HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

ARBEITSRECHT AKTUELL // 15/233

Was muss der Be­triebs­rat be­ach­ten, wenn er ei­nem An­walt ei­nen Auf­trag er­teilt?

Be­triebs­rat vor Ge­richt: Für die Be­auf­tra­gung ei­nes An­walts braucht der Be­triebs­rat in je­der In­stanz ei­nen neu­en Be­schluss: Bun­des­ar­beits­ge­richt, Be­schluss vom 18.03.2015, 7 ABR 4/13
Auktionshammer bzw. Gerichtshammer auf Geldscheinen An­walts­kos­ten des Be­triebs­rats füh­ren oft zu Streit

26.08.2015. Vor zwei Jah­ren be­rich­te­ten wir über ei­nen Be­schluss des Lan­des­ar­beits­ge­richts (LAG) Düs­sel­dorf vom 16.01.2013 (7 TaBV 31/12), mit dem das Ge­richt ei­nem Be­triebs­rats­an­walt die Kos­ten­er­stat­tung für ei­ne Be­schwer­de vor dem LAG ver­sag­te, d.h. der Ar­beit­ge­ber muss­te die Pro­zess­kos­ten sei­nes Be­triebs­rats nicht be­zah­len (Ar­beits­recht ak­tu­ell 13/114 Be­triebs­rat und An­walts­kos­ten: Vor Ge­richt sind kor­rek­te Be­schlüs­se wich­tig).

Im März die­ses Jah­res hat­te das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) über die­sen Fall zu ent­schei­den und die Ent­schei­dung des LAG be­stä­tigt. Da­mit zog der Be­triebs­rats­an­walt auch in der letz­ten In­stanz den Kür­ze­ren: BAG, Be­schluss vom 18.03.2015, 7 ABR 4/13.

Wann muss der Ar­beit­ge­ber dem Be­triebs­rat die Kos­ten für ei­nen An­walt er­set­zen?

Gemäß § 40 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz (Be­trVG) muss der Ar­beit­ge­ber die Kos­ten tra­gen, die durch die Tätig­keit des Be­triebs­rats ent­ste­hen. Da­zu gehören auch Rechts­an­walts­gebühren, wenn der Be­triebs­rat ei­nen An­walt zur Wahr­neh­mung sei­ner Rech­te be­auf­tragt hat. Al­ler­dings müssen Be­triebsräte da­bei zwei Din­ge im Blick ha­ben, wenn sie da­mit Er­folg ha­ben wol­len:

Ers­tens ist ei­ne kor­rek­te Be­schluss­fas­sung des Be­triebs­rats (mit ent­spre­chen­der vor­he­ri­ger Ein­la­dung zur Be­triebs­rats­sit­zung) vor je­der noch so "klei­nen" Be­auf­tra­gung ei­nes An­walt un­ver­zicht­bar, denn oh­ne ei­nen Be­triebs­rats­be­schluss ist der An­walt nicht wirk­sam be­auf­tragt.

Zwei­tens soll­ten Be­triebsräte im­mer die Dar­stell­bar­keit der An­walts­kos­ten über­prüfen. Denn stellt sich später her­aus, dass die An­walts­kos­ten nicht "er­for­der­lich" im Sin­ne der Recht­spre­chung wa­ren, muss der Ar­beit­ge­ber sie auch nicht er­stat­ten.

Die­se bei­den Punk­te soll­ten der Be­triebs­rat und sein An­walt ge­mein­sam be­ach­ten, denn mit der Durch­set­zung des an­walt­li­chen Gebühren­an­spruchs steht und fällt die ef­fek­ti­ve Zu­sam­men­ar­beit von An­walt und Be­triebs­rat.

Mau­ert der Ar­beit­ge­ber nämlich und kommt da­mit vor Ge­richt im Gebühren­pro­zess durch, wird der An­walt die Freu­de an die­sem Man­dat über kurz oder lang ver­lie­ren. Denn der Be­triebs­rat ist vermögens­los und kann da­her nicht zah­len und von den Be­triebs­rats­mit­glie­dern persönlich ist der An­walt nicht be­auf­tragt wor­den.

Dann kann der An­walt den Be­triebs­rat auf die Dau­er nicht mehr un­terstützen und der Be­triebs­rat steht letzt­lich oh­ne An­walt da. Natürlich kann er es dann mit an­de­ren Kanz­lei­en pro­bie­ren, aber die­se müssen sich erst ein­mal ein­ar­bei­ten und sprin­gen eben­falls ab, wenn ih­re Gebühren nicht be­zahlt wer­den. Und je öfter der Be­triebs­rat sei­nen An­walt wech­selt, des­to bes­se­re Lau­ne ha­ben der Ar­beit­ge­ber und sein An­walt.

Der hier be­spro­che­ne Fall zeigt, über wel­che St­ei­ne Be­triebs­rat und An­walt beim The­ma An­walts­gebühren stol­pern können.

Im Streit: An­walts­gebühren für ein Be­schwer­de­ver­fah­ren vor dem LAG und für ein Ei­ni­gungs­stel­len­be­set­zungs­ver­fah­ren we­gen ei­ner Ar­beit­neh­mer­be­schwer­de

Im Streit­fall hat­te sich der Be­triebs­rats­an­walt von sei­nem Man­dan­ten, dem Be­triebs­rat, an­geb­li­che Ansprüche auf Kos­ten­er­stat­tung ab­tre­ten las­sen und ver­klag­te den Ar­beit­ge­ber aus ab­ge­tre­te­nem Recht auf Zah­lung 1.150,02 EUR für die Ver­tre­tung des Be­triebs­rats in ei­nem ar­beits­ge­richt­li­chen Eil­ver­fah­ren, das erst­in­stanz­lich ver­lo­ren ging und in dem der An­walt da­her für den Be­triebs­rat Be­schwer­de zum LAG ein­ge­legt hat­te, letzt­lich oh­ne Er­folg.

In dem Ver­fah­ren ging es um die Ver­set­zung ei­nes Be­triebs­rats­mit­glieds, die ge­richt­lich ge­stoppt wer­den soll­te. Der Be­triebs­rat hat­te zwar über die Ein­lei­tung des Pro­zes­ses ei­nen kor­rek­ten Be­schluss her­bei­geführt, nicht aber ei­nen er­neu­ten Be­schluss über die Ein­le­gung der Be­schwer­de zum LAG.

Wei­te­re 942,18 EUR ver­lang­te der An­walt vom Ar­beit­ge­ber für die Ver­tre­tung des Be­triebs­rats in ei­nem Be­schluss­ver­fah­ren, das auf die Er­rich­tung ei­ner Ei­ni­gungs­stel­le ge­rich­tet war. Die Ei­ni­gungs­stel­le hätte sich mit der Be­rech­ti­gung ei­ner Be­schwer­de be­fas­sen müssen, die der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de in sei­ner Ei­gen­schaft als Ar­beit­neh­mer beim Be­triebs­rat geführt hat­te, und zwar gemäß § 85 Be­trVG. Nach Ab­satz 2 die­ser Vor­schrift kann der Be­triebs­rat die Ei­ni­gungs­stel­le an­ru­fen, wenn zwi­schen Be­triebs­rat und Ar­beit­ge­ber Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten über die Be­rech­ti­gung der Be­schwer­de be­ste­hen.

Das hat­te der Be­triebs­rat hier nach ei­nem hin­hal­ten­den Schrei­ben des Ar­beit­ge­bers ge­macht, al­ler­dings so­fort durch ein ar­beits­ge­richt­li­ches Ver­fah­ren zur ge­richt­li­chen Be­set­zung der Ei­ni­gungs­stel­le (§ 76 Abs.2 Sätze 2 und 3 Be­trVG, § 100 Ar­beits­ge­richts­ge­setz - ArbGG), d.h. oh­ne zu­vor dem Ar­beit­ge­ber außer­ge­richt­lich mit­zu­tei­len, dass man ei­ne Ei­ni­gungs­stel­le gemäß § 85 Be­trVG für er­for­der­lich hal­te bzw. "an­ru­fe".

Mit die­sen bei­den Gebühren­for­de­run­gen hat­te der Be­triebs­rats­an­walt kei­nen Er­folg. Das Ar­beits­ge­richt Ober­hau­sen (Be­schluss vom 15.03.2012, 4 BV 19/11) und das LAG Düssel­dorf wie­sen sei­ne Zah­lungs­ansprüche ab (LAG Düssel­dorf, Be­schluss vom 16.01.2013, 7 TaBV 31/12 - wir be­rich­te­ten in: Ar­beits­recht ak­tu­ell: 13/114 Be­triebs­rat und An­walts­kos­ten: Vor Ge­richt sind kor­rek­te Be­schlüsse wich­tig).

BAG: Kei­ne Gebühren­er­stat­tung für Rechts­mit­tel­in­stan­zen oh­ne Be­triebs­rats­be­schluss und für Ei­ni­gungs­stel­len­be­set­zungs­ver­fah­ren oh­ne außer­ge­richt­li­che An­ru­fung der Ei­ni­gungs­stel­le

Nach­dem das LAG die Rechts­be­schwer­de zum BAG zu­ge­las­sen hat­te und der An­walt von die­ser Möglich­keit Ge­brauch ge­macht hat­te, bestätig­te ihm das BAG, dass sei­ne Gebühren­for­de­run­gen un­be­gründet wa­ren. Denn da dem Be­triebs­rat man­gels Er­for­der­lich­keit der An­walts­kos­ten kein Frei­stel­lungs­an­spruch bzw. kein Kos­ten­er­stat­tungs­an­spruch ge­gen den Ar­beit­ge­ber zu­stand, konn­te sich der An­walt ei­nen sol­chen (nicht vor­han­de­nen) An­spruch auch nicht ab­tre­ten las­sen.

Den Gebühren­an­spruch we­gen des Be­schwer­de­ver­fah­rens vor dem LAG wies das BAG mit den­sel­ben Ar­gu­men­ten ab, auf die sich auch das LAG Düssel­dorf be­reits gestützt hat­te: Da der Be­triebs­rat vor Ein­le­gung der Be­schwer­de kei­nen er­neu­ten Be­schluss über die Fortführung des Pro­zes­ses ge­fasst hat­te, wa­ren die­se Kos­ten nicht er­for­der­lich und da­her nicht er­stat­tungsfähig gemäß § 40 Be­trVG. Will der Be­triebs­rat ei­nen Pro­zess, den er in ei­ner In­stanz ver­lo­ren hat, in die nächs­te In­stanz trei­ben, d.h. will er wei­ter strei­ten, dann muss er ei­nen ent­spre­chen­den Be­schluss fas­sen und sich da­bei die Er­folgs­aus­sich­ten des Rechts­mit­tels an­hand der ge­richt­li­chen Ent­schei­dungs­gründe vor Au­gen führen, so das BAG.

Aus­nah­men von die­ser Re­gel gel­ten laut BAG nur dann, wenn der Be­triebs­rat we­gen der be­son­de­ren (Grund­satz-)Be­deu­tung der An­ge­le­gen­heit von vorn­her­ein den Be­schluss fasst, den Pro­zess durch al­le In­stan­zen zu be­trei­ben. Ein sol­cher Be­schluss lag hier aber nicht vor und ist natürlich nur sehr sel­ten sach­lich nach­voll­zieh­bar. Auf ei­ne wei­te­re Aus­nah­me hat be­reits das LAG Düssel­dorf (Be­schluss vom 16.01.2013, 7 TaBV 31/12) hin­ge­wie­sen: Hat der Be­triebs­rat ge­won­nen und ein an­de­rer Ver­fah­rens­be­tei­lig­ter ein Rechts­mit­tel ein, braucht der Be­triebs­rat über die wei­te­re Tätig­keit sei­nes An­walts nicht er­neut zu be­sch­ließen.

Dass der An­walt auch kei­ne Gebühren we­gen des übe­reil­ten ar­beits­ge­richt­li­chen Ei­ni­gungs­stel­len­be­set­zungs­ver­fah­rens ver­lan­gen konn­te, ver­steht sich von selbst und wird da­her vom BAG nur kurz ab­ge­han­delt: Sol­che Ver­fah­ren sind mut­wil­lig, wenn der Ar­beit­ge­ber (wie hier im Streit­fall) nicht zu­vor die Möglich­keit hat­te, frei­wil­lig bzw. oh­ne ge­richt­li­che Hil­fe ge­mein­sam mit dem Be­triebs­rat ei­ne Ei­ni­gungs­stel­le zu bil­den.

Fa­zit: Be­triebsräte und ih­re Anwälte können nur ge­mein­sam und nur dann auf Dau­er er­folg­reich sein, wenn der Ar­beit­ge­ber ak­zep­tiert, dass gu­te Be­triebs­rats­ar­beit oh­ne lau­fen­de an­walt­li­che Un­terstützung durch ei­nen Fach­an­walt für Ar­beits­recht nicht möglich ist, und wenn er die­se Ein­sicht durch ra­sche Be­glei­chung der Ho­no­rar­rech­nun­gen des Be­triebs­rats­an­walts un­ter Be­weis stellt.

Und um dem Ar­beit­ge­ber hier kei­ne recht­li­chen Spielräume zu las­sen, sind im­mer er­neut Be­auf­tra­gungs­be­schlüsse des Be­triebs­rats und zu­dem außer­ge­richt­li­che Auf­for­de­rungs­schrei­ben an die Adres­se des Ar­beit­ge­bers er­for­der­lich. Be­triebsräte und Be­triebs­rats­anwälte, die an die­ser Stel­le Zeit und Mühe spa­ren wol­len, zah­len am En­de drauf.

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Letzte Überarbeitung: 9. Oktober 2020

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