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BSG, Ur­teil vom 24.11.2005, B 12 RA 1/04 R

   
Schlagworte: Rentenversicherung, GmbH-Geschäftsführer
   
Gericht: Bundessozialgericht
Aktenzeichen: B 12 RA 1/04 R
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 24.11.2005
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Sozialgericht Itzehoe, Urteil vom 16.10.2002, S 2 RA 71/01
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 27.10.2003, L 8 RA 108/02
   

BUN­DESSO­ZIAL­GERICHT

Im Na­men des Vol­kes

Ur­teil

in dem Rechts­streit

Verkündet am

24. No­vem­ber 2005
 


Az: B 12 RA 1/04 R


...,


Kläger und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

Pro­zess­be­vollmäch­tig­ter:  

...,


g e g e n

Deut­sche Ren­ten­ver­si­che­rung Bund, Ruhr­s­traße 2, 10709 Ber­lin,

Be­klag­te und Re­vi­si­onskläge­rin.

Der 12. Se­nat des Bun­des­so­zi­al­ge­richts hat auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 24. No­vem­ber 2005 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter B a l z e r , den Rich­ter Dr. B e r c h t o l d und die Rich­te­rin H ü t t m a n n - S t o l l so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter J u n g w i r t h und Z ä h r i n g e r für Recht er­kannt:

Auf die Re­vi­si­on der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Schles­wig-Hol­stei­ni­schen Lan­des­so­zi­al­ge­richts vom 27. Ok­to­ber 2003 auf­ge­ho­ben.

Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des So­zi­al­ge­richts It­ze­hoe vom 16. Ok­to­ber 2002 wird zurück­ge­wie­sen, so­weit die­ses die Kla­ge ge­gen die Fest­stel­lung der Ver­si­che­rungs­pflicht des Klägers im Be­scheid vom 30. Ja­nu­ar 2001 in der Ge­stalt des Wi­der­spruchs­be­schei­des vom 13. Ju­ni 2001 ab­ge­wie­sen hat.

Im Übri­gen wird der Rechts­streit zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Lan­des­so­zi­al­ge­richt zurück­ver­wie­sen.


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G r ü n d e :

I

Die Be­tei­lig­ten strei­ten im We­sent­li­chen über die Ren­ten­ver­si­che­rungs­pflicht des Klägers als sog ar­beit­neh­merähn­li­cher Selbstständi­ger.

Der 1948 ge­bo­re­ne Kläger ist Al­lein­ge­sell­schaf­ter und al­lei­ni­ger Geschäftsführer der 1995 ge­gründe­ten Un­ter­neh­mens­be­ra­tung J. H. GmbH. Bei die­ser sind kei­ne an­de­ren Mit­ar­bei­ter beschäftigt. Der Kläger ent­rich­te­te frei­wil­li­ge Beiträge zur Be­klag­ten.

Im Rah­men ei­ner Prüfung der Ver­si­che­rungs­pflicht gab der Kläger im No­vem­ber 2000 ge­genüber der Be­klag­ten ua an, sei­ne Tätig­keit als Un­ter­neh­mens­be­ra­ter im Um­fang von mehr als 15 St­un­den wöchent­lich und nur für ei­nen Auf­trag­ge­ber, da­mals die L. GmbH & Co. KG in B., aus­zuüben. Er beschäfti­ge kei­nen Ar­beit­neh­mer und be­zie­he ein Geschäftsführer­ge­halt in Höhe von 15.000,00 DM mo­nat­lich zuzüglich der Nut­zung ei­nes Kraft­fahr­zeu­ges. Der Kläger leg­te als Nach­wei­se ei­ne Ge­halts­be­schei­ni­gung für den Mo­nat Ok­to­ber 2000, ei­nen Aus­zug aus dem Han­dels­re­gis­ter so­wie den Ge­sell­schafts­ver­trag vor.


Mit Be­scheid vom 30. Ja­nu­ar 2001 stell­te die Be­klag­te die Ver­si­che­rungs­pflicht des Klägers auf Grund sei­ner selbstständi­gen Tätig­keit als Un­ter­neh­mens­be­ra­ter für die Zeit ab dem 1. Ja­nu­ar 1999 fest und for­der­te un­ter Zu­grun­de­le­gung des Re­gel­bei­trags für die Zeit vom 1. Ja­nu­ar 1999 bis 31. Ja­nu­ar 2001 die Zah­lung rückständi­ger Beiträge in Höhe von 21.656,60 DM. Dem stan­den für den­sel­ben Zeit­raum ge­leis­te­te frei­wil­li­ge Beiträge in Höhe von 41.673,30 DM ge­genüber, über de­ren "Um­wand­lung bzw Rücker­stat­tung" mit ge­son­der­tem Be­scheid ent­schie­den wer­den soll­te. Wi­der­spruch und Kla­ge des Klägers sind je­weils er­folg­los ge­blie­ben (Wi­der­spruchs­be­scheid der Be­klag­ten vom 13. Ju­ni 2001, Ur­teil des So­zi­al­ge­richts It­ze­hoe <SG> vom 16. Ok­to­ber 2002).


Auf den An­trag des Klägers, ein­kom­mens­ge­rech­te Beiträge zu zah­len, er­teil­te ihm die Be­klag­te un­ter dem 6. März 2003 ei­nen neu­en Bei­trags­be­scheid.


Auf die Be­ru­fung des Klägers hat das Schles­wig-Hol­stei­ni­sche Lan­des­so­zi­al­ge­richt (LSG) mit Ur­teil vom 27. Ok­to­ber 2003 das Ur­teil des SG, den Aus­gangs­be­scheid der Be­klag­ten vom 30. Ja­nu­ar 2001 in der Ge­stalt des Wi­der­spruchs­be­schei­des vom 13. Ju­ni 2001 so­wie den Bei­trags­be­scheid vom 6. März 2003 auf­ge­ho­ben. Zur Be­gründung hat es im We­sent­li­chen Fol­gen­des aus­geführt: Der Kläger übe als Al­lein­ge­sell­schaf­ter und Geschäftsführer der GmbH, die kei­ne wei­te­ren Mit­ar­bei­ter beschäfti­ge, zwar ei­ne selbstständi­ge Tätig­keit aus. Die­se sei je­doch nicht ar­beit­neh­merähn­lich. Ei­ne sol­che al­lein­un­ter­neh­me­ri­sche Ein-Mann-GmbH fal­le nicht un­ter § 2 Satz 1 Nr 9 Sechs­tes Buch So­zi­al­ge­setz­buch - Ge­setz­li­che Ren­ten­ver­si­che­rung (SGB VI). Da die GmbH ei­ner­seits als ju­ris­ti­sche Per­son selbst rechtsfähig sei und als Un­ter­neh­mer am
 


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Markt auf­tre­te, ins­be­son­de­re die Verträge mit den Auf­trag­ge­bern schließe, an­de­rer­seits aber nicht als ren­ten­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ger Adres­sat in Be­tracht kom­me, ent­ste­he das Pro­blem des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI für die GmbH selbst nicht. Per­so­nen im Sin­ne der Vor­schrift sei­en nur natürli­che. § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI sei als Aus­nah­me­vor­schrift eng aus­zu­le­gen und auf ju­ris­ti­sche Per­so­nen nicht an­wend­bar. Der ein­zi­ge Ge­sell­schaf­ter, der auch gleich­zei­tig al­lei­ni­ger Geschäftsführer der Ge­sell­schaft sei, kom­me wie­der­um als ren­ten­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ges Rechts­sub­jekt nicht in Be­tracht, weil sei­ne persönli­che Haf­tung und da­mit sei­ne In­an­spruch­nah­me nach § 13 Abs 2 GmbH-Ge­setz (Gmb­HG) aus­schei­de und der Geschäftsführer ei­ner Ein-Per­so­nen-GmbH nicht zu dem ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Per­so­nen­kreis zähle, da er als al­lei­ni­ger Ge­sell­schaf­ter be­herr­schen­den Ein­fluss auf die Ge­sell­schaft ha­be (Hin­weis auf Hoh­meis­ter in NZS 1999, 213). Die Ver­si­che­rungs­pflicht könne auch nicht et­wa dann in der Per­son des Ge­sell­schaf­ters ein­tre­ten, wenn die Vor­aus­set­zun­gen des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI durch die GmbH erfüllt würden. Ei­ne Ge­set­zes­um­ge­hung lie­ge in­so­fern nicht vor.


Die Be­klag­te wen­det sich hier­ge­gen mit der Re­vi­si­on. Un­strei­tig sei, dass das Tat­be­stands­merk­mal "Per­so­nen" in § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI al­lein natürli­che Per­so­nen er­fas­se und da­her fol­ge­rich­tig auch der Kläger - und nicht et­wa die GmbH - als ren­ten­ver­si­che­rungs­pflich­tig ein­ge­stuft wor­den sei. Auf der Grund­la­ge der für das So­zi­al­ver­si­che­rungs­recht maßgeb­li­chen tat-sächli­chen Verhält­nis­se könne es al­lein dar­auf an­kom­men, dass nur der Ge­sell­schaf­ter-Geschäftsführer - und nicht die von ihm ge­lei­te­te GmbH - im Rechts­ver­kehr auf­tre­te und müsse de­ren recht­li­che Exis­tenz - eben­so wie nach ständi­ger Recht­spre­chung bei der Prüfung von Ver­si­che­rungs­pflicht auf Grund abhängi­ger Beschäfti­gung - "hin­weg­fin­giert" wer­den. Ein Ab­stel­len auf die GmbH die­ne dem­ge­genüber letzt­lich nur der Ge­set­zes­um­ge­hung. Sch­ließlich spre­che auch § 165 Abs 3 SGB VI dafür, dass sich die Ren­ten­ver­si­che­rungs­pflicht auch auf selbstständig mit­ar­bei­ten­de Ge­sell­schaf­ter ei­ner GmbH er­stre­cken könne. Da­mit sei vor­lie­gend der Tat­be­stand des Buchst b in § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI erfüllt.


Die Be­klag­te be­an­tragt,
un­ter Auf­he­bung des an­ge­foch­te­nen Ur­teils die Be­ru­fung ge­gen das Ur­teil des SG It­ze­hoe vom 16. Ok­to­ber 2002 zurück­zu­wei­sen.

Der Kläger be­an­tragt,
die Re­vi­si­on der Be­klag­ten zurück­zu­wei­sen.

Er hält das an­ge­foch­te­ne Ur­teil für zu­tref­fend. Die Auf­fas­sung der Be­klag­ten führe zu vom Ge­setz­ge­ber we­der vor­her­ge­se­he­nen noch gewünsch­ten Er­geb­nis­sen.
 


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II

Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten er­weist sich als be­gründet, so­weit sie in den an­ge­foch­te­nen Be­schei­den die Ver­si­che­rungs­pflicht des Klägers als sog ar­beit­neh­merähn­li­cher Selbstständi­ger fest­ge­stellt hat. In­so­fern war das der Kla­ge statt­ge­ben­de Ur­teil des LSG auf­zu­he­ben und die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des SG zurück­zu­wei­sen. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten er­weist sich darüber hin­aus im Sin­ne der Auf­he­bung des Be­ru­fungs­ur­teils und der Zurück­ver­wei­sung der Sa­che an das LSG als be­gründet, als die­ses die Ver­wal­tungs­ak­te der Be­klag­ten zu Bei­trags­pflicht und Bei­tragshöhe so­wie das Ur­teil des SG auf­ge­ho­ben hat. In­so­fern fehlt es bis-her an aus­rei­chen­den Fest­stel­lun­gen.

1. Die Be­klag­te hat im Er­geb­nis zu­tref­fend die Ren­ten­ver­si­che­rungs­pflicht des Klägers ab dem 1. Ja­nu­ar 1999 fest­ge­stellt. Ein­zi­ger "Auf­trag­ge­ber" des oh­ne Ar­beit­neh­mer selbstständig täti­gen Klägers ist die J. H. GmbH, de­ren ein­zi­ger Ge­sell­schaf­ter und Al­lein­geschäftsführer er gleich­zei­tig ist. Die Erfüllung die­ser not­wen­di­gen und hin­rei­chen­den Vor­aus­set­zun­gen be­legt die Zu­gehörig­keit des Klägers zum ver­si­cher­ten Per­so­nen­kreis und sei­ne vom Ge­setz ty­pi­sie­rend zu Grun­de ge­leg­te Schutz­bedürf­tig­keit, oh­ne dass wei­te­re Ge­sichts­punk­te zu prüfen wären. We­der kommt es da­her für die Fra­ge der Ver­si­che­rungs­pflicht zusätz­lich auf ei­ne kon­kre­te wirt­schaft­li­che Schutz­bedürf­tig­keit des Klägers an, noch sind sons­ti­ge Außen­be­zie­hun­gen der GmbH von Be­deu­tung.

a) Zu­tref­fend hat das LSG al­ler­dings ent­schie­den, dass der Kläger als Geschäftsführer im maßgeb­li­chen Verhält­nis zu "sei­ner" GmbH nicht abhängig beschäftigt ist. Schon, wer auf Grund ei­ner Sperr­mi­no­rität oder weil er Mehr­heits­ge­sell­schaf­ter ist, kraft sei­ner ge­sell­schafts­recht­li­chen Stel­lung als Geschäftsführer-Ge­sell­schaf­ter in der La­ge ist, ihm nicht ge­neh­me Ent­schei­dun­gen der Ge­sell­schaft zu ver­hin­dern, ist nicht abhängig beschäftigt (Bun­des­so­zi­al­ge­richt <BSG> vom 18. April 1991, 7 RAr 32/90, SozR 3-4100 § 168 Nr 5 S 8 und vom 8. De­zem­ber 1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr 18 S 45, vom 30. Ju­ni 1999, B 2 U 35/98 R, SozR 3-2200 § 723 Nr 4 S 15 mwN, vom 17. Mai 2001, B 12 KR 34/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 57). Erst recht ist in sei­ner dienst­ver­trag­li­chen Stel­lung nicht persönlich abhängig, wem - wie dem Kläger als Al­lein­ge­sell­schaf­ter - ge­sell­schafts­recht­lich und in­ner­halb der Gren­zen des Rechts ei­ne un­be­schränk­te Ge­stal­tungs­macht zu­kommt. Sei­ne Selbstständig­keit liegt da­mit um­ge­kehrt auf der Hand. Der Kläger al­lein be­stimmt als Or­gan die in­ter­ne Wil­lens­bil­dung und ver­tritt die Ge­sell­schaft nach außen. Ein von sei­nem ab­wei­chen­der Wil­le der GmbH und ei­ne Bin­dung hier­an sind aus­ge­schlos­sen (vgl BSG vom 6. März 2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 1 S 3 f mwN). So­weit das dienst­ver­trag­li­che Verhält­nis der GmbH zum Kläger als natürli­cher Per­son be­trof­fen ist, ist da­her im Blick auf die ein­heit­li­che Wil­lens­bil­dung in den ver­schie­de­nen Funk­ti­ons­krei­sen ei­ne Wei­sungs­abhängig­keit hin­sicht­lich Zeit, Dau­er und Ort der Ar­beits­ausführung oder auch nur ei­ne funk­ti­ons­ge­recht die­nen­de Teil­ha­be an ei­nem je­den­falls durch frem­de Or­ga­ni­sa­ti­on vor­ge­ge­be­nen Ar­beits­pro­zess von vorn­her­ein aus­ge­schlos­sen (vgl


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ent­spre­chend zur wirt­schaft­li­chen Selbstständig­keit des geschäftsführen­den Al­lein­ge­sell­schaf­ters ei­ner GmbH im In­sol­venz­ver­fah­ren Bun­des­ge­richts­hof <BGH> vom 22. Sep­tem­ber 2005, IX ZB 55/04, WM 2005, 2191; zur Rechts­na­tur der Bezüge ei­nes Mehr­heits­ge­sell­schaf­ters und Al­lein­geschäftsführers als Ar­beits­ein­kom­men aus selbstständi­ger Tätig­keit iS von § 15 Vier­tes Buch So­zi­al­ge­setz­buch (SGB IV) BSG vom 14. De­zem­ber 1995, 2 RU 41/94, SozR 3-2200 § 560 Nr 2 S 10 f).


b) Der als Rechts­grund­la­ge für die Ver­si­che­rungs­pflicht des Klägers in sei­ner Tätig­keit für die GmbH da­nach al­lein in Be­tracht kom­men­de § 2 Nr 9 SGB VI be­gründe­te zunächst idF durch Art 3 Nr 4 des Ge­set­zes zu Kor­rek­tu­ren in der So­zi­al­ver­si­che­rung und zur Si­che­rung der Ar­beit-neh­mer­rech­te vom 19. De­zem­ber 1998 (BGBl I 3843) Ver­si­che­rungs­pflicht ab dem 1. Ja­nu­ar 1999 für selbstständig täti­ge Per­so­nen, die im Zu­sam­men­hang ih­rer selbstständi­gen Tätig­keit mit Aus­nah­me von Fa­mi­li­en­an­gehöri­gen (§ 7 Abs 4 Satz 3 SGB IV) kei­nen ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Ar­beit­neh­mer beschäfti­gen so­wie re­gelmäßig und im We­sent­li­chen nur für ei­nen Auf­trag­ge­ber tätig sind (sog ar­beit­neh­merähn­li­che Selbstständi­ge). Durch Art 2 Nr 1 Buchst a des Ge­set­zes zur Förde­rung der Selbstständig­keit vom 20. De­zem­ber 1999 (BGBl 2000 I 2) wur­de § 2 (nun­mehr Satz 1) Nr 9 SGB VI in der Wei­se rück­wir­kend zum 1. Ja­nu­ar 1999 geändert, dass selbstständig täti­ge Per­so­nen ver­si­che­rungs­pflich­tig sind, die a) im Zu­sam­men­hang mit ih­rer selbstständi­gen Tätig­keit re­gelmäßig kei­nen ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Ar­beit­neh­mer beschäfti­gen, des­sen Ar­beits­ent­gelt aus die­sem Beschäfti­gungs­verhält­nis re­gelmäßig 630 Deut­sche Mark im Mo­nat über­steigt, und b) auf Dau­er und im We­sent­li­chen nur für ei­nen Auf­trag­ge­ber tätig sind (vgl zur Be­gründung BT-Drucks 14/1855 S 8 f). Seit­her sind Ände­run­gen nur noch hin-sicht­lich der Ent­gelt­gren­ze in Buchst a er­folgt (vgl Art 7 Nr 2 4. Eu­ro-Einführungs­ge­setz vom 21. De­zem­ber 2000, BGBl I 1983, und Art 4 Nr 1 Buchst a Buchst bb des Zwei­ten Ge­set­zes für mo­der­ne Dienst­leis­tun­gen am Ar­beits­markt vom 23. De­zem­ber 2002, BGBl I 4621).


c) § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI re­gelt al­lein die Ver­si­che­rungs­pflicht natürli­cher Per­so­nen. Die Vor­schrift spricht mit "Per­so­nen" glei­cher­maßen im Haupt­satz hin­sicht­lich der Rechts­fol­ge und im Ne­ben­satz hin­sicht­lich ih­rer tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen je­weils den­sel­ben Kreis von Be­trof­fe­nen an. Schon weil das ge­sam­te Leis­tungs­pro­gramm der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung (§ 23 Ers­tes Buch So­zi­al­ge­setz­buch - All­ge­mei­ner Teil <SGB I>; §§ 9 ff SGB VI) of­fen­sicht­lich al­lein auf natürli­che Per­so­nen ab­stellt, kann es sich hier­bei je­weils nur ein­heit­lich um natürli­che Per­so­nen han­deln. Die­ser Um­stand schließt es gleich­zei­tig von vorn­her­ein aus, die Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI zunächst auch in Be­zug auf ei­ne ju­ris­ti­sche Per­son zu prüfen, um dann die Rechts­fol­ge der Ver­si­che­rungs­pflicht bei ei­ner be­tei­lig­ten natürli­chen Per­son ein­tre­ten zu las­sen (vgl in die­sem Sin­ne aber et­wa Brand, DB 1999, 1162, 1168). Viel­mehr ge­bie­tet die auch im So­zi­al­ver­si­che­rungs­recht zu be­ach­ten­de je­weils ei­genständi­ge Rechts­sub­jek­ti­vität von natürli­cher und ju­ris­ti­scher Per­son ih­re Un­ter­schei­dung auch in ih­rer Be­zie­hung zu­ein­an­der.
 


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d) Die Ver­si­che­rungs­pflicht des Klägers in sei­ner selbstständi­gen Tätig­keit ist nicht des­halb aus­ge­schlos­sen, weil er als Geschäftsführer für die GmbH tätig ist. So­weit Grund­la­ge der Ver­si­che­rungs­pflicht in § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI die Be­zie­hung des Ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen zu ei­nem an­de­ren Rechts­sub­jekt ("Auf­trag­ge­ber") ist, kommt in­so­fern auch ei­ne ju­ris­ti­sche Per­son als Part­ner in Be­tracht. Ver­si­cher­ter und "Auf­trag­ge­ber" blei­ben in­des auch dann selbst­verständ­lich zu un­ter­schei­den. Ent­ge­gen der Re­vi­si­on kommt es da­her bei Prüfung der Fra­ge, wer "Auf­trag­ge­ber" iS des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI der je­wei­li­gen selbstständig er­werbstäti­gen natürli­chen Per­son ist, nicht in Be­tracht, die Rechts­persönlich­keit be­tei­lig­ter ju­ris­ti­scher Per­so­nen - wie hier der J. H. GmbH - "hin­weg­zu­fin­gie­ren" und an­sch­ließend das Re­sul­tat die­ser Vor­ge­hens­wei­se al­lein der natürli­chen Per­son zu­zu­ord­nen. Ins­be­son­de­re schließt in­so­fern der Um­stand, dass der Kläger grundsätz­lich nicht für Schul­den der Ge­sell­schaft haf­tet (§ 13 Abs 2 des Ge­set­zes be­tref­fend die Ge­sell­schaft mit be­schränk­ter Haf­tung <Gmb­HG>), nicht sei­ne Haf­tung ge­genüber der Ge­sell­schaft aus. Das Be­ru­fungs­ge­richt, das sei­ne ent­spre­chen­de Ar­gu­men­ta­ti­on je­weils wort­ge­treu von Hoh­meis­ter (NZS 1999, 213, 214 f) über­nom­men hat, ver­kennt dies eben­so wie den Um­stand, dass das Feh­len ei­ner abhängi­gen Beschäfti­gung die Ver­si­che­rungs­pflicht nicht aus­sch­ließt, wo der ge­setz­li­che Tat­be­stand ge­ra­de ei­ne selbstständi­ge Er­werbstätig­keit for­dert.


Die Er­geb­nis­se sei­ner selbstständi­gen Tätig­keit, die der Kläger als de­ren Erfüllungs­ge­hil­fe und oh­ne ei­ge­ne Ar­beit­neh­mer ge­genüber Drit­ten er­bringt, kom­men dau­er­haft und al­lein der J. H. GmbH zu­gu­te. Sie ist da­mit der al­lein in Be­tracht kom­men­de "Auf­trag­ge­ber" im Sin­ne des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI. Dar­auf, mit wel­chen und wie vie­len Part­nern der Auf­trag­ge­ber sei­ner­seits gleich­zei­tig in wirt­schaft­li­chem und/oder recht­li­chem Kon­takt steht, kommt es dem­ge­genüber nicht an. In­so­fern fehlt es an der er­for­der­li­chen Rechts­grund­la­ge für ei­ne Zu­ord­nung, die im Ein­zel­fall die un­ter­schied­li­che Rechts­sub­jek­ti­vität über­brücken könn­te.


Im Ge­gen­teil be­steht ver­fas­sungs­recht­lich wie ein­fach­ge­setz­lich auch im hier­an an­knüpfen­den So­zi­al­recht ei­ne grundsätz­li­che Ver­pflich­tung, die vom bürger­li­chen Recht gewähr­leis­te­te und aus­ge­stal­te­te ei­genständi­ge Exis­tenz und Hand­lungsfähig­keit ju­ris­ti­scher Per­so­nen recht­lich zu Grun­de zu le­gen. Ei­ne spe­zi­al­ge­setz­li­che Ermäch­ti­gung, von den vom Par­la­ments-Ge­setz­ge­ber mit Schaf­fung des Gmb­HG ge­trof­fe­nen grundsätz­li­chen Wer­tun­gen ab­zu­wei­chen, fehlt. Die ab­wei­chen­de Auf­fas­sung kann sich auch nicht et­wa auf ei­ne ent­spre­chen­de rich­ter­li­che Rechts­fort­bil­dung durch das BSG be­ru­fen. Ins­be­son­de­re be­ruht die Recht­spre­chung des BSG zur selbstständi­gen Tätig­keit des sog Ge­sell­schaf­ter-Geschäftsführers nicht auf der feh­len­den An­er­ken­nung der Ei­genständig­keit der GmbH als ju­ris­ti­scher Per­son.


aa) Die Exis­tenz und Viel­falt der Er­schei­nungs­form ju­ris­ti­scher Per­so­nen sind Aus­druck der grundsätz­li­chen Ver­pflich­tung des Ge­setz­ge­bers aus Art 9 Abs 1 Grund­ge­setz (GG), das Ver­eins- und Ge­sell­schafts­recht so aus­zu­ge­stal­ten, dass ein Aus­gleich von frei­er As­so­zia­ti­on und Selbst­be­stim­mung der Ver­ei­ni­gun­gen un­ter Berück­sich­ti­gung der Not­wen­dig­keit ei­nes ge­ord­ne­ten Ver­eins­le­bens und schutzwürdi­ger sons­ti­ger Be­lan­ge gewähr­leis­tet ist (Bun­des­ver­fas-
 


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sungs­ge­richt <BVerfG> vom 1. März 1979, 1 BvR 532/77 ua, BVerfGE 50, 290, 355). Die auf die­ser Grund­la­ge ermöglich­te inländi­sche ju­ris­ti­sche Per­son ist rechtsfähig und nimmt gleich­wer­tig mit den natürli­chen Per­so­nen am Rechts­le­ben teil (BVerfG vom 25. Ok­to­ber 1966, 2 BvR 506/63, BVerfGE 20, 323). Sie hat aus Art 19 Abs 3 GG iVm Art 3 Abs 1 GG ei­nen grundsätz­li­chen - wenn auch nicht sche­ma­ti­schen - An­spruch auf Gleich­be­hand­lung mit natürli­chen Per­so­nen (BVerfG vom 3. Ju­li 1973, 1 BvR 153/69, BVerfGE 35, 348, 357) und kann sich da­ne­ben un­ter an­de­rem auf die Grund­rech­te aus Art 5 GG (BVerfG vom 4. April 1967, 1 BvR 414/64, BVerfGE 21, 271, 277, vom 24. Fe­bru­ar 1971, 1 BvR 435/68, BVerfGE 30, 173, 191), Art 12 GG (BVerfG vom 29. No­vem­ber 1967, 1 BvR 175/66, BVerfGE 22, 380, 383 mwN) und Art 14 GG (BVerfG vom 1. März 1979, 1 BvL 21/78, BVerfGE 50, 290, 341) so­wie ins­be­son­de­re auf das Grund­recht der wirt­schaft­li­chen Ent­fal­tungs­frei­heit aus Art 2 Abs 1 GG (BVerfG vom 29. Ju­li 1959, 1 BvR 394/58, BVerfGE 10, 89, 89, vom 14. Ok­to­ber 1970, 1 BvR 306/68, BVerfGE 29, 260, 265, vom 25. Ja­nu­ar 1984, 1 BvR 272/81, BVerfGE 66, 116, 130, vom 3. Mai 1994, 1 BvR 737/94, NJW 1994, 1784 = DB 1994, 1350, je­weils mwN) be­ru­fen. Dies führt et­wa hin­sicht­lich des Ei­gen­tums da­zu, dass zunächst das Ei­gen­tum der ju­ris­ti­schen Per­son vom An­teils­ei­gen­tum der Ge­sell­schaf­ter zu un­ter­schei­den ist und letz­te­res als ge­sell­schafts­recht­lich ver­mit­tel­tes Ei­gen­tum auch bei ei­ner ge­rin­gen Ge­sell­schaf­ter­zahl den Ei­gentümer re­gelmäßig auf ei­ne Nut­zung des Vermögens­werts und ei­ne mit­tel­ba­re Verfügungs­be­fug­nis über die Or­ga­ne der Ge­sell­schaft be­schränkt, das heißt an­ders als beim Sach­ei­gen­tum der Ge­brauch des Ei­gen­tums und die Ver­ant­wor­tung hierfür aus­ein­an­der fal­len (BVerfG vom 1. März 1979, 1 BvL 21/78 ua, BVerfGE 50, 290, 341 f).


bb) Dem ent­spricht ein­fach­ge­setz­lich die selbstständi­ge In­ha­ber­schaft von Rech­ten und Pflich­ten der GmbH (§ 13 Abs 1 Gmb­HG) so­wie die - grundsätz­li­che - Haf­tungs­be­schränkung auf das Ge­sell­schafts­vermögen (§ 13 Abs 2 Gmb­HG). Über die Rechts­fi­gur der ju­ris­ti­schen Per­son darf nicht leicht­fer­tig und schran­ken­los hin­weg­ge­gan­gen wer­den (stRspr vgl et­wa BGH vom 13. No­vem­ber 1973, VI ZR 53/72, BGHZ 61, 380, 383 mwN). Dies gilt eben­so für die recht­li­che Ver­schie­den­heit zwi­schen der - seit der GmbH-No­vel­le des Jah­res 1980 (Ge­setz vom 4. Ju­li 1980, BGBl I 836) aus­drück­lich (zB § 1 Gmb­HG) ge­re­gel­ten - Ein-Mann-GmbH und ih­rem Al­lein­ge­sell­schaf­ter, die nur in be­son­de­ren Aus­nah­mefällen durch­bro­chen wer­den darf (vgl hier­zu allg et­wa BGH vom 13. No­vem­ber 1973, VI ZR 53/72, BGHZ 61, 380, 383 mwN). In­so­fern hat der BGH in sei­ner Ent­schei­dung vom 16. Ok­to­ber 2003, IX ZR 55/02, BGHZ 156, 310, 314 mwN) zu­sam­men­fas­send dar­auf hin­ge­wie­sen, dass über der "wirt­schaft­li­chen Iden­tität" zwi­schen der Ein-Mann-GmbH und dem Al­lein­ge­sell­schaf­ter die grund­le­gen­den ge­setz­li­chen Re-ge­lun­gen der recht­li­chen Verhält­nis­se nicht ver­nachlässigt wer­den dürf­ten. Hin­sicht­lich des Ge­sell­schafts­vermögens und des Pri­vat­vermögens gel­te das Tren­nungs­prin­zip. Für Ge­sell­schafts-schul­den haf­te nur die GmbH mit ih­rem Vermögen (§ 13 Abs 2 Gmb­HG), für persönli­che Schul-den al­lein der Ge­sell­schaf­ter selbst. GmbH und Al­lein­ge­sell­schaf­ter sei­en nicht nur selbst-ständi­ge, von­ein­an­der grundsätz­lich un­abhängi­ge Recht­sträger, sie verfügten auch über ge­son­der­te Vermögens­mas­sen, die un­ter­schied­li­chen Gläubi­gern haf­te­ten. Schon des­halb müsse die GmbH - wie im dort ent­schie­de­nen Fall - in der La­ge sein, Ein­grif­fe von persönli­chen Gläubi­gern

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ih­res Ge­sell­schaf­ters in ihr Vermögen mit der Dritt­wi­der­spruchs­kla­ge ab­zu­weh­ren. Auch im Verhält­nis zwi­schen Ein-Mann-GmbH und Al­lein­ge­sell­schaf­ter kom­me es auf die recht­li­che Zu­ord­nung der ein­zel­nen Ge­genstände an. Auch wenn da­her die prak­ti­sche Durchführung des Ver­kehrs zwi­schen Al­lein­ge­sell­schaf­ter/-geschäftsführer und GmbH na­tur­gemäß der For­men-stren­ge nur un­ter­liegt, so­weit dies ge­setz­lich un­ab­ding­bar ist bzw Dar­le­gungs- und Be­weis­last ent­spre­chend ver­min­dert sind, ändert dies nichts dar­an, dass es im Blick auf die recht­li­che Ver­schie­den­heit der Per­so­nen und ih­rer Rechts­po­si­tio­nen - zB für die Gel­tend­ma­chung ei­nes Scha­dens­er­satz­an­spruchs der GmbH durch den Geschäftsführer im ei­ge­nen Na­men - ei­ner wirk­sa­men Ab­tre­tung der ent­spre­chen­den Rech­te an ihn oder zu­min­dest sei­ner Ermäch­ti­gung im Sin­ne ei­ner ge­willkürten Pro­zess­stand­schaft be­darf (BGH vom 8. März 2004, II ZR 316/01, DB 2004, 1418 = BB 2004, 1359). Sch­ließlich kann et­wa die GmbH den Schädi­ger auf Zah­lung des Brut­to­ent­gelts in An­spruch neh­men, wenn ihr durch ei­ne von die­sem ver­ur­sach­te un­fall­be­ding­te Dienst­unfähig­keit des Al­lein­geschäftsführers/-ge­sell­schaf­ters ein Aus­fall in Höhe wei­ter-be­zahl­ten Ent­gelts ent­stan­den ist (BGH vom 9. März 1971, VI ZR 158/69, LM Nr 8 zu § 842 BGB = VersR 1971, 570).

cc) Die­sen grund­le­gen­den Ge­ge­ben­hei­ten trägt seit je­her auch die Recht­spre­chung des BSG zur Ver­si­che­rungs­pflicht von Ge­sell­schaf­tern und Geschäftsführern ei­ner GmbH auf Grund abhängi­ger Beschäfti­gung Rech­nung. Schon weil es selbst­wi­dersprüchlich wäre, von ei­ner "Be­zie­hung" des (po­ten­zi­ell) Ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen zur ju­ris­ti­schen Per­son GmbH zu spre­chen, würde letz­te­re im Sin­ne der Re­vi­si­on "hin­weg­fin­giert", ist die GmbH in An­knüpfung an die bürger­lich-recht­li­che Ord­nung stets auch hier als recht­lich und sach­lich von der natürli­chen Per­son zu un­ter­schei­den­de ei­genständi­ge Per­son ver­stan­den wor­den. Fol­ge­rich­tig ist das im Zen­trum des In­ter­es­ses ste­hen­de Verhält­nis bei­der zu ein­an­der je­weils dar­auf be­fragt wor­den, in­wie­weit in ihm ei­ne persönli­che Abhängig­keit ih­ren Aus­druck fin­det (vgl in grundsätz­li­cher Fortführung der Auf­fas­sung be­reits des Reichs­ver­si­che­rungs­amts <RVA>, An 1936, IV 217 Nr 4988; EuM 40, 372, ex­em­pla­risch BSG vom 13. De­zem­ber 1960, 3 RK 2/56, BS­GE 13, 196, 198 ff = SozR Nr 5 zu § 1 AVG aF; vom 9. No­vem­ber 1989, 11 RAr 7/89, BS­GE 66, 69, 70 ff = SozR 4100 § 104 Nr 19 S 35 ff; vom 18. April 1991, 7 RAr 32/90, SozR 3-4100 § 168 Nr 5 S 7 ff; vom 8. De­zem­ber 1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr 18, 45 ff; vom 17. Ju­ni 1999, B 3 KR 1/98 R, SozR 3-5425 § 25 Nr 13 S 68; Ur­tei­le des Se­nats vom 23. Ju­ni 1994, 12 RK 72/92, NJW 1994, 2974 = USK 9448, vom 18. De­zem­ber 2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 78).

dd) Die ju­ris­ti­sche Per­son er­langt Hand­lungsfähig­keit durch ih­re Or­ga­ne (§§ 35 ff Gmb­HG), de­ren Funk­ti­on durch natürli­che Per­so­nen aus­geübt wird. So­weit die Funk­ti­on des Geschäftsführers zur Ver­tre­tung der Ge­sell­schaft nach außen be­rech­tigt (§ 35 Abs 1 Gmb­HG), han­delt es sich um ei­nen Fall ge­setz­li­cher Ver­tre­tung. Dies gilt auch, so­weit ei­ne natürli­che Per­son im Zu­sam­men­hang mit ein und der­sel­ben Be­zie­hung gleich­zei­tig als Geschäftsführer der GmbH für die­se wie auch für sich selbst han­delt (zur Üblich­keit der Be­frei­ung von den Be­schränkun­gen der § 35 Abs 4 Gmb­HG, § 181 Bürger­li­ches Ge­setz­buch <grundsätz­li­ches Ver­bot von In­sich­ge-


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schäften> in der­ar­ti­gen Fällen BGH vom 8. März 2004, II ZR 316/01, DB 2004, 1418). Auch im Verhält­nis ei­ner Ein-Mann-GmbH zu ih­rem Al­lein­ge­sell­schaf­ter/-geschäftsführer sind da­her die be­tei­lig­ten Rechts­sub­jek­te zu un­ter­schei­den und die un­ter­schied­li­che Zu­ord­nung der ein­zel­nen Ge­genstände zu be­ach­ten (BGH vom 16. Ok­to­ber 2003, IX ZR 55/02, BGHZ 156, 310, 314 mwN). Das So­zi­al­recht folgt dem und ent­nimmt nicht et­wa aus­nahms­wei­se dem Zu­sam­men­tref­fen meh­re­rer Funk­tio­nen in ein und der­sel­ben natürli­chen Per­son ei­ne gleich­zei­ti­ge "Ver­schmel­zung" von natürli­cher und ju­ris­ti­scher Per­son.


ee) Et­was an­de­res gilt ins­be­son­de­re auch nicht im Blick auf die sog Durch­griffs­haf­tung (zu de­ren Vor­aus­set­zun­gen vgl zu­sam­men­fas­send et­wa BSG vom 26. Ja­nu­ar 1978, 2 RU 90/77, BS­GE 45, 279 = SozR 2200 § 723 Nr 4, und vom 27. Sep­tem­ber 1994, 10 RAr 1/92, SozR 3-7685 § 13 Nr 1). We­der kann nämlich ei­ne we­sent­lich zur Bewälti­gung von außer­gewöhn­li­chen Pro­blem­la­gen ent­wi­ckel­te Recht­spre­chung schon ih­rer In­ten­ti­on nach ih­rer­seits ge­ne­rell das Verständ­nis der Rechtsfähig­keit der ju­ris­ti­schen Per­son GmbH ab­sch­ließend fest­le­gen, noch gibt es für den vor­lie­gen­den Zu­sam­men­hang ein­schlägi­ge spe­zi­al­ge­setz­li­che Aus­nah­me­re­ge­lun­gen. Die zi­vil­ge­richt­li­che Recht­spre­chung hat ins­be­son­de­re für die Fall­grup­pen der Vermögens­ver­mi­schung und der (ma­te­ri­el­len) Un­ter­ka­pi­ta­li­sie­rung so­wie all­ge­mein dann, wenn ei­ne Be­ru­fung auf die Selbstständig­keit der ju­ris­ti­schen Per­son mit Treu und Glau­ben un­ver­ein­bar ist, ins­be­son­de­re weil die­se Rechts­fi­gur miss­braucht oder dem Zwe­cke der Rechts­ord­nung zu­wi­der ver­wen­det wor­den ist, aus­nahms­wei­se die persönli­che In­an­spruch­nah­me ei­nes Ge­sell­schaf­ters für Schul­den der Ge­sell­schaft für möglich er­ach­tet (vgl zu­sam­men­fas­send et­wa BSG vom 27. Sep­tem­ber 1994, 10 RAr 1/92, SozR 3-7685 § 13 Nr 1 S 3 f). Dies wird seit lan­gem auch für die Ein-Mann-GmbH an­ge­nom­men (vgl et­wa BSG vom 26. Ja­nu­ar 1978, 2 RU 90/77, BS­GE 45, 279 = SozR 2200 § 723 Nr 4). Um­ge­kehrt kann dann, wenn in ei­nem Rechts­ge­biet (hier dem Steu­er­recht) grundsätz­lich an die bürger­lich-recht­li­che Aus­ge­stal­tung an­ge­knüpft wird, selbst durch Ge­setz nur aus­nahms­wei­se ein "Durch­griff" auf Tat­bestände im Kreis oder in der Per­son der Ge­sell­schaf­ter er­fol­gen und da­mit die mit ih­rer recht­li­chen Selbstständig­keit un­ver­meid­lich ver­bun­de­ne ei­ge­ne und ein­heit­li­che Vermögens- und Er­folgs­rech­nung der ju­ris­ti­schen Per­son durch­bro­chen wer­den (vgl BVerfG vom 24. Ja­nu­ar 1962, 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, 331, 340 f, zu aus­nahms­wei­se ge­recht­fer­tig­ten Aus­nah­men vgl an­de­rer­seits BVerfG vom 11. No­vem­ber 1964, 1 BvR 216/64, BVerfGE 18, 224). An­halts­punk­te für das Vor­lie­gen der­ar­ti­ger Kon­stel­la­tio­nen feh­len im vor­lie­gen­den Fall. Ei­ne er­wei­tern­de An­wen­dung des "Durch­griffs", von dem stets nur mit al­ler Vor­sicht Ge­brauch ge­macht wer­den darf (BSG vom 7. De­zem­ber 1983, 7 RAr 20/82, BS­GE 56, 76, 82 = SozR 7685 § 13 Nr 1 mwN), ist im Blick auf die Lei­tent­schei­dung des Ge­setz­ge­bers für ei­ne recht­li­che Ver­selbstständi­gung der GmbH aus­ge­schlos­sen (BVerfG vom 24. Ja­nu­ar 1962, aaO S 340). Selbst bei Vor­lie­gen der sog Durch­griffs­vor­aus­set­zun­gen wird der GmbH im Übri­gen nichts von ih­rer Rechts­sub­jek­ti­vität ge­nom­men (aus­drück­lich et­wa Kars­ten Schmidt: Ge­sell­schafts­recht, 3. Aufl 1997, S 232) und kommt es da­her nicht et­wa zu ei­ner "Ver­men­gung der Rechts­sub­jek­te" un­ter Auf­ga­be des Tren­nungs­prin­zips. Viel­mehr führt der "Durch­griff" al­lein da­zu, dass ne­ben die GmbH für die Erfüllung ge­gen die­se ge­rich­te­ter Ansprüche (vgl BSG vom 7. De­zem­ber 1983, 7 RAr 20/82, BS­GE 56, 76, 79 f =

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SozR 7685 § 13 Nr 1 mwN) ein wei­te­rer Haf­tungs­schuld­ner hin­zu­tritt bzw die GmbH in er­wei­ter­tem Um­fang in An­spruch ge­nom­men wird. Die Durch­griffs­haf­tung soll da­mit Drit­te in eng be­grenz­ten Fällen vor den Fol­gen der Tren­nung von ju­ris­ti­scher Per­son und Ge­sell­schaf­ter schützen. Glei­ches gilt für die Fall­ge­stal­tun­gen, die ins­be­son­de­re in der Li­te­ra­tur als Zu­rech­nungs­durch­griff (vgl da­zu Schmidt: Ge­sell­schafts­recht, 3. Aufl, S 235 ff; Rai­ser: Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten, 3. Aufl, § 29 Rd­Nr 5; Scholz/Em­me­rich: GmbH-Ge­setz, 9. Aufl, § 13 Rd­Nr 72 mwN) be­zeich­net wer­den. Die dafür ge­nann­ten Bei­spie­le - An­fech­tung von Verträgen we­gen Irr­tum über die Zu­verlässig­keit des Ge­sell­schaf­ters oder Aus­schluss des gutgläubi­gen Er­werbs im Verhält­nis von Ge­sell­schaft und Ge­sell­schaf­ter so­wie die Mak­lerfälle, in de­nen ein Ge­sell­schaf­ter den Ab­schluss des Geschäfts mit ei­ner von ihm be­herrsch­ten Ge­sell­schaft ver­mit­telt - be­tref­fen den Schutz Drit­ter vor den im Ein­zel­fall un­ge­recht­fer­tig­ten Fol­gen der Tren­nung von Ge­sell­schaft und Ge­sell­schaf­ter. So­weit bei An­wen­dung des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI ein Auf­trags­verhält­nis zwi­schen Geschäftsführer und GmbH we­gen der Ge­sell­schaf­ter­stel­lung ver­neint wer­den soll, wird aber kein außen­ste­hen­der Drit­ter geschützt. Der Kläger als Ge­sell­schaf­ter und Geschäftsführer will sich viel­mehr den Fol­gen der von ihm selbst mit der Ge­sell­schafts­gründung her­bei­geführ­ten Rechts­la­ge ent­zie­hen. Dafür ist die Rechts­fi­gur der Durch­griffs­haf­tung oder des Zu­rech­nungs­durch­griffs je­den­falls nicht ge­eig­net.

e) Da der Kläger in sei­ner selbstständi­gen Tätig­keit zu­dem auch kei­ne Ar­beit­neh­mer beschäftigt, sind al­le Vor­aus­set­zun­gen der Ver­si­che­rungs­pflicht nach § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI erfüllt. Ei­ner zusätz­li­chen Prüfung sei­ner "Ar­beit­neh­merähn­lich­keit" bzw sei­ner kon­kre­ten "Schutz­bedürf­tig­keit" be­darf es nicht. Bei­de As­pek­te ha­ben in den tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen von § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI ab­sch­ließend ih­ren kon­kre­ti­sie­ren­den Aus­druck ge­fun­den.


Das Ge­setz er­fasst mit § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI ei­nen neu­en Per­so­nen­kreis, der ty­pi­sie­rend für so schutz­bedürf­tig ge­hal­ten wird, dass dies ei­nen Ein­griff in die Vor­sor­ge­frei­heit (Art 2 Abs 1 GG) recht­fer­tigt. Dem Par­la­ments-Ge­setz­ge­ber steht in­so­fern ei­ne wei­te Ge­stal­tungs­frei­heit zu, die es ihm ermöglicht, den Kreis der Ver­si­cher­ten je­weils so fle­xi­bel ab­zu­gren­zen, um glei­cher-maßen die Leis­tungsfähig­keit der So­li­dar­ge­mein­schaft si­cher­zu­stel­len als auch die im Hin­blick auf das ver­si­cher­te Wag­nis Schutz­bedürf­ti­gen zu er­fas­sen (BVerfG vom 14. Ok­to­ber 1970, 1 BvR 307/68, BVerfGE 29, 221, 235 ff = SozR Nr 7 zu Art 2 GG, vom 9. Fe­bru­ar 1977, 1 BvL 11/74, BVerfGE 44, 70, 89 f = SozR 5420 § 94 Nr 2). Der Einschätzung, dass ty­pi­scher­wei­se dann, wenn Selbstständi­ge im Zu­sam­men­hang mit ih­rer selbstständi­gen Tätig­keit kei­ne ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Ar­beit­neh­mer beschäfti­gen und sie im We­sent­li­chen nur für ei­nen Auf­trag­ge­ber tätig sind, "die­se nicht we­ni­ger so­zi­al schutz­bedürf­tig sind als die der­zeit in § 2 Satz 1 Nr 1 bis 7 SGB VI er­fass­ten Selbstständi­gen" (BT-Drucks 14/45 S 20), wur­de während der Ge­set­zes­be­ra­tun­gen - so­weit er­sicht­lich - nicht wi­der­spro­chen. So­weit das gel­ten­de Recht hier­auf be­ruht, be­wegt es sich in­ner­halb des auf­ge­zeig­ten ver­fas­sungs­recht­li­chen Rah­mens.


Ein un­be­stimm­ter rechts­po­li­ti­scher Be­griff des ar­beit­neh­merähn­li­chen Selbstständi­gen hat im Ge­setz selbst kei­nen Nie­der­schlag ge­fun­den. In § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI kommt die "Ar­beit­neh-


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merähn­lich­keit" der be­trof­fe­nen Selbstständi­gen not­wen­dig, aber auch stets hin­rei­chend und ab­sch­ließend in den nor­ma­ti­ven und al­lein sub­sum­ti­onsfähi­gen Kri­te­ri­en der Tätig­keit für ei­nen Auf­trag­ge­ber und der feh­len­den Beschäfti­gung von Ar­beit­neh­mern in ei­nem ins­ge­samt ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Um­fang zum Aus­druck. Nach In­kraft­tre­ten von § 2 (Satz 1) Nr 9 SGB VI kann da­her in ei­nem recht­li­chen Sin­ne von "ar­beit­neh­merähn­li­chen Selbstständi­gen" al­len­falls noch ge­spro­chen wer­den, so­weit hier­un­ter ei­ne Be­zeich­nung ge­ra­de für den ge­setz­li­chen Tat­be­stand oh­ne Ver­wen­dung der Ge­set­zesspra­che ver­stan­den wird.

Eben­so we­nig be­darf im Rah­men des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI ei­ner nähe­ren Prüfung, ob ge­ra­de der Kläger im Blick auf sei­ne kon­kre­te wirt­schaft­li­che La­ge "schutz­bedürf­tig" ist. Für die Ein­be­zie­hung in die Ren­ten­ver­si­che­rung ist nämlich nicht die wirk­li­che, son­dern die mut­maßli­che Ver­si­che­rungs­bedürf­tig­keit ent­schei­dend, die sich aus all­ge­mei­nen Merk­ma­len und aus der durch­schnitt­li­chen Le­bens­la­ge der be­trof­fe­nen Bevölke­rungs­grup­pe er­gibt. Die Ver­si­che­rungs­pflicht setzt nicht die in­di­vi­du­el­le so­zia­le Schutz­bedürf­tig­keit je­des ein­zel­nen Ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen vor­aus, son­dern be­ruht auf der Erfüllung des for­ma­len ge­setz­li­chen Tat­be­stan­des, in dem nach Auf­fas­sung des Ge­setz­ge­bers die so­zia­le Schutz­bedürf­tig­keit ty­pi­sie­rend zum Aus­druck kommt (vgl BVerfG vom 26. No­vem­ber 1964, 1 BvL 14/62, BVerfGE 18, 257, 270 = SozR Nr 55 zu Art 3 GG). Nicht an­ders als bei abhängig Beschäftig­ten ist in­so­fern im gel­ten­den Recht auch für die auf Grund der Ausübung ei­ner selbstständi­gen Er­werbstätig­keit Pflicht­ver­si­cher­ten oh­ne Be­lang, ob sie we­gen ih­rer in­di­vi­du­el­len wirt­schaft­li­chen Schwäche zu ei­ge­ner Le­bens­vor­sor­ge nicht fähig sind und da­her ei­ner Si­che­rung ge­gen die Wechs­elfälle des Le­bens durch die Zwangs­ver­si­che­rung bedürfen. Schon we­gen die­ser grundsätz­li­chen Un­er­heb­lich­keit des kon­kre­ten öko­no­mi­schen Si­che­rungs­be­darfs kommt es im vor­lie­gen­den Zu­sam­men­hang ins­be­son­de­re auch nicht auf das Vermögen an, das der Kläger ge­ra­de als Ge­sell­schaf­ter in Form sei­ner GmbH-An­tei­le in­ne­hat.


2. Die ge­gen die­ses Er­geb­nis und sei­ne Be­gründung vor­ge­brach­ten Einwände grei­fen nicht durch. Wie dar­ge­legt, bleibt der Ge­setz­ge­ber mit der Ein­be­zie­hung des neu­en Ver­si­cher­ten­krei­ses der "ar­beit­neh­merähn­li­chen Selbstständi­gen" in­ner­halb sei­nes Ge­stal­tungs­er­mes­sens. Al­lein maßgeb­lich ist in­so­fern die Be­zie­hung des un­ter be­stimm­ten Be­din­gun­gen selbstständig Täti­gen zu sei­nem Auf­trag­ge­ber. Da­ge­gen kommt ei­ne Zu­rech­nung der Verhält­nis­se des Auf­trag­ge­bers auch dann nicht in Be­tracht, wenn es sich - wie hier - um ei­ne im Al­lein­ei­gen­tum des Ver­si­cher­ten ste­hen­de ju­ris­ti­sche Per­son han­delt. Ei­nen be­son­de­ren "Norm­zweck" des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI, der es ge­bie­ten könn­te, in Fällen der vor­lie­gen­den Art hin­ter dem vom Wort­laut verkörper­ten Be­deu­tungs­ge­halt zurück­blei­ben und den Ein­tritt von Ver­si­che­rungs­pflicht aus­nahms­wei­se von vor­ne her­ein aus­zu­sch­ließen, gibt es nicht. Auch ist für die vom Kläger re­präsen­tier­te Per­so­nen­grup­pe nicht et­wa aus Ge­sichts­punk­ten der Gleich­be­hand­lung ei­ne spe­zi­al­ge­setz­li­che Rechts­fol­gen­re­duk­ti­on ge­bo­ten.

a) Ein Be­leg dafür, dass ent­ge­gen der Auf­fas­sung des er­ken­nen­den Se­nats Verhält­nis­se der ju­ris­ti­schen Per­son GmbH ver­si­che­rungs­recht­lich auch ih­ren ein­zel­nen Ge­sell­schaf­tern zu­ge-


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rech­net wer­den könn­ten, oder all­ge­mein gülti­ge äußere Gren­zen ei­ner der­ar­ti­gen Zu­rech­nung las­sen sich sons­ti­gen Re­ge­lun­gen über die Ren­ten­ver­si­che­rungs­pflicht Selbstständi­ger nicht ent­neh­men. Dies gilt ins­be­son­de­re für den Ver­si­che­rungs­pflicht­tat­be­stand des § 2 Satz 1 Nr 8 SGB VI. Die Vor­schrift legt zunächst fest, dass - von be­stimm­ten Aus­nah­men ab­ge­se­hen - selbstständig täti­ge Ge­wer­be­trei­ben­de, die in die Hand­werks­rol­le ein­ge­tra­gen sind und in ih­rer Per­son die für die Ein­tra­gung in die Hand­werks­rol­le er­for­der­li­chen Vor­aus­set­zun­gen erfüllen, ver­si­che­rungs­pflich­tig sind (Hs 1). Ist ei­ne Per­so­nen­ge­sell­schaft in die Hand­werks­rol­le ein­ge­tra­gen, gilt als Ge­wer­be­trei­ben­der, wer als Ge­sell­schaf­ter in sei­ner Per­son die Vor­aus­set­zun­gen für die Ein­tra­gung in die Hand­werks­rol­le erfüllt (Hs 2). Hs 2 aaO erklärt sich aus dem Be­stre­ben, nach Einführung der hand­werks­recht­li­chen Möglich­keit, auch Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten als selbstständi­ge Hand­wer­ker in die Hand­werks­rol­le ein­zu­tra­gen (Art 4 Nr 1 des Ge­set­zes zur Ände­rung der Hand­werks­ord­nung <HwO> vom 9. Sep­tem­ber 1965, BGBl I 1254), Kon­ti­nuität hin­sicht­lich der Ver­si­che­rungs­pflicht der Ge­sell­schaf­ter zu wah­ren (vgl hier­zu und zur Ent­wick­lung ins­ge­samt Ur­teil des Se­nats vom 15. Ju­ni 2000, B 12 RJ 4/99 R, SozR 3-2600 § 2 Nr 4). Die An­ord­nung ist schon dort auf die selbst ein­tra­gungsfähi­gen Ge­sell­schaf­ter von Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten be­schränkt und stellt be­reits in­so­fern ei­ne spe­zi­al­ge­setz­li­che Er­wei­te­rung der grundsätz­li­chen Ver­si­che­rungs­pflicht selbst in die Hand­werks­rol­le ein­ge­tra­ge­ner natürli­cher Per­so­nen auf Grund ge­setz­li­cher Fik­ti­on -"gilt"- dar. Die selbst nicht ein­tra­gungsfähi­gen Be­triebs­lei­ter und Ge­sell­schaf­ter - selbst al­ler­dings eben­falls ein­tra­gungsfähi­ger, § 7 HwO - ju­ris­ti­scher Per­so­nen sind da­mit von der Ver­si­che­rungs­pflicht nach Nr 8 aus­ge­nom­men (vgl be­reits zum frühe­ren Recht des Hand­wer­ker­ver­si­che­rungs­ge­set­zes Ur­teil des Se­nats vom 2. Ju­ni 1982, 12 RK 13/82, SozR 5800 § 1 Nr 8).


Der Ver­si­che­rungs­pflicht­tat­be­stand nach § 2 Satz 1 Nr 8 SGB VI ist da­mit ua an die Ei­gen­schaft als Ge­sell­schaf­ter ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft ge­knüpft und ins­be­son­de­re durch die hand­wer­ker­ver­si­che­rungs­recht­li­che Be­son­der­heit der Ver­bin­dung von Ein­tra­gung - hier der Per­so­nen­ge­sell­schaft - in die Hand­wer­ker­rol­le und Ver­si­che­rungs­pflicht ge­kenn­zeich­net. Es bedürf­te zu-nächst sei­ner darüber hin­aus­ge­hen­den Er­wei­te­rung im Bin­nen­be­reich, um nur hier zusätz­lich ei­ne An­wend­bar­keit auch auf Ge­sell­schaf­ter ei­ner ju­ris­ti­schen Per­son zu be­gründen. Schon hierfür gibt es kei­ne me­tho­di­sche Grund­la­ge (be­reits Ur­teil des Se­nats vom 2. Ju­ni 1982 aaO; vgl zur un­ter­schied­li­chen Be­hand­lung von Per­so­nen- und Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten auch Klat­ten­hoff in Hauck/Hai­nes, Kom­men­tar zum SGB VI, Stand: X/05, § 2 Rd­Nr 40b). Erst recht ist nicht er­kenn­bar, war­um Nr 8 über den Son­der­be­reich der Hand­wer­ker­ver­si­che­rung und selbst bei Zu­grun­de­le­gung ei­nes "er­wei­ter­ten Verständ­nis­ses" maßstabs­bil­dend auch im Rah­men der ren­ten­ver­si­che­rungs­recht­li­chen Be­ur­tei­lung ne­ben die Ge­sell­schaf­ter­stel­lung tre­ten­der Be­zie­hun­gen von Ge­sell­schaf­tern zur ju­ris­ti­schen Per­son GmbH wir­ken könn­te.

b) Eben­so we­nig ist durch sons­ti­ge Nor­men ei­ne Be­schränkung der Ver­si­che­rungs­pflicht in Fällen der vor­lie­gen­den Art ge­bo­ten. Ins­be­son­de­re gibt § 1 Satz 4 SGB VI we­der An­lass, den An­wen­dungs­be­reich von § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI te­leo­lo­gisch zu re­du­zie­ren (so wohl im Er­geb­nis et­wa Näge­le, BB 2001, 305, 312), noch verstößt der Um­stand, dass es vor­lie­gend an ei­ner ent-
 


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spre­chen­den Re­ge­lung der Ver­si­che­rungs­frei­heit fehlt, ge­gen Art 3 Abs 1 GG. Bei § 1 S 4 SGB VI han­delt es sich um ei­ne eng aus­zu­le­gen­de Aus­nah­me­vor­schrift von der Ver­si­che­rungs­pflicht abhängig Beschäftig­ter und da­mit nach § 1 S 1 Nr 1 SGB VI ver­si­che­rungs­pflich­ti­ger Vor­stands­mit­glie­der ei­ner Ak­ti­en­ge­sell­schaft (AG). Wie die Ent­ste­hungs­ge­schich­te der Vorläufer­re­ge­lung der §§ 3 Abs 1a, 2 Abs 1a An­ge­stell­ten­ver­si­che­rungs­ge­setz (AVG) zeigt (BSG vom 18. Sep­tem­ber 1973, 12 RK 5/73, BS­GE 36, 164 = SozR Nr 23 zu § 3 AVG, vom 22. No­vem­ber 1973, 12/3 RK 20/71, BS­GE 36, 258 = SozR Nr 24 zu § 3 AVG; vom 27. März 1980, 12 RAr 1/79, SozR 2400 § 3 Nr 4 mwN), be­ruht die Her­aus­nah­me des ge­nann­ten Per­so­nen­krei­ses auf der Erwägung, dass die AGen bei ty­pi­sie­ren­der Be­trach­tung zu den "großen Ge­sell­schaf­ten" gehören und ih­re Vor­stands­mit­glie­der we­gen der her­aus­ra­gen­den und star­ken wirt­schaft­li­chen Stel­lung trotz abhängi­ger Beschäfti­gung grup­pen­spe­zi­fisch nicht des Schut­zes und der Si­cher­heit der Ren­ten­ver­si­che­rung bedürfen (BSG vom 31. Mai 1989, 4 RA 22/88, BS­GE 65, 113, 118 = SozR 2200 § 1248 Nr 48). Ei­ner Über­tra­gung die­ses Ge­dan­kens auf Fälle der vor­lie­gen­den Art steht be­reits ent­ge­gen, dass es sich hier um die Ver­si­che­rungs­pflicht von Selbstständi­gen han­delt und im Übri­gen ei­ne ty­pi­sie­ren­de Ver­gleich­bar­keit der (Ein-Mann-)GmbH mit AGen von vor­ne her­ein aus­schei­det. Un­ter an­de­rem im Blick hier­auf hat der Se­nat be­reits mehr­fach ent­schie­den, dass die Re­ge­lung des § 3 Abs 1 Satz 4 SGB VI - außer beim VVaG - nicht ana­log auf die Or­ga­ne an­de­rer ju­ris­ti­scher Körper­schaf­ten über­trag­bar ist (Ur­teil vom 19. Ju­ni 2001, B 12 KR 44/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 65 ff).


3. Der Se­nat kann man­gels ent­spre­chen­der Fest­stel­lun­gen nicht über die Rechtmäßig­keit des Bei­trags­be­schei­des vom 6. März 2003 ent­schei­den, der gemäß § 96 Abs 1 So­zi­al­ge­richts­ge­setz (SGG) Ge­gen­stand des Be­ru­fungs­ver­fah­rens ge­wor­den ist und die Re­ge­lun­gen des Erst­be­schei­des vom 30. Ja­nu­ar 2001 vollständig er­setzt hat.


4. Die Kos­ten­ent­schei­dung bleibt dem Ur­teil des Be­ru­fungs­ge­richts vor­be­hal­ten. Da­bei wird hin­sicht­lich der vom SG aus­ge­spro­che­nen Ver­pflich­tung des Klägers, 150,00 € an die Staats­kas­se zu zah­len (Ver­schul­dens­kos­ten), zu berück­sich­ti­gen sein, dass ei­ne miss­bräuch­li­che Fortführung des Rechts­streits vor­lie­gend schon des­halb aus­schei­det, weil er zen­tral ei­ne höchst­rich­ter­lich noch nicht ent­schie­de­ne Fra­ge­stel­lung be­trifft. Darüber hin­aus wird zu be­ach­ten sein, dass die bloße Mei­nungs­dif­fe­renz mit dem Vor­sit­zen­den Rechts­schutz Su­chen­de grundsätz­lich nicht zwingt, auf ihr Grund­recht auf Zu­gang zum Ge­richt und Ent­schei­dung ih­res Rechts­streits durch das Ur­teil ei­ner un­abhängi­gen In­stanz aus Art 19 Abs 4 GG ent­we­der zu ver­zich­ten oder ihr Recht - an­ders als an­de­re Be­tei­lig­te aus dem in § 183 SGG ge­nann­ten Per­so­nen­kreis - nur ge­gen Zah­lung von Kos­ten durch­zu­set­zen.

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