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LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Be­schluss vom 07.12.2009, 23 TaBV 1016/09

   
Schlagworte: Tariffähigkeit, CGZP
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen: 23 TaBV 1016/09
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 07.12.2009
   
Leitsätze:

1. In dem Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG ist die oberste Arbeitsbehörde des Landes antragsberechtigt, auf dessen Gebiet sich die Tätigkeit der umstrittenen Vereinigung erstreckt. Es ist nicht erforderlich, dass sich die Tätigkeit auf das Gebiet des Landes beschränkt. Die Voraussetzungen einer Beteiligung nach § 83 ArbGG sind für die Antragsbefugnis nicht maßgebend. (Rn.67)

2. Für das Feststellungsinteresse in einem Verfahren nach § 97 ArbGG genügt es, dass die Tariffähigkeit umstritten oder aus sonstigen tatsächlichen Gründen klärungsbedürftig ist. Das Feststellungsinteresse muss nicht auf den Bestand eines Rechtsverhältnisses gerichtet sein. (Rn.89)

3. Eine Spitzenorganisation ist nach § 2 Abs. 3 TVG tariffähig, wenn der Abschluss von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört. Das setzt voraus, dass der Abschluss von Tarifverträgen in ihrer Satzung wirksam geregelt ist. Die Regelung ist unwirksam, wenn sie über die Aufgabenbereiche hinausgeht, die in den Satzungen der einzelnen Mitgliedsverbände festgelegt sind. (Rn.96)

4. Eine Vereinigung ist nicht tariffähig, wenn sie nur in einem Teilbereich der von ihr beanspruchten Zuständigkeit organisiert ist. Die Tatsache, dass von ihr bereits eine große Anzahl von Tarifverträgen abgeschlossen worden ist, hat dann als Beleg für ihre Tariffähigkeit keine Aussagekraft. (Rn.106)

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Berlin, Beschluss vom 01.04.2009, 35 BV 17008/08
Nachgehend Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ber­lin-Bran­den­burg

 

Verkündet

am 7. De­zem­ber 2009

Geschäfts­zei­chen (bit­te im­mer an­ge­ben)

23 TaBV 1016/09

35 BV 17008/08
Ar­beits­ge­richt Ber­lin

H., VA
als Ur­kunds­be­am­ter/in
der Geschäfts­stel­le


Im Na­men des Vol­kes

 

Be­schluss

 

In den Be­schwer­de­ver­fah­ren

pp - Be­tei­lig­ter zu 13) und Be­schwer­deführer -

pp - Be­tei­lig­ter zu 12) und Be­schwer­deführer -

pp - Be­tei­lig­te zu 3) und Be­schwer­deführe­rin -

pp - An­trag­stel­le­rin, Be­tei­lig­te zu 1) und Be­schwer­deführe­rin -

pp - Be­tei­lig­ter zu 4) und Be­schwer­deführer -

und

 

- 2 -

pp - An­trag­stel­ler und Be­tei­lig­ter zu 2) -

pp - Be­tei­lig­ter zu 5) -

pp - Be­tei­lig­ter zu 6) -

pp - Be­tei­lig­ter zu 7) -

pp - Be­tei­lig­te zu 8) -

pp. - Be­tei­lig­te zu 9) -

pp - Be­tei­lig­ter zu 10) -

pp - Be­tei­lig­te zu 11) -

hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg, 23. Kam­mer,
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 7. De­zem­ber 2009
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt P. als Vor­sit­zen­der
so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Frau K.und Herr M.

b e s c h l o s s e n :

I.
Die Be­schwer­den

- der Ta­rif­ge­mein­schaft C. Ge­werk­schaf­ten für Z. und
P. (CZ. Be­tei­lig­te zu 3.)
- des Deut­schen Ge­werk­schafts­bun­des (DGB, Be­tei­lig­ter zu 4.)
- des Ar­beit­ge­ber­ver­ban­des Mit­telständi­scher P. e.V.
(AMP, Be­tei­lig­ter zu 12.) und
- der B. Deut­scher D. e. V.
(BVD, Be­tei­lig­ter zu 13.)

wer­den zurück­ge­wie­sen.

II.
Auf die Be­schwer­de der Ver­ei­nig­te Dienst­leis­tungs­ge­werk­schaft V.
– Bun­des­ver­ei­ni­gung (Be­tei­lig­te zu 1.) wird der Be­schluss des Ar­beits­ge­rich­tes Ber­lin vom 01.04.2009 – 35 BV 17008/08 – teil­wei­se ab­geändert und wie folgt neu ge­fasst:

 

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1.
Es wird fest­ge­stellt, dass die Ta­rif­ge­mein­schaft C. Ge­werk­schaf­ten für Z. und P. nicht ta­riffähig ist.

2.
Der An­trag des Deut­schen Ge­werk­schafts­bun­des (DGB, Be­tei­lig­ter zu 4.) wird als un­zulässig zurück­ge­wie­sen.

III.
Die Rechts­be­schwer­de wird zu­ge­las­sen.

 

G R Ü N D E

 

I.

Die Be­tei­lig­ten strei­ten über die Ta­riffähig­keit der C. Ge­werk­schaft für Z. und P. (CZ., Be­tei­lig­te zu 3.).

Die an­trag­stel­len­de Ver­ei­nig­te Dienst­leis­tungs­ge­werk­schaft v. (Be­tei­lig­te zu 1.) nimmt bun­des­weit die Ta­rif­zuständig­keit für die ge­werbsmäßige Ar­beit­neh­merüber­las­sung in An­spruch. Die Be­tei­lig­te zu 2., die S. für I., A. und S., nimmt die Auf­ga­ben der obers­ten Ar­beits­behörde des Lan­des Ber­lin wahr. Die C. wur­de am 11.12.2002 für Ge­werk­schaf­ten im C. Ge­werk­schafts­bund Deutsch­lands (CG., Be­tei­lig­ter zu 5.) ge­gründet. Nach Zif­fer 3 der da­ma­li­gen Sat­zung hat­te sie die ta­rif­li­chen In­ter­es­sen ih­rer Mit­glieds­ge­werk­schaf­ten zu ver­tre­ten und für de­ren Mit­glie­der Ta­rif­verträge ab­zu­sch­ließen. Ih­re am 5.12.2005 in Kraft ge­tre­te­ne Sat­zung enthält un­ter an­de­ren fol­gen­den Re­ge­lun­gen:

 

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„ § 1 Na­me und Zweck
Die Ta­rif­ge­mein­schaft ver­tritt die ta­rif­li­chen In­ter­es­sen ih­rer Mit­glieds­ge­werk­schaf­ten als Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on nach § 2 Abs. 3 TVG und schließt für de­ren Mit­glie­der Ta­rif­verträge mit Ar­beit­ge­bern oder Ar­beit­ge­ber­verbänden ab, die als Ver­lei­her Drit­ten (Ent­lei­hern) Ar­beit­neh­mer (Leih­ar­beit­neh­mer) ge­werbsmäßig zur Ar­beit­neh­merüber­las­sung über­las­sen wol­len.
….
§ 3 Mit­glied­schaft
(1) Mit­glie­der können die Ge­werk­schaf­ten im C. Ge­werk­schafts­bund Deutsch­lands (CG.) wer­den, die ih­ren Bei­tritt zur Ta­rif­ge­mein­schaft erklären.
…..
§ 7 Ab­schluss von Ta­rif­verträgen
(1) Ta­rif­ver­trag­schließen­de Par­tei in der Z. kann nur die Ta­rif­ge­mein­schaft C. Ge­werk­schaf­ten für Z. und P. (CZ.) sein. Die Mit­glieds­ge­werk­schaf­ten ha­ben durch ih­ren Bei­tritt zur Ta­rif­ge­mein­schaft ih­re Ta­rif­ho­heit für die Bran­che Z. an die Ta­rif­ge­mein­schaft ab­ge­tre­ten.
(2) Ta­rif­verträge wer­den für die Ta­rif­ge­mein­schaft grundsätz­lich von min­des­tens zwei Per­so­nen un­ter-zeich­net. Da­bei muss ei­ne der un­ter­zeich­nen­den Per­so­nen Vor­stands­mit­glied der Ta­rif­ge­mein­schaft sein. Die zwei­te un­ter­zeich­nen­de Per­son muss vom Vor­stand be­vollmäch­tigt sein.
(3) Die Mit­glieds­ge­werk­schaf­ten können nicht ei­genständig als Ta­rif­part­ner für die Z. auf­tre­ten, es sei denn, der Vor­stand der CZ. fasst auf An­trag ei­ner Mit­glieds­ge­werk­schaft ei­nen an­ders lau­ten­den Be­schluss.
(4) Die Kündi­gung, Auf­he­bung oder Ände­rung von Ta­rif­verträgen er­folgt durch den Vor­stand der Ta­rif­ge­mein­schaft.
…..“

Die Sat­zung wur­de am 8.10.2009 geändert. § 7 lau­tet nun­mehr wie folgt.

(1) Ta­rif­ver­trags­sch­ließen­de Par­tei in der Z. ist die Ta­rif­ge­mein­schaft C. Ge­werk­schaf­ten für Z. und P. (CZ.). Durch ih­ren Bei­tritt zur CZ. er­ken­nen die Mit­glieds­ge­werk­schaf­ten die Sat­zung der CZ. an.
Das Recht der Mit­glieds­ge­werk­schaf­ten, im Rah­men ih­rer Zuständig­keit selbst Ta­rif­verträge mit Un­ter-neh­men oder Verbänden zu schließen, die Ar­beit­neh­mer an Drit­te zur Dienst­leis­tung über­las­sen, bleibt un­berührt. Be­vor ei­ne Mit­glieds­ge­werk­schaft ei­nen Ta­rif­ver­trag für Ar­beit­neh­mer ab­sch­ließt, die an Drit­te zur Ar­beits­leis­tung über­las­sen wer­den, ist sie zur Ver­mei­dung von Ta­rif­kol­li­sio­nen ver­pflich­tet, die Zu­stim­mung der ZG­ZP ein­zu­ho­len.
(2) Ta­rif­verträge wer­den für die Ta­rif­ge­mein­schaft grundsätz­lich von min­des­tens zwei Per­so­nen un­ter-zeich­net. Da­bei muss ei­ne der un­ter­zeich­nen­den Per­so­nen Vor­stands­mit­glied der Ta­rif­ge­mein­schaft sein. Die zwei­te un­ter­zeich­nen­de Per­son muss vom Vor­stand be­vollmäch­tigt sein.
(3) Die Kündi­gung von Ta­rif­verträgen er­folgt durch den Vor­stand der Ta­rif­ge­mein­schaft oder des­sen Be­vollmäch­tig­ten.“

 

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Zur­zeit der Be­schluss­fas­sung über die­se Sat­zung wa­ren die C. Ge­werk­schaft Me­tall (CM., Be­tei­lig­te zu 8.), die DHV - Die Be­rufs­ge­werk­schaft e.V. (DHV, Be­tei­lig­te zu 10.) und die Ge­werk­schaft Ö. D. und Dienst­leis­tun­gen (GÖD, Be­tei­lig­te zu 11.) Mit­glie­der der CZ.. Die C. Ge­werk­schaft P. und T. (C., ehe­mals Be­tei­lig­te zu 9.) hat mit Wir­kung zum 30.6.2009 ih­ren Aus­tritt erklärt.

Der Deut­sche Ge­werk­schafts­bund (DGB, Be­tei­lig­ter zu 4.) so­wie die B. der Deut­schen A. (BDA, Be­tei­lig­te zu 6.) wur­den ne­ben dem CG. als Spit­zen­verbände be­tei­ligt. Die Be­tei­li­gung des B. (BM­fAS; Be­tei­lig­ter zu 7) er­folg­te auf­grund sei­ner Stel­lung als obers­te Ar­beits­behörde des Bun­des. Der Ar­beit­ge­ber­ver­band Mit­telständi­scher P. (AMD, Be­tei­lig­ter zu 12.) und die B. Deut­scher D. e.V. (BVD, Be­tei­lig­te zu 13.) ha­ben wie­der­holt mit der CZ. Ta­rif­verträge ab­ge­schlos­sen.

V. und die S. ha­ben das Ver­fah­ren ge­mein­sam ein­ge­lei­tet. V. hat sei­ne für die An­trags­be­fug­nis er­for­der­li­che räum­li­che und sach­li­che Zuständig­keit da­mit be­gründet, dass sie gemäß Zif­fer 1.2.4 des An­hangs 1 ih­rer Sat­zung für den Dienst­leis­tungs­be­reich zuständig sei. Da­zu gehöre auch die Leih­ar­beit, die von den in Zif­fer 1.2.4.3 des An­hangs auf­geführ­ten sons­ti­gen Ver­lei­h­un­ter­neh­men er­fasst wer­de. Die S. hat ih­re An­trags­be­fug­nis dar­aus her­ge­lei­tet, dass sich die Tätig­keit der CZ. auf das Land Ber­lin er­streckt. Bei­de ha­ben es für ihr Fest­stel­lungs­in­ter­es­se als aus­rei­chend er­ach­tet, dass die Ta­riffähig­keit der CZ. zwei­fel­haft ist. Bei der S. kom­me die Wahr­neh­mung ge­setz­lich zu­ge­wie­se­ner Be­fug­nis­se hin­zu, wie das Führen des Ta­rif­re­gis­ters und die Be­tei­li­gung bei der All­ge­mein­ver­bind­lich­keits­erklärung von Ta­rif­verträgen. Zu­dem ha­be sie ein In­ter­es­se dar­an, dass das Ta­rif­sys­tem auch in der Leih­ar­beit zur fi­nan­zi­el­len Sta­bi­lität des Sys­tems der so­zia­len Si­che­rung beiträgt.

Die im Streit ste­hen­de Fra­ge sei nicht an­der­wei­tig rechtshängig. Die an­de­ren vor dem Ar­beits­ge­richt Ber­lin nach § 97 Abs. 5 ArbGG geführ­ten Ver­fah­ren sei­en ver­gan­gen­heits-be­zo­gen. Das vor­lie­gen­de, gemäß § 97 Abs. 1 ArbGG geführ­te Ver­fah­ren be­tref­fe die Ta­riffähig­keit in der Ge­gen­wart und Zu­kunft.

V. und die S. ha­ben zur Be­gründung ih­res An­tra­ges aus­geführt, dass die CZ. we­der als Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on noch als sons­ti­ge Ver­ei­ni­gung ta­riffähig sei. Auch als Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on müsse sie selbst die An­for­de­run­gen des Ge­werk­schafts­be­griffs erfüllen. Ihr feh­le je­doch die dafür er­for­der­li­che so­zia­le Mäch­tig­keit. Sie ha­be we­der Durch­set­zungs­kraft, noch ei­ne aus­rei­chen­de Or­ga­ni­sa­ti­onsstärke. Die so­zia­le Mäch­tig­keit zei­ge sich nicht in

 

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dem Ab­schluss von Ta­rif­verträgen. Es han­de­le sich um Gefällig­keits­verträge. Mit ih­nen wer­de die Öff­nungs­klau­sel in § 9 Nr. 2 AÜG ge­nutzt, um im In­ter­es­se der Ar­beit­ge­ber an der Un­ter­schrei­tung des ge­setz­li­chen Min­dest­schut­zes die Ar­beits­be­din­gun­gen ein­sei­tig zu Las­ten der Ar­beit­neh­mer zu ver­schlech­tern.

Die Ta­riffähig­keit feh­le auch dann, wenn für sie nach § 2 Abs. 3 TVG ne­ben der Ta­rif­wil­lig­keit aus­rei­chend sei, dass ein Zu­sam­men­schluss von Ge­werk­schaf­ten vor­lie­ge. Vor­aus­set­zung sei dann die Ta­riffähig­keit al­ler Mit­glie­der. Sie feh­le je­den­falls bei der GÖD, de­ren mit­glied­schaft­li­che Or­ga­ni­sa­ti­on un­zu­rei­chend sei, und der DHV, die seit der letz­ten ge­richt­li­chen Bestäti­gung ih­rer Ta­riffähig­keit die Sat­zung mehr­fach geändert und ih­re Zuständig­keit er­wei­tert ha­be. Zu­dem be­ste­he die Ta­riffähig­keit nur im Be­reich der laut Sat­zung be­an­spruch­ten Zuständig­keit. Kei­ne der Mit­glieds­ver­ei­ni­gun­gen sei für die Ar-beit­neh­merüber­las­sung zuständig. Sie hätten in die­sem Be­reich kei­ne Mit­glie­der und kei­ne so­zia­le Mäch­tig­keit. Mit der Über­tra­gung der Zuständig­keit für die Leih­ar­beit auf die CZ. gemäß § 7 ih­rer Sat­zung vom 5.12.2005 hätten sie zu­dem ih­re Ta­rif­wil­lig­keit und da­mit auch ei­ne ge­ge­be­nen­falls vor­han­de­ne Ta­riffähig­keit in die­sem Be­reich auf­ge­ge­ben.

Der DGB hat sich der Auf­fas­sung der V. und der S. an­ge­schlos­sen.

V., S. und DGB ha­ben be­an­tragt,

fest­zu­stel­len, dass die Ta­rif­ge­mein­schaft C. Ge­werk­schaf­ten für Z. und P. nicht ta-riffähig ist.

Die CZ., der CG., die CM., die C., die DHV, die GÖD, die AMP und die BVD ha­ben be­an­tragt,

die Anträge zurück­zu­wei­sen.

Die CZ. und die AMP ha­ben die An­trags­be­fug­nis von V. und S. be­strit­ten. V. feh­le die Zuständig­keit für die Ar­beit­neh­merüber­las­sung. Man­gels un­mit­tel­ba­rer Be­trof­fen­heit ha­be sie kein Rechts­schutz­in­ter­es­se. Das Ver­fah­ren wer­de von ihr rechts­miss­bräuch­lich be­trie­ben. Die S. sei eben­falls nicht be­trof­fen. Da sich die Tätig­keit der CZ. über das gan­ze Bun­des­ge­biet er­stre­cke, sei al­len­falls die obers­te Ar­beits­behörde des Bun­des zu be­tei­li

 

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gen.

Die Anträge sei­en un­be­gründet. Die CZ. sei als Zu­sam­men­schluss von Ge­werk­schaf­ten ei­ne nach § 2 Abs. 3 TVG ta­riffähi­ge Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on, zu des­sen sat­zungs­gemäßen Auf­ga­ben der Ab­schluss von Ta­rif­verträgen gehöre. Da­her müsse sie we­der die für die Ta­riffähig­keit ei­ner Ge­werk­schaft ent­wi­ckel­ten Kri­te­ri­en erfüllen, noch kom­me es auf die Ta­riffähig­keit ih­rer Mit­glie­der an. Je­den­falls genüge es für die Ta­riffähig­keit ei­ner Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on, dass zwei ih­rer Mit­glie­der ta­riffähig sind. Das tref­fe zu­min­dest auf die CM. und den DHV zu, de­ren Ta­riffähig­keit ge­richt­lich an­er­kannt sei. Tatsächlich sei­en al­le Mit­glie­der ta­riffähig. Sie nähmen ak­tiv am Ta­rif­ge­sche­hen teil. Ih­nen feh­le nicht die Ta­rif­wil­lig­keit. Sie sei mit der Re­ge­lung in § 7 der Sat­zung vom 5.12.2005 nicht auf­ge­ge­ben wor­den. Mit ihr wer­de le­dig­lich das in § 2 Abs. 3 TVG vor­ge­se­he­ne Mo­dell ei­ner Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on un­ter­stri­chen. Die CZ. erfülle zu­dem selbst die Vor­aus­set­zun­gen der Ta­riffähig­keit ei­ner Ge­werk­schaft. Sie sei ta­rif­wil­lig, verfüge mit dem Zu­griff auf ih­re Mit­glie­der über ei­ne leis­tungsfähi­ge Or­ga­ni­sa­ti­on und be­sit­ze Durch­set­zungs­kraft. Das zei­ge be­reits die Viel­zahl der von ihr ab­ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge. Es han­de­le sich nicht um Gefällig­keits­verträge. Auf die Ta­rif­zuständig­keit der Mit­glieds­ge­werk­schaf­ten für die Ar­beit­neh­merüber­las­sung kom­me es nicht an. Feh­len­de Ta­rif­zuständig­keit führe nicht zur Ta­rif­unfähig­keit. Da die CZ. im ei­ge­nen Na­men auf­tre­te, sei al­lein ih­re Ta­rif­zuständig­keit maßge­bend.

Die CZ. hat zu­dem dop­pel­te Rechtshängig­keit ein­ge­wandt. Ih­re Ta­riffähig­keit sei Ge­gen­stand der be­reits früher vor dem Ar­beits­ge­richt Ber­lin rechtshängig ge­wor­de­nen Ver­fah­ren 1 BV 3/09 und 63 BV 9415/09.

Die BVD hat sich den Ausführun­gen der CZ. an­ge­schlos­sen, die sie für ta­riffähig hält.

Die CM., C., DHV, und GÖD ha­ben aus­geführt, dass es auf die Ta­riffähig­keit der Mit­glie­der nicht an­kom­me. Sie selbst würden aber al­le Vor­aus­set­zun­gen ei­ner ta­riffähi­gen Ge­werk­schaft erfüllen.

Das Ar­beits­ge­richt hat mit Be­schluss vom 1.4.2009 - 35 BV 17008/08 - die Anträge der V. und des DGB zurück­ge­wie­sen und auf den An­trag der S. fest­ge­stellt, dass die Ta­rif­ge­mein­schaft C. Ge­werk­schaf­ten für Z. und P. nicht ta­riffähig ist. Zur Be­gründung hat es aus­geführt, dass V. und DGB nicht an­trags­be­fugt sind. Die Ta­rif­zuständig­keit der V. er­fas­se nach ih­rer Sat­zung nicht die Ar­beit­neh­merüber­las­sung. Beim DGB feh­le die sat-

 

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zungs­gemäße Auf­ga­be, Ta­rif­verträge ab­zu­sch­ließen. Da­ge­gen sei der An­trag der S. zulässig. Für ih­re An­trags­be­fug­nis genüge es, dass die Tätig­keit der CZ. sich auch auf das Land Ber­lin er­streckt. Für das not­wen­di­ge Rechts­schutz­bedürf­nis und Fest­stel­lungs­in­ter­es­se genüge es, dass die Ta­riffähig­keit der CZ. zwi­schen den Par­tei­en des Ta­rif­ge­sche­hens zwei­fel­haft ist. Ei­ne dop­pel­te Rechtshängig­keit lie­ge nicht vor. Die be­reits zu­vor anhängig ge­wor­de­nen Ver­fah­ren sei­en ver­gan­gen­heits­be­zo­gen und hätten da­mit ei­nen an­de­ren Ver­fah­rens­ge­gen­stand. Der An­trag sei auch be­gründet. Die CZ. sei nicht ta­riffähig, weil ihr die so­zia­le Mäch­tig­keit feh­le. Sie wer­de nicht durch den Ab­schluss von Ta­rif­verträgen in­di­ziert. Dem ste­he die durch § 9 Num­mer 2 AÜG ge­schaf­fe­ne be­son­de­re Aus­gangs­si­tua­ti­on ent­ge­gen, die ge­ra­de ein In­ter­es­se der Ar­beit­ge­ber an ei­nem Ta­rif­ab­schluss be­gründe. Zwar könne sie sich bei Ta­rif­ver­hand­lun­gen auf die ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen im Sin­ne ei­ner Rück­fall­po­si­ti­on be­ru­fen. Die­se Mäch­tig­keit sei aber kei­ne so­zia­le Mäch­tig­keit im Sin­ne des Ta­rif­rechts. Sie er­ge­be sich auch nicht aus der An­zahl der mit­tel­bar ver­tre­te­nen Ar­beit­neh­mer. Die ge­nann­ten Mit­glie­der­zah­len sei­en nicht aus­sa­ge­kräftig, da die An­zahl der Leih­ar­beit­neh­mer nicht aus­ge­wie­sen sei. Wei­ter­hin sei nicht er­kenn­bar, dass die CZ. nach ih­ren Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tu­ren in der La­ge sei, For­de­run­gen für Ta­rif­ver­hand­lun­gen zu ent­wi­ckeln und durch­zu­set­zen. Die so­zia­le Mäch­tig­keit las­se sich auch nicht aus den Mit­glieds­or­ga­ni­sa­tio­nen her­lei­ten, weil sie sich gemäß Zif­fer 7 der Sat­zung der CZ. ent­schie­den ha­ben, auf dem Ge­biet der Ar­beit­neh­merüber­las­sung nicht selbst auf­zu­tre­ten.

Der Be­schluss des Ar­beits­ge­richts ist der V., dem DGB, der AMP und dem BVD am 27.4.2009 zu­ge­stellt wor­den. Die Zu­stel­lung an die CZ. er­folg­te am 28.4.2009. V., CZ. und DGB ha­ben ge­gen ihn am 26.5.2009 und die AMP so­wie der BVD am 19.5.2009 Be­schwer­de ein­ge­legt. V. und DGB ha­ben ih­re Be­schwer­de am 27.7.2009 be­gründet. Die Be­gründungs­frist ist durch Be­schluss vom 22.6.2009 bis zum 27.7.2009 verlängert wor­den. Die CZ. hat ih­re Be­schwer­de am 28.7.2009 be­gründet. Ih­re Be­gründungs­frist wur­de durch Be­schluss vom 19.6.2009 zum 28.7.2009 verlängert. Die Be­schwer­de­be­gründung durch die AMP er­folg­te nach ent­spre­chen­der Frist­verlänge­rung gemäß Be­schluss vom 16.6.2009 am 10.8.2009. Der BVD hat sei­ne Be­schwer­de am 25.6.2009 be­gründet.

Die Be­schwer­de von V. und DGB rich­tet sich da­ge­gen, dass ih­nen die An­trags­be­fug­nis ab­ge­spro­chen wor­den ist. Hin­sicht­lich der Ta­riffähig­keit der CZ. stim­men sie der an­ge-foch­te­nen Ent­schei­dung zu. V. führt aus, dass sie für die Ar­beit­neh­merüber­las­sung als Wirt­schafts­zweig in­ner­halb des Dienst­leis­tungs­sek­tors zuständig sei. Die Aus­le­gung der

 

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Sat­zung nach Wort­laut und Ent­ste­hungs­ge­schich­te würde dies bestäti­gen. Die Zuständig­keit ha­be ihr Ge­werk­schafts­rat mit Be­schluss vom 15.7.2009 klar­ge­stellt. Der DGB sieht sich auf­grund sei­ner Stel­lung als Be­tei­lig­ter für an­trags­be­fugt.

Die CZ. und die AMP führen aus, dass die Anträge von V. und DGB zu Recht we­gen feh­len­der An­trags­be­fug­nis zurück­ge­wie­sen wor­den sind. Aber auch der S. feh­le die An­trags­be­fug­nis. Das An­trags­recht der obers­ten Ar­beits­behörde des Bun­des und des Lan­des be­ste­he in dem durch § 97 Abs. 1 ArbGG be­stimm­ten Zuständig­keits­be­reich. Die obers­te Ar­beits­behörde des Lan­des sei nur an­trags­be­fugt, wenn die Tätig­keit der um­strit­te­nen Ver­ei­ni­gung sich aus­sch­ließlich auf das Land be­zieht. Er­stre­cke sie sich über das Land hin­aus, sei die über­ge­ord­ne­te Behörde zuständig. An­dern­falls wären der Exe­ku­ti­ve Tür und Tor geöff­net, um rechts­po­li­ti­sche Vor­stel­lun­gen durch­zu­set­zen. Zu­dem feh­le der S. das Rechts­schutz­bedürf­nis und Fest­stel­lungs­in­ter­es­se. Sie sei in kei­ner Wei­se ma­te­ri­ell be­trof­fen. Die von ihr vor­ge­tra­ge­nen Mo­ti­ve würden sich nicht auf ein kon­kre­tes Rechts­verhält­nis im Sin­ne des § 256 Abs. 1 ZPO be­zie­hen. Tatsächlich miss­brau­che sie das Ver­fah­ren, um die miss­lie­bi­ge „Schmutz­kon­kur­renz“ der CZ. los­zu­wer­den und sie in ih­rer durch Art. 9 Abs. 3 GG geschütz­ten kol­lek­ti­ven Betäti­gungs­frei­heit zu be­hin­dern. Die CZ. bleibt da­bei, dass mit dem Ver­fah­ren 63 BV 9415/08 des Ar­beits­ge­richts Ber­lin ei­ne dop­pel­te Rechtshängig­keit vor­lie­ge. Der Streit­ge­gen­stand bei­der Ver­fah­ren sei iden­tisch. Die Anträge sei­en je­weils ge­gen­warts­be­zo­gen.

Die CZ. und die AMP führen wei­ter­hin aus, dass der CZ. als Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on die Ta-riffähig­keit gemäß § 2 Abs. 3 TVG durch Ge­setz ver­lie­hen wor­den sei. Die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on sei­en bei ihr erfüllt. Ih­re Ta­rif­zuständig­keit ge­be sie sich als Aus­fluss ih­rer ko­ali­ti­onsmäßigen Betäti­gungs­frei­heit selbst und au­to­nom. Ei­ne Über­tra­gung durch die Mit­glieds­ver­ei­ni­gun­gen sei nicht er­for­der­lich. Da­mit kom­me es auch nicht auf die Ta­rif­zuständig­keit der Mit­glie­der an. Tatsächlich sei de­ren Zuständig­keit für die Ar­beit­neh­merüber­las­sung ge­ge­ben. Dafür sei ei­ne aus­drück­li­che Re­ge­lung in der Sat­zung nicht er­for­der­lich. Zu­dem könne die Ta­rif­zuständig­keit der Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on wei­ter rei­chen als die der Mit­glieds­ver­ei­ni­gun­gen. We­gen § 2 Abs. 3 TVG sei es nicht ent­schei­dend, ob sie über ei­ne so­zia­le Mäch­tig­keit verfüge. Je­den­falls rei­che es aus, dass we­nigs­tens zwei Mit­glie­der ta­riffähig sind. Gleich­wohl verfüge sie aus­weis­lich der ab­ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge auch selbst über ei­ne so­zia­le Mäch­tig­keit. Ta­rif­ver­trags­ab­schlüsse hätten dafür auch im Be­reich der Ar­beit­neh­merüber­las­sung In­dizwir­kung. Die Ta­riföff­nungs­klau­sel des § 9 Num­mer 2 AÜG ste­he dem nicht ent­ge­gen. Tatsächlich

 

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stärke § 9 Num­mer 2 AÜG we­gen der Rück­fall­po­si­ti­on die Ver­hand­lungs­macht der Ge­werk­schaf­ten. Sie ha­be da­her auch bei bis zu 2.700 Leih­ar­beit­neh­mern, die in ih­ren Mit­glieds­ver­ei­ni­gun­gen or­ga­ni­siert sei­en, durch­aus Durch­set­zungs­kraft. We­gen des ge­ne­rell nied­ri­gen Or­ga­ni­sa­ti­ons­gra­des in der Leih­ar­beit sei­en an die Mit­gliedsstärke oh­ne­hin nur ge­rin­ge An­for­de­run­gen zu stel­len. Die Ta­rif­ver­trags­ab­schlüsse würden zu­dem ei­ne aus­re­chen­de Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tur in­di­zie­ren. Mit Rück­griff auf die In­fra­struk­tur und Or­ga­ni­sa­ti­ons­stu­fen ih­rer Mit­glieds­verbände verfüge sie über al­le Ein­rich­tun­gen und Gre­mi­en, um Ta­rif­for­de­run­gen zu stel­len, Ta­rif­ver­hand­lun­gen zu führen und ab­zu­sch­ließen so­wie die Durchführung der Ta­rif­verträge zu über­wa­chen.

Es sei un­zu­tref­fend, dass sich ih­re so­zia­le Mäch­tig­keit und da­mit ih­re Ta­riffähig­keit we­gen der Re­ge­lung in § 7 ih­rer Sat­zung nicht von den Mit­glieds­ver­ei­ni­gun­gen ab­lei­ten las­se. Die Be­stim­mung be­inhal­te le­dig­lich ei­ne Kon­kur­renz­re­ge­lung. Je­den­falls durch die Ände­rung der Sat­zung am 8.10.2009 sei in § 7 ge­re­gelt wor­den, dass die Ta­rif­zuständig­keit der Mit­glieds­ver­ei­ni­gun­gen für die Ar­beit­neh­merüber­las­sung un­berührt blei­be. Selbst bei De­le­gie­rung der Fähig­keit, Ta­rif­verträge mit ei­nem be­stimm­ten Gel­tungs­be­reich ab-zu­sch­ließen, könn­ten die Mit­gleis­ver­ei­ni­gun­gen zur so­zia­len Mäch­tig­keit ih­rer Spit­zenor-ga­ni­sa­ti­on bei­tra­gen.

Die BVD ist eben­falls der Auf­fas­sung, dass V. und DGB nicht an­trags­be­fugt sind. Der S. feh­le ne­ben der An­trags­be­fug­nis auch das er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se. Mit ih­rer ak­ti­ven Teil­nah­me am Ta­rif­ge­sche­hen zei­ge die CZ. ih­re Ta­riffähig­keit. Der dafür er­for­der­li­che or­ga­ni­sa­to­ri­sche Auf­bau sei vor­han­den.

V. be­an­tragt,
1. den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Ber­lin vom 1.4.2009 - 35 BV 17008/08 - ab­zuändern so­weit es ih­ren An­trag ab­ge­wie­sen hat und fest­zu­stel­len, dass die Ta­rif­ge­mein­schaft C. Ge­werk­schaf­ten für Z. und P. nicht ta­riffähig ist;
2. die Be­schwer­den der CZ., AMP und BVD zurück­zu­wei­sen.

Der DGB be­an­tragt,
1. den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Ber­lin vom 1.4.2009 - 35 BV 17008/08 - ab­zuändern so­weit es sei­nen An­trag ab­ge­wie­sen hat und fest­zu­stel­len, dass die Ta­rif­ge­mein­schaft C. Ge­werk­schaf­ten für Z. und P. nicht ta­riffähig ist;
2. die Be­schwer­den der CZ., AMP und BVD zurück­zu­wei­sen.

 

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Die CZ., AMP und der BVD be­an­tra­gen,
1. den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Ber­lin vom 1.4.2009 - 35 BV 17008/08 - teil­wei­se ab­zuändern und den An­trag der S. des Lan­des Ber­lin zurück­zu­wei­sen;
2. die Be­schwer­den der V. und des DGB zurück­zu­wei­sen.

Die S. be­an­tragt,
die Be­schwer­den der CZ., AMP und BVD zurück­zu­wei­sen.

Die CM. be­an­tragt hilfs­wei­se,
das Ver­fah­ren aus­zu­set­zen und dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die Fra­ge der Ver­fas­sungsmäßig­keit des § 97 Abs. 1 ArbGG vor­zu­le­gen.

Die S. bleibt bei ih­rer Auf­fas­sung, an­trags­be­fugt zu sein. Ihr An­trag sei nicht rechts­miss-bräuch­lich, son­dern er­fol­ge in Wahr­neh­mung ge­setz­lich zu­ge­wie­se­ner Be­fug­nis­se. Mit V. be­strei­tet sie das Vor­lie­gen ei­ner dop­pel­ten Rechtshängig­keit. Bei­de hal­ten dar­an fest, dass die CZ. nicht ta­riffähig ist. Ei­ne Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on, die in ei­ge­nem Na­men Ta­rif­verträge ab­sch­ließe, müsse selbst die Vor­aus­set­zun­gen der Ta­riffähig­keit erfüllen. Dies gel­te ge­ra­de dann, wenn sie ih­re Zuständig­keit auf neue, von den Mit­glie­dern nicht be­setz­te Be­rei­che aus­deh­ne. Al­lein der Zu­sam­men­schluss von Ge­werk­schaf­ten be­gründe noch nicht die er­for­der­li­che so­zia­le Mäch­tig­keit. Sie müsse bei der Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on selbst vor­lie­gen, um im Rah­men die Ent­gel­te und Ar­beits­be­din­gun­gen gleich­wer­tig aus­zu­han­deln und so im Rah­men der Norm­set­zungs­be­fug­nis ei­nen an­ge­mes­se­nen In­ter­es­sen­aus­gleich her­bei­zuführen. Da­bei könne ei­ne Durch­set­zungs­kraft in Teil­be­rei­chen die Ta­riffähig­keit für den Ge­samt­be­reich nicht be­gründen. Die Ta­rif­pra­xis der CZ. könne kei­ne In­dizwir­kung für ih­re Ta­riffähig­keit ha­ben. In den Ta­rif­verträgen zei­ge sich nicht, dass Ar­beit­neh­mer­inter­es­sen kon­flik­t­ori­en­tiert ge­gen den Wi­der­stand der Ar­beit­ge­ber wahr­ge­nom­men wer­den. Von den Mit­glie­dern könne sie die Ta­riffähig­keit be­reits des­we­gen nicht her­lei­ten, weil kei­ner von ih­nen für die Ar­beit­neh­merüber­las­sung sat­zungs­gemäß zuständig sei.

 

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V. führt wei­ter­hin aus, dass die Ta­riffähig­keit des Spit­zen­ver­ban­des nur im Rah­men der Ta­riffähig­keit sei­ner Mit­glie­der be­ste­hen könne. Sei­ne Zuständig­keit könne nicht, wie bei der CZ. ge­ge­ben, über die der Mit­glie­der aus­ge­dehnt wer­den. Der Ta­riffähig­keit ste­he zu­dem ent­ge­gen, dass in ih­rer Sat­zung nicht zwi­schen ta­riffähi­gen und nicht Ta­riffähi­gen ge­trennt wer­de. Ihr or­ga­ni­sa­to­ri­scher Auf­bau las­se eben­falls kei­nen Schluss auf die er­for­der­li­che so­zia­le Mäch­tig­keit zu.

Die CM., der DHV und die GÖD be­strei­ten die An­trags­be­fug­nis der V., der S. und des DGB.

Nach Auf­fas­sung der CM. ver­folgt die S. mit dem An­trag par­tei­po­li­ti­sche In­ter­es­sen. Sie grei­fe mit ihm in die Ge­wal­ten­tei­lung ein und ver­s­toße ge­gen rechts­staat­li­che Prin­zi­pi­en. Die CM. teilt die Auf­fas­sung, dass die so­zia­le Mäch­tig­keit der CZ. durch ih­re Teil­nah­me am Ta­rif­ge­sche­hen be­legt sei.

Die DHV sieht die Ta­riffähig­keit der CZ. eben­falls auf­grund ih­rer Teil­nah­me am Ta­rif­ge-sche­hen als ge­ge­ben. Sie könne zu­dem auf die Ta­riffähig­keit ih­rer Mit­glieds­ver­ei­ni­gun­gen ver­wei­sen, de­ren Or­ga­ni­sa­ti­on ihr zur Verfügung ste­he.

Nach Auf­fas­sung der GÖD er­ge­be sich we­gen der Zu­gehörig­keit des Ar­beits­rechts zur Ge­setz­ge­bungs­zuständig­keit des Bun­des nach Art 74 Nr. 12 GG auch aus ver­fas­sungs-recht­li­cher Sicht, dass le­dig­lich die obers­te Ar­beits­behörde des Bun­des an­trags­be­fugt sei. Die Ta­riffähig­keit der CZ. be­ru­he auf ih­rer Stel­lung als Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on. Sie sei ein Zu­sam­men­schluss von aus­nahms­los ta­riffähi­gen Ge­werk­schaf­ten.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten wird auf den Ak­ten­in­halt Be­zug ge­nom­men.

II.

Die je­wei­li­gen Be­schwer­den sind form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den. Sie sind auch im Übri­gen zulässig. In der Sa­che hat­ten sie teil­wei­se Er­folg.

 

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1. Über die Ta­riffähig­keit ei­ner Ver­ei­ni­gung ist nach § 2 a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 1 ArbGG im Be­schluss­ver­fah­ren zu ent­schei­den. An dem Ver­fah­ren wa­ren kei­ne wei­te­ren als die im Ru­brum ge­nann­ten Stel­len und Or­ga­ni­sa­tio­nen zu be­tei­li­gen.

1.1 Die Be­tei­lig­ten ei­nes nach § 97 Abs. 1 ArbGG ein­ge­lei­te­ten Ver­fah­rens er­ge­ben sich aus § 97 Abs. 2 i.V.m. § 83 Abs. 3 ArbGG. Be­tei­ligt sind da­nach ne­ben dem An­trag­stel­ler die­je­ni­gen Stel­len, de­ren ma­te­ri­el­le Rechts­po­si­ti­on im Hin­blick auf die Ta­riffähig­keit der be­tref­fen­den Ver­ei­ni­gung un­mit­tel­bar be­trof­fen ist. Ne­ben der Ver­ei­ni­gung, über de­ren Ta­riffähig­keit ge­strit­ten wird, sind dies Stel­len und Ver­ei­ni­gun­gen auf Ar­beit­ge­ber- und Ar­beit­neh­mer­sei­te, die durch die Ent­schei­dung recht­lich berührt wer­den können. Grundsätz­lich ist die Be­tei­li­gung der je­wei­li­gen Spit­zen­verbände aus­rei­chend (vgl. BAG Be­schluss vom 10.2.2009 - 1 ABR 36/08 - in NZA 2009, 908; BAG Be­schluss vom 28.3.2006 - 1 ABR 58/04 - in AP Nr. 4 zu § 2 TVG). Sie sind als Re­präsen­tan­ten der Ar­beit­neh­mer- und Ar­beit­ge­ber­sei­te be­ru­fen, die In­ter­es­sen der mögli­chen Ta­rif­part­ner der Ver­ei­ni­gung, um de­ren Ta­riffähig­keit ge­strit­ten wird, gel­tend zu ma­chen. Die Anhörung al­ler denk­ba­ren Ta­rif­part­ner oder sach­lich und räum­lich zuständi­ger Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­neh­mern und Ar­beit­ge­bern ist nicht ge­bo­ten. Im vor­lie­gen­den Fall sind mit der BDA, dem DGB und dem CG. die Spit­zen­verbände der Ar­beit­ge­ber- und Ar­beit­neh­mer­sei­te be­tei­ligt wor­den. Da­her wa­ren auch die Un­ter­neh­men nicht von Amts we­gen zu be­tei­li­gen, die auf­grund von Haus­ta­rif­verträgen als Ta­rif­ver­trags­par­tei­en der CZ. ihr In­ter­es­se an der Be­tei­li­gung an­ge­mel­det ha­ben. Die In­ter­es­sen­wahr­neh­mung durch Spit­zen­or­ga­ni­sa­tio­nen schließt al­ler­dings nicht aus, dass ein­zel­ne Ar­beit­ge­ber sich da­durch an ei­nem schon anhängi­gen Ver­fah­ren be­tei­li­gen, dass sie ei­nen ei­ge­nen, auf die Ta­riffähig­keit der um­strit­te­nen Ver­ei­ni­gung be­zo­ge­nen An­trag stel­len. (vgl. BAG Be­schluss vom 25.11.1986 - 1 ABR 22/85 - in AP Nr. 36 zu § 2 TVG). Ein der­ar­ti­ger An­trag ist je­doch nicht ein­ge­gan­gen.

1.2 Die C. war je­den­falls nach ih­rem Aus­tritt aus der CZ. nicht mehr zu be­tei­li­gen. Da­von geht sie selbst aus und hat in dem Be­schwer­de­ver­fah­ren kei­nen An­trag ge­stellt.

1.3 Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts sind an den Ver­fah­ren nach
§§ 2 a Abs. 1 Nr. 4, 97 Abs. 1 ArbGG die obers­ten Ar­beits­behörden eben­falls grundsätz­lich von Amts we­gen gemäß § 83 Abs. 2 ArbGG zu be­tei­li­gen. Die In­ter­es­sen der Ar­beits­ver­wal­tung der Länder können je­doch von der obers­ten Ar­beits­behörde des Bun­des

 

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gel­tend ge­macht wer­den, wenn die Zuständig­keit der Ver­ei­ni­gung, de­ren Ta­riffähig­keit um-strit­ten ist, über das Ge­biet ei­nes Lan­des hin­aus­geht. Es genügt da­her, wenn die­se an dem Ver­fah­ren be­tei­ligt wird. Die ein­zel­nen Länder sind, so­fern sie kei­nen Sach­an­trag ge­stellt ha­ben, nicht von Amts we­gen zu be­tei­li­gen (vgl. BAG Be­schluss vom 10.2.2009
- 1 ABR 36/08 - a.a.O.; BAG Be­schluss vom 25.11.1986 - 1 ABR 22/85 - a.a.O.). Da die Tä-tig­keit der CZ. sich über das ge­sam­te Bun­des­ge­biet er­streckt, ist die Be­tei­li­gung des B. für A. und S. als obers­te Ar­beits­behörde des Bun­des in dem vor­lie­gen­den Ver­fah­ren aus­rei­chend.

2. Die Be­schwer­den der CZ., AMP und BVD so­wie der V. und des DGB sind zulässig. Die Be­tei­lig­ten sind be­schwer­de­be­fugt. Sie sind durch die an­ge­foch­te­ne Ent­schei­dung be­schwert. Dafür genügt es, dass sie in ih­rer Rechts­stel­lung als Ar­beit­neh­mer- oder Ar­beit­ge­ber­ko­ali­ti­on un­mit­tel­bar be­trof­fen sind (vgl. BAG Be­schluss vom 10.2.2009
- 1 ABR 36/08 - a.a.O.).

2.1 Die un­mit­tel­ba­re Be­trof­fen­heit der CZ. folgt schon dar­aus, dass ih­re Ta­riffähig­keit Streit­ge­gen­stand ist. Die Ta­riffähig­keit ist ent­schei­dend für ih­re recht­li­che Stel­lung im Ar­beits­le­ben. Sch­ließt ei­ne Ver­ei­ni­gung oh­ne Ta­riffähig­keit ei­nen Ta­rif­ver­trag ab, ist die­ser Ta­rif­ver­trag un­wirk­sam und da­mit nich­tig (vgl. BAG Ur­teil vom 15.11.2006 - 10 AZR 665/05 - in AP Nr. 34 zu § 4 TVG Ta­rif­kon­kur­renz). Da­mit sind auch AMP und BVD un­mit­tel­bar in ih­rer Stel­lung als Ver­trags­part­ner der CZ. und als Ver­tre­ter der In­ter­es­sen ih­rer Mit­glieds­un­ter-neh­men be­trof­fen, für die der Ta­rif­ver­trag dann kei­ne Wir­kung nach
§ 4 TVG ent­fal­ten kann.

2.2 Der DGB wen­det sich mit sei­ner Be­schwer­de aus­sch­ließlich ge­gen die Zurück­wei­sung sei­nes erst­in­stanz­li­chen Fest­stel­lungs­an­tra­ges. Der An­trag­stel­ler des Be­schluss­ver­fah­rens ist be­rech­tigt, ge­gen die Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts Be­schwer­de ein­zu­le­gen (vgl. BAG Be­schluss vom 25.11.1986 - 1 ABR 22/85 - in AP Nr. 36 zu § 2 TVG). Ob er auch an­trags­be­rech­tigt ist, ist kei­ne Fra­ge der Be­schwer­de­be­fug­nis, son­dern der Be­gründet­heit. Der DGB hat je­den­falls das Recht, die von dem Ar­beits­ge­richt ab­ge­lehn­te An­trags­be­rech­ti­gung durch das Rechts­mit­tel­ge­richt klären zu las­sen.

3. Die Be­schwer­de des DGB ist nicht be­gründet.

3.1 Der DGB ist in dem durch die Anträge der S. und der V. ein­ge­lei­te­ten Ver­fah­ren als Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on gem. § 83 Abs. 3 ArbGG be­tei­ligt wor­den. Ne­ben ih­nen hat er be­an-

 

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tragt, fest­zu­stel­len, dass die CZ. nicht ta­riffähig ist. Hier­bei han­delt es sich um ei­nen ei­ge­nen ne­ben dem der S. und der V. in das Ver­fah­ren ein­ge­brach­ten Sach­an­trag. Er wur­de nicht le­dig­lich zur Un­terstützung ih­rer Anträge, son­dern nach dem Zurück­wei­sungs­an­trag der CZ. als wei­te­rer An­trag ge­stellt. Dass der DGB mit ihm ei­ne Sach­ent­schei­dung aus ei­ge­nem Recht er­strebt, er­gibt sich zu­dem aus der Be­schwer­de­be­gründung. Ihr gemäß ist al­lein sein An­trag Ge­gen­stand der Be­schwer­de. Iso­liert hat er nur dann Sinn, wenn er aus ei­ge­nem Recht gel­tend ge­macht wird.

3.2 Aus ei­ge­nem Recht kann der DGB die Fest­stel­lung der Ta­riffähig­keit nur un­ter den Vor­aus­set­zun­gen des § 97 Abs. 1 ArbGG be­an­tra­gen. Er müss­te dem­nach auf dem von der CZ. be­an­spruch­ten Ge­biet der Ar­beit­neh­merüber­las­sung sach­lich zuständig sein. Das ist nicht der Fall. Es ist un­strei­tig ge­blie­ben, dass es nicht zu sei­nen sat­zungs­gemäßen Auf­ga­ben gehört, Ta­rif­verträge ab­zu­sch­ließen.

4. Die Be­schwer­den der CZ., AMP und BVB sind eben­falls nicht be­gründet. Das Ar­beits­ge­richt hat auf den An­trag der S. zu Recht fest­ge­stellt, dass die CZ. nicht ta­riffähig ist.

4.1 Der An­trag der S. ist zulässig.

4.1.1 Es liegt kei­ne dop­pel­te Rechtshängig­keit vor (§ 261 ZPO). Der Ein­wand der dop­pel­ten Rechtshängig­keit setzt vor­aus, dass be­reits ein an­de­rer Rechts­streit mit iden­ti­schem Streit­ge­gen­stand rechtshängig ist. Das trifft nicht zu.

4.1.1.1 Hin­sicht­lich der bei dem Ar­beits­ge­richt Ber­lin ein­ge­lei­te­ten Ver­fah­ren 54 BV 1396/06 und 1 BV 3/09 liegt ei­ne dop­pel­te Rechtshängig­keit schon des­we­gen nicht vor, weil bei­de Ver­fah­ren be­en­det sind. In dem Ver­fah­ren - 54 BV 13961/06 - sind die zur Ent­schei­dung ge­stell­ten Anträge durch Be­schluss vom 5.2.2008 als un­zulässig zurück­ge­wie­sen wor­den. Das Ver­fah­ren - 1 BV 3/09 - wur­de nach An­tragsrück­nah­me durch Be­schluss vom 15.4.2009 ein­ge­stellt.

4.1.1.2 Der Ge­gen­stand des noch rechtshängi­gen Ver­fah­rens - 63 BV 941/08 - ist mit dem des vor­lie­gen­den Rechts­streits nicht iden­tisch. Zwar wird auch dort die Fest­stel­lung be­gehrt, dass die Ta­rif­ge­mein­schaft C. Ge­werk­schaf­ten Z. und P. nicht ta­riffähig ist. Der Wort­laut der Anträge in bei­den Ver­fah­ren ist dem­nach ge­gen­warts­be­zo­gen. Für die Iden­tität des Streit­ge­gen­stan­des ist aber al­lein der An­trags­wort­laut nicht maßge­bend.

 

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Der Streit­ge­gen­stand wird durch den An­trag und den zu sei­ner Be­gründung vor­ge­tra­ge­nen Le­bens­sach­ver­halt be­stimmt (vgl. BGH Ur­teil vom 19.4.2007 - I ZR 57/05 - in NJW 2008, 231). In dem An­trag kon­kre­ti­siert sich die in An­spruch ge­nom­me­ne Rechts­fol­ge, die aus dem vor­ge­tra­ge­nen Le­bens­sach­ver­halt her­ge­lei­tet wird (vgl. St­ein-Jo­nas/Roth, ZPO, 22. Auf­la­ge, vor § 253, Rn. 11). Er ist ge­ge­be­nen­falls aus­zu­le­gen. Die Aus­le­gung hat da­nach zu er­fol­gen, was nach der Maßga­be der Rechts­ord­nung vernünf­tig ist und der recht ver­stan­de­nen In­ter­es­sen­la­ge ent­spricht (vgl. Mu­sielak, ZPO, 7 Auf­la­ge, § 253 Rdn. 29).

Das Ver­fah­ren - 63 BV 941/08 - steht im Zu­sam­men­hang mit dem aus­ge­setz­ten Ver­fah­ren - 2 Ca 249/08 - vor dem Ar­beits­ge­richts Bam­berg. In die­sem Ver­fah­ren macht der Kläger Vergütungs­ansprüche für die Zeit vom 17.10.2006 bis zum 31.1.2008 in Höhe der Dif­fe­renz gel­tend, die er un­ter Be­ru­fung auf das Gleich­be­hand­lungs­ge­bot nach §§ 9 Num­mer 2, 10 Abs. 4 AÜG als Leih­ar­beit­neh­mer von sei­nem Ver­lei­h­un­ter­neh­men meint, be­an­spru­chen zu können. Die ar­beits­ver­trag­lich in Be­zug ge­nom­me­nen, von der CZ. und der Ta­rif­ge­mein­schaft für Z.un­ter­neh­men im BVD ver­ein­bar­ten Ent­gelt- und Ent­gelt­rah­men­ab­kom­men hält er man­gels Ta­riffähig­keit der CZ. für nich­tig. Um die in Zwei­fel ge­zo­ge­ne Ta­riffähig­keit fest­stel­len zu las­sen, hat er die Aus­set­zung des Ver­fah­rens - 2 Ca 249/08 - be­an­tragt und das Ver­fah­ren - 63 BV 941/08 - ein­ge­lei­tet. Da­mit geht es ihm in dem Ver­fah­ren - 63 BV 941/08 - er­kenn­bar dar­um, die Ta­riffähig­keit der CZ. zu dem Zeit­punkt fest­stel­len zu las­sen, zu dem sie das in sei­nem Ar­beits­ver­trag in Be­zug ge­nom­men und sei­ne Vergütung be­stim­men­de Ent­gel­tab­kom­men ver­ein­bart hat. Nur hier­an hat er ein In­ter­es­se. Ih­re Ta­riffähig­keit zu ei­nem späte­ren Zeit­punkt ist für den Er­folg sei­ner Zah­lungs­kla­ge oh­ne Be­lang. Nach der Fest­stel­lung des Ar­beits­ge­richts Bam­berg in dem ergänzen­den Be­schluss vom 6.2.2009 wur­de das Ent­gel­tab­kom­men am 22.7.2003 ver­ein­bart. Der Ge­gen­stand des Ver­fah­rens - 63 BV 941/08 - be­schränkt sich da­mit auf die Fest­stel­lung der Ta­riffähig­keit der CZ. zu die­sem Zeit­punkt. Dem steht die Fra­ge der hin­rei­chen­den Be­stimmt­heit des Aus­set­zungs­be­schlus­ses vom 16.4.2008 und der Wirk­sam­keit sei­ner späte­ren Präzi­sie­rung durch den Be­schluss vom 6.2.2009 nicht ent­ge­gen. Sie ist le­dig­lich für die Fra­ge der An­trags­be­fug­nis von Be­deu­tung.

In dem vor­lie­gen­den Ver­fah­ren ist da­ge­gen die Ta­riffähig­keit der CZ. ge­gen­warts­be­zo­gen fest­zu­stel­len. Ent­schei­dend sind die Umstände zum Zeit­punkt der letz­ten Ver­hand­lung in der Tat­sa­chen­in­stanz. Es ist nicht zu ent­schei­den, ob sie auch zu dem Zeit­punkt ta­riffähig war, als das im Ar­beits­ver­trag des Klägers in Be­zug ge­nom­me­ne Ent­geltab-

 

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kom­men ver­ein­bart wor­den ist.

4.1.2 Die S. ist an­trags­be­fugt. Die An­trags­be­fug­nis er­gibt sich aus § 97 Abs. 1 ArbGG.

4.1.2.1 Die S. ist die obers­te Ar­beits­behörde des Lan­des Ber­lin. Nach
§ 97 Abs. 1 ArbGG ist die obers­te Ar­beits­behörde des Lan­des an­trags­be­fugt, auf des­sen Ge­biet sich die Tätig­keit der um­strit­te­nen Ver­ei­ni­gung er­streckt. Maßge­bend ist die räum­li­che Aus­deh­nung der Tätig­keit. Sie muss das Ge­biet des Lan­des ein­be­zie­hen. Da­ge­gen for­dert das Ge­setz nicht, dass sie sich auf das Ge­biet des Lan­des be­schränkt. Die CZ. schließt un­strei­tig Ta­rif­verträge ab, de­ren räum­li­cher Gel­tungs­be­reich das ge­sam­te Bun­des­ge­biet er­fasst. Ih­re Tätig­keit be­zieht da­mit auch das Ge­biet des Lan­des Ber­lin ein.

4.1.2.2 Die An­trags­be­fug­nis der S. un­ter­liegt nach § 97 Abs. 1 ArbGG we­der wei­te­ren An­for­de­run­gen noch Ein­schränkun­gen. Sie er­ge­ben sich nicht aus § 81 ArbGG, der nach § 97 Abs. 2 ArbGG ent­spre­chend an­zu­wen­den ist. Nach § 81 ArbGG ist an­trags­be­fugt, wer gel­tend macht, durch die er­be­te­ne Ent­schei­dung in sei­ner recht­li­chen Stel­lung be­trof­fen zu sein (vgl. BAG Be­schluss vom 25.11.1986 - 1 ABR 22/85 - a.a.O.). Da­ne­ben ist aber auch der An­trag­stel­ler an­trags­be­fugt, der vom Ge­setz aus­drück­lich als sol­cher be­zeich­net wird (vgl. HWK/Be­p­ler, 3. Auf­la­ge, § 81 ArbGG Rn. 9). Das ist die obers­te Ar­beits­behörde des Lan­des un­ter den in § 97 Abs. 1 ArbGG auf­geführ­ten Vor­aus­set­zun­gen.

4.1.2.3 Die For­mu­lie­rung, der gemäß das Ver­fah­ren von „… der obers­ten Ar­beits­behörde des Bun­des oder der obers­ten Ar­beits­behörde des Lan­des …..ein­ge­lei­tet“ wird, steht der An­trags­be­fug­nis der S. nicht ent­ge­gen. Das Wort „oder“ wird nicht al­ter­na­tiv son­dern en­u­me­ra­tiv ver­wen­det. Es wer­den die mögli­chen An­trags­be­rech­tig­ten auf­geführt, oh­ne ei­ne Rang­fol­ge fest­zu­le­gen und oh­ne ei­ne der dort auf­geführ­ten Per­so­nen oder Stel­len ge­genüber ei­ner an­de­ren aus­sch­ließen zu wol­len.

4.1.2.4 Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat wie­der­holt ent­schie­den, dass die obers­te Ar­beits-behörde ei­nes Lan­des an dem Ver­fah­ren nach § 97 Abs. 1 ArbGG zu be­tei­li­gen ist, wenn sich die Ta­rif­zuständig­keit der Ver­ei­ni­gung ent­we­der aus­sch­ließlich auf das Ge­biet die­ses Lan­des er­streckt oder die Ta­rif­zuständig­keit nur für Ta­rif­verträge be­strit­ten wird, de­ren Gel­tungs­be­reich auf ein Land be­grenzt ist. Bei länderüberg­rei­fen­den Zuständig­keit oder größerem Gel­tungs­be­reich ist statt­des­sen die obers­te Ar­beits­behörde des Bun­des zu be­tei­li­gen (vgl. BAG Be­schluss vom 10.2.2009 - 1 ABR 36/08 - a.a.O.; Be­schluss vom

 

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25.11.1986 - 1 ABR 22/85 - a.a.O.). Hier­bei ging es al­ler­dings um die Be­tei­li­gung nach
§ 83 Abs. 3 ArbGG. § 83 Abs. 3 ArbGG be­stimmt, wel­che Per­so­nen oder Stel­len im kon­kre­ten Be­schluss­ver­fah­ren von Amts we­gen zu be­tei­li­gen sind. Er setzt vor­aus, dass ein Ver­fah­ren durch ei­nen An­trag be­reits ein­ge­lei­tet wor­den ist. Die­ser An­trag bil­det die Grund­la­ge für die Prüfung der Be­tei­li­gung. Dar­aus folgt, dass der An­trag­stel­ler nicht zu den in § 83 Abs. 3 ArbGG ge­nann­ten Be­tei­lig­ten gehören kann. Er ist viel­mehr not­wen­di­ger Be­tei­lig­ter (vgl. BAG Be­schluss vom 25.8.1981 - 1 ABR 61/79 - in AP Nr. 2 zu § 83 ArbGG 1979). Die Kri­te­ri­en für ei­ne Be­tei­li­gung nach § 83 Abs. 3 ArbGG sind da­her für die An­trags­be­rech­ti­gung nach § 97 Abs. 1 ArbGG nicht maßge­bend. Für sie kommt es al­lein auf die in § 97 Abs. 1 auf­geführ­ten Vor­aus­set­zun­gen an. So hat auch das Bun­des­ar­beits­ge­richt in sei­ner Ent­schei­dung vom 25.11.1986 - 1 ABR 22/85 - (a.a.O.) an­ge­nom­men, dass ei­ne nach § 83 Abs. 3 ArbGG nicht zu be­tei­li­gen­de Ver­ei­ni­gung ei­nen auf die Ta­riffähig­keit der um­strit­te­nen Ver­ei­ni­gung be­zo­ge­nen An­trag stel­len kann, wenn sie räum­lich und sach­lich zuständig ist. Nichts an­de­res kann für die obers­te Ar­beits­behörde gel­ten, wenn sich die Tätig­keit der um­strit­te­nen Ver­ei­ni­gung auf ihr Ge­biet er­streckt. Die Be­schränkung der Be­tei­li­gung von Amts we­gen nach § 83 Abs. 3 ArbGG wird un­ter pro­zessöko­no­mi­schen Erwägun­gen da­mit ge­recht­fer­tigt, dass die Spit­zen­or­ga­ni­sa­tio­nen bzw. die obers­te Ar­beits­behörde des Bun­des be­ru­fen sind, die In­ter­es­sen der ein­zel­nen Ta­rif­part­ner bzw. Länder in dem be­reits lau­fen­den Ver­fah­ren gel­tend zu ma­chen. Die­se Über­le­gun­gen las­sen sich nicht auf § 97 Abs. 1 ArbGG über­tra­gen, der den dort auf­geführ­ten Stel­len das Recht einräumt, durch ei­nen Sach­an­trag das Ver­fah­ren ein­zu­lei­ten.

4.1.2.5 Die vor­ge­brach­ten ver­fas­sungs­recht­li­chen Be­den­ken ge­gen die An­trags­be­fug­nis der S. können nicht ver­fan­gen. Zwar gehören das ar­beits­ge­richt­li­che Ver­fah­ren und das Ar­beits­recht nach Art. 74 Abs. 1 Num­mer 1 und 12 GG zur kon­kur­rie­ren­den Ge­setz­ge­bung. Dar­aus folgt nach Art 72 GG ei­ne Sperr­wir­kung für die Lan­des­ge­setz­ge­bung, so­lan­ge und so­weit der Bund von sei­ner Zuständig­keit wirk­sam Ge­brauch ge­macht hat. Ein Ge­brauch­ma­chen hin­dert den Bun­des­ge­setz­ge­ber aber nicht, den Ländern bzw. Lan-des­behörden Zuständig­kei­ten und Rech­te ein­zuräum­en. Nichts an­de­res er­gibt sich für den Ein­wand des Ein­griffs in die Ge­wal­ten­tei­lung. Er wird von der be­tei­lig­ten CM. im Hin­blick auf ei­ne Kom­pe­tenz­ver­tei­lung zwi­schen Bund und Land ge­se­hen. Ge­meint ist da­mit wohl nicht ei­ne Ver­let­zung des in Art 20 Abs. 2 Satz 2 GG ver­an­ker­ten Prin­zips der Ge­wal­ten­tei­lung, son­dern die in Art. 30 GG ge­re­gel­te grundsätz­li­che Kom­pe­tenz­ver­tei­lung zwi­schen Bund und Land. In sie wird durch die An­trags­be­rech­ti­gung der Lan­des­behörde nicht ein­ge­grif­fen. Viel­mehr hat der Bund mit der Einräum­ung des An­trags­rechts von sei­ner Zuständig­keit nach Art 74 Abs. 1 Num­mer 1 und 12 GG Ge­brauch ge­macht.

 

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4.1.2.6 So­weit die An­trags­be­fug­nis un­ter Hin­wei­sen auf par­tei­po­li­ti­sche Betäti­gun­gen und Zwei­feln an der Ver­fas­sungs­treue in Fra­ge ge­stellt wird, ver­mag ein sach­li­cher Be­zug zum vor­lie­gen­den Ver­fah­ren nicht fest­ge­stellt wer­den. An­trag­stel­ler ist die obers­te Ar­beits­behörde und nicht ei­ne Par­tei.

4.1.3 Dem An­trag fehlt nicht das er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se. Für das Ver­fah­ren nach §§ 2 a Abs. 1 Nr. 4, 97 Abs. 1 ArbGG hat ent­spre­chend § 256 Abs. 1 ZPO ein Fest-stel­lungs­in­ter­es­se vor­zu­lie­gen. Es muss nicht auf das Be­ste­hen ei­nes Rechts­verhält­nis­ses ge­rich­tet sein. In­so­weit geht § 97 Abs. 1 ArbGG der all­ge­mei­nen Re­ge­lung des § 256 Abs. 1 ZPO vor (vgl. BAG Be­schluss vom 10.2.2009 - 1 ABR 36/08 - a.a.O.). Für das Fest­stel­lungs­in­ter­es­se ist es er­for­der­lich, dass die Ta­riffähig­keit um­strit­ten oder aus sons­ti­gen tatsächli­chen Gründen klärungs­bedürf­tig ist (vgl. HWK/Be­p­ler, a.a.O., § 97 ArbGG Rn. 10). Das trifft auf den vor­lie­gen­den Fall zu. Die Ta­riffähig­keit der CZ. ist um­strit­ten. Das zei­gen nicht nur die ver­schie­de­nen Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit die­sem The­ma in der von den Be­tei­lig­ten zi­tier­ten Fach­pres­se, son­dern auch die un­ter Zif­fer 4.1.1 auf­geführ­ten Be­schluss­ver­fah­ren, die bis­her zu kei­ner Klärung der Ta­riffähig­keit geführt ha­ben. Von den Zwei­feln an der Ta­riffähig­keit ist die S. als obers­te Ar­beits­behörde be­trof­fen. Dafür genügt es gem. § 97 Abs. 1 ArbGG, das sich die Tätig­keit der CZ. auf das Ge­biet des Lan­des Ber­lin er­streckt.

4.1.4 Das Fest­stel­lungs­be­geh­ren ist nicht rechts­miss­bräuch­lich. Der auch im Ver­fah­rens-recht gel­ten­de Grund­satz von Treu und Glau­ben ver­pflich­tet die Be­tei­lig­ten zu ei­ner red­li­chen Pro­zessführung. Er ver­bie­tet ins­be­son­de­re den Miss­brauch pro­zes­sua­ler Be­fug­nis­se. Rechts­miss­bräuch­lich und da­mit un­zulässig ist die Ausübung sol­cher Be­fug­nis­se, wenn sie nicht den ge­setz­lich vor­ge­se­he­nen, son­dern an­de­ren, nicht not­wen­dig un­er­laub­ten, aber funk­ti­ons­frem­den und recht­lich zu miss­bil­li­gen­den Zwe­cken dient (vgl. BGH Be­schluss vom 10.5.2007 - V ZB 83/06 - in NJW 2007, 1522). Das trifft auf den An­trag der S. nicht zu.

4.1.4.1 Der Rechts­miss­brauch wird mit dem Vor­wurf ein­ge­wandt, der S. ge­he es aus­weis­lich ih­rer An­trags­schrift dar­um, die aus ih­rer Sicht miss­lie­bi­ge „Schmutz­kon­kur­renz“ der CZ. los­zu­wer­den und sie in ih­rer durch Art 9 Abs. 3 GG geschütz­ten Betäti­gungs­frei­heit zu be­hin­dern. Wei­ter­hin wird gel­tend ge­macht, ihr In­ter­es­se fuße aus­sch­ließlich auf ei­ner par­tei­po­li­ti­schen Mo­ti­va­ti­on. Die Vorwürfe recht­fer­ti­gen nicht die An­nah­me, der S. ge­he es nicht um die be­gehr­te Fest­stel­lung der Ta­riffähig­keit der CZ., son­dern aus-

 

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schließlich um Zwe­cke, die von dem An­trags­recht nicht ge­deckt sind.

4.1.4.2 Tatsächlich ist die Tätig­keit der CZ. in der von V. und der S. ge­mein­sam ein­ge­reich­ten An­trags­schrift als „Schmutz­kon­kur­renz“ be­zeich­net wor­den. Dies ge­schah al­ler­dings be­zo­gen auf den An­trag der V.. Die S. hat als Zweck ih­res An­trags zu­sam­men­fas­send als Ab­sicht dar­ge­stellt, vor al­lem die Funk­ti­onsfähig­keit des Ta­rif­ver­trags­sys­tems im Be­reich der ge­werbsmäßigen Ar­beit­neh­merüber­las­sung zu si­chern. Die Ta­riffähig­keit der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ist nach § 2 TVG ei­ne Vor­aus­set­zung der Funk­ti­onsfähig­keit des Ta­rif­ver­trags­sys­tems. Der An­trag der S. ver­folgt da­mit ei­nen vom An­trags­recht des § 97 Abs. 1 ArbGG ge­deck­ten Zweck, so dass der Vor­wurf ei­ner sach­frem­den Zweck­ver­fol­gung selbst dann kei­nen Er­folg ha­ben kann, wenn die Ausführun­gen zur Schmutz­kon­kur­renz auch der S. zu­zu­rech­nen sein soll­ten. Nichts an­ders gilt im Er­geb­nis für den Vor­wurf der par­tei­po­li­ti­schen Mo­ti­va­ti­on.

4.1.4.3 Die Ver­fol­gung des durch § 91 Abs. 1 ArbGG ge­deck­ten Zwecks ist nicht des­we­gen nur vor­ge­scho­ben, weil die S. nicht in glei­chem Maße wie ge­gen die CZ. auch ge­gen die im DGB or­ga­ni­sier­ten Ge­werk­schaf­ten vor­geht, ob­wohl - wie be­haup­tet - von ih­nen und nicht von den im CG. or­ga­ni­sier­ten Ver­ei­ni­gun­gen die nied­rigs­ten Ta­ri­fent­gel­te ver­ein­bart wer­den. Hin-sicht­lich der DGB - Ge­werk­schaf­ten (V., NGG, IG-BAU, IGBCE IG-Me­tall) be­stand schon des­we­gen kei­ne Ver­an­las­sung für ein Ver­fah­ren nach § 97 Abs. 1 ArbGG, weil ih­re Ta­riffähig­keit nicht ernst­haft in Zwei­fel ge­zo­gen wird.

4.2 Der An­trag der S. ist be­gründet. Die CZ. ist nicht ta­riffähig.

4.2.1 Die Ta­riffähig­keit der CZ. folgt nicht aus § 2 Abs. 3 TVG. Nach die­ser Be­stim­mung können Spit­zen­or­ga­ni­sa­tio­nen selbst Par­tei ei­nes Ta­rif­ver­tra­ges sein. Spit­zen­or­ga­ni­sa­tio­nen im Sin­ne die­ser Be­stim­mung sind gemäß § 2 Abs. 2 TVG Zu­sam­men­schlüsse von Ge­werk­schaf­ten und Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern. Die CZ. ist ein Zu­sam­men­schluss von Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gun­gen. Es kann da­hin­ste­hen, ob es für ih­re Ta­riffähig­keit er­for­der­lich ist, dass al­le in ihr zu­sam­men­ge­schlos­se­nen Ver­ei­ni­gun­gen ta­riffähig sind und ob al­le ta­riffähig sein müssen oder ob die Ta­riffähig­keit von min­des­tens zwei Ver­ei­ni­gun­gen aus­rei­chend ist. Die Ta­riffähig­keit der CZ. schei­tert je­den­falls an ih­rer Sat­zung.

4.2.2 § 2 Abs. 3 TVG setzt vor­aus, dass der Ab­schluss von Ta­rif­verträgen zu den sat-zungs­gemäßen Auf­ga­ben der Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on gehört. Nach § 1 Abs. 1 der der­zeit

 

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gülti­gen Sat­zung vom 8.10.2009 ver­tritt die CZ. die ta­rif­li­chen In­ter­es­sen ih­rer Mit­glieds­ge­werk­schaf­ten als Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on nach § 2 Abs. 3 TVG und schließt für de­ren Mit­glie­der Ta­rif­verträge mit Ar­beit­ge­bern oder Ar­beit­ge­ber­verbänden ab, die oder de­ren Mit­glie­der als Ver­lei­her Drit­ten (Ent­lei­hern) Ar­beit­neh­mer (Leih­ar­beit­neh­mer) zur Ar­beits­leis­tung über­las­sen wol­len. Der Ab­schluss von Ta­rif­verträgen gehört da­mit, wie von § 2 Abs. 3 TVG ge­for­dert, zu ih­ren sat­zungs­gemäßen Auf­ga­ben. Er ist nicht auf die Über­las­sung der Leih­ar­beit­neh­mer be­stimm­ter Be­rufs­grup­pe oder an Un­ter­neh­men be­stimm­ter Wirt­schafts­be­rei­che be­schränkt. Der Zuständig­keits­be­reich ist in­so­weit nicht be­grenzt. Er er­streckt sich auf die Über­las­sung von Ar­beit­neh­mern al­ler Be­rufs­grup­pen an Un­ter­neh­men al­ler denk­ba­ren Wirt­schafts­zwei­ge.

4.2.3 Ei­ne der­art weit­ge­hen­de Zuständig­keit konn­te in der Sat­zung nicht wirk­sam fest­ge­legt wer­den.

4.2.3.1 Je­der Ver­ei­ni­gung steht grundsätz­lich die Aus­ge­stal­tung ih­res Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reichs frei. Ei­ne Ge­werk­schaft kann da­her für sich ent­schei­den, für wel­che Ar­beit­neh­mer und in wel­chen Wirt­schafts­be­rei­chen sie tätig sein will. Dies gehört zu ih­rer ver­eins­recht­li­chen Sat­zungs­au­to­no­mie und der durch Art. 9 Abs. 3 GG ga­ran­tier­ten Betäti­gungs­frei­heit (vgl. BAG Ur­teil vom 27.9.2005 - 1 ABR 41/04 - in AP Nr. 18 zu § 2 TVG). Dar­aus folgt für den vor­lie­gen­den Fall je­doch nicht, dass die Zuständig­keit der CZ. be­lie­big fest­ge­legt wer­den konn­te. Über ih­re Sat­zung be­sch­ließt die Mit­glie­der­ver­samm­lung. Sie be­steht aus Ver­tre­tern der an­ge­schlos­se­nen Ge­werk­schaf­ten (§§ 5 und 8 der Sat­zung vom 8.10.2009 und 5.12.2005). Grund­la­ge für das Han­deln der Ver­tre­ter ist die je­wei­li­ge Sat­zung der von ih­nen ver­tre­te­nen Ver­ei­ni­gung. Mit der Sat­zung gibt sie sich ei­ne ih­ren Zweck und ih­re Auf­ga­ben be­stim­men­de Grund­ord­nung (vgl. Pa­landt, BGB, 69 Auf­la­ge, §§ 25 Rn. 1; PWW/Schöpflin, BGB, 4. Auf­la­ge, §§ 25 Rn. 1). Sie be­grenzt da­mit die Möglich­keit ih­rer Ver­tre­ter, für sie zu han­deln (vgl. Pa­landt, a.a.O., 26 Rn. 6; PWW/Schöpflin, a.a.O., 26 Rn.3). Die Mit­glie­der­ver­samm­lung konn­te da­her den Tätig­keits­be­reich der CZ. nur in Übe­rein­stim­mung mit den Sat­zun­gen der ver­tre­te­nen Ge­werk­schaf­ten fest­le­gen.

4.2.3.2 Zum Zeit­punkt der Sat­zungsände­rung vom 8.10.2009 hat­te die CZ. als Mit­glie­der die CM., DHV und GÖD. Kei­ne von ih­nen hat­te den Ab­schluss von Ta­rif­verträgen im Be­reich der Ar­beit­neh­merüber­las­sung als Auf­ga­be in ih­re Sat­zung auf­ge­nom­men. Das schließt je­doch ei­ne Zuständig­keit in die­sem Be­reich nicht aus. Zu ih­ren sat­zungs­gemäßen Auf­ga­ben gehört die Wahr­neh­mung der Mit­glie­der­in­ter­es­sen durch Ab­schluss von Ta­rif­verträgen. Die Auf­ga­be be­steht un­abhängig da­von, ob die Mit­glie­der in ei­nem Ar-

 

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beits­verhält­nis zum In­ha­ber ih­res Beschäfti­gungs­be­trie­bes ste­hen oder dort als Leih­ar­beit­neh­mer ein­ge­setzt wer­den. Sie wird aber durch die Fest­le­gung auf be­stimm­te Wirt­schafts­zwei­ge bzw. Be­rufs­grup­pen ein­ge­schränkt. Für die CM. ist dies gemäß § 1 Abs. 3 der Sat­zung der Be­reich der me­tall­er­zeu­gen­den und -ver­ar­bei­ten­den In­dus­trie, des Me­tall­hand­werks, der Elek­tro­in­dus­trie und der sons­ti­gen Me­tall­be­trie­be. Für die DHV ist es gemäß § 2 Abs. 1 der Sat­zung der Be­reich der kaufmänni­schen und ver­wand­ten Be­ru­fe. Für die GÖD sind es gemäß § 5 Abs. 1 der Sat­zung der öffent­li­che Dienst so­wie die pri­vat­recht­lich or­ga­ni­sier­ten Dienst­leis­tungs­be­trie­be und Or­ga­ni­sa­tio­nen. Die Zuständig­keit der Ver­ei­ni­gun­gen zur Re­ge­lung der Ar­beits­be­din­gun­gen der Leih­ar­beit­neh­mer ist auf die­se Be­rei­che be­schränkt.

Die DHV könn­te dem­nach Ta­rif­verträge für Leih­ar­beit­neh­mer in kaufmänni­schen und ver­wand­ten Be­ru­fen ab­sch­ließen. Die CM. wäre z.B. dann zuständig, wenn ein Be­trieb der Me­tall­in­dus­trie sich auch als Ver­lei­her betätigt und sei­ne Ar­beit­neh­mer an­de­ren Me-tall­be­trie­ben zur Ar­beits­leis­tung überlässt. Ent­spre­chen­des gilt für die GÖD. Sie ist nicht des­we­gen für die Ar­beit­neh­merüber­las­sung un­ein­ge­schränkt zuständig, weil der Be­reich der pri­vat­recht­lich or­ga­ni­sier­ten Dienst­leis­tungs­be­trie­be und Or­ga­ni­sa­tio­nen in ih­re Sat­zung auf­ge­nom­men wor­den ist. Zwar gehören Z.un­ter­neh­men im wei­ten Sin­ne auch zu dem Be­reich der Dienst­leis­tung. Nach ih­rem Un­ter­neh­mens­zweck und der be­son­de­ren An­for­de­run­gen an die Ar­beits­verhält­nis­se der Leih­ar­beit­neh­mer bil­den sie aber ei­nen ei­ge­nen Wirt­schafts­zweig (vgl. BAG Ur­teil vom 24.3.2004 - 5 AZR 303/03 - in AP Nr. 59 zu § 138 BGB). Dem­ent­spre­chend sind sie auch in ei­ge­nen Verbänden or­ga­ni­siert. Die Zuständig­keit der GÖD für die pri­vat­recht­lich or­ga­ni­sier­ten Dienst­leis­tungs­be­trie­be geht aber nicht so weit, dass sie auch die Ar­beit­neh­merüber­las­sung als ei­ge­nen Wirt­schafts­zweig er­fas­sen würde. Die Auf­lis­tung in § 5 Abs. 1 der Sat­zung zeigt, dass die GÖD ih­re Zuständig­keit von den Beschäftig­ten im öffent­li­chen Dienst aus­ge­hend auf pri­va­te Dienst­leis­tungs­be­trie­be und Or­ga­ni­sa­tio­nen aus­dehnt. Sie will da­mit ih­re Zuständig­keit auch in den Be­rei­chen er­hal­ten, die ursprüng­lich dem öffent­li­chen Dienst zu­ge­ord­net wa­ren oder ihm be­nach­bart sind. Da­zu gehören die Z.un­ter­neh­men nicht.

4.2.3.3 Ei­ne ge­mein­sa­me Zweck­ver­fol­gung der CM., DHV und GÖD auf dem Ge­biet der Ar­beit­neh­merüber­las­sung fin­det ih­re Gren­zen durch den in ih­ren Sat­zun­gen fest­ge­leg­ten Zuständig­keits­be­reich. Die Zuständig­keit der CZ. geht darüber weit hin­aus. Sie schließt zwar nach § 1 Abs. 1 der Sat­zung vom 8.10.2009 Ta­rif­verträge für die Mit­glie­der ih­rer Mit­glieds­ge­werk­schaf­ten. Es er­folgt aber kei­ne Be­schränkung auf de­ren Zuständig­keits-be­reich. Viel­mehr er­folgt der Ab­schluss mit Ar­beit­ge­bern oder Ar­beit­ge­ber­verbänden un-

 

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abhängig da­von, in wel­chem Wirt­schafts­zweig und wel­chem Be­ruf sie die Leih­ar­beit­neh­mer ein­set­zen. Die Zuständig­keit er­fasst auch an­de­re als kaufmänni­sche und ver­wand­te Be­ru­fe und al­le denk­ba­ren Wirt­schafts­zwei­ge. Die Fest­le­gung ei­nes der­art weit­ge­hen­den Auf­ga­ben­be­rei­ches über­schrei­tet die durch die Sat­zun­gen der ein­zel­nen Ver­ei­ni­gun­gen fest­ge­leg­ten Auf­ga­ben­ge­bie­te, so dass die Re­ge­lung über den Ta­rif­ab­schluss in § 1 Abs. 1 der Sat­zung un­wirk­sam ist. Oh­ne wirk­sa­me Re­ge­lung der Auf­ga­ben und der Zuständig­keit kann die CZ. je­doch nicht ta­riffähig sein.

4.2.3.4 Es kann da­hin­ge­stellt blei­ben, ob auf­grund der Un­wirk­sam­keit auf die ent­spre­chen­de Re­ge­lung in der vor­aus­ge­gan­ge­nen Sat­zung zurück­ge­grif­fen wer­den kann. Ein Rück­griff auf die Sat­zung vom 5.12.2005 führt zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis. In ihr sind gem. § 1 die Auf­ga­ben nicht an­ders als in § 1 Abs. 1 der Sat­zung vom 8.10.2009 ge­re­gelt. Sie wur­de eben­falls von den Ver­tre­tern der CM., DHV und GÖD so­wie zu­dem von den Ver­tre­tern der C. und des VDT be­schlos­sen. Die C. ist nach § 1 Abs. 2 ih­rer Sat­zung für Un­ter­neh­men zuständig, die Dienst­leis­tun­gen in den Be­rei­chen Post­ser­vice, Lo­gis­tik und Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­on er­brin­gen. Der VDT ist ei­ne Ver­ei­ni­gung der tech­ni­schen An­ge­stell­ten. Da­mit geht auch die­se Sat­zung hin­sicht­lich der Auf­ga­ben und Zuständig­keit weit über das hin­aus, was die Sat­zun­gen der je­wei­li­gen Mit­glie­der zu­las­sen.

4.2.3.5 Die Sat­zung vom 11.12.2002 soll auf der Mit­glie­der­ver­samm­lung vom 15.1.2003 an­ge­nom­men wor­den sein. Mit­glie­der wa­ren die CM.; DHV, GÖD, der VDT und der Bund der Ho­tel-, Re­stau­rant- und Caféan­ge­stell­ten e.V. (Uni­on G.). Die Auf­ga­be der Ta­rif­ge­mein­schaft be­stand nach Num­mer 3. der Sat­zung dar­in, die ta­rif­li­chen In­ter­es­sen der Mit­glieds­ge­werk­schaf­ten zu ver­tre­ten und für de­ren Mit­glie­der Ta­rif­verträge ab­zu­sch­ließen. Ei­ne wei­te­re Re­ge­lung über Auf­ga­be und Zuständig­keit enthält die Sat­zung nicht. Sie stan­den so­mit in Abhängig­keit zu den je­wei­li­gen Mit­glie­dern, de­ren Ein- und Aus­tritt für sie maßge­bend wäre. Auf­ga­be und Zuständig­keit wären nicht in der Sat­zung fest­ge­legt, son­dern von dem je­wei­li­gen Mit­glie­der­be­stand abhängig, so dass auch die­se Re­ge­lung un­wirk­sam ist. Lei­tet man da­ge­gen aus dem Na­men „Ta­rif­ge­mein­schaft … für Z. und P.“ ih­re Auf­ga­be und Zuständig­keit für den Be­reich der Ar­beit­neh­merüber­las­sung ab, so ge­hen sie auch in die­sem Fall über die ih­rer Mit­glie­der hin­aus, die die Sat­zung be­schlos­sen ha­ben.

4.2.4 Der CZ. fehlt die Ta­riffähig­keit selbst dann, wenn der Ab­schluss von Ta­rif­verträgen als Auf­ga­be in ih­rer Sat­zung for­mal wirk­sam ge­re­gelt wäre. Auch in die­sem Fall steht der Ta­riffähig­keit die un­ein­ge­schränk­te Zuständig­keit im Be­reich der Ar­beit­neh­merüber­las-

 

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sung ent­ge­gen.

4.2.4.1 Die Ta­riffähig­keit gibt den Ver­ei­ni­gun­gen die Möglich­keit, gemäß § 4 TVG Re­ge­lun­gen mit nor­ma­ti­ver Wir­kung für die Ta­rif­un­ter­wor­fe­nen zu ver­ein­ba­ren. Zweck des Norm­set­zungs­rechts ist ei­ne sinn­vol­le Ord­nung des Ar­beits­le­bens, ins­be­son­de­re der Lohn­ge­stal­tung. Sie kann da­her nur den Ver­ei­ni­gun­gen zu­kom­men, die die­se Auf­ga­be erfüllen können (vgl. BVerfG Ur­teil vom 18.11.1954 - 1 BvR 629/52 - in AP Nr. 1 zu Art 9 GG). Die Über­tra­gung des Norm­set­zungs­rechts be­ruht auf der Ann­nah­me, dass Ta­rif­verträge ein größeres Rich­tig­keits­ver­trau­en ge­nießen als der Ar­beits­ver­trag. Die Recht­spre­chung er­kennt ih­nen ei­ne ma­te­ri­el­le Rich­tig­keits­gewähr zu. Auf­grund des Ver­hand­lungs­gleich­ge­wichts der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ist da­von aus­zu­ge­hen, dass die ver­ein­bar­ten ta­rif­li­chen Re­ge­lun­gen den In­ter­es­sen bei­der Sei­ten ge­recht wer­den (vgl. BAG Ur­teil vom 28.3.2006 - 1 ABR 58/04 - in AP Nr. 4 zu § 2 TVG Ta­riffähig­keit). Sie sol­len ei­nen an­ge­mes­se­nen, so­zi­al be­frie­di­gen­den In­ter­es­sens­aus­gleich her­beiführen (vgl. BAG Ur­teil vom 25.11.1986 - 1 ABR 22/85 - a.a.O.). Das setzt vor­aus, dass zwi­schen den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ei­ne Gleich­ge­wich­tig­keit der In­ter­es­sen be­steht. (vgl. BAG Ur­teil vom 15.3.1997 - 1 ABR 16/75 - in AP Nr. 24 zu Art. 9 GG). Um ta­riffähig sein zu können, muss ei­ne Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung da­her über ei­ne so­zia­le Mäch­tig­keit verfügen.

4.2.4.2 Die CZ. ist nicht in der La­ge, ei­nen der­ar­ti­gen In­ter­es­sen­aus­gleich her­bei­zuführen. Im Ge­gen­satz zu ih­rer ei­ge­nen weit ge­fass­ten Zuständig­keit ist sie nur in dem en­ge­ren Zuständig­keits­be­reich ih­rer Mit­glieds­ver­ei­ni­gun­gen or­ga­ni­siert. In dem mit den Ta­rif­verträgen zu er­zie­len­den Aus­gleich kann sie dem­nach nur die In­ter­es­sen ein­brin­gen, wie sie von den Ar­beit­neh­mern des Zuständig­keits­be­reichs ih­rer Mit­glieds­verbände ent­wi­ckelt wer­den. In­ter­es­sen, die durch den Ein­satz von Leih­ar­beit­neh­mer außer­halb kaufmänni­scher Be­ru­fe in an­de­ren Be­rei­chen, wie z. B. dem Bau­ge­wer­be, der che­mi­schen In­dus­trie oder dem Ho­tel- und Gaststätten­ge­wer­be, be­stimmt wer­den, kann sie nicht wahr­neh­men und in die Ta­rif­ver­trags­ver­hand­lun­gen ein­brin­gen, weil sie dort nicht or­ga­ni­siert ist. Die CZ. ist da­mit in dem selbst gewähl­ten Zuständig­keits­be­reich nicht in der La­ge, die Auf­ga­be der Her­beiführung ei­nes an­ge­mes­se­nen, so­zi­al be­frie­di­gen­den In­ter­es­sens­aus­gleichs zu erfüllen. Ihr fehlt aus die­sem Grun­de die so­zia­le Mäch­tig­keit. Die Tat­sa­che, dass sie be­reits ei­ne große An­zahl von Ta­rif­verträgen ab­ge­schlos­sen hat, kann da­her als Be­leg für ih­re Ta­riffähig­keit kei­ne Aus­sa­ge-kraft ha­ben.

4.2.5 Es kann da­hin­ste­hen, ob ei­ne Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on auch nach § 2 Abs. 1 TVG ta­riffähig sein kann. Die Un­wirk­sam­keit der Auf­ga­ben­re­ge­lung in der Sat­zung und die feh­len-

 

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de so­zia­le Mäch­tig­keit ste­hen eben­falls ei­ner Ta­riffähig­keit nach § 2 Abs. 1 TVG ent­ge­gen.

5. Die Be­schwer­de der V. ist zulässig und be­gründet. Sie rich­tet sich da­ge­gen, dass ihr An­trag man­gels An­trags­be­fug­nis als un­zulässig zurück­ge­wie­sen wor­den ist.

5.1 Die Fest­stel­lung der feh­len­den Ta­riffähig­keit ist aus ei­ge­nem Recht be­gehrt wor­den. Die Zurück­wei­sung des An­trags führt zu ei­ner Be­schwer, auch wenn auf­grund des gleich-lau­ten­den An­tra­ges der S. in der Sa­che ei­ne ob­sie­gen­de Ent­schei­dung er­gan­gen ist.

5.2 Die An­trags­be­rech­ti­gung nach § 97 Abs. 1 ArbGG liegt vor. Sie er­for­dert die räum­li­che und sach­li­che Zuständig­keit der Ar­beit­neh­mer­ver­ei­ni­gung. V. ist ei­ne räum­lich und sach­lich zuständi­ge Ver­ei­ni­gung. Ihr ört­li­ches Tätig­keits­feld und ihr fach­li­cher Auf­ga­ben­be­reich ent­spre­chen zu­min­dest teil­wei­se dem der CZ.. Ei­ne nur teil­wei­se Über­schnei­dung ist aus­rei­chend (vgl. BAG Ur­teil vom 10.9.1985 - 1 ABR 32/83 - in AP Nr. 34 zu § 2 TVG). Ent­spre­chend den Ausführun­gen zu 4.2.3.2 ist V. je­den­falls in dem gemäß dem An­hang 1 ih­rer Sat­zung fest­ge­leg­ten Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich für die Ar­beit­neh­merüber­las­sung zuständig. Die­ser Be­reich über­schnei­det sich mit dem der CZ..

5.3 Der An­trag der V. ist nicht rechts­miss­bräuch­lich. Ihr An­lie­gen ist es, si­cher­zu­stel­len, dass in das Ta­rif­ver­trags­sys­tem nicht durch Ver­ei­ni­gun­gen ein­ge­grif­fen wird, de­nen man­gels Ta­riffähig­keit die Norm­set­zungs­be­fug­nis fehlt. Hier­an ändert die po­le­mi­sche For­mu­lie­rung „Schmutz­kon­kur­renz“ nichts.

5.4 Der An­trag ist zu­dem be­gründet, weil die CZ. gemäß den Ausführun­gen un­ter 4.2 nicht ta­riffähig ist. Der an­ge­foch­te­ne Be­schluss war da­her teil­wei­se ab­zuändern.

6. Die Rechts­be­schwer­de ist we­gen der grundsätz­li­chen Be­deu­tung der Sa­che zu­ge­las­sen wor­den.


Rechts­mit­tel­be­leh­rung

 

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Ge­gen die­sen Be­schluss kann von den Be­tei­lig­ten

bei dem Bun­des­ar­beits­ge­richt,

Hu­go-Preuß-Platz 1, 99084 Er­furt,

(Post­adres­se: 99113 Er­furt),

Rechts­be­schwer­de ein­ge­legt wer­den.

Die Rechts­be­schwer­de muss in­ner­halb

ei­ner Not­frist von ei­nem Mo­nat

schrift­lich beim Bun­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­legt wer­den.

Sie ist gleich­zei­tig oder in­ner­halb

ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten

schrift­lich zu be­gründen.

Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­setz­ten Be­schlus-ses, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Die Rechts­be­schwer­de­schrift muss die Be­zeich­nung des Be­schlus­ses, ge­gen den die Rechts­be­schwer­de ge­rich­tet wird, und die Erklärung ent­hal­ten, dass ge­gen die­sen Be­schluss Rechts­be­schwer­de ein­ge­legt wer­de.

Die Rechts­be­schwer­de­schrift und die Rechts­be­schwer­de­be­gründung müssen von ei­nem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten un­ter­zeich­net sein. Als sol­che sind außer Rechts­anwälten nur fol-gen­de Stel­len zu­ge­las­sen, die zu­dem durch Per­so­nen mit Befähi­gung zum Rich­ter­amt han-deln müssen:

• Ge­werk­schaf­ten und Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie Zu­sam­men­schlüsse sol­cher Verbände für ih­re Mit­glie­der oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men-schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der,
• ju­ris­ti­sche Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich im wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tum ei­ner der vor­ge­nann­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen, wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on und ih­rer Mit­glie­der oder

 

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an­de­rer Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de-ren Mit­glie­der ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt, und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.

Der Schrift­form wird auch durch Ein­rei­chung ei­nes elek­tro­ni­schen Do­ku­ments i. S. d. § 46b ArbGG genügt. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den sich auf der In­ter­net­sei­te des Bun­de­sar-beits­ge­richts un­ter www.bun­des­ar­beits­ge­richt.de.
 


P.

K.

M.


 

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