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BAG, Ur­teil vom 29.06.2011, 7 AZR 6/10

   
Schlagworte: Befristung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 7 AZR 6/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 29.06.2011
   
Leitsätze: Bei einer Kombination von auflösender Bedingung und zeitlicher Höchstbefristung ist Rechtsfolge der widerspruchslosen Weiterarbeit iSv. §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG über den Bedingungseintritt hinaus nicht die unbefristete Fortdauer des Arbeitsverhältnisses. Die Fiktionswirkung ist nach Sinn und Zweck der §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG auf den nur befristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses beschränkt.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Münster, Urteil vom 12.05.2009, 3 Ca 2237/08
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 29.10.2009, 11 Sa 802/09
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


7 AZR 6/10
11 Sa 802/09
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Hamm

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

29. Ju­ni 2011

UR­TEIL

Schie­ge, Ur­kunds­be­am­ter

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

be­klag­tes, be­ru­fungs­kla­gen­des und re­vi­si­ons­kla­gen­des Land,

pp.

Kläger, Be­ru­fungs­be­klag­ter und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

hat der Sieb­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 29. Ju­ni 2011 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Lin­sen­mai­er, die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ar­beits­ge­richt Gall­ner
 


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und Schmidt so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Schil­ler und Glock für Recht er­kannt:

Auf die Re­vi­si­on des be­klag­ten Lan­des wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hamm vom 29. Ok­to­ber 2009 - 11 Sa 802/09 - auf­ge­ho­ben.

Auf die Be­ru­fung des be­klag­ten Lan­des wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Müns­ter vom 12. Mai 2009 - 3 Ca 2237/08 - ab­geändert.

Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen.

Der Kläger hat die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob ihr letz­ter Ar­beits­ver­trag wirk­sam bis 31. Ja­nu­ar 2009 be­fris­tet wur­de.

Der Kläger war beim be­klag­ten Land in der Zeit vom 3. Sep­tem­ber 2007 bis 31. Ja­nu­ar 2009 auf­grund drei­er be­fris­te­ter Ar­beits­verträge als Lehr­kraft in Teil­zeit beschäftigt. In dem drit­ten, im Ju­ni 2008 ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trag heißt es aus­zugs­wei­se:

㤠1

Herr K wird ab 26.06.2008 als teil­zeit­beschäftig­te Lehr­kraft mit ei­ner durch­schnitt­li­chen re­gelmäßigen wöchent­li­chen Ar­beits­zeit von 20 Pflicht­stun­den be­fris­tet ein­ge­stellt.

Das Ar­beits­verhält­nis ist be­fris­tet für die Dau­er der Er­kran­kung der Lehr­kraft R, längs­tens bis zum 31.01.2009.“

Der Leh­rer R ver­starb am 6. Ju­li 2008. Das be­klag­te Land setz­te das Ar­beits­verhält­nis mit dem Kläger über die­sen Zeit­punkt hin­aus fort.
 


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Der Kläger hat mit der am 6. No­vem­ber 2008 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­reich­ten Kla­ge den Fort­be­stand sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses über den 31. Ja­nu­ar 2009 hin­aus gel­tend ge­macht. Er hat die An­sicht geäußert, durch sei­ne vor­be­halt­lo­se Wei­ter­beschäfti­gung nach dem Tod der Lehr­kraft R sei nach § 15 Abs. 5 Tz­B­fG ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis ent­stan­den. Das Ar­beits­verhält­nis ha­be nicht auf­grund der zum 31. Ja­nu­ar 2009 ver­ein­bar­ten Ka­len­der­be­fris­tung ge­en­det.


Die Par­tei­en schlos­sen nach Zu­stel­lung der Kla­ge drei wei­te­re be­fris­te­te Ar­beits­verträge. Zwei der Verträge wur­den im Ja­nu­ar 2009 ge­schlos­sen, ein wei­te­rer in der Zeit da­nach für das ers­te Schul­halb­jahr 2009/2010.


Der Kläger hat zu­letzt be­an­tragt 


1. fest­zu­stel­len, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis nicht kraft Be­fris­tung mit Ab­lauf des 31. Ja­nu­ar 2009 sein En­de ge­fun­den hat;

2. das be­klag­te Land zu ver­ur­tei­len, ihn über den 31. Ja­nu­ar 2009 hin­aus als Lehr­kraft im An­ge­stell­ten­verhält­nis in dem Um­fang von ei­ner re­gelmäßigen durch­schnitt­li­chen wöchent­li­chen Ar­beits­zeit von 20 Pflicht­stun­den mit Ein­grup­pie­rung in die Ent­gelt­grup­pe 11 TV-L wei­ter­zu­beschäfti­gen.

Das be­klag­te Land hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Es hat ge­meint, Zweck des be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses sei die Ver­tre­tung des er-krank­ten Leh­rers R ge­we­sen. Der Be­fris­tungs­zweck sei mit des­sen Tod nicht er­reicht ge­we­sen. Der Zweck ha­be so lan­ge fort­be­stan­den, bis die va­kan­te Stel­le nach ei­nem zeit­auf­wen­di­gen Aus­wahl­ver­fah­ren mit dem 1. Fe­bru­ar 2009 wie­der dau­er­haft ha­be be­setzt wer­den können. Die Vor­aus­set­zun­gen des § 15 Abs. 5 Tz­B­fG sei­en da­her nicht erfüllt. Selbst wenn die Be­stim­mung an­ge­wandt wer­de, ha­be das Ar­beits­verhält­nis je­den­falls auf­grund der ka­len­dermäßigen Be­fris­tung am 31. Ja­nu­ar 2009 ge­en­det.

Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung des be­klag­ten Lan­des zurück­ge­wie­sen. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt das be­klag­te Land sei­nen Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag wei­ter.
 


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Ent­schei­dungs­gründe


Die Re­vi­si­on des be­klag­ten Lan­des ist er­folg­reich. Die Vor­in­stan­zen ha­ben der Kla­ge zu Un­recht statt­ge­ge­ben. Das durch den Ar­beits­ver­trag von Ju­ni 2008 be­gründe­te Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en en­de­te auf­grund sei­ner zeit­li­chen Höchst­be­fris­tung am 31. Ja­nu­ar 2009. Der Wei­ter­beschäfti­gungs­an­trag fällt nicht zur Ent­schei­dung des Se­nats an.

A. Der Be­fris­tungs­kon­troll­an­trag ist un­be­gründet. Die ver­ein­bar­te Ver­bin­dung von auflösen­der Be­din­gung und ka­len­dermäßiger Höchst­be­fris­tung ist wirk­sam. Sie hält ei­ner Kon­trol­le nach dem Recht der All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen stand. Durch die vor­be­halt­lo­se Fortführung des Ar­beits­verhält­nis­ses über den 6. Ju­li 2008 hin­aus ent­stand we­gen der Zeit­be­fris­tung ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Vor­in­stan­zen nach § 15 Abs. 5 Tz­B­fG kein un­be­fris­te­tes, son­dern nur ein be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis. Das Ar­beits­verhält­nis en­de­te auf­grund der durch den Sach­grund der Ver­tre­tung ge­recht­fer­tig­ten Ka­len­der­be­fris­tung mit dem 31. Ja­nu­ar 2009.


I. Wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­tref­fend er­kannt hat, ist die Kla­ge nicht schon des­halb un­be­gründet, weil die Par­tei­en während der Pro­zess­dau­er wei­te­re be­fris­te­te Ar­beits­verträge schlos­sen. Sie ho­ben das frühe­re bis 31. Ja­nu­ar 2009 be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis da­mit nicht ein­ver­nehm­lich auf. Dar­auf be­ruft sich das be­klag­te Land auch nicht.

II. Die zeit­li­che Höchst­be­fris­tung des im Ju­ni 2008 ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trags gilt nicht be­reits nach § 17 Satz 2 Tz­B­fG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirk­sam. Die Kla­ge konn­te vor dem En­de der ver­ein­bar­ten Ka­len­der­be­fris­tung am 31. Ja­nu­ar 2009 er­ho­ben wer­den. An der ra­schen Klärung der Fra­ge, ob ei­ne Be­fris­tung wirk­sam ist, be­steht in der Re­gel schon vor dem ver­ein­bar­ten Ver­trags­en­de ein recht­li­ches In­ter­es­se der Par­tei­en. Das gilt je­den­falls dann, wenn sich der Ar­beit­ge­ber - wie im Streit­fall - auf die Wirk­sam­keit der Be­fris­tung be­ruft. Die ma­te­ri­ell-recht­li­che Kla­ge­frist des § 17 Satz 1 Tz­B­fG wird da­her nach ständi­ger Recht­spre­chung des Se­nats auch durch die Er­he­bung ei­ner

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Kla­ge vor dem En­de der ver­ein­bar­ten Ver­trags­lauf­zeit ge­wahrt (vgl. nur BAG 23. Ju­ni 2010 - 7 AZR 1021/08 - Rn. 12 mwN, EzA BGB 2002 § 620 Al­ters­gren­ze Nr. 8).


III. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat im Er­geb­nis zu Recht an­ge­nom­men, die Be­fris­tung sei nicht be­reits des­halb un­wirk­sam, weil die Par­tei­en in § 1 Abs. 2 des Ar­beits­ver­trags von Ju­ni 2008 ei­ne Zweck­be­fris­tung und ei­ne zeit­li­che Höchst­be­fris­tung mit­ein­an­der ver­bun­den hätten. Bei der Re­ge­lung in § 1 Abs. 2 Alt. 1 des Ar­beits­ver­trags von Ju­ni 2008 han­delt es sich al­ler­dings nicht um ei­ne Zweck­be­fris­tung iSv. § 3 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2, § 15 Abs. 2 Tz­B­fG, son­dern um ei­ne auflösen­de Be­din­gung iSv. § 21 Tz­B­fG. Die Ver­bin­dung von auflösen­der Be­din­gung und ka­len­dermäßiger Höchst­be­fris­tung iSv. § 3 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1, § 15 Abs. 1 Tz­B­fG ist grundsätz­lich zulässig. Sie hält hier auch ei­ner sog. AGB-Kon­trol­le stand.


1. § 1 Abs. 2 Alt. 1 des Ar­beits­ver­trags von Ju­ni 2008 re­gelt ent­ge­gen der An­sicht des Lan­des­ar­beits­ge­richts zwar kei­ne Zweck­be­fris­tung iSv. § 3 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2, § 15 Abs. 2 Tz­B­fG, son­dern ei­ne auflösen­de Be­din­gung iSv. § 21 Tz­B­fG. Das Be­ru­fungs­ge­richt ist aber im Er­geb­nis rich­tig da­von aus­ge­gan­gen, dass es sich bei der Re­ge­lung in § 1 Abs. 2 des Ar­beits­ver­trags von Ju­ni 2008 um ei­ne zulässi­ge Kom­bi­na­ti­on zwei­er ver­schie­de­ner Be­en­di­gungs­tat­bestände han­delt.


a) Ei­ne Zeit­be­fris­tung ist ver­ein­bart, wenn die Dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses ka­len­dermäßig be­stimmt ist. Ei­ne Zweck­be­fris­tung liegt vor, wenn das Ar­beits­verhält­nis nicht zu ei­nem ka­len­dermäßig be­stimm­ten Zeit­punkt, son­dern bei Ein­tritt ei­nes künf­ti­gen Er­eig­nis­ses en­den soll. Bei ei­ner auflösen­den Be­din­gung hängt die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses eben­falls vom Ein­tritt ei­nes künf­ti­gen Er­eig­nis­ses ab. Zweck­be­fris­tung und auflösen­de Be­din­gung un­ter­schei­den sich in der Fra­ge der Ge­wiss­heit des Ein­tritts des künf­ti­gen Er­eig­nis­ses. Im Fall ei­ner Zweck­be­fris­tung be­trach­ten die Ver­trags­par­tei­en den Ein­tritt des künf­ti­gen Er­eig­nis­ses als fest­ste­hend und nur den Zeit­punkt des Ein­tritts als un­ge­wiss. Bei ei­ner auflösen­den Be­din­gung ist dem­ge­genüber schon un­ge­wiss, ob das künf­ti­ge Er­eig­nis, das zur Be­en­di­gung des Ar­beits­ver-
 


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hält­nis­ses führen soll, über­haupt ein­tre­ten wird. Wor­auf sich die Ver­trags­par­tei­en ge­ei­nigt ha­ben, ist durch Aus­le­gung der ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­run­gen zu er­mit­teln (vgl. BAG 19. Ja­nu­ar 2005 - 7 AZR 250/04 - zu I 1 der Gründe mwN, BA­GE 113, 184).

b) Nach § 1 Abs. 2 des im Ju­ni 2008 ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trags war das Ar­beits­verhält­nis „be­fris­tet für die Dau­er der Er­kran­kung der Lehr­kraft R, längs­tens bis zum 31.01.2009“. Da­mit war der Ar­beits­ver­trag nach dem un­zwei­deu­ti­gen Wort­laut des § 1 Abs. 2 Alt. 1 auflösend be­dingt durch das En­de der Er­kran­kung der Lehr­kraft R und - ent­ge­gen der Auf­fas­sung des be­klag­ten Lan­des - nicht durch das En­de des Ver­tre­tungs­be­darfs. Das En­de der Er­kran­kung war ein künf­ti­ges un­ge­wis­ses Er­eig­nis.

c) Ei­ne sol­che Kom­bi­na­ti­on von auflösen­der Be­din­gung und Zeit­be­fris­tung ist grundsätz­lich zulässig (vgl. zu sog. Dop­pel­be­fris­tun­gen, die aus ei­ner Zweck- und ei­ner Zeit­be­fris­tung zu­sam­men­ge­setzt sind, BAG 22. April 2009 - 7 AZR 768/07 - Rn. 11 und 17; 15. Au­gust 2001 - 7 AZR 263/00 - zu B II 3 b der Gründe, BA­GE 98, 337; mit­tel­bar auch 18. Ju­ni 2008 - 7 AZR 214/07 - Rn. 15, AP Tz­B­fG § 14 Nr. 50 = EzA Tz­B­fG § 14 Nr. 50; 13. Ju­ni 2007 - 7 AZR 700/06 - Rn. 28, BA­GE 123, 109; vor ei­ner „Dop­pel­be­fris­tung“ we­gen mögli­cher Rechts­fol­gen aus § 15 Abs. 5, § 22 Abs. 1 Tz­B­fG war­nend ErfK/Müller-Glöge 11. Aufl. § 3 Tz­B­fG Rn. 13 mwN). Die Wirk­sam­keit der auflösen­den Be­din­gung und der zeit­li­chen Höchst­be­fris­tung sind recht­lich ge­trennt zu be­ur­tei­len (vgl. BAG 15. Au­gust 2001 - 7 AZR 263/00 - aaO mwN).

2. Die in § 1 Abs. 2 des Ar­beits­ver­trags von Ju­ni 2008 ent­hal­te­ne zu­sam­men­ge­setz­te Ab­re­de aus auflösen­der Be­din­gung und ka­len­dermäßiger Höchst­be­fris­tung hält ei­ner Kon­trol­le nach dem Recht der All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen stand. Da­bei kann die Fra­ge der Rechts­na­tur des Ver­trags letzt­end­lich of­fen­blei­ben. Selbst wenn es sich um All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB han­deln soll­te, die das be­klag­te Land dem Kläger ge­stellt hat, ist die Un­klar­hei­ten­re­gel des § 305c Abs. 2 BGB nicht an­zu­wen­den. Die Ab­re­de in § 1 Abs. 2 des Ar­beits­ver­trags genügt auch den An­for­de­run­gen des Trans­pa­renz­ge­bots in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
 


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a) Die Un­klar­hei­ten­re­gel des § 305c Abs. 2 BGB ist hier nicht an­zu­wen­den.

aa) Bleibt bei der Aus­le­gung ei­ner All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gung nach Ausschöpfung der Aus­le­gungs­me­tho­den ein nicht be­heb­ba­rer Zwei­fel, geht er nach § 305c Abs. 2 BGB zu­las­ten des Ver­wen­ders. Die An­wen­dung der Un­klar­hei­ten­re­gel setzt vor­aus, dass die Aus­le­gung min­des­tens zwei Er­geb­nis­se als ver­tret­bar er­schei­nen lässt und kei­nes den kla­ren Vor­zug ver­dient. Es müssen „er­heb­li­che Zwei­fel“ an der rich­ti­gen Aus­le­gung be­ste­hen. Die ent­fern­te Möglich­keit, zu ei­nem an­de­ren Er­geb­nis zu kom­men, genügt für die An­wen­dung der Be­stim­mung nicht. Der Ar­beit­ge­ber, der die All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen ver­wen­det, muss bei Un­klar­hei­ten die ihm am we­nigs­ten güns­ti­ge Aus­le­gungsmöglich­keit ge­gen sich gel­ten las­sen (BAG 9. Fe­bru­ar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 42 mwN, EzA-SD 2011 Nr. 14 11 - 14).

bb) Die Vor­aus­set­zung zu­min­dest zwei­er gleich­ran­gi­ger Aus­le­gungs­er­geb­nis­se ist nicht erfüllt. Die Re­ge­lung in § 1 Abs. 2 des Ar­beits­ver­trags von Ju­ni 2008 lässt nach ge­bo­te­ner Aus­le­gung (§§ 133, 157 BGB) un­ter Be­ach­tung ei­nes ob­jek­tiv-ge­ne­ra­li­sie­ren­den Maßstabs hin­rei­chend klar er­ken­nen, dass der Ar­beits­ver­trag nach § 1 Abs. 2 Alt. 1 auflösend be­dingt wer­den soll­te für die Dau­er der Er­kran­kung des Leh­rers R. Un­abhängig da­von soll­te das Ar­beits­verhält­nis spätes­tens am 31. Ja­nu­ar 2009 en­den.

b) Die - un­ter­stell­te - All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung in § 1 Abs. 2 des Ar­beits­ver­trags von Ju­ni 2008 ver­letzt das Trans­pa­renz­ge­bot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht.

aa) Ei­ne Klau­sel verstößt nicht schon dann ge­gen das Trans­pa­renz­ge­bot, wenn der Ar­beit­neh­mer kei­ne oder nur ei­ne er­schwer­te Möglich­keit hat, die be­tref­fen­de Re­ge­lung zu ver­ste­hen. Sinn des Trans­pa­renz­ge­bots ist es, der Ge­fahr vor­zu­beu­gen, dass der Ar­beit­neh­mer von der Durch­set­zung be­ste­hen­der Rech­te ab­ge­hal­ten wird. Erst in der Ge­fahr, dass der Ar­beit­neh­mer we­gen un­klar ab­ge­fass­ter All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen sei­ne Rech­te nicht
 


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wahr­nimmt, liegt ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung iSv. § 307 Abs. 1 BGB (BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 96 mwN, BA­GE 130, 119).


bb) Die Kom­bi­na­ti­on ei­ner auflösen­den Be­din­gung oder ei­ner Zweck­be­fris­tung mit ei­ner zeit­li­chen Höchst­be­fris­tung ist nicht in­trans­pa­rent. Ei­ne sol­che Ver­bin­dung ent­spricht ei­ner gebräuch­li­chen Re­ge­lungs­tech­nik beim Ab­schluss be­fris­te­ter oder be­ding­ter Ar­beits­verträge. Der Ar­beit­neh­mer kann er­ken­nen, dass die Wirk­sam­keit der bei­den Be­en­di­gungs­tat­bestände recht­lich ge­trennt zu be­ur­tei­len und an­zu­grei­fen ist.


IV. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat je­doch zu Un­recht an­ge­nom­men, zwi­schen den Par­tei­en sei nach §§ 21, 15 Abs. 5 Tz­B­fG durch die wi­der­spruchs­lo­se Wei­ter­ar­beit des Klägers nach dem Tod des Leh­rers R ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis zu­stan­de ge­kom­men. Es kann da­hin­ste­hen, ob die Vor­aus­set­zun­gen des § 15 Abs. 5 Tz­B­fG über­haupt erfüllt sind. Das Ar­beits­verhält­nis en­de­te je­den­falls auf­grund der zeit­li­chen Höchst­be­fris­tung am 31. Ja­nu­ar 2009. Die Ka­len­der­be­fris­tung ist wirk­sam.

1. Nach §§ 21, 15 Abs. 5 Tz­B­fG gilt ein auflösend be­ding­tes Ar­beits­verhält­nis als auf un­be­stimm­te Zeit verlängert, wenn es nach Ein­tritt der Be­din­gung mit Wis­sen des Ar­beit­ge­bers fort­ge­setzt wird und der Ar­beit­ge­ber nicht un­verzüglich wi­der­spricht oder dem Ar­beit­neh­mer nicht un­verzüglich den Be­din­gungs­ein­tritt mit­teilt. Rechts­fol­ge der §§ 21, 15 Abs. 5 Tz­B­fG ist in ei­ner sol­chen Ver­trags­ge­stal­tung nicht die un­be­fris­te­te Fort­dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses. Die Fik­ti­ons­wir­kung ist viel­mehr auf den nur be­fris­te­ten Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses be­schränkt.


a) Der Se­nat kann zu­guns­ten des Klägers un­ter­stel­len, dass durch sei­ne mit Wis­sen und Wol­len des be­klag­ten Lan­des er­folg­te Wei­ter­ar­beit al­le Vor­aus­set­zun­gen der §§ 21, 15 Abs. 5 Tz­B­fG erfüllt wa­ren. Die in § 1 Abs. 2 Alt. 1 des Ar­beits­ver­trags von Ju­ni 2008 ver­ein­bar­te auflösen­de Be­din­gung war ent­ge­gen der An­sicht des be­klag­ten Lan­des mit dem Tod der Lehr­kraft R am 6. Ju­li 2008 ein­ge­tre­ten. Der Kläger wur­de auch oh­ne Wi­der­spruch wei­ter­beschäftigt. Zwei­fel­haft könn­te je­doch sein, ob der un­ter­blie­be­ne Wi­der­spruch des­we­gen


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un­ge­eig­net war, die Rechts­fol­ge des § 15 Abs. 5 Tz­B­fG aus­zulösen, weil das be­klag­te Land in Ver­ken­nung der Rechts­la­ge den Ein­tritt der Be­din­gung nicht er­kannt hat­te. Wie ei­ne sol­che Fall­ge­stal­tung - auch un­abhängig von der Son­der­si­tua­ti­on der sog. Dop­pel­be­fris­tung - recht­lich zu be­ur­tei­len ist, ist noch nicht geklärt.


b) Die Fra­ge kann auf sich be­ru­hen, weil die Fik­ti­ons­wir­kung der §§ 21, 15 Abs. 5 Tz­B­fG im Fall ei­ner Kom­bi­na­ti­on von auflösen­der Be­din­gung und zeit­li­cher Höchst­be­fris­tung auf den nur be­fris­te­ten Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses be­schränkt ist. Der zeit­li­chen Höchst­be­fris­tung bis 31. Ja­nu­ar 2009 kommt für die Rechts­fol­ge sog. Auf­fang­wir­kung zu.

aa) Für ei­ne sol­che Auf­fang­wir­kung spricht sich in Fällen der Dop­pel­be­fris­tung ein großer Teil des Schrift­tums mit un­ter­schied­li­chen dog­ma­ti­schen Ansätzen aus. Ent­we­der wird die An­wend­bar­keit des § 15 Abs. 5 Tz­B­fG oder die Erfüllung der Vor­aus­set­zun­gen der Norm oder der Ein­tritt ih­rer Rechts­fol­ge ver­neint.

(1) Zum Teil wird an­ge­nom­men, aus dem Zweck des § 15 Abs. 5 Tz­B­fG er­ge­be sich, dass die Re­ge­lung im Fall ei­ner wirk­sam ver­ein­bar­ten Dop­pel­be­fris­tung für die Wei­ter­beschäfti­gung über den ers­ten Be­en­di­gungs­zeit­punkt hin­aus bis zum Ein­tritt des zwei­ten Be­en­di­gungs­tat­be­stands nicht an­zu­wen­den sei. Die Fik­ti­on des - an­ders als § 625 BGB - nach § 22 Abs. 1 Tz­B­fG un­ab­ding­ba­ren § 15 Abs. 5 Tz­B­fG kann da­nach erst bei ei­ner Wei­ter­beschäfti­gung über den zwei­ten Be­en­di­gungs­zeit­punkt hin­aus ein­tre­ten (vgl. Ar­nold/Gräfl/Gräfl Tz­B­fG 2. Aufl. § 3 Tz­B­fG Rn. 20; ähn­lich An­nuß/Thüsing/An­nuß Tz­B­fG 2. Aufl. § 3 Rn. 5; Ha­Ko/Mest­werdt 3. Aufl. § 15 Tz­B­fG Rn. 24 f.). In der wirk­sam ver­ein­bar­ten ka­len­dermäßigen Be­fris­tung liegt nach die­ser An­sicht kei­ne Ver­ein­ba­rung, die § 15 Abs. 5 Tz­B­fG ab­be­dingt. Die Ver­trags­par­tei­en sol­len in die­sem Fall nicht die Rechts­fol­ge des § 15 Abs. 5 Tz­B­fG aus­ge­schlos­sen, son­dern ei­ne wirk­sa­me Be­en­di­gungs­ver­ein­ba­rung ge­trof­fen ha­ben (vgl. Ar­nold/Gräfl/Ar­nold § 15 Tz­B­fG Rn. 93 mwN). § 22 Abs. 1 Tz­B­fG ver­bie­tet da­nach nicht, ei­ne Ver­ein­ba­rung zu tref­fen, wo­nach sich der Ar­beit­ge­ber auch bei Wei­ter­beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers nach Zweck­er­rei­chung auf die Höchst-

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be­fris­tung be­ru­fen kann (vgl. Dörner Der be­fris­te­te Ar­beits­ver­trag 2. Aufl. Rn. 56). Die Wirk­sam­keit der Höchst­be­fris­tung als ei­ner selbständi­gen Rechts­grund­la­ge soll nur an de­ren Vor­aus­set­zun­gen zu über­prüfen sein. Wird das Ar­beits­verhält­nis nach Zweck­er­rei­chung (oder Be­din­gungs­ein­tritt) fort­geführt, ändert sich nach die­ser Mei­nung sei­ne Rechts­grund­la­ge. Es soll nun als zeit­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis fort­geführt wer­den, oh­ne dass der Tat­be­stand des § 15 Abs. 5 Tz­B­fG erfüllt ist (vgl. Schlach­ter in Laux/Schlach­ter Tz­B­fG 2. Aufl. § 15 Tz­B­fG Rn. 26).


(2) Ein an­de­rer Teil der Li­te­ra­tur nimmt an, in der Ver­ein­ba­rung der später ein­grei­fen­den Zeit­be­fris­tung sei ein vor­weg­ge­nom­me­ner Wi­der­spruch des Ar­beit­ge­bers zu se­hen, der den Über­gang in ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis ver­hin­de­re. Dem Ar­beit­neh­mer soll da­nach trotz der Wei­ter­beschäfti­gung be­kannt sein, dass der Ar­beit­ge­ber ihn nicht un­be­fris­tet wei­ter­beschäfti­gen will (vgl. Sie­vers Tz­B­fG 3. Aufl. § 3 Tz­B­fG Rn. 22). Der Wi­der­spruch kann nach die­ser An­sicht durch schlüssi­ges Ver­hal­ten und zeit­lich vor dem Er­rei­chen des Zwecks (oder dem Be­din­gungs­ein­tritt) er­ho­ben wer­den (vgl. KR/Lip­ke 9. Aufl. § 21 BEEG Rn. 17e, der § 15 Abs. 5 Tz­B­fG zu­gleich te­leo­lo­gisch re­du­zie­ren will).


(3) Ein drit­ter Teil des Schrift­tums, das die Ent­ste­hung ei­nes un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses ab­lehnt, will § 15 Abs. 5 Tz­B­fG te­leo­lo­gisch re­du­zie­ren und das En­de der Erst­be­fris­tung in Fällen wirk­sam ver­ein­bar­ter Dop­pel­be­fris­tun­gen nicht er­fasst wis­sen (vgl. KR/Ba­der § 3 Tz­B­fG Rn. 48).


bb) Ver­schie­de­ne Au­to­ren befürwor­ten da­ge­gen die un­ein­ge­schränk­te An­wen­dung von § 15 Abs. 5 Tz­B­fG auch in Fällen der ka­len­dermäßigen Höchst­be­fris­tung. Die in § 22 Abs. 1 Tz­B­fG nor­mier­te Un­ab­ding­bar­keit soll ei­ner Ver­ein­ba­rung ent­ge­gen­ste­hen, die die ge­genüber § 625 BGB spe­zi­el­le­re ein­sei­tig zwin­gen­de Vor­schrift des § 15 Abs. 5 Tz­B­fG zum Nach­teil des Ar­beit­neh­mers ab­be­dingt. Für ei­ne te­leo­lo­gi­sche Re­duk­ti­on er­kennt die­se Auf­fas­sung im Ge­setz kei­nen An­halts­punkt (vgl. Hk-Tz­B­fG/Jous­sen 2. Aufl. § 15 Rn. 95). Ein Aus­schluss der Fik­ti­on des § 15 Abs. 5 Tz­B­fG schon im Ur­sprungs­ver­trag soll da­her nicht möglich sein (vgl. APS/Back­haus 3. Aufl. § 3 Tz­B­fG Rn. 30 und


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§ 15 Tz­B­fG Rn. 89 bis 91; KR/Fi­scher­mei­er § 625 BGB Rn. 11a; ErfK/Müller-Glöge § 3 Tz­B­fG Rn. 13 und § 15 Tz­B­fG Rn. 31).

cc) Die bes­se­ren Gründe spre­chen dafür, § 15 Abs. 5 Tz­B­fG auch in Fällen ei­ner Dop­pel­be­fris­tung oder ei­ner Kom­bi­na­ti­on von auflösen­der Be­din­gung und zeit­li­cher Höchst­be­fris­tung an­zu­wen­den, ei­nen vor­weg­ge­nom­me­nen Wi­der­spruch ab­zu­leh­nen, die Rechts­fol­ge der Re­ge­lung aber auf ei­nen nur be­fris­te­ten Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses für die Dau­er der zeit­li­chen Höchst­be­fris­tung zu be­schränken.


(1) § 15 Abs. 5 Tz­B­fG ist in Fällen von Dop­pel­be­fris­tun­gen oder auflösen­den Be­din­gun­gen, die mit ei­ner zeit­li­chen Höchst­be­fris­tung ver­bun­den sind, an­zu­wen­den, wenn der Ar­beit­ge­ber den Ar­beit­neh­mer wi­der­spruchs­los über die zeit­lich früher ein­tre­ten­de Zweck­er­rei­chung oder den Ein­tritt der auflösen­den Be­din­gung hin­aus wei­ter­beschäftigt. Der Wort­laut des § 15 Abs. 5 Tz­B­fG enthält kei­ner­lei Ein­schränkung für Fälle der Dop­pel­be­fris­tung oder der Kom­bi­na­ti­on von auflösen­der Be­din­gung und Ka­len­der­be­fris­tung. Er bin­det den Ein­tritt der Fik­ti­on ei­nes Dau­er­ar­beits­verhält­nis­ses bei Zweck­be­fris­tun­gen viel­mehr aus­nahms­los an die vor­be­halt­lo­se Fortführung des Ar­beits­verhält­nis­ses nach Zweck­er­rei­chung. Auch Sinn und Zweck des § 15 Abs. 5 Tz­B­fG recht­fer­ti­gen es nicht, die Be­stim­mung in ei­nem sol­chen Fall völlig un­an­ge­wen­det zu las­sen. Die Re­ge­lung be­ruht auf der Erwägung, die Fort­set­zung der Ar­beits­leis­tung durch den Ar­beit­neh­mer mit Wis­sen des Ar­beit­ge­bers sei im Re­gel­fall der Aus­druck ei­nes still­schwei­gen­den Wil­lens der Par­tei­en zur Verlänge­rung des Ar­beits­verhält­nis­ses (vgl. BAG 11. Ju­li 2007 - 7 AZR 197/06 - Rn. 25 mwN). Zu­gleich wird dem Ar­beit­ge­ber der späte­re Ein­wand ab­ge­schnit­ten, das Ar­beits­verhält­nis ha­be trotz Wei­ter­ar­beit des Ar­beit­neh­mers be­reits zu ei­nem frühe­ren Zeit­punkt ge­en­det. Die­ses Re­ge­lungs­ziel entfällt nicht, wenn die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en zusätz­lich zu ei­ner Zweck­be­fris­tung oder auflösen­den Be­din­gung ei­ne ka­len­dermäßige Be­fris­tung ver­ein­bart ha­ben.


(2) Der Ver­ein­ba­rung ei­ner Zeit­be­fris­tung ne­ben der auflösen­den Be­din­gung kann kein vor­weg­ge­nom­me­ner Wi­der­spruch ent­nom­men wer­den. Ein Wi­der­spruch iSv. § 15 Abs. 5 Tz­B­fG kann als rechts­geschäft­li­che emp­fangs­be-

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dürf­ti­ge Wil­lens­erklärung be­reits kurz vor Zweck­er­rei­chung oder Be­din­gungs­ein­tritt aus­drück­lich oder durch schlüssi­ges Ver­hal­ten er­ho­ben wer­den (vgl. BAG 11. Ju­li 2007 - 7 AZR 501/06 - Rn. 25 und 27, AP HRG § 57a Nr. 12 = EzA Tz­B­fG § 15 Nr. 2; 5. Mai 2004 - 7 AZR 629/03 - zu II der Gründe, BA­GE 110, 295). Das gilt je­den­falls dann, wenn der Ar­beit­neh­mer mit ei­nem Wunsch nach Verlänge­rung oder „Ent­fris­tung“ des Ar­beits­verhält­nis­ses an den Ar­beit­ge­ber her­an­tritt und der Ar­beit­ge­ber der Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses im Zu­sam­men­hang da­mit wi­der­spricht (vgl. BAG 11. Ju­li 2007 - 7 AZR 501/06 - Rn. 27, aaO). Ein schon im ursprüng­li­chen Ar­beits­ver­trag aus­ge­drück­ter Wi­der­spruch lie­fe aber der ein­sei­tig zwin­gen­den Wir­kung des § 22 Abs. 1 Tz­B­fG zu­wi­der. Die in § 15 Abs. 5 Tz­B­fG an­ge­ord­ne­te Rechts­fol­ge des Ein­tritts der Fik­ti­on würde vollständig ab­be­dun­gen. Auf die durch Wei­ter­ar­beit ein­tre­ten­de Rechts­fol­ge kann nicht von vorn­her­ein völlig ver­zich­tet wer­den (vgl. Dörner Rn. 748). Um ei­ne Um­ge­hung von § 22 Abs. 1 Tz­B­fG aus­zu­sch­ließen, ist ein zeit­li­cher Zu­sam­men­hang mit dem ver­ein­bar­ten En­de der Ver­trags­lauf­zeit er­for­der­lich (vgl. APS/Back­haus § 15 Tz­B­fG Rn. 69; Sie­vers § 15 Tz­B­fG Rn. 51).


(3) Die Rechts­fol­ge des § 15 Abs. 5 Tz­B­fG ist bei Dop­pel­be­fris­tun­gen oder- iVm. § 21 Tz­B­fG - bei auflösen­den Be­din­gun­gen, die mit Zeit­be­fris­tun­gen kom­bi­niert sind, je­doch auf ei­nen nur be­fris­te­ten Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses für die Dau­er der Ka­len­der­be­fris­tung be­schränkt. Dem ste­hen we­der der im Wort­laut des § 15 Abs. 5 Tz­B­fG aus­ge­drück­te ein­heit­li­che Cha­rak­ter des Ar­beits­verhält­nis­ses noch die nach § 22 Abs. 1 Tz­B­fG zu­guns­ten des Ar­beit­neh­mers ein­sei­tig zwin­gen­de Wir­kung des § 15 Abs. 5 Tz­B­fG ent­ge­gen. § 15 Abs. 5 Tz­B­fG ist ein Tat­be­stand schlüssi­gen Ver­hal­tens kraft ge­setz­li­cher Fik­ti­on. Die Re­ge­lung be­ruht auf der Erwägung, die Fort­set­zung der Ar­beits­leis­tung durch den Ar­beit­neh­mer mit Wis­sen des Ar­beit­ge­bers sei im Re­gel­fall Aus­druck ei­nes kon­klu­den­ten Wil­lens der Par­tei­en zur Verlänge­rung des Ar­beits­verhält­nis­ses (vgl. BAG 11. Ju­li 2007 - 7 AZR 197/06 - Rn. 25). § 15 Abs. 5 Tz­B­fG soll dem Ar­beit­ge­ber die Möglich­keit neh­men, sich bei sog. Wei­ter­ar­beit nach dem von der Zweck­be­fris­tung oder der auflösen­den Be­din­gung vor­ge­se­he­nen Ver­trags­en­de auf die­sen ers­ten mögli­chen Be­en­di­gungs-

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tat­be­stand zu be­ru­fen. Der kon­klu­dent aus­ge­drück­te übe­rein­stim­men­de Par­tei­wil­le ist da­ge­gen nicht auf ei­ne un­be­fris­te­te Fortführung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­rich­tet, son­dern auf sei­nen nur be­fris­te­ten Fort­be­stand. Die Fik­ti­on ei­nes un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses gin­ge über den mit der wi­der­spruchs­lo­sen Wei­ter­ar­beit kon­klu­dent erklärten Wil­len der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en hin­aus. Die­ser Wil­le geht ty­pi­scher­wei­se nicht da­hin, un­abhängig von der bis­he­ri­gen Ver­ein­ba­rung ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis zu be­gründen. Das bis­he­ri­ge Ar­beits­verhält­nis soll viel­mehr über den ers­ten Be­en­di­gungs­ter­min hin­aus zu im Übri­gen un­veränder­ten Be­din­gun­gen fort­ge­setzt wer­den. Die Ein­schränkung der Fik­ti­ons­wir­kung des § 15 Abs. 5 Tz­B­fG durch kon­kre­ti­sie­ren­de Rechts­fort­bil­dung ent­spricht des­halb dem Sinn und Zweck der Norm, der sonst nicht er­reicht wer­den könn­te (zu den Vor­aus­set­zun­gen ei­ner te­leo­lo­gi­schen Re­duk­ti­on zB BAG 7. Ok­to­ber 2004 - 2 AZR 81/04 - zu II 4 der Gründe mwN, BA­GE 112, 148).

2. Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en en­de­te auf­grund des Ar­beits­ver­trags von Ju­ni 2008 am 31. Ja­nu­ar 2009. Die zeit­li­che Höchst­be­fris­tung ist wirk­sam. Sie ist durch den sach­li­chen Grund der Ver­tre­tung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Tz­B­fG ge­recht­fer­tigt.

a) Die be­fris­te­te Ein­stel­lung ei­nes Ar­beit­neh­mers zur Wahr­neh­mung der Ar­beits­auf­ga­ben ei­nes we­gen Krank­heit zeit­wei­lig aus­fal­len­den Ar­beit­neh­mers ist re­gelmäßig durch den Sach­grund der Ver­tre­tung ge­recht­fer­tigt. Der sach­li­che Grund für die Be­fris­tung liegt in die­sen Fällen dar­in, dass der Ar­beit­ge­ber be­reits zu dem vorüber­ge­hend aus­fal­len­den Ar­beit­neh­mer in ei­nem Ar­beits­verhält­nis steht und mit des­sen Rück­kehr rech­nen muss. Des­we­gen be­steht für die Ver­rich­tung der Tätig­kei­ten, die sonst von dem ar­beits­unfähi­gen Ar­beit­neh­mer ver­se­hen würden, von vorn­her­ein nur ein zeit­lich be­grenz­tes Bedürf­nis. Teil des Sach­grun­des der Ver­tre­tung ist da­mit ei­ne Pro­gno­se des Ar­beit­ge­bers über den vor­aus­sicht­li­chen Weg­fall des Ver­tre­tungs­be­darfs bei Rück­kehr des zu ver­tre­ten­den Ar­beit­neh­mers. Die­se Pro­gno­se ist in Ver­tre­tungsfällen re­gelmäßig ge­recht­fer­tigt. Nur wenn der Ar­beit­ge­ber im Aus­nah­me­fall er­heb­li­che Zwei­fel dar­an ha­ben muss, dass die zu ver­tre­ten­de Stamm­kraft an ih­ren Ar­beits­platz
 


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zurück­keh­ren wird, kann dies dafür spre­chen, dass der Sach­grund der Ver­tre­tung nur vor­ge­scho­ben ist (vgl. BAG 4. Ju­ni 2003 - 7 AZR 523/02 - zu 1 a der Gründe mwN, AP BGB § 620 Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag Nr. 252 = EzA BGB 2002 § 620 Nr. 4).

b) Nach die­sen Grundsätzen be­steht hier der Sach­grund der Ver­tre­tung. Die krank­heits­be­ding­te Ab­we­sen­heit des Leh­rers R bei Ver­trags­schluss im Ju­ni 2008 ist bin­dend fest­ge­stellt. Der Kläger hat sich nicht dar­auf be­ru­fen, das be­klag­te Land ha­be auf­grund ihm vor­lie­gen­der In­for­ma­tio­nen da­mit rech­nen müssen, dass die ver­tre­te­ne Lehr­kraft nicht mehr an ih­ren Ar­beits­platz zurück­keh­ren wer­de. Die Zeit­be­fris­tung ist ent­ge­gen der An­sicht des Lan­des­ar­beits­ge­richts auch nicht des­halb un­wirk­sam, weil der Leh­rer R am 6. Ju­li 2008 ver­starb. Fällt der bei Ver­trags­schluss ge­ge­be­ne Sach­grund für die Be­fris­tung später weg, ent­steht kein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis. Die Wirk­sam­keit der Be­fris­tung hängt al­lein da­von ab, ob der sach­li­che Grund bei Ver­trags­schluss be­stand (vgl. BAG 4. Ju­ni 2003 - 7 AZR 523/02 - zu 1 c der Gründe mwN, AP BGB § 620 Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag Nr. 252 = EzA BGB 2002 § 620 Nr. 4). Das Be­fris­tungs­kon­troll­recht ist Ver­trags­kon­trol­le. Es kann nur die bei Ver­trags­schluss ge­ge­be­nen Umstände berück­sich­ti­gen (vgl. Dörner Rn. 156).


c) Die vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zi­tier­te Se­nats­ent­schei­dung vom 5. Ju­ni 2002 führt zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis (- 7 AZR 201/01 - zu 2 b der Gründe, BA­GE 101, 257; sie­he auch schon 24. Sep­tem­ber 1997 - 7 AZR 669/96 - zu II 4 der Gründe, AP BGB § 620 Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag Nr. 192 = EzA BGB § 620 Nr. 147). Der Sach­ver­halt der vom Be­ru­fungs­ge­richt her­an­ge­zo­ge­nen Ent­schei­dung weicht vom Streit­fall ab. Der Ar­beits­ver­trag sah in dem zi­tier­ten Ur­teil zwar ei­ne Be­fris­tung „für die Zeit“ vor, „in der Frau ... we­gen Er­kran­kung ausfällt, bzw. bis zu de­ren Aus­schei­den aus dem Dienst“. Der Ar­beit­ge­ber be­rief sich je­doch nicht un­ter dem Ge­sichts­punkt der Er­kran­kung der Ver­tre­te­nen auf den Sach­grund der Ver­tre­tung, son­dern un­ter dem As­pekt des Aus­schei­dens der Ver­tre­te­nen. Der Sach­grund der Ver­tre­tung recht­fer­tigt nicht die Ver­ein­ba­rung der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses mit dem Ver­tre­ter beim Aus­schei­den des Ver­tre­te­nen aus dem Dienst. Durch das Aus­schei­den al­lein wird
 


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der Be­darf des Ar­beit­ge­bers an der Ver­rich­tung der früher vom Ver­tre­te­nen und jetzt vom Ver­tre­ter aus­zuüben­den Tätig­keit nicht zeit­lich be­grenzt (vgl. BAG 5. Ju­ni 2002 - 7 AZR 201/01 - aaO; 24. Sep­tem­ber 1997 - 7 AZR 669/96 - aaO).

d) Auf die vom be­klag­ten Land ge­gen die Würdi­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts er­ho­be­ne Aufklärungsrüge kommt es we­gen der sach­li­chen Recht­fer­ti­gung der Zeit­be­fris­tung nicht an.


B. Der auf vorläufi­ge Wei­ter­beschäfti­gung ge­rich­te­te Kla­ge­an­trag zu 2. fällt nicht zur Ent­schei­dung des Se­nats an (vgl. nur BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 27, AP Tz­B­fG § 14 Nr. 72 = EzA Tz­B­fG § 14 Nr. 65).

C. Der Kläger hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen.

Lin­sen­mai­er 

Schmidt 

Gall­ner

R. Schil­ler 

Glock

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