HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

ARBEITSRECHT AKTUELL // 12/214

Ge­halts­rück­zah­lung nach Kün­di­gung und Kün­di­gungs­schutz­pro­zess

Pflicht zur Ge­halts­rück­zah­lung nach ver­lo­re­ner Kün­di­gungs­schutz­kla­ge, wenn Wei­ter­be­schäf­ti­gungs­an­spruch nicht voll­zo­gen wird: Lan­des­ar­beits­ge­richt Köln, Ur­teil vom 18.10.2011, 11 Sa 908/10
Auktionshammer bzw. Gerichtshammer auf Geldscheinen Ge­halts­fort­zah­lung bei Kün­di­gungs­schutz­kla­ge - wie ge­won­nen, so zer­ron­nen?

29.05.2012. Mit ei­ner Kün­di­gungs­schutz­kla­ge möch­te der Ar­beit­neh­mer er­rei­chen, dass das Ar­beits­ge­richt ei­ne vom Ar­beit­ge­ber aus­ge­spro­che­ne Kün­di­gung für un­wirk­sam er­klärt.

Stel­len er bzw. sein An­walt da­bei ei­nen Wei­ter­be­schäf­ti­gungs­an­trag, führt der Er­folg der Kla­ge in der ers­ten In­stanz vor dem Ar­beits­ge­richt da­zu, dass der Ar­beit­neh­mer für die wei­te­re Dau­er des Pro­zes­ses vor­läu­fig wei­ter be­schäf­tigt wer­den muss und da­für sein Ge­halt be­kommt.

Oft ma­chen Ar­beit­neh­mer aber von ih­rem Recht auf Wei­ter­be­schäf­ti­gung, das ih­nen im Ur­teil zu­ge­spro­chen wur­de, kei­nen Ge­brauch, d.h. sie ge­hen nicht zur Ar­beit.

Das wie­der­um hält gut­mü­ti­ge Ar­beit­ge­ber manch­mal nicht da­von ab, das lau­fen­de Ge­halt über den strei­ti­gen End­ter­min hin­aus wei­ter zu be­zah­len.

Ver­liert der Ar­beit­neh­mer dann aber letzt­lich den Kün­di­gungs­schutz­pro­zess, ist der Ge­halts­zah­lung die Grund­la­ge ent­zo­gen. Dann ist der Ar­beit­neh­mer zur Ge­halts­rück­zah­lung ver­pflich­tet: Lan­des­ar­beits­ge­richt Köln, Ur­teil vom 18.10.2011, 11 Sa 908/10.

Ge­halts­fort­zah­lung trotz Kündi­gung - wann ist der Ar­beit­neh­mer zur Rück­zah­lung ver­pflich­tet?

Je­der Ar­beit­neh­mer hat kraft sei­nes Ar­beits­ver­tra­ges das Recht, beschäftigt und be­zahlt zu wer­den. Al­ler­dings ist nach ei­ner Kündi­gung und bei lau­fen­der Kündi­gungs­schutz­kla­ge un­klar, ob das Ar­beits­verhält­nis über­haupt noch be­steht.

Nor­ma­ler­wei­se geht der Ar­beit­ge­ber von der Wirk­sam­keit sei­ner Kündi­gung aus und ver­wei­gert ab der Ver­trags­be­en­di­gung, die sich in­fol­ge der Kündi­gung er­gibt, die wei­te­re Beschäfti­gung und natürlich auch wei­te­re Ge­halts­zah­lun­gen. Stellt sich die Kündi­gung als wirk­sam her­aus, schul­det er dem Ar­beit­neh­mer tatsächlich nichts. Ist die Kündi­gung da­ge­gen un­wirk­sam, ist er in­fol­ge der un­wirk­sa­men Kündi­gung in An­nah­me­ver­zug und muss das Ge­halt nach­zah­len.

Ar­beit­neh­mer können die Fol­gen ei­ner un­wirk­sa­men Kündi­gung be­gren­zen, in­dem sie im Kündi­gungs­schutz­pro­zess be­an­tra­gen, den Ar­beit­ge­ber zur vorläufi­gen Wei­ter­beschäfti­gung zu ver­ur­tei­len. Wenn das Beschäfti­gungs­in­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers schwe­rer wiegt als das Be­en­di­gungs­in­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers, gibt das Ar­beits­ge­richt dem An­trag auf Wei­ter­beschäfti­gung statt. Und war der Kündi­gungs­schutz­an­trag er­folg­reich, über­wiegt auch das Wei­ter­beschäfti­gungs­in­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers.

Ein sol­ches Ur­teil mit Wei­ter­beschäfti­gungs­pflicht soll­te Ar­beit­neh­mer auch tatsächlich nut­zen, d.h. auf wei­te­re Beschäfti­gung be­ste­hen. Denn zahlt der Ar­beit­ge­ber un­ter dem Ein­druck des ar­beits­ge­richt­li­chen Ur­teils den Lohn auch oh­ne Ar­beits­leis­tung wei­ter, ge­winnt aber in der Be­ru­fung dann doch den Pro­zess, kom­men auf den Ar­beit­neh­mer Rück­for­de­run­gen zu.

Oh­ne Ar­beit kei­ne Lohn - auch nicht mit Wei­ter­beschäfti­gungs­an­trag

Im Streit­fall hat­te ein gekündig­ter Ar­beit­neh­mer Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­ho­ben, wo­bei es um ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung ging. Das Ar­beits­ge­richt gab dem Kündi­gungs­schutz­an­trag statt und ver­ur­teil­te den Ar­beit­ge­ber zur Wei­ter­beschäfti­gung. Der Ar­beit­neh­mer er­wzang an­sch­ließend aber sei­ne Wei­ter­beschäfti­gung nicht, d.h. er ging nicht zur Ar­beit, weil der Ar­beit­ge­ber vor­be­halt­los das Ge­halt wei­ter­zahl­te. Das aber for­der­te er zurück, nach­dem das LAG in der Be­ru­fung die Kündi­gungs­schutz­kla­ge ab­wies.

Im Fol­ge­pro­zess klag­te der Ar­beit­ge­ber die Ge­haltsrück­zah­lung ein. Das Ar­beits­ge­richt Bonn (Ur­teil vom 06.10.2010, 3 Ca 1539/09) und das LAG Köln ga­ben ihm Recht. Denn oh­ne Ar­beits­verhält­nis und oh­ne aus­drück­li­che Ver­ein­ba­rung über das Be­hal­tendürfen des wei­ter­ge­zahl­ten Lohns gab es für die Zah­lun­gen kei­ne recht­li­che Grund­la­ge. Der Ar­beit­ge­ber woll­te nicht et­wa un­abhängig vom Aus­gang des Pro­zes­ses zah­len, son­dern nur sei­ne ver­meint­li­che Pflicht zur Zah­lung des An­nah­me­ver­zugs­lohns erfüllen, so die Ge­rich­te. Und weil der Ar­beit­neh­mer nicht ge­ar­bei­tet hat­te, konn­te er das Ge­halt auch nicht als fak­ti­sche Ge­gen­leis­tung für sei­ne Tätig­keit be­hal­ten.

Dem Ar­beit­neh­mer half hier noch nicht ein­mal ei­ne ta­rif­ver­trag­li­che Aus­schluss­klau­sel. Denn der Rück­zah­lungs­an­spruch wur­de hier erst mit der Ent­schei­dung des LAG fällig. Und die ab die­sem Zeit­punkt lau­fen­de Aus­schluss­frist hat­te der Ar­beit­ge­ber ge­wahrt.

Fa­zit: Wer im Kündi­gungs­schutz­pro­zess ei­nen An­trag auf Wei­ter­beschäfti­gung stellt und da­mit vor dem Ar­beits­ge­richt Er­folg hat, soll­te den Wei­ter­beschäfti­gungs­ti­tel auch nut­zen, d.h. sei­ne Beschäfti­gung durch­set­zen, not­falls durch Zwangs­voll­stre­ckung. An­dern­falls dro­hen Ansprüche auf Ge­haltsrück­zah­lung, wenn der Pro­zess letzt­lich doch ver­lo­ren geht.

Nähe­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 28. Februar 2017

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de
Bewertung: 5.0 von 5 Sternen (1 Bewertung)

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 

Für Personaler, betriebliche Arbeitnehmervertretungen und andere Arbeitsrechtsprofis: "Update Arbeitsrecht" bringt Sie regelmäßig auf den neusten Stand der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Informationen zu den Abo-Bedingungen und ein kostenloses Ansichtsexemplar finden Sie hier:

Alle vierzehn Tage alles Wichtige
verständlich / aktuell / praxisnah

HINWEIS: Sämtliche Texte dieser Internetpräsenz mit Ausnahme der Gesetzestexte und Gerichtsentscheidungen sind urheberrechtlich geschützt. Urheber im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Martin Hensche, Lützowstraße 32, 10785 Berlin.

Wörtliche oder sinngemäße Zitate sind nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Urhebers bzw. bei ausdrücklichem Hinweis auf die fremde Urheberschaft (Quellenangabe iSv. § 63 UrhG) rechtlich zulässig. Verstöße hiergegen werden gerichtlich verfolgt.

© 1997 - 2024:
Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Berlin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Lützowstraße 32, 10785 Berlin
Telefon: 030 - 26 39 62 0
Telefax: 030 - 26 39 62 499
E-mail: hensche@hensche.de