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LAG Mün­chen, Ur­teil vom 26.05.2009, 6 Sa 1135/08

   
Schlagworte: Weihnachtsgeld, Gratifikation, AGB-Kontrolle, Rückzahlungsklausel
   
Gericht: Landesarbeitsgericht München
Aktenzeichen: 6 Sa 1135/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 26.05.2009
   
Leitsätze:

Die formularmäßige Verpflichtung eines Arbeitnehmers, eine Weihnachtsgratifikation auch dann zurückzahlen zu müssen, wenn er vor 31.03. des auf das Auszahlungsjahr folgenden Jahres durch betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung ausscheidet, benachteiligt diesen unangemessen und ist jedenfalls insoweit unwirksam.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht München, 21. November 2008, Az: 14 Ca 5790/08, Urteil
   

6 Sa 1135/08

14 Ca 5790/08
(ArbG München) 

Verkündet am: 26. Mai 2009

Kreßler, An­ge­stell­te
Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le


Lan­des­ar­beits­ge­richt München
Im Na­men des Vol­kes
UR­TEIL
In dem Rechts­streit


D.


- Kläger und Be­ru­fungskläger -


Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:


ge­gen


Fir­ma G. B. V. GmbH,


- Be­klag­te und Be­ru­fungs­be­klag­te -


Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:


hat die 6. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts München auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 12. Mai 2009 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Dr. Künzl, die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Brauch und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Ler­chl

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für Recht er­kannt:


I. Das En­dur­teil des Ar­beits­ge­richts München vom 21. Nov. 2008 – 14 Ca
5790/08 wird in Ziff. 1. und 2 teil­wei­se ab­geändert und in­so­weit wie folgt neu ge­fasst:


1. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger € 3.000.- brut­to nebst 5 % Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz seit 1. März 2008 zu zah­len.


2. Im Übri­gen wird die Kla­ge ab­ge­wie­sen.


3. Von den Kos­ten des Rechts­streits tra­gen der Kläger 1/10, die Be­klag­te 9/10.


II. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.


Tat­be­stand:


Die Par­tei­en strei­ten noch um aus­ste­hen­de Vergütung.


Der Kläger war auf Grund des Ar­beits­ver­tra­ges vom 3./6. Ju­ni 2004 (Bl. 7 ff. d. A.) seit 6. Sept. 2004 bei der Be­klag­ten, seit 1. Jan. 2007 als An­zei­gen­ver­wal­ter, bei ei­nem Brut-to­mo­nats­ent­gelt von € 0 dzzgl. ei­ner mo­nat­li­chen A-Kon­to-Zah­lung von € 250.- beschäftigt. Im Ar­beits­ver­trag ist un­ter Nr. III. 2 ge­re­gelt:


„III. Bezüge

...
2. Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­tio­nen

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a. So­weit der Ver­lag dem/der Mit­ar­bei­terIN ei­ne Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on gewährt, er­folgt dies frei­wil­lig un­ter dem Vor­be­halt der je­der­zei­ti­gen Wi­der­ruf­lich­keit. Auch nach wie­der­hol­ter Zah­lung erwächst kein Rechts­an­spruch auf Zah­lung ei­ner Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on.


b. Die Zah­lung der Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on er­folgt zu­sam­men mit dem No­vem­ber­ge­halt. Vor­aus­set­zung für die Aus­zah­lung ist, dass der/die Mit­ar­bei­terIN am 30.11. des Jah­res in ei­nem un­gekündig­ten Beschäfti­gungs­verhält­nis steht. Ein Auf­he­bungs­ver­trag steht ei­ner Kündi­gung gleich. Be­steht das Beschäfti­gungs­verhält­nis noch nicht das gan­ze Jahr, so wird die Gra­ti­fi­ka­ti­on zeit­an­tei­lig gewährt.


c. Der/die Mit­ar­bei­terIN ist ver­pflich­tet, die Gra­ti­fi­ka­ti­on zurück­zu­zah­len, wenn das Beschäfti­gungs­verhält­nis bis zum 31.03. des auf die Aus­zah­lung fol­gen­den Ka­len­der­jah­res durch Kündi­gung durch den Ar­beit­neh­mer oder den Ar­beit­ge­ber oder durch Auf­he­bungs­ver­trag en­det.


d. Der Ver­lag ist be­rech­tigt, mit sei­ner Rück­zah­lungs­for­de­rung ge­gen al­le et­wai­gen noch fälli­gen Zah­lungs­ansprüche des Ar­beit­neh­mers auf­zu­rech­nen.


e. Aus­gangs­ba­sis für die Be­rech­nung der Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on ist ein Brut­to­mo­nats­ge­halt.“


Der Kläger hat­te mit dem No­vem­ber­ge­halt 2007 ei­ne Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on von € 3.000.- brut­to er­hal­ten.


Mit Schrei­ben vom 2. Jan. 2008 kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis zum Kläger aus be­triebs­be­ding­ten Gründen zum 29. Feb. 2008 und ver­sprach ihm für den Fall ei­ner un­ter­las­se­nen Kündi­gungs­schutz­kla­ge ei­ne Ab­fin­dung von € 4.500.-. Der Kläger hat­te die Un­wirk­sam­keit die­ser Kündi­gung nicht ge­richt­lich gel­tend ge­macht. Die Be­klag­te ver­rech­ne­te die im Jahr 2007 be­zahl­te Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on mit der Fe­bru­ar­vergütung 2008.

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Mit sei­ner am 30. Apr. 2008 beim Ar­beits­ge­richt München ein­ge­gan­ge­nen und der Be­klag­ten am 21. Mai 2008 zu­ge­stell­ten Kla­ge vom 25. Apr. 2008 macht der Kläger die Zah­lung der Fe­bru­ar­vergütung von € 0 und ei­ner wei­te­ren Ab­fin­dung gel­tend.


Er meint, so­weit hier von In­ter­es­se, die Weih­nachts­vergütung sei zu Un­recht mit dem Fe­bru­a­r­ent­gelt­an­spruch ver­rech­net wor­den. Die Rück­zah­lungs­klau­sel in Nr. III. 2. c. des Ar­beits­ver­tra­ges sei un­wirk­sam, in­so­weit ei­ne Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung auch bei Ar­beit­ge­berkündi­gun­gen vor­ge­se­hen sei.


Er hat b e a n t r a g t:


Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger € 3.375,00 brut­to nebst 5 % Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 01.03.2008 zu be­zah­len.


Die Be­klag­te hat b e a n t r a g t,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.


Die Be­klag­te hält die Rück­zah­lungs­klau­sel für wirk­sam, wes­we­gen ei­ne Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung hin­sicht­lich der Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on ge­ge­ben sei.


Mit En­dur­teil vom 25. Nov. 2008, das hin­sicht­lich des Wei­te­ren strei­ti­gen und un­strei­ti­gen Sach­vor­tra­ges der Par­tei­en in Be­zug ge­nom­men wird, hat das Ar­beits­ge­richt München die Kla­ge in vol­lem Um­fang ab­ge­wie­sen. Hin­sicht­lich des noch strei­ti­gen Ge­gen­stan­des stell­te es dar­auf ab, die Rück­zah­lungs­klau­sel der Nr. III. 2. c. des Ver­tra­ges ver­s­toße nicht ge­gen §§ 307 ff. BGB. Die Ver­ein­ba­rung ver­s­toße we­der ge­gen das Trans­pa­renz­ge­bot noch ge­gen Ge­bo­te von Treu und Glau­ben.


Ge­gen die­ses ihm am 11. Dez. 2008 zu­ge­stell­te Ur­teil hat der Kläger mit Schrift­satz vom 29. Dez. 2008, der am sel­ben Tag beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­gen war, Be­ru­fung ein­ge­legt und mit Schrift­satz vom 10. Feb. 2009, ein­ge­gan­gen per Fax am 11. Feb. 2009 be­gründet. Die Be­klag­te hat hier­auf mit Schrift­satz vom 25. Feb. 2009, der am 26. Feb. 2009 ein­ge­gan­gen war, er­wi­dert.

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Der Kläger führt aus, er ak­zep­tie­re die Ent­schei­dung hin­sicht­lich der Ab­wei­sung der Kla­ge be­tref­fend die wei­te­re Ab­fin­dungs­for­de­rung. Die Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung der Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on hal­te aber, wie er meint, ei­ner In­halts­kon­trol­le nicht stand. Die aus­ge­spro­che­ne be­triebs­be­ding­te Kündi­gung sei der Sphäre des Ar­beit­ge­bers zu­zu­rech­nen und könne da­her zu kei­ner Rück­zah­lungs­pflicht sei­ner­seits führen. In­so­weit sei die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zur Rück­zah­lung von Aus­bil­dungs­kos­ten zu über­tra­gen.


Er b e a n t r a g t:


1. Das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts München (14 Ca 5790/08) vom 25.11.2008 wird in den Zif­fern 1) und 2) ab­geändert.


2. Die Be­klag­te wird ver­teilt, an den Kläger € 3.000,00 brut­to nebst 5 % Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 01.03.2008 zu be­zah­len.

3. Die Be­klag­te hat die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen.

Die Be­klag­te b e a n t r a g t,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.


Sie ist der An­sicht, dass ei­ne Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung ei­ner Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on auch für den Fall ei­ner be­triebs­be­ding­ten Ar­beit­ge­berkündi­gung vor­ge­se­hen wer­den könne. Die ent­spre­chen­de Klau­sel im Ar­beits­ver­trag ver­s­toße auch nicht ge­gen die Be­stim­mun­gen der AGB-Kon­trol­le. Ei­ne Über­tra­gung der Recht­spre­chung zur Rück­zah­lung von Aus­bil­dungs­kos­ten kom­me nicht in Be­tracht.


Im Ter­min vom 12. Mai 2009 hat der Be­klag­ten­ver­tre­ter auf Hin­weis des Vor­sit­zen­den, die Pfändungs­frei­gren­zen sei­en ggf. bei der Auf­rech­nung zu be­ach­ten ge­we­sen, vor­ge­tra­gen, die Fe­bru­ar­zah­lung sei zu­sam­men mit der Ab­fin­dung ab­ge­rech­net und aus­be­zahlt wor­den. Dar­aus ha­be sich nach er­folg­ter Ver­rech­nung mit der Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on ein ver­blie­be­ner Aus­zah­lungs­be­trag von net­to € 1.963,99 er­ge­ben. In der Lohn­steu­er­kar­te des Klägers sei Lohn­steu­er­klas­se III bei ei­nem 1 Kin­der­frei­be­trag ein­ge­tra­gen.

Der Kläger hat aus­geführt, er ha­be übli­cher­wei­se net­to ca. 1.800 € er­hal­ten.

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We­gen des Sach­vor­trags der Par­tei­en im Ein­zel­nen wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 25. Apr. 2008 (Bl. 1 ff. d. A.), vom 20. Aug. 2008 (Bl. 39 ff. d. A.), vom 10. Feb. 2009 (Bl. 96 ff. d. A.) und vom 30. Apr. 2009 (Bl. 122 f. d. A.), der Be­klag­ten vom 17. Ju­ni 2008 (Bl. 26 ff. d. A.), vom 18. Sept. 2008 (Bl. 44 ff. d. A.) und vom 25. Feb. 2009 (Bl. 112 ff. d. A.) – je­weils nebst An­la­gen – so­wie auf die Sit­zungs­pro­to­kol­le vom 4. Nov. 2008 (Bl. 31 f. d. A.) und vom 12. Mai 2009 (Bl. 124 ff. d. A.) Be­zug ge­nom­men.


Ent­schei­dungs­gründe:


Die zulässi­ge Be­ru­fung hat in der Sa­che Er­folg.


I. Die Be­ru­fung ist zulässig.


Sie ist nach § 64 Abs. 1, 2b ArbGG statt­haft. Sie ist in rech­ter Form und Frist ein­ge­legt und be­gründet wor­den (§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 519 Abs. 2, § 520 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 66 Abs. 1 Sätze 1, 2, 5 ArbGG, § 222 ZPO).


II. In der Sa­che hat die Be­ru­fung Er­folg.


Der Kläger kann die Zah­lung der Vergütung für Fe­bru­ar 2008 nach § 611 BGB i.V.m. dem Ar­beits­ver­trag bzw. die Zah­lung der un­ge­min­der­ten Ab­fin­dung in Höhe von € 4.500.- ver­lan­gen. De­ren Ver­rech­nung mit der mit dem No­vem­ber­ge­halt 2007 be­zahl­ten Ab­fin­dung in glei­cher Höhe war nicht statt­haft. Die Re­ge­lung in Nr. III. 2. c. des Ar­beits­ver­tra­ges ist we­gen Ver­s­toßes ge­gen § 307 Abs. 1 BGB un­wirk­sam (§ 306 Abs. 2 BGB), oh­ne dass dis­po­si­ti­ves Ge­set­zes­recht zur An­wen­dung käme. Ei­ne Rück­for­de­rung der be­zahl­ten Ab­fin­dung bei vor­zei­ti­gem Aus­schei­den des Klägers kommt nicht in Be­tracht.


1. Der Ent­gelt­an­spruch für Fe­bru­ar 2008 war sei­tens des Klägers ent­stan­den. Er hat­te sei­ne Ar­beits­leis­tung – er­sicht­lich – vollständig er­bracht.

2. Die Ent­gelt­for­de­rung ist we­der ganz noch teil­wei­se durch Auf­rech­nung (§§ 386 ff. BGB) er­lo­schen. Wenn­gleich der Ent­gelt­an­spruch zu­min­dest teil­wei­se der Auf­rech­nung un­ter­lag (§ 394 BGB, § 850c ZPO), so schei­tert die­se am Feh­len ei­nes Ge­gen­an­spru­ches der Be­klag­ten.

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a. Hin­sicht­lich der Zah­lung im Mo­nat Fe­bru­ar 2008 war ein Teil der Vergütung des Klägers der Pfändung un­ter­le­gen (§ 394 BGB, §§ 850c, 850i ZPO). Un­ter Zu­grun­de­le­gung der re­gelmäßigen Net­to­vergütung wa­ren – aus­ge­hend von der Äußerung des Klägers – € 95,01 pfänd­bar. Da­ne­ben ist auch noch die Pfänd­bar­keit der Ab­fin­dungs­zah­lung ge­ge­ben.


aa. Nach un­wi­der­spro­che­ner Dar­le­gung des Klägers ver­dien­te die­ser re­gelmäßig mo­nat­lich ca. 0a € net­to. Er hat zu­dem 2 Un­ter­halts­pflich­ten (Lohn­steu­er­klas­se III und 1 Kin­der­frei­be­trag), wie die Be­klag­te un­wi­der­spro­chen vor­ge­tra­gen hat­te. Dar­aus folgt nach der Ta­bel­le (An­la­ge 2 zu § 850c ZPO) ein Pfändungs­be­trag von € 95,01.


bb. Da­ne­ben ist die dem Kläger be­zahl­te Ab­fin­dung zu berück­sich­ti­gen. Die­se ge­nießt kei­nen Schutz nach §§ 850 ff. ZPO, da die­se kein Ar­beits­ent­gelt dar­stel­len (BAG v. 13. 7. 1959 – 2 AZR 398/58, AP ZPO § 850 Nr. 1; Münch­Komm-ZPO/Smid, 2. Aufl., § 850i Rz. 14).


b. Die Be­klag­te hat­te aber kei­nen Ge­gen­an­spruch, mit dem sie die Auf­rech­nung erklären konn­te (§ 387 BGB). Die for­mu­larmäßige (§ 305 Abs. 1 BGB) Rück­zah­lungs­ver­ein­ba­rung in Nr. III. 2. c. des Ar­beits­ver­tra­ges ist je­den­falls in­so­weit un­wirk­sam, als sie auch bei Aus­spruch ei­ner be­triebs­be­ding­ten Ar­beit­ge­berkündi­gung ei­ne Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung auslöst (§ 306 Abs. 2 BGB). Da­mit be­nach­tei­ligt sie die be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer un­an­ge­mes­sen (§ 307 Abs. 1 BGB).


aa. Beim Ar­beits­ver­trag, in Son­der­heit bei Nr. III. 2. c des Ar­beits­ver­tra­ges, han­delt es sich um ei­ne all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Ver­trags­ver­ein­ba­run­gen sind nicht al­lein mit dem Kläger, son­dern mit ei­ner Viel­zahl von Ar­beit­neh­mern so ab­ge­schlos­sen. Den ent­spre­chen­den Vor­trag des Klägers hat die Be­klag­te nicht be­strit­ten (§ 138 Abs. 3 ZPO). Es ist da­nach ei­ne „vor­for­mu­lier­te Ver­trags­be­din­gung für ei­ne Viel­zahl von Verträgen“ i.S. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB ge­ge­ben, die ei­ner Ver­trags­in­halts­kon­trol­le un­ter­liegt (vgl. auch BAG v. 25. 5. 2005 – 5 AZR 572/04, AP BGB § 310 Nr. 1).

bb. Die Rück­zah­lungs­klau­sel be­nach­tei­ligt den Kläger ent­ge­gen Treu und Glau­ben in un­an­ge­mes­se­ner Wei­se, in­so­weit auch bei Aus­spruch ei­ner be­triebs­be­ding­ten Ar­beit­ge­berkündi­gung ei­ne Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung hin­sicht­lich der Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on

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ent­steht (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB); sie ist je­den­falls in­so­weit un­wirk­sam (§ 306 Abs. 2 BGB).


aaa. In sei­ner Ent­schei­dung vom 25. 4. 1991 – 6 AZR 183/90, AP BGB § 611 Gra­ti­fi­ka­ti­on Nr. 138) hat­te das Bun­des­ar­beits­ge­richt die Be­stim­mung ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung, der­zu­fol­ge Mit­ar­bei­ter von der Gra­ti­fi­ka­ti­ons­zah­lung aus­ge­schlos­sen sind, die am Stich­tag 30. No­vem­ber des Jah­res in ei­nem gekündig­ten Ar­beits­verhält­nis ste­hen, auch für den Fall ei­ner be­triebs­be­ding­ten Kündi­gung als wirk­sam an­ge­se­hen. Al­ler­dings hat es die Ver­ein­ba­rung der ge­richt­li­chen In­halts­kon­trol­le auf ih­re Übe­rein­stim­mung mit der Ver­fas­sung, den Ge­set­zen, den gu­ten Sit­ten und der Bil­lig­keit gemäß § 75 Be­trVG un­ter­wor­fen. Da­hin­ge­hen­de Verstöße, ins­be­son­de­re ei­nen Ver­s­toß ge­gen § 162 BGB – treu­wid­ri­ge Ver­ei­te­lung des Be­din­gungs­ein­tritts – hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt nicht an­ge­nom­men. Der Ar­beit­ge­ber le­ge nicht oh­ne Wei­te­res ein wi­dersprüchli­ches und treu­wid­ri­ges Ver­hal­ten im Sin­ne von § 162 BGB im Fal­le des Aus­spru­ches ei­ner be­triebs­be­ding­ten Kündi­gung an den Tag. Viel­mehr set­ze die An­wen­dung des Grund­sat­zes von Treu und Glau­ben ei­ne Auflösung des Ar­beits­verhält­nis­ses durch den Ar­beit­ge­ber vor­aus, mit dem Ziel die Ent­ste­hung des Gra­ti­fi­ka­ti­ons­an­spruchs des Ar­beit­neh­mers zu ver­ei­teln. Ei­ner sol­chen An­nah­me ste­he aber be­reits ent­ge­gen, dass auch be­triebs­be­ding­te Kündi­gun­gen nicht be­lie­big, son­dern nur un­ter den ge­setz­li­chen und von der Recht­spre­chung auf­ge­stell­ten Vor­aus­set­zun­gen aus­ge­spro­chen wer­den könn­ten (BAG v. 25. 4. 1991, a.a.O., un­ter Rz. 27).


bbb. Dem­ge­genüber hat­te das Bun­des­ar­beits­ge­richt in ei­ner die Rück­zah­lung von Aus­bil­dungs­kos­ten be­tref­fen­den Ent­schei­dung vom 11. 4. 2006 – 9 AZR 610/05, AP BGB § 307 Nr. 16; eben­so BAG v. 23. 1. 2007 – 9 AZR 482/06, NJW 2007 3018) ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung für den Fall ei­ner auch bei be­triebs­be­ding­ter Kündi­gung ent­ste­hen­den Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung an­ge­nom­men. Es führt hier­zu aus:

„...


e) Rück­zah­lungs­ab­re­den für Aus- und Fort­bil­dungs­kos­ten be­nach­tei­li­gen den Ar­beit­neh­mer nicht ge­ne­rell un­an­ge­mes­sen. Nach der vor Gel­tung der §§ 305 ff. BGB zur all­ge­mei­nen In­halts­kon­trol­le von Rück­zah­lungs­klau­seln er­gan­ge­nen ständi­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts wa­ren ein­zel­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­run­gen, nach de­nen sich ein Ar­beit­neh­mer an den Kos­ten ei­ner vom Ar-

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beit­ge­ber fi­nan­zier­ten Aus­bil­dung zu be­tei­li­gen hat, wenn er vor Ab­lauf be­stimm­ter Fris­ten aus dem Ar­beits­verhält­nis aus­schei­det, grundsätz­lich zulässig (24. Ju­ni 2004 – 6 AZR 383&03 – BA­GE 111, 157 mwN). Dar­an ist fest­zu­hal­ten.


aa) Aus­nahms­wei­se können je­doch der­ar­ti­ge Zah­lungs­ver­pflich­tun­gen we­gen ei­ner übermäßigen Be­ein­träch­ti­gung der ar­beits­platz­be­zo­ge­nen Be­rufs­wahl­frei­heit des Ar­beit­neh­mers (Art. 12. Abs. 1 Satz 1 GG) un­wirk­sam sein. So muss ei­ner­seits ei­ne Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung bei verständi­ger Be­trach­tung ei­nem bil­li­gens­wer­ten In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers ent­spre­chen und an­de­rer­seits der Ar­beit­neh­mer mit der Fort­bil­dungs­maßnah­me ei­ne an­ge­mes­se­ne Ge­gen­leis­tung für die Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung er­hal­ten ha­ben. Die für den Ar­beit­neh­mer zu­mut­ba­ren Bin­dun­gen sind auf Grund ei­ner Güter- und In­ter­es­sen­abwägung nach Maßga­be des Verhält­nismäßig­keits­grund­sat­zes un­ter Her­an­zie­hung al­ler Umstände des Ein­zel­fal­les zu er­mit­teln (BAG 5. De­zem­ber 2002 – 6 AZR 539/01 – BA­GE 104, 125 mwN). Das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers, der sei­nem Ar­beit­neh­mer ei­ne Aus- oder Wei­ter­bil­dung fi­nan­ziert, geht da­hin, die vom Ar­beit­neh­mer er­wor­be­ne Qua­li­fi­ka­ti­on möglichst lang­fris­tig für sei­nen Be­trieb nut­zen zu können (BAG 19. Fe­bru­ar 2004 – 6 AZR 552/02 – BA­GE 109, 345). Die­ses grundsätz­lich be­rech­tig­te In­ter­es­se ge­stat­tet es dem Ar­beit­ge­ber, als Aus­gleich für sei­ne fi­nan­zi­el­len Auf­wen­dun­gen von ei­nem sich vor­zei­tig ab­keh­ren­den Ar­beit­neh­mer die Kos­ten der Aus­bil­dung ganz oder zeit­an­tei­lig zurück­zu­ver­lan­gen. Die be­rech­tig­ten Be­lan­ge des Ar­beit­ge­bers sind ge­gen das In­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers ab­zuwägen, sei­nen Ar­beits­platz oh­ne Be­las­tung mit Kos­ten frei wählen zu können. Die Abwägung hat sich ins­be­son­de­re dar­an zu ori­en­tie­ren, ob und in­wie­weit der Ar­beit­neh­mer mit der Aus- oder Fort­bil­dung ei­nen geld­wer­ten Vor­teil er­langt (st. Rspr. BAG 16. März 1994 – 5 AZR 339/92 – BA­GE 76, 155).


bb) Die Un­an­ge­mes­sen­heit der streit­ge­genständ­li­chen Rück­zah­lungs­klau­sel er­gibt sich hier dar­aus, dass sie hin­sicht­lich des die Rück­zah­lungs­pflicht auflösen­den Tat­be­stan­des zu weit ge­fasst ist.


Im Rah­men der nach § 307 BGB an­zu­stel­len­den In­ter­es­sen­abwägung ist auch der die Rück­zah­lungs­pflicht auslösen­de Tat­be­stand zu berück­sich­ti­gen (Thüsing in v. West­pha­len Ver­trags­recht und AGB-Klau­sel­wer­ke Stand März 2006 Stich­wort: Ar­beits­verträge Rn. 151). Es ist nicht zulässig, die Rück­zah­lungs­pflicht schlecht­hin an je­des Aus­schei­den des Ar­beit­neh­mers zu knüpfen, das in­ner­halb der in der Klau­sel vor­ge­se­he­nen Blei­be­frist statt­fin­det. Viel­mehr muss nach dem Grund des vor­zei­ti­gen Aus­schei­dens un­ter­schie­den wer­den (vgl. Dorn­dorf in Däub-ler/Dorn­dorf AGB-Kon­trol­le im Ar­beits­recht § 307 BGB Rn. 119). Ei­ne Rück­zah­lungs­klau­sel stellt nur dann ei­ne aus­ge­wo­ge­ne Ge­samt­re­ge­lung dar, wenn es der Ar­beit­neh­mer in der Hand hat, durch ei­ge­ne Be­triebs­treue der Rück­zah­lungs­pflicht zu ent­ge­hen. Ver­lus­te auf Grund von In­ves­ti­tio­nen, die nachträglich wert­los wer­den, hat grundsätz­lich der Ar­beit­ge­ber zu tra­gen. Hätte der be­triebs­treue Ar­beit­neh­mer die in sei­ne Aus- oder Wei­ter­bil­dung in­ves­tier­ten Be­triebs­aus­ga­ben auch dann zu er­stat­ten, wenn die Gründe für die vor­zei­ti­ge Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses aus­sch­ließlich dem Ver­ant­wor­tungs- und Ri­si­ko­be­reich des Ar­beit­ge­bers zu­zu­rech­nen sind, würde er mit den Kos­ten ei­ner fehl­ge­schla­ge­nen In­ves­ti­ti­on sei­nes Ar­beit­ge­bers be­las­tet. Sieht ei­ne Ar­beits­ver­trags­klau­sel auch für ei­nen sol­chen Fall ei­ne Rück­zah­lungs­pflicht des Ar­beit­neh­mers vor, berück­sich­tigt sie

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nicht wech­sel­sei­tig die an­zu­er­ken­nen­den In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­part­ner, son­dern ein­sei­tig nur die­je­ni­gen des Ar­beit­ge­bers. Da­mit be­nach­tei­ligt ei­ne sol­che Klau­sel den Ar­beit­neh­mer un­an­ge­mes­sen (vgl. BAG 24. Ju­ni 2004 – 6 AZR 383/03 – BA­GE 111, 157). Die in Ziff. 10.4 des Ar­beits­ver­tra­ges ent­hal­te­ne Rück­zah­lungs­klau­sel dif­fe­ren­ziert nicht da­nach, wes­sen Ver­ant­wor­tungs- und Ri­si­ko­be­reich die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zu­zu­rech­nen ist. Der Ar­beit­neh­mer soll auch dann mit den Aus­bil­dungs­kos­ten be­las­tet wer­den, wenn er sich we­gen ei­nes Fehl­ver­hal­tens des Ar­beit­ge­bers als zur Ei­genkündi­gung be­rech­tigt an­se­hen darf oder wenn der Ar­beit­ge­ber aus be­triebs­be­ding­ten Gründen kündigt. In die­sen Fällen ist die vor­zei­ti­ge Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht dem Ar­beit­neh­mer zu­zu­rech­nen. Er kann die Ver­trags­be­en­di­gung nicht be­ein­flus­sen. Ei­ne sach­li­che Grund­la­ge für die Kos­ten­be­tei­li­gung des Ar­beit­neh­mers, die die­se als an­ge­mes­se­nen In­ter­es­sen­aus­gleich er­schei­nen lässt, be­steht in sol­chen Fällen nicht (Thüsing in v. West­pha­len aaO). Die Kläge­rin ver­sucht durch die­se Ver­trags­ge­stal­tung ein­sei­tig ih­re ei­ge­nen wirt­schaft­li­chen In­ter­es­sen an ei­ner Ab­si­che­rung ih­rer In­ves­ti­ti­on in die Aus­bil­dung des Be­klag­ten durch­zu­set­zen.


f) So­weit un­ter Gel­tung des al­ten Rechts im Rah­men des § 242 BGB bei weit­ge-fass­ten Klau­seln je­weils ge­prüft wur­de, ob der Ar­beit­neh­mer im kon­kre­ten Fall schutzwürdig ist, bleibt hierfür bei der In­halts­kon­trol­le nach § 307 BGB kein Raum. Die un­ter der Gel­tung der Be­reichs­aus­nah­me zum AGBG er­gan­ge­ne Recht­spre­chung sah, wenn der Ar­beit­neh­mer dem Ar­beit­ge­ber Grund zur Kündi­gung ge­ge­ben hat­te, das Ver­trau­en des Ar­beit­neh­mers, durch ei­ge­ne Be­triebs­treue der Rück­zah­lungs­pflicht ent­ge­hen zu können, als nicht schutzwürdig an. Dies galt eben­so für den Fall ei­ner vor­zei­ti­gen Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses durch den Ar­beit­neh­mer (vgl. BAG 24. Ju­ni 2004 – 6 AZR 383/03 – BA­GE 111, 157). Im Ge­gen­satz zu die­ser am kon­kre­ten Ein­zel­fall aus­ge­rich­te­ten Recht­spre­chung be­ruht jetzt die zum Recht der All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen gehören­de In­halts­kon­trol­le auf ei­ner ty­pi­sie­ren­den Be­trach­tung ei­ner Klau­sel, die oh­ne Rück­sicht auf in­di­vi­du­el­le Be­son­der­hei­ten der Ver­trags­par­tei­en vor­zu­neh­men ist (Schmidt NZA 2004, 1002).
...“


ccc. Die­se von der er­ken­nen­den Kam­mer ge­teil­te An­sicht ist auf die vor­lie­gen­de Fall­ge­stal­tung zu über­tra­gen. Da­nach ist für die bis­he­ri­ge weit ge­fass­te und am Ein­zel­fall ori­en­tier­te Prüfung der Schutzwürdig­keit des Ar­beit­neh­mers im Rah­men des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kein Raum mehr (BAG v. 23. 1. 2007, a.a.O., un­ter Rz. 27).


Ei­ne for­mu­larmäßige Ver­trags­be­stim­mung ist nach § 307 Abs. 1 BGB un­an­ge­mes­sen, wenn der Ver­wen­der ver­sucht, durch ein­sei­ti­ge Ver­trags­ge­stal­tung miss­bräuch­lich ei­ge­ne In­ter­es­sen auf Kos­ten sei­nes Ver­trags­part­ners durch­zu­set­zen, oh­ne von vorn­her­ein auch des­sen Be­lan­ge hin­rei­chend zu berück­sich­ti­gen und ihm ei­nen an­ge­mes­se­nen Aus­gleich zu gewähren (BAG v. 11. 4. 2006, a.a.O.). Um ei­ne un­an­ge­mes­se­nen Be­nach­tei­li­gung fest­zu­stel­len, be­darf es ei­ner wech­sel­sei­ti­gen Berück­sich­ti­gung und Be­wer­tung recht­lich

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an­zu­er­ken­nen­der In­ter­es­sen der Ver­trags­part­ner un­ter Berück­sich­ti­gung auch de­ren grund­recht­lich geschütz­ter Rechts­po­si­tio­nen. An­zu­le­gen ist ein ge­ne­rel­ler, ty­pi­sie­ren­der und vom Ein­zel­fall los­gelöster Maßstab, wo­bei im Rah­men der In­halts­kon­trol­le Art und Ge­gen­stand, Zweck und be­son­de­re Ei­gen­art des je­wei­li­gen Geschäfts zu berück­sich­ti­gen sind (BAG v. 23. 1. 2007, 11. 4. 2006, je­weils a.a.O. un­ter Rz. 27; BAG v. 19. 12. 2006 – 9 AZR 294/06, NZA 2007, 809, un­ter Rz. 27). Zu­dem ist zu berück­sich­ti­gen, ob der Klau-sel­in­halt bei der in Re­de ste­hen­den Art des Rechts­geschäfts ge­ne­rell und un­ter Berück­sich­ti­gung der ty­pi­schen In­ter­es­sen der be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung des Ver­trags­part­ners er­gibt (vgl. BAG v. 11. 4. 2006, a.a.O., un­ter Hin­weis auf BAG v. 4. 3. 2004 – 8 AZR 196/03, BA­GE 110, 8).


Hier­nach folgt auch bei der Rück­for­de­rung ei­ner Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on die Un­wirk­sam­keit der Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung im Fal­le ei­ner aus­ge­spro­che­nen be­triebs­be­ding­ten Kündi­gung durch den Ar­beit­ge­ber. Auch hier ist es nicht angängig, die Rück­zah­lungs­pflicht schlecht­hin an je­des in­ner­halb der Bin­dungs­frist statt­fin­den­de Aus­schei­den zu knüpfen, son­dern es ist auch hier nach dem An­lass des vor­zei­ti­gen Aus­schei­dens zu dif­fe­ren­zie­ren. Dem können nicht die un­ter­schied­li­chen In­ter­es­sen an der Rück­zah­lung bei gewähr­ten Aus­bil­dungs­kos­ten ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den.


Das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG v. 1. 4. 2006, a.a.O.) be­gründet den an­ge­nom­me­nen Aus­schluss der Rück­zah­lung von Aus­bil­dungs­kos­ten bei be­triebs­be­ding­ter Kündi­gung – wie aus­geführt – mit der an­sons­ten er­fol­gen­den Be­las­tung des Ar­beit­neh­mers mit der fehl­ge­schla­ge­nen In­ves­ti­ti­on des Ar­beit­ge­bers (Kos­ten der Aus­bil­dung des Ar­beit­neh­mers). Hätte auch der be­triebs­treue Ar­beit­neh­mer bei ei­ner aus (be­trieb­li­chen) Umständen er­fol­gen­den Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses, die im Ver­ant­wor­tungs- und Ri­si­ko­be­reich des Ar­beit­ge­bers lie­gen, die Be­triebs­aus­ga­ben für sei­ne Aus- und Wei­ter­bil­dung zu er­stat­ten, be­las­te­te man ihn mit fehl­ge­schla­ge­nen In­ves­ti­tio­nen. Die­se Über­le­gung gilt in glei­cher Wei­se bei Zah­lung von Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­tio­nen, wenn auch nicht stets in der kos­ten­in­ten­si­ven Art, wie bei Aus- und Wei­ter­bil­dungs­kos­ten. Die Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on dient, so­fern ei­ne Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung bei vor­zei­ti­gem Aus­schei­den mit ihr ver­bun­den ist, nicht le­dig­lich der Be­loh­nung er­brach­ter, son­dern auch dem An­reiz zu wei­te­rer Be­triebs­treue. Mit ihr sol­len die Ar­beit­neh­mer auch künf­tig für ei­ne be­stimm­te Zeit an den Be­trieb ge­bun­den wer­den. In­so­weit kommt auch der Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on ei­ne „In­ves­ti­ti­ons­cha­rak­ter“ zu. Sieht in der­ar­ti­gen Fällen ei­ne Ar­beits­ver-

 

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trags­klau­sel ei­ne Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung auch für den Fall ei­ner vor Ab­lauf der Ver-trags­bin­dungs­frist aus­ge­spro­che­nen be­triebs­be­ding­ten Kündi­gung durch den Ar­beit­neh­mer vor, blei­ben eben­so we­nig die wech­sel­sei­tig an­zu­er­ken­nen­den In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­part­ner, son­dern nur ein­sei­tig die­je­ni­gen des Ar­beit­ge­bers, berück­sich­tigt, wor­aus ei­ne Be­nach­tei­li­gung des Ar­beit­neh­mers folgt. Die ver­ein­bar­te Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung auch für ei­nen an sich ver­trags­treu­en Ar­beit­neh­mers stellt so­mit kei­ne aus­ge­wo­ge­ne Ge­samt­re­ge­lung mehr dar: Der Ar­beit­neh­mer hat es nicht mehr in der Hand hat, durch ei­ge­ne Be­triebs­treue der Rück­zah­lungs­pflicht zu ent­ge­hen.


Die in Nr. III. 2. c. des Ar­beits­ver­tra­ges ent­hal­te­ne Rück­zah­lungs­klau­sel un­ter­schei­det nicht da­nach, wes­sen Ver­ant­wor­tungs- und Ri­si­ko­be­reich die ei­ne Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung auslösen­de Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zu­zu­rech­nen ist. Auch dann, wenn sich der Ar­beit­neh­mer we­gen ei­nes Fehl­ver­hal­tens des Ar­beit­ge­bers zur Ei­genkündi­gung be­rech­tigt an­se­hen darf oder, wenn der Ar­beit­ge­ber aus be­triebs­be­ding­ten Gründen kündigt, ist nach dem Wort­laut der Ver­trags­re­ge­lung ei­ne Rück­zah­lung des Weih­nachts­gel­des be­gründet, ob­schon dann die vor­zei­ti­ge Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht dem Ar­beit­neh­mer zu­zu­rech­nen ist. In­so­weit be­steht al­ler­dings kei­ne sach­li­che Grund­la­ge für die Er­stat­tung der Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on, da der Ar­beit­neh­mer die Ver­trags­be­en­di­gung nicht be­ein­flus­sen kann. Dies gilt um­so mehr, als bei Gra­ti­fi­ka­ti­ons­zah­lun­gen kei­ne Min­de­rung des Rück­zah­lungs­be­tra­ges nach er­brach­ter Be­triebs­zu­gehörig­keit er­folgt und dem Ar­beit­neh­mer auch kein Vor­teil auf dem Ar­beits­markt, wie bei ei­ner ab­ge­schlos­se­nen Aus- und Wei­ter­bil­dung, zu­ge­flos­sen ist. Auch wenn die be­trieb­li­chen Aus- und Wei­ter­bil­dungs­kos­ten in vie­len Fällen über der Sum­me ei­ner Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on lie­gen mögen, so stel­len die be­zahl­ten Beträge für die Beschäftig­ten auch hier re­gelmäßig ei­nen durch­aus er­heb­li­chen Be­trag dar. Der Kläger er­hielt in con­cre­to ei­nen Brut­to­mo­nats­ver-dienst (Grund­ge­halt), der – ob­schon zu­meist ver­braucht – voll zurück­zu­gewähren ist, oh­ne dass wei­te­re Vor­tei­le beim Kläger ver­blie­ben.


cc. Man­gels ei­ner Ge­gen­for­de­rung, mit der die Be­klag­te hätte auf­rech­nen könne, war der vol­le Ver­dienst für Fe­bru­ar 2008, ein­sch­ließlich der zu­ge­sag­ten Ab­fin­dung an den Kläger aus­zu­zah­len. Un­ter Berück­sich­ti­gung der be­reits er­folg­ten teil­wei­sen Erfüllung (§ 362 BGB) steht der sei­tens der Be­klag­ten in An­rech­nung ge­brach­te Dif­fe­renz­be­trag von € 3.000.- noch zur Zah­lung aus.

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3. Die Zins­ent­schei­dung folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.


III. Die Kos­ten­fol­ge er­gibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO.


IV. Nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG war Re­vi­si­on zu­zu­las­sen.


Rechts­mit­tel­be­leh­rung:


Ge­gen die­ses Ur­teil kann die Be­klag­te Re­vi­si­on ein­le­gen.


Für den Kläger ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.


Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Frist von ei­nem Mo­nat ein­ge­legt und in­ner­halb ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten be­gründet wer­den.


Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung des Ur­teils.


Die Re­vi­si­on muss beim


Bun­des­ar­beits­ge­richt

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ein­ge­legt und be­gründet wer­den.

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Die Re­vi­si­ons­schrift und die Re­vi­si­ons­be­gründung müssen von ei­nem Rechts­an­walt un­ter­zeich­net sein.


Es genügt auch die Un­ter­zeich­nung durch ei­nen Be­vollmäch­tig­ten der Ge­werk­schaf­ten und von Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie von Zu­sam­men­schlüssen sol­cher Verbände
- für ih­re Mit­glie­der
- oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der


oder


von ju­ris­ti­schen Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich in wirt­schaft­li­chem Ei­gen­tum ei­ner der im vor­ge­nann­ten Ab­satz be­zeich­ne­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen,
- wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung die­ser Or­ga­ni­sa­ti-
on und ih­rer Mit­glie­der oder an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt
- und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.


In je­dem Fall muss der Be­vollmäch­tig­te die Befähi­gung zum Rich­ter­amt ha­ben.


Zur Möglich­keit der Re­vi­si­ons­ein­le­gung mit­tels elek­tro­ni­schen Do­ku­ments wird auf die Ver­ord­nung über den elek­tro­ni­schen Rechts­ver­kehr beim Bun­des­ar­beits­ge­richt vom 09.03.2006 (BGBl. I, 519 ff.) hin­ge­wie­sen. Ein­zel­hei­ten hier­zu un­ter http://www.bun­des­ar­beits­ge­richt.de/.

Dr. Künzl 

Braun 

Ler­chl

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