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BAG, Ur­teil vom 09.06.2011, 6 AZR 687/09

   
Schlagworte: Kündigung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 6 AZR 687/09
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 09.06.2011
   
Leitsätze: Leben Ehegatten in einer gemeinsamen Wohnung und sind sie deshalb nach der Verkehrsanschauung füreinander als Empfangsboten anzusehen, gelangt eine an einen der Ehegatten gerichtete Willenserklärung grundsätzlich auch dann in dessen Macht- und Zugriffsbereich, wenn sie dem anderen Ehegatten außerhalb der Wohnung übermittelt wird.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 15.10.2008, 3 Ca 1573/08
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 7.09.2009, 2 Sa 210/09
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

6 AZR 687/09

2 Sa 210/09

Lan­des­ar­beits­ge­richt Köln

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am 9. Ju­ni 2011

UR­TEIL

Gaßmann, Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläge­rin, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Sechs­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 14. April 2011 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Fi­scher­mei­er, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt


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Dr. Brühler, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Spel­ge so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Spie­ker­mann und Sie­berts für Recht er­kannt:

1. Die Re­vi­si­on der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Köln vom 7. Sep­tem­ber 2009 - 2 Sa

210/09 - wird zurück­ge­wie­sen.

2. Die Kläge­rin hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten noch darüber, ob die or­dent­li­che Kündi­gung der

Be­klag­ten vom 31. Ja­nu­ar 2008 der Kläge­rin noch an die­sem oder erst am nach­fol­gen­den Tag zu­ge­gan­gen ist und die Kündi­gungs­frist von ei­nem Mo­nat zum En­de des Ka­len­der­mo­nats so­mit am 29. Fe­bru­ar 2008 oder erst am 31. März 2008 ab­ge­lau­fen ist.

Die Be­klag­te be­treibt ei­nen Pa­let­ten­han­del. Die am 20. Ja­nu­ar 1981

ge­bo­re­ne Kläge­rin war bei ihr seit dem 3. Fe­bru­ar 2003 als As­sis­ten­tin der Geschäfts­lei­tung beschäftigt. Auf das Ar­beits­verhält­nis fand § 1 KSchG auf­grund der Klein­be­triebs­klau­sel in § 23 Abs. 1 KSchG kei­ne An­wen­dung. Am 31. Ja­nu­ar 2008 ver­ließ die Kläge­rin nach ei­nem Streit der Par­tei­en ih­ren Ar­beits­platz. Mit ei­nem Schrei­ben vom sel­ben Tag kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis or­dent­lich zum 29. Fe­bru­ar 2008 und stell­te die Kläge­rin zu­gleich mit so­for­ti­ger Wir­kung un­wi­der­ruf­lich von der Ver­pflich­tung zur Ar­beits­leis­tung frei. Das Kündi­gungs­schrei­ben ließ sie dem Ehe­mann der Kläge­rin durch ih­ren Mit­ar­bei­ter G über­brin­gen. Die­ser such­te am Nach­mit­tag des 31. Ja­nu­ar 2008 da­zu den mit ihm be­freun­de­ten Ehe­mann der Kläge­rin an sei­nem Ar­beits­platz in ei­nem Bau- und Heim­wer­ker­markt auf.

Die Kläge­rin hat be­haup­tet, ihr Ehe­mann ha­be G nicht ver­spro­chen,

das in ei­nen ver­schlos­se­nen Um­schlag ein­ge­leg­te Kündi­gungs­schrei­ben an sie wei­ter­zu­lei­ten. Er ha­be erklärt, dass nicht zwi­schen ihm und der Be­klag­ten,


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son­dern zwi­schen sei­ner Ehe­frau und der Be­klag­ten ein Ar­beits­verhält­nis be­ste­he. For­ma­litäten möge man in­tern re­geln. G ha­be dar­auf­hin das Kündi­gungs­schrei­ben am Ar­beits­platz ih­res Ehe­man­nes zurück­ge­las­sen. Die­ser ha­be es zunächst an sei­nem Ar­beits­platz lie­gen las­sen. Des­halb sei ihr das Kündi­gungs­schrei­ben der Be­klag­ten vom 31. Ja­nu­ar 2008 erst mit der Überg­a­be durch ih­ren Ehe­mann am 1. Fe­bru­ar 2008 zu­ge­gan­gen. Ihr Ehe­mann sei nicht ihr Emp­fangs­bo­te. Sie ha­be ihn nicht ermäch­tigt, für sie Wil­lens­erklärun­gen in Emp­fang zu neh­men. Die An­nah­me, Ehe­gat­ten sei­en Emp­fangs­bo­ten kraft Ver­kehrs­an­schau­ung, be­geg­ne grundsätz­li­chen Be­den­ken. Es un­ter­lie­ge der Ent­schei­dungs­frei­heit des po­ten­ti­el­len Empfängers ei­ner Wil­lens­erklärung, wel­che Emp­fangs­ein­rich­tun­gen er zur Ent­ge­gen­nah­me von Wil­lens­erklärun­gen be­reit hal­te. Das Ri­si­ko der Über­mitt­lung ei­ner Wil­lens­erklärung ha­be der Ab­sen­der und nicht der Empfänger ei­ner Wil­lens­erklärung zu tra­gen. Ei­ne „ex­ter­ne Brief­kas­ten­ei­gen­schaft“ von Ehe­gat­ten würde ei­nen mit Art. 6 Abs. 1 GG nicht in Ein­klang zu brin­gen­den Nach­teil be­deu­ten. Er­fol­ge die Überg­a­be ei­nes Schriftstücks an den Ehe­gat­ten außer­halb der Ehe­woh­nung, sei je­den­falls die Wil­lens­erklärung dem an­de­ren Ehe­gat­ten erst dann zu­ge­gan­gen, wenn ihm das Schriftstück aus­gehändigt wer­de. Sch­ließlich ha­be ihr Ehe­mann an sei­nem Ar­beits­platz am 31. Ja­nu­ar 2008 ge­genüber G hin­rei­chend deut­lich zum Aus­druck ge­bracht, dass die Be­klag­te sich we­gen des Zu­gangs des Schrei­bens di­rekt an sei­ne Ehe­frau wen­den sol­le.

Die Kläge­rin hat, so­weit für die Re­vi­si­on von Be­deu­tung, be­an­tragt

fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis über den

29. Fe­bru­ar 2008 hin­aus bis zum 31. März 2008 be­stan­den hat.

Die Be­klag­te hat zu ih­rem Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag vor­ge­tra­gen, ihr

Kündi­gungs­schrei­ben vom 31. Ja­nu­ar 2008 sei der Kläge­rin noch am sel­ben Tag zu­ge­gan­gen und ha­be das Ar­beits­verhält­nis zum 29. Fe­bru­ar 2008 be­en­det. Der Ehe­mann der Kläge­rin ha­be am Nach­mit­tag des 31. Ja­nu­ar 2008 an sei­nem Ar­beits­platz ih­rem Mit­ar­bei­ter G zu­ge­sagt, das Kündi­gungs­schrei­ben an sei­ne Ehe­frau wei­ter­zu­lei­ten. Nach der Ver­kehrs­an­schau­ung sei der Ehe­mann der Kläge­rin ihr Emp­fangs­bo­te. Un­er­heb­lich sei, dass das Kündi­gungs­schrei­ben


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dem Ehe­mann außer­halb der Ehe­woh­nung über­ge­ben wor­den sei. Nach dem re­gelmäßigen Ver­lauf der Din­ge sei ei­ne Wei­ter­lei­tung des Kündi­gungs­schrei­bens an die Kläge­rin noch am 31. Ja­nu­ar 2008 zu er­war­ten ge­we­sen.

Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge, so­weit für die Re­vi­si­on von Be-

deu­tung, statt­ge­ge­ben und fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die Kündi­gung der Be­klag­ten vom 31. Ja­nu­ar 2008 erst zum 31. März 2008 be­en­det wor­den ist. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts teil­wei­se ab­geändert und die Kla­ge ab­ge­wie­sen, so­weit die Kläge­rin fest­ge­stellt ha­ben woll­te, dass das Ar­beits­verhält­nis über den 29. Fe­bru­ar 2008 hin­aus bis zum 31. März 2008 fort­be­stan­den hat. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt die Kläge­rin ih­ren auf die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zum 31. März 2008 be­zo­ge­nen Fest­stel­lungs­an­trag wei­ter. Die Be­klag­te be­an­tragt, die Re­vi­si­on der Kläge­rin zurück­zu­wei­sen.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on der Kläge­rin ist un­be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt

hat die Kla­ge mit Recht ab­ge­wie­sen. Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en ist durch die Kündi­gung der Be­klag­ten zum 29. Fe­bru­ar 2008 und nicht erst mit Ab­lauf des 31. März 2008 auf­gelöst wor­den.

I. Ent­ge­gen der An­sicht der Kläge­rin ist ihr das Kündi­gungs­schrei­ben der

Be­klag­ten vom 31. Ja­nu­ar 2008 noch am sel­ben Tag zu­ge­gan­gen und nicht erst mit der Überg­a­be des Schrei­bens durch ih­ren Ehe­mann am 1. Fe­bru­ar 2008. Da die Kläge­rin seit dem 3. Fe­bru­ar 2003 bei der Be­klag­ten beschäftigt war und das Ar­beits­verhält­nis so­mit von der Be­klag­ten gemäß § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB mit ei­ner Kündi­gungs­frist von ei­nem Mo­nat zum Mo­nats­en­de or­dent­lich gekündigt wer­den konn­te, hat die Kündi­gung der Be­klag­ten vom 31. Ja­nu­ar 2008 das Ar­beits­verhält­nis zum 29. Fe­bru­ar 2008 be­en­det.


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1. Nach § 130 Abs. 1 BGB wird ei­ne un­ter Ab­we­sen­den ab­ge­ge­be­ne
emp­fangs­bedürf­ti­ge Wil­lens­erklärung in dem Zeit­punkt wirk­sam, in wel­chem sie dem Empfänger zu­geht. Bei ei­ner schrift­li­chen Wil­lens­erklärung ist dies der Fall, so­bald die­se in ver­kehrsübli­cher Wei­se in die tatsächli­che Verfügungs­ge­walt des Empfängers oder ei­nes emp­fangs­be­rech­tig­ten Drit­ten ge­langt und für den Empfänger un­ter gewöhn­li­chen Verhält­nis­sen die Möglich­keit be­steht, von dem In­halt des Schrei­bens Kennt­nis zu neh­men (BAG 11. No­vem­ber 1992 - 2 AZR 328/92 - AP BGB § 130 Nr. 18 = EzA BGB § 130 Nr. 24).

2. Das Kündi­gungs­schrei­ben vom 31. Ja­nu­ar 2008 wur­de dem Ehe­mann
der Kläge­rin am Nach­mit­tag die­ses Ta­ges im Auf­trag der Be­klag­ten durch ih­ren Mit­ar­bei­ter G über­bracht. Die Zu­stel­lung ei­nes Kündi­gungs­schrei­bens statt mit der Post durch ei­ne vom Ar­beit­ge­ber ein­ge­schal­te­te Mit­tels­per­son ist ver­kehrsüblich, ins­be­son­de­re dann, wenn nur so ein be­stimm­ter Kündi­gungs­ter­min ge­wahrt wer­den kann oder der kündi­gen­de Ar­beit­ge­ber den Zu­gang der Kündi­gung und den Zeit­punkt des Zu­gangs mit Hil­fe ei­nes Bo­ten als Zeu­gen nach­wei­sen will. Da­mit ist das Kündi­gungs­schrei­ben der Be­klag­ten vom 31. Ja­nu­ar 2008 an die­sem Tag in ver­kehrsübli­cher Wei­se in die tatsächli­che Verfügungs­ge­walt des Ehe­manns der Kläge­rin ge­langt.

3. Oh­ne Er­folg macht die Kläge­rin gel­tend, ihr Ehe­mann sei nicht emp-
fangs­be­rech­tigt, ins­be­son­de­re nicht ihr Emp­fangs­bo­te ge­we­sen.

a) Al­ler­dings trifft es zu, dass die Kläge­rin ih­ren Ehe­mann we­der aus-

drück­lich noch kon­klu­dent zum Emp­fang von Wil­lens­erklärun­gen ermäch­tigt und auch bezüglich ei­ner sol­chen Ermäch­ti­gung kei­nen Rechts­schein ge­setzt hat. Auch lässt sich der Be­griff des Emp­fangs­bo­ten dem Ge­setz nicht ent­neh­men. Den­noch er­kennt die Recht­spre­chung (vgl. BGH 17. März 1994 - X ZR 80/92 - NJW 1994, 2613; BSG 7. Ok­to­ber 2004 - B 3 KR 14/04 R - NJW 2005, 1303; BAG 16. Ja­nu­ar 1976 - 2 AZR 619/74 - AP BGB § 130 Nr. 7 = EzA BGB § 130 Nr. 5; 13. Ok­to­ber 1976 - 5 AZR 510/75 - AP BGB § 130 Nr. 8 = EzA BGB § 130 Nr. 7; 11. No­vem­ber 1992 - 2 AZR 328/92 - AP BGB § 130 Nr. 18 = EzA BGB § 130 Nr. 24; 9. April 2008 - 4 AZR 104/07 - AP TVG § 1 Nr. 43 = EzA ZPO 2002 § 259 Nr. 1; OLG Köln 18. Ja­nu­ar 2006 - 22 U 164/05 -


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MDR 2006, 866) und die im Schrift­tum ganz herr­schen­de Mei­nung (vgl. KR/Fried­rich 9. Aufl. § 4 KSchG Rn. 106; APS/Ascheid/Hes­se 3. Aufl. § 4 KSchG Rn. 64a und Rn. 72; Kitt­ner/Däubler/Zwan­zi­ger/Däubler 8. Aufl. §§ 130 - 132 BGB Rn. 14 und Rn. 18; Thüsing/Laux/Lembke/Wie­he KSchG

2. Aufl. § 4 Rn. 164; Ha­Ko/Fie­big 3. Aufl. Ein­lei­tung Rn. 48; Stahl­ha­cke/Preis 10. Aufl. 2010 Rn. 130; Schwar­ze in Schwar­ze/Ey­lert/Schra­der KSchG Ein­lei­tung Rn. 42; ErfK/Müller-Glöge 11. Aufl. § 620 BGB Rn. 55; DFL/Löwisch

3. Aufl. § 130 BGB Rn. 4; Münch­KommBGB/Ein­se­le 5. Aufl. § 130 Rn. 25; Pa­landt/El­len­ber­ger 70. Aufl. § 130 Rn. 9; La­renz/Wolf All­ge­mei­ner Teil des Bürger­li­chen Rechts 9. Aufl. § 26 Rn. 41; Me­di­cus All­ge­mei­ner Teil des BGB 10. Aufl. § 22 Rn. 285 f.; Sand­mann AcP 199 [1999] S. 455 ff.; Schwarz NJW 1994, 891; Jous­sen Ju­ra 2003, 577; Her­bert NZA 1994, 391; aA Stau-din­ger/Sin­ger/Be­ne­dict [2004] § 130 Rn. 58) ne­ben Emp­fangs­ver­tre­tern (§ 164 Abs. 3 BGB) nicht nur rechts­geschäft­lich be­stell­te Emp­fangs­bo­ten an, son­dern im We­ge der Rechts­fort­bil­dung grundsätz­lich auch Emp­fangs­bo­ten kraft Ver­kehrs­an­schau­ung. In Be­zug auf rechts­geschäft­lich be­stell­te Emp­fangs­bo­ten lässt sich die Emp­fangs­bo­ten­stel­lung auf ein ar­gu­men­tum a maio­re ad mi­nus zu den §§ 164 ff. BGB stützen (Jous­sen Ju­ra 2003, 577, 578; Sand­mann AcP 199 [1999] S. 455, 456). So­weit Recht­spre­chung und Schrift­tum dem Adres­sa­ten auf der Grund­la­ge der Ver­kehrs­an­schau­ung Emp­fangs­bo­ten zu­ord­nen, wird die Emp­fangs­bo­ten­stel­lung aus der ge­setz­li­chen Wer­tung in § 130 BGB ab­ge­lei­tet, aus der sich die Grundsätze für die Ri­si­ko­ver­tei­lung beim Zu­gang von Wil­lens­erklärun­gen er­ge­ben (BAG 13. Ok­to­ber 1976 - 5 AZR 510/75 - AP BGB § 130 Nr. 8 = EzA BGB § 130 Nr. 7; Sand­mann AcP 199 [1999] S. 455, 457; Schwarz NJW 1994, 891, 893).

b) Da­nach wird ei­ne an­ge­mes­se­ne Ver­tei­lung des Über­mitt­lungs­ri­si­kos

er­reicht, wenn der Zu­gang ei­ner emp­fangs­bedürf­ti­gen Wil­lens­erklärung an­ge­nom­men wird, so­bald die­se so in den Macht­be­reich des Empfängers ge­langt ist, dass die­ser un­ter gewöhn­li­chen Umständen un­ter Berück­sich­ti­gung der Ver­kehrs­auf­fas­sung von dem In­halt der Erklärung Kennt­nis neh­men kann. Die­se For­mel ist auch Grund­la­ge, wenn die Erklärung ei­nem nach der Ver­kehrs­an­schau­ung als ermäch­tigt gel­ten­den Emp­fangs­bo­ten über­mit­telt wird.


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Eben­so wie der Adres­sat dafür Sor­ge zu tra­gen ha­be, dass er von Erklärun­gen, die in sei­nen Macht­be­reich ge­langt sind, Kennt­nis erhält, könne er sich nicht auf sei­ne Un­kennt­nis be­ru­fen, wenn sol­che Erklärun­gen an Per­so­nen über­ge­ben wer­den, die re­gelmäßig Kon­takt zu sei­nem Macht­be­reich ha­ben und auch auf­grund ih­rer Rei­fe und Fähig­kei­ten ge­eig­net er­schei­nen, Erklärun­gen an ihn wei­ter­zu­lei­ten (Münch­KommBGB/Ein­se­le 5. Aufl. § 130 Rn. 25; Sand­mann AcP 199 [1999] S. 455, 457).

c) Al­ler­dings ist der Be­griff des Macht­be­reichs des Empfängers nicht
ein­deu­tig. Dies gilt auch dann, wenn un­ter Macht­be­reich der gewöhn­li­che räum­lich-ge­genständ­li­che Zu­griffs­be­reich oder Le­bens­be­reich des Empfängers ver­stan­den wird. Denn die Ei­gen­schaft, Emp­fangs­bo­te sein zu können, hängt nicht nur von ei­ner auf ei­ne ge­wis­se Dau­er an­ge­leg­ten räum­li­chen Be­zie­hung zum Adres­sa­ten ab, son­dern darüber hin­aus auch von ei­ner persönli­chen oder ver­trag­li­chen Be­zie­hung zum Adres­sa­ten (Her­bert NZA 1994, 391, 392; Jous-sen Ju­ra 2003, 577, 578). Ob die­se Be­zie­hun­gen eng ge­nug sind, da­mit ei­ne Per­son nach der Ver­kehrs­an­schau­ung als Emp­fangs­bo­te gilt, mag im Ein­zel­fall zwei­fel­haft sein, zu­mal die Ver­kehrs­an­schau­ung ei­nem ständi­gen Wan­del un­ter­liegt.

d) Wenn auch über die Kri­te­ri­en und De­tails, die nach der Ver­kehrs-
an­schau­ung die Emp­fangs­bo­ten­stel­lung be­gründen oder aus­sch­ließen, kei­ne völli­ge Ei­nig­keit be­steht, de­cken sich doch Recht­spre­chung und der ganz über­wie­gen­de Teil des Schrift­tums in ei­nem ge­wis­sen Kern­be­reich. Da­nach wer­den in ei­ner ge­mein­sa­men Woh­nung le­ben­de Ehe­gat­ten fürein­an­der grundsätz­lich als Emp­fangs­bo­ten an­ge­se­hen (BGH 17. März 1994 - X ZR 80/92 - NJW 1994, 2613; Jous­sen Ju­ra 2003, 577, 578; Sand­mann AcP 199 [1999] S. 455, 457; Münch­KommBGB/Ein­se­le 5. Aufl. § 130 Rn. 25; Her­bert NZA 1994, 391, 392). Die­se Ver­kehrs­an­schau­ung be­ruht auf der Le­bens­er­fah­rung, dass in al­ler Re­gel oh­ne wei­te­res da­von aus­zu­ge­hen ist, dass die für ei­nen Ehe­part­ner be­stimm­te Erklärung durch Aushändi­gung an den an­de­ren so in des­sen Macht- und Zu­griffs­be­reich ge­langt, dass er von der Erklärung Kennt­nis neh­men kann (BGH 17. März 1994 - X ZR 80/92 - aaO).


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4. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin verstößt die An­nah­me, dass in
ei­ner ge­mein­sa­men Woh­nung le­ben­de Ehe­gat­ten grundsätz­lich Emp­fangs­bo­ten sind, nicht ge­gen Art. 6 Abs. 1 GG. Ehe­gat­ten wer­den da­durch ge­genüber Le­bens­part­nern oder un­ver­hei­ra­tet zu­sam­men le­ben­den Part­nern nicht be­nach­tei­ligt. Das Ar­gu­ment der Kläge­rin trägt schon des­halb nicht, weil nach der Ver­kehrs­an­schau­ung auch die in der Woh­nung des Empfängers le­ben­den er­wach­se­nen Haus­halts­mit­glie­der (Münch­KommBGB/Ein­se­le 5. Aufl. § 130 Rn. 25; Her­bert NZA 1994, 391, 392), ins­be­son­de­re Le­bens­part­ner und Part­ner in ei­ner nicht­ehe­li­chen Le­bens­ge­mein­schaft, als Emp­fangs­bo­ten gel­ten (Jous-sen Ju­ra 2003, 577, 578).

5. Oh­ne Er­folg macht die Kläge­rin gel­tend, das Kündi­gungs­schrei­ben der
Be­klag­ten vom 31. Ja­nu­ar 2008 sei ih­rem Ehe­mann an sei­nem Ar­beits­platz in ei­nem Bau- und Heim­wer­ker­markt und da­mit außer­halb der ge­mein­sa­men Woh­nung über­ge­ben wor­den, so dass ihr die Kündi­gungs­erklärung erst am 1. Fe­bru­ar 2008 zu­ge­gan­gen sei, als sie das Kündi­gungs­schrei­ben von ih­rem Ehe­mann er­hal­ten ha­be. Ei­ne Wil­lens­erklärung ist grundsätz­lich auch dann in den Macht­be­reich des Adres­sa­ten ge­langt, wenn sie ei­nem Emp­fangs­bo­ten außer­halb der Woh­nung über­mit­telt wird. Für die auf der Le­bens­er­fah­rung be­ru­hen­de Ver­kehrs­an­schau­ung, wo­nach in al­ler Re­gel da­von aus­ge­gan­gen wer­den kann, dass ein Ehe­gat­te ei­ne für den an­de­ren Ehe­gat­ten be­stimm­te münd­li­che Erklärung die­sem als­bald über­mit­telt oder ein für den an­de­ren Ehe­gat­ten an­ge­nom­me­nes Schriftstück die­sem als­bald aushändigt, ist nicht er­for­der­lich, dass sich der Emp­fangs­bo­te bei der Ent­ge­gen­nah­me der Wil­lens­erklärung in der Woh­nung der Ehe­gat­ten aufhält (vgl. für nicht in der­sel­ben Woh­nung le­ben­de Emp­fangs­bo­ten BAG 11. No­vem­ber 1992 - 2 AZR 328/92 - AP BGB § 130 Nr. 18 = EzA BGB § 130 Nr. 24; OLG Köln 18. Ja­nu­ar 2006 - 22 U 164/05 - MDR 2006, 866). An wel­chem Ort ei­ne Wil­lens­erklärung ge­gen­über ei­nem Emp­fangs­bo­ten ab­ge­ge­ben wird, kann al­ler­dings für den Zeit­punkt des Zu­gangs der Wil­lens­erklärung beim Adres­sa­ten von Be­deu­tung sein.


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a) Ob ei­ne Wil­lens­erklärung dem Adres­sa­ten be­reits mit der Über­mitt­lung
an den Emp­fangs­bo­ten zu­geht oder erst dann, wenn mit der Wei­ter­ga­be der Erklärung durch den Emp­fangs­bo­ten an den Adres­sa­ten zu rech­nen ist, ist zwar um­strit­ten (vgl. zum Mei­nungs­streit Jous­sen Ju­ra 2003, 577, 579 f.; Her­bert NZA 1994, 391, 392). Den Vor­zug ver­dient je­doch die letzt­ge­nann­te An­sicht (so auch BGH 17. März 1994 - X ZR 80/92 - NJW 1994, 2613). Wird ei­ne Erklärung ge­genüber ei­nem Emp­fangs­bo­ten ab­ge­ge­ben, kommt es an­ders als bei ei­ner Emp­fangs­voll­macht al­lein auf die Per­son des Adres­sa­ten an. Erst wenn die­ser un­ter Zu­grun­de­le­gung gewöhn­li­cher Über­mitt­lungs­verhält­nis­se die (theo­re­ti­sche) Möglich­keit der Kennt­nis­nah­me hat, ist die an sei­nen Emp­fangs­bo­ten ab­ge­ge­be­ne Erklärung zu­ge­gan­gen. Denn der Emp­fangs­bo­te hat le­dig­lich die Funk­ti­on ei­ner per­so­ni­fi­zier­ten Emp­fangs­ein­rich­tung des Adres­sa­ten (BGH 17. März 1994 - X ZR 80/92 - aaO). Als des­sen Über­mitt­lungs­werk­zeug soll er die Wil­lens­erklärung ent­ge­gen­neh­men und an ihn wei­ter­lei­ten, al­so noch ei­ne Tätig­keit ent­fal­ten, um dem Adres­sa­ten die Möglich­keit der Kennt­nis­nah­me zu ver­schaf­fen. Vom Adres­sa­ten, auf den es für den Zu­gang al­lein an­kommt, kann da­her erst nach Ab­lauf der Zeit, die der Emp­fangs­bo­te für die Über­mitt­lungstätig­keit un­ter den ob­wal­ten­den Umständen nor­ma­ler­wei­se benötigt, er­war­tet wer­den, dass er von der Erklärung Kennt­nis neh­men kann. Nur die­se Auf­fas­sung wird der gängi­gen Zu­gangs­de­fi­ni­ti­on ge­recht, der­zu­fol­ge vom Zu­gang aus­zu­ge­hen ist, wenn die Wil­lens­erklärung so in den Be­reich des Erklärungs­empfängers ge­langt ist, dass er Kennt­nis neh­men kann oder un­ter nor­ma­len Umständen mit ei­ner Kennt­nis­nah­me zu rech­nen ist (Her­bert NZA 1994, 391, 392; Jous­sen aaO; Schwarz NJW 1994, 891).

b) Un­ter nor­ma­len Umständen war mit ei­ner Aushändi­gung des Kündi-
gungs­schrei­bens der Be­klag­ten vom 31. Ja­nu­ar 2008 an die Kläge­rin noch an die­sem Tag zu rech­nen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zwar kei­ne Fest­stel­lun­gen da­zu ge­trof­fen, wie lan­ge der Ehe­mann der Kläge­rin am 31. Ja­nu­ar 2008 im Bau- und Heim­wer­ker­markt ge­ar­bei­tet hat und zu wel­chem Zeit­punkt am 31. Ja­nu­ar 2008 un­ter gewöhn­li­chen Umständen mit sei­ner Rück­kehr in die Ehe­woh­nung und da­mit mit der Wei­ter­lei­tung des Kündi­gungs­schrei­bens an die Kläge­rin zu rech­nen war. Al­ler­dings hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht nur


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an­ge­nom­men, dass der Kläge­rin das Kündi­gungs­schrei­ben am 31. Ja­nu­ar 2008 zu­ge­gan­gen ist, son­dern auch, dass bei ei­ner Überg­a­be ei­nes Schrei­bens an ei­nen Emp­fangs­bo­ten für den Zeit­punkt des Zu­gangs noch der­je­ni­ge Zeit­raum hin­zu­zu­rech­nen ist, den der Emp­fangs­bo­te benötigt, um das Schrei­ben bei re­gelmäßigem Ver­lauf der Din­ge dem Adres­sa­ten aus­zuhändi­gen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt ist da­mit da­von aus­ge­gan­gen, dass der Kläge­rin das Kündi­gungs­schrei­ben un­ter gewöhn­li­chen Umständen noch am 31. Ja­nu­ar 2008 von ih­rem Ehe­mann hätte über­ge­ben wer­den können. Es hat fer­ner aus­geführt, dass die Be­klag­te mit ei­ner Aushändi­gung des Kündi­gungs­schrei­bens an die Kläge­rin noch am 31. Ja­nu­ar 2008 nach der Rück­kehr ih­res Ehe­manns in die Woh­nung rech­nen konn­te. Die­se Fest­stel­lun­gen hat die Kläge­rin nicht mit Rügen an­ge­grif­fen.

6. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu­tref­fend er­kannt, dass der Ehe­mann

der Kläge­rin es am 31. Ja­nu­ar 2008 nicht ab­ge­lehnt hat, das Kündi­gungs­schrei­ben an die Kläge­rin wei­ter­zu­lei­ten.

a) Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (11. No­vem­ber

1992 - 2 AZR 328/92 - AP BGB § 130 Nr. 18 = EzA BGB § 130 Nr. 24) muss ein Ar­beit­neh­mer die Kündi­gung grundsätz­lich nicht als zu­ge­gan­gen ge­gen sich gel­ten las­sen, wenn ein als Emp­fangs­bo­te an­zu­se­hen­der Fa­mi­li­en­an­gehöri­ger des ab­we­sen­den Ar­beit­neh­mers die An­nah­me ei­nes Kündi­gungs­schrei­bens des Ar­beit­ge­bers ab­lehnt. Dies gilt al­ler­dings dann nicht, wenn der Ar­beit­neh­mer auf die An­nah­me­ver­wei­ge­rung, et­wa durch vor­he­ri­ge Ab­spra­che mit dem An­gehöri­gen, Ein­fluss ge­nom­men hat. Ob an die­ser Recht­spre­chung, die auf Zu­stim­mung (Sand­mann AcP 199 [1999] S. 455, 474 f.), aber auch auf Kri­tik (Her­bert NZA 1994, 391, 393 ff.; Schwarz NJW 1994, 891) ges­toßen ist, fest­zu­hal­ten ist, be­darf kei­ner Ent­schei­dung. Zu­guns­ten der Kläge­rin kann da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass ihr das Kündi­gungs­schrei­ben der Be­klag­ten vom 31. Ja­nu­ar 2008 nicht an die­sem Tag zu­ge­gan­gen wäre, wenn es ihr Ehe­mann ab­ge­lehnt hätte, das Kündi­gungs­schrei­ben an sie wei­ter­zu­lei­ten. Ent­ge­gen der An­sicht der Kläge­rin hat sich ihr Ehe­mann am 31. Ja­nu­ar 2008


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nicht ge­genüber dem Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten G ge­wei­gert, ihr das Kündi­gungs­schrei­ben aus­zuhändi­gen.

b) Der In­halt von Wil­lens­erklärun­gen ist nach § 133 BGB ob­jek­tiv un­ter
Berück­sich­ti­gung der Umstände des Ein­zel­falls nach der Sicht des Empfängers zu be­stim­men. Das Ge­richt muss die von den Par­tei­en für und ge­gen die Aus­le­gung gel­tend ge­mach­ten Umstände abwägen. Im Ur­teil ist nach­voll­zieh­bar dar­zu­le­gen, aus wel­chen Gründen das Ge­richt zu sei­nem Er­geb­nis ge­langt ist. Der in der aus­zu­le­gen­den Erklärung bzw. in dem aus­zu­le­gen­den Ver­hal­ten verkörper­te recht­lich maßgeb­li­che Wil­le ist zu er­mit­teln. Kann ei­ne sol­che Fest­stel­lung nicht ge­trof­fen wer­den, so sind die je­wei­li­gen Erklärun­gen bzw. das Ver­hal­ten ei­ner Par­tei je­weils aus der Sicht des Erklärungs­empfängers bzw. der an­de­ren Par­tei so aus­zu­le­gen, wie sie nach Treu und Glau­ben un­ter Berück­sich­ti­gung der Ver­kehrs­sit­te ver­stan­den wer­den durf­ten (vgl. Se­nat 24. Ju­ni 2010 - 6 AZR 75/09 - ZTR 2010, 646). Die Aus­le­gung nicht­ty­pi­scher Wil­lens­erklärun­gen un­ter­liegt da­bei nur ei­ner ein­ge­schränk­ten re­vi­si­ons­recht­li­chen Kon­trol­le. Vom Re­vi­si­ons­ge­richt ist sie nur da­hin zu über­prüfen, ob die Aus­le­gungs­re­geln der §§ 133, 157 BGB ver­letzt wor­den sind, ge­gen Denk­ge­set­ze oder all­ge­mei­ne Er­fah­rungssätze ver­s­toßen oder Umstände, die für die Aus­le­gung von Be­deu­tung sein können, außer Be­tracht ge­las­sen wor­den sind (st. Rspr., vgl. Se­nat 24. Ju­ni 2010 - 6 AZR 75/09 - aaO; 17. De­zem­ber 2009 - 6 AZR 716/08 - Rn. 19 mwN, EzTöD 120 TVöD-K § 8.1 Nr. 3).

c) Die­sem ein­ge­schränk­ten Prüfungs­maßstab hält die Aus­le­gung des
Lan­des­ar­beits­ge­richts stand.

aa) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt ist zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass es

der Ehe­mann der Kläge­rin ge­genüber dem Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten G nicht aus­drück­lich ab­ge­lehnt hat, das Kündi­gungs­schrei­ben der Be­klag­ten vom 31. Ja­nu­ar 2008 an die Kläge­rin wei­ter­zu­lei­ten. Wenn das Lan­des­ar­beits­ge­richt die Erklärung des Ehe­manns der Kläge­rin, die An­ge­le­gen­heit müsse zwi­schen der Be­klag­ten und sei­ner Ehe­frau ge­re­gelt wer­den, nicht als Ab­leh­nung ge­wer­tet hat, das Kündi­gungs­schrei­ben mit nach Hau­se zu neh­men und es der Kläge­rin zu über­ge­ben, ist dies re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den.


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bb) So­weit das Lan­des­ar­beits­ge­richt an­ge­nom­men hat, der Ehe­mann der

Kläge­rin ha­be das Kündi­gungs­schrei­ben am 31. Ja­nu­ar 2008 ver­ges­sen, und dar­aus ei­ne grundsätz­li­che Be­reit­schaft des Ehe­manns der Kläge­rin ab­ge­lei­tet hat, das Kündi­gungs­schrei­ben an die Kläge­rin wei­ter­zu­lei­ten, hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht näher be­gründet, wor­auf sei­ne An­nah­me be­ruht, dass der Ehe­mann der Kläge­rin am 31. Ja­nu­ar 2008 ver­ges­sen hat, das Kündi­gungs­schrei­ben mit nach Hau­se zu neh­men. Die Kläge­rin hat dies nicht be­haup­tet, son­dern nur vor­ge­tra­gen, ihr Ehe­mann ha­be das Kündi­gungs­schrei­ben am 31. Ja­nu­ar 2008 zunächst an sei­nem Ar­beits­platz lie­gen las­sen und ihr erst am 1. Fe­bru­ar 2008 über­ge­ben. Die Be­klag­te hat in ih­rem Schrift­satz vom 6. Ok­to­ber 2008 auf die­ses Vor­brin­gen Be­zug ge­nom­men und die An­sicht ver­tre­ten, es sei un­er­heb­lich, ob der Ehe­mann der Kläge­rin das Kündi­gungs­schrei­ben ver­ges­sen ha­be oder es mit Ab­sicht an sei­nem Ar­beits­platz ha­be lie­gen las­sen. In der Be­ru­fungs­be­gründung vom 26. April 2009 hat die Be­klag­te al­ler­dings vor­ge­tra­gen, der Ehe­mann der Kläge­rin ha­be an­ge­ge­ben, die Mit­nah­me des Kündi­gungs­schrei­bens ver­ges­sen zu ha­ben. Selbst wenn das Lan­des­ar­beits­ge­richt die­sen Vor­trag zu Un­recht als un­strei­tig an­ge­se­hen und der Ehe­mann der Kläge­rin am 31. Ja­nu­ar 2008 die Mit­nah­me des Kündi­gungs­schrei­bens nicht ver­ges­sen hätte, wäre maßge­bend, dass das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­tref­fend an­ge­nom­men hat, der Ehe­mann der Kläge­rin hätte ei­ne Wei­ge­rung, das Kündi­gungs­schrei­ben an sei­ne Ehe­frau wei­ter­zu­lei­ten, deut­lich zum Aus­druck brin­gen müssen. Dar­an fehlt es. Nach den von der Kläge­rin nicht an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts hat ihr Ehe­mann den Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten G we­der auf­ge­for­dert, das Kündi­gungs­schrei­ben wie­der mit­zu­neh­men, noch erklärt, dass er die­ses Schrei­ben an die Kläge­rin nicht wei­ter­lei­ten wer­de. Oh­ne ei­ne sol­che Erklärung des Ehe­manns der Kläge­rin durf­te die Be­klag­te von ei­ner Wei­ter­lei­tung des Kündi­gungs­schrei­bens an die Kläge­rin noch am 31. Ja­nu­ar 2008 aus­ge­hen.


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II. Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO hat die Kläge­rin die Kos­ten ih­rer er­folg­lo­sen

Re­vi­si­on zu tra­gen.

Fi­scher­mei­er Brühler Spel­ge

Spie­ker­mann Sie­berts

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