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HANDBUCH ARBEITSRECHT

Ar­beits­ver­trag und all­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen (AGB) - Aus­schluss­klau­sel

In­for­ma­tio­nen zum The­ma Ar­beits­ver­trag und all­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen (AGB) - Aus­schluss­klau­sel: Hen­sche Rechts­an­wäl­te, Kanz­lei für Ar­beits­recht
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Auf die­ser Sei­te fin­den Sie In­for­ma­tio­nen zu den Fra­gen, war­um ar­beits­ver­trag­li­che all­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen (AGB) sinn­vol­ler­wei­se Aus­schluss­fris­ten ent­hal­ten und wor­auf Ar­beit­ge­ber bei der Ge­stal­tung von ar­beits­ver­trag­li­cher Aus­schluss­klau­seln ach­ten müs­sen, da­mit sie mit dem AGB-Recht ver­ein­bar und da­her wirk­sam sind.

Die Re­geln, die Ar­beit­ge­ber bei der Ge­stal­tung von Aus­schluss­klau­seln ein­hal­ten müs­sen, sind auch für Ar­beit­neh­mer wich­tig, denn dar­aus kann sich er­ge­ben, dass An­sprü­che viel län­ger be­ste­hen als an­ge­nom­men (falls ei­ne ar­beits­ver­trag­li­che Aus­schluss­klau­sel näm­lich un­wirk­sam ist).

von Rechts­an­walt Dr. Mar­tin Hen­sche, Fach­an­walt für Ar­beits­recht, Ber­lin

Was ver­steht man un­ter ei­ner ar­beits­ver­trag­li­chen Aus­schluss­klau­sel?

Auf­grund von Aus­schluss­fris­ten ver­fal­len ar­beits­ver­trag­li­che Ansprüche, d.h. sie ge­hen endgültig un­ter, wenn sie nicht in­ner­halb ei­ner be­stimm­ten Frist nach Fällig­keit gel­tend ge­macht wer­den.

Aus­schluss­fris­ten sind meist kurz. Übli­cher­wei­se be­tra­gen sie nur zwei, drei oder sechs Mo­na­te. Da­mit sind sie viel kürzer als die ge­setz­li­che Verjährungs­frist von drei Jah­ren. An­statt von Aus­schluss­frist spricht man auch von Ver­falls­frist.

Je nach­dem, ob sol­che Aus­schluss­fris­ten in ei­nem Ar­beits­ver­trag oder z.B. in ei­nem Ta­rif­ver­trag ge­re­gelt sind, spricht man von

  • ar­beits­ver­trag­li­chen Aus­schluss­fris­ten oder
  • ta­rif­ver­trag­li­chen Aus­schluss­fris­ten.

Aus­schluss­fris­ten können aber auch in be­trieb­li­chen Re­ge­lun­gen wie z.B. in ei­nem So­zi­al­plan ent­hal­ten sein. Nähe­re In­for­ma­tio­nen zum The­ma Aus­schluss­fris­ten fin­den Sie un­ter Hand­buch Ar­beits­recht: Aus­schluss­frist.

Ei­ne ar­beits­ver­trag­li­che Aus­schluss­klau­sel ist Re­ge­lung, die in ei­nem Ar­beits­ver­trag ent­hal­ten ist und ei­ne Aus­schluss­frist an­ord­net. Ei­ne sol­che Klau­sel könn­te z.B. lau­ten:

„Aus­schluss­fris­ten, Ver­fall von Ansprüchen

(1) Al­le Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis, ver­fal­len, d.h. sie ge­hen endgültig un­ter, wenn sie nicht bin­nen drei Mo­na­ten nach Fällig­keit ge­genüber der an­de­ren Ver­trags­par­tei in Text­form gel­tend ge­macht wer­den.

(2) Lehnt die an­de­re Ver­trags­par­tei den An­spruch ab oder erklärt sie sich nicht in­ner­halb von zwei Wo­chen nach Gel­tend­ma­chung des An­spruchs, so verfällt der An­spruch, wenn er nicht bin­nen drei Mo­na­ten nach der Ab­leh­nung oder dem Ab­lauf der Zwei­wo­chen­frist ge­richt­lich gel­tend ge­macht wird.

(3) Die in den vor­ste­hen­den Absätzen ver­ein­bar­ten Aus­schluss­fris­ten gel­ten auch für Ansprüche, die mit dem Ar­beits­verhält­nis in Zu­sam­men­hang ste­hen.

(4) Die in den vor­ste­hen­den Absätzen ver­ein­bar­ten Aus­schluss­fris­ten gel­ten nicht für Ansprüche aus ei­ner Haf­tung für vorsätz­li­che Pflicht­ver­let­zun­gen, für Schäden aus der Ver­let­zung des Le­bens, des Körpers oder der Ge­sund­heit, für Ansprüche auf ei­nen Min­dest­lohn, z.B. nach dem Min­dest­l­ohn­ge­setz, oder auf an­de­re nach staat­li­chem Recht zwin­gen­de Min­dest­ar­beits­be­din­gun­gen, so­wie nicht für sons­ti­ge Ansprüche, die kraft Ge­set­zes der Re­ge­lung durch ei­ne Aus­schluss­frist ent­zo­gen sind.

Wo­zu die­nen ar­beits­ver­trag­li­che Aus­schluss­klau­seln?

Aus­schluss­fris­ten wer­den in der Recht­spre­chung und ar­beits­recht­li­chen Li­te­ra­tur übli­cher­wei­se da­mit be­gründet, dass sie dem Rechts­frie­den und der Rechts­si­cher­heit die­nen, denn sie führen da­zu, dass in­ner­halb kur­zer Zeit Klar­heit darüber be­steht, wel­che Ansprüche aus ei­nem Ar­beits­verhält­nis noch be­ste­hen bzw. eben nicht be­ste­hen.

Im prak­ti­schen Er­geb­nis ih­rer An­wen­dung be­tref­fen Aus­schluss­fris­ten fast aus­sch­ließlich die Rechts­ansprüche von Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mern, vor al­lem Lohn­ansprüche. Aus­schluss­fris­ten sind da­her vor al­lem für Ar­beit­ge­ber vor­teil­haft.

Das liegt dar­an, dass in ers­ter Li­nie Ar­beit­neh­mer fi­nan­zi­el­le Ansprüche ge­genüber sei­nem Ver­trags­part­ner ha­ben und nicht um­ge­kehrt. Ansprüche des Ar­beit­ge­bers sind nur in Aus­nah­mefällen be­trof­fen. Das ist z.B. der Fall bei Rück­zah­lungs­ansprüchen in­fol­ge ei­ner Lohnüber­zah­lung oder bei Scha­dens­er­satz­ansprüchen.

Sind ar­beits­ver­trag­li­che Aus­schluss­klau­seln all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen (AGB) des Ar­beit­ge­bers?

All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen (AGB) sind gemäß § 305 Abs.1 Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB):

  • vor­for­mu­lier­te Ver­trags­be­din­gun­gen,
  • die für ei­ne Viel­zahl von Verträgen aus­ge­ar­bei­tet wur­den, und
  • die ei­ne Ver­trags­par­tei, der AGB-Ver­wen­der, der an­de­ren Ver­trags­par­tei bei Ab­schluss ei­nes Ver­trags stellt.

Die­se De­fi­ni­ti­on macht deut­lich, dass AGB das „Klein­ge­druck­te“ ei­nes Ver­trags sind. In Ar­beits­verträgen kom­men AGB oft vor, wo­bei der Ar­beit­ge­ber der­je­ni­ge ist, der die AGB zur Ver­trags­aus­ge­stal­tung in sei­nem In­ter­es­se ent­wirft und dem Ar­beit­neh­mer zur An­nah­me stellt. Ver­trags­be­stim­mun­gen sind kei­ne AGB, wenn sie in­di­vi­du­ell aus­ge­han­delt sind, was bei Ar­beits­verträgen meist nur bei Haupt­leis­tungs­pflich­ten wie z.B. dem Ar­beits­lohn oder der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit der Fall ist (wenn über­haupt, da auch Ar­beits­zei­ten und Be­zah­lung in vie­len Fällen ein­sei­tig und for­mu­lar­ver­trag­lich vom Ar­beit­ge­ber vor­ge­ge­ben wer­den). Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den Sie un­ter Hand­buch Ar­beits­recht: Ar­beits­ver­trag und all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen (AGB).

Ar­beits­ver­trag­li­che Aus­schluss­klau­seln sind prak­tisch im­mer AGB. Sie be­tref­fen zwar un­ter an­de­rem auch den Lohn­an­spruch des Ar­beit­neh­mers und da­mit ei­ne der Haupt­pflich­ten des Ar­beit­ge­bers, aber da sie auch al­le an­de­ren Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis be­tref­fen, wir­ken sie nur in­di­rekt auf den Lohn­an­spruch ein. Vor die­sem Hin­ter­grund sind Aus­schluss­klau­seln für Ar­beit­neh­mer so ne­bensächlich, dass sie prak­tisch nie über ih­re Ein­zel­hei­ten mit dem Ar­beit­ge­ber ver­han­deln.

Als AGB sind an Aus­schluss­klau­seln ins­be­son­de­re fol­gen­de An­for­de­run­gen zu stel­len:

  • Sie dürfen nicht an ver­steck­ter Stel­le in den Ver­trag hin­ein­ge­mo­gelt wer­den (sonst sind sie als „über­ra­schen­de Klau­seln“ zu be­wer­ten und wer­den nicht Ver­trags­be­stand­teil, § 305c Abs.1 BGB). Am bes­ten wer­den Aus­schluss­klau­seln un­ter ei­ner Über­schrift wie z.B. „Aus­schluss­frist“ in den Ver­trag auf­ge­nom­men.
  • Aus­schluss­klau­seln müssen für ei­nen „durch­schnitt­li­chen“ Ar­beit­neh­mer klar und verständ­lich sein (sonst sind sie nicht „trans­pa­rent“ und ha­ben aus die­sem Grund kei­ne Gel­tung, § 307 Abs.1 Satz 2 BGB).
  • Aus­schluss­klau­seln dürfen kei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung des Ar­beit­neh­mers ent­hal­ten (sonst ha­ben sie aus die­sem Grund kei­ne Gel­tung, § 307 Abs.1 Satz 1, Abs.2 BGB).
  • Aus­schluss­klau­seln dürfen nicht vor­schrei­ben, dass die zur Frist­wah­rung er­for­der­li­che Leis­tungs­auf­for­de­rung un­be­dingt schrift­lich ab­ge­fasst wer­den muss, d.h. die Klau­sel muss klar­stel­len, dass ei­ne frist­wah­ren­de Auf­for­de­rung zur Leis­tung auch in an­de­rer Wei­se möglich ist, z.B. in Text­form (Fax oder E-Mail). Die­se Vor­ga­be gilt seit dem 01.10.2016 (wir be­rich­te­ten in Ar­beits­recht ak­tu­ell: 16/254 Neu­re­ge­lung zur Schrift­form bei Aus­schluss­fris­ten).

Wann sind ar­beits­ver­trag­li­che Aus­schluss­klau­seln über­ra­schend und des­halb un­wirk­sam?

Wenn Sie als Ar­beit­ge­ber bei der Aus­ge­stal­tung von ar­beits­ver­trag­li­chen AGB ei­ne Aus­schluss­klau­sel an ver­steck­ter Stel­le in den Ar­beits­ver­trag hin­ein­mo­geln, müssen Sie sich den Vor­wurf ge­fal­len las­sen, dass die Aus­schluss­klau­sel „über­ra­schend“ ist. Von ei­nem nor­ma­len Ar­beit­neh­mer kann man in ei­nem sol­chen Fall nicht er­war­ten, dass er die Aus­schluss­klau­sel beim Durch­le­sen des Ar­beits­ver­trags ent­deckt und rich­tig ver­steht. Da­zu enthält § 305c Abs.1 BGB fol­gen­de Aus­sa­ge:

„Be­stim­mun­gen in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen, die nach den Umständen, ins­be­son­de­re nach dem äußeren Er­schei­nungs­bild des Ver­trags, so un­gewöhn­lich sind, dass der Ver­trags­part­ner des Ver­wen­ders mit ih­nen nicht zu rech­nen braucht, wer­den nicht Ver­trags­be­stand­teil.“

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) hat da­her ent­schie­den, dass Aus­schluss­klau­seln nicht un­ter ei­ner fal­schen oder miss­verständ­li­chen Über­schrift in den Ar­beits­ver­trag auf­ge­nom­men wer­den dürfen. Fin­det sich da­her ei­ne Aus­schluss­klau­sel am En­de des Ver­trags un­ter der Über­schrift „Schluss­be­stim­mun­gen“ oder „Sons­ti­ges“, ist sie als über­ra­schen­de Klau­sel un­wirk­sam (BAG, Ur­teil vom 31.08.2005, 5 AZR 545/04).

Wann sind ar­beits­ver­trag­li­che Aus­schluss­klau­seln im Sin­ne des Ar­beit­neh­mers aus­zu­le­gen?

Gemäß § 305c Abs.1 BGB ge­hen Zwei­fel bei der Aus­le­gung von AGB zu Las­ten des Ar­beit­ge­bers als des Klau­sel­ver­wen­ders. In ei­nem sol­chen Fall ist dann das dem Ar­beit­neh­mer güns­ti­ge­re Verständ­nis der Klau­sel maßgeb­lich.

Auf der Grund­la­ge die­ser ge­setz­li­chen Re­ge­lung ist die in Aus­schluss­klau­seln oft ver­wen­de­te For­mu­lie­rung aus­zu­le­gen, dass Ansprüche „ge­richt­lich gel­tend ge­macht“ wer­den müssen. Das BAG ver­steht die „ge­richt­li­che Gel­tend­ma­chung“ zu­guns­ten des Ar­beit­neh­mers in ei­nem wei­ten Sin­ne (BAG, Ur­teil vom 19.03.2008, 5 AZR 429/07). Da­nach genügt schon die Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge als „ge­richt­li­che Gel­tend­ma­chung“ von Lohn­ansprüchen, die vom Aus­gang der Kündi­gungs­schutz­kla­ge abhängig sind.

BEISPIEL: In ei­nem Ar­beits­ver­trag fin­det sich ei­ne sog. zwei­stu­fi­ge Aus­schluss­frist. Da­nach sind auf ei­ner ers­ten Stu­fe al­le Ansprüche in­ner­halb von drei Mo­na­ten nach Fällig­keit ge­genüber der Ge­gen­par­tei schrift­lich gel­tend zu ma­chen. Lehnt die Ge­gen­par­tei den An­spruch ab oder erklärt sich nicht, sind die Ansprüche auf ei­ner zwei­ten Stu­fe in­ner­halb von drei Mo­na­ten nach der Ab­leh­nung oder dem Frist­ab­lauf „ge­richt­lich gel­tend“ zu ma­chen. Der Ar­beit­neh­mer wird frist­los gekündigt und er­hebt Kündi­gungs­schutz­kla­ge. Da­mit hat er zwar noch nicht die Lohn­ansprüche für die Zeit nach Aus­spruch der Kündi­gung ein­ge­klagt, denn ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge ist kei­ne Lohn­kla­ge. Al­ler­dings will er mit sei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­rei­chen, dass die­se Lohn­ansprüche nicht mehr un­ter Hin­weis auf die Kündi­gung be­strit­ten wer­den können. Und das reicht für ei­ne „ge­richt­li­che Gel­tend­ma­chung“, so das BAG.

Auf die­se ar­beit­neh­mer­freund­li­che Aus­le­gung von „ge­richt­li­cher Gel­tend­ma­chung“ können sich auch Geschäftsführer be­ru­fen (BAG, Ur­teil vom 19.05.2010, 5 AZR 253/09 - wir be­rich­te­ten in: Ar­beits­recht ak­tu­ell 10/202 Schutz vor un­kla­ren Aus­schluss­klau­seln). Ei­ne Kla­ge auf Fest­stel­lung der Un­wirk­sam­keit ei­ner Geschäftsführerkündi­gung reicht da­zu aus, um den Ver­fall der Ge­halts­ansprüche zu ver­hin­dern, die vom Aus­gang die­ser Be­stands­strei­tig­keit abhängig sind.

In ähn­li­cher Wei­se, d.h. im Sin­ne des Ar­beit­neh­mers, ver­steht das BAG auch die For­de­rung ei­ner ar­beits­ver­trag­li­chen Aus­schluss­klau­sel nach ei­ner „schrift­li­chen“ Gel­tend­ma­chung von Ansprüchen. Hier genügt es, wenn der Ar­beit­neh­mer den Ar­beit­neh­mer per E-Mail zur Erfüllung der Ansprüche auf­for­dert (BAG, Ur­teil vom 16.12.2009, 5 AZR 888/08 - wir be­rich­te­ten in: Ar­beits­recht ak­tu­ell 10/090 Aus­schluss­frist: Gel­tend­ma­chung per E-Mail).

Wann sind ar­beits­ver­trag­li­che Aus­schluss­fris­ten zu kurz und die Klau­sel da­her we­gen un­an­ge­mes­se­ner Be­nach­tei­li­gung des Ar­beit­neh­mers un­wirk­sam?

Wie oben erwähnt wir­ken sich Aus­schluss­klau­seln in ers­ter Li­nie zu­las­ten der Ar­beit­neh­mer­sei­te aus. Und je kürzer die (dem Ar­beit­neh­mer) durch ei­ne Aus­schluss­klau­sel ver­blei­ben­de Zeit für die Gel­tend­ma­chung sei­ner Ansprüche ist, des­to wahr­schein­li­cher ist es, dass Ansprüche (des Ar­beit­neh­mers) in­fol­ge der Aus­schluss­frist un­ter­ge­hen. Aus Ar­beit­ge­ber­sicht soll­ten ar­beits­ver­trag­li­che Aus­schluss­fris­ten da­her möglichst kurz sein.

An die­sem Punkt kommt das ge­setz­li­che Ver­bot ei­ner un­an­ge­mes­se­nen Be­nach­tei­li­gung ins Spiel. Es ist in § 307 Abs.1 Satz 1 BGB fest­ge­legt. Die­se Vor­schrift lau­tet:

„Be­stim­mun­gen in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen sind un­wirk­sam, wenn sie den Ver­trags­part­ner des Ver­wen­ders ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­li­gen.“

Un­ter Be­zug­nah­me auf die­se Vor­schrift hat das BAG ent­schie­den, dass es ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung des Ar­beit­neh­mers dar­stellt, wenn ei­ne ar­beits­ver­trag­li­che Aus­schluss­klau­sel ei­ne Frist von we­ni­ger als drei Mo­na­ten für die erst­ma­li­ge Gel­tend­ma­chung von Ansprüchen vor­sieht (BAG, Ur­teil vom 28.11.2007, 5 AZR 992/06).

Dürfen ar­beits­ver­trag­li­che Aus­schluss­klau­seln die schrift­li­che Gel­tend­ma­chung von Ansprüchen vor­schrei­ben?

Jahr­zehn­te­lang sa­hen fast al­le ar­beits­ver­trag­li­chen Aus­schluss­fris­ten vor, dass der An­spruchs­be­rech­tig­te sei­nen An­spruch ge­genüber der an­de­ren Ver­trags­par­tei "schrift­lich gel­tend ma­chen" muss­te.

Ei­ne sol­che Klau­sel ist ir­reführend, denn § 127 Abs.2 Satz 1 BGB sieht bei ver­trag­li­chen Schrift­form­vor­ga­ben ei­ne we­sent­li­che Er­leich­te­rung vor. Da­nach muss man nicht zu Stift und Pa­pier grei­fen, son­dern es genügt die "te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ve Über­mitt­lung", sprich ei­ne E-Mail, ei­ne SMS oder ein Fax.

Da­her gilt für Ar­beits­verträge, die am 01.10.2016 ab­ge­schlos­sen oder auf­grund ei­ner Ände­rung neu aus­ge­fer­tigt wer­den, gemäß der Neu­fas­sung von § 309 Nr.13 b) BGB, dass Ar­beit­neh­mern in ar­beits­ver­trag­li­chen Aus­schluss­klau­seln kei­ne "stren­ge­re Form als die Text­form" vor­ge­schrie­ben wer­den darf. Die­ser Vor­schrift zu­fol­ge ist in AGB un­wirk­sam

"(Form von An­zei­gen und Erklärun­gen)

ei­ne Be­stim­mung, durch die An­zei­gen oder Erklärun­gen, die dem Ver­wen­der oder ei­nem Drit­ten ge­genüber ab­zu­ge­ben sind, ge­bun­den wer­den

a) an ei­ne stren­ge­re Form als die schrift­li­che Form in ei­nem Ver­trag, für den durch Ge­setz no­ta­ri­el­le Be­ur­kun­dung vor­ge­schrie­ben ist oder

b) an ei­ne stren­ge­re Form als die Text­form in an­de­ren als den in Buch­sta­be a ge­nann­ten Verträgen oder

c) an be­son­de­re Zu­gangs­er­for­der­nis­se;"

Da­mit ist die tra­di­tio­nell übli­che Vor­ga­be, dass Ansprüche zur Wah­rung ei­ner ver­trag­li­chen Aus­schluss­frist schrift­lich gel­tend zu ma­chen sind, nicht mehr zulässig bzw. un­wirk­sam (wir be­rich­te­ten in Ar­beits­recht ak­tu­ell: 16/254 Neu­re­ge­lung zur Schrift­form bei Aus­schluss­fris­ten).

Müssen ar­beits­ver­trag­li­che Aus­schluss­klau­seln Ansprüche des Ar­beit­neh­mers auf Zah­lung des ge­setz­li­chen Min­dest­lohns aus­drück­lich von ih­rem An­wen­dungs­be­reich aus­neh­men?

Ja, das ist der Fall. An­dern­falls ist die ge­sam­te Klau­sel un­wirk­sam.

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) hat im Sep­tem­ber 2018 ent­schie­den, dass for­mu­lar­ver­trag­li­che Aus­schluss­klau­seln oh­ne ei­ne sol­che aus­drück­li­che Klar­stel­lung we­gen Un­klar­heit ins­ge­samt un­wirk­sam sind (BAG, Ur­teil vom 18.09.2018, 9 AZR 162/18).

Ei­nen kur­zen Kom­men­tar zu die­ser Ent­schei­dung fin­den Sie hier: Ar­beits­recht ak­tu­ell: 18/232 Aus­schluss­klau­seln oh­ne Min­dest­lohn-Aus­nah­me sind un­wirk­sam.

Müssen ar­beits­ver­trag­li­che Aus­schluss­fris­ten Er­satz­ansprüche we­gen vorsätz­li­cher Schädi­gung aus­drück­lich aus­klam­mern?

Ja, das müssen sie. An­dern­falls ist die ge­sam­te Klau­sel un­wirk­sam.

Denn gemäß § 202 Abs.1 BGB ist ge­setz­lich nämlich aus­ge­schlos­sen, per Ver­trag ei­ne Abkürzung der Verjährung zu ver­ein­ba­ren, wenn da­von (auch) Ansprüche aus vorsätz­li­cher Schädi­gung er­fasst sind. Und da auch Aus­schluss­fris­ten zu ei­ner Abkürzung der Verjährung führen, ist es ge­setz­lich aus­ge­schlos­sen, dass ver­trag­li­che Aus­schluss­fris­ten Ansprüche aus Vor­satz­haf­tung er­fas­sen.

Dar­auf wie­der­um müssen Ar­beit­ge­ber als Klau­sel-Ver­wen­der in der Klau­sel aus­drück­lich hin­wei­sen. Das hat das BAG En­de 2020 ent­schie­den und da­mit sei­ne jah­re­lang an­ders­lau­ten­de Recht­spre­chung geändert (BAG, Ur­teil vom 26.11.2020, 8 AZR 58/20, s. da­zu Up­date Ar­beits­recht 09|2021 vom 05.05.2021 BAG: Ver­trag­li­che Aus­schluss­klau­seln müssen Ansprüche we­gen Vor­satz­haf­tung aus­neh­men).

Bleibt die ers­te Stu­fe ei­ner Aus­schluss­frist be­ste­hen, auch wenn die zwei­te Stu­fe un­wirk­sam ist?

Ein­stu­fi­ge Aus­schluss­fris­ten se­hen vor, daß die Ansprüche bis zu ei­nem be­stimm­ten Zeit­punkt nach Fällig­keit ge­genüber der an­de­ren Ver­trags­par­tei gel­tend ge­macht wer­den müssen.

Zwei­stu­fi­ge Aus­schluss­fris­ten be­stim­men darüber hin­aus, dass man nach der (schrift­li­chen) Gel­tend­ma­chung sei­ner For­de­rung auf der „ers­te Stu­fe“ in­ner­halb ei­ner wei­te­ren Aus­schluss­frist (d.h. auf ei­ner „zwei­ten Stu­fe“) Kla­ge beim Ar­beits­ge­richt er­he­ben muss, falls die Ge­gen­sei­te die Leis­tung ver­wei­gert oder sich nicht da­zu erklärt.

Wie ei­ne ein­stu­fi­ge Aus­schluss­frist dem Ar­beit­neh­mer min­des­tens drei Mo­na­te für die erst­ma­li­ge Gel­tend­ma­chung sei­ner Ansprüche ge­genüber dem Ar­beit­ge­ber las­sen muss, so muss auch ei­ne zwei­stu­fi­ge Aus­schluss­frist dem Ar­beit­neh­mer min­des­tens drei Mo­na­te für die Er­he­bung ei­ner Kla­ge las­sen, d.h. für die Gel­tend­ma­chung des An­spruchs auf der zwei­ten Stu­fe.

Ist die im Ar­beits­ver­trag vor­ge­se­hen Frist für die Er­he­bung der Kla­ge („zwei­te Stu­fe“) zu kurz be­mes­sen, bleibt nach der Recht­spre­chung die für die erst­ma­li­ge Gel­tend­ma­chung vor­ge­se­he­ne Aus­schluss­frist be­ste­hen („ers­te Stu­fe“), da man bei­de Stu­fen klar von­ein­an­der tren­nen kann.

BEISPIEL: In ei­ner ar­beits­ver­trag­li­chen Aus­schluss­klau­sel ist vor­ge­se­hen, dass al­le Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis ver­fal­len, wenn sie nicht spätes­tens drei Mo­na­te nach Fällig­keit schrift­lich ge­genüber der Ge­gen­par­tei gel­tend ge­macht wer­den (ers­te Stu­fe). Für den Fall, dass die Ge­gen­par­tei den gel­tend ge­mach­ten An­spruch ab­lehnt oder sich zu ihm nicht bin­nen ei­ner Frist von ei­nem Mo­nat erklärt, ist der An­spruch bin­nen ei­nes wei­te­ren Mo­nats ab Ab­leh­nung oder Frist­ab­lauf ein­zu­kla­gen (zwei­te Stu­fe). Die Aus­schluss­frist ers­ter Stu­fe ist mit drei Mo­na­ten in Ord­nung, die Aus­schluss­frist zwei­ter Stu­fe da­ge­gen mit ein bzw. zwei Mo­na­ten zu kurz und da­her un­wirk­sam.

In ei­nem sol­chen Fall bleibt die Aus­schluss­frist ers­ter Stu­fe be­ste­hen, da sie für sich ge­nom­men, d.h. auch bei Weg­strei­chen der Aus­schluss­frist zwei­ter Stu­fe, ei­ne für sich al­lein sinn­vol­le Re­ge­lung dar­stellt (BAG, Ur­teil vom 12.03.2008, 10 AZR 152/07; Lan­des­ar­beits­ge­richt Köln, Ur­teil vom 16.01.2007, 9 Sa 1011/06 - wir be­rich­te­ten in: Ar­beits­recht ak­tu­ell 07/13 LAG Köln stärkt zwei­stu­fi­ge Aus­schluss­klau­seln).

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Letzte Überarbeitung: 25. November 2022

Was können wir für Sie tun?

Wenn Sie als Ar­beit­ge­ber ar­beits­ver­trag­li­che Ver­trags­mus­ter mit Aus­schluss­klau­seln rechts­si­cher ge­stal­ten oder vor­han­de­ne Ver­trä­ge zu­nächst nur über­prü­fen oder ak­tua­li­sie­ren las­sen wol­len, be­ra­ten wir Sie je­der­zeit ger­ne.

Mög­li­cher­wei­se ha­ben Sie auch ver­trags­recht­li­che Fra­gen, wenn man Ih­nen als Ar­beit­neh­mer oder Ge­schäfts­füh­rer vor­for­mu­lier­te Aus­schluss­klau­seln zur Un­ter­schrift vor­legt. Auch die­se Fra­gen klä­ren wir ger­ne für Sie, falls nö­tig auch kurz­fris­tig.

Wir ge­stal­ten und über­prü­fen nicht nur Ar­beits­ver­trä­ge, son­dern auch er­gän­zen­de ver­trag­li­che Ver­ein­ba­run­gen wie z.B. Ar­beit­neh­mer­dar­le­hens­ver­trä­ge, Dienst­wa­gen­re­ge­lun­gen, Pro­vi­si­ons­re­ge­lun­gen, Rück­zah­lungs­ver­ein­ba­run­gen oder Ziel­ver­ein­ba­run­gen.

Je nach La­ge des Fal­les und ent­spre­chend Ih­ren Vor­ga­ben be­ra­ten wir Sie nur in­tern oder ver­han­deln in Ih­rem Na­men mit Ih­rem Ver­trags­part­ner.

Für ei­ne mög­lichst ra­sche und ef­fek­ti­ve Be­ra­tung be­nö­ti­gen wir fol­gen­de Un­ter­la­gen:

  • Ar­beits­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­run­gen, Ge­schäfts­füh­rer­dienst­ver­trag (falls vor­han­den)
  • Er­gän­zen­de Re­ge­lun­gen wie z.B. Dienst­wa­gen­ver­ein­ba­run­gen oder Pro­vi­si­ons­ab­re­den (falls vor­han­den)
  • Ta­rif­ver­trä­ge und Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen (falls sol­che Re­ge­lun­gen in Ih­rem Fall zu be­ach­ten sind)

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de
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