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ARBEITSRECHT AKTUELL // 08/082

Über­ra­schen­de Pro­be­zeit­be­fris­tungs­klau­sel

Die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags für zwölf Mo­na­te in Kom­bi­na­ti­on mit ei­ner sechs­mo­na­ti­gen Pro­be­zeit­be­fris­tung ist ei­ne über­ra­schen­de Klau­sel: Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 16.04.2008, 7 AZR 132/07 - Ur­teils­grün­de
Abrisskalender Bei Ent­fris­tungs­kla­gen müs­sen An­wäl­te auf­pas­sen

24.07.2008. Im April 2008 hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) ent­schie­den, dass die Kom­bi­na­ti­on ei­ner Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags für zwölf Mo­na­te mit ei­ner par­al­lel lau­fen­den sechs­mo­na­ti­gen Be­fris­tung zur Er­pro­bung ei­ne für den Ar­beit­neh­mer über­ra­schen­de Ver­trags­klau­sel ist.

Ei­ne sol­che Dop­pel­be­fris­tung ist da­her un­wirk­sam (BAG, Ur­teil vom 16.04.2008, 7 AZR 132/07)

Grund­la­ge die­ses Ur­teils ist die ge­setz­lich vor­ge­schrie­be­ne Kon­trol­le von All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen (AGB), d.h. des "Klein­ge­druck­ten", am Maß­stab der §§ 305 ff. Bür­ger­li­ches Ge­setz­buch (BGB).

Die­ses Ur­teil hat­ten wir im Rah­men un­se­rer lau­fen­den Be­richt­er­stat­tung im Mai 2008 für Sie kom­men­tiert (Ar­beits­recht ak­tu­ell 08/52: Dop­pel­be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges). Da­bei konn­ten wir uns bei un­se­rer Ur­teils­be­spre­chung le­dig­lich auf da­mals al­lein vor­lie­gen­de Pres­se­mel­dung des BAG vom 16.04.2008 stüt­zen. In der Zwi­schen­zeit liegt das voll­stän­di­ge Ur­teil vor. Die Ur­teils­grün­de er­lau­ben es, ei­nen zwei­ten Blick auf die­se Ent­schei­dung zu wer­fen:

In pro­zess­recht­li­cher Hin­sicht stellt das BAG näm­lich klar, dass die Ein­wän­de der Klä­ge­rin ge­gen die Ein­be­zie­hung der Pro­be­zeit­klau­sel in den Ar­beits­ver­trag nicht im Rah­men ei­ner Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge ge­mäß § 17 Tz­B­fG gel­tend zu ma­chen sind.

Die kla­gen­de Ar­beit­neh­me­rin hat­te aber eben ei­ne sol­che Kla­ge er­ho­ben und war da­her in Ge­fahr, trotz der Un­wirk­sam­keit der strei­ti­gen Dop­pel­be­fris­tung letzt­lich den Pro­zess in der Re­vi­si­ons­in­stanz aus rein ver­fah­rens­recht­li­chen bzw. for­mal­ju­ris­ti­schen Grün­den zu ver­lie­ren.

Ein Be­fris­tungs­kon­troll­an­trag setzt näm­lich vor­aus, so das BAG, dass es über­haupt ei­ne zum Ver­trags­be­stand­teil ge­wor­de­ne Be­fris­tungs­ab­re­de gibt, so das BAG. Da die Un­wirk­sam­keit der Pro­be­zeit­klau­sel im vor­lie­gen­den Fall nach An­sicht der Klä­ge­rin je­doch da­zu führ­te, dass die­se gar nicht erst zum Be­stand­teil des Ver­trags ge­wor­den war, hät­te sie die Klä­ge­rin die Fest­stel­lung der Un­wirk­sam­keit die­ser Klau­sel mit ei­nem all­ge­mei­nen Fest­stel­lungs­an­trag ver­fol­gen müs­sen. Sie hät­te da­her be­an­tra­gen müs­sen fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­ver­hält­nis über den 30.04.2006 hin­aus bis zum 31.10.2006 be­stan­den ha­be.

Nun hat­te die Klä­ge­rin zwar wie er­wähnt ei­nen sol­chen all­ge­mei­nen Fest­stel­lungs­an­trag nicht (aus­drück­lich) ge­stellt, doch half ihr das BAG mit ei­ner groß­zü­gi­gen bzw. sehr weit­ge­hen­den "Aus­le­gung" ih­res Be­fris­tungs­kon­troll­an­trags, in­dem es die­sen zu­gleich als all­ge­mei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge in­ter­pre­tier­te.

Fa­zit: Ar­beit­neh­mer bzw. die sie ver­tre­ten­den An­wäl­te soll­ten bei Be­fris­tungs­kon­troll­kla­gen ne­ben ei­nem punk­ten Kla­ge­an­trag, der sich ge­gen die Wirk­sam­keit ei­ner kon­kret ver­ein­bar­ten Be­fris­tungs­ab­re­de rich­tet, im­mer auch ei­nen all­ge­mei­nen Fest­stel­lungs­an­trag stel­len. Mit ei­nem sol­chen An­trag wird be­an­tragt fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­ver­hält­nis der Par­tei­en über ein be­stimm­tes strei­ti­ges Be­en­di­gungs­da­tum hin­aus un­ge­kün­digt fort­be­steht.

Nä­he­re In­for­ma­tio­nen zu die­sem Vor­gang fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 18. Mai 2017

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