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BAG, Ur­teil vom 12.05.2010, 10 AZR 390/09

   
Schlagworte: Zielvereinbarung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 10 AZR 390/09
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 12.05.2010
   
Leitsätze: Soll eine Zielvereinbarung bis zum Abschluss einer Folgevereinbarung fortgelten, bleibt die Verpflichtung des Arbeitgebers, für das Folgejahr dem Arbeitnehmer ein neues Angebot zu unterbreiten und über eine neue Zielvereinbarung zu verhandeln, regelmäßig bestehen.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 24.09.08, 4 Ca 7771/07
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 30.04.2009, 11 Sa 1504/08
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

10 AZR 390/09

11 Sa 1504/08

Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am 12. Mai 2010

UR­TEIL

Jatz, Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­onskläger,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Zehn­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 12. Mai 2010 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Prof. Dr. Mi­kosch, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Rein­fel­der und Mest­werdt so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Sta­edt­ler und Ohl für Recht er­kannt:


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1. Auf die Re­vi­si­on des Klägers wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf vom 30. April 2009 - 11 Sa 1504/08 - auf­ge­ho­ben.

2. Die Sa­che wird zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung, auch über die Kos­ten der Re­vi­si­on, an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über Ansprüche auf va­ria­ble Ar­beits­vergütung für

die Jah­re 2005 bis 2007.

Der Kläger war vom 1. Fe­bru­ar 2003 bis zum 31. Mai 2007 für die Be-

klag­te als Pro­jekt­lei­ter tätig. Der Ar­beits­ver­trag re­gelt in Art. 3 „Vergütung“ ua.:

„Der Mit­ar­bei­ter erhält für sei­ne Tätig­keit ein Jah­res­ge­halt in Höhe von 61.350,00 Eu­ro brut­to .... Die­ses setzt sich wie folgt zu­sam­men:

75,79 % Jah­res­fest­ge­halt = 46.500,00 Eu­ro brut­to. Die Aus­zah­lung er­folgt in 12 mo­nat­lich glei­chen Beträgen in Höhe von mo­nat­lich = 3.875,00 ... Eu­ro brut­to.

25,21 % va­ria­bles Jah­res­ge­halt = 14.850,00 Eu­ro brut­to gemäß Ziel­ver­ein­ba­rung.

Im Jahr des Ein­tritts bzw. Aus­tritts wird das Ge­halt an­tei­lig, pro ra­ta tem­po­ris, be­zahlt.

Die Ziel­ver­ein­ba­rung für das Jahr 2003 war auf die Er­rei­chung be-

stimm­ter De­ckungs­beiträge be­zo­gen. In der Ziel­ver­ein­ba­rung für das Jahr 2004 heißt es:

„...

Das Jah­res­ziel­ein­kom­men (100 %) wird auf 61.354 € brut­to fest­ge­legt. Es setzt sich wie folgt zu­sam­men:


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Fest­ge­halt = 46.500 € brut­to

Die Aus­zah­lung er­folgt in 12 mo­nat­lich glei­chen Beträgen in Höhe von 3.875 € brut­to.

Va­ria­bler Bo­nus­an­teil = 14.854 € brut­to

Der va­ria­ble An­teil des Jah­res­ge­hal­tes wird nach fol­gen­der Ma­trix er­mit­telt:

· 20 % bei Er­rei­chung der Un­ter­neh­mens­zie­le in Um­satz und Ge­winn (26 Mio. € Um­satz, 800 K € Ebit).

· 40 % bei Er­zie­lung ei­nes durch­schnitt­li­chen De­ckungs­be­tra­ges über al­le be­treu­ten Pro­jek­te von 20 %.

· 40 % bei der Ab­nah­me von 273 Mei­len­stei­nen M4 durch den Kun­den Ep­lus in der Re­gi­on Ber­lin für das Ka­len­der­jahr 2004.

Der va­ria­ble An­teil des Jah­res­ge­halts wird nach Vor­la­ge des tes­tier­ten Jah­res­ab­schlus­ses der I GmbH ge­zahlt.

Die Ziel­ver­ein­ba­rung gilt ab dem 1. Ja­nu­ar 2004 für min­des­tens ein Jahr bis zur Un­ter­zeich­nung ei­ner neu­en Ziel­ver­ein­ba­rung. Ansprüche auf Prämi­en­zah­lun­gen für den zurück­lie­gen­den Zeit­raum be­ste­hen nicht.

...

Al­le an­de­ren Be­stim­mun­gen des Ver­tra­ges blei­ben un­verändert.“

Die An­zahl der Mei­len­stei­ne wur­de später hand­schrift­lich auf 260 kor­ri-

giert. Der Kläger er­ziel­te im Jahr 2003 ei­ne va­ria­ble Vergütung iHv. 3.000,00 Eu­ro und im Jahr 2004 iHv. 9.000,00 Eu­ro.

Für das Jahr 2005 bot die Be­klag­te dem Kläger den Ab­schluss ei­ner

Ziel­ver­ein­ba­rung an, wo­nach der va­ria­ble An­teil des Jah­res­ge­halts zu 10 % von der Er­rei­chung be­stimm­ter Zie­le in Um­satz und Ge­winn, zu 30 % von der Fer­tig­stel­lung von 71 Net­z­ele­men­ten und zu 60 % von der Ak­qui­si­ti­on neu­er Kun­den und/oder Pro­jek­te abhängig sein soll­te. Für das Jahr 2006 un­ter­brei­te­te der Kläger der Be­klag­ten ein An­ge­bot auf Ab­schluss ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung. Die Be­klag­te wie­der­um bot dem Kläger im Jahr 2006 zwei­mal die Fort­set­zung


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des Ar­beits­verhält­nis­ses zu veränder­ten Be­din­gun­gen an. Im April 2007 bat der Kläger um Über­sen­dung ei­nes Vor­schlags für ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung für das Jahr 2007. Ziel­ver­ein­ba­run­gen für die Jah­re 2005 bis 2007 ka­men nicht zu­stan­de; die Ände­rungs­an­ge­bo­te der Be­klag­ten nahm der Kläger nicht an. Auf der Grund­la­ge der Ziel­ver­ein­ba­rung für das Jahr 2004 be­stand im Streit­zeit­raum kein An­spruch auf ei­ne va­ria­ble Vergütung.

Der Kläger macht als Scha­dens­er­satz das im Ar­beits­ver­trag ver­ein­bar­te

va­ria­ble Jah­res­ge­halt von 14.850,00 Eu­ro brut­to gel­tend. Die Ziel­ver­ein­ba­rung für 2004 ha­be nicht für die Fol­ge­jah­re als Grund­la­ge der Be­mes­sung der va­ria­blen Vergütung her­an­ge­zo­gen wer­den können. Die Nicht­er­reich­bar­keit der ver­ein­bar­ten Zie­le in den Fol­ge­jah­ren sei er­kenn­bar ge­we­sen. Die Be­klag­te hätte des­halb dar­le­gen müssen, dass die im Ent­wurf der Ziel­ver­ein­ba­rung für 2005 ent­hal­te­nen Zie­le rea­lis­tisch und an­nah­mefähig ge­we­sen sei­en.

Der Kläger hat be­an­tragt,

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn 35.887,50 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz nach be­stimm­ter zeit­li­cher Staf­fe­lung zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen, und die Auf­fas­sung

ver­tre­ten, die Ziel­ver­ein­ba­rung für das Jahr 2004 ha­be auf­grund der ver­ein­bar­ten Verlänge­rung auch für den Streit­zeit­raum ge­gol­ten, weil ei­ne nach­fol­gen­de Ver­ein­ba­rung nicht zu­stan­de ge­kom­men sei.

Die Vor­in­stan­zen ha­ben die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Mit der vom Lan­des-

ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt der Kläger sein Kla­ge­ziel wei­ter.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on ist be­gründet. Das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts be­ruht

auf ei­nem Rechts­feh­ler, der zur Auf­he­bung des an­ge­foch­te­nen Ur­teils und zur Zurück­ver­wei­sung der Sa­che an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung führt.


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I. Hat der Ar­beit­neh­mer nach dem Ar­beits­ver­trag ei­nen An­spruch auf
ei­nen va­ria­blen Ge­halts­be­stand­teil, der von der Er­rei­chung zu ver­ein­ba­ren­der Zie­le abhängig ist, und kommt ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung nicht zu­stan­de, ist der Ar­beit­ge­ber nach Ab­lauf der Ziel­pe­ri­ode gemäß § 280 Abs. 1, Abs. 3, § 283 Satz 1, § 252 BGB ver­pflich­tet, dem Ar­beit­neh­mer we­gen der ent­gan­ge­nen Vergütung Scha­dens­er­satz zu leis­ten, wenn er das Nicht­zu­stan­de­kom­men der Ziel­ver­ein­ba­rung zu ver­tre­ten hat (Se­nat 10. De­zem­ber 2008 - 10 AZR 889/07 - Rn. 12 ff., AP BGB § 280 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 611 Gra­ti­fi­ka­ti­on, Prämie Nr. 23; 12. De­zem­ber 2007 - 10 AZR 97/07 - Rn. 44 ff., BA­GE 125, 147). Aus ei­ner sol­chen Ver­ein­ba­rung folgt die Ver­pflich­tung des Ar­beit­ge­bers, mit dem Ar­beit­neh­mer über die in der je­wei­li­gen Pe­ri­ode zu er­rei­chen­den Zie­le zu ver­han­deln. Er muss nach ei­ner auf den Zeit­punkt des An­ge­bots be­zo­ge­nen Pro­gno­se Zie­le vor­schla­gen, die der Ar­beit­neh­mer in der Ziel­pe­ri­ode er­rei­chen kann. Der Ver­pflich­tung zur Zah­lung ei­ner ver­ein­bar­ten va­ria­blen Vergütung kann der Ar­beit­ge­ber sich nicht da­durch ent­zie­hen, dass er zwar ver­han­delt, aber Zie­le an­bie­tet, die der Ar­beit­neh­mer nicht er­rei­chen kann. Re­gelmäßig ob­liegt es dem Ar­beit­ge­ber, die Initia­ti­ve zum Ab­schluss ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung zu er­grei­fen und ein kon­kre­tes An­ge­bot vor­zu­le­gen. Un­ter­bleibt dies, ver­letzt der Ar­beit­ge­ber die aus der Ver­ein­ba­rung der va­ria­blen ziel­abhängi­gen Vergütung re­sul­tie­ren­de Ver­hand­lungs­pflicht. Die­se kann auch ver­letzt sein, wenn der Ar­beit­ge­ber ei­ner Auf­for­de­rung des Ar­beit­neh­mers nicht nach­kommt, mit ihm ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung ab­zu­sch­ließen (Se­nat 10. De­zem­ber 2008 - 10 AZR 889/07 - aaO).

II. Der Kläger hat nach Art. 3 des Ar­beits­ver­trags ne­ben den ver­ein­bar­ten
fes­ten Bezügen ei­nen An­spruch auf ei­ne va­ria­ble Vergütung gemäß Ziel­ver­ein­ba­rung. Die Par­tei­en ha­ben für den Streit­zeit­raum kei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung ge­trof­fen. Ob dies auf ei­ner schuld­haf­ten Ver­let­zung der Ver­hand­lungs­pflicht durch die Be­klag­te be­ruht und die­se sich scha­dens­er­satz­pflich­tig ge­macht hat, kann auf der Grund­la­ge der Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts nicht ent­schie­den wer­den.


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1. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Ziel­ver­ein­ba­rung für das Jahr 2004
da­hin aus­ge­legt, dass we­gen der ver­ein­bar­ten Wei­ter­gel­tung bis zum Ab­schluss ei­ner neu­en Ziel­ver­ein­ba­rung Scha­dens­er­satz­ansprüche nicht ent­ste­hen konn­ten. Die­se Aus­le­gung ist nicht frei von Rechts­feh­lern.

2. Es kann da­hin­ste­hen, ob der Ziel­ver­ein­ba­rung für das Jahr 2004 und
der dort ver­ein­bar­ten Wei­ter­gel­tung bis zur Un­ter­zeich­nung ei­ner neu­en Ziel­ver­ein­ba­rung ty­pi­sche, re­vi­si­ons­recht­lich voll über­prüfba­re, oder nicht­ty­pi­sche Wil­lens­erklärun­gen zu­grun­de ge­le­gen ha­ben, denn die Aus­le­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts hält auch ei­ner nur ein­ge­schränk­ten re­vi­si­ons­recht­li­chen Über­prüfung nicht stand. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat nicht aus­rei­chend zwi­schen ver­ein­bar­ter Wei­ter­gel­tung und fort­be­ste­hen­der Ver­hand­lungs­pflicht dif­fe­ren­ziert. Es hat die na­he­lie­gen­de Aus­le­gung der Ziel­ver­ein­ba­rung 2004 da­hin­ge­hend, dass trotz ver­ein­bar­ter Wei­ter­gel­tung die be­ste­hen­den Ver­hand­lungs­pflich­ten wei­ter be­stan­den, nicht in Be­tracht ge­zo­gen.

a) Der Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en sieht vor, dass auf der Grund­la­ge ei­ner
Ziel­ver­ein­ba­rung ein va­ria­bles Jah­res­ge­halt von 14.850,00 Eu­ro ver­dient wer­den kann. Die Ver­ein­ba­rung ei­nes Jah­res­ge­halts legt zwar na­he, dass die Par­tei­en als Ziel­pe­ri­ode das je­wei­li­ge Jahr zu­grun­de le­gen woll­ten. Aus­ge­schlos­sen ist es je­doch nicht, Ziel­ver­ein­ba­run­gen auch für kürze­re oder länge­re Zeiträume zu tref­fen.

b) Die Par­tei­en sind er­sicht­lich von ei­ner jähr­li­chen An­pas­sung der Zie­le
aus­ge­gan­gen. Sie ha­ben für die Jah­re 2003 und 2004 jah­res­be­zo­ge­ne Ziel­ver­ein­ba­run­gen ge­trof­fen und da­bei un­ter­schied­li­che Zie­le und Vor­aus­set­zun­gen für die Er­rei­chung des va­ria­blen Jah­res­ge­halts­an­teils ver­ein­bart. Auch das An­ge­bot der Be­klag­ten für das Jahr 2005 ba­sier­te auf wie­der­um grund­le­gend veränder­ten Zie­len, in­dem der va­ria­ble Teil der Jah­res­vergütung nun­mehr zu 60 % von ei­ner er­folg­rei­chen Ak­qui­si­ti­on von Neu­kun­den und/oder Pro­jek­ten abhängig sein soll­te. Das wei­te­re Ziel von nur noch 71 fer­tig­zu­stel­len­den Net­z­ele­men­ten zeigt, dass die für das Jahr 2004 ver­ein­bar­ten 260 neu­en Net­z­ele­men­te im Jahr 2005 für den Kläger nicht zu er­rei­chen wa­ren.


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c) Die Aus­le­gung der Ziel­ver­ein­ba­rung für 2004 durch das Lan­des­ar­beits-
ge­richt ist zu­tref­fend, so­weit es da­von aus­ge­gan­gen ist, es grei­fe ei­ne „Nach­wir­kung“ ein, so­fern ei­ne Fol­ge­ver­ein­ba­rung nicht ge­schlos­sen wer­de. Für die­sen Fall war ei­ne Wei­ter­gel­tung ein­deu­tig vor­ge­se­hen. Es ist al­ler­dings na­he­lie­gend, in der ver­ein­bar­ten Nach­wir­kung le­dig­lich ei­ne Auf­fang­re­ge­lung zu se­hen, de­ren ein­zi­ger Zweck es war, ei­nen ver­trags­lo­sen Zu­stand zu ver­mei­den, oh­ne dass da­mit die be­ste­hen­den wech­sel­sei­ti­gen Pflich­ten zur Ver­hand­lung über ei­ne nach­fol­gen­de Ziel­ver­ein­ba­rung er­le­digt sein soll­ten. Dies er­gibt sich deut­lich aus dem Wort­laut der Ver­ein­ba­rung, in­dem ei­ne Wei­ter­gel­tung „bis zur Un­ter­zeich­nung ei­ner neu­en Ziel­ver­ein­ba­rung“ be­stimmt wird. Kon­kre­te Zie­le für das Jahr 2005 enthält die Ziel­ver­ein­ba­rung für das Jahr 2004 nicht. De­ren Fest­le­gung war der nach­fol­gen­den Ziel­ver­ein­ba­rung vor­be­hal­ten.

d) Dass trotz der Auf­fang­re­ge­lung die Ver­hand­lungs­pflich­ten wei­ter
be­ste­hen konn­ten, er­gibt sich im Um­kehr­schluss auch aus ei­nem Ver­gleich mit der Rechts­la­ge für den Fall, dass die Par­tei­en kei­ne Nach­wir­kung ver­ein­bart hätten. Mit ei­nem An­ge­bot auf Fort­schrei­bung der Ziel­ver­ein­ba­rung des Jah­res 2004 in das Jahr 2005 hätte die Be­klag­te ih­rer Ver­hand­lungs­pflicht of­fen­bar nicht genügen können, weil sich die Rah­men­be­din­gun­gen geändert hat­ten und die für das Jahr 2004 ver­ein­bar­ten Zie­le im Hin­blick auf die In­be­trieb­nah­me neu­er Net­z­ele­men­te im Jahr 2005 nicht er­reicht wer­den konn­ten und nicht mehr rea­lis­tisch wa­ren (vgl. Se­nat 10. De­zem­ber 2008 - 10 AZR 889/07 - Rn. 15 f., AP BGB § 280 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 611 Gra­ti­fi­ka­ti­on, Prämie Nr. 23). Ei­ne Re­ge­lung ent­spre­chend dem Verständ­nis des Lan­des­ar­beits­ge­richts würde des­halb ei­ner In­halts­kon­trol­le nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 2 BGB nur schwer­lich stand­hal­ten.

e) Ver­ein­ba­ren die Par­tei­en, dass ei­ne ge­trof­fe­ne Ziel­ver­ein­ba­rung nach
Ab­lauf der Ziel­pe­ri­ode nach­wir­ken soll, bis sie durch ei­ne an­de­re Ab­ma­chung er­setzt wird, ist die­ser Wil­le der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en zu ach­ten (Se­nat 10. De­zem­ber 2008 - 10 AZR 889/07 - Rn. 16, AP BGB § 280 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 611 Gra­ti­fi­ka­ti­on, Prämie Nr. 23). Ih­nen steht es frei, die bis­he­ri­ge Re­ge­lung einst­wei­len wei­ter­gel­ten zu las­sen. Dar­aus folgt aber nicht, dass die


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Ver­hand­lungs­pflich­ten im Hin­blick auf den Ab­schluss nach­fol­gen­der Ziel­ver­ein­ba­run­gen erlöschen.

III. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die vor­ste­hen­de Aus­le­gung nicht in

Be­tracht ge­zo­gen und den Tat­sa­chen­stoff nicht vollständig ver­wer­tet. Dies ist nach­zu­ho­len.

1. Er­gibt die er­neu­te Aus­le­gung der Ziel­ver­ein­ba­rung für das Jahr 2004,
dass die Pflich­ten zur Ver­hand­lung über nach­fol­gen­de Ziel­ver­ein­ba­run­gen nicht er­lo­schen wa­ren, wird zu prüfen sein, ob die Be­klag­te, ins­be­son­de­re im Hin­blick auf die an­ge­bo­te­ne Neu­kun­den- und Pro­jek­tak­qui­se, in dem An­ge­bot auf Ab­schluss der Ziel­ver­ein­ba­rung für das Jahr 2005 Zie­le be­nannt hat, die der Kläger hätte er­rei­chen können (vgl. Se­nat 10. De­zem­ber 2008 - 10 AZR 889/07 - Rn. 15, AP BGB § 280 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 611 Gra­ti­fi­ka­ti­on, Prämie Nr. 23). In­so­weit müss­te die Be­klag­te dar­le­gen und ggf. be­wei­sen, wie es zu der Verände­rung der an­ge­bo­te­nen Zie­le kam und ob die­se Zie­le er­reich­bar wa­ren.

2. So­dann ist zu klären, wie die Be­klag­te auf das An­ge­bot des Klägers auf
Ab­schluss ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung für das Jahr 2006 re­agiert hat. Ei­ne Ver­let­zung der Ver­hand­lungs­pflicht kann auch dar­in lie­gen, dass der Ar­beit­ge­ber der Auf­for­de­rung des Ar­beit­neh­mers nicht nach­kommt, mit ihm ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung ab­zu­sch­ließen (Se­nat 10. De­zem­ber 2008 - 10 AZR 889/07 - Rn. 13, AP BGB § 280 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 611 Gra­ti­fi­ka­ti­on, Prämie Nr. 23; 12. De­zem­ber 2007 - 10 AZR 97/07 - Rn. 44, BA­GE 125, 147). Die zwei­fa­che Wei­ge­rung des Klägers im Jahr 2006, ei­ner Ände­rung sei­ner Ar­beits­be­din­gun­gen zu­zu­stim­men, recht­fer­tig­te es nicht, kei­ne Ver­hand­lun­gen mehr über ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung zu führen.

3. Auch für das Jahr 2007 hat die Be­klag­te dar­zu­le­gen, aus wel­chem
Grund sie dem Kläger kein An­ge­bot auf Ab­schluss ei­ner Ziel­ver­ein­ba­rung un­ter­brei­tet hat. Nach Art. 3 des Ar­beits­ver­trags be­stand ein An­spruch des Klägers auf ei­ne an­tei­li­ge va­ria­ble Vergütung auch bei un­terjähri­gem Aus­schei­den.


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IV. Er­gibt die wei­te­re Aufklärung des Sach­ver­halts, dass die Be­klag­te nach

§ 280 Abs. 1, Abs. 3, § 283 Satz 1, § 252 BGB zum Scha­dens­er­satz ver­pflich­tet ist, ist zu prüfen, in wel­cher Höhe dem Kläger ein Scha­den ent­stan­den ist. Nach der Recht­spre­chung des Se­nats bil­det der für den Fall der Ziel­er­rei­chung zu­ge­sag­te Bo­nus zwar die Grund­la­ge für die Scha­den­ser­mitt­lung (12. De­zem­ber 2007 - 10 AZR 97/07 - Rn. 50, BA­GE 125, 147). Im Rah­men des dem Lan­des­ar­beits­ge­richt nach § 287 Abs. 1 ZPO ob­lie­gen­den Er­mes­sens kann al­ler­dings berück­sich­tigt wer­den, dass der Kläger in den Jah­ren 2003 und 2004 die ver­ein­bar­ten Zie­le nicht in vol­lem Um­fang er­reicht hat.

Mi­kosch W. Rein­fel­der Mest­werdt

Kay Ohl Sta­edt­ler

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