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Kün­di­gungs­schutz­kla­ge - An­fech­tung ei­nes Ver­gleichs

Die An­fech­tung ei­nes im Kün­di­gungs­schutz­pro­zess ge­schlos­se­nen Ver­gleichs ist nur in sel­te­nen Aus­nah­me­fäl­len mög­lich: Lan­des­ar­beits­ge­richt Schles­wig-Hol­stein, Ur­teil vom 27.09.2011, 1 Sa 538 e/10
Stempelabdruck auf Papier WIDERRUFEN, Holzstempel Ein ge­richt­li­cher Ver­gleich ist schnell ge­macht und hält ewig.

13.04.2012. Ob ei­ne Kün­di­gung wirk­sam ist oder nicht, ist oft un­klar. Für ge­kün­dig­te Ar­beit­neh­mer emp­fiehlt sich dann ei­ne Kün­di­gungs­schutz­kla­ge. Denn selbst wenn man kein ernst­haf­tes In­ter­es­se (mehr) an der Fort­set­zung sei­nes Ar­beits­ver­hält­nis­ses hat, bie­tet ein Kün­di­gungs­schutz­pro­zess ei­nen gu­ten Rah­men, um sich auf ein ge­ord­ne­tes En­de des Ar­beits­ver­hält­nis­ses zu ei­ni­gen. Da­bei geht es meist um ei­ne Ab­fin­dung und um den In­halt des Zeug­nis­ses.

Das Er­geb­nis die­ser Ver­hand­lun­gen ist ein vor Ge­richt ver­ein­bar­ter Ver­gleich, d.h. ein Ver­trag, der zu­gleich den Kün­di­gungs­schutz­pro­zess be­en­det und da­mit ein Ur­teil über­flüs­sig macht. Ein sol­cher Ver­gleich ent­hält oft ei­ne Aus­gleichs­klau­sel, d.h. ei­nen „Schluss­strich“, dem zu­fol­ge al­le ge­gen­sei­ti­gen An­sprü­che mit dem Ver­gleich er­le­digt sind. Ob ei­ne sol­che Ge­ne­ral­ber­ei­ni­gung ei­ne gu­te Idee ist, soll­te man sich vor­her über­le­gen, denn die An­fech­tung ei­nes Ver­gleichs ist nur in sel­te­nen Aus­nah­me­fäl­len mög­lich, wie ein ak­tu­el­ler Fall des Lan­des­ar­beits­ge­richts (LAG) Schles­wig-Hol­stein zeigt (Ur­teil vom 27.09.2011, 1 Sa 538 e/10).

Darf ein Ar­beit­neh­mer im Kündi­gungs­schutz­pro­zess vor Ab­schluss ei­nes Ver­gleichs Pflicht­verstöße ver­schwei­gen?

Wer ei­ne Kündi­gung er­hal­ten hat, muss in­ner­halb von drei Wo­chen ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­he­ben, denn sonst steht die Wirk­sam­keit der Kündi­gung endgültig fest, § 4 Kündi­gungs­schutz­ge­setz (KSchG) in Verb. mit § 7 KSchG. Dann ver­blei­ben meist nur we­ni­ge Wo­chen bis zu ei­ner Güte­ver­hand­lung, in der das Ge­richt ver­sucht, Ar­beit­neh­mer und Ar­beit­ge­ber zu ei­ner gütli­chen Ei­ni­gung zu be­we­gen, d.h. zu ei­nem Ver­gleich.

Ein sol­cher Ver­gleich ist ein Ver­trag, der in § 779 Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB) ge­re­gelt ist. Er enthält oft ei­ne Aus­gleichs­klau­sel, der zu­fol­ge al­le ge­gen­sei­ti­gen Ansprüche er­le­digt sein sol­len. Das schützt bei­de Sei­ten vor späte­ren Nach­for­de­run­gen, ver­nich­tet aber an­de­rer­seits auch Ansprüche, an die man beim Ver­gleich nicht ge­dach­at hat. Wer aus die­sem Grun­de ei­nen Ver­gleich be­reut, kann ver­su­chen, ihn an­zu­fech­ten, z.B. we­gen „arg­lis­ti­ger Täuschung“ gemäß § 142 BGB in Verb. mit § 123 BGB. Das klappt aber nur sel­ten. Der Fall des LAG Schles­wig-Hol­stein zeigt, war­um.

Beim Aus­han­deln ei­nes Ver­gleichs im Kündi­gungs­schutz­ver­fah­ren ist sich je­der selbst der Nächs­te

Ei­ne Zeit­ar­beits­fir­ma hat­te ih­rem Nie­der­las­sungs­lei­ter or­dent­lich gekündigt. An sei­nem letz­ten Ar­beits­tag vor Aus­spruch der Kündi­gung hat­te er noch ei­ne Kas­sen­ab­rech­nung vor­ge­nom­men. Der Ab­rech­nung zu­fol­ge hätten 8.450,13 EUR in der Kas­se sein müssen, tatsächlich wa­ren es nur 534,59 EUR. Sechs Wo­chen später fand vor dem Ar­beits­ge­richt ei­ne Güte­ver­hand­lung statt, denn in­zwi­schen hat­te der Nie­der­las­sungs­lei­ter Kündi­gungs­schutz­kla­ge ein­ge­reicht. Im Güte­ter­min ver­ein­bar­ten die Par­tei­en ei­nen Ver­gleich über die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses so­wie über ei­ne Ab­fin­dung von 3.300,00 EUR. Mit dem Ver­gleich soll­ten sämt­li­che ge­gen­sei­ti­gen Ansprüche er­le­digt sein.

Kurz dar­auf erklärte die Zeit­ar­beits­fir­ma die An­fech­tung des Ver­gleichs we­gen arg­lis­ti­ger Täuschung. Sie un­ter­stell­te dem Nie­der­las­sungs­lei­ter ei­ne Un­ter­schla­gung von 7.915,54 EUR und fühl­te sich durch den Ver­gleich übertölpelt. Die An­fech­tung ließen aber we­der das Ar­beits­ge­richt Lübeck (Ur­teil vom 07.10.2010, 2 Ca 1679/10) noch das LAG gel­ten. Denn der Nie­der­las­sungs­lei­ter hat­te den Fehl­be­trag an sei­nem letz­ten Ar­beits­tag den zuständi­gen An­sprech­part­nern ge­genüber of­fen­ge­legt. Außer­dem hat­te er kei­ne Al­lein­ver­ant­wor­tung für die Kas­se, die in der Ver­gan­gen­heit öfter schon Fehl­beträge auf­wies.

Fa­zit: Wer im Kündi­gungs­schutz­pro­zess ei­nen Ver­gleich ab­sch­ließt, be­en­det zu­gleich ein Ar­beits­verhält­nis und ein Ge­richts­ver­fah­ren. Die­ses Bündel durch ei­ne An­fechung noch ein­mal auf­zu­schnüren, be­las­tet nicht nur den Ver­trags- und Pro­zess­geg­ner, son­dern auch das Ge­richt. Dafür braucht man gu­te Gründe, die hier im Streit­fall nicht vor­la­gen. Denn der Ar­beit­ge­ber hat­te lan­ge vor dem Ver­gleich al­le nöti­gen In­for­ma­tio­nen. Ei­ne Täuschung im Rechts­sin­ne lag hier nicht vor.

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Letzte Überarbeitung: 11. April 2018

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