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BAG, Ur­teil vom 12.04.2011, 9 AZR 14/10

   
Schlagworte: Arbeitszimmer
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 9 AZR 14/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 12.04.2011
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Lueneburg, Urteil vom 10.06.2008, 4 Ca 75/08
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 9.11.2009, 6 Sa 1114/08
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

9 AZR 14/10

6 Sa 1114/08

Lan­des­ar­beits­ge­richt

Nie­der­sach­sen

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am 12. April 2011

UR­TEIL

Brüne, Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­onskläger,

pp.

be­klag­tes, be­ru­fungs­be­klag­tes und re­vi­si­ons­be­klag­tes Land,

hat der Neun­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 12. April 2011 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Prof. Düwell, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Krasshöfer und Dr. Suckow so­wie die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin We­ge und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dr. Leit­ner für Recht er­kannt:


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Die Re­vi­si­on des Klägers ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Nie­der­sach­sen vom 9. No­vem­ber 2009 - 6 Sa 1114/08 - wird zurück­ge­wie­sen.

Der Kläger hat die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Der Kläger ver­langt von dem be­klag­ten Land, ihm sei­ne Auf­wen­dun­gen

für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer samt Büro­ein­rich­tung zu er­stat­ten.

Das be­klag­te Land beschäftigt den Kläger als Leh­rer an ei­ner Ge­samt-

schu­le. Der vom 11./27. Ok­to­ber 2004 da­tie­ren­de Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en sieht ua. fol­gen­de Re­ge­lun­gen vor:

㤠2

Das Ar­beits­verhält­nis be­stimmt sich nach dem Bun­des-An­ge­stell­ten­ta­rif­ver­trag (BAT) vom 23.02.1961 und den die­sen ergänzen­den oder ändern­den Ta­rif­verträgen so­wie den Ein­grup­pie­rungs­er­las­sen ... in der je­weils gel­ten­den Fas­sung.

Für das Ar­beits­verhält­nis gel­ten auch die Son­der­re­ge­lun­gen für An­ge­stell­te als Lehr­kräfte (SR 2l I BAT) und für Zeit­an­ge­stell­te, An­ge­stell­te für Auf­ga­ben von be­grenz­ter Dau­er und Aus­hilfs­an­ge­stell­te (SR 2y BAT).

...

§ 3

Die Zahl der re­gelmäßig zu er­tei­len­den Un­ter­richts­stun­den beträgt 26,5 pro Wo­che.“


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Der Kläger be­rei­tet den von ihm er­teil­ten Un­ter­richt zu Hau­se in ei­nem

von ihm ein­ge­rich­te­ten Ar­beits­zim­mer samt Büro­mit­teln vor und nach. Die da­mit ver­bun­de­nen Kos­ten mach­te er bis zum 31. De­zem­ber 2006 als ar­beits­be­ding­te Auf­wen­dun­gen steu­er­lich gel­tend.

Die Ein­schränkun­gen, die das Steu­erände­rungs­ge­setz 2007 mit Wir-

kung ab dem 1. Ja­nu­ar 2007 für die steu­er­li­che Ab­setz­bar­keit von Ar­beits­zim­mern vor­sah, nahm der Kläger zum An­lass, von dem be­klag­ten Land zu ver­lan­gen, ihm ein dienst­li­ches Ar­beits­zim­mer zur Verfügung zu stel­len. Hilfs­wei­se schlug er vor, sein Ar­beit­ge­ber möge das häus­li­che Ar­beits­zim­mer zum ortsübli­chen Miet­zins an­mie­ten und ihm zur Nut­zung über­las­sen. Das be­klag­te Land lehn­te die­ses An­sin­nen ab.

Der Kläger hat die Rechts­an­sicht ver­tre­ten, das be­klag­te Land sei ver-

pflich­tet, ihm die Kos­ten, die er für die Ein­rich­tung und Un­ter­hal­tung des häus­li­chen Ar­beits­zim­mers auf­wen­de, zu er­stat­ten. Das Leh­rer­zim­mer in der Schu­le bie­te nicht genügend Raum, um den Un­ter­richt un­ter Berück­sich­ti­gung der Vor­ga­ben im Lehr­plan qua­litäts­ge­recht vor- und nach­zu­be­rei­ten.

Der Kläger hat vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­letzt be­an­tragt,

1. das be­klag­te Land zu ver­ur­tei­len, an ihn 1.560,00 Eu­ro nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent über dem Ba­sis­zins­satz aus 120,00 Eu­ro seit dem 1. Fe­bru­ar 2007, aus 240,00 Eu­ro seit dem 1. März 2007, aus 360,00 Eu­ro seit dem 31. März 2007, aus 480,00 Eu­ro seit dem 1. Mai 2007, aus 600,00 Eu­ro seit dem 1. Ju­ni 2007, aus 720,00 Eu­ro seit dem 30. Ju­ni 2007, aus 840,00 Eu­ro seit dem 1. Au­gust 2007, aus 960,00 Eu­ro seit dem 1. Sep­tem­ber 2007, aus 1.080,00 Eu­ro seit dem 29. Sep­tem­ber 2007, aus 1.200,00 Eu­ro seit dem 1. No­vem­ber 2007, aus 1.320,00 Eu­ro seit dem 1. De­zem­ber 2007, aus 1.440,00 Eu­ro seit dem 31. De­zem­ber 2007, aus 1.560,00 Eu­ro seit dem 1. Fe­bru­ar 2008 zu zah­len;

2. fest­zu­stel­len, dass das be­klag­te Land ver­pflich­tet ist, an ihn mo­nat­lich 120,00 Eu­ro Auf­wen­dungs­er­satz ab Fe­bru­ar 2008 zu zah­len.


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Das be­klag­te Land hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Es ist der Auf-

fas­sung, we­der die Ein­rich­tung noch die kon­kre­te Aus­stat­tung des Ar­beits­zim­mers sei­en dienst­lich ver­an­lasst. Als an­ge­stell­ter Leh­rer dürfe der Kläger nicht bes­ser ste­hen als ver­be­am­te­te Leh­rer, de­nen Auf­wen­dungs­er­satz­an-sprüche nicht zustünden.

Die Vor­in­stan­zen ha­ben die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Mit der Re­vi­si­on ver-

folgt der Kläger le­dig­lich den Kla­ge­an­trag zu 2. wei­ter. In der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat hat der Kläger sein Fest­stel­lungs­be­geh­ren auf den Zeit­raum ab dem 1. Fe­bru­ar 2007 er­streckt und klar­ge­stellt, bei den gel­tend ge­mach­ten Beträgen han­de­le es sich um Brut­to­beträge.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on ist nicht be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be-

ru­fung des Klägers ge­gen das kla­ge­ab­wei­sen­de Ur­teil des Ar­beits­ge­richts im Er­geb­nis zu Recht zurück­ge­wie­sen. Das be­klag­te Land ist nicht ver­pflich­tet, an den Kläger ab dem 1. Fe­bru­ar 2007 mo­nat­lich 120,00 Eu­ro brut­to Auf­wen­dungs­er­satz zu zah­len.

I. Die Kla­ge ist zulässig. Ge­gen die von dem Kläger be­gehr­te Fest­stel­lung

be­ste­hen kei­ne durch­grei­fen­den Be­den­ken.

1. Die in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat erklärte An­trags-

ände­rung ist zulässig. So­weit der in der Re­vi­si­ons­ver­hand­lung al­lein ge­stell­te Fest­stel­lungs­an­trag hin­ter den in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung ge­stell­ten Kla­ge­anträgen zurück­bleibt, han­delt es sich um ei­ne Be­schränkung des Leis­tungs­be­geh­rens, die als sol­che nicht als Kla­geände­rung an­zu­se­hen ist (§ 264 Nr. 2 ZPO).

In den Vor­in­stan­zen hat der Kläger von dem be­klag­ten Land zum ei­nen

im We­ge der Leis­tungs­kla­ge ver­langt, an ihn für den Zeit­raum vom 1. Ja­nu­ar 2007 bis zum 31. Ja­nu­ar 2008 Auf­wen­dungs­er­satz nebst Zin­sen zu zah­len; zum an­de­ren hat er die ge­richt­li­che Fest­stel­lung be­gehrt, dass das be­klag­te


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Land ver­pflich­tet sei, ihm ab dem 1. Fe­bru­ar 2008 Auf­wen­dun­gen iHv. 120,00 Eu­ro brut­to mo­nat­lich zu er­set­zen. In der Re­vi­si­ons­in­stanz hat der Kläger sein Leis­tungs­be­geh­ren nicht wei­ter­ver­folgt. Statt­des­sen hat er den Fest­stel­lungs­an­trag auch auf den Zeit­raum vom 1. Ja­nu­ar 2007 bis zum 31. Ja­nu­ar 2008 er­streckt. Dies ist zulässig. Un­zulässig sind in der Re­vi­si­ons­in­stanz we­gen § 559 Abs. 1 ZPO nur Kla­geände­run­gen, mit de­nen neue Ansprüche in dem Rechts­streit ein­geführt wer­den sol­len. Denn der Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung in zwei­ter In­stanz bil­det nicht nur bezüglich des tatsächli­chen Vor­brin­gens, son­dern auch für den durch den An­trag und den Kla­ge­grund be­stimm­ten Streit­ge­gen­stand die Ent­schei­dungs­grund­la­ge für das Re­vi­si­ons­ge­richt. Geht der Kläger oh­ne Ände­rung des Kla­ge­grun­des vom Leis­tungs- zum Fest­stel­lungs­an­trag über, verändert dies nicht den Streit­ge­gen­stand. In­so­weit liegt nur ei­ne Be­schränkung des Kla­ge­an­trags vor, die nach § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Kla­geände­rung gilt und des­halb we­der der Ein­wil­li­gung der Ge­gen­par­tei noch der ge­richt­li­chen Fest­stel­lung, die Um­stel­lung des An­trags sei sach­dien­lich, be­darf. Ei­ne - wie hier - erklärte bloße An­trags­be­schränkung ist in der Re­vi­si­ons­in­stanz zulässig (BAG 14. De­zem­ber 2010 - 9 AZR 642/09 - Rn. 21, NZA 2011, 509).

2. Der Kläger hat ein recht­li­ches In­ter­es­se dar­an, durch das Ge­richt

fest­stel­len zu las­sen, ob das be­klag­te Land zum Er­satz von Auf­wen­dun­gen für das häus­li­che Ar­beits­zim­mer und des­sen Aus­stat­tung mit Büro­in­ven­tar ver­pflich­tet ist (§ 256 Abs. 1 ZPO).

a) Es steht der An­nah­me ei­nes Fest­stel­lungs­in­ter­es­ses nicht ent­ge­gen,

dass der Zeit­raum, auf den sich die be­gehr­te Fest­stel­lung er­streckt, teil­wei­se in der Ver­gan­gen­heit liegt. Der er­for­der­li­che Ge­gen­warts­be­zug (vgl. BAG 26. Sep­tem­ber 2002 - 6 AZR 523/00 - zu I 2 der Gründe, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 73 = EzA ZPO § 256 Nr. 67) wird da­durch her­ge­stellt, dass der Kläger ua. die Erfüllung kon­kre­ter Zah­lungs­ansprüche aus ei­nem in der Ver­gan­gen­heit lie­gen­den Zeit­raum und da­mit ei­nen ge­genwärti­gen recht­li­chen Vor­teil an­strebt (BAG 13. Au­gust 2009 - 6 AZR 177/08 - Rn. 9, AP TVöD § 5 Nr. 2). Das er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se er­gibt sich fer­ner aus dem Um­stand, dass der


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Kläger gel­tend macht, zum Zeit­punkt der Kla­ge­er­he­bung sei das be­klag­te Land zum Er­satz der gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dun­gen ver­pflich­tet ge­we­sen und er zu die­sem Zeit­punkt ge­zwun­gen ge­we­sen wäre, - teil­wei­se - Kla­ge auf künf­ti­ge Leis­tung zu er­he­ben (vgl. BAG 20. Ja­nu­ar 2009 - 9 AZR 677/07 - Rn. 19, BA­GE 129, 131).

b) Der grundsätz­lich gel­ten­de Vor­rang der Leis­tungs­kla­ge (vgl. BAG

11. De­zem­ber 2001 - 9 AZR 435/00 - zu I der Gründe, EzA ZPO § 256 Nr. 59) steht der Zulässig­keit des Fest­stel­lungs­an­trags nicht ent­ge­gen. Der Vor­rang der Leis­tungs­kla­ge dient dem Zweck, Rechts­strei­tig­kei­ten pro­zess­wirt­schaft­lich sinn­voll zu er­le­di­gen (vgl. BAG 15. März 2005 - 9 AZR 142/04 - zu III 1 der Gründe, BA­GE 114, 80). Da­nach ist ei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge zulässig, wenn mit ihr ei­ne sach­ge­rech­te, ein­fa­che Er­le­di­gung der auf­ge­tre­te­nen Streit­punk­te zu er­rei­chen ist und pro­zess­wirt­schaft­li­che Über­le­gun­gen ge­gen ei­nen Zwang zur Leis­tungs­kla­ge spre­chen (vgl. BAG 16. De­zem­ber 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 19, BA­GE 129, 72).

Die­se Vor­aus­set­zun­gen lie­gen vor. Das der Voll­stre­ckung nicht zugäng-

li­che Fest­stel­lungs­ur­teil ist ge­eig­net, den recht­li­chen Kon­flikt der Par­tei­en endgültig zu lösen und wei­te­re Pro­zes­se zu ver­mei­den. Zwi­schen den Par­tei­en be­steht le­dig­lich Streit über das „Ob“ der Zah­lungs­ver­pflich­tung, nicht über die Aus­ge­stal­tung der Leis­tungs­pflicht selbst.

II. Die Kla­ge ist nicht be­gründet. Für das Fest­stel­lungs­be­geh­ren des

Klägers fehlt es an ei­ner An­spruchs­grund­la­ge. Das be­klag­te Land ist nicht ver­pflich­tet, an den Kläger ab dem 1. Fe­bru­ar 2007 mo­nat­lich 120,00 Eu­ro brut­to Auf­wen­dungs­er­satz zu zah­len.

1. Die Par­tei­en ha­ben kei­ne Ver­ein­ba­rung ge­trof­fen, die das be­klag­te
Land ver­pflich­te­te, dem Kläger die Auf­wen­dun­gen für das häus­li­che Ar­beits­zim­mer samt Büro­in­ven­tar zu er­set­zen. Der Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en vom 11./27. Ok­to­ber 2004 enthält kei­ne der­ar­ti­gen Ab­spra­chen.

2. Der Kläger hat kei­nen ta­rif­ver­trag­li­chen Er­satz­an­spruch ge­gen das
be­klag­te Land. We­der der BAT nebst sei­nen Son­der­re­ge­lun­gen 2l I und 2y, auf

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die § 2 des Ar­beits­ver­trags der Par­tei­en ver­weist, noch der Ta­rif­ver­trag für den öffent­li­chen Dienst der Länder vom 12. Ok­to­ber 2006 - sei­ne An­wend­bar­keit zu­guns­ten des Klägers un­ter­stellt - se­hen Tat­bestände vor, die das Kla­ge­be­geh­ren recht­fer­ti­gen.

3. Der Kläger kann den von ihm er­ho­be­nen An­spruch nicht er­folg­reich auf

§ 670 BGB stützen.

a) Der Re­vi­si­on ist zu­zu­ge­ste­hen, dass die Ein­rich­tung des häus­li­chen
Ar­beits­zim­mers und die Aus­stat­tung des­sel­ben mit Büromöbeln und Büro­ma­te­ria­li­en un­ter den Rechts­be­griff der Auf­wen­dung fal­len.

Das Ge­setz de­fi­niert den Be­griff der Auf­wen­dung nicht, son­dern setzt

ihn vor­aus. Auf­wen­dun­gen sind frei­wil­li­ge Vermögens­op­fer, die der Be­auf­trag­te zur Er­rei­chung des Auf­trags­zwecks er­bringt. Ei­ne sol­che Leis­tung von Vermögens­wer­ten kann auch in der Nut­zung ei­ge­ner Räum­lich­kei­ten zur Erfüllung der Ar­beits­auf­ga­ben be­ste­hen. Denn in dem Zeit­raum, in dem der Ar­beit­neh­mer in dem häus­li­chen Ar­beits­zim­mer Ar­beits­leis­tun­gen er­bringt, steht ihm die Wohnfläche nicht zur pri­va­ten Nut­zung zur Verfügung (BAG 14. Ok­to­ber 2003 - 9 AZR 657/02 - zu IV 2 b der Gründe, AP BGB § 670 Nr. 32 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 1). Ent­spre­chen­des gilt für die Büromöbel und Büro­ma­te­ria­li­en, die der Kläger ua. zur Vor- und Nach­be­rei­tung des Un­ter­richts ein­setzt.

b) § 670 BGB fin­det auf das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en nicht un­mit­tel­bar An­wen­dung. Die Vor­schrift gehört dem Auf­trags­recht an. Die Par­tei­en ver­bin­det nicht ein Auf­trags­verhält­nis iSd. § 662 BGB, son­dern ein Ar­beits­verhält­nis iSd. § 611 BGB.

c) Auch bei ei­ner ent­spre­chen­den An­wen­dung des Auf­trags­rechts auf das
Rechts­verhält­nis der Par­tei­en be­steht kein Er­stat­tungs­an­spruch für die vom

Kläger gel­tend ge­mach­te mo­nat­li­che Auf­wands­pau­scha­le.

aa) Das Bun­des­ar­beits­ge­richt geht in ständi­ger Recht­spre­chung da­von aus

§ 670 BGB könne auf Ar­beits­verhält­nis­se ent­spre­chend an­ge­wen­det wer­den, ob­wohl Ar­beit­neh­mer nicht un­ent­gelt­lich iSd. § 662 BGB tätig wer­den (vgl. BAG


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14. Ok­to­ber 2003 - 9 AZR 657/02 - zu IV 1 der Gründe, AP BGB § 670 Nr. 32 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 1). Denn die auf­trags­recht­li­chen Be­stim­mun­gen im All­ge­mei­nen und § 670 BGB im Spe­zi­el­len ent­hal­ten recht­li­che Wer­tun­gen, die auf Ar­beits­verhält­nis­se über­tra­gen wer­den können. § 670 BGB will den Be­auf­trag­ten da­vor schützen, dass er durch die Geschäfts­be­sor­gung im In­ter­es­se des Auf­trag­ge­bers ei­nen Nach­teil er­lei­det. Die­ser Rechts­ge­dan­ke ist ver­all­ge­mei­ne­rungsfähig (vgl. BAG 14. Fe­bru­ar 1996 - 5 AZR 978/94 - zu I 1 der Gründe, BA­GE 82, 164). Un­abhängig von dem zu­grun­de lie­gen­den Rechts­verhält­nis kann der­je­ni­ge, der im In­ter­es­se ei­nes an­de­ren Auf­wen­dun­gen macht, von die­sem die getätig­ten Auf­wen­dun­gen er­setzt ver­lan­gen. Es ist je­doch zu berück­sich­ti­gen, dass Auf­wen­dun­gen, die ein Ar­beit­neh­mer zwecks Er­brin­gung der ver­trag­lich ge­schul­de­ten Ar­beits­leis­tung tätigt, im In­ter­es­se bei­der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en lie­gen können. Dem Ar­beit­ge­ber kann des­halb bei ent­spre­chen­der An­wen­dung des § 670 BGB nur dann das al­lei­ni­ge Tra­gen der Auf­wen­dun­gen auf­er­legt wer­den, wenn sein In­ter­es­se so weit über­wiegt, dass das In­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers ver­nachlässigt wer­den kann (BAG 16. Ok­to­ber 2007 - 9 AZR 170/07 - Rn. 28, BA­GE 124, 210).

bb) Die Be­ur­tei­lung der Fra­ge, ob ein Ar­beit­neh­mer, der ei­nen Teil der

Ar­beits­leis­tung in ei­nem häus­li­chen Ar­beits­zim­mer er­bringt, Er­satz sei­ner für er­for­der­lich ge­hal­te­nen Auf­wen­dun­gen ver­lan­gen kann, er­for­dert ei­ne ty­pi­sie­ren­de In­ter­es­sen­abwägung. Die­se fällt hier zu Un­guns­ten des Ar­beit­neh­mers aus.

(1) Der Ar­beit­ge­ber kann ein er­heb­li­ches In­ter­es­se dar­an ha­ben, dass der

Ar­beit­neh­mer sei­ne Ar­beits­leis­tung zu Hau­se er­bringt. Denn mit der Aus­la­ge­rung der Tätig­keit in den häus­li­chen Be­reich des Ar­beit­neh­mers er­spart er sich im Re­gel­fal­le Kos­ten für die Un­ter­hal­tung von Ar­beitsräum­en. Es ist der Ar­beit­ge­ber, der dem Ar­beit­neh­mer die Be­triebs­mit­tel, die für die Er­brin­gung der Ar­beits­leis­tung not­wen­dig sind, zur Verfügung zu stel­len hat (vgl. BAG 16. Ok­to­ber 2007 - 9 AZR 170/07 - Rn. 23, BA­GE 124, 210). Dies gilt ins­be­son­de­re für die be­trieb­li­chen Räume, in de­nen der Ar­beit­neh­mer sei­ne


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Ar­beits­leis­tung er­brin­gen soll (BAG 14. Ok­to­ber 2003 - 9 AZR 657/02 - zu IV 2 c der Gründe, AP BGB § 670 Nr. 32 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 1).

(2) Auch der Ar­beit­neh­mer kann ein In­ter­es­se an ei­nem häus­li­chen
Ar­beits­zim­mer ha­ben. Die Ein­rich­tung ei­nes sol­chen Ar­beits­plat­zes hat zur Fol­ge, dass sich der Ar­beit­neh­mer Fahrt­we­ge und da­mit Fahrt­zeit und Fahrt­kos­ten er­spart. Dies reicht zwar für sich ge­nom­men nicht aus, um ihn mit den Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer zu be­las­ten (vgl. BAG 14. Ok­to­ber 2003 - 9 AZR 657/02 - zu IV 1 der Gründe, AP BGB § 670 Nr. 32 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 1). Tritt aber hin­zu, dass der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer frei­ge­stellt hat, an wel­chem Ort er ei­nen we­sent­li­chen Teil sei­ner Ar­beits­leis­tung er­bringt, ist dies ein wich­ti­ges In­diz dafür, dass das In­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers an der Ein­rich­tung des häus­li­chen Ar­beits­zim­mers das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers über­wiegt.

(3) Nach § 106 Satz 1 Ge­wO kann der Ar­beit­ge­ber In­halt, Ort und Zeit der
Ar­beits­leis­tung nach bil­li­gem Er­mes­sen näher be­stim­men, so­weit die­se Ar­beits­be­din­gun­gen nicht durch den Ar­beits­ver­trag, Be­stim­mun­gen ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung, ei­nes an­wend­ba­ren Ta­rif­ver­trags oder ge­setz­li­che Vor­schrif­ten fest­ge­legt sind. Die Re­ge­lung in § 106 Satz 1 Ge­wO trägt der Ge­ge­ben­heit Rech­nung, dass Ar­beits­verträge nur ei­ne rah­menmäßig um­schrie­be­ne Leis­tungs­pflicht fest­le­gen können (BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 47, AP BGB § 307 Nr. 26). Das Di­rek­ti­ons­recht als „We­sens­merk­mal ei­nes je­den Ar­beits­verhält­nis­ses(BAG 23. Sep­tem­ber 2004 - 6 AZR 567/03 - Rn. 17, BA­GE 112, 80) ermöglicht es dem Ar­beit­ge­ber, die­se rah­menmäßig um­schrie­be­ne Leis­tungs­pflicht des Ar­beit­neh­mers im Ein­zel­nen nach zeit­li­cher Ver­tei­lung, Art und Ort un­ter Be­ach­tung bil­li­gen Er­mes­sens fest­zu­le­gen (vgl. BAG 15. Sep­tem­ber 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 52, AP Ge­wO § 106 Nr. 7 = EzA Ge­wO § 106 Nr. 4). Stellt der Ar­beit­ge­ber es dem Ar­beit­neh­mer frei, an wel­chem Ort er ei­nen Teil sei­ner Ar­beits­leis­tung zu er­brin­gen hat, ver­zich­tet er in­so­weit auf sein Di­rek­ti­ons­recht. Da­mit kor­re­spon­diert auf­sei­ten des Ar­beit­neh­mers ein Ge­winn an in­di­vi­du­el­ler Frei­heit.


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(4) Aus­ge­hend von die­sen Grundsätzen lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes

Auf­wen­dungs­er­satz­an­spruchs im Streit­fall nicht vor. Es be­steht ein über­wie­gen­des In­ter­es­se des Klägers dar­an, sich im ei­ge­nen häus­li­chen Be­reich ein Ar­beits­zim­mer ein­zu­rich­ten und die­ses mit Büromöbeln und Büro­ma­te­ria­li­en aus­zu­stat­ten. Das In­ter­es­se des be­klag­ten Lan­des an der Ein­rich­tung des Ar­beits­zim­mers tritt hier da­hin­ter zurück.

Der in Voll­zeit beschäftig­te Kläger hat nach § 3 des Ar­beits­ver­trags

re­gelmäßig 26,5 Un­ter­richts­stun­den pro Wo­che zu er­tei­len. Da­ne­ben schul­det er die ent­spre­chen­den Vor- und Nach­be­rei­tun­gen des Un­ter­richts. Das be­klag­te Land ver­zich­tet dar­auf, dem Kläger ei­nen Ort vor­zu­ge­ben, an dem er die Vor-und Nach­be­rei­tun­gen durchführt. Der Kläger nutzt die­sen Ver­zicht, um die­sen Teil der ar­beits­ver­trag­lich ge­schul­de­ten Tätig­keit statt in der Schu­le in dem von ihm ein­ge­rich­te­ten häus­li­chen Ar­beits­zim­mer zu leis­ten.

Aus der Wahl des häus­li­chen Ar­beits­zim­mers als Ar­beits­ort ent­ste­hen

dem Leh­rer zwar Auf­wen­dun­gen für die Nut­zung bzw. An­mie­tung, Aus­stat­tung und Be­wirt­schaf­tung ei­nes ent­spre­chen­den An­teils an der Wohnfläche. Die­se sind aber nur Fol­ge­kos­ten, die aus der vom Kläger ge­trof­fe­nen Wahl des häus­li­chen Ar­beits­orts ent­ste­hen. Da das be­klag­te Land dem Kläger an­heim­ge­stellt hat, die Räum­lich­kei­ten in der Schu­le für die Vor- und Nach­be­rei­tungs-ar­bei­ten zu nut­zen, sind die Kos­ten für das häus­li­che Ar­beits­zim­mer nicht zwangsläufig ent­stan­den. Der Kläger hat noch nicht ein­mal den Ver­such der tatsächli­chen In­an­spruch­nah­me der Schulräume und der dort be­find­li­chen Büro­ein­rich­tung un­ter­nom­men. Er war des­halb nicht be­rech­tigt, die­se Möglich­keit un­ter Hin­weis auf die be­schränk­ten Öff­nungs­zei­ten der Schu­le und die nach sei­ner theo­re­ti­schen Be­rech­nung un­zuläng­li­chen Ar­beits- und La­germöglich­kei­ten aus­zu­sch­ließen.

Un­berührt bleibt Rechts­fra­ge, ob das be­klag­te Land als Ar­beit­ge­ber

dem Kläger die sächli­chen Mit­tel hätte zur Verfügung stel­len müssen, die er­for­der­lich wa­ren, um den Un­ter­richt nach den Vor­ga­ben des Lehr­plans ord­nungs­gemäß zu ge­stal­ten. Der Kläger hat nicht dar­ge­tan, dass er die­se Mit­tel bei der zuständi­gen Stel­le kon­kret an­ge­for­dert und die­se ihm die Zur­ver-


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fügung­stel­lung ver­wei­gert hat, so­dass er im In­ter­es­se des be­klag­ten Lan­des ge­hal­ten ge­we­sen wäre, die­se Ar­beits­mit­tel auf ei­ge­ne Kos­ten an­zu­schaf­fen.

III. Der Kläger hat die Kos­ten der er­folg­lo­sen Re­vi­si­on zu tra­gen (§ 97

Abs. 1 ZPO).

Düwell Krasshöfer Ver­merk

Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Suckow ist in­fol­ge Ur­laubs an der Un­ter­schrift ver­hin­dert.

Düwell

D. We­ge Leit­ner

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