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LAG Schles­wig-Hol­stein, Ur­teil vom 21.01.2009, 3 Sa 317/08

   
Schlagworte: Annahmeverzug, Vergütung, Arbeitgeber, Direktionsrecht, Arbeitnehmer, Mitwirkungspflicht
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Aktenzeichen: 3 Sa 317/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 21.01.2009
   
Leitsätze:

1. Vorgespräche zur Erzielung einer Einigung über die auszuübende Tätigkeit ersetzen im Falle der Nichteinigung nicht die Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers, dem nicht beschäftigten arbeitsfähigen und arbeitswilligen Arbeitnehmer eine konkrete Arbeit zuzuweisen. Anderenfalls gerät er in Annahmeverzug.

2. Solange eine Zuweisung eines Arbeitsplatzes seitens des Arbeitgebers nicht erfolgt, kann dem Arbeitnehmer in Bezug auf betrieblich mögliche anderweitige Tätigkeiten nicht "böswilliges" Unterlassen im Sinne des § 615 Satz 2 BGB von Erwerbsmöglichkeiten vorgeworfen werden.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Kiel
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt Schles­wig-Hol­stein

Ak­ten­zei­chen: 3 Sa 317/08
öD 1 Ca 630 b/08 ArbG Kiel (Bit­te bei al­len Schrei­ben an­ge­ben!)

 

Verkündet am 21.01.2009

gez. ...
als Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

Ur­teil

Im Na­men des Vol­kes

In dem Rechts­streit

pp.

hat die 3. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Schles­wig-Hol­stein auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 21.01.2009 durch die Vor­sit­zen­de Rich­te­rin am Lan­des­ar­beits­ge­richt ... als Vor­sit­zen­de und d. eh­ren­amt­li­chen Rich­ter ... als Bei­sit­zer und d. eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin ... als Bei­sit­ze­rin

für Recht er­kannt:

 

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1. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Kiel vom 12.06.2008 – Ak­ten­zei­chen öD 1 Ca 630 b/08 – wird zurück­ge­wie­sen.

2. Auf­grund der Kla­ger­wei­te­rung des Klägers wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Kiel vom 12.06.2008 ab­geändert:

Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger für die Mo­na­te März bis ein­sch­ließlich De­zem­ber 2008 ei­ne Ar­beits­vergütung in Höhe von 53.179,50 EUR brut­to zu zah­len.

3. Hin­sicht­lich der Kos­ten I. In­stanz bleibt es bei der erst­in­stanz­li­chen Kos­ten­ent­schei­dung. Von den Kos­ten II. In­stanz trägt der Kläger 6 %, die Be­klag­te 94 %.

4. Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-

Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Ge­gen die­ses Ur­teil ist ein Rechts­mit­tel nicht ge­ge­ben. Im Übri­gen wird auf § 72a ArbGG ver­wie­sen.

 

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Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten nach Kla­ger­wei­te­rung im Be­ru­fungs­ver­fah­ren um Vergütungs­ansprüche un­ter dem Ge­sichts­punkt des An­nah­me­ver­zu­ges für die Mo­na­te März bis nun­mehr ein­sch­ließlich De­zem­ber 2008.

Der Kläger ist am ...1962 ge­bo­ren, ge­lern­ter Ma­schi­nen­bau­in­ge­nieur und seit 1986 bei der Be­klag­ten beschäftigt. Vom 01.04.1999 bis letzt­end­lich 31.12.2005 war er zum Geschäftsführer bei der Toch­ter­ge­sell­schaft S... be­stellt und ab­ge­ord­net. Während der Dau­er der Geschäftsführ­ertätig­keit wur­de das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis zum Ru­hen ge­bracht. Die Toch­ter­ge­sell­schaft S... wur­de an die Fir­ma R... ver­kauft und die Geschäftsführ­ertätig­keit des Klägers be­en­det. Das Ar­beits­verhält­nis leb­te am 01.01.2006 wie­der auf.

Der Kläger war vor sei­ner Geschäftsführ­ertätig­keit als Ab­tei­lungs­lei­ter bei der Be­klag­ten beschäftigt. Maßgeb­li­che Vergütungs­grup­pe für die ar­beits­ver­trag­lich ge­schul­de­te Tätig­keit ist Ent­gelt­grup­pe 14 des Ta­rif­ver­tra­ges der Ver­sor­gungs­be­trie­be (TV-V). Der Ab­tei­lungs­lei­ter-Tätig­keits­be­reich war in den zurück­lie­gen­den Jah­ren während der Geschäftsführ­ertätig­keit des Klägers von der Be­klag­ten al­ler­dings ab­ge­schafft wor­den.

Ab 01.01.2006 hat­te die Be­klag­te den Kläger da­her zunächst als Ent­sor­gungs­ma­na­ger ein­ge­setzt. Im Rah­men ei­nes Kla­ge­ver­fah­rens hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Schles­wig-Hol­stein mit Ur­teil vom 09.11.2006 (4 Sa 178/06) rechts­kräftig fest­ge­stellt, dass die Be­klag­te nicht be­rech­tigt ist, dem Kläger den Ar­beits­platz als „Lei­ter der St­abs­stel­le Ent­sor­gung“ zu­zu­wei­sen, weil die­se Tätig­keit al­len­falls die Wer­tig­keit der Ent­gelt­grup­pe 11 TV-V, aber nicht die Wer­tig­keit der Ent­gelt­grup­pe 14 TV-V hat. Der Beschäfti­gungs­an­trag des Klägers schei­ter­te an der hin­rei­chen­den Be­stimmt­heit und Be­stimm­bar­keit.

Der Kläger hat der Be­klag­ten nach die­sem Ur­teil an­ge­bo­ten, vorüber­ge­hend die Tätig­keit als Ent­sor­gungs­ma­na­ger wei­ter aus­zuüben, bis ei­ne adäqua­te Beschäfti­gung

 

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für ihn ge­fun­den sei. Die Be­klag­te lehn­te die­ses An­ge­bot je­doch ab und nahm die Zu­wei­sung der Tätig­keit als Ent­sor­gungs­ma­na­ger mit Schrei­ben vom 04.12.2006 zurück (Bl. 41 d.A.).

Mit Da­tum vom 01.12.2006 wur­de im Be­trieb der Be­klag­ten rück­wir­kend zum 01.01.2006 ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung „Fach­kräfte-Ser­vice“ ge­schlos­sen. In­so­weit han­delt es sich um ei­ne in­ter­ne Per­so­nal-Ser­vice-Agen­tur zum Zwe­cke der Ver­mitt­lung von Mit­ar­bei­tern, de­ren Ar­beits­platz ent­fal­len ist (An­la­ge B 3, Bl. 100 ff. d.A.). Mit Wir­kung zum 01.01.2007 ver­setz­te die Be­klag­te den Kläger in den Be­reich „Fach­kräfte-Ser­vice“. Nach­dem es von dort aus zu kei­ner Beschäfti­gung des Klägers kam, er­hob die­ser am 19.02.2007 ei­ne Kla­ge auf Beschäfti­gung vor dem Ar­beits­ge­richt Kiel (Ak­ten­zei­chen 1 Ca 343 b/07). Im An­schluss an die Güte-Ver­hand­lung des Ver­fah­rens am 12.03.2007 tra­fen die Par­tei­en ei­ne außer­ge­richt­li­che Ver­ein­ba­rung zur Vor­ge­hens­wei­se der Su­che nach ei­ner wei­te­ren Beschäfti­gung des Klägers. Die Be­klag­te soll­te dem Kläger Vor­schläge für kon­kre­te Ar­beits­an­ge­bo­te mit min­des­tens ei­ner annähernd adäqua­ten Beschäfti­gung des Klägers un­ter­brei­ten. De­tails die­ser Ab­spra­chen sind strei­tig.

Mit Schrei­ben vom 28.03.2007 und 12.04.2007 er­in­ner­te der Kläger an Un­ter­brei­tung von Ar­beits­an­ge­bo­ten.

Mit Da­tum vom 20.04.2007 hat die Be­klag­te in ih­rem Be­trieb ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung ge­schlos­sen, die u.a. den Aus­schluss be­triebs­be­ding­ter Kündi­gun­gen bis zum 30.06.2013 fest­schreibt.

Am 22.05.2007 bat die Be­klag­te den Kläger, sich mit der Fir­ma M...GmbH in M... in Ver­bin­dung zu set­zen, ei­nem Kon­zern­un­ter­neh­men der Mehr­heits­ak­ti­onärin der Be­klag­ten. Es ging um die Möglich­keit ei­nes dor­ti­gen pro­jekt­be­zo­ge­nen be­fris­te­ten Ein­sat­zes des Klägers (An­la­ge K6, Bl. 49 d.A.). Der wei­te­re Ver­lauf ist strei­tig. Zu ei­ner Beschäfti­gung des Klägers bei der M... kam es nicht.

Im In­tra­net der Be­klag­ten wa­ren Stel­len aus­ge­schrie­ben, al­ler­dings ein­grup­piert bis ma­xi­mal Ent­gelt­grup­pe 13 TV-V.

 

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Am 08.10.2007 kam es zu ei­nem Per­so­nal­gespräch der Be­klag­ten mit dem Kläger, in dem die­sem vor­ge­schla­gen wur­de, sich bei der Fir­ma H... in N... auf zwei dort of­fe­ne Stel­len als Ab­tei­lungs­lei­ter Ein­kauf und/oder Ab­tei­lungs­lei­ter Contrac­ting zu be­wer­ben. Ei­ne dor­ti­ge Ar­beits­auf­nah­me, zu wel­chen Kon­di­tio­nen auch im­mer, wäre mit ei­ner Auf­he­bungs­ver­ein­ba­rung zwi­schen den Par­tei­en die­ses Rechts­streits ver­bun­den ge­we­sen. Der Kläger be­warb sich auf die bei­den frei­en Stel­len nicht.

Letzt­end­lich kam es am 20.02.2008 zu ei­nem – letz­ten – Per­so­nal­gespräch zwi­schen den Par­tei­en. In die­sem wur­de dem Kläger vor­ge­schla­gen, die Po­si­ti­on ei­nes „Grup­pen­lei­ters In­fra­struk­tu­rel­les Gebäude­ma­nage­ment“ zu über­neh­men. In der Stel­len­aus­schrei­bung wird die Stel­len­be­wer­tung mit TV-V 12 - 14 an­ge­ge­ben (An­la­ge K 12, Bl. 62 d.A.). Die Tätig­keit wäre mit ei­ner Per­so­nal­ver­ant­wor­tung für 40 Ar­beit­neh­mer ver­bun­den ge­we­sen. Die Be­klag­te hat­te in den Vor­pro­zes­sen dem Kläger Per­so­nalführungs­kom­pe­tenz ab­ge­spro­chen. Mit Schrei­ben vom 27.02.2008 mach­te der Kläger gel­tend, die­ses An­ge­bot sei un­ter­wer­tig (und ent­spre­che nicht den ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen, Bl. 57 – 61 d.A.). Er lehn­te es nicht aus­drück­lich ab, die­se Tätig­keit – ggf. vorläufig – aus­zuüben.

Mit Schrei­ben vom 07.03.2008 (Bl. 64 ff. d.A.) ord­ne­te die Be­klag­te die Vor­ge­hens­wei­se des Klägers als treu­wid­rig ein und lehn­te nun­mehr es ab, dem Kläger künf­tig ei­ne Vergütung zu be­zah­len.

Der Kläger ist Mit­ei­gentümer des Grundstückes ...straße 26 – 28 in K... im Rah­men ei­ner BGB-Ge­sell­schaft. Das Grundstück wird ge­nutzt von der Fir­ma A... Nord GmbH und der Fir­ma A... Nord-Ost GmbH. Der Kläger hält sich zu­min­dest zeit­wei­lig auf die­sem Grundstück während der Geschäfts­zei­ten auf. Die wei­te­ren Ein­zel­hei­ten sind zwi­schen den Par­tei­en strei­tig.

Der Kläger er­hob am 04.04.2008 Zah­lungs­kla­ge, zunächst nur ge­rich­tet auf die Vergütung für März in Höhe von un­strei­tig 5.317,95 EUR brut­to. Die­se Zah­lungs­kla­ge wur­de erst­in­stanz­lich nach und nach er­wei­tert auf ins­ge­samt den Zeit­raum März 2008 bis ein­sch­ließlich Mai 2008.

 

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Der Kläger hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Be­klag­te be­fin­de sich im An­nah­me­ver­zug, da sie es versäumt ha­be, ihm ei­ne ver­trags­kon­for­me Ar­beit im Rah­men ih­res Di­rek­ti­ons­rechts zu­zu­wei­sen. Der Kläger sei nicht ver­pflich­tet ge­we­sen, ei­ne Tätig­keit bei der M... GmbH in M... zu über­neh­men, ha­be zunächst auch kei­nen Kon­takt be­kom­men und schließlich le­dig­lich ein An­ge­bot ei­ner tatsächlich noch nicht vor­han­de­nen, son­dern erst in Pla­nung be­find­li­chen und auf we­ni­ge Wo­chen be­fris­te­ten Tätig­keit er­hal­ten. Die Be­klag­te ha­be den Kläger auch nicht auf­ge­for­dert, sich auf ex­ter­ne Stel­len zu be­wer­ben. Hin­sicht­lich der be­triebs­in­ter­nen Stel­len ha­be der Kläger nach Frei­stel­lung kei­nen Zu­gang zum In­tra­net der Be­klag­ten ge­habt. Ihm sei­en die­se Stel­len nicht be­kannt ge­we­sen. Des Wei­te­ren sei es nicht sei­ne Auf­ga­be, sich bei der Be­klag­ten ei­ne Tätig­keit zu su­chen. Hin­sicht­lich der Tätig­keit als „Grup­pen­lei­ter In­fra­struk­tu­rel­les Gebäude­ma­nage­ment“ ha­be der Kläger die­se Auf­ga­be auch nicht ab­ge­lehnt, son­dern le­dig­lich dar­auf hin­ge­wie­sen, dass auch die­se Tätig­keit nicht den ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen ent­spre­che. Es sei der Be­klag­ten un­be­nom­men ge­blie­ben, dem Kläger die­se Tätig­keit zu­zu­wei­sen, die er, wenn auch un­ter dem Vor­be­halt ge­richt­li­cher Über­prüfung, auf­ge­nom­men hätte. Im An­schluss an die Güte-Ver­hand­lung vom 12.03.2007 sei kei­ne Ver­ein­ba­rung da­hin­ge­hend ge­schlos­sen wor­den, die das Di­rek­ti­ons­recht der Be­klag­ten ein­ge­schränkt ha­be. Für die auf sei­nem Grundstück in K... ansässi­gen Fir­men ha­be er kei­ne Er­werbstätig­keit aus­geübt und tue dies auch nach wie vor nicht .Es bestünden le­dig­lich Gefällig­keits- und Freund­schafts­kon­tak­te.

Der Kläger hat zu­letzt erst­in­stanz­lich be­an­tragt,

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Kläger für die Mo­na­te März, April und Mai 2008 ei­ne Ar­beits­vergütung in Höhe von 15.953,85 EUR brut­to zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

 

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Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dem Kläger ste­he ei­ne An­nah­me­ver­zugs­vergütung nicht zu, da er die kon­kret an­ge­bo­te­ne Tätig­keit als „Grup­pen­lei­ter In­fra­struk­tu­rel­les Gebäude­ma­nage­ment“ ab­ge­lehnt ha­be. Die Stel­le sei der Ent­gelt­grup­pe 14 TV-V zu­zu­ord­nen. Die Ab­leh­nung die­ser Beschäfti­gungsmöglich­keit sei treu­wid­rig ge­we­sen. Der Be­klag­ten sei es in die­sem Zu­sam­men­hang ver­wehrt ge­we­sen, die Stel­le dem Kläger per Di­rek­ti­ons­recht zu­zu­wei­sen. Die Par­tei­en hätten anläss­lich der Güte-Ver­hand­lung vom 12.03.2007 ei­ne Re­du­zie­rung des Di­rek­ti­ons­rechts ver­ein­bart. Da man über die aus­zuüben­de Tätig­keit Ein­ver­neh­men ha­be er­zie­len wol­len, sei es der Be­klag­ten nicht möglich ge­we­sen, dem Kläger oh­ne sei­ne Zu­stim­mung zu die­ser Tätig­keit ei­ne sol­che zu­zu­wei­sen. Das Schrei­ben des Klägers vom 27.02.2008 könne nur als Ab­leh­nung der vor­ge­schla­ge­nen Tätig­keit ver­stan­den wer­den.

Des Wei­te­ren sei der Kläger gar nicht wil­lens und in der La­ge, die ver­trag­lich vor­ge­se­he­ne Tätig­keit aus­zuüben. Er übe ei­ne Voll­zeit­beschäfti­gung in­ner­halb ei­ner der aus min­des­tens 3 Un­ter­neh­men der Ab­fall- bzw. Ent­sor­gungs­bran­che be­ste­hen­den Un­ter­neh­mens­grup­pe aus, die auf dem ihm gehören­den Grundstück in K... an­ge­sie­delt sind.

Sch­ließlich müsse sich der Kläger ei­nen Be­trag in glei­cher Höhe der Vergütung an­rech­nen las­sen, da er ei­nen Er­werb böswil­lig un­ter­las­sen ha­be und un­ter­las­se. An­ge­sichts der Be­son­der­hei­ten des Ein­zel­fal­les sei der Kläger je­den­falls ver­pflich­tet ge­we­sen, auch ei­ne ver­trag­lich nicht ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung an­zu­tre­ten und aus­zuüben. Das gel­te um­so mehr, weil die Be­klag­te un­strei­tig nicht in der La­ge ge­we­sen sei, dem Kläger ei­ne der Ent­gelt­grup­pe 14 TV-V ent­spre­chen­de Tätig­keit an­zu­bie­ten. Ein frei­er Ar­beits­platz mit der Wer­tig­keit der Tätig­keit der Ent­gelt­grup­pe 14 TV-V exis­tie­re bei der Be­klag­ten nicht. Es sei dem Kläger da­her nicht un­zu­mut­bar ge­we­sen, ei­ne der ihm zahl­reich an­ge­bo­te­nen Ar­bei­ten zu ver­rich­ten, und da­mit aus Rück­sicht­nah­me ge­genüber der Be­klag­ten ei­nen an­rech­nungsfähi­gen, zu­mut­ba­ren Zwi­schen­ver­dienst zu er­zie­len.

Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Zur Be­gründung hat es im We­sent­li­chen aus­geführt, dass die Be­klag­te es un­ter­las­sen ha­be, dem Kläger ei­ne ver­trags­gemäße Ar­beit im We­ge ih­res Di­rek­ti­ons­rechts zu­zu­wei­sen. Ins­be­son­de­re sei der

 

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außer­ge­richt­li­chen Ver­ein­ba­rung kei­ne Ein­schränkung des Di­rek­ti­ons­rechts zu ent­neh­men, da der Kläger die­se zu­min­dest kon­klu­dent gekündigt ha­be. Auch ha­be der Kläger es nicht böswil­lig un­ter­las­sen, an­der­wei­ti­gen Er­werb zu er­zie­len. Hin­sicht­lich der be­haup­te­ten Voll­zeit­beschäfti­gung des Klägers bei der A... bzw. A... GmbH sei der Vor­trag der Be­klag­ten un­sub­stan­ti­iert. Des Wei­te­ren ha­be die Be­klag­te nicht sub­stan­ti­iert dar­ge­legt, wes­halb dem Kläger kei­ne ver­trags­ge­rech­te Tätig­keit zu­ge­wie­sen wer­den könne. Ins­be­son­de­re han­de­le es sich bei der an­ge­bo­te­nen Tätig­keit als „Grup­pen­lei­ter In­fra­struk­tu­rel­les Gebäude­ma­nage­ment“ nicht um ei­ne Tätig­keit im Sin­ne der Ent­gelt­grup­pe 14 TV-V und da­mit nicht um ei­ne ver­trags­gemäße Ar­beits­stel­le.

Hin­sicht­lich der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des erst­in­stanz­li­chen Sach- und Streit­stan­des so­wie der Ent­schei­dungs­gründe wird auf das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Kiel vom 12.06.2008, Ak­ten­zei­chen öD 1 Ca 630 b/08, ver­wie­sen.

Ge­gen die­se ihr am 01.08.2008 zu­ge­stell­te Ent­schei­dung leg­te die Be­klag­te am 27.08.2008 Be­ru­fung ein, die nach Frist­verlänge­rung bis zum 01.11.2008 am Mon­tag, dem 03.11.2008 be­gründet wur­de.

Die Be­klag­te wie­der­holt und ver­tieft im We­sent­li­chen ihr erst­in­stanz­li­ches Vor­brin­gen. Sie ist nach wie vor der An­sicht, dass der Kläger sich ei­nen böswil­lig un­ter­las­se­nen Ver­dienst an­rech­nen las­sen müsse. Ins­be­son­de­re sei auf­grund der außer­ge­richt­li­chen Ver­ein­ba­rung vom 12.06.2008 ei­ne Ein­schränkung des Wei­sungs­rechts ge­ge­ben. Da­her könne die Be­klag­te dem Kläger kei­nen Ar­beits­platz oh­ne des­sen Ein­ver­neh­men zu­wei­sen. Im Übri­gen sei sie we­der ver­pflich­tet noch in der La­ge, dem Kläger ge­gen des­sen Wil­len oh­ne Er­zie­lung von Ein­ver­neh­men ei­ne Tätig­keit zu­zu­wei­sen, wenn und so­lan­ge sich die­ser vor­be­hal­te, die Wer­tig­keit der zu­ge­wie­se­nen Tätig­keit im­mer wie­der ge­richt­lich über­prüfen zu las­sen. Mit die­sem Ver­hal­ten brin­ge er feh­len­den Leis­tungs­wil­len zum Aus­druck.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

 

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das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Kiel vom 12.06.2008 – öD 1 Ca 630 b/08 – ab­zuändern und die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Der Kläger be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Mit sei­ner in­ner­halb der Mo­nats­frist ab Zu­stel­lung der Be­ru­fungs­be­gründung ein­ge­gan­ge­nen Be­ru­fungs­er­wi­de­rung er­wei­ter­te der Kläger die Kla­ge um die zwi­schen den In­stan­zen fällig ge­wor­de­ne rückständi­ge Vergütung für die Mo­na­te Ju­ni 2008 bis ein­sch­ließlich De­zem­ber 2008. Vor die­sem Hin­ter­grund be­an­tragt er,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Kiel vom 12.06.2008 ab­zuändern und die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Kläger für die Mo­na­te März bis ein­sch­ließlich De­zem­ber 2008 ei­ne Ar­beits­vergütung in Höhe von 53.179,50 EUR brut­to zu zah­len.

Der Kläger wie­der­holt und ver­tieft eben­falls sein erst­in­stanz­li­ches Vor­brin­gen. Er hält das an­ge­foch­te­ne Ur­teil so­wohl in tatsäch­li­cher als auch in recht­li­cher Hin­sicht für zu­tref­fend. Ins­be­son­de­re sei es bei den Gesprächen vom 12.03.2007 le­dig­lich dar­um ge­gan­gen, dass der Kläger ent­ge­gen den ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen, nach de­nen die Be­klag­te dem Kläger aus­sch­ließlich ei­nen Ar­beits­platz der Ent­gelt­grup­pe 14 TV-V zu­wei­sen darf, der Be­klag­ten ermögli­chen woll­te, ihm auch ei­nen un­ter­wer­ti­gen Ar­beits­platz zu­zu­wei­sen, so­fern über die in­di­vi­du­el­len Mo­da­litäten die­ses kon­kre­ten Ar­beits­plat­zes Ein­ver­neh­men er­zielt wer­de. Das ent­hal­te je­doch kei­ne Be­schränkung des Di­rek­ti­ons­rech­tes der Be­klag­ten.

Die Be­klag­te sieht in der Kla­ger­wei­te­rung ein un­zulässi­ges pro­zes­sua­les Vor­ge­hen des Klägers, zu­mal er die­se Vor­ge­hens­wei­se noch nicht ein­mal pro­zes­su­al als An­schluss­be­ru­fung be­zeich­net ha­be. Das Zah­lungs­be­geh­ren des Klägers sei auch des­halb zurück­zu­wei­sen, da die Be­klag­te nach an­ge­droh­ter Zwangs­voll­stre­ckung den größten Teil der For­de­rung be­reits erfüllt ha­be. Die Be­klag­te be­an­tragt in­so­weit,
die Kla­ger­wei­te­rung bzw. An­schluss­be­ru­fung des Klägers ab­zu­wei­sen.´

 

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Mit Schrift­satz vom 19.01.2009 macht die Be­klag­te nun­mehr ein Zurück­be­hal­tungs­recht gel­tend. Die Tätig­keit des Klägers in den zurück­lie­gen­den Jah­ren wer­de der­zeit von der In­nen­re­vi­si­on über­prüft. Die­se Über­prüfung daue­re noch an. Ein Zwi­schen­be­richt vom Ja­nu­ar 2009 wei­se mögli­che Ge­gen­for­de­run­gen in Höhe von min­des­tens 168.000,-- EUR auf. Hilfs­wei­se rech­net die Be­klag­te in­so­weit hin­sicht­lich die­ser ei­ge­nen For­de­run­gen ge­genüber den vom Kläger gel­tend ge­mach­ten Ansprüchen auf.

Mit­te Ja­nu­ar 2009 hat die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis frist­los gekündigt.

Der Kläger rügt in Be­zug auf den Vor­trag aus den Schriftsätzen vom 19.01.2009 und 20.01.2009 Ver­spätung. Die Kla­ger­wei­te­rung um wei­te­re 5.317,95 EUR brut­to Weih­nachts­geld hat er in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung wie­der zurück­ge­nom­men.

Hin­sicht­lich des wei­te­ren Vor­brin­gens wird auf den münd­lich vor­ge­tra­ge­nen In­halt der ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen so­wie die Pro­to­kol­le der münd­li­chen Ver­hand­lun­gen Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ist zulässig, je­doch nicht be­gründet.

Die Kla­ger­wei­te­rung des Klägers aus dem Schrift­satz vom 05.12.2008 ist zulässig und auch be­gründet. Dem Zah­lungs­an­spruch des Klägers steht nicht die zur Ver­mei­dung der Zwangs­voll­stre­ckung zwi­schen­zeit­lich er­folg­te teil­wei­se Zah­lung der Be­klag­ten ent­ge­gen.

Die hilfs­wei­se Auf­rech­nung der Be­klag­ten ist un­zulässig. Ein Zurück­be­hal­tungs­recht kann sei­tens der Be­klag­ten ge­genüber dem Klag­be­geh­ren in die­sem Rechts­streit nicht gel­tend ge­macht wer­den.

 

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A.
1. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ist zulässig. Sie ist der Be­schwer nach statt­haft, form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und in­ner­halb der Be­ru­fungs­be­gründungs­frist auch be­gründet wor­den.

2. Die Kla­ger­wei­te­rung des Klägers vom 05.12.2008 ist eben­falls zulässig.

a) Das aus­drück­lich im Ein­gangs­satz des Schrift­sat­zes vom 05.12.2008 als Kla­ger­wei­te­rung gel­tend ge­mach­te Be­geh­ren des Klägers ist als un­selbständi­ge An­schluss­be­ru­fung zu wer­ten. Die­se kann auch dann ein­ge­legt wer­den, wenn die Par­tei bei dem Ar­beits­ge­richt in vol­lem Um­fang ob­siegt hat und in der Be­ru­fungs­in­stanz im We­ge der Kla­ger­wei­te­rung wei­te­re Ansprüche gel­tend ma­chen will (BAG vom 29.09.1993 – 4 AZR 693/92 – zi­tiert nach ju­ris). In­so­weit han­delt es sich um ei­ne Pro­zess­hand­lung. Bei der Aus­le­gung von Pro­zess­hand­lun­gen gilt grundsätz­lich ein großzügi­ger Maßstab. Es kommt ins­be­son­de­re nicht ent­schei­dend dar­auf an, wel­cher Be­zeich­nung sich ei­ne Par­tei be­dient. Da­her gilt auch für die An­schluss­be­ru­fung, dass im All­ge­mei­nen an das Er­for­der­nis ei­ner An­sch­ließungs­erklärung kei­ne stren­gen An­for­de­run­gen zu stel­len sind. Sie kann auch still­schwei­gend ge­sche­hen oder den Umständen zu ent­neh­men sein. Es muss sich aber min­des­tens im We­ge der Aus­le­gung er­mit­teln las­sen, dass ei­ne An­sch­ließung ge­wollt ist (LAG vom 11.05.2006 – 16 Sa 1623/05 – zi­tiert nach ju­ris, Rz. 44; Zöller-Heßler, Kom­men­tar zur ZPO, 27. Aufl., Rz. 6 zu § 524 m.w.N.).

b) Die Aus­le­gung der schriftsätz­li­chen Pro­zess­hand­lun­gen des Klägers vom 05.12.2008 er­gibt nach der Über­zeu­gung der Kam­mer, dass der Kläger als Be­ru­fungs­be­klag­ter sich still­schwei­gend der Be­ru­fung des Be­ru­fungsklägers an­sch­ließen woll­te und zur Ver­mei­dung ei­nes wei­te­ren Zah­lungs­rechts­streits im We­ge der Kla­ger­wei­te­rung un­ter Über­sprin­gung der ers­ten ar­beits­ge­richt­li­chen In­stanz ei­ne Abände­rung des an­ge­foch­te­nen Ur­teils da­hin­ge­hend be­gehr­te, dass nicht nur über die Vergütungs­ansprüche des Klägers aus An­nah­me­ver­zug für die Mo­na­te März bis ein­sch­ließlich Mai ge­ur­teilt wer­den soll­te, son­dern – bei in­so­weit un­veränder­tem Sach­ver­halt – darüber­hin­aus auch über die Vergütungs­ansprüche für den Zeit­raum Ju­ni 2008 bis ein­sch­ließlich De­zem­ber 2008, die zwi­schen der Ent­schei­dung in ers­ter In-

 

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stanz und der Ent­schei­dung in zwei­ter In­stanz durch Zeit­ab­lauf ent­stan­den sind. Dass es sich in­so­weit um ei­ne still­schwei­gen­de An­schluss­be­ru­fung han­deln soll­te, er­gibt sich auch dar­aus, dass der Kläger die Frist zur An­schluss­be­ru­fungs­be­gründung (§ 524 Abs. 3 ZPO) ein­ge­hal­ten hat. Vor die­sem Ge­samt­hin­ter­grund muss­te er sei­nen kla­ger­wei­tern­den Schrift­satz vom 05.12.2008 nicht noch mit der Über­schrift „An­schluss­be­ru­fung“ ver­se­hen, da­mit sein zum Aus­druck ge­brach­tes Be­geh­ren als un­selbständi­ge An­schluss­be­ru­fung ein­ge­ord­net wer­den kann.

c) Die Kla­ger­wei­te­rung ist auch un­ter dem Ge­sichts­punkt des § 533 ZPO zulässig. Gemäß § 533 ZPO ist ei­ne Kla­ger­wei­te­rung dann zulässig, wenn das Ge­richt dies für sach­dien­lich hält (Zif­fer 1) oder die Kla­ge auf Tat­sa­chen gestützt wird, die das Be­ru­fungs­ge­richt sei­ner Ver­hand­lung und Ent­schei­dung über die Be­ru­fung oh­ne­hin nach § 529 ZPO zu­grun­de zu le­gen hat (Zif­fer 2). Bei­de Vor­aus­set­zun­gen sind hier erfüllt. Nach­dem die Be­klag­te auch für die Mo­na­te ab ein­sch­ließlich Ju­ni 2008 kei­ne Vergütung an den Kläger ent­rich­te­te, ist die Er­wei­te­rung der Kla­ge aus pro­zessöko­no­mi­scher Sicht als sach­dien­lich zu er­ach­ten. Die For­de­rung ist der Höhe nach un­strei­tig. Des Wei­te­ren stützt sich die Kla­ge aus­sch­ließlich auf sol­che Tat­sa­chen, über die das Be­ru­fungs­ge­richt oh­ne­hin zu ent­schei­den hat. Auch die Be­klag­te hat dem­ge­genüber kei­ne spe­zi­el­len neu­en Einwände zur Ab­wehr die­ser For­de­rung.

B.
Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ist un­be­gründet. Die An­schluss­be­ru­fung des Klägers ist be­gründet.

Dem Kläger steht ge­gen die Be­klag­te ein Vergütungs­an­spruch für die Mo­na­te ab März 2008 bis ein­sch­ließlich De­zem­ber 2008 in Höhe von 5.317,95 EUR brut­to mo­nat­lich un­ter dem Ge­sichts­punkt des An­nah­me­ver­zu­ges zu. Das hat be­reits das Ar­beits­ge­richt für den dort streit­ge­genständ­li­chen Zeit­raum März bis Mai zu­tref­fend ent­schie­den. Dem folgt das Be­ru­fungs­ge­richt im Er­geb­nis und in ganz we­sent­li­chen Tei­len der Be­gründung. Zur Ver­mei­dung von Wie­der­ho­lun­gen wird auf die ausführ­li­chen Ent­schei­dungs­gründe des an­ge­foch­te­nen Ur­teils ver­wie­sen. Le­dig­lich ergänzend sei Fol­gen­des dar­ge­legt:

 

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1. Der Zah­lungs­an­spruch des Klägers er­gibt sich aus § 611 BGB iVm. § 615 S. 1, §§ 293 ff BGB

a) Nach § 615 S. 1 BGB hat der Ar­beit­ge­ber für die in Fol­ge des Ver­zu­ges nicht ge­leis­te­ten Diens­te die ver­ein­bar­te Vergütung zu zah­len, wenn er mit der An­nah­me der Diens­te im Ver­zug ist. Nach § 293 BGB kommt der Ar­beit­ge­ber in An­nah­me­ver­zug, wenn er die an­ge­bo­te­ne Leis­tung nicht an­nimmt. Vor­aus­set­zung ist ein zur Erfüllung taug­li­ches An­ge­bot.

b) Der Kläger hat sei­ne ar­beits­ver­trag­lich ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung seit Be­en­di­gung sei­ner Tätig­keit als Geschäftsführer der Be­klag­ten ge­genüber un­strei­tig an­ge­bo­ten. Er hat – zunächst noch in Ausübung nicht ver­trags­gemäßer Beschäfti­gung de­ren Wer­tig­keit ge­richt­lich über­prüft. Da­nach hat die Be­klag­te ihm die Tätig­keit als Ent­sor­gungs­ma­na­ger ent­zo­gen und ihn in den Be­reich Stel­len­ser­vice ver­setzt. Der Kläger hat dann viel­fach wört­lich sei­ne Ar­beits­leis­tung nach Vergütungs­grup­pe 14 TV-V an­ge­bo­ten und so­gar Kla­ge auf Beschäfti­gung er­ho­ben. Die Be­klag­te hat ihm kei­ne Tätig­keit mit der Wer­tig­keit der Ent­gelt­grup­pe 14 TV-V zu­ge­wie­sen. Das ist un­strei­tig. Sie hat kei­ne frei­en Ar­beitsplätze mit die­ser Wer­tig­keit. Das hat sie noch am En­de der Be­ru­fungs­ver­hand­lung be­tont.

2. Seit De­zem­ber 2006 er­bringt der Kläger kei­ne Ar­beits­leis­tung mehr. Seit­her be­fin­det sich die Be­klag­te in An­nah­me­ver­zug, weil sie ih­re ar­beits­ver­trag­lich ge­schul­de­te Mit­wir­kungs­pflicht nicht aus­geübt hat. Sie hat es un­ter­las­sen, dem Kläger ei­ne Tätig­keit qua Di­rek­ti­ons­recht zu­zu­wei­sen. Da­zu wäre sie ver­pflich­tet ge­we­sen, um über­haupt die Ent­ste­hung von An­nah­me­ver­zugs­ansprüchen des Klägers ver­hin­dern bzw. be­en­den zu können.

a) Gemäß § 293 BGB kommt der Gläubi­ger in Ver­zug, wenn er die ihm an­ge­bo­te­ne Leis­tung nicht an­nimmt. Vor­aus­set­zung für den An­nah­me­ver­zug ist zwar, dass der Ar­beit­neh­mer sei­ne Ar­beits­leis­tung an­bie­tet, wo­bei grundsätz­lich ein tatsächli­ches Ar­beits­an­ge­bot er­for­der­lich ist – je­den­falls im un­gekündig­ten Ar­beits­verhält­nis. Ein An­ge­bot ist je­doch ent­behr­lich, so­weit der Ar­beit­ge­ber sei­ne Mit­wir­kungs­hand­lung versäumt, dem Ar­beit­neh­mer ei­nen funk­ti­onsfähi­gen Ar­beits­platz zur Verfügung zu

 

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stel­len. Dem Ar­beit­ge­ber ob­liegt es als Gläubi­ger der ge­schul­de­ten Ar­beits­leis­tung, dem Ar­beit­neh­mer die Ar­beits­leis­tung zu ermögli­chen. Da­zu muss er den Ar­beits­ein­satz des Ar­beit­neh­mers fort­lau­fend pla­nen und durch Wei­sun­gen näher kon­kre­ti­sie­ren. Kommt der Ar­beit­ge­ber die­ser Ob­lie­gen­heit nicht nach, gerät er in An­nah­me­ver­zug, oh­ne dass es ei­nes An­ge­bots der Ar­beits­leis­tung durch den Ar­beit­neh­mer be­darf (Her­ber­ger, Mar­ti­nek, Rüßmann, Werth - Geis­ler, Ju­ris-Pra­xis­kom­men­tar BGB, § 293 BGB Rz. 39; vgl. auch BAG vom 19.01.1999 – 9 AZR 679/97 – AP Nr. 79 zu § 615 BGB). Un­ab­ding­bar zu den Mit­wir­kungs­hand­lun­gen des Ar­beit­ge­bers gehört auch die Zu­wei­sung von Ar­beit (vgl. Münch­ner Kom­men­tar- Hens­s­ler, 5. Aufl., Rz. 23 zu § 615 BGB). Für die­se Mit­wir­kungs­hand­lung ist ei­ne Zeit nach dem Ka­len­der be­stimmt, da sie während der Ar­beits­zeit des Ar­beit­neh­mers zu er­fol­gen hat (ständi­ge Recht­spre­chung des BAG, vgl. nur BAG NZA 2006, 314; Hens­s­ler, Rz.26 zu § 615 BGB). Das Un­ter­las­sen ei­ner sol­chen Mit­wir­kungs­hand­lung des Ar­beit­ge­bers führt eben­so wie z.B. ei­ne rechts­wid­rig an­ge­ord­ne­te Kurz­ar­beit oder Aus­sper­rung zur Nicht­an­nah­me ei­ner Ar­beits­leis­tung. Auch wenn der Ar­beit­ge­ber nur be­reit ist, den Ar­beit­neh­mer mit an­de­ren als den nach dem Ver­trag ge­schul­de­ten Leis­tun­gen oder zu ei­ner an­de­ren Zeit oder an ei­nem an­de­ren Ort zu beschäfti­gen, nimmt er die Leis­tung nicht an (Hens­s­ler, Rz. 36 zu § 615 BGB m.w.N.).

b) Vor die­sem recht­li­chen Hin­ter­grund be­durf­te es zur Ent­ste­hung ei­nes et­wai­gen An­nah­me­ver­zugs­lohn­an­spru­ches des Klägers nach § 615 BGB vor­lie­gend kei­ner Hand­lung des Klägers. Es ob­lag viel­mehr der Be­klag­ten, die von ihr ge­schul­de­te, aus § 611 BGB herrühren­de Mit­wir­kungs­hand­lung der Zu­wei­sung ei­ner – aus ih­rer Sicht - ar­beits­ver­trag­lich ge­schul­de­ten Ar­beits­leis­tung vor­zu­neh­men. Die­se Zu­wei­sung ist von ih­rer Sei­te un­ter­blie­ben. Die Be­klag­te ist je­doch die­je­ni­ge, die qua ih­res ar­beits­recht­li­chen Di­rek­ti­ons­rech­tes Zeit, Art, Ort und In­halt der Ar­beits­leis­tung fest­legt und da­mit die Wei­chen dafür stel­len muss, dass ein Ar­beit­neh­mer die Wei­sun­gen erfüllt, die Ar­beits­leis­tung an­bie­ten kann und sich ggf. ge­gen die Ausübung des Di­rek­ti­ons­rech­tes kon­kret ge­richt­lich zur Wehr set­zen kann. Die Ar­beit­ge­ber­sei­te kann sich nicht gleich­zei­tig ei­ner­seits der ge­richt­li­chen Über­prüfbar­keit der Ausübung ih­res Di­rek­ti­ons­rech­tes durch Nicht­ausübung des­sel­ben ent­zie­hen und an­de­rer­seits im glei­chen Atem­zug dem Ar­beit­neh­mer ent­ge­gen­hal­ten, dass er nicht tätig wird – wie auch im­mer - ,um da­mit ih­re Vergütungs­ver­pflich­tung zu Fall zu brin­gen.

 

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c) Die Ver­pflich­tung zur Zu­wei­sung ei­ner ver­trags­ge­rech­ten Ar­beit ist auch nicht ent­behr­lich ge­wor­den durch et­wai­ge anläss­lich der Güte­ver­hand­lung vom 12.03.2007 ge­trof­fe­ne Ver­ein­ba­run­gen.

Die in­so­weit dar­le­gungs- und be­weis­be­las­te­te Be­klag­te hat le­dig­lich pau­schal und oh­ne Be­weis­an­ge­bot vor­ge­tra­gen, dass die Par­tei­en im An­schluss an die Güte-Ver­hand­lung vom 12.06.2008 ei­ne Ab­re­de ge­trof­fen ha­ben wol­len, mit der sie das in ei­nem Ar­beits­ver­trag ori­ginär vor­han­de­ne Di­rek­ti­ons­recht des Ar­beit­ge­bers ab­be­dun­gen ha­ben wol­len. Die Rich­tig­keit der Schil­de­run­gen des Gesprächs­ver­laufs so­gar un­ter­stellt, lässt sich Letz­te­res auch nicht dem Vor­brin­gen der Be­klag­ten zu den im An­schluss an die Güte-Ver­hand­lung vom 12.06.2008 ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­run­gen ent­neh­men. Die Par­tei­en ha­ben im Rah­men die­ser Ver­ein­ba­rung nichts an­de­res ge­re­gelt, als die wei­te­re Vor­ge­hens­wei­se zur Her­beiführung ei­ner wech­sel­sei­ti­gen Übe­r­ein­kunft. Hier­aus kann je­doch nicht ab­ge­lei­tet wer­den, dass sich da­mit die Be­klag­te ih­rer ur­ei­gens­ten Haupt­rech­te als Ar­beit­ge­ber, ih­res Di­rek­ti­ons­rech­tes be­ge­ben hat und be­ge­ben woll­te. Die Ab­re­de der Par­tei­en vom 12.06.2008 stellt nichts an­de­res dar, als die Ziel­ver­ein­ba­rung, ei­ne ein­ver­nehm­li­che Re­ge­lung der Beschäfti­gung des Klägers fin­den zu wol­len. Wenn die­se Ziel­ver­ein­ba­rung nicht er­reicht wer­den kann, hat der Ar­beit­ge­ber zu han­deln – al­ler­dings auch mit der Kon­se­quenz, dass er den Ar­beit­neh­mer im Er­geb­nis da­durch in die La­ge ver­setzt, die­ses Han­deln ggf. ge­richt­lich über­prüfen zu las­sen. Letz­te­res ver­sucht die Be­klag­te je­doch durch ih­re In­ter­pre­ta­ti­on der Gespräche vom 12.06.2008 dem Kläger unmöglich zu ma­chen. Vor­gespräche zur Er­zie­lung ei­ner Ei­ni­gung über die aus­zuüben­de Tätig­keit er­set­zen im Fal­le der Nicht­ei­ni­gung nicht die Mit­wir­kungs­pflicht des Ar­beit­ge­bers, dem nicht beschäftig­ten ar­beitsfähi­gen und ar­beits­wil­li­gen Ar­beit­neh­mer ei­ne kon­kre­te Ar­beit zu­zu­wei­sen. An­de­ren­falls gerät er in An­nah­me­ver­zug.

Da die Be­klag­te die­se Mit­wir­kungs­pflicht nicht aus­geübt hat, hat sie dem Kläger kein erfüll­ba­res Ar­beits­verhält­nis ermöglicht und ist da­her in An­nah­me­ver­zug ge­ra­ten, § 615 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 293 ff. BGB.

 

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3. Der Kläger hat sei­ne Ar­beits­leis­tung im Übri­gen auch ord­nungs­gemäß an­ge­bo­ten. Auf­grund der man­geln­den Zu­wei­sung ei­nes Ar­beits­plat­zes für den Kläger durch die Be­klag­te war ein tatsächli­ches An­ge­bot der Ar­beits­leis­tung im vor­lie­gen­den Fall ent­behr­lich.

4. Der An­nah­me­ver­zug der Be­klag­ten ist auch nicht durch feh­len­de Leis­tungs­wil­lig­keit des Klägers be­en­det wor­den.

An­nah­me­ver­zug des Ar­beit­ge­bers ist aus­ge­schlos­sen oder wird be­en­det, wenn/ so­bald der Ar­beit­neh­mer nicht leis­tungsfähig oder leis­tungs­wil­lig ist, § 297 BGB. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten ist bei dem Kläger kein feh­len­der Leis­tungs­wil­le ge­ge­ben.

a) Der An­nah­me­ver­zug setzt während des ge­sam­ten An­nah­me­ver­zugs­zeit­rau­mes die Leis­tungs­be­reit­schaft des Ar­beit­neh­mers vor­aus. Das un­ge­schrie­be­ne Merk­mal der Leis­tungs­wil­lig­keit er­gibt sich nach der Recht­spre­chung dar­aus, dass ein leis­tungs­un­wil­li­ger Ar­beit­neh­mer sich selbst außer Stan­de setzt, die Ar­beits­leis­tung zu be­wir­ken. Die sub­jek­ti­ve Leis­tungs­be­reit­schaft ist ei­ne von dem Leis­tungs­an­ge­bot und des­sen Ent­behr­lich­keit un­abhängi­ge Vor­aus­set­zung, die während des ge­sam­ten Ver­zugs­zeit­rau­mes vor­lie­gen muss (BAG vom 13.07.2005 – 5 AZR 578/04 - zi­tiert nach ju­ris). Das Er­for­der­nis der Leis­tungs­be­reit­schaft be­zieht sich da­bei auf die ver­trag­lich vor­ge­se­he­ne Tätig­keit. Es muss die Be­reit­schaft be­ste­hen, die be­tref­fen­de Ar­beit bei dem Ver­trags­part­ner zu den ver­trag­li­chen Be­din­gun­gen zu leis­ten (BAG a.a.O.).

b) Die ver­trag­lich für den Kläger vor­ge­se­he­ne Tätig­keit ist bei der Be­klag­ten nicht exis­tent. Die Ab­tei­lungs­lei­tertätig­keit mit der Wer­tig­keit der Ent­gelt­grup­pe 14 TV-V ist ab­ge­schafft wor­den. Der Kläger hat stets ge­genüber der Be­klag­ten be­kun­det, ei­ne an­de­re gleich­wer­ti­ge, ver­gleich­ba­re Tätig­keit bei ihr ausüben zu wol­len. Et­was an­de­res hat die in­so­weit dar­le­gungs- und be­weis­be­las­te­te Be­klag­te nicht dar­ge­legt. Es er­gibt sich auch nicht aus an­de­ren An­halts­punk­ten.

 

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aa) Ins­be­son­de­re hat der Kläger in sei­nem Schrei­ben vom 27.02.2008 kei­nen feh­len­den Leis­tungs­wil­len zum Aus­druck ge­bracht. Viel­mehr hat er ge­genüber der Be­klag­ten le­dig­lich erklärt, dass (auch) die zu­letzt an­ge­bo­te­ne Stel­le als „Grup­pen­lei­ter In­fra­struk­tu­rel­les Gebäude­ma­nage­ment“ nicht den ver­trag­li­chen An­for­de­run­gen ei­ner Tätig­keit der Ent­gelt­grup­pe 14 TV-V ent­spre­che. Hier­in ist kei­nes­falls ei­ne Erklärung des Klägers da­hin­ge­hend zu se­hen, dass er nicht be­reit sei, die­se oder gar über­haupt ei­ne Tätig­keit bei der Be­klag­ten zu über­neh­men.

bb) Er hat – un­strei­tig - zu kei­nem Zeit­punkt während der ge­sam­ten recht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit der Be­klag­ten um ei­ne ver­trags­gemäße Beschäfti­gung erklärt, er wer­de bei Zu­wei­sung ei­ner Tätig­keit die­se nicht ausüben. Er hat stets be­tont, dass er be­reit sei, ei­ne zu­ge­wie­se­ne Tätig­keit – und sei es nur über­brückungs­wei­se vorüber­ge­hend – aus­zuüben. Er hat die­ses be­reits in dem ar­beits­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren um die Fest­stel­lung der Wer­tig­keit der Tätig­keit ei­nes Ent­sor­gungs­ma­na­gers ge­sagt und auch ent­spre­chend ge­han­delt. Die Be­klag­te war es, die trotz ent­ge­gen­ste­hen­den An­ge­bots des Klägers die Zu­wei­sung die­ser Tätig­keit nach Un­ter­lie­gen in dem ge­richt­li­chen Ver­fah­ren zurück­ge­zo­gen hat.

Der Kläger hat darüber­hin­aus al­ler­dings stets deut­lich ge­macht, dass er sich vor­be­hal­te, die Wer­tig­keit ei­ner sol­chen zu­ge­wie­se­nen Tätig­keit er­neut ge­richt­lich über­prüfen zu las­sen. Das ist auch noch ein­mal Ge­gen­stand der Be­ru­fungs­ver­hand­lung ge­we­sen und von bei­den Par­tei­en übe­rein­stim­mend bestätigt wor­den. Die Be­klag­te ih­rer­seits hat hin­ge­gen in­so­weit be­tont, dass sie nicht be­reit ist, sich er­neu­ter ge­richt­li­cher Über­prüfun­gen der Wer­tig­keit von Tätig­kei­ten des Klägers un­ter­zie­hen zu las­sen. Aus die­sem Ver­hal­ten der Be­klag­ten lässt sich je­doch kein feh­len­der Leis­tungs­wil­le des Klägers ab­lei­ten.

cc) Auch aus der Ge­samt­schau er­gibt sich kei­ne feh­len­de Leis­tungs­be­reit­schaft des Klägers. Dem Kläger kann nicht vor­ge­hal­ten wer­den, feh­len­den Leis­tungs­wil­len da­durch zum Aus­druck ge­bracht zu ha­ben, dass er sich nicht ernst­haft und zügig in M... bei der M... be­wor­ben ha­be. Der Kläger schul­de­te sei­ne Tätig­keit bei der Be­klag­ten in K..., nicht bei ei­nem an­de­ren Ar­beit­ge­ber in ei­ner an­de­ren Stadt. Aus den glei­chen Gründen ist es in­so­weit auch un­be­acht­lich, dass er sich nicht in N... bei der

 

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Fa. H... be­wor­ben hat. Glei­ches gilt im Er­geb­nis bezüglich et­wai­ger in­tern aus­ge­schrie­be­ner Stel­len bei der Be­klag­ten. Sie wa­ren un­strei­tig bei wei­tem un­ter­wer­tig, so dass es auf ei­ne Be­wer­bungsmöglich­keit gar nicht an­kommt.

5. Der Kläger muss sich vor­lie­gend auch kei­nen an­der­wei­ti­gen Ver­dienst an­rech­nen las­sen.

So­weit die Be­klag­te vorträgt, der Kläger ha­be bei der Fir­ma A...bzw. A... GmbH ein vergüte­tes Ar­beits­verhält­nis aus­gefüllt, ist die­ser Vor­trag der Be­klag­ten un­sub­stan­ti­iert. Die Be­klag­te trägt le­dig­lich vor, dass der Kläger auf dem Gelände der Fir­ma zu werktägli­chen Ar­beits­zei­ten ge­se­hen wor­den sei. Die­sem Vor­trag ist der Kläger in­so­weit qua­li­fi­ziert ent­ge­gen ge­tre­ten, dass er mit dem Geschäftsführer der Fir­ma be­freun­det sei. Darüber­hin­aus steht das Grundstück zu­min­dest im Mit­ei­gen­tum des Klägers im Rah­men ei­ner BGB-Ge­sell­schaft. Dass ein Ei­gentümer auf sei­nem Grundstück ge­se­hen wird, recht­fer­tigt auch bei ei­nem wirt­schaft­lich ge­nutz­ten Grundstück nicht die An­nah­me, dass ein Ar­beits­verhält­nis mit die­sem be­ste­he. Wei­te­ren Tat­sa­chen­vor­trag, aus dem sich die Er­brin­gung ei­ner vergütungs­pflich­ti­gen Ar­beits­leis­tung des Klägers er­ge­ben könn­te, hat die Be­klag­te nicht vor­ge­bracht.

Auch aus dem Um­stand, dass der Kläger mit ei­nem Fahr­zeug der Fir­ma ge­se­hen wor­den sein soll, lässt nicht den Schluss auf ein be­ste­hen­des Ar­beits­verhält­nis zu.

6. Dem Zah­lungs­be­geh­ren des Klägers kann auch nicht ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den, er ha­be böswil­lig die Er­zie­lung an­der­wei­ti­gen Ver­diens­tes un­ter­las­sen, § 615 S. 2 BGB.

a) Nach § 615 Satz 2 BGB muss sich der Ar­beit­neh­mer den Wert des­je­ni­gen an­rech­nen las­sen, was er zu er­wer­ben böswil­lig un­terlässt. Die Vor­schrift ist in­halts­gleich mit § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG. Bei­de Be­stim­mun­gen stel­len dar­auf ab, ob dem Ar­beit­neh­mer nach Treu und Glau­ben gemäß § 242 BGB so­wie un­ter Be­ach­tung des Grund­rechts auf freie Ar­beits­platz­wahl gemäß Art. 12 GG die Auf­nah­me ei­ner an­der­wei­ti­gen Ar­beit zu­mut­bar ist. Ei­ne An­rech­nung kommt auch in Be­tracht, wenn die Beschäfti­gungsmöglich­keit bei dem Ar­beit­ge­ber be­steht, der sich mit der An­nah­me

 

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der Diens­te des Ar­beit­neh­mers in Ver­zug be­fin­det. Maßge­bend sind hier­bei die Umstände des Ein­zel­fal­les. Die Un­zu­mut­bar­keit der Ar­beit kann sich un­ter ver­schie­de­nen Ge­sichts­punk­ten er­ge­ben. Sie kann ih­ren Grund in der Per­son des Ar­beit­ge­bers, der Art der Ar­beit oder den sons­ti­gen Ar­beits­be­din­gun­gen ha­ben. Hier­bei sind auch ver­trags­recht­li­che Umstände zu berück­sich­ti­gen. Da­bei ist nicht ver­trags­gemäße Ar­beit nicht mit un­zu­mut­ba­rer Ar­beit gleich­zu­set­zen. Auch die ob­jek­tiv ver­trags­wid­ri­ge Ar­beit kann nach den kon­kre­ten Umständen zu­mut­bar, un­ter Umständen so­gar mit ei­ner Ver­bes­se­rung für den Ar­beit­neh­mer ver­bun­den sein. Die­se Prüfung darf nicht durch ver­meint­lich ab­so­lut gel­ten­de Schran­ken ver­trags­recht­li­cher Art ab­ge­schnit­ten wer­den. Bie­tet der Ar­beit­ge­ber ob­jek­tiv ver­trags­wid­ri­ge Ar­beit an, sind im Hin­blick auf § 615 Satz 2 BGB die Art die­ser Ar­beit und die sons­ti­gen Ar­beits­be­din­gun­gen im Ver­gleich zu der bis­he­ri­gen Ar­beit zu prüfen. Der Maßstab der ge­bo­te­nen Rück­sicht­nah­me beim Ar­beit­neh­mer hängt re­gelmäßig da­von ab, aus wel­chen Gründen der Ar­beit­ge­ber kei­ne ver­trags­gemäße Ar­beit an­bie­tet. Dies hat der Ar­beit­ge­ber dar­zu­le­gen. Be­ste­hen für die Ände­rung drin­gen­de Gründe, de­nen nicht von vorn­her­ein ei­ne Bil­li­gung ver­sagt wer­den kann, han­delt der Ar­beit­neh­mer nicht rück­sichts­voll, wenn er die Ar­beit al­lein des­we­gen ab­lehnt, weil sie nicht ver­trags­gemäß ist und er des­halb oh­ne Er­werb bleibt (BAG vom 07.02.2007 – 5 AZR 522/06 – Rz. 15, zi­tiert nach ju­ris).

b) Vor­lie­gend hat es die Be­klag­te versäumt, dem Kläger trotz ih­res be­ste­hen­den ge­setz­li­chen Wei­sungs­rechts ei­ne Tätig­keit zu­zu­wei­sen. So­lan­ge ei­ne Zu­wei­sung ei­nes Ar­beits­plat­zes sei­tens der Be­klag­ten nicht er­folgt, kann dem Kläger in Be­zug auf be­trieb­lich mögli­che an­der­wei­ti­ge Tätig­kei­ten nicht „böswil­li­ges“ Un­ter­las­sen im Sin­ne des § 615 Satz 2 BGB von Er­werbsmöglich­kei­ten vor­ge­wor­fen wer­den. Es ist nicht die Ob­lie­gen­heit des Klägers, sich im Be­trieb der Be­klag­ten ei­ne Tätig­keit zu su­chen. Viel­mehr hat der Ar­beit­ge­ber die Pflicht, ei­nem Ar­beit­neh­mer ei­ne kon­kre­te Tätig­keit zu­zu­wei­sen. So­weit ei­ne ver­trag­lich ge­schul­de­te Tätig­keit nicht vor­han­den ist, kann dann u.U. ei­ne möglichst gleich­wer­ti­ge, ggf. auch ge­rin­ger wer­ti­ge Tätig­keit für den Ar­beit­neh­mer zu­mut­bar sein. Hier­auf kommt es vor­lie­gend je­doch nicht an, da die Be­klag­te dem Kläger mo­men­tan über­haupt kei­ne Tätig­keit zu­ge­wie­sen hat, die er böswil­lig ab­ge­lehnt ha­ben könn­te.

 

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c) Un­ge­ach­tet des­sen ar­gu­men­tiert die Be­klag­te im Zir­kel­schluss. Sie be­haup­tet ei­ner­seits, zu­min­dest die dem Kläger zu­letzt an­ge­bo­te­ne Tätig­keit als „Grup­pen­lei­ter In­fra­struk­tu­rel­les Gebäude­ma­nage­ment“ sei ver­trags­gemäß, da es der Ent­gelt­grup­pe 14 TV-V ent­spre­che. An­de­rer­seits be­tont sie, zu­letzt noch am Schluss der Be­ru­fungs­ver­hand­lung, dass sie über­haupt nicht in der La­ge sei, dem Kläger ei­ne Tätig­keit mit der Wer­tig­keit der Ent­gelt­grup­pe 14 TV-V zu­zu­wei­sen, da kein ent­spre­chen­der Ar­beits­platz frei sei. Es kann nur das ei­ne oder das an­de­re zu­tref­fen. Bei­des gleich­zei­tig ist in­halt­lich mit­ein­an­der un­ver­ein­bar.

d) Dass der Kläger ge­genüber der Be­klag­ten stets be­tont hat, er wer­de ei­ne zu­ge­wie­se­ne Tätig­keit not­falls ar­beits­ge­richt­lich bezüglich ih­rer Wer­tig­keit über­prüfen las­sen, ist we­der böswil­lig, noch treu­wid­rig, noch lässt es Rück­schlüsse auf Leis­tungs­un­wil­lig­keit zu. Der Kam­mer er­sch­ließt sich nicht, wor­aus sich die Böswil­lig­keit des Klägers und/oder die Leis­tungs­un­wil­lig­keit er­ge­ben soll, wenn er deut­lich macht, die Wer­tig­keit der ihm an­ge­dien­ten Tätig­kei­ten über­prüfen zu wol­len, während die Be­klag­te selbst sich nicht fest­legt, ob die an­ge­bo­te­ne Tätig­keit des „Grup­pen­lei­ters In­fra­struk­tu­rel­les Gebäude­ma­nage­ment“ nun der Wer­tig­keit der Ent­gelt­grup­pe 14 TV-V ent­spricht oder ob es ei­nen frei­en Ar­beits­platz mit ei­ner Be­wer­tung nach Ent­gelt­grup­pe 14 TV-V vor­lie­gend ge­ra­de nicht gibt. Bei die­ser Vor­ge­hens­wei­se drängt sich der Ge­dan­ke des Maßre­ge­lungs­ver­bots (§ 612a BGB) auf. Dem Kläger kann nicht zum Nach­teil ge­rei­chen, dass er sich die ge­richt­li­che Über­prüfung der Wer­tig­keit der an­ge­dien­ten Tätig­keit vor­behält. Das gilt um­so mehr als die Be­klag­te stets be­tont, sie ha­be kei­nen frei­en Ar­beits­platz mit Tätig­kei­ten der Vergütungs­grup­pe 14 TV-V.

7. Der Kläger hat auch nicht durch an­de­re Hand­lun­gen es böswil­lig un­ter­las­sen, an­der­wei­ti­gen Ver­dienst zu er­zie­len. Wie be­reits oben dar­ge­legt, war er ar­beits­ver­trag­lich ver­pflich­tet, sich auf die ex­ter­nen Ar­beitsplätze bei an­de­ren Ar­beit­ge­bern zu be­wer­ben, weil sie we­der orts­gleich wa­ren, noch sonst ver­gleich­bar. Hier­zu hat das Ar­beits­ge­richt auch be­reits um­fang­reich aus­geführt. Un­ge­ach­tet des­sen fehlt jeg­li­ches sub­stan­ti­ier­te Vor­brin­gen der Be­klag­ten, dass der Kläger im An­nah­me­ver­zugs­zeit­raum von wel­chem Ar­beit­ge­ber mit wel­cher Ver­dienstmöglich­keit für wel­chen Zeit­raum ein­ge­stellt wor­den wäre. Ein sol­ches Vor­brin­gen wäre aber er­for­der­lich ge­we­sen, um über­haupt die Höhe an­zu­rech­nen­den, böswil­lig un­ter­las­se­nen an­der­wei-

 

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ti­gen Ver­diens­tes er­mit­teln zu können. Eben­so ist nicht er­sicht­lich, wie der Kläger – ver­pflich­tend - mit sei­nem un­gekündig­ten Ar­beits­verhält­nis bei der Be­klag­ten hätte ver­fah­ren sol­len, um – be­fris­te­te - Ar­beits­verträge mit an­de­ren Ar­beit­ge­bern ab­zu­sch­ließen

8. Dem Kläger steht der gel­tend ge­mach­te An­spruch auch der Höhe nach zu. So­weit er Ansprüche von März bis De­zem­ber 2008 gel­tend macht, ent­spricht die­ses der Sum­me sei­ner Vergütungs­ansprüche für 10 Mo­na­te á 5.317,95 EUR brut­to.

9. Die­sem An­spruch steht nicht die zur Ver­mei­dung der Zwangs­voll­stre­ckung zwi­schen den In­stan­zen er­folg­te Zah­lung der Be­klag­ten ent­ge­gen. In­so­weit han­delt es sich um ei­nen rein pro­zess­recht­li­chen Erfüllungs­ein­wand, der sich aus der vorläufi­gen Voll­streck­bar­keit des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils er­gibt, je­doch kei­ner­lei Aus­wir­kun­gen auf die Be­gründet­heit des Klag­be­geh­rens hat. In­halt­li­che Aus­wir­kun­gen die­ser Zah­lun­gen er­ge­ben sich al­len­falls im Rah­men der Zwangs­voll­stre­ckung so­wie aus § 717 ZPO für den Fall, dass im Rah­men ei­nes Be­ru­fungs­ver­fah­rens ein erst­in­stanz­lich vorläufig voll­streck­bar ti­tu­lier­ter An­spruch zweit­in­stanz­lich ver­neint wird. In­so­weit ist der „Erfüllungs­ein­wand“ der Be­klag­ten un­be­acht­lich.

10. So­weit die Be­klag­te mit dem zwei Ta­ge vor der Be­ru­fungs­ver­hand­lung ab­ge­setz­ten Schrift­satz vom 19.01.2009 ein Zurück­be­hal­tungs­recht gel­tend macht, führt auch die­ses nicht zur Be­gründet­heit der Be­ru­fung so­wie zur Ab­wei­sung der Klag­ansprüche. Die Gel­tend­ma­chung ei­nes Zurück­be­hal­tungs­rech­tes im Sin­ne des § 273 Abs. 1 BGB setzt das Be­ste­hen ei­nes fälli­gen, voll wirk­sa­men Ge­gen­an­spru­ches vor­aus. Die Be­klag­te prüft je­doch nach ih­rem ei­ge­nen Vor­brin­gen noch, ob und in wel­cher Höhe ge­genüber dem Kläger durch­setz­ba­re Ansprüche über­haupt be­ste­hen. Al­lei­ne vor die­sem Hin­ter­grund ist das Vor­lie­gen der Vor­aus­set­zun­gen des § 273 Abs. 1 BGB zu ver­nei­nen.

Un­ge­ach­tet des­sen ist die Ausübung ei­nes Zurück­be­hal­tungs­rech­tes vor die­sem tatsächli­chen Hin­ter­grund am En­de der Be­ru­fungs­in­stanz zwei Ta­ge vor Durchführung der Be­ru­fungs­ver­hand­lung un­ter Außer­acht­las­sung sämt­li­cher Fris­ten nach § 67

 

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ArbGG un­zulässig. Das gilt erst recht, wenn die in­ter­nen Er­mitt­lun­gen noch nicht ein­mal ab­ge­schlos­sen sind.

11. Auch die hilfs­wei­se sei­tens der Be­klag­ten mit Schrift­satz vom 19.01.2009 erklärte Auf­rech­nung ge­genüber den vom Kläger gel­tend ge­mach­ten Ansprüchen ist un­zulässig. Ei­ne Auf­rech­nung ge­genüber Brut­to­ansprüchen mit „Net­to­ansprüchen“ ist man­gels Gleich­ar­tig­keit und hin­rei­chen­der Be­stimmt­heit/Be­stimm­bar­keit der sich ge­genüber­ste­hen­den For­de­run­gen un­zulässig (BAG vom 22.03.2000 – 4 AZR 120/99 – zi­tiert nach ju­ris).

C. Aus den ge­nann­ten Gründen war der Be­ru­fung der Be­klag­ten der Er­folg ver­sagt. An­ge­sichts der zulässi­gen Kla­ger­wei­te­rung des Klägers war das an­ge­foch­te­ne Ur­teil darüber­hin­aus ab­zuändern. Die Be­klag­te war an­trags­gemäß zu ver­ur­tei­len, zusätz­lich zu dem erst­in­stanz­li­chen Aus­spruch wei­te­re Vergütung an den Kläger für die Mo­na­te Ju­ni 2008 bis ein­sch­ließlich De­zem­ber 2008 zu zah­len, so dass sich ins­ge­samt ein Brut­to­an­spruch in Höhe von 53.179,50 EUR er­gibt.

Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus §§ 97, 92, 269 Abs. 3 ZPO. Sie ent­spricht dem Verhält­nis von Ob­sie­gen und Un­ter­lie­gen un­ter Berück­sich­ti­gung des zurück­ge­nom­me­nen Klag­be­geh­rens auf Zah­lung wei­te­rer 5.317,95 EUR brut­to Weih­nachts­geld.

Die Re­vi­si­on war nicht zu­zu­las­sen. Vor­lie­gend han­delt es sich aus­sch­ließlich um ei­ne Ein­zel­fall­ent­schei­dung.

 

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