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LAG Mün­chen, Teil­ur­teil vom 07.10.2010, 2 Sa 1206/09

   
Schlagworte: Schadensersatz, Gehaltseinbußen
   
Gericht: Landesarbeitsgericht München
Aktenzeichen: 2 Sa 1206/09
Typ: Teilurteil
Entscheidungsdatum: 07.10.2010
   
Leitsätze: 1. Stellt der Arbeitgeber den Außendienstmitarbeitern zur Kundenakquise Adressen ernsthafter Interessenten zur Verfügung, die durch Mitarbeiter des Arbeitgebers beschafft wurden, besteht ohne entsprechende vertragliche Regelung grundsätzlich keine Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl von Vorwerbern die Adressen beschaffen, nicht zu unterschreiten.

2. Auch eine langjährige Praxis begründet keine solche Verpflichtung aus betrieblicher Übung.

3. Im konkreten Fall wird ein Schadenersatzanspruch wegen Verletzung der Fürsorgepflicht verneint.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht München, Urteil vom 24.11.2009, 25 Ca 17216/08
   

2 Sa 1206/09

25 Ca 17216/05 (ArbG München) 

 

Verkündet am: 07.10.2010

Soull
Ur­kunds­be­amtln der Geschäfts­stel­le

 

Lan­des­ar­beits­ge­richt München

Im Na­men des Vol­kes

TEIL­UR­TEIL

In dem Rechts­streit

A.
A-Straße, A-Stadt

- Kläger und Be­ru­fungskläger -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:
Rechts­anwälte Prof. B. und Kol­le­gen, B-Straße, A-Stadt

ge­gen

Fir­ma C,
C-Straße, C-Stadt

- Be­klag­te und Be­ru­fungs­be­klag­te -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:
Rechts­anwälte D. und Kol­le­gen, D-Straße, C-Stadt

 

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hat die 2. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts München auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 5. Au­gust 2010 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Waitz und die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Lech­ner-Fors­ter und Süßke

für Recht er­kannt:

1. Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das En­dur­teil des Ar­beits­ge­richts München vom 24.11.2009 — 25 Ca 17216108 — wird bezüglich der Anträge 3 bis 5 aus der Be­ru­fungs­be­gründung (Anträge auf Zah­lung von E 131.862,13, hilfs­wei­se von E 122.426,85 und auf Fest­stel­lung) zurück­ge­wie­sen.

2. Die Kos­ten­ent­schei­dung bleibt dem Schlus­s­ur­teil vor­be­hal­ten.

3. Die Re­vi­si­on für den Kläger wird zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten noch über ei­ne Ab­fin­dung so­wie Scha­dens­er­satz­ansprüche.

Die Be­klag­te ver­treibt Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen. Ihr Ver­trieb ist in 15 Re­gio­nal­di­rek­tio­nen ge­glie­dert. Dort wird Je­weils zwi­schen dem Ziel­grup­pen­ver­trieb und der Be­stands­or­ga­ni­sa­ti­on un­ter­schie­den. Da­ne­ben beschäftigt sich der sog. Agen­tur­be­trieb vor al­lem mit der Be­stands­be­treu­ung und der Be­treu­ung von Ar­beit­neh­mer­kun­den.

 

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Im Ziel­grup­pen­ver­trieb ar­bei­tet die Be­klag­te mit der Deut­schen E., dem Deut­schen F. und dem Bund der G. zu­sam­men.

Der am 17.4.1956 ge­bo­re­ne Kläger ist seit 1.10.1979 bei der Be­klag­ten bzw, ih­rer Rechts­vorgänge­rin beschäftigt. Seit 1986 wur­de er als Grup­pen­lei­ter ein­ge­setzt, seit Fe­bru­ar 2000 els Ver­triebs­lei­ter, Er Ist dem Be­reich BdSt zu­ge­ord­net. Dort sind so­wohl An­ge­stell­te als auch selbständi­ge Un­ter­neh­mer tätig. So­wohl bei den An­ge­stell­ten als auch bei den selbständi­gen Mit­ar­bei­tern wird in Be­zug auf ih­re je­wei­li­gen Auf­ga­ben zwi­schen den sog. Be­auf­trag­ten (auch be­zeich­net als Vor­wer­ber) und den Be­ra­tern (auch be­zeich­net als Ver­mitt­ler) un­ter­schie­den. Auf­ga­be der Be­auf­trag­ten ist es, im We­ge der Kalt­ak­qui­se Mit­glie­der für den BdSt zu wer­ben und dann bei den be­such­ten Selbständi­gen ei­nen Be­ra­tungs­ter­min für ein um­fas­sen­des Be­ra­tungs­gespräch über Ver­si­che­run­gen zu ver­ein­ba­ren. Die­se Be­ra­tungs­gespräche wer­den dann von den Be­ra­tern durch­geführt. Es gibt kei­ne fes­te Zu­ord­nung der Be­auf­trag­ten zu be­stimm­ten Be­ra­tern. Viel­mehr wer­den die ver­ein­bar­ten Ter­mi­ne in ei­nem Pool ge­sam­melt und dann un­ter den Be­ra­tern ver­teilt.

Je­de Re­gio­nal­di­rek­ti­on wird von ei­nem Re­gio­nal­di­rek­tor ge­lei­tet. Ei­ni­ge Be­ra­ter sind un­mit­tel­bar dem Re­gio­nal­di­rek­tor un­ter­stellt, an­de­re ei­nem Ver­triebs­lei­ter, der dann sei­ner­seits dem Re­gio­nal­di­rek­tor be­rich­tet.

Der Ar­beits­ver­trag des Klägers wur­de mehr­fach ge­dul­det (An­la­gen B 4 — B 6, BI.. 410 ff d.A.). Anläss­lich des Ein­sat­zes des Klägers als Grup­pen­lei­ter schlos­sen die Par­tei­en im Ja­nu­ar 1986 ei­nen Ände­rungs­ver­trag (An­la­ge B 5, Blatt 423 ff d.A.), in dem es u.a. heißt:

„Ne­ben Ih­ren ak­qui­si­to­ri­schen Auf­ga­ben, die un­verändert be­ste­hen blei­ben, ha­ben wir Ih­nen außer­dem die Auf­ga­be über­tra­gen, ei­ne Wer­be­grup­pe auf- und aus­zu­bau­en. Ziel Ih­rer Führungstätig­keit ist es, dafür zu sor­gen, dass die Ih­nen un­ter­stell­ten Wer­ber ein min­des­tens Ih­ren Je­wei­li­gen Ver­tra­gen ent­spre­chen­des Neu­ge-
schäft ver­mit­teln.

Im Übri­gen wei­sen wir aus aus­drück­lich dar­auf hin, dass wir uns das Recht vor­be­hal­ten, die An­zahl der Ih­nen un­ter­stell­ten Wer­ber Je­der­zeit zu verändern."

 

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Der Ergänzungs­ver­trag vom Fe­bru­ar 2000 (An­la­ge B 6, Blatt 426 ff d.A.), der bei Ein­satz des Klägers als Ver­triebs­lei­ter ge­schlos­sen wur­de, re­gelt eben­so die Auf­ga­be, ei­ne Grup­pe aus- und auf­zu­bau­en. Im Au­gust 2002/Ja­nu­ar 2003 wur­de ver­ein­bart, dass der Kläger der Fi­li­al­di­rek­ti­on A-Stadt S (G 129) un­ter­ste­he (BI. 580 d.A.).

Die Vergütung des Klägers be­stand seit Be­ginn des Ar­beits­verhält­nis­ses über­wie­gend aus va­ria­blem Ent­gelt. Der­zeit erhält der Kläger ein mo­nat­li­ches Ge­halt von E 1.620,--, ei­ne So­zi­al­zu­la­ge von € 46,-- so­wie ei­nen Rel­se­kos­ten­er­satz in Ho­he von E 0,23 je Ki­lo­me­ter bei ei­ner Be­gren­zung auf 2400 Ki­lo­me­ter. Die Rei­se­kos­ten­pau­scha­le und das Grund­ge­halt sind soll­kos­ten­pflich­tig, d,h. sie wer­den er­folgs­abhängi­gen Vergütun­gen ge­genüber­ge­stellt und mit die­sen ver­rech­net. An va­ria­bler Vergütung erhält der Kläger Be­stands­bo­ni, die sich ins­be­son­de­re nach den Beiträgen auf die ver­mit­tel­ten Ver­si­che­run­gen be­mes­sen so­wie ei­ne er­folgs­abhängi­ge Vergütung, die € 15,34 je Net­to-Ein­heit beträgt. Für die ihm un­ter­stell­ten Mit­ar­bei­ter erhält der Kläger ei­nen Or­ga­ni­sa­ti­ons­leis­tungs­zu­schuss von E 1,53 je Net­to-Ein­heit, die durch ei­nen un­ter­stell­ten haupt­be­ruf­li­chen Ver­mitt­ler ge­ne­riert wird bzw. € 3,58 je Net­to-Ein­heit, die durch ei­nen ihm un­ter­stell­ten ne­ben­be­ruf­li­chen Ver­mitt­ler ge­ne­riert wird. Die­ser Or­ga­ni­sa­ti­ons­leis­tungs­zu­schuss wird auch Su­per­pro­vi­si­on ge­nannt. Sch­ließlich erhält der Kläger ei­ne Zuführungs­vergütung von € 460,16 je zu­geführ­tem Ver­mitt­ler, so­fern die­ser nach ei­nem Jahr noch haupt­be­ruf­lich tätig ist.

Zeit­wei­se wa­ren dem Kläger bis zu neun Ver­mitt­ler un­ter­stellt. 2006 schie­den sie­ben Mit-ar­bei­ter aus, teils durch El­genkündi­gung, teils durch Auf­he­bungs­ver­trag bei Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung. Nach dem Aus­schei­den der bei­den letz­ten Mit­ar­bei­ter im Jah­re 2007 sind dem Kläger kei­ne Be­ra­ter mehr un­ter­stellt.

Die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten schloss am 28.03.2002 mit dem Ge­samt­be­triebs­rat ei­ne „Be­triebs­ver­ein­ba­rung über ei­nen In­ter­es­sen­aus­gleich zur Neu­ord­nung der Geschäfts­stel­len- und Nie­der­las­sungs­struk­tur der Stam­mor­ga­ni­sa­ti­on so­wie zur Neu­ord­nung der Be­reichs­ver­wal­tun­gen" (An­la­gen­kon­vo­lut K 19, BI. 116 ff d.A.).

 

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Im Jahr 2005 ent­schied die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten, ih­re Ver­triebs­struk­tu­ren zu ändern. Mit Schrei­ben vom 01.11.2005 (An­la­ge K 22; Bi. 161 ff d.A,) teil­te sie den an­ge­stell­ten Mit­ar­bei­tern des In­nen- und Außen­diens­tes der Stam­mor­ga­ni­sa­ti­on und der DANV fol­gen­de Schwer­punk­te der stra­te­gi­schen Neu­aus­rich­tung mit:

„Die HMS-S und die DANV wer­den in ei­ner Ver­triebsdl­rek­ti­on WAZ (C-Stadt-M.Ziel­grup­pen-Ver­trieb) zu­sam­men­geführt.... Die­ser Schritt ermöglicht uns die Bil­dung von noch leis­tungsfähi­ge­ren Re­gio­nal­di­rek­tio­nen durch Zu­sam­men­fas­sung der heu­te be­ste­hen­den Geschäfts­stel­len. Da­durch wird die Zahl der Stand­or­te von der­zeit 29 auf 10 re­du­ziert....

Un­ser Ziel be­steht dar­in, bei­de Ver­triebs­or­ga­ni­sa­tio­nen per­so­nell aus­zu­bau­en, ver­bun­den mit ei­ner Be­to­nung des Un­ter­neh­mer­tums. Dem­ent­spre­chend wol­len wir die An­zahl der An­ge­stell­ten wei­ter re­du­zie­ren. Wir ge­hen zum jet­zi­gen Zeit­punkt da­von aus, dass wir von bis­her ca. 1400 An­ge­stell­ten In den bei­den Ver­triebs­or­ga­ni­sa­tio­nen Im Ziel­mo­dell mit ca. 500 An­ge­stell­ten agie­ren wer­den...."

Im Zu­sam­men­hang mit der be­ab­sich­tig­ten Neu­struk­tu­rie­rung der Ver­triebs­or­ga­ni­sa­tio­nen schlos­sen der Vor­stand der Be­klag­ten und der bei Ihr be­ste­hen­de Gei­amt­be­triebs­rat im Jahr 2006 ei­ne In­te­rims­ver­ein­ba­rung (An­la­ge B 3, BI. 405 ff d.A.), die u.a. die Verlänge­rung von So­zi­alplänen vom 30.11.1984 für den In­nen­dienst so­wie vom 10.4.1990 für den Außen­dienst bis 31,12.2008 re­gelt, Außer­dem schlos­sen die Be­klag­te und der Ge­samt­be­triebs­rat 2006 ei­ne Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­rung (An­la­ge K 26, BI. 173 ff d.A.) mit fol­gen­den An­la­gen:

1. Be­triebs­ver­ein­ba­rung Ober ei­nen In­ter­es­sen­aus­gleich zur Neu­ord­nung der Ver­triebs­or­ga­ni­sa­tio­nen HMS und DANV
2. Nach­trag Nr. 4 zur Be­triebs­ver­ein­ba­rung über ei­nen In­ter­es­sen­aus­gleich zur Neu­ord­nung der Geschäfts­stel­len- und Nie­der­las­sungs­struk­tur der Stam­mor­ga­ni­sa­ti­on so­wie zur Neu­ord­nung der Be­reichs­ver­wal­tung vom 16.4.2002
3. Be­triebs­ver­ein­ba­rung zur An­wen­dung So­zi­alpläne
4. Nach­trag zur Be­triebs­ver­ein­ba­rung zum "Be­trieb­li­chen Vor­ru­he­stand" vom 15.6.1998/18,6.1998

 

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5. Ver­ein­ba­rung über die An­wen­dung des ta­rif­li­chen Al­ters­teil­zeit­ab­kom­mens 6. Be­triebs­ver­ein­ba­rung über so­zi­al­po­li­ti­sche Maßnah­men „Mo­bi­litätspa­ket" 7. Be­triebs­ver­ein­ba­rung über so­zi­al­po­li­tisch Maßnah­men „So­fort­ak­ti­on" 8. Be­triebs­ver­ein­ba­rung über Neu­zu­sam­men­set­zung ört­li­cher Be­triebsräte

An­la­ge 7 zur Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­rung (BI. 203 ff enthält u.a. fol­gen­de Re­ge­lun­gen:

„Durch die zeit­lich be­fris­te­te (nach der­zei­ti­gen Pla­nun­gen Zeit­raum 1.12.2006 —31.3.2007) „So­fort­ak­ti­on" soll Pla­nungs­si­cher­helt so­wohl für die be­trof­fe­nen Mitar-bei­ter/-in­nen als auch die Ge­sell­schaft ge­schaf­fen wer­den, in­dem Mit­ar­bei­tern/-in­nen, die be­reits sind, die HM ge­gen Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung zu ver­las­sen oder ein Ver­trags­verhält­nis als selbständi­ger Ver­mitt­ler zu wech­seln, durch die Zah­lung ei­ner zusätz­li­chen Ent­schei­dungs­prämie ne­ben der Ab­fin­dung gern. So­zi­al­plan ein An­reiz für ei­ne schnel­le Ent­schei­dung und An­nah­me des An­ge­bo­tes ge­bo­ten wird.

Fer­ner soll Mit­ar­bei­tern/-in­nen, die sich in „ren­ten­na­hen" Jahrgängen be­fin­den und die ent­spre­chen­den Vor­aus­set­zun­gen erfüllen, Im Rah­men der So­fort­ak­ti­on die Ver­set­zung in den Vor­ru­he­stand an­ge­bo­ten wer­den.

Mit­ar­bei­tern/-in­nen, die zu ei­nem Wech­sel an ei­nen an­dern Stand­ort (HM oder 1-Kon­zern) be­reit sind, soll im Rah­men der So­fort­ak­ti­on ein Wech­sel zu den Kon­di­tio­nen des zwi­schen HM und GBR ver­ein­bar­ten „Mo­bi­litätspa­ke­tes" an­ge­bo­ten wer­den.

Im Rah­men der So­fort­ak­ti­on können ein­ver­nehm­lich be­reits Stand­or­te zeit­nah ge­schlos­sen wer­den, wenn die je­wei­li­gen per­so­nel­len Be­trof­fen­hei­ten gelöst sind.

Die Ver­ein­ba­rung gilt für den In­nen- und Außen­dienst.

2. Höhe der „Ent­schei­dungs­prämie" in Ergänzung zu der Ab­fin­dung
gem. So­zi­al­plan

Die Ab­fin­dung gern. So­zi­al­plan erhöht sich im Rah­men der „So­fort­ak­ti­on" wie folgt:

 

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um 50 % bei ei­ner Ent­schei­dung und An­nah­me des An­ge­bo­tes in­ner­halb von zwei Mo­na­ten (nach der­zei­ti­gem Pla­nungstand Be­ginn der So­fort­ak­ti­on 1,12.2006, An­nah­me es An­ge­bots so­mit bis zum 311,2007 er­for­der­lich)
um 30 % bei ei­ner Ent­schei­dung und An­nah­me des An­ge­bo­tes in­ner­halb von vier Mo­na­ten (nach der­zei­ti­gem Pla­nungstand Be­ginn der So­fort­ak­ti­on 1.12.2006, An­nah­me es An­ge­bo­te so­mit bis zum 31.3.2007 er­for­der­lich).

Bei ei­nem so­for­ti­gen Aus­schei­den ge­gen Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung oh­ne Ein­hal­tung der Kündi­gungs­frist erhält der/die Mit­ar­bei­te­rin(in) zusätz­lich die Bezüge (oh­ne Rei­se­kos­ten und sons­ti­gen Auf­wandser­satz), die bis zum Kündi­gungs­ter­min zu zah­le wären.

3. Ab­wick­lung der So­fort­ak­ti­on/Ent­schel­dungs­vor­be­halt der Ge­sell­schaft,

Die im Rah­men der So­fort­ak­ti­on" um­zu­set­zen­den Vorgänge wer­den im Re­gel­fall auf dem Schrift­we­ge ab­ge­wi­ckelt. Die SPK wird über je­den ein­zel­nen Vor­rang kurz­fris­tig in Kennt­nis ge­setzt. Hier von un­berührt hat je­der Mit­ar­bei­ter/-in in das Recht auf ein Ein­zel­gespräche in der So­zi­al­plan­kom­mis­si­on bzw. kann im Ein­zel­fall auf Wunsch ei­ner Sei­te die So­zi­al­plan­kom­mis­si­on ein­ge­schal­tet wer­den.

Der GBR wird die Um­set­zung der So­fort­ak­ti­on ak­tiv un­terstütz­ten.

Bei der Ent­schei­dungs­fin­dung über die An­wen­dung der vor­ste­hen­den Maßnah­men wird die Ge­sell­schaft im Sin­ne des in den So­zi­alplänen be­schrie­be­ne Grund­kon­sen­ses mit dem GER die In­ter­es­sen­la­ge der Be­trof­fe­nen in der Vor­der­grund stel­len, behält sich al­ler­dings ei­ne endgülti­ge Zu­stim­mung im je­wei­li­gen Ein­zel­fall vor."

Der So­zi­al­plan Außen­dienst vom 10.04.1990 (vgl. An­la­ge K 4; Eil. 53 ff. d.A.) enthält aus­zugs­wei­se fol­gen­de Re­ge­lun­gen:

8. Aus­schei­den ge­gen Ab­fin­dung

a. Ist im Ein­zel­fall die Verände­rung in­fol­ge ei­ner der an­ge­spro­che­nen Maßnah­men mit be­son­de­ren Härten für Außen­dienst-An­ge­stell­te ver­bun­den und er-

 

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scheint ei­ne Fort­set­zung des An­stel­lungs­ver­tra­ges un­ter den veränder­ten Be­din­gun­gen nicht zu­mut­bar, kann die So­zi­al­plan­kom­mis­si­on auf An­trag des Außen­dienst-An­ge­stell­ten die Auflösung des Ar­beits­verhält­nis­ses ent­spre­chend den Zif­fern 8.2 oder 9. be­sch­ließen.

Die­se Re­ge­lun­gen gel­ten ins­be­son­de­re für älte­re Außen­dienst-An­ge­stell­te.

Die Ent­schei­dung der So­zi­al­plan­kom­mis­si­on Ist der Un­ter­neh­mens­lei­tung, dem GBR und dem zuständi­gen Be­triebs­rat un­verzüglich schrift­lich mit­zu­tei­len. Even­tu­el­le Einsprüche ge­gen die­se Ent­schei­dung sind eben­falls un­verzüglich, spätes­tens Je­doch in­ner­halb von 14 Ta­gen nach Zu­gang der Erklärung, gel­tend zu ma­chen, so­fern vor­ge­tra­gen wer­den soll, dass der Vor­rang der Er­hal­tung des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses nicht sach­gemäß berück­sich­tigt wur­de. Die So­zi­al­plan­kom­mis­si­on hat dann un­verzüglich über die­sen Ein­spruch zu ent­schei­den, Kann ein Ein­ver­neh­men mit den Be­tei­lig­ten nicht her­bei­geführt wer­den, ent­schei­det die Ei­ni­gungs­stel­le ver­bind­lich.

b. Kommt es im all­sei­ti­gen Ein­ver­neh­men zu ei­ner Auflösung des Ar­beits­verhält­nis­ses, er­hal­ten die Außen­dienst-An­ge­stell­ten ei­ne Ab­fin­dung.

Die Höhe der Ab­fin­dung wird nach fol­gen­der For­mel be­rech­net:

(Al­ter x Be­triebs­zu­gehörig­keit : 50 = An­zahl der ab­zu­fin­den­den Mo­nats­bezüge, auf­ge­run­det auf vol­le Mo­na­te.

Als Mo­nats­be­zug wird das durch­schnitt­li­che Mo­nats­ein­kom­men von 12 Mo­na­ten, die wie der Ver­gleichs­zeit­raum gemäß Zif­fer 7,2.1, er­mit­telt wer­den, oh­ne Vergütun­gen, ..."

Der So­zi­al­plan für In­nen­dienst-Mit­ar­bei­ter sieht vor, dass die­se auf ei­ge­nen Wunsch je­der­zeit ge­gen Ab­fin­dung durch Auf­he­bungs­ver­trag aus dem Un­ter­neh­men aus­schei­den können.

In ei­nem an al­le In­nen­dienst- und Außen­dienst-An­ge­stell­ten der HMS und DANV ge­rich­te¬ten Schrei­ben des Vor­stands und des Ge­samt­be­triebs­rats der Be­klag­ten vom 11 2.2006 wel­ches auch der Kläger er­hal­ten hat, ist Fol­gen­des aus­geführt:

 

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„Pro­jekt „Stra­te­gie HMS und DANV"
So­fort­akt­lon: Be­son­de­re Fris­ten für erhöhte Ab­fin­dungs­zah­lun­gen

Lie­be Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter,

wie Sie be­reits frühe­ren Annkündi­gun­gen ent­neh­men konn­ten, wird die C-Stadt. Ver­si­che­rungs-AG (HM) die Ver­trlebs­or­ga­ni­sa­tio­nen HMS und DANV neu or­ga­ni­sie­ren. In die­sem Zu­sam­men­hang wer­den das S-Geschäft der jet­zi­gen HMS und die DANV zu­sam­men­ge­fasst. In­ner­halb der HMS wird es bun­des­weit künf­tig ei­ne Nie­der­las­sung für das Ziel­grup­pen­geschäft (HMS-Z) und 15 Re­gio­nal­di­rek­tio­nen ge­ben. Das B-Geschäft der heu­ti­gen HMS wird in­ner­halb der HMS den Agen­tur­ver­trieb mit ins­ge­samt 4 Nie­der­las­sun­gen und 40 Re­gio­nal­di­rek­tio­nen Im ge­sam­ten Bun­des­ge­biet bil­den.

Um ei­ne so­zi­al­ver­trag­li­che Um­set­zung der neu­en Struk­tur si­cher­zu­stel­len, ha­ben sich der Vor­stand und der Ge­samt­be­triebs­rat auf ein um­fang­rei­ches Maßnah­men­pa­ket ge­ei­nigt. Das Pro­jekt „Stra­te­gie HMS/DANV" wur­de fer­ner un­ter den Schutz der be­ste­hen­den So­zi­al­pla­ne ge­stellt, de­ren In­halt spe­zi­ell für die­se Maßnah­me zum Teil er­wei­tert wor­den sind."'

In ei­nem Fra­ge­bo­gen vom De­zem­ber 2006 (An­la­ge K 18, BI. 106 ff d.A.) be­kun­de­te der Kläger sein In­ter­es­se, aus dem An­ge­stell­ten­verhält­nis aus­zu­schei­den. Am 10.1.2007 lehn­te die Be­klag­te das Ge­such des Klägers ab.

Nach ei­ner Sit­zung der So­zi­al­plan­kom­mis­si­on am 26.3,2007 (Er­geb­nis­pro­to­koll An­la­ge
K 2, B1.44 d,A.) un­ter­brei­te­te die Be­klag­te dem Kläger am 24.4.2007 ein An­ge­bot (An­la­ge
K 3, BI. 45 d.A.), das der Kläger nicht an­nahm,

Seit dem Jah­re 2003 nahm die Zahl der Be­auf­trag­ten im Be­reich BdSt der Re­gio­nal­di­rek­ti­on A-Stadt ste­tig ab (2003: 26, 2004: 24, 2004: 22, 2005: 21, 2006: 17, 2007: 11, 2008: 9). 2005 nah­men der Kläger und sei­ne ihm un­ter­stell­ten Mit­ar­bei­ter ins­ge­samt 1.125 Ter­mi­ne wahr, da­von der Kläger 48 Ter­mi­ne. Im Jahr 2007 re­du­zier­ten sich die Ter­mi­ne auf 80, von de­nen der Kläger 57 wahr­nahm,

 

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Von De­zem­ber 2007 bis De­zem­ber 2008 war der Kläger dem Ver­triebs­lei­ter J. un­ter­stellt.

Nach An­sicht des Klägers ver­folgt die Be­klag­te das Ziel, das Ver­triebs­sys­tem im Be­reich BdSt und den An­ge­stell­ten­außen­dienst ab­zu­schaf­fen. Durch die Re­du­zie­rung der Zahl der Be­auf­trag­ten und die dar­aus re­sul­tie­ren­de Ver­rin­ge­rung der Be­ra­tungs­ter­mi­ne so­wie sei­nes Ge­halts sol­le er in ei­ne Ei­genkündi­gung ge­trie­ben wer­den.

Ihm ste­he ein Ab­fin­dungs­an­spruch nach 7.2.3. des So­zi­al­plans zu (An­trag 1). Schon im Gespräch mit der So­zi­al­plan­kom­mis­si­on am 26.3,2007 ha­be sich die Be­klag­te ge­gen ei­ne wei­te­re Tätig­keit des Klägers als Ver­triebs­rei­ter ent­schie­den ge­habt. Als Al­ter­na­ti­ve zu dem un­ter­brei­te­ten An­ge­bot sei dar­ge­stellt wor­den, dass es zwar bei sei­nem bis­he­ri­gen Ver­triebs­lei­ter­ver­trag blei­be, tatsächlich er je­doch kei­ne ent­spre­chen­de Funk­ti­on und Mit­ar­bei­ter­un­ter­stel­lung ha­be. Die Un­ter­stel­lung un­ter Herrn J. sei nicht irrtümlich er­folgt, son­dern ganz be­wusst. Das Bos­sing­ver­hal­ten der Be­klag­ten zei­ge sich auch in ei­ner Ein- und späte­ren Aus­la­dung zu ei­ner Führungs­kräfte­ta­gu­rig (An­la­ge K 58, BI. 940 d.A.). Die Be­klag­te ha­be an dem Ver­lust sei­ner Vor­ge­setz­ten­stel­lung ak­tiv mit­ge­wirkt, Z.B. sei der ihm un­ter­stell­te Mit­ar­bei­ter K. bei sei­ner Rück­kehr in die Re­gio­nal­di­rek­ti­on Im Ok­to­ber 2008 ei­nem an­de­ren Ver­triebs­lei­ter­kol­le­gen un­ter­stellt wor­den, Herr L. sei im März 2007 nach Ein­ar­bei­tung durch den Kläger in ei­ne an­de­re Un­ter­stel­lung ver­scho­ben wor­den. Der Be­klag­ten sei es dar­um ge­gan­gen, ei­ne Ver­triebs­lei­ter­stel­le bzw. ei­ne Grup­pe ein­zu­spa­ren.

Erst­in­stanz­lich hat der Kläger die Auf­fas­sung ver­tre­ten, bei der Ent­schei­dung, wer Ver­triebs­lei­ter der neu ge­bil­de­ten Grup­pe wird, sei er auf­grund sei­ner Schwer­be­hin­der­ten­ei­gen­schaft nicht berück­sich­tigt wor­den. Des­halb hat er ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch in Höhe von € 40,000,-- gel­tend ge­macht (An­trag 2).

Der Kläger Ist wei­ter der An­sicht, we­gen der er­lit­te­nen Ge­halts­ver­lus­te ha­be er ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch ge­genüber der Be­klag­ten (Anträge 3 bis 5), Sein Jah­re­sein¬kom­men ha­be sich wie folgt ent­wi­ckelt:

 

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Ge­samt­la­rut­to 2002: 79.895,68 €
Ge­samt­b­rut­to 2003: 73.584,43 €
Ge­samt­b­rut­to 2004: 81,744,46 €
Ge­samt­b­rut­to 2005: 79.953,59 €
Ge­samt­b­rut­to 2006: 41.169,57 €
Ge­samt­b­rut­to 2007: 39,925,93 €
Ge­samt­b­rut­to 2008: 31.760,13 €

Die Be­klag­te ha­be die Zahl der Be­auf­trag­ten zu­min­dest fahrlässig re­du­ziert, 2004 ha­be sie ih­re Ab­sicht be­kun­det, die Zu­gangs­we­ge zum Un­ter­neh­mer­geschäft BdSt zu schließen. Sie ha­be dann kei­ne neu­en Be­auf­trag­ten ein­ge­stellt und An­fang 2006 un­ter­sagt, den Ader­lass bei den Be­auf­trag­ten durch Neu­ein­stel­lun­gen zu er­set­zen. Im Rah­men des Per­so­nal­ab­baus ha­be die Be­klag­te Be­auf­trag­te vor­zei­tig ge­gen Zah­lung von Ab­fin­dun­gen aus dem Ar­beits­verhält­nis aus­schei­den las­sen, Dies al­les ha­be da­zu geführt, dass die Ter­mi­ne in Quan­tität und Qua­lität zurück­ge­gan­gen sei­en, Außer­dem ha­be die Be­klag­te ei­ne te­le­fo­ni­sche Nach­kon­trol­le der Ter­mi­ne ver­an­lasst und da­durch das Ver­trau­en der Kun­den in die Be­ra­ter erschüttert. Die neu­en Be­auf­trag­ten sei­en man­gel­haft ge­schult und würden verstärkt bei sol­chen po­ten­ti­el­len Kun­den Ter­mi­ne ver­ein­ba­ren, die fi­nan­zi­ell gar nicht in der La­ge sei­en, Ver­si­che­rungs­verträge ab­zu­sch­ließen.

Oh­ne die Ver­sor­gung mit Ter­mi­nen könne er sei­ne Tätig­keit nicht sinn­voll ausüben. Ins­be­son­de­re könne er kaum mit Be­stands­kun­den wei­te­re Verträge schließen. Spätes­tens nach drei Jah­ren würden die Da­ten auf die Agen­tu­ren um­ge­schlüsselt. Tatsächlich er­fol­ge die Um­schlüsse­lung be­reits viel früher. Nach der Um­schlüsse­lung könne er nicht mehr auf die Da­ten der Kun­den zurück­grei­fen.

We­gen der Be­rech­nung der in den Anträgen 3 und 4 gel­tend ge­mach­ten Scha­dens­er­satz­ansprüche wird auf die Sei­ten 21 bis 23 der Kla­ge Be­zug ge­nom­men.

Nach An­sicht des Klägers wird sich sei­ne Ein­kom­mens­si­tua­ti­on auch künf­tig nicht ver­bes­sern. Er be­gehrt des­halb die Fest­stel­lung, dass die Be­klag­te auch zum Er­satz wei­te­rer Nach­tei­le ver­pflich­tet ist (An­trag 5).

 

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Erst­in­stanz­lich hat der Kläger wei­ter die Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten zur Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung Zug um Zug ge­gen Ab­schluss ei­nes Auf­he­bungs­ver­tra­ges be­gehrt (An­trag 6).

Da­ge­gen ist die Be­klag­te der Auf­fas­sung, der Kläger wer­de nach wie vor ver­trags­ge­recht als Ver­triebs­lei­ter beschäftigt. Die vom Kläger be­haup­te­te Dro­hung beim Gespräch der So­zi­al­plan­kom­mis­si­on ha­be es nicht ge­ge­ben. Die vorüber­ge­hen­de Un­ter­stel­lung des Klägers un­ter ei­nen an­de­ren Ver­triebs­lei­ter sei irrtümlich er­folgt Im Hin­blick auf die mit dem Kläger geführ­ten Gespräche über die künf­ti­ge Tätig­keit. Nach Fest­stel­lung des Irr­tums sei sie wie­der kor­ri­giert wor­den. Der Kläger ha­be al­so kei­nen An­spruch aus 7.2. des So­zi­al­plans. Ein dau­er­haf­ter Funk­ti­ons­ver­lust lie­ge nicht vor. Es sei nicht auf Hand­lun­gen der Be­klag­ten zurück­zuführen, dass der Kläger der­zeit kei­ne ihm un­ter­stell­ten Mit­ar­bei­ter ha­be. Sie sei nicht ver­pflich­tet, dem Kläger be­stimm­te Be­ra­ter zu­zu­ord­nen, Das Aus­schei­den von Be­ra­tern be­ru­he auf Ei­genkündi­gun­gen bzw. dem Ab­schluss von Auf­he­bungs­verträgen nach dem So­zi­al­plan. Der Kläger sei für den Auf- und Aus­bau sei­ner Grup­pe selbst ver­ant­wort­lich ge­we­sen und ha­be die Möglich­keit ge­habt, sich ei­ne Grup­pe von Be­ra­tern auf­zu­bau­en.

Ein An­spruch auf Scha­dens­er­satz be­ste­he nicht. Ins­be­son­de­re sei sie nicht ver­pflich­tet, dem Kläger ei­ne be­stimm­te An­zahl von Ter­mi­nen zu ge­ben. Der Rück­gang der Ter­mi­ne sei der Be­klag­ten nicht zu­re­chen­bar. Sie könne das Aus­schei­den von Be­auf­trag­ten nicht ver­hin­dern und ha­be sich um Neu­ver­pflich­tun­gen bemüht. Es sei­en auch Neu­ver­pflich­tun­gen er­folgt. Ein Ver­bot, Neu­ein­stel­lun­gen von Be­auf­trag­ten vor­zu­neh­men, ha­be es nicht ge­ge­ben. Sie wol­le auch we­der den dua­len Zu­gangs­weg BdSt noch den An­ge­stell­ten­außen­dienst ab­schaf­fen, Le­dig­lich ei­ne Ver­schie­bung im Be­reich des Außen­diens­tes zu Guns­ten selbständi­ger Außer­dienst­mit­ar­bei­ter sei be­ab­sich­tigt. Ei­ne Ver­schlech­te­rung der Qua­lität der Ter­mi­ne wer­de be­strit­ten. Im Übri­gen könne sie auf die Qua­lität der Ter­mi­ne kei­nen Ein­fluss neh­men. Es sei nicht zu­tref­fend, dass neu ein­ge­stell­te Be­auf­trag­te ei­ne schlech­te­re Qua­lität lie­fern würden.

Die vom Kläger vor­ge­tra­ge­nen Ein­kom­mensrückgänge würden we­sent­lich auf ei­ner Ge­set­zesände­rung zum 1. Ja­nu­ar 2005 be­ru­hen. Durch die Ände­rung der Be­steue­rung von Erträgen aus Le­bens­ver­si­che­run­gen hätten le­bens­ver­si­che­rungs­ba­sier­te Pro­duk­te als

 

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An­la­ge­mo­dell deut­lich an At­trak­ti­vität ver­lo­ren. Des­halb sei der Markt für sol­che Pro­duk­te im Jahr 2005 bran­chenüberg­rei­fend ein­ge­bro­chen.

Der Kläger sei auch nicht auf die Be­reit­stel­lung von Ter­mi­nen an­ge­wie­sen, da er selbst Be­ra­tungs­ter­mi­ne mit Neu­kun­den oder Be­stands­kun­den ver­ein­ba­ren könne.

Mit En­dur­teil vorn 24.11.2009 hat das Ar­beits­ge­richt die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Der Kläger ha­be kei­nen An­spruch auf ei­ne Ab­fin­dung für den Funk­ti­ons­ver­lust „Ver­triebs­lei­ter" in Höhe von E 124.777,20 nebst Zin­sen (An­trag 1). Die Vor­aus­set­zun­gen nach 7.2.3. des So­zi­al­plans vom 10.4.1990 lägen nicht vor. Der Kläger ha­be kei­nen Funk­ti­ons­ver­lust er­lit­ten und sei nach wie vor als Ver­triebs­lei­ter beschäftigt. Er ha­be die Möglich­keit, sich ei­ne Grup­pe auf­zu­bau­en. Ein der Be­klag­ten zu­re­chen­ba­res Ver­hal­ten ha­be der Kläger nicht vor­ge­tra­gen. Außer­dem ha­be er nicht dar­ge­legt, in wel­cher Höhe ihm ein Scha­den durch den Funk­ti­ons­ver­lust ent­stan­den ist, Der An­spruch be­ste­he auch nicht Zug um Zug ge­gen Ab­schluss ei­nes Ände­rungs­ver­tra­ges, denn der So­zi­al­plan be­gründe ei­nen sol­chen An­spruch nicht.

Ein Scha­dens­er­satz­an­spruch we­gen Ver­let­zung des Persönlich­keits­rechts in Höhe von min­des­tens E 40.000,-- (An­trag 2) er­ge­be sich we­der aus § 823 Abs. 1 BGB noch aus § 81 Abs. 2 SGB IX.

Der Kläger ha­be we­der ei­nen An­spruch auf Er­satz ei­nes Ver­dienst­aus­falls in Höhe von E 131.862,83 (An­trag 3) noch in Höhe von E 122.426,85 (Hilfs­an­trag 4). Ein sol­cher An­spruch er­ge­be sich nicht aus § 280 BGB i.V.m. §§ 315, 242 BGB, denn die Be­klag­te ha­be kei­ne Pflicht ver­letzt. Sie sei we­der ver­trag­lich noch aus be­trieb­li­cher Übung da­zu ver­pflich­tet, ei­ne be­stimm­te An­zahl von Be­auf­trag­ten zu beschäfti­gen oder dem Kläger ei­ne be­stimm­te An­zahl von Ter­mi­nen zu ver­schaf­fen. Die Be­ra­ter hätten aus dem Ver­hal­ten der Be­klag­ten in der Ver­gan­gen­heit nicht schließen können, dass sie An­spruch auf ei­ne be­stimm­te An­zahl von Be­auf­trag­ten ha­ben.

Die Be­klag­te ver­let­ze auch nicht die Grundsätze bil­li­gen Er­mes­sens (§ 315 BGB), wenn sie nicht mehr über 20 Be­auf­trag­te beschäfti­ge, wie dies noch 2003 der Fall ge­we­sen sei.

 

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Ei­nen ge­ziel­ten Ab­bau der Be­auf­trag­ten ha­be der Kläger nicht nach­voll­zieh­bar vor­ge­tra­gen.

Die Be­klag­te ha­be auch ih­re Pflicht zur Fürsor­ge nicht ver­letzt. Ei­ne Pflicht­ver­let­zung er­ge­be sich schließlich we­der aus be­haup­te­ten „un­be­dach­ten Äußerun­gen' über die Ent­wick­lung des Außen­diens­tes im Be­reich BdSt, der be­haup­te­ten te­le­fo­ni­schen Nach­kon­trol­le von Ter­mi­nen, die be­haup­te­te An­wei­sung, verstärkt Ter­mi­ne im Gaststätten­be­reich und bei Klein­ge­wer­be­be­trie­ben zu ge­ne­rie­ren, der be­haup­te­ten schlech­te­ren Schu­lung neu­er Be­auf­trag­ter noch der be­haup­te­ten schlech­te­ren Qua­lität der Ter­mi­ne.

Die Be­klag­te ha­be nicht in den Kern­be­reich des Ar­beits­verhält­nis­ses ein­ge­grif­fen, da sie kei­ne Ver­tragsände­run­gen vor­ge­nom­men ha­be und Vergütungs­chan­cen den Kern­be­reich nicht beträfen. Sch­ließlich ergäben sich die gel­tend ge­mach­ten Ansprüche nicht aus An­nah­me­ver­zug oder aus Unmöglich­keit.

We­gen des Feh­lens ei­ner Pflicht­ver­let­zung sei auch der Fest­stel­lungs­an­trag (An­trag 5) un­be­gründet.

Sch­ließlich be­ste­he we­der nach dem So­zi­al­plan noch aus sons­ti­gen Gründen ei­ne Ver­pflich­tung der Be­klag­ten zur Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung Zug um Zug ge­gen Ab­schluss ei­nes Auf­he­bungs­ver­tra­ges gern. 8 des So­zi­al­plans (An­trag 6).

We­gen wei­te­rer Ein­zel­hei­ten des un­strei­ti­gen Sach­ver­halts, des erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gens der Par­tei­en so­wie der Be­gründung des Ar­beits­ge­richts wird auf das an­ge­foch­te­ne Ur­teil Be­zug ge­nom­men.

Ge­gen die­ses den Kläger­ver­tre­tern am 2.12.2009 zu­ge­stell­te En­dur­teil rich­tet sich die Be­ru­fung des Klägers vom 30.2.2009, die am 1.3.2010 be­gründet wor­den ist, nach­dem die Be­ru­fungs­be­gründungs­frist bis zum 2.3.2010 verlängert wor­den war.

Nach An­sicht des Klägers liest sich das erst­in­stanz­li­che Ur­teil als Leit­fa­den für Ar­beit­ge­ber, wie in den Kern­be­reich des Ar­beits­verhält­nis­ses un­ter Um­ge­hung des vom BAG ent­wi­ckel­ten Kündi­gungs­schut­zes ein­ge­grif­fen wer­den kann. Schon des­halb könne es kei­nen

 

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Be­stand ha­ben. Das Ar­beits­ge­richt ver­ken­ne die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zum Kern­be­reich des Ar­beits­verhält­nis­ses und zur Um­ge­hung des Kündi­gungs­schut­zes. Außer­dem ver­nei­ne es oh­ne hin­rei­chen­de Be­gründung ei­ne Viel­zahl von wei­te­ren vor­ge­tra­ge­nen An­spruchs­grund­la­gen. Un­ter teil­wei­ser Wie­der­ho­lung und Ergänzung sei­nes erst­in­stanz­li­chen Sach­vor­trags trägt der Kläger vor, die Ar­beits­verträge der Be­klag­ten sei­en nicht aus­gefüll­te Rah­men­verträge. Das Ar­beits­ge­richt ge­he nicht auf die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zum Kern­be­reich des Ar­beits­verhält­nis­ses ein und kom­me rechts­feh­ler­haft zu dem Er­geb­nis, die Be­klag­te ha­be kei­ne Ver­tragsände­rung vor­ge­nom­men. Ei­ne feh­len­de schrift­li­che Re­ge­lung be­deu­te nicht, dass es kei­ne ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen ge­be. Da­zu gehöre auch, dass die Schwel­le der not­wen­di­gen An­zahl der Vor­be­wer­ber nicht un­ter­schrit­ten wer­den dürfe. We­gen des Feh­lens ei­ner schrift­li­chen Re­ge­lung müsse auf die be­trieb­li­che Übung ab­ge­stellt wer­den. Die­se be­ste­he dar­in, dass die Be­auf­trag­ten Nor­we­ger seit Jahr­zehn­ten Ter­mi­ne ge­ne­riert und an den Kläger und die an­de­ren Be­ra­ter wei­ter­ge­ge­ben hätten, Schon in der Ände­rung des vom Kläger zu be­ar­bei­ten­den Ge­bie­tes lie­ge ei­ne Ver­tragsände­rung. Auch das Ent­gelt gehöre zur be­trieb­li­chen Übung. Durch die grund­le­gen­de Störung des Gleich­ge­wichts zwi­schen Leis­tung und Ge­gen­leis­tung wer­de der Kündi­gungs­schutz um­gan­gen. Sei­ne Ver­sor­gung mit ei­ner aus­rei­chen­den An­zahl von Ter­mi­nen könne nicht zur al­lei­ni­gen Dis­po­si­ti­on der Be­klag­ten ge­stellt wer­den.

Nach An­sicht des Klägers hat das Ar­beits­ge­richt auch die wei­te­ren im Ur­teil be­han­del­ten An­spruchs­grund­la­gen zu Un­recht ver­neint. Die Be­klag­te ha­be die Grundsätze bil­li­gen Er­mes­sens (§ 315 BGB) da­durch ver­letzt, dass sie im Ver­gleich zum Jahr 2003 nur noch ei­ne äußerst ge­rin­ge Zahl an Be­auf­trag­ten beschäfti­ge. Bei der Be­hand­lung der Fürsor­ge­pflicht würden dem Ge­richt ent­schei­dungs­er­heb­li­che Feh­ler un­ter­lau­fen, Die Be­klag­te müsse auf ein an­ge­mes­se­nes Verhält­nis von Be­auf­trag­ten zu Be­ra­tern ach­ten. Tatsächlich sei der Un­ter­bau der in der Ver­gan­gen­heit er­folg­rei­chen Vor­wer­ber zu 90 % weg­ge­bro­chen, was die Be­ra­ter wie den Kläger völlig aus­trock­ne. Wei­ter lie­ge ge­ra­de­zu der klas­si­sche Fall des An­nah­me­ver­zugs vor. Er war­te je­den Frei­tag auf die wöchent­lich zur Verfügung ge­stell­ten Ter­mi­ne, Ei­ne an­de­re Möglich­keit, an Be­ra­tungs­ter­mi­ne zu kom­men, ha­be er nicht. Ins­be­son­de­re sei ei­ne Neu­kun­den­ak­qui­se nicht vor­ge­se­hen, was sich aus dem ge­leb­ten Ar­beits­verhält­nis er­ge­be. Er könne nur so vie­le Ter­mi­ne be­ar­bei­ten, wie er

 

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zu­ge­teilt be­kom­me. Außer­dem un­ter­las­se es das Ar­beits­ge­richt, die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Tei­lunmöglich­keit näher zu be­leuch­ten.

Zu den be­reits erst­in­stanz­lich vor­ge­tra­ge­nen Pflicht­verstößen der Be­klag­ten kom­me ei­ne weit größere Pflicht­ver­let­zung hin­zu, die erst während des Be­ru­fungs­ver­fah­rens be­kannt ge­wor­den sei. Die Be­klag­te ma­che dem Kläger vorsätz­lich Kon­kur­renz, Sie set­ze im Ge­biet der Re­gio­nal­di­rek­ti­on A-Stadt Agen­tur­an­ge­stell­te ein, die die­sel­ben Kun­den wie der Kläger be­ar­bei­te­ten. Sog. Ju­ni­or­sa­le­s­part­ner würden auf die dem Zu­gangs­weg BdSt zu­ste­hen­de Kun­denk­li­en­tel an­ge­setzt, Sie würden bei Fir­men al­ler Art ei­ne Kalt­ak­qui­se durchführen. Der Kol­le­ge des Klägers Schmid ha­be beim Be­such des Kun­den Neu fest­ge­stellt, dass die­ser be­reits ei­nen persönli­chen Ter­min mit dem Ju­ni­or­sa­le­s­part­ner L ge­habt hat­te. Die­ser sei mit Vi­si­ten­kar­ten der Be­klag­ten aus­ge­stellt, die ihn als Mit­ar­bei­ter im Un­ter­neh­mer­ser­vice aus­wie­sen.

Außer­dem ha­be die Be­klag­te das Zu­gangs­we­ge­sys­tem BdSt ei­genmäch­tig zerstört. Der Fi­li­al­di­rek­tor M. ha­be dem Kol­le­gen des Klägers N. am 13.4.2010 Un­ter­la­gen ge­zeigt, aus de­nen sich u.a. die den Be­auf­trag­ten noch zur Verfügung ste­hen­den Ge­bie­te er­ge­ben hätten. Da­nach ha­be die Be­klag­te et­wa 70 bis 80 % des Stadt­ge­biets A-Stadt so­wie bei­spiels­wei­se auch der Stadt und des Land­krei­ses Augs­burg ex­klu­siv an den BdSt ab­ge­tre­ten und so­mit für die Be­ar­bei­tung durch Be­ra­ter wie den Kläger ge­sperrt. Der BdSt set­ze nun­mehr in Ab­spra­che mit der Geschäfts­lei­tung der Be­klag­ten im Stadt­ge­biet A-Stadt selbst Call­cen­ter zur Mit­glie­der­wer­bung ein, statt wie bis­her mit der Be­klag­ten zu­sam­men­zu­ar­bei­ten, In 70 bis 80 % des ge­sam­ten Stadt­ge­biets dürf­ten des­halb ab­spra­che­gemäß kei­ne Be­auf­trag­ten der Be­klag­ten mehr ein­ge­setzt wer­den.

Im Ter­min vom 5.8.2010 hat der Kläger die erst­in­stanz­lich ge­stell­ten Anträge 2 auf Zah­lung ei­nes an­ge­mes­se­nen Scha­dens­er­sat­zes, min­des­tens € 40.000,-- so­wie den Hilfs­an­trag 6 auf Ver­ur­tei­lung zur Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung in Höhe von € 299.463,48 Zug um Zug ge­gen Ab­schluss ei­nes Auf­he­bungs­ver­tra­ges zurück­ge­nom­men.

Der Kläger be­an­tragt,

das erst­in­stanz­li­che Ur­teil ab­zuändern und

 

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1, die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, für den Funk­ti­ons­ver­lust „Ver­triebs­lei­ter" ei­ne Ab­fin­dung in Höhe von € 124.777,20 nebst 5 % Zin­sen hier­aus seit Rechtshängig­keit, hilfs­wei­se Zug um Zug ge­gen Ab­schluss ei­nes Ände­rungs­ver­tra­ges zu zah­len.

2. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, wei­te­re € 131,862,83 nebst 5 % Zin­sen hier­aus seit Rechtshängig­keit zu zah­len.

3. hilfs­wei­se: Die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, wei­te­re € 122.426,85 nebst 5 % Zin­sen hier­aus seit Rechtshängig­keit zu zah­len,

4. Es wird fest­ge­stellt, dass die Be­klag­te dem Kläger al­le durch die Um­struk­tu­rie­rung ent­ste­hen­den künf­ti­gen bzw. schon ent­stan­de­nen Nach­tei­le zu er­set­zen hat, ins­be­son­de­re zukünf­ti­ge Scha­dens­er­satz­ansprüche für 2009 und später bzw. auch schon für das Jahr 2005 gemäß obi­gen Anträgen 1, bzw. 2.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Sie hält das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts für zu­tref­fend. Wei­ter­hin be­gründe der Kläger nicht aus­rei­chend, wor­aus sich ei­ne recht­li­che Ver­pflich­tung der Be­klag­ten er­ge­ben soll, ih­re Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tur mit Be­auf­trag­ten in ei­ner be­stimm­ten Art und Wei­se aus­zu­ge­stal­ten, wor­in an­ge­sichts zahl­rei­cher von der Be­klag­ten nicht be­ein­fluss­ba­rer Ent­wick­lun­gen ei­ne Ver­let­zungs­hand­lung be­ste­hen soll und war­um die­se ursächlich für den Vergütungsrück­gang sein soll. Or­ga­ni­sa­ti­ons­fra­gen wie die ei­nes be­stimm­ten Ver­triebs­sys­tems sei­en grundsätz­lich ei­ner be­trieb­li­chen Übung nicht zugäng­lich. Die Be­klag­te ha­be ein vi­ta­les In­ter­es­se dar­an, ih­ren Außen­dienst­mit­ar­bei­tern und da­mit auch dem Kläger ein op­ti­ma­les Ar­beits­um­feld be­reit­zu­stel­len und zu er­hal­ten.

 

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Das Pro­jekt „Stra­te­gie HMS und DANV" ha­be für den Kläger kei­ne un­mit­tel­ba­ren Aus­wir­kun­gen ge­habt. Sei­ne ar­beits­ver­trag­li­chen Grund­la­gen hätten sich nicht geändert. Durch die Ver­größerung der Re­gio­nal­di­rek­ti­on ha­be er die Möglich­keit er­hal­ten, Ter­min­an­ge­bo­te In ei­nem größeren Ge­biet an­zu­neh­men. Ei­ne ent­spre­chen­de Ver­pflich­tung ha­be es je­doch nicht ge­ge­ben, Die vorüber­ge­hen­de Un­ter­stel­lung des Klägers un­ter ei­nen an­de­ren Ver­triebs­lei­ter bis 1.1.2009 be­gründe kei­nen Ab­fin­dungs­an­spruch nach dem So­zi­al­plan. Es ha­be sich le­dig­lich um ein for­ma­les Ver­se­hen ge­han­delt, das of­fen­sicht­lich auch aus Sicht des Klägers kei­ne Aus­wir­kun­gen auf das Ver­trags­verhält­nis ge­habt ha­be. Er tra­ge selbst vor, von der Un­ter­stel­lung erst am 14.1.2009 er­fah­ren zu ha­ben.

Wie schon erst­in­stanz­lich aus­geführt neh­me der Kläger ei­ne un­zulässi­ge Ver­knüpfung sei­ner Vergütungs­ent­wick­lung mit be­trieb­li­chen Er­eig­nis­sen vor, Außer­dem sei sie für den Rück­gang der Be­auf­trag­ten in der Re­gio­nal­di­rek­ti­on A-Stadt nicht ver­ant­wort­lich, son­dern ha­be er­heb­li­che An­stren­gun­gen un­ter­nom­men, um die­ser Ent­wick­lung ent­ge­gen­zu­wir­ken. Der Kläger sei we­der recht­lich noch fak­tisch dar­an ge­hin­dert, selbst Be­ra­tungs­ter­mi­ne so­wohl mit Neu­kun­den als auch mit Be­stands­kun­den zu ver­ein­ba­ren und die­se bei Be­darf nach­zu­ver­si­chern, Außer­dem ha­be es der Kläger un­ter­las­sen, neue Ver­mitt­ler an­zu­wer­ben und der Be­klag­ten vor­zu­schla­gen, In den letz­ten Jah­ren ha­be er kei­nen ein­zi­gen Be­auf­trag­ten vor­ge­schla­gen.

Auf den Sei­ten 22 ff der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung be­gründet die Be­klag­te, war­um aus ih­rer Sicht die vom Kläger gel­tend ge­mach­ten Ansprüche un­ter kei­nem recht­li­chen Ge­sichts­punkt be­ste­hen. Auch der neue Sach­vor­trag des Klägers zu ei­ner an­geb­lich be­wusst ge­schaf­fe­nen Kon­kur­renz­si­tua­ti­on könne die gel­tend ge­mach­ten Ansprüche nicht be­gründen, Ein Ne­ben­ein­an­der von Ziel­grup­pen­ver­trieb und Agen­tur­ver­trieb ge­be es seit ge­rau­mer Zeit und es sei kei­nes­wegs ei­ne neue Ent­wick­lung. Es hand­le sich um un­ter­schied­li­che Ver­triebs­we­ge mit re­gelmäßig ver­schie­de­nen Ziel­grup­pen. Die Ju­ni­or­sa­le­s­part­ner würden kei­ne Ter­mi­ne aus dem Pool der Be­auf­trag­ten er­hal­ten, son­dern müss­ten selbst Ter­mi­ne ak­qui­rie­ren. Der Kläger be­zie­he sich auf ei­nen sin­gulären Vor­fall beim Kun­den Neu, der be­dau­er­lich sei. Die vor­ge­kom­me­ne Dopp­lung von Ter­mi­nen sei dar­auf zurück­zuführen, dass Herr E. vor sei­nem Wech­sel in die Agen­turtätig­keit zum 1.1.2009 fünf Jah­re lang im Ziel­grup­pen­ver­trieb tätig ge­we­sen sei. Die Vi­si­ten­kar­te ha­be er of­fen­bar in Ei­gen­re­gie ge­druckt,

 

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Auch der Sach­vor­trag des Klägers zur Ver­klei­ne­rung sei­nes Ein­satz­ge­biets tref­fe nicht zu. Rich­tig sei al­ler­dings, dass der BdSt sei­ne ei­ge­nen Bemühun­gen um neue Mit­glie­der seit ca. 2008 in­ten­si­viert ha­be. Mit­te 2009 ha­be der Lan­des­ver­band Bay­ern des BdSt ein Call­cen­ter mit der Wer­bung von Mit­glie­dern be­auf­tragt. Die­se wer­de je­doch nach Ab­stim­mung mit der Be­klag­ten vor­wie­gend in sol­chen Ge­bie­ten be­trie­ben, die von der Be­klag­ten man­gels ent­spre­chen­der Ka­pa­zitäten nicht durch ei­ge­ne Be­auf­trag­te be­setzt wer­den können. Die Be­klag­te könne die­ses Vor­ge­hen des BdSt nicht un­ter­bin­den. Durch die Ab­stim­mung zwi­schen dem BdSt und der Be­klag­ten würden Kon­kur­renz­si­tua­tio­nen zwi­schen Mit­ar­bei­tern des BdSt und Be­auf­trag­ten der Be­klag­ten ver­hin­dert. Fin­de sich wie­der ein Be­auf­trag­ter der Be­klag­ten, so würde der BdSt In Ab­stim­mung mit der Be­klag­ten sei­ne Ak­ti­vitäten auf ver­blei­ben­de Va­kan­zen ver­la­gern. Ziel der Be­klag­ten sei es, die Be­auf­trag­ten­struk­tur lang­fris­tig wie­der so aus­zu­bau­en, dass die ei­ge­ne Ver­triebstätig­keit des BdSt überflüssig wird.

We­gen wei­te­rer Ein­zel­hei­ten des Sach­vor­trags der Par­tei­en im Be­ru­fungs­ver­fah­ren wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 1.3.2010, 18.5.2010 und 16.7.2010 so­wie der Be­klag­ten vom 5.5.2010 und 29.7.2010 Be­zug ge­nom­men, außer­dem auf die Sit­zungs­nie­der­schrift vom 5.8.2010 so­wie die nach­ge­las­se­nen Schriftsätze des Klägers vom 19.8,2010 und der Be­klag­ten vom 26.8.2010.

Ent­schei­dungs­gründe:

I.

Die Be­ru­fung ist zulässig. Sie ist statt­haft und wur­de form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet (§§ 64 Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO). Ins­be­son­de­re hat der Kläger sei­ne Be­ru­fung aus­rei­chend be­gründet (§ 520 Abs. 3 ZPO). Sei­ne Be­ru­fungs-

 

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be­gründung enthält zwar in wei­ten Tei­len ei­ne Wie­der­ho­lung erst­in­stanz­li­chen Sach­vor­tra­ge und erst­in­stanz­lich be­reits vor­ge­brach­ter Rechts­ausführun­gen, mit de­nen sich das Ar­beits­ge­richt schon aus­ein­an­der­ge­setzt hat, Al­ler­dings be­zeich­net sie aus­rei­chend Umstände, aus de­nen sich er­heb­li­che Rechts­ver­let­zun­gen durch das Ar­beits­ge­richt er­ge­ben sol­len.

II.

Die Ent­schei­dung durch Teil­ur­teil be­ruht dar­auf, dass der vom Kläger gel­tend ge­mach­te An­spruch auf ei­ner Ab­fin­dung we­gen des Ver­lus­tes der Ver­triebs­lei­ter­funk­ti­on noch nicht zur End­ent­schei­dung reif ist (§ 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Im Hin­blick dar­auf, dass dem Kläger seit 2007 kei­ne Be­ra­ter mehr un­ter­stellt sind, neigt die Kam­mer da­zu, dass ein An­spruch nach 7.2 des So­zi­al­plans vom 10,4.1990 be­steht. Mögli­cher­wei­se ist die­ser An­spruch je­doch noch nicht nach den Re­ge­lun­gen des So­zi­al­plans be­rech­net. Die Be­klag­te hat erst im nach­ge­las­se­nen Schrift­satz vom 26.6,2010 zur Be­rech­nung vor­ge­tra­gen. Dem Kläger wird des­halb Ge­le­gen­heit ge­ge­ben, hier­zu Stel­lung zu neh­men und sei­nen An­spruch nach der Be­rech­nungs­me­tho­de des So­zi­al­plans zu be­gründen.

So­weit der Kläger sei­ne Zah­lungs­anträge 2 und 3 so­wie sei­nen Fest­stel­lungs­an­trag wei­ter ver­folgt, ist sei­ne Be­ru­fung un­be­gründet. Das Ar­beits­ge­richt hat zu Recht an­ge­nom­men, dass die vom Kläger gel­tend ge­mach­ten Zah­lungs­ansprüche we­der als Scha­dens­er­satz­an­spruch noch an­de­ren recht­li­chen Ge­sichts­punk­ten be­ste­hen. Das Ar­beits­ge­richt hat sein Ur­teil sorgfältig und zu­tref­fend ge­gründet und ist da­bei auch auf zahl­rei­che Umstände ein­ge­gan­gen, die der Kläger im Be­ru­fungs­ver­fah­ren le­dig­lich wie­der­holt. Des­halb wird zunächst auf die Ent­schei­dungs­gründe des Ar­beits­ge­richts Be­zug ge­nom­men (§ 69

 

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Abs. 2 ArbGG) und ergänzend Ins­be­son­de­re zu den Dar­stel­lun­gen des Klägers im Be­ru­fungs­ver­fah­ren fol­gen­des aus­geführt.

1. Die mit den Zah­lungs­anträgen gel­tend ge­mach­ten Ansprüche ste­hen dem Kläger schon des­halb nicht als Scha­dens­er­satz zu, weil die Be­klag­te kei­ne Pflicht ver­letzt hat. Der Kläger sieht vor al­lem Ver­pflich­tun­gen der Be­klag­ten ver­letzt, für ei­ne an­ge­mes­se­nes Verhält­nis zwi­schen Be­ra­tern und Be­auf­trag­ten zu sor­gen so­wie dem Kläger kei­ne Kon­kur­renz zu ma­chen bzw. den dua­len Ver­triebs­weg im Be­reich BdSt nicht zu zerstören. Die gel­tend mach­ten Pflicht­ver­letz­ten können nicht an­ge­nom­men wer­den.

a) Ei­ne aus­drück­li­che ver­trag­li­che Re­ge­lung zum Verhält­nis zwi­schen Be­ra­tern und Be­auf­trag­ten gibt es nicht. Die schrift­li­chen Ver­ein­ba­run­gen re­geln noch nicht ein­mal ei­ne Ver­pflich­tung der Be­klag­ten, dem Kläger für sei­ne Wer­betätig­keit Adress­ma­te­ri­al po­ten­ti­el­ler Kun­den zur Verfügung zu stel­len. In 1. 7. der AVB (BI. 415 ff. d.A.) wird nur dar­auf hin­ge­wie­sen, dass dem Ar­beit­neh­mer über­ge­be­nes Adress­ma­te­ri­al nur für den be­stim­mungs­gemäßen Zweck ver­wen­det wer­den darf, Ei­ne Ver­pflich­tung zur Überg­a­be ent­spre­chen­den Adress­ma­te­ri­als durch die Be­klag­te Ist da­mit nicht ver­ein­bart. Der Kläger be­ruft sich wei­ter nicht dar­auf, die von ihm an­ge­nom­me­nen Ver­pflich­tun­gen der Be­klag­ten sei­en an an­de­rer Stel­le der Verträge schrift­lich ge­re­gelt. Dem Kläger ist zwar zu­zu­ge­ben, dass das Feh­len ei­ner schrift­li­chen Re­ge­lung nicht be­deu­ten muss, dass es kei­ne ar­beits­ver­trag­li­che Ver­pflich­tung gibt. Al­ler­dings trägt der Kläger nicht vor, dass es ei­ne münd­li­che Ver­hand­lung ge­ge­ben ha­be bzw. aus wel­chen Umständen sich ei­ne kon­klu­den­te Ver­ein­ba­rung er­ge­ben soll, Sei­ne Ar­gu­men­ta­ti­on, sei­ne Ver­sor­gung mit ei­ner aus­rei­chen­den An­zahl von Be­ra­tungs­ter­mi­nen könne nicht zur al­lei­ni­gen Dis­po­si­ti­on der Be­klag­ten ge­stellt wer­den und beim Un­ter­schrei­ten der Schwel­le der not­wen­di­gen Zahl von Be­auf­trag­ten sei ei­ne Ver­tragsände­rung not­wen­dig, wird we­der mit ei­nem kon­kre­ten Tat­sa­chen­vor­trag noch mit recht­li­chen Ar­gu­men­ten be­gründet, zu de­nen das Ar­beits­ge­richt nicht schon zu­tref­fend Stel­lung ge­nom­men hat.

Der Kläger erläutert schließlich nicht näher, war­um es sich bei den vor­ge­leg­ten Ar­beits­verträgen nur um Rah­men­verträge han­deln soll und wie die von ihm an­ge­nom­me­nen Ver­pflich­tun­gen der Be­klag­ten bezüglich der An­zahl der Be­auf­trag­ten bzw. von Be­ra-

 

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tungs­ter­mi­nen durch Ausfüllung ei­nes Rah­men­ver­tra­ges In­halt der ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen der Par­tei­en ge­wor­den sein sol­len.

Wenn die Tätig­keit des Klägers und die hier­zu von der Be­klag­ten zu er­brin­gen­den Leis­tun­gen ver­trag­lich nicht de­tail­liert ge­re­gelt sind, so führt dies nicht zum Vor­lie­gen ei­ner nicht aus­gefüll­ten Rah­men­ver­ein­ba­rung, son­dern da­zu, dass die Be­klag­te nach §106 Satz 1 Ge­wO den In­halt der Ar­beits­leis­tung nach bil­li­gem Er­mes­sen näher be­stim­men kann. Die Be­klag­te hat die­se Be­stim­mung durch Zu­wei­sung des Klägers zum Be­reich BdSt vor­ge­nom­men.

Ei­ne ggf. über ein ein­sei­ti­ges Leis­tungs­be­stim­mungs­recht der Be­klag­ten aus­zufüllen­de Re­ge­lungslücke gibt es nicht, An­ders als in den Fällen ver­ein­bar­ter va­ria­bler Ge­halts­be­stands­tei­le, die an die Erfüllung von Ziel­ver­ein­ba­run­gen an­knüpfen und ent­spre­chen­de Fest­le­gungs­ver­pflich­tun­gen des Ar­beit­ge­bers be­gründen (BAG vom 12,5.2010 - 10 AZR 390/09 — NZA 2010, 1009), gibt es für den Kläger ei­ne vollständi­ge Ent­gelt­ver­ein­ba­rung, bei de­ren An­wen­dung die er­folgs­abhängi­ge Vergütung er­rech­net wer­den kann.

Die Grundsätze bil­li­gen Er­mes­sens können auf die Vergütungs­ab­re­de aus meh­re­ren Gründen nicht an­ge­wen­det wer­den. Zum ei­nen be­zieht sich das Wei­sungs­recht des Ar­beit­ge­bers nach § 106 Satz 1 Ge­wO nur auf den In­halt, den Ort und die Zeit der Ar­beits­leis­tung, nicht da­ge­gen auf die Vergütung des Ar­beit­neh­mers. Zum an­de­ren ist die Vergütung des Klägers ver­trag­lich ge­re­gelt.

Es Ist nicht nur im Ver­si­che­rungs­be­reich üblich, son­dern auch recht­lich zulässig, wenn der Kläger ne­ben sei­ner Grund­vergütung ei­nen großen Teil sei­ner Vergütung er­folgs­abhängig erhält, Dies er­gibt sich aus §§ 65, 87 Abs. 1 und 3, 87 a bis 87 c HGB. Auch die Ver­rech­nung der Grund­vergütung mit den Pro­vi­sio­nen ist zulässig.

Ei­ne Un­zulässig­keit der Vergütungs­ver­ein­ba­rung er­gibt sich nicht dar­aus, dass der Ar­beit­neh­mer mit sei­ner er­folgs­abhängi­gen Vergütung ei­nen Teil des Be­triebs­ri­si­kos über­nimmt. Dies ist der Ver­ein­ba­rung ei­ner er­folgs­abhängi­gen Vergütung im­ma­nent. Will der Ar­beit­neh­mer ein sol­ches Ri­si­ko nicht vollständig über­neh­men, kann er ei­ne Ga­ran­tie­pro-

 

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vi­si­on ver­ein­ba­ren. Die Par­tei­en ha­ben dies mit der ver­ein­bar­ten Grund­vergütung ge­tan. Darüber hin­aus­ge­hen­de Ab­si­che­run­gen hätten ei­ner ei­ge­nen ver­trag­li­chen Grund­la­ge be­durft, die nicht vor­liegt.

b) Ei­ne Ver­pflich­tung der Be­klag­ten, die „Schwel­le der not­wen­di­gen An­zahl der Vor­be­ra­ter" nicht zu un­ter­schrei­ben, ist nicht durch be­trieb­li­che Übung be­gründet wor­den.

Wie vom Ar­beits­ge­richt aus­geführt, kann durch ein gleichförmi­ges und wie­der­hol­tes Ver­hal­ten des Ar­beit­ge­bers ein ver­trag­li­cher An­spruch ent­ste­hen, Ent­schei­dend ist, wie der Erklärungs­empfänger — hier al­so der Kläger — das Ver­hal­ten nach Treu und Glau­ben un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Be­gleit­umstände ver­ste­hen muss­te.

Ein Ver­trau­en des Klägers da­hin­ge­hend, er ha­be An­spruch auf ei­ne be­stimm­te An­zahl von Be­auf­trag­ten bzw. von Be­ra­tungs­ter­mi­nen, konn­te nicht ent­ste­hen. Es fehlt an ei­nem gleichförmi­gen und wie­der­hol­ten Ver­hal­ten der Be­klag­ten. Der Kläger trägt nicht vor, dass es über ei­nen länge­ren Zeit­raum ei­ne fes­te und gleich­blei­ben­de Zahl Be­auf­trag­ter bzw. von die­sen ge­ne­rier­ter Ter­mi­ne ge­ge­ben ha­be. Viel­mehr wa­ren die Zah­len der Be­auf­trag­ten und der von die­sen ge­ne­rier­ten Ter­mi­ne schon im­mer sehr un­ter­schied­lich. Der Kläger kann nicht be­gründen, wie vor die­sem Hin­ter­grund ein Ver­trau­en ent­ste­hen konn­te, dass die Schwel­le der not­wen­di­gen An­zahl der Vor­be­wer­ber nicht un­ter­schrit­ten wird. In die­sem Zu­sam­men­hang ist auch zu berück­sich­ti­gen, dass die Möglich­kei­ten, Be­auf­trag­te zu ak­qui­rie­ren nicht un­er­heb­lich von der je­wei­li­gen Ar­beits­markt­si­tua­ti­on und den wirt­schaft­li­chen Verhält­nis­sen abhängen. Vor die­sem Hin­ter­grund ist die An­nah­me, die Be­klag­te ha­be sich in­so­weit bin­den wol­len, nicht na­he­lie­gend. Ähn­li­ches gilt für die Zahl der von den Be­auf­trag­ten ver­ein­bar­ten Ter­mi­ne, Die­se hängt nicht nur von der Zahl der Be­auf­trag­ten ab, son­dern von wei­te­ren Umständen, die die Be­klag­te nur we­nig be­ein­flus­sen kann, z.B. der Qua­lität der Tätig­keit der Be­auf­trag­ten, der fi­nan­zi­el­len Si­tua­ti­on der po­ten­ti­el­len Kun­den und de­ren Ver­si­che­rungs­be­darf. Ge­gen ein schutzwürdi­ges Ver­trau­en des Klägers in die Be­reit­stel­lung ei­ner be­stimm­ten An­zahl von Be­auf­trag­ten spricht wei­ter die ar­beits­ver­trag­li­che Auf­ga­ben­be­schrei­bung. Die dort ge­re­gel­te Auf­ge­be, ei­ne Wer­be­grup­pe auf- und aus­zu­bau­en und dafür zu sor­gen, dass die dem Kläger un­ter­stell­ten Wer­ber ein min­des­tens Ih­ren je­wei­li­gen Verträgen ent­spre­chen­des Neu­geschäft ver­mit­teln, schließt es aus, die Ver­ant­wor­tung für ein er­folg­rei­ches Ar­beits­um­feld aus­sch­ließlich der

 

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Be­klag­ten zu­zu­schrei­ben. Da­bei kommt es nicht ent­schei­dend dar­auf an, ob der Kläger zur Ein­stel­lung vom An­ge­stell­ten oder frei­be­ruf­li­chen Be­auf­trag­ten be­rech­tigt war. Je­den­falls gehört es zu sei­nen Auf­ga­ben, der Be­klag­ten sol­che Per­so­nen zur Beschäfti­gung vor­zu­schla­gen.

Außer­dem wuss­te der Kläger, dass der sog, dua­le Zu­gangs­weg im Be­reich BdSt die Mit­wir­kung ei­nes Drit­ten, nämlich des BdSt vor­aus­setzt. Hand­lungs­op­tio­nen Drit­ter können je­doch kei­ne Ver­trau­en­stat­bestände zu Las­ten des Ar­beit­ge­bers be­gründen.

Sch­ließlich weist die Be­klag­te zu­tref­fend dar­auf hin, dass dem Ver­trieb von Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen im Be­reich BdSt ein be­stimm­tes un­ter­neh­me­ri­sches Kon­zept zu­grun­de liegt. Bei Fra­gen, die die Or­ga­ni­sa­ti­on des Be­trie­bes be­tref­fen, ist ei­ne Bin­dung des Ar­beit­ge­bers durch ein gleichförmi­ges Ver­hal­ten nur aus­nahms­wei­se an­zu­neh­men (BAG vom 21.1.1997 —1 AZR 572/96 — NZA 1997, 1009). Es ist re­gelmäßig da­von aus­zu­ge­hen, dass sich ein Un­ter­neh­men die Möglich­keit of­fen­hal­ten will, ein un­ter­neh­me­ri­sches Kon­zept an veränder­te Umstände an­zu­pas­sen oder ganz auf­zu­ge­ben. Da­mit kann der dua­le Zu­gangs­weg im Be­reich BdSt nur bei Vor­lie­gen be­son­de­rer Umstände Ge­gen­stand ei­ner be­trieb­li­chen Übung sein, Das Ver­trau­en des Klägers in den Fort­be­stand der bis­he­ri­gen Ver­triebs­form stellt noch kei­nen sol­chen be­son­de­ren Um­stand dar.

Letzt­lich kommt es hier­auf nicht ent­schei­dend an. Schon aus den oben ge­nann­ten Gründen konn­te der Kläger nicht dar­auf ver­trau­en, die Be­klag­te ha­be sich bezüglich der Zahl der Be­auf­trag­ten bzw. der Ter­mi­ne bin­den wol­len,

c) Aus der Fürsor­ge­pflicht des Ar­beit­ge­bers lässt sich kei­ne Ver­pflich­tung der Be­klag­ten her­lei­ten, ei­ne be­stimm­te An­zahl von Be­auf­trag­ten ein­zu­set­zen oder dem Kläger ei­ne be­stimm­te An­zahl von Ter­mi­nen zur Verfügung zu stel­len.

Aus ei­nem Schuld­verhält­nis er­wach­sen ei­ner Ver­trags­par­tei nicht nur Leis­tungs-, son­dern auch Ver­hal­tens­pflich­ten zur Rück­sicht­nah­me auf die Rech­te, Rechtsgüter und In­ter­es­sen des an­de­ren Teils (§ 241 Abs. 2 BGB). Ei­ne Ver­pflich­tung der Be­klag­ten, ei­ne be­stimm­te An­zahl von Be­auf­trag­ten oder Ter­mi­nen zur Verfügung zu stel­len, würde al­ler­dings über ei­ne Fürsor­ge -- bzw. Rück­sicht­nah­me­pflicht hin­aus­ge­hen. Nach dem Bach­vor­trag des

 

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Klägers wirkt sich die Zahl der Be­auf­trag­ten und der Ter­mi­ne letzt­lich auf sei­ne Vergütung und da­mit auf ei­ne Haupt­leis­tungs­pflicht aus dem Ar­beits­verhält­nis aus. Die Vergütung des Klägers Ist al­ler­dings de­tail­liert in den Verträgen ge­re­gelt, Wenn die Par­tei­en da­von ab­ge­se­hen ha­ben, die Fra­ge der Be­auf­trag­ten bzw. der Ter­mi­ne ar­beits­ver­trag­lich zu re­geln, so können sich die vom Kläger an­ge­nom­me­nen Ver­pflich­tun­gen nicht aus der Fürsor­ge oder Rück­sicht­nah­me er­ge­ben. Ras Be­geh­ren des Klägers be­schränkt sich nicht dar­auf, dass sei­ne In­ter­es­sen im Rah­men der ge­re­gel­ten Haupt­leis­tungs­pflich­ten ge­wahrt wer­den, son­dern er möch­te letzt­lich über die Fürsor­ge­pflicht ei­ne Haupt­leis­tungs­pflicht der Be­klag­ten be­gründen. Dies lässt sich we­der mit ei­ner Aus­le­gung der ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen noch mit §§ 241 Abs. 2, 242 BGB be­gründen,

Im Übri­gen. wer­den die Rück­sicht­nah­me­pflich­ten durch den Verhält­nismäßig­keits­grund­satz be­grenzt. Der Ar­beit­ge­ber ist nicht ver­pflich­tet, bei der Rück­sicht auf die In­ter­es­sen sei­ner Ar­beit­neh­mer sei­ne ei­ge­nen schutz­wer­ten In­ter­es­sen zu ver­nachlässi­gen. Im Rah­men ei­ner In­ter­es­sen­abwägung ist zu prüfen, ob das Schutz­in­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers das Ei­gen­in­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers über­wiegt, al­so aus Sicht ei­nes verständi­gen Drit­ten an­ge­mes­sen er­scheint (BAG vom 10,7.1991 — 5 AZR 383/90 — NZA 1992, 27). In die­sem Zu­sam­men­hang Ist zu berück­sich­tig­ten, dass der Ar­beit­ge­ber auf­grund sei­ner un­ter­neh­me­ri­schen Frei­heit grundsätz­lich auch darüber ent­schei­den kann, mit wel­chen Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tu­ren er den Be­triebs­ab­lauf ge­stal­ten will. Da­mit liegt es auch in der Ent­schei­dungs­frei­heit der Be­klag­ten, ob und in wel­chem Um­fang sie sich von bis­he­ri­gen Be­auf­trag­ten Nor­we­gern trennt oder nicht. Wenn es schon bei der Prüfung von Kündi­gun­gen der nur in en­gen Gren­zen der Miss­brauchs- und Willkürkon­trol­le un­ter­fal­len­den frei­en un­ter­neh­me­ri­schen Ent­schei­dung ob­liegt, mit wel­cher Per­so­nal­aus­stat­tung und mit wel­chem Or­ga­ni­sa­ti­ons­kon­zept die Un­ter­neh­mens­zie­le er­reicht wer­den sol­len, so gilt dies erst recht für mögli­che Aus­wir­kun­gen von Or­ga­ni­sa­ti­ons­ent­schei­dun­gen auf er­folgs­abhängi­ge Vergütun­gen.

d) Die Be­klag­te hat auch nicht durch an­de­re Hand­lun­gen ih­re Fürsor­ge­pflicht ver­letzt.


Der Kläger sieht sol­che Pflicht­ver­let­zun­gen ins­be­son­de­re in Äußerun­gen über die Ent­wick­lung des Außer­diens­tes im Be­reich BdSt, der te­le­fo­ni­schen Nach­kon­trol­le von Ter­mi­nen, der An­wei­sung, verstärkt Ter­mi­ne Im Gaststätten­be­reich und bei Klein­ge­wer­be­trie­ben zu ge­ne­rie­ren, der be­haup­te­ten schlech­te­ren Schu­lung neu­er Be­auf­trag­ter so­wie der

 

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Qua­lität der Ter­mi­ne. im Be­ru­fungs­ver­fah­ren hat er außer­dem vor­ge­tra­gen, die Be­klag­te ma­che ihm über Agen­tur­an­ge­stell­te Kon­kur­renz und zerstöre das Zu­gangs­we­ge­sys­tem BdSt.

Dem Kläger ist zwar zu­zu­ge­ben, dass es In­di­zi­en dafür gibt, dass er durch ei­ne Re­du­zie­rung der Zahl der Be­auf­trag­ten und der dar­aus re­sul­tie­ren­den Be­ra­tungs­ter­mi­ne so­wie sei­nes Ge­halts in ei­ne Ei­genkündi­gung ge­trie­ben wer­den soll. Nach An­sicht des Klägers ver­folgt die Be­klag­te da­mit das lang­fris­ti­ge Ziel, das Ver­triebs­sys­tem im Be­reich BdSt und den An­ge­stell­ten­außen­dienst ab­zu­schaf­fen,

Die vom Kläger vor­ge­brach­ten Umstände be­gründen aber we­der die Über­zeu­gung des Ge­richts, dass die An­nah­me des Klägers zu­trifft (§ 286 Abs. 1 ZPO), noch stel­len die ein­zel­nen Umstände ei­ne schuld­haf­te Ver­let­zung der Fürsor­ge­pflicht dar.

Das Ar­beits­ge­richt hat zu Recht an­ge­nom­men, dass die Be­klag­te in der Or­ga­ni­sa­ti­on ih­res Be­trie­bes frei ist, Auch im Be­ru­fungs­ver­fah­ren be­gründet der Kläger nicht näher, war­um Über­le­gun­gen zur künf­ti­gen Or­ga­ni­sa­ti­on des Außen­diens­tes oder die te­le­fo­ni­sche Nach­kon­trol­le von Ter­mi­nen Pflicht­wid­rig­kei­ten dar­stel­len sol­len. Der Kläger hat auch im Be­ru­fungs­ver­fah­ren sei­nen Sach­vor­trag zur Schu­lung der Be­auf­trag­ten nicht kon­kre­ti­siert und nicht näher erläutert, wie die Be­klag­te auf die Qua­lität der Ter­mi­ne Ein­fluss neh­men soll.

Aus dem dop­pel­ten Be­ra­tungs­ter­min beim Kun­den Neu kann nicht der Schluss ge­zo­gen wer­den, die Be­klag­te ma­che dem Kläger durch den Agen­tur­be­trieb vorsätz­lich Kon­kur­renz, Der Kläger hat le­dig­lich vor­ge­tra­gen, dass ein Agen­tur­an­ge­stell­ter ei­nen Be­ra­tungs­ter­min mit ei­nem Kun­den ge­habt ha­be, für den dann noch­mals ein Ter­min im Zu­gangs­weg BdSt ver­ein­bart wor­den sei. Im Hin­blick dar­auf, dass der Ziel­grup­pen­ver­trieb und der Agen­tur­ver­trieb un­be­strit­ten seit ge­rau­mer Zeit ne­ben­ein­an­der be­ste­hen und der Kläger nicht be­haup­tet, die Agen­tur­mit­ar­bei­ter würden Ter­mi­ne aus dem Pool der Be­auf­trag­ten er­hal­ten, liegt in dem Ein­zel­fall kei­ne Pflicht­ver­set­zung der Be­klag­ten. Auf die Vi­si­ten­kar­te des Herrn J, kommt es da­bei nicht ent­schei­dend an.

 

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Auch aus der Ver­klei­ne­rung des Ver­triebs­ge­biets des Klägers lässt sich ei­ne Pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten nicht ab­lei­ten, Wenn der BdSt in ei­ni­gen Ge­bie­ten sei­ne Mit­glie­der­wer­bung nicht mehr über Be­auf­trag­te der Be­klag­ten durchführen lässt, führt das zwar zu ei­ner Ver­klei­ne­rung der Ge­bie­te, aus de­nen der Kläger Ter­mi­ne enthält, Der Kläger nimmt al­ler­dings nicht zum Ein­wand der Be­klag­ten Stel­lung, sie könne das Vor­ge­hen des BdSt nicht un­ter­bin­den. Da­mit ist da­von aus­zu­ge­hen, dass ei­ne Ver­klei­ne­rung des Ein­satz­ge­bie­tes nicht ak­tiv von der Be­klag­ten her­bei­geführt wur­de, son­dern auf der ver­rin­ger­ten Zahl der Be­ra­ter und ei­nem dar­aus re­sul­tie­ren­den Ver­hal­ten des BdSt be­ruht,

Ei­ne Ge­samt­be­trach­tung be­gründet nicht die Über­zeu­gung der Kam­mer, die Be­klag­te ha­be schuld­haft ih­re Fürsor­ge­pflicht ver­letzt. Ge­gen die An­nah­me des Klägers, die Be­klag­te wol­le das dua­le Ver­triebs­sys­tem im Be­reich BdSt be­wusst schwächen, spricht zunächst, dass in den letz­ten Jah­ren auch neue Be­auf­trag­te ge­won­nen wur­den. Der Kläger hat un­be­strit­ten der Be­klag­ten kei­ne neu­en Mit­ar­bei­ter im Be­reich der Be­auf­trag­ten vor­ge­schla­gen und auch nicht näher erläutert, war­um die Be­klag­te leich­ter als er sol­che Mit­ar­bei­ter hätte fin­den können. Ge­gen das von Kläger an­ge­nom­me­ne Mo­tiv spricht wei­ter, dass die Be­klag­te trotz der deut­lich zurück­ge­gan­ge­nen Zahl der Be­auf­trag­ten in Be­reich BdSt zahl­rei­che Kun­den ge­winnt. Auch wenn sie zur Rück­sicht­nah­me auf die In­ter­es­sen des Klägers ver­pflich­tet ist, verhält sie sich nicht ver­trags­wid­rig, wenn sie lang­fris­tig das Ziel ver­folgt, bei Be­ach­tung ih­rer ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­pflich­tun­gen den An­ge­stell­ten­außen­dienst ab­zu­bau­en.

e) Ein Scha­dens­er­satz­an­spruch er­gibt sich nicht aus §§ 275 Abs. 4 i.V.m. 280, 283,
281 BGB.

Der Kläger geht auch im Be­ru­fungs­ver­fah­ren nicht näher auf die­se An­spruchs­grund­la­ge ein und rügt oh­ne wei­te­re Ver­tie­fung, das Ar­beits­ge­richt ha­be die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Tei­lunmöglich­keit nicht näher be­han­delt, Ei­ne Tei­lunmöglich­keit setzt ei­ne Teil­bar­keit der Leis­tung vor­aus und steht der vollständi­gen Unmöglich­kei­ten gleich, wenn nur die vollständi­ge Leis­tung dem Ver­trags­zweck ent­spricht und ei­ne Teil­leis­tung für den Gläubi­ger sinn­los ist (Pa­landt/Grüne­berg, BGB, § 275 Rn 7 m.w.N.).

 

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Der Kläger meint of­fen­sicht­lich, er könne nur ein bis zwei Be­ra­tungs­ter­mi­ne im übli­chen Tur­nus be­ar­bei­ten, darüber hin­aus­ge­hend sei ihm ei­ne Ar­beits­leis­tung unmöglich. Da­bei ver­kennt er, dass im Fall der Tel­lunmöglich­keit der Gläubi­ger nach §§ 283 Satz 2, 281 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 5 BGB Scha­dens­er­satz ver­lan­gen kann, wenn der Schuld­ner die Tei­lunmöglich­keit zu ver­tre­ten hat (Pa­landt aa0, Rn 9 zu § 275). Da die Be­klag­te Gläubi­ge­rin der Ar­beits­leis­tung des Klägers ist, kann der Kläger als Schuld­ner der Ar­beits­leis­tung ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch mit der von ihm ge­brach­ten Be­gründung nicht ver­lan­gen.

Außer­dem be­gründet der Kläger nicht aus­rei­chend, war­um es ihm unmöglich sein soll, sei­ne ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­bar­te Wer­betätig­keit mit der ge­rin­ge­ren An­zahl zur Verfügung ge­stell­ter Ter­mi­ne und Kun­den­adres­sen aus­zuüben. Aus dem Um­stand, dass er in der Ver­gan­gen­heit in al­ler Re­gel kei­ne Ter­mi­ne selbst ge­ne­riert hat, kann nicht oh­ne Wei­te­res ge­schlos­sen wer­den, dies sei ihm un­zu­mut­bar.

Ein An­spruch lässt sich wei­ter nicht da­mit be­gründen, die Be­klag­te sei Schuld­ne­rin der Ver­pflich­tung, den Kläger mit ei­ner aus­rei­chen­den Zahl von Be­ra­tungs­ter­mi­nen zu ver. sor­gen. Der Kläger geht selbst nicht von ei­ner dies­bezügli­chen Unmöglich­keit aus, denn nach sei­ner Auf­fas­sung kann die Be­klag­te ihm mehr Be­ra­tungs­ter­mi­ne zur Verfügung stel­len. Außer­dem wur­de be­reits dar­ge­legt, dass die Be­klag­te nicht ver­pflich­tet Ist, für ein „an­ge­mes­se­nes Verhält­nis zwi­schen Be­ra­tern und Be­auf­trag­ten zu sor­gen". Ei­ne nicht be­ste­hen­de ver­trag­li­che Ver­pflich­tung kann kei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch we­gen Unmöglich­keit be­gründen.

2. Auch aus dem Sach­vor­trag des Klägers im Be­ru­fungs­ver­fah­ren wird nicht deut­lich, war­um sich aus der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zum Kern­be­reich des Ar­beits­verhält­nis­ses oder aus ei­ner ent­spre­chen­den An­wen­dung die­ser Recht­spre­chung die gel­tend ge­mach­ten Zah­lungs­ansprüche 2 und 3 er­ge­ben sol­len.

Nach der vom Kläger zi­tier­ten Recht­spre­chung ist ei­ne Ver­ein­ba­rung, die dem Ar­beit­ge­ber ver­trag­lich das Recht zur ein­sei­ti­gen Ände­rung ein­zel­ner Ver­trags­be­din­gun­gen einräumt, grundsätz­lich zulässig. Sie ist aber dann nich­tig, wenn sie zur Um­ge­hung des zwin­gen­den Kündi­gungs­schut­zes führt. Das ist in der Re­gel dann der Fall, wenn we­sent­li-

 

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che Ele­men­te des Ar­beits­ver­tra­ges ei­ner ein­sei­ti­gen Ände­rung un­ter­lie­gen sol­len, durch die das Gleich­ge­wicht zwi­schen Leis­tung und Ge­gen­leis­tung grund­le­gend gestört würde (BAG vom 28.5.1997 - 5 AZR 125/96 — NZA 1997, 1160).

Der Kläger meint of­fen­bar, durch die zu ge­rin­ge Zahl von Be­auf­trag­ten und Be­ra­tungs­ter­mi­nen neh­me die Be­klag­te ei­ne ein­sei­ti­ge Ände­rung des Ar­beits­ver­tra­ges vor und störe das Gleich­ge­wicht zwi­schen Leis­tung und Ge­gen­leis­tung grund­le­gend. Da­bei ver­kennt er zunächst, dass sich die Be­klag­te nicht auf ei­ne ver­trag­li­che Be­fug­nis zur Ände­rung von Ver­trags­be­din­gun­gen be­ruft. Sie geht viel­mehr da­von aus, bezüglich der Zahl der Be­auf­trag­ten und der Be­ra­tungs­ter­mi­ne ge­be es kei­ne ver­trag­li­che Ver­pflich­tung. Wie aus­geführt geht auch das Be­ru­fungs­ge­richt nicht von ei­ner ent­spre­chen­den ver­trag­li­chen Haupt­pflicht aus.

Aber auch dann, wenn man — wie der der Kläger dies tut — von ei­ner dies­bezügli­chen ver­trag­li­chen Ver­pflich­tung der Be­klag­ten aus­geht, braucht nicht auf die vom Kläger zi­tier­te Recht­spre­chung zurück­ge­grif­fen wer­den. Dann würde sich die vom Kläger an­ge­nom­me­ne Störung des Gleich­ge­wichts zwi­schen Leis­tung und Ge­gen­leis­tung je­den­falls nicht aus ei­ner ar­beits­ver­trag­li­chen Re­ge­lung zur ein­sei­ti­gen Ände­rung von Ver­trags­be­din­gun­gen er­ge­ben. Der Kläger könn­te auch oh­ne den Um­weg über die von ihm zi­tier­te Recht­spre­chung ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch gel­tend ma­chen.

Aus ähn­li­chen Erwägun­gen kann § 315 BGB kei­nen An­spruch be­gründen, Der Kläger ar­gu­men­tiert, die Be­klag­te ver­let­ze die Grundsätze bil­li­gen Er­mes­sens, wenn sie im Ver­gleich zu 2003 ei­ne zu ge­rin­ge An­zahl von Be­auf­trag­ten beschäfti­ge, § 315 BGB ist al­ler­dings nur an­wend­bar, wenn im Ver­trag ei­ner Par­tei ein ein­sei­ti­ges Leis­tungs­be­stim­mungs­recht ein­geräumt ist. Hier ist nicht er­sicht­lich, dass dies der Fall wäre. Die Fra­ge, ob die Be­klag­te ei­ne aus­rei­chen­de Zahl von Be­auf­trag­ten beschäftigt und dem Kläger genügend Be­ra­tungs­ter­mi­ne zur Verfügung stellt, be­trifft die Fürsor­ge­pflicht, die be­reits be­han­delt wur­de.

3. Die gel­tend ge­mach­ten Zah­lungs­ansprüche 2 und 3 las­sen sich nicht da­mit be­gründen, die Be­klag­te be­fin­de sich Im An­nah­me­ver­zug (§§ 293 ff, 615 BGB).

 

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Der Ar­beit­ge­ber ist zwar ver­pflich­tet, dem Ar­beit­neh­mer ei­nen funk­ti­onsfähi­gen Ar­beits­platz zur Verfügung zu stel­len, und kann in An­nah­me­ver­zug ge­ra­ten, wenn er dem Ar­beit­neh­mer kei­ne Ar­beit zu­weist, Hier liegt ein An­nah­me­ver­zug der Be­klag­ten nicht vor, weil sie ei­ne Ar­beits­leis­tung des Klägers nicht ab­ge­lehnt hat, Wie aus­geführt gibt es kei­ne ver­trag­li­che Haupt­pflicht, ei­ne be­stimm­te An­zahl von Be­auf­trag­ten ein­zu­set­zen oder dem Kläger ei­ne be­stimm­te An­zahl von Be­ra­tungs­ter­min an­zu­bie­ten, Der Kläger kann sei­ne Ar­beits­leis­tung nicht nur da­durch er­brin­gen, dass er von Be­auf­trag­ten ge­ne­rier­te Be­ra­tungs­ter­mi­ne wahr­nimmt. Es Ist ihm nicht un­ter­sagt, sich selbst um Be­ra­tungs­ter­mi­ne zu bemühen. Dem steht nicht ent­ge­gen, dass er nach ei­ner ge­wis­sen Zeit nicht mehr auf EDV-mäßig er­fass­te Be­stands­kun­den zurück­grei­fen kann, weil de­ren Da­ten auf die Agen­tu­ren um­ge­schlüsselt wer­den, Zum ei­nen kann sich der Kläger auch oh­ne Ver­wen­dung der EDV der Be­klag­ten um Be­stands­kun­den bemühen und da­bei et­wa auf sei­ne Er­in­ne­rung oder auf ei­ge­ne No­ti­zen zurück­grei­fen, Zum an­de­ren muss er sich bei sei­nen Bemühun­gen nicht auf Be­stands­kun­den be­schränken.

Die vom Kläger an­ge­nom­me­ne Ver­pflich­tung, nur Be­ra­tungs­ter­mi­ne wahr­zu­neh­men, die durch Be­auf­trag­te im Ver­triebs­weg BdSt ge­ne­riert wur­den, be­steht aus den aus­geführ­ten Gründen nicht, Sie ist we­der aus­drück­lich ver­ein­bart noch durch be­trieb­li­che Übung zum In­halt des Ar­beits­ver­tra­ges ge­wor­den.

4. Die mit den Anträge 2 und 3 gel­tend ge­mach­ten Zah­lungs­ansprüche können nicht da­mit be­gründet wer­den, die Vergütungs­ver­ein­ba­rung der Par­tei­en sei sit­ten­wid­rig (§ 138 Abs. 1 BGB).

Der Kläger be­gründet schon nicht, wor­aus sich bei ei­ner zu sei­nen Guns­ten un­ter­stell­ten Sit­ten­wid­rig­keit die gel­tend ge­mach­ten Ansprüche er­ge­ben sol­len.

Gleich­wohl wird dar­auf hin­ge­wie­sen, dass von ei­ner Sit­ten­wid­rig­keit nicht aus­ge­gan­gen wer­den kann. Ei­ne sol­che liegt bei ei­ner grundsätz­lich zulässi­gen er­folgs­abhängi­gen Vergütung erst dann vor, wenn der Ar­beit­neh­mer nach sei­nen be­trieb­li­chen Verhält­nis­sen trotz aus­rei­chen­der Mühe kein an­ge­mes­se­nes Ent­gelt für sei­ne Ar­beit ver­die­nen kann, wofür er die Be­weis­last trägt (MüKo­Ar­beits­recht/Krau­se, § 85 Rn 4 mit wei­te­ren Nach­wei­sen). Die vom Kläger vor­ge­tra­ge­ne Ent­wick­lung sei­nes Ein­kom­mens kann nicht be­le­gen,

 

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dass die Gren­ze der Sit­ten­wid­rig­keit be­reits über­schrit­ten wäre, Bei ihm hat sich al­ler­dings das Ri­si­ko ei­ner er­folgs­abhängi­gen Vergütung recht dras­tisch ver­wirk­licht.

IV.

So­weit der Kläger im An­trag 4 die Fest­stel­lung be­gehrt, dass die Be­klag­te ihm al­le durch die Um­struk­tu­rie­rung ent­ste­hen­den künf­ti­gen bzw. schon ent­stan­de­nen Nach­tei­le zu er­set­zen hat, ist die Kla­ge schon un­zulässig. Der An­trag ist nämlich nicht hin­rei­chend be­stimmt.

Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPQ muss die Kla­ge­schrift die be­stimm­te An­ga­be des Ge­gen­stan­des und des Grun­des des er­ho­be­nen An­spruchs so­wie ei­nen be­stimm­ten An­trag ent­hal­ten. Der Kläger muss ein­deu­tig fest­le­gen, wel­che Ent­schei­dung er be­gehrt. Er hat den Streit­ge­gen­stand da­zu so ge­nau zu be­zeich­nen, dass der Rah­men der ge­richt­li­chen Ent­schei­dungs­be­fug­nis (§ 308 ZPQ) kei­nem Zwei­fel un­ter­liegt und die ei­gent­li­che Streit­fra­ge mit Rechts­kraft­wir­kung zwi­schen den Par­tei­en ent­schie­den wer­den kann (§ 322 ZPO). So­wohl bei ei­ner der Kla­ge statt­ge­ben­den als auch bei ei­ner sie ab­wei­sen­den Sach­ent­schei­dung muss zu­verlässig fest­stell­bar sein, worüber das Ge­richt ent­schie­den hat. Da­bei sind bei ei­ner Fest­stel­lungs­kla­ge grundsätz­lich kei­ne ge­rin­ge­ren An­for­de­run­gen an die Be­stimmt­heit zu stel­len als bei ei­ner Leis­tungs­kla­ge. Auch wenn das Be­ste­hen oder der Um­fang ei­nes Rechts­verhält­nis­ses oder ei­nes An­spruchs zur ge­richt­li­chen Ent­schei­dung ge­stellt wird, muss zu­verlässig er­kenn­bar sein, worüber das Ge­richt ei­ne Sach­ent­schei­dung tref­fen soll. Bei der be­gehr­ten Fest­stel­lung ei­ner Ver­pflich­tung muss die­se so präzi­se be­zeich­net wer­den, dass im Prin­zip ein hier­aus ge­rich­te­tes Leis­tungs­ur­teil voll­streck­bar wäre (BAG vom 11.11.2009 — 7 AZR 387/08 — Ju­ris; BAG vom 22.10,2008 — 4 AZR 735/07 — Ju­ris).

Die­se An­for­de­run­gen erfüllt der An­trag des Klägers nicht, Das von ihm for­mu­lier­te Rechts­verhält­nis, des­sen Fest­stel­lung er be­gehrt, ist nicht hin­rei­chend ge­nau be­zeich­net, um die Reich­wei­te der Rechts­kraft ei­nes Fest­stel­lungs­ur­teils, d.h. für den Par­al­lel­fall ei­nes

 

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Leis­tungs­ur­teils des­sen Voll­streck­bar­keit, fest­zu­le­gen. Viel­mehr würde ein dem An­trag statt­ge­ben­des Ur­teil den Streit zwi­schen den Par­tei­en, ob und wel­che Rechts­nach­tei­le zu er­set­zen sind, nicht klären. Die For­mu­lie­rung macht noch nicht ein­mal deut­lich, durch wel­che Um­struk­tu­rie­rung die gel­tend ge­mach­ten Nach­tei­le ent­stan­den sein sol­len bzw. künf­tig ent­ste­hen sol­len, Der Kläger stützt schon sei­ne Zah­lungs­anträge nicht auf ei­ne kon­kret be­schrie­be­ne Um­struk­tu­rie­rungs­maßnah­me, son­dern auf ganz un­ter­schied­lich Umstände wie bei­spiels­wei­se die Ent­wick­lung der Zahl der Be­auf­trag­ten oder die te­le­fo­ni­sche Nach­kon­trol­le von Ter­mi­nen oder ei­ne Kon­kur­renz durch den Agen­tur­be­trieb. Außer­dem macht die For­mu­lie­rung des An­trags nicht deut­lich, wel­che kon­kre­ten Nach­tei­le In­halt der be­gehr­ten ge­richt­li­chen Ent­schei­dung sein sol­len. Die Par­tei­en strei­ten schon hin­sicht­lich der be­zif­fer­ten Zah­lungs­anträge 2 und 3 darüber, ob und in wel­chem Um­fang die vom Kläger vor­ge­tra­ge­nen Ein­kom­mens­re­du­zie­run­gen auf Um­struk­tu­rie­rungs­maßnah­men, auf sons­ti­gen Umständen Im Be­reich der Be­klag­ten oder bei­spiels­wei­se auf steu­er­li­chen Ände­run­gen be­ru­hen. Die be­gehr­te Fest­stel­lung ist nicht ge­eig­net, den Streit hierüber zu klären und würde da­mit ei­nen wei­te­ren Pro­zess ins­be­son­de­re über be­zif­fer­te Scha­dens­er­satz­ansprüche für kon­kre­te Zeiträume nicht überflüssig ma­chen. Das schon sprach­lich kaum verständ­li­che Anhäng­sel „ins­be­son­de­re zukünf­ti­ge Scha­dens­er­satzsprüche für 2009 und später bzw. auch schon für das Jahr 2005 ..." be­wirkt kei­ne größere Klar­heit.

V.

Die Kos­ten­ent­schei­dung bleibt dem Schlus­s­ur­teil vor­be­hal­ten, da durch die­ses Teil­ur­teil noch nicht über al­le Anträge des Klägers ent­schie­den wird.

 

- 33 -

VI.

Die­ses Ur­teil ist für die Be­klag­te un­an­fecht­bar, denn sie ist nicht be­schwert. Die Zu­las­sung der Be­ru­fung für den Kläger be­ruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Rechts­mit­tel­be­leh­rung:

Ge­gen die­ses Ur­teil kann der Kläger Re­vi­si­on ein­le­gen.

Für Be­klag­te ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben,

Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Frist von ei­nem Mo­nat ein­ge­legt und In­ner­halb ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten be­gründet wer­den.
Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des In vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung des Ur­teils.

Die Re­vi­si­on muss beim

Bun­des­ar­beits­ge­richt

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99084 Er­furt

Post­an­schrift:

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Fax-Num­mer:

(03 61) 26 36 — 20 00

ein­ge­legt und be­gründet wer­den.

 

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Die Re­vi­si­ons­schrift und Re­vi­si­ons­be­gründung müssen von ei­nem Rechts­an­walt un­ter­zeich­net sein.

 

Waltz 

Lech­ner-Fors­ter 

Süßke

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