HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

HANDBUCH ARBEITSRECHT

Be­triebs­rat - Kün­di­gungs­schutz

In­for­ma­tio­nen zu The­ma Be­triebs­rat - Kün­di­gungs­schutz: Hen­sche Rechts­an­wäl­te, Kanz­lei für Ar­beits­recht
Sitzung des Betriebsrats, Betriebsratsversammlung

Le­sen Sie hier, wann Be­triebs­rats­mit­glie­der vor or­dent­li­chen und au­ßer­or­dent­li­chen Kün­di­gun­gen ge­schützt sind und wann Kün­di­gun­gen rech­tens sind.

Im Ein­zel­nen fin­den Sie In­for­ma­tio­nen zu dem Ver­fah­ren, das der Ar­beit­ge­ber vor je­der au­ßer­or­dent­li­chen Kün­di­gung ei­nes Be­triebs­rats­mit­glieds ein­hal­ten muss, zur Nach­wir­kung des Son­der­kün­di­gungs­schut­zes von Be­triebs­rats­mit­glie­dern nach der Be­en­di­gung ih­rer Amts­zeit und zu dem Kün­di­gungs­schutz, den Er­satz­mit­glie­der des Be­triebs­rats, Wahl­vor­stän­de und Wahl­be­wer­ber ge­nie­ßen.

von Rechts­an­walt Dr. Mar­tin Hen­sche, Fach­an­walt für Ar­beits­recht, Ber­lin

Wel­chen Kündi­gungs­schutz hat der Be­triebs­rat?

Be­triebs­rats­mit­glie­der ge­nießen ei­nen be­son­de­ren, ge­genüber den all­ge­mei­nen Kündi­gungs­schutz­re­geln, ge­stei­ger­ten Schutz vor Kündi­gun­gen.

Durch die­sen Son­derkündi­gungs­schutz soll er­reicht wer­den, dass Be­triebs­rats­mit­glie­der oh­ne Furcht vor ei­nem Ver­lust des Ar­beits­plat­zes ih­re Auf­ga­ben wahr­neh­men können, die hin und wie­der zu hef­ti­gen Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten mit dem Ar­beit­ge­ber führen können.

Der Son­derkündi­gungs­schutz be­sagt, dass or­dent­li­che Kündi­gun­gen durch den Ar­beit­ge­ber im All­ge­mei­nen aus­ge­schlos­sen sind. Al­ler­dings sieht das Ge­setz die Möglich­keit or­dent­li­cher be­triebs­be­ding­ter Kündi­gun­gen aus­nahms­wei­se dorch vor, nämlich für den Fall ei­ner Be­triebs­stil­le­gung oder der Stil­le­gung ei­ner Be­triebs­ab­tei­lung.

Darüber hin­aus können Be­triebs­rats­mit­glie­der zwar im Prin­zip eben­so wie an­de­re Ar­beit­neh­mer außer­or­dent­lich aus wich­ti­gem Grun­de gekündigt wer­den, al­ler­dings nur dann, wenn der Ar­beit­ge­ber zu­vor die aus­drück­li­che Zu­stim­mung des Be­triebs­rats (als Or­gan) zu der außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ei­nes sei­ner Mit­glie­der er­wirkt hat.

Wel­chen Kündi­gungs­schutz hat der Be­triebs­rat ge­genüber ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung?

Ei­ne Aus­nah­me von der Re­gel, dass or­dent­li­che Kündi­gun­gen von Mit­glie­dern des Be­triebs­rats im All­ge­mei­nen aus­ge­schlos­sen sind, sieht § 15 Abs. 4 Kündi­gungs­schutz­ge­setz (KSchG) vor. Da­nach kann auch Be­triebs­rats­mit­glie­dern or­dent­lich gekündigt wer­den, wenn der ge­sam­te Be­trieb still­ge­legt wird. In die­sem Fall ist die Kündi­gung ei­nes Be­triebs­rats­mit­glieds frühes­tens zum Zeit­punkt der Still­le­gung zulässig, es sei denn, dass die Kündi­gung zu ei­nem frühe­ren Zeit­punkt durch zwin­gen­de be­trieb­li­che Er­for­der­nis­se be­dingt ist.

Ei­ne wei­te­re Aus­nah­me von dem Ver­bot or­dent­li­cher Kündi­gun­gen von Be­triebs­rats­mit­glie­dern sieht § 15 Abs. 5 KSchG vor, und zwar für den Fall der Stil­le­gung ei­ner Be­triebs­ab­tei­lung. Auch dann kann ei­nem Be­triebs­rats­mit­glied, das in ei­ner zu schließen­den Ab­tei­lung ar­bei­te­te, or­dent­lich gekündigt wer­den.

Das gilt aber nur dann, wenn die Über­nah­me des Be­triebs­rats­mit­glieds in ei­ne an­de­re Be­triebs­ab­tei­lung „aus be­trieb­li­chen Gründen nicht möglich“ ist. Nach der Recht­spre­chung muss der Ar­beit­ge­ber not­falls Ar­beitsplätze in an­de­ren Be­triebs­ab­tei­lun­gen freikündi­gen, um das Be­triebs­rats­mit­glied dort wei­ter zu beschäfti­gen.

Ab­ge­se­hen von die­sen bei­den Aus­nah­men, nämlich

  • der Stil­le­gung des Be­triebs oder
  • der Stil­le­gung ei­ner Be­triebs­ab­tei­lung

kann ei­nem Be­triebs­rats­mit­glied nicht or­dent­lich (frist­gemäß) gekündigt wer­den. Ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung aus ver­hal­tens­be­ding­ten oder aus per­so­nen­be­ding­ten Gründen (et­wa we­gen häufi­ger Er­kran­kun­gen) ist da­her ge­ne­rell aus­ge­schlos­sen.

Wann wird ein Be­trieb oder ei­ne Be­triebs­ab­tei­lung still­ge­legt?

Ei­ne Be­triebs­still­le­gung ist die vom Ar­beit­ge­ber be­schlos­se­ne endgülti­ge (oder je­den­falls sehr lang an­dau­ern­de) Ein­stel­lung sämt­li­cher Ar­bei­ten, d. h. die Auflösung der Pro­duk­ti­ons­ge­mein­schaft. Auch die ört­li­che Ver­la­ge­rung des Be­triebs an ei­nen weit ent­fern­ten an­de­ren Ort kann als Still­le­gung zu be­wer­ten sein, falls die bis­he­ri­ge Be­leg­schaft prak­tisch vollständig ge­gen ei­ne neue aus­ge­tauscht wird. Rest­ar­bei­ten wie La­gerräum­ung, De­mon­ta­ge von Ma­schi­nen oder Aufräum- und Rei­ni­gungs­ar­bei­ten sind kein Be­leg dafür, dass ei­ne Be­triebs­still­le­gung nicht vor­ge­nom­men wer­den soll.

In Ein­z­elfällen kann es zu Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten darüber kom­men,

  • ob wirk­lich ei­ne Be­triebs­still­le­gung vor­liegt oder nur ei­ne räum­li­che Be­triebs­ver­le­gung und/oder
  • ob ver­blei­ben­de Ar­bei­ten Rest­ar­bei­ten im Rah­men ei­ner Be­triebs­still­le­gung sind oder aber Dau­er­auf­ga­ben in­fol­ge ei­ner Be­triebs­ver­klei­ne­rung.

Hat der Ar­beit­ge­ber nicht ganz ein­deu­tig Recht mit sei­ner An­sicht, dass der Be­trieb vollständig still­ge­legt wird, kann die Kündi­gungs­schutz­kla­ge ei­nes Be­triebs­rats­mit­glieds, un­ter Be­ru­fung auf § 15 Abs. 4 KSchG, Aus­sicht auf Er­folg ha­ben.

Ei­ne Be­triebs­ab­tei­lung im Sin­ne von § 15 Abs. 5 KSchG ist ein räum­lich und/oder or­ga­ni­sa­to­risch ab­ge­grenz­ter Teil des Be­triebs mit ei­ge­nen Be­triebs­mit­teln und mit ei­ge­nen be­trieb­li­chen Zwe­cken, al­so z. B.

  • ei­ne La­ckie­re­rei (ei­ner Au­to­mo­bil­fa­brik),
  • ein La­ger (ei­nes Pro­duk­ti­ons­be­triebs),
  • ein Le­bens­mit­tel­la­bor (ei­ner Scho­ko­la­den­fa­brik),
  • ei­ne Ver­triebs­ab­tei­lung,
  • ei­ne Buch­hal­tung oder
  • ei­ne Per­so­nal­ab­tei­lung.

Hin und wie­der stel­len Be­triebs­rats­mit­glie­der fest, dass sie in ei­ner „sehr klei­nen“, vom Ar­beit­ge­ber be­haup­te­ten Be­triebs­ab­tei­lung beschäftigt sind, d. h. ei­ner Ab­tei­lung, die prak­tisch nur aus dem Ar­beits­platz des Be­triebs­rats­mit­glieds be­ste­hen soll. Dann muss man ge­nau prüfen und, ggf. im Rah­men ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge klären las­sen, ob das Be­triebs­rats­mit­glied tatsächlich auf der Grund­la­ge von § 15 Abs. 5 KSchG, d. h. we­gen ei­ner (wirk­li­chen) Be­triebs­ab­tei­lungs­sch­ließung gekündigt wur­de - oder ob der Ar­beit­ge­ber sich auf § 15 Abs. 5 KSchG nicht be­ru­fen kann (mit der Fol­ge der Un­wirk­sam­keit der Kündi­gung).

Braucht der Ar­beit­ge­ber die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats für die or­dent­li­che Kündi­gung ei­nes Be­triebs­rats­mit­glieds we­gen Be­triebs­still­le­gung bzw. Be­triebs­ab­tei­lungs­still­le­gung?

Nein. Ei­ne sol­che Zu­stim­mung ist nur für den Fall ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ei­nes Be­triebs­rats­mit­glieds vor­ge­se­hen. Der Ar­beit­ge­ber braucht sie da­her nicht, wenn er un­ter Be­ru­fung auf § 15 Abs. 4 oder Abs. 5 KSchG kündigt, da sol­che Kündi­gun­gen als or­dent­li­che Kündi­gun­gen an­zu­se­hen sind.

Al­ler­dings muss er den Be­triebs­rat vor Aus­spruch der Kündi­gung gemäß § 102 Abs. 1 und 2 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz (Be­trVG) anhören.

Wel­chen Kündi­gungs­schutz hat der Be­triebs­rat ge­genüber ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung?

An­ders als ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung ist ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung ei­nes Be­triebs­rats­mit­glieds nicht all­ge­mein aus­ge­schlos­sen, son­dern im Prin­zip wie ge­genüber al­len Ar­beit­neh­mern zulässig, wenn ein wich­ti­ger Grund im Sin­ne von § 626 Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB) vor­liegt.

Als wich­ti­ge Gründe für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung kom­men vor al­lem gra­vie­ren­de Pflicht­ver­let­zun­gen in Be­tracht, die dem Ar­beit­ge­ber die wei­te­re Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses - auch nur bis zum Ab­lauf der or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist - un­zu­mut­bar ma­chen, wie et­wa ei­ne durch das Be­triebs­rats­mit­glied verübte straf­ba­re Hand­lung zu­las­ten des Ar­beit­ge­bers, ei­nes Ar­beits­kol­le­gen oder ei­nes Kun­den. In ei­nem sol­chen Fall wird der Ar­beit­ge­ber ei­ne außer­or­dent­li­che frist­lo­se Kündi­gung aus ver­hal­tens­be­ding­ten Gründen in Be­tracht zie­hen.

Denk­bar ist aber auch ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung aus an­de­ren, d. h. nicht im Ver­hal­ten des Be­triebs­rats­mit­glieds lie­gen­den Gründen, zum Bei­spiel we­gen des dau­er­haf­ten Weg­falls ei­ner be­stimm­ten be­trieb­li­chen Funk­ti­on, die ei­ne be­trieb­lich ver­an­lass­te außer­or­dent­li­che (Ände­rungs-)Kündi­gung recht­fer­ti­gen kann. Möglich ist auch ei­ne außer­or­dent­li­che per­so­nen- bzw. krank­heits­be­ding­te Kündi­gung, wenn das Be­triebs­rats­mit­glied z. B. auf­grund ei­ner dau­er­haf­ten Er­kran­kung künf­tig nicht mehr in den Be­trieb zurück­keh­ren und sei­ne Ar­beit wie­der auf­neh­men wird.

In Fällen ei­ner nicht ver­hal­tens­be­ding­ten außer­or­dent­li­chen Kündi­gung, d. h. 

  • bei ei­ner außer­or­dent­li­chen be­triebs­be­ding­ten Kündi­gung oder
  • bei ei­ner außer­or­dent­li­chen per­so­nen­be­ding­ten Kündi­gung

muss der Ar­beit­ge­ber ei­ne sog. Aus­lauf­frist gewähren. Sie muss min­des­tens so lang sein wie die re­guläre Kündi­gungs­frist, die der Ar­beit­ge­ber im Fal­le ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung zu be­ach­ten hätte. Der Grund dafür liegt dar­in, dass sich das Be­triebs­rats­mit­glied trotz des Ver­bots ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung bei ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung aus nicht ver­hal­tens­be­ding­ten Gründen schlech­ter ste­hen würde, als im Fal­le ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung aus nicht ver­hal­tens­be­ding­ten Gründen.

Was hat der Ar­beit­ge­ber bei der außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ei­nes Be­triebs­rats zu be­ach­ten?

Ob­wohl ein Be­triebs­rats­mit­glied im Prin­zip aus all den Gründen außer­or­dent­lich gekündigt wer­den kann, die auch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung ei­nes „nor­ma­len“ Ar­beit­neh­mers recht­fer­ti­gen würden, schützt das Ge­setz Be­triebs­rats­mit­glie­der vor außer­or­dent­li­chen Kündi­gun­gen in ei­ner be­son­de­ren Wei­se, nämlich durch ein spe­zi­el­les Ver­fah­ren, das Ar­beit­ge­ber bei der Kündi­gung ei­nes Be­triebs­rats­mit­glieds zu be­ach­ten ha­ben:

Der Ar­beit­ge­ber muss nämlich, will er ei­nem Be­triebs­rats­mit­glied außer­or­dent­lich kündi­gen, gemäß § 103 Abs.1 Be­trVG vor Aus­spruch der Kündi­gung die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats (als Gre­mi­um bzw. als Or­gan) ein­ho­len. Der Be­triebs­rat hat in ei­nem sol­chen Fall, auf der Grund­la­ge ei­nes Kündi­gungs­er­su­chens des Ar­beit­ge­bers, darüber zu be­sch­ließen, ob er der außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ei­nes sei­ner Mit­glie­der zu­stimmt.

Bei der Be­ra­tung und Be­schluss­fas­sung über die­se Fra­ge kann das be­trof­fe­ne Be­triebs­rats­mit­glied nicht mit­wir­ken, son­dern muss von ei­nem Er­satz­mit­glied ver­tre­ten wer­den.

Die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats muss, wie erwähnt, vor Aus­spruch der Kündi­gung vor­lie­gen. Oh­ne ei­ne sol­che vor­he­ri­ge Zu­stim­mung ist die Kündi­gung un­wirk­sam. Ei­ne nachträgli­che Ge­neh­mi­gung der Kündi­gung durch den Be­triebs­rat ist vom Ge­setz nicht vor­ge­se­hen und ändert da­her nichts an der Un­wirk­sam­keit ei­ner, oh­ne sei­ne Zu­stim­mung aus­ge­spro­che­nen, Kündi­gung.

Wie viel Zeit der Be­triebs­rat hat, um auf ei­nen Zu­stim­mungs­an­trag des Ar­beit­ge­bers zu re­agie­ren, ist in § 103 Abs.1 Be­trVG nicht aus­drück­lich ge­re­gelt. Nach der Recht­spre­chung gilt hier die in § 102 Abs.2 Satz 3 Be­trVG ent­hal­te­ne Drei­ta­ges­frist. Nach die­ser Vor­schrift, die all­ge­mein für die Anhörung des Be­triebs­rats zu ei­ner ge­plan­ten außer­or­dent­li­chen Kündi­gung gilt, hat der Be­triebs­rat drei Ta­ge Zeit, um dem Ar­beit­ge­ber sei­ne Be­den­ken ge­gen ei­ne vom Ar­beit­ge­ber ge­plan­te außer­or­dent­li­che Kündi­gung mit­zu­tei­len. Die­se drei Ta­ge hat der Be­triebs­rat auch Zeit, um über ei­nen Zu­stim­mungs­an­trag des Ar­beit­ge­bers gemäß § 103 Abs.1 Be­trVG zu ent­schei­den.

Was kann der Ar­beit­ge­ber tun, wenn der Be­triebs­rat die Zu­stim­mung zu ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ei­nes Be­triebs­rats­mit­glieds ver­wei­gert?

Ver­wei­gert der Be­triebs­rat sei­ne Zu­stim­mung, d.h. hat er nicht spätes­tens nach Ab­lauf von drei Ta­gen nach dem Zu­stim­mungs­an­trag des Ar­beit­ge­bers aus­drück­lich zu­ge­stimmt, kann der Ar­beit­ge­ber beim Ar­beits­ge­richt ei­nen An­trag auf Er­set­zung der Zu­stim­mung stel­len (§ 103 Abs.2 Satz 1 Be­trVG).

Das Ge­richt gibt dem An­trag im We­ge des ar­beits­ge­richt­li­chen Be­schluss­ver­fah­rens statt, wenn die außer­or­dent­li­che Kündi­gung „un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände ge­recht­fer­tigt“ ist. In dem Ver­fah­ren ist der be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­mer Be­tei­lig­ter (§ 103 Abs.2 Satz 2 Be­trVG). Ent­schei­det das Ge­richt rechts­kräftig für den Ar­beit­ge­ber, kann er die be­ab­sich­tig­te außer­or­dent­li­che Kündi­gung aus­spre­chen.

Er­hebt das gekündig­te Be­triebs­rats­mit­glied dann ge­gen die Kündi­gung Kündi­gungs­schutz­kla­ge, wird es mit dem Ein­wand nicht mehr gehört, es ha­be kein wich­ti­ger Grund für die Kündi­gung vor­ge­le­gen. In die­ser Hin­sicht hat das zu­vor geführ­te Zu­stim­mungs­er­set­zungs­ver­fah­ren recht­li­che Bin­dungs­wir­kung für ei­nen nach­fol­gen­den Kündi­gungs­schutz­pro­zess.

Der Grund für die­se im Ge­setz nicht klar ge­re­gel­te, aber in der Recht­spre­chung der Ar­beits­ge­rich­te un­strei­ti­ge präju­di­zie­ren­de Wir­kung der ge­richt­li­chen Zu­stim­mungs­er­set­zung für ei­nen nach­fol­gen­den Kündi­gungs­schutz­pro­zess liegt dar­in, dass es nur ei­nen ein­zi­gen ge­richt­li­chen Streit über das Vor­lie­gen bzw. Nicht­vor­lie­gen ei­nes wich­ti­gen Grun­des für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung ge­ben soll. Ist die­ser Streit im Zu­stim­mungs­er­set­zungs­ver­fah­ren ein­mal über meh­re­re In­stan­zen geführt und ab­ge­schlos­sen wor­den, soll sein Er­geb­nis bin­dend sein für die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en.

Im Er­geb­nis heißt das nicht, dass ein Be­triebs­rats­mit­glied, das der Ar­beit­ge­ber außer­or­dent­lich kündi­gen möch­te, nach ei­nem rechts­kräftig für den Ar­beit­ge­ber ent­schie­de­nen ge­richt­li­chen Zu­stim­mungs­er­set­zungs­ver­fah­ren kei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge mehr er­he­ben könn­te, wenn die ge­plan­te Kündi­gung dann end­lich auf dem Tisch liegt.

Al­ler­dings kann der gekündig­te Be­triebs­rat ge­gen die Wirk­sam­keit der Kündi­gung dann nur noch Einwände er­he­ben, die mit der Fra­ge ei­nes wich­ti­gen Grun­des nichts zu tun ha­ben. So könn­te er sich im Kündi­gungs­schutz­pro­zess z. B. dar­auf be­ru­fen, dass die Kündi­gung nicht or­dent­lich un­ter­schrie­ben wur­de und da­her nicht schrift­lich gemäß § 623 Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB) aus­ge­spro­chen wur­de, oder dass die Per­son, die die Kündi­gung erklärte, vom Ar­beit­ge­ber nicht aus­rei­chend be­vollmäch­tigt war.

Wann liegt ei­ne ge­richt­li­che Er­set­zung der Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zur Kündi­gung vor?

Das Ge­setz schreibt nur all­ge­mein vor, dass der Ar­beit­ge­ber für die außer­or­dent­li­che Kündi­gung ei­nes Be­triebs­rats­mit­glieds die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats braucht, und dass er ei­ne vom Be­triebs­rat ver­wei­ger­te Zu­stim­mung durch ei­nen Be­schluss des Ar­beits­ge­richts er­set­zen las­sen kann.

Das führt zu der Fra­ge, wann ei­ne sol­che ge­richt­li­che Zu­stim­mungs­er­set­zung vor­liegt, d. h. wann ge­nau der Ar­beit­ge­ber „grünes Licht“ für die ge­plan­te Kündi­gung hat.

Klar ist, dass ei­ne in ers­ter In­stanz vor­lie­gen­de Zu­stim­mungs­er­set­zung durch das Ar­beits­ge­richt nicht aus­reicht, denn ge­gen die­se Ent­schei­dung kann Be­schwer­de zum Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) er­ho­ben wer­den. So­lan­ge al­so das LAG noch kei­nen, dem Ar­beit­ge­ber güns­ti­gen, Be­schluss er­las­sen hat, d.h. pro Zu­stim­mungs­er­set­zung ent­schie­den hat, muss sich der Ar­beit­ge­ber ge­dul­den.

Frag­lich ist, ob der Ar­beit­ge­ber auch nach ei­ner für ihn güns­ti­gen LAG-Ent­schei­dung im Be­schwer­de­ver­fah­ren die Kündi­gung wei­ter auf­schie­ben muss, nämlich so lan­ge, bis auch die ein­mo­na­ti­ge Frist für ei­ne - dem Be­triebs­rat nach dem Ge­setz of­fen­ste­hen­de - Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de ab­ge­lau­fen oder ei­ne ein­ge­leg­te Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de vom Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) ab­ge­wie­sen wor­den ist.

BEISPIEL: Ein Be­triebs­rats­mit­glied hat sich bei ei­nem (nicht nur ge­ringfügi­gen) Dieb­stahl er­wi­schen las­sen und soll da­her aus ver­hal­tens­be­ding­ten Gründen außer­or­dent­lich frist­los gekündigt wer­den. Der Be­triebs­rat ver­wei­gert die Zu­stim­mung zu der Kündi­gung, wor­auf­hin der Ar­beit­ge­ber vor das Ar­beits­ge­richt zieht und die Zu­stim­mung er­set­zen lässt. Da­ge­gen geht der Be­triebs­rat in Be­schwer­de zum LAG, aber oh­ne Er­folg: Das LAG weist die Be­schwer­de zurück und lässt die Rechts­be­schwer­de zum BAG nicht zu. Mitt­ler­wei­le ist seit dem Be­kannt­wer­den des Dieb­stahls ein knap­pes Jahr ver­gan­gen, aber der Ar­beit­ge­ber kann im­mer noch kei­ne Kündi­gung aus­spre­chen und muss dem Be­triebs­rats­mit­glied da­her wei­ter sei­nen Lohn be­zah­len.

Kann der Ar­beit­ge­ber in die­sem Bei­spiel schon vor Ab­lauf der Mo­nats­frist für die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de kündi­gen? Und falls der Be­triebs­rat ei­ne sol­che Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de beim BAG ein­ge­legt hat und da­mit noch­mals den Zeit­punkt, zu dem die ge­richt­li­che Zu­stim­mungs­er­set­zung rechts­kräftig wird, um ein hal­bes bis drei­vier­tel Jahr her­auszögert - muss der Ar­beit­ge­ber dann die Ab­wei­sung der Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de durch das BAG ab­war­ten?

Früher war das BAG der Mei­nung, dass ei­ne Kündi­gung im Aus­nah­me­fall schon vor Ab­lauf der ein­mo­na­ti­gen Be­schwer­de­frist erklärt wer­den könn­te, d. h. der Ar­beit­ge­ber brauch­te die Be­schwer­de­frist nicht in al­len Fällen ab­zu­war­ten. Vor­aus­set­zung war, dass ei­ne Rechts­be­schwer­de oder Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de „of­fen­sicht­lich un­statt­haft oder un­zulässig“ wären.

Die­se Recht­spre­chung hat das BAG aber im Jah­re 1998 auf­ge­ge­ben (BAG, Ur­teil vom 09.07.1998, 2 AZR 142/98), und zwar zu­recht. Außer­dem kann seit 2005 ei­ne Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de dar­auf gestützt wer­den, dass die Rechts­sa­che - an­geb­lich - „grundsätz­li­che Be­deu­tung“ ha­ben soll. Da­her kann man spätes­tens seit 2005 nicht mehr von vorn­her­ein sa­gen, dass ei­ne Rechts- oder Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de „of­fen­sicht­lich aus­sichts­los“ wäre (vgl. da­zu Ar­beits­recht ak­tu­ell: 10/181 Ge­richt er­schwert Kündi­gung von Be­triebsräten).

Der Be­triebs­rat hat da­her ei­nen tak­tisch nutz­ba­ren Spiel­raum, den Aus­spruch ei­ner vom Ar­beit­ge­ber ge­plan­ten außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ei­nes sei­ner Be­triebs­rats­mit­glie­der zeit­lich hin­aus­zuzögern, in­dem er den Ein­tritt der Rechts­kraft ei­ner ge­richt­li­chen Zu­stim­mungs­er­set­zung

  • durch ei­ne Be­schwer­de zum LAG und/oder
  • durch ei­ne Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de und/oder ei­ne Rechts­be­schwer­de beim BAG

hin­aus­schiebt.

Wel­che Fris­ten muss der Ar­beit­ge­ber bei der außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ei­nes Be­triebs­rats ein­hal­ten?

Möch­te der Ar­beit­ge­ber ei­nem Ar­beit­neh­mer aus „wich­ti­gem Grun­de“ kündi­gen, muss der Kündi­gungs­an­lass so er­heb­lich sein, dass ei­nem nor­ma­len Ar­beit­ge­ber das Ab­war­ten der or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann. Dann würde er sich aber wi­dersprüchlich ver­hal­ten, wenn er ei­nen sol­chen mas­si­ven Grund länge­re Zeit auf sich be­ru­hen las­sen würde, um dann plötz­lich ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung zu erklären.

Das Ge­setz schreibt da­her vor, dass ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung nur in­ner­halb von zwei Wo­chen aus­ge­spro­chen wer­den kann, nach­dem der zur Kündi­gung Be­rech­tig­te den wich­ti­gen Grund er­fah­ren hat, § 626 Abs.2 BGB.

Da die Wah­rung der Zwei­wo­chen­frist dem Ar­beit­ge­ber unmöglich wäre, würde man die Bit­te um Zu­stim­mung des Be­triebs­rats mit­samt ei­nem ge­richt­li­chen Zu­stim­mungs­er­set­zungs­ver­fah­ren in die Zwei­wo­chen­frist hin­ein­rech­nen, gel­ten hier nach der Recht­spre­chung knap­pe "Gal­gen­fris­ten" für den Ar­beit­ge­ber. Kon­kret müssen Ar­beit­ge­ber auf fol­gen­de Din­ge ach­ten:

  • Zunächst ein­mal muss der Ar­beit­ge­ber den An­trag auf Zu­stim­mung zur Kündi­gung beim Be­triebs­rat in­ner­halb der Zwei­wo­chen­frist stel­len. Da­bei muss er be­ach­ten, dass der Be­triebs­rat nach der Recht­spre­chung gemäß § 102 Abs.2 Satz 3 Be­trVG drei Ta­ge hat, um sich die Sa­che zu über­le­gen. Die­se Drei­ta­ges­frist liegt in­ner­halb der Zwei­wo­chen­frist, d.h. der Ab­lauf der Zwei­wo­chen­frist wird durch den An­trag auf Zu­stim­mung beim Be­triebs­rat nicht ge­hemmt. Das be­deu­tet, dass der Zu­stim­mungs­an­trag spätes­tens vier Ta­ge vor Ab­lauf der Zwei­wo­chen­frist beim Be­triebs­rat ge­stellt wer­den muss.
  • Ver­wei­gert der Be­triebs­rat die Zu­stim­mung oder re­agiert nicht, muss der Ar­beit­ge­ber noch in­ner­halb der Zwei­wo­chen­frist ei­nen An­trag auf ge­richt­li­che Zu­stim­mungs­er­set­zung beim Ar­beits­ge­richt ein­rei­chen. Ist der An­trag in­ner­halb der Zwei­wo­chen­frist bei Ge­richt ein­ge­gan­gen, kann sich der Ar­beit­ge­ber erst ein­mal ent­span­nen, denn während des Ge­richts­ver­fah­rens ist der Ab­lauf der Zwei­wo­chen­frist nach der Recht­spre­chung ge­hemmt, d.h. die Frist läuft dann nicht wei­ter (sonst könn­ten der Ar­beit­ge­ber ja nie­mals ein Be­triebs­rats­mit­glied frist­los kündi­gen, wenn sich der Be­triebs­rat quer­legt).
  • Sch­ließlich muss der Ar­beit­ge­ber, wenn die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats vor­liegt oder vom Ge­richt er­setzt ist, „un­verzüglich“ (= oh­ne schuld­haf­tes Zögern) die Kündi­gung aus­spre­chen, d. h. er darf dann nicht mehr lan­ge fa­ckeln. Ei­ne er­neu­te Zwei­wo­chen­frist hat der Ar­beit­ge­ber dann nicht mehr.

Die­ses Ab­lauf­sche­ma ist ge­setz­lich nicht ge­re­gelt, aber in der Recht­spre­chung an­er­kannt. Die Recht­spre­chung kann sich da­bei auf ei­ne Vor­schrift im Neun­ten Buch So­zi­al­ge­setz­buch (SGB IX) stützen, die für die außer­or­dent­li­che Kündi­gung ei­nes schwer­be­hin­der­ter Ar­beit­neh­mers gilt. Ei­ne sol­che Kündi­gung ist nur rech­tens, wenn zu­vor das In­te­gra­ti­ons­amt zu­ge­stimmt hat, so dass hier ei­ne Par­al­le­le zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung von Be­triebs­rats­mit­glie­dern be­steht. Nach die­ser Vor­schrift (§ 174 Abs.5 SGB IX) gilt, dass die außer­or­dent­li­che Kündi­gung ei­nes be­hin­der­ten Ar­beit­neh­mers auch nach Ab­lauf der Zwei­wo­chen­frist des § 626 Abs.2 Satz 1 BGB aus­ge­spro­chen wer­den kann, falls sie „un­verzüglich nach Er­tei­lung der Zu­stim­mung erklärt wird“.

Kom­pli­ziert wird die Sa­che für den Ar­beit­ge­ber, wenn er ei­nem Be­triebs­rats­mit­glied außer­or­dent­lich kündi­gen möch­te, das schwer­be­hin­dert ist. Dann muss der Ar­beit­ge­ber fol­gen­den Ab­lauf­plan be­fol­gen:

  • Zunächst muss er den Kündi­gungs­sach­ver­halt aufklären und das Be­triebs­rats­mit­glied zu den be­ste­hen­den Vorwürfen bzw. Ver­dachts­mo­men­ten anhören, je nach La­ge des Fal­les so­gar mehr­fach. Während der Aufklärung des Sach­ver­hal­tes läuft die Zwei­wo­chen­frist noch nicht.
  • Wenn dem Ar­beit­ge­ber nach Aufklärung des Sach­ver­hal­tes al­le Gründe für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung be­kannt sind, be­ginnt die Zwei­wo­chen­frist zu lau­fen. In­ner­halb die­ser Frist muss der Ar­beit­ge­ber zunächst ein­mal beim In­te­gra­ti­ons­amt die Zu­stim­mung zur Kündi­gung be­an­tra­gen (§ 174 SGB IX in Verb. mit § 168 SGB IX). Da­bei soll­te er deut­lich ma­chen, ob er die Kündi­gung auf den, aus sei­ner Sicht er­wie­se­nen, Tat­vor­wurf stützen möch­te (das wäre ei­ne „Tatkündi­gung“) oder (auch) auf den dies­bezügli­chen drin­gen­den Tat­ver­dacht, was auf ei­ne (zusätz­li­che) „Ver­dachtskündi­gung“ hin­aus­lau­fen würde.
  • So­bald die Zu­stim­mung des In­te­gra­ti­ons­amts zu der be­ab­sich­tig­ten außer­or­dent­li­chen (Tat- und/oder Ver­dachts-)Kündi­gung vor­liegt, muss der Ar­beit­ge­ber „un­verzüglich“, d.h. bin­nen zwei oder drei Ta­gen beim Be­triebs­rat um Zu­stim­mung zu der Kündi­gung bit­ten.
  • Ver­wei­gert der Be­triebs­rat die Zu­stim­mung, muss der Ar­beit­ge­ber wie­der­um „un­verzüglich“ bzw. bin­nen zwei oder drei Ta­gen vor Ge­richt zie­hen mit dem An­trag auf ge­richt­li­che Er­set­zung der Zu­stim­mung.
  • Liegt ei­ne sol­che ge­richt­li­che Zu­stim­mungs­er­set­zung vor und ist sie auch rechts­kräftig (wo­zu man ggf. über meh­re­re In­stan­zen ge­strit­ten ha­ben muss), ist wie­der­um äußers­te Ei­le ge­bo­ten: Der Ar­beit­ge­ber muss dann wie­der­um „un­verzüglich“ han­deln, d. h. spätes­tens bin­nen zwei oder höchs­tens drei Ta­gen die Kündi­gung erklären.

Die­se for­mal­ju­ris­ti­schen Hürden, die der Ar­beit­ge­ber bei der außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ei­nes schwer­be­hin­der­ten Be­triebs­rats­mit­glieds neh­men muss, sind hoch. Der Ar­beit­ge­ber muss sorgfältig, aber auch in großer Ei­le han­deln. Da­her pas­siert es im­mer wie­der, dass er ei­nen der vie­len recht­li­chen Stol­per­stei­ne über­sieht und die Kündi­gung da­her im Er­geb­nis un­wirk­sam ist (vgl. da­zu Ar­beits­recht ak­tu­ell: 09/053 Wah­rung der Zwei­wo­chen­frist bei der frist­lo­sen Kündi­gung schwer­be­hin­der­ter Be­triebs­rats­mit­glie­der).

Wie lan­ge hat der Be­triebs­rat nach Be­en­di­gung sei­ner Amts­zeit ei­nen be­son­de­ren Kündi­gungs­schutz?

Auch nach Be­en­di­gung der Amts­zeit ei­nes Be­triebs­rats­mit­glieds ist des­sen or­dent­li­che Kündi­gung aus­ge­schlos­sen, und zwar ein Jahr lang, ge­rech­net vom Zeit­punkt der Be­en­di­gung der Amts­zeit.

Während die­ses nach­wir­ken­den Kündi­gungs­schut­zes braucht der Ar­beit­ge­ber zwar ei­nen wich­ti­gen Grund für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung des Be­triebs­rats­mit­glieds, d. h. er kann nur ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung aus­spre­chen, während ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung im All­ge­mei­nen aus­ge­schlos­sen ist. Doch muss er für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung nicht mehr die vor­he­ri­ge Zu­stim­mung des Be­triebs­rats nach § 103 Be­trVG ein­ho­len, denn die­ser be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che As­pekt des Son­derkündi­gungs­schut­zes gilt nur für am­tie­ren­de Be­triebs­rats­mit­glie­der. Bei ehe­ma­li­gen Be­triebs­rats­mit­glie­dern genügt die Anhörung des Be­triebs­rats gemäß § 102 Abs.2 Be­trVG zu der ge­plan­ten außer­or­dent­li­chen Kündi­gung.

Kei­nen nach­wir­ken­den Kündi­gungs­schutz ge­nießen ehe­ma­li­ge Mit­glie­der des Be­triebs­rats, wenn die Be­en­di­gung ih­rer Mit­glied­schaft auf ei­ner ge­richt­li­chen Ent­schei­dung be­ruht. Das ist z. B. dann der Fall, wenn der Ar­beit­ge­ber, ein Vier­tel der wahl­be­rech­tig­ten Ar­beit­neh­mer oder ei­ne im Be­trieb ver­tre­te­ne Ge­werk­schaft, beim Ar­beits­ge­richt den Aus­schluss ei­nes Mit­glieds aus dem Be­triebs­rat oder die Auflösung des Be­triebs­rats „we­gen gro­ber Ver­let­zung sei­ner ge­setz­li­chen Pflich­ten“ be­an­tragt ha­ben.

Wann ge­nießen Er­satz­mit­glie­der den be­son­de­ren, dem Be­triebs­rat zu­ste­hen­den Kündi­gungs­schutz?

Im Un­ter­schied zu den Be­triebs­rats­mit­glie­dern sind die Er­satz­mit­glie­der des Be­triebs­rats vor Kündi­gun­gen zunächst ein­mal nicht be­son­ders geschützt. Erst dann, wenn sie zeit­wei­se oder dau­er­haft in den Be­triebs­rat nachrücken, steht ih­nen der ge­setz­li­che Son­derkündi­gungs­schutz zu.

Die­ser Schutz be­ginnt ab der Zeit des Nachrückens (vgl. da­zu Ar­beits­recht ak­tu­ell: 10/171 Son­derkündi­gungs­schutz für Er­satz­mit­glie­der ei­nes Be­triebs­ra­tes).

Nach Be­en­di­gung des Nachrückens­zeit ha­ben die Er­satz­mit­glie­der wie re­guläre Be­triebs­rats­mit­glie­der ei­nen nach­wir­ken­den Kündi­gungs­schutz.

Steht der Kündi­gungs­schutz für den Be­triebs­rat auch den Mit­glie­dern des Wahl­vor­stan­des und Wahl­be­wer­bern zu?

Gemäß § 15 Abs.3 Satz 1 KSchG ist

  • die or­dent­li­che Kündi­gung ei­nes Mit­glieds ei­nes Wahl­vor­stands vom Zeit­punkt sei­ner Be­stel­lung an, und
  • die or­dent­li­che Kündi­gung ei­nes Wahl­be­wer­bers vom Zeit­punkt der Auf­stel­lung des Wahl­vor­schlags an,

je­weils bis zur Be­kannt­ga­be des Wahl­er­geb­nis­ses un­zulässig. Zulässig ist nur die außer­or­dent­li­che Kündi­gung aus wich­ti­gem Grund, und auch die­se nur dann, wenn der Be­triebs­rat nach § 103 Be­trVG zu­ge­stimmt hat oder wenn sei­ne Zu­stim­mung ge­richt­lich er­setzt wor­den ist.

Auch hier gibt es ei­nen nach­wir­ken­den Kündi­gungs­schutz, der al­ler­dings nicht wie bei Be­triebs­rats­mit­glie­dern oder Er­satz­mit­glie­dern ein gan­zes Jahr dau­ert, son­dern nur sechs Mo­na­te, ge­rech­net von der Be­kannt­ga­be des Wahl­er­geb­nis­ses an (§ 15 Abs.3 Satz 2 KSchG). Wie beim nach­wir­ken­den Kündi­gungs­schutz zu­guns­ten von Be­triebs­rats­mit­glie­dern und von Er­satz­mit­glie­dern ist ei­ne vor­he­ri­ge Zu­stim­mung des Be­triebs­rats nach § 103 Be­trVG al­ler­dings nicht er­for­der­lich, denn dies ist nur bei „am­tie­ren­den“ Mit­glie­dern ei­nes Wahl­vor­stands bzw. Wahl­be­wer­bern er­for­der­lich. Hier genügt die Anhörung des Be­triebs­rats gemäß § 102 Abs.2 Be­trVG.

Wo fin­den Sie mehr zum The­ma Be­triebs­rat - Kündi­gungs­schutz?

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen, die Sie im Zu­sam­men­hang mit dem The­ma Be­triebs­rat- Kündi­gungs­schutz in­ter­es­sie­ren könn­ten, fin­den Sie hier:

Kom­men­ta­re un­se­res An­walts­teams zu ak­tu­el­len Fra­gen rund um das The­ma Be­triebs­rat - Kündi­gungs­schutz fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 20. April 2022

Was können wir für Sie tun?

So­fern man Ih­nen, als Be­triebs­rats­mit­glied, ei­ne Kün­di­gung in Aus­sicht ge­stellt hat oder wenn Ih­nen be­reits ei­ne Kün­di­gung aus­ge­spro­chen wur­de be­ra­ten wir Sie je­der­zeit ger­ne.

Je nach La­ge des Fal­les bzw. ent­spre­chend Ih­ren Wün­schen tre­ten wir ent­we­der nach au­ßen nicht in Er­schei­nung oder aber wir ver­han­deln in Ih­rem Na­men mit Ih­rem Ar­beit­ge­ber bzw. mit den Ver­tre­tern der Ge­sell­schaf­ter.

Für ei­ne mög­lichst ra­sche und ef­fek­ti­ve Be­ra­tung be­nö­ti­gen wir fol­gen­de Un­ter­la­gen:

  • Ar­beits­ver­trag / Ge­schäfts­füh­rer­an­stel­lungs­ver­trag
  • Ge­halts­nach­wei­se
  • An­hö­rung zu den ge­gen Sie er­ho­be­nen Vor­wür­fen (falls vor­han­den)
  • Kün­di­gungs­schrei­ben (falls vor­han­den)
  • An­ge­bot Ab­wick­lungs­ver­trag (falls vor­han­den)
  • An­ge­bot Auf­he­bungs­ver­trag (falls vor­han­den)

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de
Bewertung: 3.5 von 5 Sternen (21 Bewertungen)

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 

Für Personaler, betriebliche Arbeitnehmervertretungen und andere Arbeitsrechtsprofis: "Update Arbeitsrecht" bringt Sie regelmäßig auf den neusten Stand der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Informationen zu den Abo-Bedingungen und ein kostenloses Ansichtsexemplar finden Sie hier:

Alle vierzehn Tage alles Wichtige
verständlich / aktuell / praxisnah

HINWEIS: Sämtliche Texte dieser Internetpräsenz mit Ausnahme der Gesetzestexte und Gerichtsentscheidungen sind urheberrechtlich geschützt. Urheber im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Martin Hensche, Lützowstraße 32, 10785 Berlin.

Wörtliche oder sinngemäße Zitate sind nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Urhebers bzw. bei ausdrücklichem Hinweis auf die fremde Urheberschaft (Quellenangabe iSv. § 63 UrhG) rechtlich zulässig. Verstöße hiergegen werden gerichtlich verfolgt.

© 1997 - 2024:
Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Berlin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Lützowstraße 32, 10785 Berlin
Telefon: 030 - 26 39 62 0
Telefax: 030 - 26 39 62 499
E-mail: hensche@hensche.de