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LAG Rhein­land-Pfalz, Ur­teil vom 30.04.2010, 6 Sa 31/10

   
Schlagworte: Rückzahlungsklausel
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen: 6 Sa 31/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 30.04.2010
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Mainz, Urteil vom 7.12.2009, 7 Ca 976/09
   

Ak­ten­zei­chen:
6 Sa 31/10
7 Ca 976/09
ArbG Mainz
- AK Bad Kreuz­nach -

Ur­teil vom 30.04.2010

 

Te­nor:

1. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Mainz - Auswärti­ge Kam­mern Bad Kreuz­nach vom 7. De­zem­ber 2009 - 7 Ca 976/09 - wird auf Kos­ten der Be­klag­ten zurück­ge­wie­sen.

 

2. Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

 

Tat­be­stand:

Mit ih­rer am 13. Au­gust 2009 zum Ar­beits­ge­richt Mainz - Auswärti­ge Kam­mern Bad Kreuz­nach - er­ho­be­nen Kla­ge ver­folgt die Ar­beit­ge­be­rin ge­gen die bei ihr seit März 2007 an­ge­stellt ge­we­se­ne Ärz­tin Rück­for­de­rungs­ansprüche aus ei­ner Ergänzungs­ver­ein­ba­rung zum Ar­beits­ver­trag.

 

Die­se Ver­ein­ba­rung vom 19. Ok­to­ber 2007 (Bl. 14 d. A.) hat u. a. fol­gen­den In­halt:

 

1. Die Ar­beit­neh­me­rin wird in der Zeit vom 01.11.2007 bis zum 30.04.2008 un­ter Fort­zah­lung ih­rer ver­trags­gemäßen Vergütung wi­der­ruf­lich von der Ver­pflich­tung zur Ar­beits­leis­tung frei­ge­stellt, um im D-Kran­ken­haus, k d, Ab­tei­lung Anästhe­sie, als Gastärz­tin tätig wer­den zu können.

 

Die­se Zeit benötigt die Ar­beit­neh­me­rin zur Kom­plet­tie­rung ih­rer kli­ni­schen Zeit, um die vol­le Qua­li­fi­ka­ti­on zur Ge­bietsprüfung Trans­fu­si­ons­me­di­zin zu er­rei­chen.

2. Kündigt die Ar­beit­neh­me­rin das Ar­beits­verhält­nis, oh­ne hierfür ei­nen wich­ti­gen Grund zu ha­ben, oder wird das Ar­beits­verhält­nis aus ei­nem von der Ar­beit­neh­me­rin zu ver­tre­ten­den Grund von dem Ar­beit­ge­ber gekündigt, ist die Ar­beit­neh­me­rin zur Rück­zah­lung der für die Dau­er der Tätig­keit als Gastärz­tin im Dia­ko­nie-Kran­ken­haus k d fort­be­zahl­ten Vergütung ver­pflich­tet. Kei­ne Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung der Ar­beit­neh­me­rin be­steht für den Fall ei­ner be­triebs­be­ding­ten Kündi­gung durch den Ar­beit­ge­ber.

 

Für je­den vol­len Tätig­keits­mo­nat nach Be­en­di­gung der Tätig­keit als Gastärz­tin im Dia­ko­nie-Kran­ken­haus k d ver­min­dert sich der Rück­zah­lungs­be­trags um 1/24 des Rück­zah­lungs­be­trags, so dass nach ei­ner Fort­dau­er der Beschäfti­gung von zwei vol­len Jah­ren nach Be­en­di­gung der Tätig­keit im D-Kran­ken­haus k d ei­ne Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung nicht mehr be­steht.

 

Der Rück­zah­lungs­be­trag ist im Fal­le ei­ner außer­or­dent­li­chen und frist­lo­sen Kündi­gung mit ih­rem Zu­gang, im Fal­le ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung mit Ab­lauf der Kündi­gungs­frist zur Zah­lung fällig und ab die­sem Zeit­punkt mit dem ge­setz­li­chen Zins­satz zu ver­zin­sen.

 

In der Zeit von No­vem­ber 2007 bis April 2008 war die Be­klag­te un­ter Fort­zah­lung ih­rer ver­trags­gemäßen Vergütung von ins­ge­samt 19.152,70 € brut­to frei­ge­stellt. Da­nach war sie als stell­ver­tre­ten­de Lei­te­rin Ent­nah­meärz­tin der Ab­tei­lung mo­bi­le Ent­nah­me tätig. Nach dem Weg­gang des Ab­tei­lungs­lei­ters lei­te­te sie die Ab­tei­lung fak­tisch. Auf die Stel­le der Ab­tei­lungs­lei­tung be­warb sie sich trotz Auf­for­de­rung nicht. Zum 01.12.2008 schuf die Kläge­rin ei­ne neue Stel­le der ope­ra­ti­ven Ent­nah­me­lei­tung.

 

Mit Schrei­ben vom 20.03.2009 kündig­te die Kläge­rin ei­nen bei der An­stel­lung se­pa­rat un­ter­zeich­ne­ten Ver­trag über ei­ne Ne­ben­leis­tung - Teil­nah­me am se­ro­lo­gi­schen Dienst - zum 30.06.2009. Die­ser Ver­trag sah ei­ner mo­nat­li­chen Ho­no­rar­pau­scha­le von 1.600,00 € vor und konn­te nach Zif­fer 8 selbstständig und iso­liert vom Ar­beits­ver­trag durch je­de Par­tei je­der­zeit un­ter Ein­hal­tung ei­ner Frist von 3 Mo­na­ten zum Mo­nats­en­de oh­ne An­ga­ben von Gründen gekündigt wer­den.

 

Die Be­klag­te ih­rer­seits kündig­te das Ar­beits­verhält­nis mit Schrei­ben vom 17.04.2009 zum 31.05.2009 auf.

 

Die Kläge­rin rech­ne­te dar­auf hin mit dem sich aus der Ergänzungs­ver­ein­ba­rung er­ge­ben­den Rück­zah­lungs­an­spruch ge­gen den unpfänd­ba­ren Teil des Mailoh­nes für 2009 in Höhe von 1.754,64 € auf und ver­folgt den Rest­be­trag mit der vor­lie­gen­den Kla­ge.

 

Die Kläge­rin hat erst­in­stanz­lich be­an­tragt,

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin 7.023,68 € nebst Zin­sen in Höhe von 5 % über dem Ba­sis­zins­satz seit 01.06.2009 zu be­zah­len.

 

Die Be­klag­te hat erst­in­stanz­lich

Kla­ge­ab­wei­sung be­an­tragt und fer­ner die Kläge­rin/Wi­der­be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an die Be­klag­te/Wi­derkläge­rin 1.754,64 € zu zah­len zzgl. Zin­sen in Höhe von 5 %-Punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit 16.05.2009.

 

Die Kläge­rin ih­rer­seits be­an­tragt Ab­wei­sung der Wi­der­kla­ge.

 

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten der erst­in­stanz­lich geäußer­ten Rechts­auf­fas­sun­gen und des Tat­sa­chen­vor­brin­gens wird auf das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Mainz - Auswärti­ge Kam­mern Bad Kreuz­nach - vom 07.12.2009 - 7 Ca 976/09 (Bl. 102 - 105 d. A.) Be­zug ge­nom­men.

 

Das Ar­beits­ge­richt hat im vor­erwähn­ten Ur­teil die Be­klag­te zur Rück­zah­lung in Höhe von 7.023,68 € un­ter Ab­wei­sung der Wi­der­kla­ge ver­ur­teilt.

 

Zur Be­gründung wur­de im We­sent­li­chen aus­geführt, die Be­klag­te hätte kei­nen "wich­ti­gen Grund" zur Kündi­gung ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses ge­habt. Die Rück­zah­lungs­ver­ein­ba­rung set­ze zwar kei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung vor­aus; aus der Fällig­keits­re­gel in Zif­fer 2 Abs. 3 der Ver­ein­ba­rung ergäbe sich je­doch, dass den Par­tei­en die Al­ter­na­ti­ve außer­or­dent­li­che bzw. or­dent­li­che Kündi­gung geläufig ge­we­sen sei. Vom Empfänger­ho­ri­zont der Be­klag­ten müsse dies im Sin­ne ei­nes Grun­des für den Aus­spruch ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ver­stan­den wer­den. Aus dem vor­ge­leg­ten Brief­wech­sel ergäbe sich nichts für die Be­haup­tung der Be­klag­ten, sie - die Be­klag­te - hätte als Dau­er­ver­tre­tung des aus­ge­schie­de­nen Ab­tei­lungs­lei­ters als sach­kun­di­ge Per­son im Sin­ne des Arz­nei­mit­tel­ge­set­zes die ge­sam­te me­di­zi­nisch-phar­ma­zeu­ti­sche Ver­ant­wor­tung tra­gen müssen. Das Schrei­ben der Kläge­rin vom 12.09.2008 bezöge sich auf ein vor­he­ri­ges vom 29.08.2008, auf wel­ches die Behörde mit Schrei­ben vom 08.09.2008 ge­ant­wor­tet ha­be, wo­nach kei­ne Be­den­ken bestünden, den vor­ma­li­gen Lei­ter als "ex­ter­ne sach­kun­di­ge Per­son ab 01.09.2008" zu be­stel­len. Die Be­klag­te sei ge­ra­de nicht als sach­kun­di­ge Per­son be­nannt. So­weit der Ent­zug von Kom­pe­ten­zen durch Schaf­fung der neu­en Stel­len an­geführt würde, sei dies kein wich­ti­ger Grund für ei­ne Kündi­gung, zu­mal sich die Be­klag­te nicht auf die neue Stel­le be­wor­ben ha­be. Auch die Kündi­gung des Ne­ben­leis­tungs­ver­tra­ges - wenn auch mögli­cher­wei­se mo­ti­viert, um die Be­klag­te zur Ei­genkündi­gung zu be­we­gen - ließe nicht er­ken­nen, dass es der Be­klag­ten un­zu­mut­bar ge­we­sen wäre, das Ar­beits­verhält­nis bis zum Ab­lauf der or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist fort­zuführen. Mit An­walts­schrei­ben vom 01.04.2009 ha­be die Be­klag­te noch an­ge­bo­ten, auf ei­ne ar­beits­ge­richt­li­che Über­prüfung der Kündi­gung des Ne­ben­leis­tungs­ver­tra­ges im Ge­gen­zug zum Ver­zicht auf die Rück­zah­lung ab­zu­se­hen. Von ei­ner un­ge­recht­fer­tig­ten Be­rei­che­rung sei nicht aus­zu­ge­hen.

 

Ge­gen das der Be­klag­ten am 21.12.2009 zu­ge­stell­te Ur­teil rich­tet sich de­ren am 19.01.2010 ein­ge­leg­te und am 22.02.2010 be­gründe­te Be­ru­fung.

 

Die Be­klag­te bringt zweit­in­stanz­lich ins­be­son­de­re vor,

die Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts, dass die Be­griff­lich­keit des "wich­ti­gen Grun­des" im Sin­ne der Rück­zah­lungs­ver­ein­ba­rung ge­nau­so aus­ge­legt wer­den müsse, wie bei der Be­ur­tei­lung ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung sei nicht halt­bar. Die Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung sol­le auch bei ei­ner Ei­genkündi­gung dann ent­fal­len, wenn die Be­klag­te als Ar­beit­neh­me­rin ei­nen wich­ti­gen Grund ha­be das Ar­beits­verhält­nis - or­dent­lich - zu kündi­gen.

 

Der wich­ti­ge Grund müsse nicht das Ge­wicht ei­nes Grun­des für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung ha­ben. Vernünf­ti­ge, nach­voll­zieh­ba­re Gründe reich­ten aus. Die Ge­samt­schau der Gründe ergäbe, dass ei­ne Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung nicht grei­fe. Die Be­klag­te ha­be nach Weg­gang des lei­ten­den Ent­nah­me­arz­tes der Ab­tei­lung mo­bi­le Ent­nah­me des­sen Stel­lung fak­tisch über­neh­men müssen. Sie soll­te nach Weg­gang des Zeu­gen Dr. K als haupt­sach­kun­di­ge Per­son nach dem Arz­nei­mit­tel­ge­setz als sol­che oh­ne ihr zu­vor ein­ge­hol­tes Ein­verständ­nis be­nannt wer­den. Dies ergäbe sich ein­deu­tig aus der E‑Mail vom 24.07.2008. Die Be­klag­te würde da­mit in die persönli­che Haf­tung ge­nom­men. Mit der Einführung der ope­ra­ti­ven Ent­nah­me­lei­tung (OEL) zum 01.12.2008 sei ei­ne er­heb­li­che Be­schnei­dung der Führungs­kom­pe­ten­zen der Be­klag­ten ver­bun­den ge­we­sen. Bis zur Ein­set­zung der OEL sei die Be­klag­te für ca. 70 Mit­ar­bei­ter, da­nach nur noch für 2 fest­an­ge­stell­te Ärz­te in Teil­zeit und 5 Teil­zeit­mit­ar­bei­ter des Spen­derbüros dis­zi­pli­na­risch ver­ant­wort­lich ge­we­sen. Haupt­grund für die Kündi­gung sei die Kündi­gung des Ver­tra­ges über Ne­ben­leis­tung ge­we­sen, da sich da­durch die mo­nat­li­chen Bezüge um 1/3 re­du­ziert hätten. Zu den wei­te­ren Ein­zel­hei­ten der Be­ru­fungs­be­gründung wird auf den Schrift­satz der Be­klag­ten vom 22.02.2010 (Bl. 122 - 129 d. A.) Be­zug ge­nom­men.

 

Die Be­klag­te be­an­tragt

un­ter Auf­he­bung des Ur­teils des Ar­beits­ge­rich­tes Mainz, Auswärti­ge Kam­mern Bad Kreuz­nach, Az. 7 Ca 976/09 die Kla­ge ab­zu­wei­sen und

die Kläge­rin/Wi­der­be­klag­te/Be­ru­fungs­be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an die Be­klag­te/Wi­derkläge­rin/Be­ru­fungskläge­rin 1.754,64 € zu zah­len zuzüglich Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit 16.05.2009.

 

Die Kläge­rin be­an­tragt

Zurück­wei­sung der Be­ru­fung

und er­wi­dert un­ter Über­nah­me der Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts, die Be­klag­te ver­ken­ne die Sys­te­ma­tik der Kündi­gungs­nor­men. Bei ei­nem wich­ti­gen Grund müss­ten Tat­sa­chen vor­lie­gen, auf­grund de­rer dem Kündi­gen­den die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum Ab­lauf der or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist nicht zu­ge­mu­tet wer­den könne. §§ 314 Abs. 1 BGB, 712 Abs. 1 BGB stell­ten auf den wich­ti­gen Grund ab, der auch für ei­ne Ei­genkündi­gung ein­grei­fe. Die E-Mail vom 24.07.2008 fo­kus­sie­re ein gänz­lich an­de­res The­ma. Be­zo­gen auf die Be­klag­te ha­be es sich um ei­ne Über­le­gung zur Nach­be­set­zung von Dr. K ge­han­delt. Es läge auch kein Ent­zug von Kom­pe­ten­zen vor, viel­mehr nur ei­ne Auf­ga­benbünd­lung, zu­mal sich die Be­klag­te auf die Lei­tungs­funk­ti­on der ärzt­li­chen Ent­nah­me­lei­tung ge­ra­de nicht be­wor­ben ha­be. Die Kündi­gung des Ne­ben­leis­tungs­ver­tra­ges sei rechtmäßig er­folgt und könne da­her kei­nen wich­ti­gen Grund für die Be­en­di­gungs­erklärung der Be­klag­ten ab­ge­ben. Das Ge­halt sei nicht gekürzt wor­den. Dass die Ei­genkündi­gung in kei­nem Zu­sam­men­hang mit der Kündi­gung des Ne­ben­leis­tungs­ver­tra­ges ge­stan­den ha­be, fol­ge aus dem An­walts­schrei­ben vom 18.02.2009. Zu die­sem Zeit­punkt sei die Kündi­gung der Ne­ben­ab­re­de un­strei­tig noch über­haupt nicht aus­ge­spro­chen ge­we­sen.

 

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten der Be­ru­fungs­be­ant­wor­tung wird auf den Schrift­satz der Kläge­rin vom 25.03.2010 (Bl. 196 - 151 d. A.) Be­zug ge­nom­men.

Zu­gleich wird auf die Fest­stel­lun­gen in der Sit­zungs­nie­der­schrift des Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 30.04.2010 Bl. 152 bis 154 d. A. ver­wie­sen.

 

Ent­schei­dungs­gründe:

I. Die gemäß §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 512 ZPO an sich statt­haf­te Be­ru­fung be­geg­net auch hin­sicht­lich des Wer­tes des Be­schwer­de­ge­gen­stan­des (§ 64 Abs. 2 ArbGG) kei­nen Be­den­ken. Sie ist form- und frist­ge­recht ein­ge­legt, so­wie recht­zei­tig und ord­nungs­gemäß be­gründet wor­den (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO) und da­mit ins­ge­samt zulässig.

 

II. In der Sa­che selbst ist die Be­ru­fung oh­ne Er­folg.

Das Ar­beits­ge­richt hat in dem an­ge­foch­te­nen Er­kennt­nis vom 07.12.2009 im Er­geb­nis und Tei­len der Be­gründung zu­tref­fend ent­schie­den, dass die Be­klag­te die sich aus der Ergänzungs­ver­ein­ba­rung vom 19.10.2007 zum Ar­beits­ver­trag er­ge­ben­de Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung in rech­ne­risch un­strei­ti­ger Höhe hat und das Wi­der­kla­ge­be­geh­ren auf Ge­halts­nach­zah­lung un­be­rech­tigt ist.

 

1. Maßge­bend für die Ver­pflich­tung der Be­klag­ten ist Ziff. 2 der Ergänzungs­ver­ein­ba­rung, die vor­sieht, dass die zu­er­kann­te Rechts­fol­ge ein­tritt, wenn die Ar­beit­neh­me­rin das Ar­beits­verhält­nis kündigt "oh­ne hierfür ei­nen wich­ti­gen Grund zu ha­ben". Die­se in ei­ner In­di­vi­du­al­ver­ein­ba­rung ent­hal­te­ne For­mu­lie­rung ist nach Mei­nung der Be­ru­fungs­kam­mer so aus­zu­le­gen, wie sie den je­wei­li­gen Zwe­cken und der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen­la­ge am Bes­ten ent­spricht (vgl. Prütting/We­gen/Wein­reich, Bürger­li­ches Ge­setz­buch, 2. Auf­la­ge, § 133 Rz 38 m. w. auf BGHZ 2, 385; 20, 101). Ziel muss ei­ne all­seits in­ter­es­sen­ge­rech­te Be­ur­tei­lung sein, bei der kei­ne we­sent­li­chen In­ter­es­sen über­g­an­gen wer­den dürfen.

 

Im vor­lie­gen­den Fall stan­den sich das In­ter­es­se der be­klag­ten Ärz­tin, ih­re kli­ni­sche Zeit zu kom­plet­tie­ren, um die vol­le Qua­li­fi­ka­ti­on zur Ge­bietsprüfung Trans­fu­si­ons­me­di­zin zu er­rei­chen, dem In­ter­es­se der Kläge­rin ge­genüber, In­ves­ti­ti­ons­ri­si­ken ein­zu­ge­hen, um künf­tig ei­ne voll­qua­li­fi­zier­te Ärz­tin im Zen­trum für Trans­fu­si­ons­me­di­zin ein­set­zen zu können. Am Stand­ort Bad Kreuz­nach der Kläge­rin wer­den - so der Vor­trag in der Kla­ge­schrift - 240000 Blut­spen­den pro Jahr ge­won­nen. Die Ge­samt­auf­wen­dun­gen während des Fort­bil­dungs­auf­ent­halts der Be­klag­ten ha­ben sich auf 19.152,70 € be­lau­fen. Auf­grund die­ser In­ter­es­sen­la­ge ist das Merk­mal "wich­ti­ger Grund" im Sin­ne der Ergänzungs­ver­ein­ba­rung nach Mei­nung der Be­ru­fungs­kam­mer - un­abhängig von der Art der Kündi­gung - da­hin­ge­hend aus­zu­le­gen, dass es der aus die­ser Ver­ein­ba­rung ver­pflich­te­ten Ar­beit­neh­me­rin un­zu­mut­bar sein muss, ihr Beschäfti­gungs­verhält­nis mit dem Ar­beit­ge­ber für die Dau­er der ver­ein­bar­ten Bin­dungs­zeit - zwei vol­le Jah­re nach Be­en­di­gung der Tätig­keit im D-Kran­ken­haus k d - fort­zuführen. Für den Maßstab der Un­zu­mut­bar­keit kann - in­so­weit ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­ru­fung - nicht auf bloß "vernünf­ti­ge und nach­voll­zieh­ba­re Gründe" ab­ge­stellt wer­den. Es ist ein Mehr zu ver­lan­gen, da das dar­ge­stell­te In­ter­es­se der Ar­beit­ge­be­rin an­sons­ten nicht aus­rei­chend ge­wahrt würde. Dem In­ter­es­se der Be­klag­ten ist durch ei­ne ge­staf­fel­te Ver­min­de­rung des Rück­zah­lungs­be­tra­ges um 1/24 für je­den vol­len Tätig­keits­mo­nat nach Be­en­di­gung der Tätig­keit als Gastärz­tin Rech­nung ge­tra­gen (vgl. Ziff. 22 Abs. 2 der Ergänzungs­ver­ein­ba­rung).

 

2. In der Be­wer­tung der von der Be­klag­ten vor­ge­tra­ge­nen Tat­sa­chen für die be­haup­te­te Be­rech­ti­gung ih­rer Kündi­gung folgt die Be­ru­fungs­kam­mer dem Ar­beits­ge­richt und nimmt in­so­weit auf die dies­bezügli­chen Fest­stel­lun­gen in den Ent­schei­dungs­gründen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Be­zug.

 

3. We­gen der noch­mals ver­tief­ten An­grif­fe der Be­ru­fung in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt ist ergänzend aus­zuführen, dass die ar­beit­ge­ber­sei­ti­ge Kündi­gung des Ver­tra­ges über Ne­ben­leis­tun­gen kei­nen Ein­griff in das haupt­ver­trag­li­che Sy­nal­lag­ma dar­stellt, die zu ei­ner vor­zei­ti­gen Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses in­ner­halb der vor­ge­se­he­nen Bin­dungs­frist be­rech­tigt hätte. Die Kündi­gung be­tref­fend die mit ei­ner Ho­no­rar­pau­scha­le von 1.600,00 € mo­nat­lich do­tier­ten Teil­nah­me am se­ro­lo­gi­schen Ruf­dienst ba­siert auf ei­nem ei­genständi­gen Ver­trag über ei­ne Ne­ben­leis­tung zum Ar­beits­ver­trag, der in Zif­fer 8 selbstständig un­ter Ein­hal­tung ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten zum Mo­nats­en­de oh­ne An­ga­be von Gründen künd­bar ge­we­sen ist. Die Maßnah­me der Ar­beit­ge­be­rin war selbst dann, wenn sie zu ei­nem deut­li­chen Ein­schnitt in das mo­nat­lich verfügba­re Ein­kom­men der Be­klag­ten führt, rechtmäßig; denn sie greift nicht in das ei­gent­li­che, mit ei­nem Ta­rif­ge­halt von 3.101,53 € brut­to aus­rei­chend ali­men­tier­te Ar­beits­verhält­nis ein. Aus die­sem Grund kann nicht von ei­ner Un­zu­mut­bar­keit der Fortführung der Tätig­keit bis zum Ab­lauf der in der Ergänzungs­ver­ein­ba­rung vor­ge­se­he­nen Bin­dungs­frist aus­ge­gan­gen wer­den. Dies gilt un­abhängig da­von, ob die Ei­genkündi­gung der Be­klag­ten zeit­lich und in­halt­lich über­haupt im Zu­sam­men­hang mit der Kündi­gung des Ne­ben­leis­tungs­ver­tra­ges ge­stan­den hat, was die Kläge­rin im Hin­blick auf den In­halt des Schrei­bens der Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Be­klag­ten vom 18.02.2009 be­zwei­felt.

 

Aus vor­ge­nann­ten Gründen hat das Ar­beits­ge­richt zu Recht der Kla­ge statt­ge­ge­ben und die in die­sem Zu­sam­men­hang ste­hen­de Wi­der­kla­ge ab­ge­wie­sen.

 

III. Die Be­klag­te hat die Kos­ten ih­res er­folg­lo­sen Rechts­mit­tels zu tra­gen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

 

IV. Ei­ne ge­setz­lich be­gründe­te Ver­an­las­sung zur Zu­las­sung der Re­vi­si­on (§ 72 Abs. 2 ArbGG) ist nicht er­sicht­lich.

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