HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

ARBEITSRECHT AKTUELL // 11/110

Streik be­am­te­ter Leh­rer recht­fer­tigt kei­ne Dis­zi­pli­nar­stra­fe

Streik­ver­bot für deut­sche Be­am­te wi­der­spricht der Eu­ro­päi­schen Men­schen­rechts-Kon­ven­ti­on (EM­RK): Ver­wal­tungs­ge­richt Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 15.12.2010, 31 K 3904/10.O
Streik viele Streikende Dür­fen ver­be­am­te­te Leh­rer jetzt doch strei­ken?
08.06.2011. Ge­mäß Art. 9 Abs. 3 Satz 1 Grund­ge­setz (GG) dür­fen al­le Deut­schen Ge­werk­schaf­ten und Ar­beit­ge­ber­ver­ei­ni­gun­gen bil­den, um ih­re wirt­schaft­li­chen In­ter­es­sen zu wah­ren. Teil die­ser Ko­ali­ti­ons­frei­heit ist die Frei­heit, Ta­rif­ver­trä­ge ab­zu­schlie­ßen, und das Recht zum Streik. Da die Ar­beits­be­din­gun­gen und Be­zü­ge von Be­am­ten aber nicht per Ta­rif­ver­trag, son­dern ge­setz­lich ge­re­gelt sind, ha­ben sie nach deut­schem Ver­fas­sungs­recht kein Streik­recht.

Wer als Be­am­ter streikt, be­geht da­her ein Dienst­ver­ge­hen und muss mit ei­ner Dis­zi­pli­nar­stra­fe rech­nen. Die Eu­ro­päi­sche Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on (EM­RK) er­laubt Streik­ver­bo­te aber nur für Streit­kräf­te, die Po­li­zei und die Si­cher­heits­ver­wal­tung, nicht aber z.B. für Leh­rer, vgl. Art.11 EM­RK. Das Ver­wal­tungs­ge­richt (VG) Düs­sel­dorf muss­te die­sen Wi­der­spruch zwi­schen Ver­fas­sungs­recht und Völ­ker­recht klä­ren (VG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 15.12.2010, 31 K 3904/10.O): Darf ei­ner Leh­re­rin we­gen Teil­nah­me am Streik ei­ne Dis­zi­pli­nar­stra­fe auf­er­legt wer­den?

Ei­ne ver­be­am­te­te Leh­re­rin hat­te an Warn­streiks teil­ge­nom­men. Ihr Dienst­herr er­leg­te ihr da­her im Rah­men ei­nes Dis­zi­pli­nar­ver­fah­rens ei­ne Geld­bu­ße auf, ge­gen die sich die Be­am­tin wehr­te - mit Er­folg: Das VG ent­schied, dass der Dienst­herr an das aus dem GG fol­gen­de Be­am­ten­streik­ver­bot, aber auch an die EM­RK mit ih­rer wei­ter­ge­hen­den Streik­ga­ran­tie ge­bun­den ist. Der Dienst­herr muss die­sen Wi­der­spruch völ­ker­rechts­freund­lich lö­sen, in­dem er strei­ken­de Leh­rer nicht mit Dis­zi­pli­nar­stra­fen be­legt.

Fa­zit: Leh­rer und an­de­re Be­am­te, die kei­ne ho­heit­li­che Be­fug­nis­se im en­ge­ren Sin­ne aus­üben, dür­fen nicht strei­ken, sind aber bei Ver­stö­ßen ge­gen das Streik­ver­bot we­gen Art.11 EM­RK vor Dis­zi­pli­nar­stra­fen ge­schützt. Das gilt aber nicht für Po­li­zis­ten, Staats­an­wäl­te oder Straf­voll­zugs­be­am­te. Sie ris­kie­ren mehr bei ei­nem Streik. Sym­bo­li­sche Streiks dürf­ten aber auch bei ih­nen fol­gen­los blei­ben. Wie Ar­beit­neh­mer müs­sen auch Be­am­te mit ei­ner Kür­zung der Be­zü­ge für die Dau­er des Streiks rech­nen.

Nä­he­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier:

Hin­weis: In der Zwi­schen­zeit, d.h. nach Er­stel­lung die­ses Ar­ti­kels, hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt (OVG) Nord­rhein-West­fa­len (NRW) das Ur­teil auf­ge­ho­ben und dem Dienst­herrn Recht ge­ge­ben. Und auch das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) hat über den Fall ent­schie­den und das OVG-Ur­teil bzw. die Dis­zi­pli­nar­stra­fe ab­ge­seg­net, al­ler­dings klar­ge­stellt, dass 300,00 EUR aus­rei­chend und an­ge­mes­sen ge­we­sen wä­ren. Gleich­zei­tig hat das BVerwG ei­ne ge­setz­li­che Re­ge­lung des Be­am­ten­streik­rechts an­ge­mahnt. In­for­ma­tio­nen zu die­sen Ur­tei­len fin­den Sie hier:


Letzte Überarbeitung: 29. Juni 2018

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de

Bewertung:

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 

Für Personaler, betriebliche Arbeitnehmervertretungen und andere Arbeitsrechtsprofis: "Update Arbeitsrecht" bringt Sie regelmäßig auf den neusten Stand der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Informationen zu den Abo-Bedingungen und ein kostenloses Ansichtsexemplar finden Sie hier:

Alle vierzehn Tage alles Wichtige
verständlich / aktuell / praxisnah

HINWEIS: Sämtliche Texte dieser Internetpräsenz mit Ausnahme der Gesetzestexte und Gerichtsentscheidungen sind urheberrechtlich geschützt. Urheber im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Martin Hensche, Lützowstraße 32, 10785 Berlin.

Wörtliche oder sinngemäße Zitate sind nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Urhebers bzw. bei ausdrücklichem Hinweis auf die fremde Urheberschaft (Quellenangabe iSv. § 63 UrhG) rechtlich zulässig. Verstöße hiergegen werden gerichtlich verfolgt.

© 1997 - 2024:
Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Berlin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Lützowstraße 32, 10785 Berlin
Telefon: 030 - 26 39 62 0
Telefax: 030 - 26 39 62 499
E-mail: hensche@hensche.de