands­strei­tig­kei­ten, al­so auch für ei­ne ge­gen ei­ne Be­fris­tung ge­rich­te­te Kla­ge (Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge, Ent­fris­tungs­kla­ge).

Letzte Überarbeitung: 20. Dezember 2017

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