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Hes­si­sches LAG, Be­schluss vom 03.03.2011, 9 TaBV 168/10

   
Schlagworte: Kündigung, Betriebsrat, Betriebsvereinbarung
   
Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 9 TaBV 168/10
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 03.03.2011
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Darmstadt, Urteil vom 23.09.2011, 9 BV 7/10
   

Hes­si­sches Lan­des­ar­beits­ge­richt

 

Verkündet am:

07. Ju­li 2011

Ak­ten­zei­chen: 9 TaBV 168/10
(Ar­beits­ge­richt Darm­stadt: 9 BV 7/10)

gez.
Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

Im Na­men des Vol­kes

Schluss-Be­schluss

In dem Be­schluss­ver­fah­ren mit den Be­tei­lig­ten

1.
An­trag­stel­ler, Bet. zu 1) und Be­schwer­deführer

Ver­fah­rens­be­vollmäch­tigt.:

2.
Be­tei­lig­te zu 2)

Ver­fah­rens­be­vollmäch­tigt.:

3.
Be­tei­lig­te zu 3)

Ver­fah­rens­be­vollmäch­tigt.:

4.
Be­tei­lig­ter zu 4)

Ver­fah­rens­be­vollmäch­tigt.:

5.
Be­tei­lig­ter zu 5)

Ver­fah­rens­be­vollmäch­tigt.:

 

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hat das Hes­si­sche Lan­des­ar­beits­ge­richt, Kam­mer 9,
auf die münd­li­che Anhörung vom 07. Ju­li 2011
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt
als Vor­sit­zen­den
und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter
und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter

für Recht er­kannt:

Die Be­schwer­de des Be­tei­lig­ten zu 1) ge­gen den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Darm­stadt vom 24. Au­gust 2010 - 9 BV 7/10 - wird zurück­ge­wie­sen, so­weit das Ar­beits­ge­richt den An­trag des Be­tei­lig­ten zu 1) auf Fest­stel­lung, dass § 4 der Be­triebs­ver­ein­ba­rung "Um­set­zung des De­mo­gra­phie­ta­rif­ver­tra­ges" vom 23. De­zem­ber 2009 rechts­un­wirk­sam sei und kei­ne Rechts­wir­kung ent­fal­te, zurück­ge­wie­sen hat.

Die Be­schwer­de wird wei­ter­hin we­gen des zweit­in­stanz­li­chen An­tra­ges zu c) zurück­ge­wie­sen mit der Maßga­be, dass die­ser An­trag zurück­ge­wie­sen wird.

Die Rechts­be­schwer­de wird zu­ge­las­sen, so­weit die Be­schwer­de des Be­tei­lig­ten zu 1) bezüglich des Fest­stel­lungs­an­tra­ges, dass § 5 der Frei­wil­li­gen Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung "Um­set­zung des De­mo­gra­phie­ta­rif­ver­tra­ges" zwi­schen der Be­tei­lig­ten zu 2) und dem bei die­ser be­ste­hen­den Ge­samt­be­triebs­rat vom 24. No­vem­ber 2009 zurück­ge­wie­sen wor­den ist.

Im Übri­gen wird die Rechts­be­schwer­de nicht zu­ge­las­sen.

 

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Gründe:

I.

Die Be­tei­lig­ten strei­ten noch um die Wirk­sam­keit ei­ner Al­ters­gren­zen­re­ge­lung in ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung.

Der Be­triebs­rat (Be­tei­lig­ter zu 1) ist der im Ge­mein­schafts­be­trieb der Be­tei­lig­ten zu 2) und 3) gewähl­te Be­triebs­rat, der aus 11 Mit­glie­dern be­steht und für das Dis­tri­bu­ti­ons­cen­ter in A zuständig ist. Die Be­tei­lig­te zu 2) ist ein Un­ter­neh­men der che­mi­schen In­dus­trie. Im Dis­tri­bu­ti­ons­cen­ter in A sind rund 360 Per­so­nen beschäftigt, da­von et­wa 20 Ar­beit­neh­mer der Be­tei­lig­ten zu 3). Die Be­tei­lig­te zu 2) gehört zum B Kon­zern, der in A ein Dis­tri­bu­ti­ons­cen­ter zum Ver­trieb von Haar­kos­me­tik und Düften un­terhält.

Im Vor­feld der ge­plan­ten Ver­schmel­zung der C GmbH auf die Be­tei­lig­te zu 2) wur­de ein Be­triebs­pacht­ver­trag zwi­schen der Be­tei­lig­ten zu 2) und der C GmbH ab­ge­schlos­sen, der zum 1. Ju­li 2010 in Kraft tre­ten soll­te. Auf­grund des Be­triebs­pacht­ver­tra­ges sind al­le Auf­ga­ben der C GmbH auf die Be­tei­lig­te zu 2) über­g­an­gen. Ei­ne Ver­schmel­zung hat bis­her nicht statt­ge­fun­den.

Der Be­triebs­rat ist auf Grund­la­ge ei­nes Ta­rif­ver­tra­ges nach § 3 Abs. 1 Ziff. 3 Be­trVG (Bl. 8 - 11 d. A.) für den Stand­ort A ge­bil­det wor­den. Zu­vor war durch den „Ta­rif­ver­trag nach § 21 a Be­trVG zur Verlänge­rung des Über­g­angs­man­dats des Be­triebs­rats des Ge­mein­schafts­be­triebs der D AG E/A so­wie an­de­rer Be­trie­be“ vom 28. Aug. 2009 (Bl. 6, 7 d. A.) das Über­g­angs­man­dat des Ge­mein­schafts­be­triebs­rats E/A bis spätes­tens 28. Febr. 2010 verlängert wor­den. Am 11. Febr. 2010 fan­den in dem Ge­mein­schafts­be­trieb Neu­wah­len statt.

Auf die Ar­beits­verhält­nis­se der Ar­beit­neh­mer des Dis­tri­bu­ti­ons­cen­ters A fin­den die Ta­rif­verträge der che­mi­schen In­dus­trie An­wen­dung, dar­un­ter auch der Ta­rif­ver­trag „Le­bens­zeit und De­mo­gra­fie“ vom 16. April / 27. Sept. 2008

 

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(Bl. 12 bis 26 d. A.). Un­ter dem 23. Dez. 2009 schlos­sen der Be­triebs­rat des Ge­mein­schafts­be­triebs meh­re­rer Un­ter­neh­men in E und A mit der Ar­beit­ge­ber­sei­te ei­ne frei­wil­li­ge Be­triebs­ver­ein­ba­rung „Um­set­zung des De­mo­gra­fie­ta­rif­ver­tra­ges“ (Bl. 58 bis 61 d. A.) ab. Die­se Be­triebs­ver­ein­ba­rung enthält in § 4 die Re­ge­lung, dass das Ar­beits­verhält­nis mit Ab­lauf des Mo­nats en­det, in dem der Mit­ar­bei­ter das Al­ter er­reicht, in dem er erst­mals ei­nen An­spruch auf ge­setz­li­che un­gekürz­te Re­gel­al­ters­ren­te er­wirbt. Die bis­he­ri­ge Ziff. 11.1 der Be­triebs­ord­nung vom 12. Dez. 2008 lau­tet da­ge­gen wie folgt: „Das Ar­beits­verhält­nis en­det oh­ne Kündi­gung mit Ab­lauf des Ka­len­der­mo­nats, in dem das je­weils gülti­ge ge­setz­li­che Ren­ten­al­ter voll­endet wird.“ In § 2 die­ser Be­triebs­ver­ein­ba­rung ist ge­re­gelt, dass für die Be­tei­lig­te zu 3) ei­ne se­pa­rat ge­schlos­se­ne Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung gilt. Die­se Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 23. Dez. 2009 gilt u.a. für die ta­rif­li­chen Mit­ar­bei­ter der Be­tei­lig­ten zu 3) des Be­triebs A. § 5 der bei der Be­tei­lig­ten zu 3) ab­ge­schlos­se­nen frei­wil­li­gen Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung „Um­set­zung des De­mo­gra­fie­ta­rif­ver­tra­ges“ enthält ei­ne iden­ti­sche Al­ters­gren­zen­re­ge­lung wie die Be­triebs­ver­ein­ba­rung des Ge­mein­schafts­be­trie­bes. Un­ter dem 24. Nov. 2009 schlos­sen der Ge­samt­be­triebs­rat der Be­tei­lig­ten zu 2) und de­ren Geschäfts­lei­tung ei­ne frei­wil­li­ge Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung „Um­set­zung des De­mo­gra­fie­ta­rif­ver­tra­ges“ des­sen § 5 eben­falls ei­ne iden­ti­sche Al­ters­gren­zen­re­ge­lung enthält. In die­ser ist ei­ne Zuständig­keit für den Be­trieb in A nicht vor­ge­se­hen, weil die Be­tei­lig­te zu 2) zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung die­sen Be­trieb noch nicht hat­te. Sie galt für die Be­trie­be F, G, H und I.

Mit den am 4. Mai 2010 beim Ar­beits­ge­richt Darm­stadt ein­ge­gan­ge­nen Anträgen hat der Be­triebs­rat u.a. die Fest­stel­lung be­gehrt, dass § 4 der Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 23. Dez. 2009 und Ziff. 11.1 der Be­triebs­ord­nung vom 12. Dez. 2008 rechts­un­wirk­sam sind. Der Be­triebs­rat ist der An­sicht ge­we­sen, der Ta­rif­ver­trag „Le­bens­zeit und De­mo­gra­fie“ be­inhal­te nach sei­ner Präam­bel die Förde­rung ei­ner nach­hal­ti­gen und vor­aus­schau­en­den Per­so­nal­po­li­tik. Durch ihn soll­ten An­rei­ze für ei­ne länge­re Le­bens­ar­beits­zeit ge­setzt wer­den. Die Neu­re­ge­lung der Al­ters­gren­ze sei nicht durch den Ta­rif­ver­trag ge­deckt. Die Be­triebs­ver­ein­ba­rung ver­s­toße ge­gen § 77 Abs. 3 Be­trVG. Es lie­ge zu­dem ein Ver­s­toß ge­gen § 10 Ziff. 5 AGG vor. Al­ters­gren­zen mit ei­ner au­to­ma­ti­schen Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses

 

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könn­ten nur dann vor­ge­se­hen wer­den, wenn der Ar­beit­neh­mer das Ren­ten­al­ter er­reicht ha­be und ei­ne ge­setz­li­che Ermäch­ti­gungs­grund­la­ge exis­tie­re. Die­se müsse nach der Recht­spre­chung des EuGH (Rs. C-45/09 „Ro­sen­bladt“) Zie­le der Beschäfti­gungs­po­li­tik ver­fol­gen. Ei­ne sol­che ge­setz­li­che Re­ge­lung könn­te sich aus § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG er­ge­ben. Der Ta­rif­ver­trag ha­be aber das Ge­gen­teil zum Ziel, nämlich die Verlänge­rung der Beschäfti­gung und die Schaf­fung von ent­spre­chen­den An­rei­zen dafür. Er ent­hal­te an kei­ner Stel­le ei­nen Hin­weis dar­auf, dass ei­ne Al­ters­gren­zen­re­ge­lung für die Ar­beits­verhält­nis­se er­strebt wer­de. Bei der Al­ters­teil­zeit han­de­le es sich le­dig­lich um ei­ne frei­wil­li­ge Op­ti­on für die Ar­beit­neh­mer. In den Jah­ren 2010 bis 2015 könn­ten höchs­tens 21 ta­rif­li­che Ar­beit­neh­mer die­se Möglich­keit nut­zen. Im Be­trieb in A ge­be es kei­nen se­riösen Be­leg für ei­ne un­aus­ge­wo­ge­ne Al­ters­struk­tur. Nach dem De­mo­gra­fie­ta­rif­ver­trag soll­ten An­rei­ze für ei­ne länge­re Beschäfti­gung ge­schaf­fen wer­den, nicht für ei­ne vor­zei­ti­ge Be­en­di­gung der Ar­beits­verhält­nis­se.

Der Be­triebs­rat hat, so­weit für die­sen Schluss­be­schluss von In­ter­es­se, be­an­tragt,

fest­zu­stel­len, dass § 4 der Be­triebs­ver­ein­ba­rung „Um­set­zung des De­mo­gra­fie­ta­rif­ver­tra­ges“ vom 23. Dez. 2009 und Ziff. 11.1 der Be­triebs­ord­nung vom 12. Dez. 2008 in der Fas­sung vom 8. Dez. 2009 rechts­un­wirk­sam sind und kei­ne Rechts­wir­kung ent­fal­ten.

Die Be­tei­lig­ten zu 2) und 3) ha­ben be­an­tragt,

die Anträge zurück­zu­wei­sen.

Die Be­tei­lig­ten zu 2) und 3) ha­ben vor­ge­tra­gen, der Ta­rif­ver­trag „Le­bens­ar­beits­zeit und De­mo­gra­fie“ sei ab­ge­schlos­sen wor­den, um den de­mo­gra­phi­schen Wan­del un­ter den Beschäftig­ten der che­mi­schen In­dus­trie ak­tiv zu ge­stal­ten. Je­des Un­ter­neh­men könne be­wer­ten, ob be­trieb­lich ei­ne Verlänge­rung der Le­bens­ar­beits­zeit an­zu­stre­ben sei. Al­ters­gren­zen in Be­triebs­ord­nun­gen hätten bei ihr ei­ne lan­ge Tra­di­ti­on. Der Ta­rif­ver­trag ent­hal­te in­so­weit kei­ne ein­schränken­den Re­ge­lun­gen. Das fak­ti­sche Ren­ten­ein­tritts­al­ter lie­ge in der che­mi­schen In­dus­trie bei 61,7 Jah­ren,

 

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ähn­lich wie in der ge­sam­ten Ar­beit­neh­mer­schaft. Her­aus­for­dern­de Auf­ga­be sei es, das fak­ti­sche Ren­ten­al­ter dem ge­setz­li­chen an­zunähern. Ver­pflich­tend sei nach dem De­mo­gra­fie­ta­rif­ver­trag nur die Durchführung ei­ner De­mo­gra­fie­ana­ly­se bis zum 31. Dez. 2009 und die Ein­rich­tung des De­mo­gra­fie­fonds in ei­nem ta­rif­li­chen Mo­dul im We­ge der Be­triebs­ver­ein­ba­rung, ge­speist aus ei­nem De­mo­gra­fie­be­trag von EUR 300,- pro Ta­rifar­beit­neh­mer. Darüber hin­aus ent­hal­te der De­mo­gra­fie­ta­rif­ver­trag Hand­lungs­emp­feh­lun­gen. Die Hand­lungs­fel­der sei­en ex­em­pla­risch und nicht ab­sch­ließend in den §§ 3 bis 6 De­mo­gra­fie­ta­rif­ver­trag an­geführt. Sie ha­be die in § 2 des TV vor­ge­se­he­ne De­mo­gra­fie­ana­ly­se frühzei­tig im Jah­re 2009 un­ter Be­tei­li­gung des Be­triebs­rats be­gon­nen. Die­se sei zunächst überg­rei­fend für die ein­zel­nen Un­ter­neh­men des Kon­zerns durch­geführt wor­den. Im März 2009 hätten für die ein­zel­nen Be­triebsräte die zen­tral durch­geführ­ten Ana­ly­sen zur Verfügung ge­stan­den. Per­so­nal­lei­ter und Be­triebsräte sei­en ge­schult und in die Ana­ly­se­soft­ware ein­ge­wie­sen wor­den. Im Ge­mein­schafts­be­trieb sei die Ana­ly­se im April 2009 mit dem Be­tei­lig­ten zu 1) durch­geführt wor­den. In Er­man­ge­lung von Neu­ein­stel­lun­gen sei nur die natürli­che Fluk­tua­ti­on be­trach­tet wor­den, da es für ei­nen ab­seh­ba­ren Zeit­raum ei­nen Per­so­nalüber­hang ge­ge­ben hätte. Durch den Be­triebsüber­gang von J nach A sei­en et­wa 160 Ar­beit­neh­mer hin­zu­ge­kom­men. Die Pro­gno­se ha­be ei­nen An­stieg des Al­ters­durch­schnitts von 45,4 auf 50,2 er­ge­ben. Die Hand­lungs­fel­der nach dem De­mo­gra­fie­ta­rif­ver­trag sei­en von den Teams der Ar­beit­neh­mer­ver­tre­ter be­ar­bei­tet wor­den. Zur Er­hal­tung und Ver­bes­se­rung der Al­ters­struk­tur sei­en nur die ta­rif­li­chen Mo­du­le Al­ters­teil­zeit und - be­dingt - Lang­zeit­kon­to in Be­tracht ge­kom­men, um die durch Al­ters­zen­triert­heit ge­prägte Struk­tur nach­hal­tig zu ver­bes­sern. Die übri­gen ta­rif­li­chen Mo­du­le Al­ters­ver­sor­gung, Be­rufs­unfähig­keits­zu­satz­ver­si­che­rung und Teil­ren­te könn­ten nicht wirk­sam zur Er­hal­tung bzw. Ver­bes­se­rung der Al­ters­struk­tur bei­tra­gen. Das Mo­dul Lang­zeit­kon­to ha­be ge­genüber dem Mo­dul Al­ters­teil­zeit den Nach­teil, dass die Kon­ten erst an­ge­spart wer­den müss­ten. Zur Vor­be­rei­tung der Ver­hand­lun­gen sei ein stand­ortüberg­rei­fen­des Gre­mi­um mit den Be­triebsräten al­ler Stand­or­te un­ter Ein­be­zie­hung der Ge­werk­schaft K eta­bliert wor­den. Es ha­be 2009 mo­nat­li­che Mee­tings ge­ge­ben. Dem da­ma­li­gen Be­triebs­rat sei dar­an ge­le­gen ge­we­sen, die Al­ters­teil­zeit wei­ter aus­zu­bau­en. Ne­ben der vor­lie­gen­den Be­triebs­ver­ein­ba­rung sei noch ei­ne wei­te­re Be­triebs­ver­ein­ba­rung zum Ab­schluss von Al­ters­teil­zeit­verträgen

 

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eben­falls un­ter dem Da­tum des 23. Dez. 2009 ab­ge­schlos­sen wor­den (Bl. 113 bis 116 d. A.). Hierfür ha­be sie Mit­tel in Höhe von EUR 160.000 be­reit­ge­stellt. Die ver­ein­bar­te Al­ters­teil­zeit ge­he über die Re­ge­lun­gen des Ta­rif­ver­tra­ges hin­aus, da sie nicht die Voll­endung des 59., son­dern des 55. Le­bens­jah­res vor­aus­set­ze. Nur das Zu­sam­men­spiel von Al­ters­gren­ze und Al­ters­teil­zeit können den Al­te­rungs­pro­zess der Be­leg­schaft ab­mil­dern und die Plan­bar­keit für Per­so­nal­pro­gram­me schaf­fen. Die Be­tei­lig­ten zu 2) und 3) sind der An­sicht ge­we­sen, dem An­trag feh­le be­reits das Rechts­schutz­bedürf­nis, je­den­falls sei er aber un­be­gründet. Die dem AGG ent­spre­chen­de Al­ters­be­fris­tung sei sach­lich ge­recht­fer­tigt (vgl. §§ 41 Satz 2 SGB VI, 8 Abs. 3 ATG). In der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts sei­en kol­lek­tiv­recht­li­che Al­ters­gren­zen­re­ge­lun­gen für zulässig er­ach­tet wor­den, zu­mal ein Großteil ih­rer Mit­ar­bei­ter Ansprüche aus be­trieb­li­cher Al­ters­ver­sor­gung gemäß den Ver­sor­gungs­plänen der B Fir­men­grup­pe bzw. der Pen­si­ons­kas­se der Deut­schen Wirt­schaft ge­nieße. Die ar­beit­ge­ber­fi­nan­zier­te Al­ters­ver­sor­gung ma­che 10 % des letz­ten Brut­to­ein­kom­mens aus. Aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richt­li­nie 2000/78/EG in Ver­bin­dung mit § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG er­ge­be sich, dass ei­ne Al­ters­gren­zen­re­ge­lung kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung dar­stel­le, wenn sie ob­jek­tiv und an­ge­mes­sen und durch ein le­gi­ti­mes Ziel ge­recht­fer­tigt sei.

Das Ar­beits­ge­richt Darm­stadt hat den An­trag durch Be­schluss vom 24. Aug. 2010 – 9 BV 7/10 - für un­be­gründet an­ge­se­hen. Ei­ne Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses auf den Zeit­punkt des Re­gel­ren­ten­al­ters sei sach­lich ge­recht­fer­tigt im Sin­ne des § 14 Abs. 1 Satz 1 Tz­B­fG, wenn der Ar­beit­neh­mer nach der Ver­trags­dau­er ei­ne Al­ters­ver­sor­gung in der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung er­wer­ben kann. Die wirt­schaft­li­che Ab­si­che­rung sei nach § 4 der BV ge­ge­ben, da dort auf die un­gekürz­te Ren­ten­be­zugs­be­rech­ti­gung ab­ge­stellt wer­de. Da­zu kom­me die wei­te­re wirt­schaft­li­che Ab­si­che­rung durch die be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung und Ansprüche auf Ent­gelt­um­wand­lung. Das er­ge­be sich auch aus den Wer­tun­gen der §§ 41 Satz 2 SGB IV, 8 Abs. 3 ATG. Die Al­ters­gren­zen­re­ge­lung sei ob­jek­tiv an­ge­mes­sen und durch ein le­gi­ti­mes Ziel ge­recht­fer­tigt, das aus dem Be­reich Beschäfti­gungs­po­li­tik und des Ar­beits­mark­tes herrühre. Sol­che Zie­le würden durch Al­ters­gren­zen­re­ge­lun­gen ver­folgt, weil die Blo­ckie­rung von Ar­beitsplätzen durch älte­re, durch den Be­zug der vol­len Al­ters­ren­te ab­ge­si­cher­te

 

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Ar­beit­neh­mer zu Las­ten jünge­rer Ar­beit­neh­mer an­ge­sichts der schwie­ri­gen Ar­beits­markt­si­tua­ti­on nicht ver­tret­bar sei. Die Um­set­zung der Vor­ga­ben des Art. 6 der Richt­li­nie 2000/78/EG sei durch § 10 Satz 1 bis 3 AGG uni­on­rechts­kon­form er­folgt. We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten der Be­gründung wird auf die ar­beits­ge­richt­li­chen Be­schluss­gründe ver­wie­sen.

Der Be­tei­lig­te zu 1) hat ge­gen den ihm am 15. Sept. 2010 zu­ge­stell­ten Be­schluss am 28. Sept. 2010 Be­schwer­de ein­ge­legt und die­se nach recht­zei­tig be­an­trag­ter Verlänge­rung der Be­schwer­de­be­gründungs­frist bis zum 22. Nov. 2010 an die­sem Tag per Te­le­fax be­gründet.

Der Be­tei­lig­te zu 1) hält die Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts für un­rich­tig. Er trägt vor, Die Re­ge­lun­gen der frei­wil­li­gen Be­triebs­ver­ein­ba­rung ver­stießen ge­gen § 77 Abs. 3 Be­trVG. Das Ar­beits­ge­richt ha­be den Ta­rif­ver­trag falsch aus­ge­legt. Ei­ne Be­gren­zung der Le­bens­ar­beits­zeit sei mit den ta­rif­li­chen Vor­ga­ben nicht ver­ein­bar. Es sei all­ge­mein be­kannt, dass das Aus­schei­den älte­rer Ar­beit­neh­mer durch Vor­ru­he­stands­re­ge­lun­gen nicht zu der Be­set­zung da­durch frei­ge­wor­de­ner Stel­len durch jünge­re Beschäftig­te geführt ha­be. Das Vor­ru­he­stands­ge­setz sei des­halb durch den Ge­setz­ge­ber in sei­ner Wir­kung be­grenzt und neu nicht auf­ge­legt wor­den. § 9 des De­mo­gra­fie­ta­rif­ver­tra­ges ver­bie­te es, den De­mo­gra­fie­be­trag für die Al­ters­teil­zeit zur Fi­nan­zie­rung von Per­so­nal­re­du­zie­run­gen zu nut­zen. Die Re­ge­lung sei mit EG-Recht nicht ver­ein­bar. Nach dem Ur­teil des EuGH vom 12. Okt. 2010 (C-45/09 Ro­sen­bladt) sei den Be­triebs­part­nern durch das Be­trVG kei­ne der­ar­ti­ge Ein­griffs­kom­pe­tenz zu­ge­wie­sen. Durch ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung könne ein Ar­beits­verhält­nis nicht auf­gelöst wer­den. Auch das Ziel des De­mo­gra­fie TV, of­fe­ne Stel­le durch Neu­ein­stel­lun­gen jünge­rer Ar­beit­neh­mer ab­zu­de­cken, wer­de durch die (Ge­samt)Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen nicht ver­folgt. Auf ei­ne Al­ters­be­gren­zung ent­hal­te der De­mo­gra­fie TV kei­ne Hin­wei­se. Die Re­ge­lun­gen der Al­ters­teil­zeit würden nur durch ei­nen sehr be­grenz­ten Per­so­nen­kreis, nämlich ma­xi­mal 21 in den Jah­ren 2010 bis 2015 ge­nutzt. Die Fris­ten zur Be­an­tra­gung der Al­ters­teil­zeit mach­ten ei­ne Per­so­nal­pla­nung in­so­weit auch nicht möglich.
Man­gels Be­auf­tra­gung durch den Be­tei­lig­ten zu 1) nach § 50 Abs. 2 Be­trVG kom­me al­lein ei­ne ori­ginäre Zuständig­keit der Be­tei­lig­ten zu 4) und 5) in

 

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Be­tracht. Die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne ori­ginäre Zuständig­keit sei­en je­doch nicht ge­ge­ben.

Der Be­triebs­rat be­an­tragt, so­weit für die­sen Schluss­be­schluss von In­ter­es­se,

den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Darm­stadt vom 24. Aug. 2010 – 9 BV 7/10 – ab­zuändern und

a) fest­zu­stel­len, dass § 4 der Be­triebs­ver­ein­ba­rung „Um­set­zung des De­mo­gra­fie­ta­rif­ver­tra­ges“ vom 23. Dez. 2009 und Ziff. 11.1 der Be­triebs­ord­nung vom 12. Dez. 2008 in der Fas­sung vom 8. Dez. 2009 rechts­un­wirk­sam sind und kei­ne Rechts­wir­kung ent­fal­ten,

c) fest­zu­stel­len, dass § 5 der Frei­wil­li­gen Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung „Um­set­zung des De­mo­gra­fie­ta­rif­ver­tra­ges“ zwi­schen der Geschäfts­lei­tung der Be­tei­lig­ten zu 2) und dem Be­tei­lig­ten zu 4) vom 24. Nov. 2009 und § 5 der Frei­wil­li­gen Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung „Um­set­zung des De­mo­gra­fie­ta­rif­ver­tra­ges“ zwi­schen der Geschäfts­lei­tung der Be­tei­lig­ten zu 3) und dem Be­tei­lig­ten zu 5) vom 23. Dez. 2009 rech­t­un­wirk­sam sind und kei­ne Rechts­wir­kung ent­fal­ten.

Die Be­tei­lig­ten zu 2) und 3) so­wie 4) und 5) be­an­tra­gen,

die Be­schwer­de zurück­zu­wei­sen.

Die Be­tei­lig­ten zu 2) und 3) sind der An­sicht, die An­trags­er­wei­te­rung zu c) sei un­zulässig, da sie nicht sach­dien­lich sei. In der Sa­che ver­tei­di­gen die Be­tei­lig­ten zu 2) und 3) den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts und sind un­ter Hin­weis auf die Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 7. Nov. 1989 (- GS 3/85 -) der An­sicht, die Be­triebs­par­tei­en hätten die Re­ge­lungs­macht zur Fest­le­gung von Al­ters­gren­zen. Der De­mo­gra­fie­ta­rif­ver­trag stünde sol­chen Sach­re­ge­lun­gen nicht ent­ge­gen. Ins­be­son­de­re ent­hal­te er kei­ne An­halts­punk­te dafür, dass sich die Le­bens­ar­beits­zeit über die je­wei­li­ge ge­setz­li­che Le­bens­al­ters­gren­ze hin­aus er­stre­cken sol­le. Viel­mehr sol­le das fak­ti­sche Ren­ten­ein­tritts­al­ter dem ge­setz­li­chen an­genähert wer­den. Der De­mo­gra­fie­fonds dürfe nach § 7 TV auch für Al­ters­teil­zeit ver­wen­det wer­den. Die Al­ters­gren­zen­re­ge­lung sei mit § 14 Abs. 1 Satz 1 Tz­B­fG, dem Uni­ons­recht und der da­zu er­gan­ge­nen Recht­spre­chung des EuGH

 

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ver­ein­bar. Zu­dem fra­ge sich, ob die Be­triebs­ver­ein­ba­rung in­fol­ge der Be­triebs­pacht durch die Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung mit dem­sel­ben Re­ge­lungs­in­halt ab­gelöste wor­den sei.

Die Be­tei­lig­ten zu 4) und 5) tra­gen vor, im Hin­blick auf die De­mo­gra­fie­ana­ly­se sei für die Be­tei­lig­ten nur das Mo­dul Al­ters­teil­zeit und be­dingt das Mo­dul Lang­zeit­kon­ten in Be­tracht ge­kom­men, um die durch Al­ters­zen­triert­heit ge­prägte Struk­tur nach­hal­tig zu ver­bes­sern. Es sei ih­nen dar­an ge­le­gen ge­we­sen, die Al­ters­teil­zeit wei­ter aus­zu­bau­en. Die Einführung des kos­tenträch­ti­gen Mo­duls Al­ters­teil­zeit be­din­ge un­aus­weich­lich die Fest­set­zung ei­ner Al­ters­be­gren­zung der Ar­beits­verhält­nis­se. Die Zuständig­keit der Ge­samt­be­triebsräte er­ge­be sich aus der Not­wen­dig­keit un­ter­neh­mens­ein­heit­li­cher Re­ge­lun­gen. Der Ar­beit­ge­ber sei auch nur zu ei­ner un­ter­neh­mens­ein­heit­li­chen und be­triebsüberg­rei­fen­den Re­ge­lung be­reit ge­we­sen. Außer­dem sei durch Schrei­ben vom 1. Okt. 2009 ei­ne aus­drück­li­che schrift­li­che Be­auf­tra­gung er­folgt.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Be­schwer­de­vor­brin­gens wird auf die Be­schwer­de­schriftsätze und den In­halt der Sit­zungs­nie­der­schrif­ten vom 3. März und 7. Ju­li 2011 ver­wie­sen.

II.

Die Be­schwer­de ist statt­haft, § 87 Abs. 1 ArbGG, und zulässig, da sie form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den ist, §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG.

Die Be­schwer­de - so­weit durch die­sen Schluss­be­schluss darüber ent­schie­den wor­den ist – hat je­doch in der Sa­che kei­nen Er­folg.

1. Der Be­schwer­de­an­trag des Be­triebs­rats zu a) (erst­in­stanz­li­cher An­trag zu 1)) ist zulässig, er ist ins­be­son­de­re nicht rechts­miss­bräuch­lich. Die Ein­lei­tung des Be­schluss­ver­fah­rens durch den Be­triebs­rat stellt nicht des­halb ein wi­dersprüchli­ches und treu­wid­ri­ges Ver­hal­ten dar, weil sein Amts­vorgänger die Be­triebs­ver­ein­ba­rung ab­ge­schlos­sen hat. Zwar be­grenzt der Ein­wand des Rechts­miss­brauchs als all­ge­mei­ne Schran­ke der Rechts­ausübung auch Rechts­in­sti­tu­te und Rechts­nor­men. Hier geht es in­des­sen um die

 

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Fest­stel­lung der Rechts­un­wirk­sam­keit ei­ner (be­trieb­li­chen) Rechts­norm selbst (BAG Be­schluss vom 18. Febr. 2003 - 1 ABR 17/02 - NZA 2004, 336). Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen ha­ben den Cha­rak­ter ei­nes pri­vat­recht­li­chen kol­lek­ti­ven Nor­men­ver­trags. Sie set­zen ob­jek­ti­ves Recht. Dem Ver­lan­gen ei­nes der Be­tei­lig­ten nach Über­prüfung der Wirk­sam­keit ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung kann des­halb schon im In­ter­es­se der Nor­mun­ter­wor­fe­nen nicht mit dem Vor­wurf des Rechts­miss­brauchs be­geg­net wer­den (BAG a.a.O.). Die­ser ist ge­genüber dem An­trag auf Nor­men­kon­trol­le kein ge­eig­ne­ter Ein­wand. Der Be­triebs­rat kann im Hin­blick auf sei­ne Über­wa­chungs­auf­ga­be nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 Be­trVG nicht ge­zwun­gen wer­den, es wi­der bes­se­res Wis­sen bei der mögli­cher­wei­se rechts­wid­ri­gen Be­triebs­ver­ein­ba­rung zu be­las­sen, auch wenn die­se ursprüng­lich von sei­nem Rechts­vorgänger ihm selbst mit­ge­tra­gen wur­de (BAG a.a.O.).

2. Es be­steht für den An­trag zu a) auch ein Rechts­schutz­in­ter­es­se, denn der Be­tei­lig­te zu 1) hat ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se an der Klärung, ob und wel­che Be­triebs­ver­ein­ba­rung mit ei­ner Al­ters­gren­zen­re­ge­lung im Ge­mein­schafts­be­trieb A gilt.

3. Der An­trag zu a) ist je­doch nicht be­gründet. Die mit die­sem An­trag an­ge­grif­fe­nen Al­ters­gren­zen­re­ge­lun­gen sind nicht mehr exis­tent.

a) Ziff. 11.1 der Be­triebs­ord­nung vom 12. Dez. 2008 ist durch die Frei­wil­li­ge Be­triebs­ver­ein­ba­rung „Um­set­zung des De­mo­gra­fie­ta­rif­ver­tra­ges“ (Bl. 58 bis 61 d. A.) vom 23. Dez. 2009, ab­schlos­sen zwi­schen dem Be­triebs­rat des Ge­mein­schafts­be­triebs meh­re­rer Un­ter­neh­men in E und A mit der Ar­beit­ge­ber­sei­te, ab­gelöst wor­den. Die Par­tei­en ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung können die von ih­nen ge­trof­fe­nen Re­ge­lun­gen je­der­zeit für die Zu­kunft abändern. Die neue Be­triebs­ver­ein­ba­rung kann auch Be­stim­mun­gen ent­hal­ten, die für die Ar­beit­neh­mer ungüns­ti­ger sind. Im Verhält­nis zwei­er gleich­ran­gi­ger Nor­men gilt nicht das Güns­tig­keits­prin­zip, son­dern die Zeit­kol­li­si­ons­re­gel. Da­nach geht die jünge­re Norm der älte­ren vor (st. Rspr. des Bun­des­ar­beits­ge­richts, et­wa Ur­teil vom 23. Jan. 2008 - 1 AZR 988/06 - AP Nr. 40 zu § 77 Be­trVG 1972 Be­triebs­ver­ein­ba­rung; Ur­teil vom 13. März 2007 - 1 AZR 232/06 - AP Be­trVG 1972 § 77 Be­triebs­ver­ein­ba­rung Nr. 32). Ge­sichts­punk­te des Ver­trau­ens­schut­zes ste­hen dem hier nicht ent­ge­gen, weil die auf die ge­setz­lich un­gekürz­te Re­gel­al­ters­ren­te ab­stel­len­de

 

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Neu­re­ge­lung für den Ar­beit­neh­mer nicht ungüns­ti­ger ist als Ziff. 11.1 der Be­triebs­ord­nung, die auf das je­weils gülti­ge ge­setz­li­che Ren­ten­al­ter ab­stellt.

b) Die Frei­wil­li­ge Be­triebs­ver­ein­ba­rung „Um­set­zung des De­mo­gra­fie­ta­rif­ver­tra­ges“ vom 23. Dez. 2009 muss­te nach dem Be­triebsüber­gang auf die Be­tei­lig­te zu 2) durch den Un­ter­neh­mens­pacht­ver­trag per 1. Ju­li 2010 ge­genüber der un­ter dem 24. Nov. 2009 zwi­schen dem Ge­samt­be­triebs­rat der Be­tei­lig­ten zu 2) und de­ren Geschäfts­lei­tung ab­ge­schlos­se­nen frei­wil­li­gen Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung „Um­set­zung des De­mo­gra­fie­ta­rif­ver­tra­ges“ zurück­tre­ten. Bei der Be­tei­lig­ten zu 2) gilt nach Wirk­sam­wer­den des Un­ter­neh­mens­pacht­ver­tra­ges die ge­nann­te Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung auch für den Ge­mein­schafts­be­trieb A. Wel­che Re­ge­lung wirk­sam ist und wel­che Re­ge­lung un­wirk­sam ist, be­stimmt sich al­lein nach der ge­setz­li­chen Zuständig­keits­ab­gren­zung (GK-Be­trVG/Kreutz § 50 Rz. 72 mit wei­te­ren Nachw.).

c) Es gilt gemäß § 50 Abs. 1 Be­trVG die Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung. Die Zuständig­keit des Ge­samt­be­triebs­ra­tes ist be­gründet, wenn ein zwin­gen­des Er­for­der­nis für ei­ne be­triebsüberg­rei­fen­de Re­ge­lung be­steht, wo­bei auf die Verhält­nis­se des ein­zel­nen Un­ter­neh­mens und sei­ner Be­trie­be ab­zu­stel­len ist. Bei vernünf­ti­ger Würdi­gung muss sich ei­ne sach­li­che Not­wen­dig­keit für ei­ne ein­heit­li­che Re­ge­lung der An­ge­le­gen­heit in­ner­halb des Un­ter­neh­mens er­ge­ben, die bloße Zweckmäßig­keit ei­ner un­ter­neh­mens­ein­heit­li­chen Re­ge­lung reicht da­ge­gen nicht aus. Die ori­ginäre Zuständig­keit des Ge­samt­be­triebs­rats ist für Ru­he­geld­richt­li­ni­en an­er­kannt (vgl. BAG Be­schluss vom 21. Jan. 2003 - 3 ABR 26/02 - EzA § 50 Be­trVG 2001 Nr. 2), muss aber in glei­cher Wei­se für Al­ters­gren­zen­re­ge­lun­gen gel­ten. Außer­dem be­stimmt der Ar­beit­ge­ber je­den­falls in Be­rei­chen der mit­be­stim­mungs­frei­en An­ge­le­gen­hei­ten die be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Re­ge­lungs­ebe­ne durch sei­ne Ent­schei­dung, ob ei­ne be­triebs- oder ei­ne un­ter­neh­mens­weit gel­ten­de Re­ge­lung ein­geführt wer­den soll (BAG a.a.O.). Die Be­tei­lig­ten zu 4) und 5) ha­ben un­wi­der­spro­chen vor­ge­tra­gen, die Be­tei­lig­te zu 2) hätte sich auf be­trieb­li­che Re­ge­lun­gen nicht ein­ge­las­sen und ei­ne un­ter­neh­mens­ein­heit­li­che Re­ge­lung ver­langt. Im Übri­gen han­delt es sich bei der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung bei ei­ner Rei­he von Re­ge­lun­gen um ei­ne Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­rung, die Raum lässt für be­trieb­li­che Lösun­gen. Fest­ge­legt wur­den da­ge­gen die Al­ters­gren­zen (§ 4), die Ver­wen­dung des

 

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De­mo­gra­fie­fonds für die Al­ters­teil­zeit, die Fest­le­gung der Ar­beits­zeit gemäß Al­ters­teil­zeit­mo­dell II (§ 9), die Dau­er der Al­ters­teil­zeit, ab­wei­chen­de Ver­ein­ba­run­gen, So­zi­al­leis­tun­gen und die Ausschöpfung des De­mo­gra­fie­fonds. Da es sich um ei­ne frei­wil­li­ge Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen han­delt und zahl­rei­che Eck­punk­te fest­ge­legt wur­den, ist kein Raum für die An­nah­me, der Ge­samt­be­triebs­rat hätte sich sei­nes Mit­be­stim­mungs­rechts be­ge­ben und sei­ne De­le­ga­ti­ons­be­fug­nis über­schrit­ten. Im Übri­gen er­scheint es zwin­gend, dass in den ein­zel­nen Be­trie­ben bei ver­gleich­ba­ren Ar­beits­verhält­nis­sen kei­ne un­ter­schied­li­chen Al­ters­gren­zen­re­ge­lun­gen gel­ten können. Dies würde bei je­der Ver­set­zung zu un­ter­schied­li­chen Aus­schei­dens­zeit­punk­ten führen. Ziel der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung ist nach § 2 ei­ne möglichst ein­heit­li­che Um­set­zung des Ta­rif­ver­tra­ges im Sin­ne der Mit­ar­bei­ter. Dies ver­ein­facht die Ad­mi­nis­tra­ti­on und Ver­set­zun­gen im Un­ter­neh­men und gewährt den Mit­a­bei­tern im Un­ter­neh­men möglichst ein­heit­li­che Leis­tun­gen. Le­dig­lich die in § 7 des Ta­rif­ver­tra­ges be­schrie­be­ne Be­las­tungs­gren­ze und Be­rech­ti­gungs­rei­hen­fol­ge wird in den ein­zel­nen Be­trie­ben durch den Ab­schluss von Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen kon­kre­ti­siert. Außer­dem wur­den die De­mo­gra­fie­ana­ly­sen in den Be­trie­ben er­stellt.

4. Die Be­schwer­de bleibt auch mit dem An­trag zu c) oh­ne Er­folg. Die An­trags­er­wei­te­rung ist zulässig. Sie ist sach­dien­lich, da die Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­run­gen der Be­tei­lig­ten zu 2) und 3) be­reits erst­in­stanz­lich vor­ge­le­gen ha­ben und dar­an zu klären­de Rechts­fra­gen an­knüpfen.

Der An­trag zu c) ist je­doch nicht be­gründet. Die Al­ters­gren­zen­re­ge­lung in § 5 der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung (ers­ter Spie­gel­strich) ist wirk­sam. Eben­so wie in Ta­rif­verträgen (vgl. BAG Ur­teil vom 18. Ju­ni 2008 - 7 AZR 116/07 - Ur­teil EzA § 14 Tz­B­fG Nr. 49) und in Ar­beits­verträgen (EuGH Ur­teil vom 12. Okt. 2010 C-45/09 Ro­sen­bladt - EzA § 620 BGB 2002 Al­ters­gren­ze Nr. 9) sind Al­ters­gren­zen­re­ge­lun­gen in Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen grundsätz­lich zulässig. Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen un­ter­lie­gen ei­ner ge­richt­li­chen Bil­lig­keits- und Rechts­kon­trol­le. In de­ren Rah­men könn­te ei­ne ge­gen das Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot ver­s­toßen­de Be­fris­tungs­ab­re­de, als wel­che die Al­ters­gren­zen­re­ge­lun­gen zu qua­li­fi­zie­ren sind, zur Un­wirk­sam­keit der Al­ters­gren­zen­re­ge­lung führen. Re­ge­lun­gen über die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses bei Er­rei­chen ei­ner be­stimm­ten

 

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Al­ters­gren­zen­re­ge­lun­gen in Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen sind grundsätz­lich zulässig. Die in ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung fest­ge­leg­te Al­ters­gren­ze von 65 Le­bens­jah­ren ist zu­min­dest dann im Sin­ne des § 14 Abs. 1 Satz 1 Tz­B­fG sach­lich ge­recht­fer­tigt, wenn ei­ne be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung be­steht (BAG Ur­teil vom 20. Nov. 1987 - 2 AZR 284/86 - EzA § 620 BGB Al­ters­gren­ze Nr. 1). Das BAG hat es in sei­ner frühe­ren Recht­spre­chung bei ei­ner durch Be­triebs­ver­ein­ba­rung ein­geführ­ten Al­ters­be­gren­zung auf das 65. Le­bens­jahr als "ganz ent­schei­dend" an­ge­se­hen, dass ei­ne auf die­se Al­ters­gren­ze ab­ge­stell­te be­trieb­li­che Ver­sor­gungs­re­ge­lung be­stand. Dies ist vor­lie­gend er Fall.

§ 77 Abs. 3 Be­trVG steht der Wirk­sam­keit der frei­wil­li­gen Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung nicht ent­ge­gen, denn Al­ters­gren­zen­re­ge­lun­gen sind in dem De­mo­gra­fie TV nicht kon­kret ge­re­gelt.

5. Die Al­ters­gren­zen­re­ge­lung in § 5 der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung verstößt nicht ge­gen §§ 7 Abs. 2, 1 AGG (so grds. BAG Ur­teil vom 17. Ju­ni 2009 - 7 AZR 112/08 (A) EuGH-Vor­la­ge EzA Richt­li­nie 2000/78 EG-Ver­trag 1999 Nr. 12). § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG sieht die Zulässig­keit ei­ner Ver­ein­ba­rung, die die Be­en­di­gung des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses oh­ne Kündi­gung zu ei­nem Zeit­punkt vor­sieht, zu dem der Beschäftig­te ei­ne Ren­te we­gen Al­ters be­an­tra­gen kann, aus­drück­lich vor. Die Al­ters­gren­zen­re­ge­lung in § 5 der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung stellt auf die un­gekürz­te Al­ters­ren­te ab. Hin­zu­kommt, dass ein Großteil der die Beschäftig­ten Ansprüche aus be­trieb­li­cher Al­ters­ver­sor­gung gemäß den Ver­sor­gungs­plänen der B Fir­men­grup­pe bzw. der Pen­si­ons­kas­se der Deut­schen Wirt­schaft ge­nießt. Die ar­beit­ge­ber­fi­nan­zier­te Al­ters­ver­sor­gung macht 10 % des letz­ten Brut­to­ein­kom­mens aus.

6. Die Vor­ga­ben des Ge­mein­schafts­rechts ge­bie­ten kei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung. Zwar kann ei­ne auf die Voll­endung des Re­gel­ren­ten­al­ters be­zo­ge­ne ta­rif­li­che Al­ters­gren­zen­re­ge­lung dann kei­nen Be­stand ha­ben, wenn sie den be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer dis­kri­mi­niert oder ihn dem all­ge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­ge­bot zu­wi­der be­nach­tei­ligt (zu ver­trag­li­chen Al­ters­gren­zen BAG Ur­teil vom 19. No­vem­ber 2003 - 7 AZR 296/03 - EzA BGB 2002 § 620 Al­ters­gren­ze Nr. 4, zu II 2 d bb der Gründe). Aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richt­li­nie 2000/78/EG in Ver­bin­dung mit § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG

 

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er­gibt sich, dass ei­ne Al­ters­gren­zen­re­ge­lung kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung dar­stellt, wenn sie ob­jek­tiv er­for­der­lich und an­ge­mes­sen und durch ein le­gi­ti­mes Ziel ge­recht­fer­tigt sei. Die Beschäftig­ten wer­den durch die Al­ters­gren­zen­re­ge­lung in § 5 der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung nicht we­gen ih­res Le­bens­al­ters un­ge­recht­fer­tigt be­nach­tei­ligt. Die Al­ters­gren­zen­re­ge­lung genügt so­wohl dem primärrecht­li­chen Prüfungs­maßstab als auch den Vor­ga­ben der RL 2000/78/EG (EuGH Ur­teil vom 12. Okt. 2010 C-45/09 Ro­sen­bladt - EzA § 620 BGB 2002 Al­ters­gren­ze Nr. 9; BAG EuGH-Vor­la­ge vom 17. Ju­ni 2009 - 7 AZR 112/08 (A) EzA Richt­li­nie 2000/78 EG-Ver­trag 1999 Nr. 12). Die Al­ters­gren­ze dient zu­min­dest auch all­ge­mei­nen beschäfti­gungs- und ar­beits­markt­po­li­ti­schen Zie­len. Als ein nach Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 RL 2000/78/EG ob­jek­ti­ves und an­ge­mes­se­nes le­gi­ti­mes Ziel, das die Mit­glieds­staa­ten bei der Um­set­zung der Richt­li­nie auf Grund des ih­nen zu­ste­hen­den Re­ge­lungs­er­mes­sens ver­fol­gen können, ist aus den Be­rei­chen Beschäfti­gungs­po­li­tik an­er­kannt, wenn hier­durch beschäfti­gungsfördern­de Re­ge­lun­gen ge­schaf­fen wer­den. Ei­ne durch die Al­ters­gren­ze be­wirk­te Un­gleich­be­hand­lung auf Grund des Al­ters ist durch le­gi­ti­me Zie­le iSd. Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG ge­recht­fer­tigt (EuGH a.a.O.; BAG a.a.O.). Die Be­en­di­gung von Ar­beits­verhält­nis­sen durch ei­ne Al­ters­gren­ze eröff­net jünge­ren Ar­beit­neh­mern ei­ne Beschäfti­gungs­chan­ce und dient der Ent­las­tung des Ar­beits­markts. Die von ei­ner auf ein Ren­ten­al­ter be­zo­ge­nen Al­ters­gren­ze aus­ge­hen­den beschäfti­gungs- und ar­beits­markt­po­li­ti­schen Wir­kun­gen sind Be­stand­teil der So­zi­al­po­li­tik der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land. Die Be­en­di­gung der Ar­beits­verhält­nis­se durch die in der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung ent­hal­te­ne Al­ters­gren­ze ist auch als an­ge­mes­sen und er­for­der­lich iSd. Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG an­zu­se­hen, um die mit ihr ver­folg­ten beschäfti­gungs- und ar­beits­markt­po­li­ti­schen Zie­le zu er­rei­chen. Die Al­ters­gren­ze dient vor al­lem auch ei­ner aus­ge­wo­ge­nen Al­ters­struk­tur. Das kon­ti­nu­ier­li­che Aus­schei­den von Ar­beit­neh­mern aus dem Ar­beits­verhält­nis auf Grund ei­ner Re­gel­al­ters­gren­ze eröff­net den neu auf den Ar­beits­markt ein­tre­ten­den Ge­ne­ra­tio­nen über­haupt erst ei­ne Chan­ce auf den Er­werb be­rufs­prak­ti­scher Kennt­nis­se im zeit­na­hen An­schluss an ih­re Aus­bil­dung, de­ren Wert bei Zei­ten länge­rer Beschäfti­gungs­lo­sig­keit an­sons­ten ent­wer­tet würde. Die ge­richt­li­che Kon­trol­le er­for­dert ei­ne ge­ne­ra­li­sie­ren­de Prüfung der Al­ters­gren­zen­re­ge­lung in § 5 der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung. Die da­durch in der Re­gel her­bei­geführ­te Be­en­di­gung der be­ruf­li­chen Tätig­keit wird in wirt­schaft­li­cher Hin­sicht durch

 

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den Be­zug ei­ner Al­ters­ren­te zu­min­dest teil­wei­se aus­ge­gli­chen (EuGH a.a.O.; BAG a.a.O.). Recht­fer­ti­gung in die­sem Sin­ne ist es wei­ter­hin, dass die Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung die Zie­le des Ta­rif­ver­tra­ges Le­bens­ar­beits­zeit und De­mo­gra­fie um­setzt. Des­sen Ziel­set­zung ist die Ge­stal­tung des de­mo­gra­fi­schen Wan­dels. In­ten­ti­on ist es, durch zu­kunftsfähi­ge Rah­men­re­ge­lun­gen ei­ne nach­hal­ti­ge und vor­aus­schau­en­de Per­so­nal­po­li­tik zu ermögli­chen. Dies berück­sich­tigt nach der Präam­bel des Ta­rif­ver­tra­ges die Bedürf­nis­se der Un­ter­neh­men nach veränder­ten Per­so­nal­struk­tu­ren so­wie In­ter­es­sen der Beschäftig­ten nach al­ters- und leis­tungs­rech­ten Ar­beits­be­din­gun­gen so­wie fle­xi­blen Über­g­angs­for­men in den Ru­he­stand. Der Ta­rif­ver­trag (Sei­te 8) nimmt die Le­bens­ar­beits­zeit in den Blick, d.h. die Beschäfti­gungs­ket­te von der Aus­bil­dung bis zum vor­zei­ti­gen oder re­gulären Aus­schei­den. Der Ar­beit­ge­ber muss wis­sen, wie er den Per­so­nal­stand durch den Er­satz von Abgängen in­fol­ge des Er­rei­chens der ver­schie­de­nen ge­setz­li­chen Al­ters­gren­zen steu­ern kann. Zu den auf­grund der De­mo­gra­fie­ana­ly­se er­mit­tel­ten Hand­lungs­fel­der und Maßnah­men gehört nach § 4 Ziff. 3 auch, auf die Ge­stal­tung al­ters­ge­rech­ter Ar­beits­zeit­mo­del­le hin­zu­wir­ken. Hier­durch soll den Beschäftig­ten ermöglicht wer­den (Sei­te 18), länger im Er­werbs­le­ben zu blei­ben und die Übergänge glei­tend aus­zu­ge­stal­ten, hier­zu gehört aber auch ein plan­ba­res, so­zi­al ab­ge­si­cher­tes Aus­schei­den, das durch das Er­for­der­nis ei­ner un­gekürz­ten Al­ters­ren­te fak­tisch in den meis­ten Fällen dar­auf hin­ausläuft, die Re­gel­al­ters­gren­ze, die in ei­ni­gen Jah­ren nach Maßga­be der Über­g­angs­vor­schrif­ten gemäß § 35 Satz 2 SGB VI mit Voll­endung des 67 er­reicht wird, und die all­ge­mei­ne War­te­zeit zu erfüllen.

7. Die Al­ters­gren­zen­re­ge­lung in § 5 – ers­ter Spie­gel­strich - der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung der Be­tei­lig­ten zu 3) ist aus den ge­nann­ten Gründen eben­falls rechts­wirk­sam.

8. Ei­ne Kos­ten­ent­schei­dung er­geht nach § 2 Abs. 2 GKG nicht.

9. Bezüglich des auf die Un­wirk­sam­keit der Al­ters­gren­zen­re­ge­lung in § 5 – ers­ter Spie­gel­strich - der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung der Be­tei­lig­ten zu 2) ge­rich­te­ten Fest­stel­lungs­an­tra­ges ist die Rechts­be­schwer­de zu­zu­las­sen. We­gen der Fra­ge der Wirk­sam­keit der Al­ters­gren­zen­re­ge­lung in ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung hat die Rechts­sa­che grundsätz­li­che Be­deu­tung, zu­mal

 

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das Be­fris­tungs­recht un­ter na­tio­na­ler und uni­ons­recht­li­cher Be­trach­tung jüngst ei­ni­ge recht­li­che Ände­run­gen er­fah­ren hat, §§ 92 Abs. 1, 72 ArbGG. Im Übri­gen be­steht für die Zu­las­sung der Rechts­be­schwer­de man­gels grundsätz­li­cher Be­deu­tung kei­ne ge­setz­lich be­gründe­te Ver­an­las­sung. Dies gilt auch für die Be­tei­lig­te zu 3), bei der sich die An­wen­dung der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung auf we­ni­ge Ein­z­elfälle be­schränkt.


 

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