14.03.2012. Mit einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot will der Arbeitgeber verhindern, dass sein ehemaligen Arbeitnehmer zum Konkurrenten wird. Dafür muss er während der Dauer des Wettbewerbsverbots eine Karenzentschädigung zahlen.
Aus Arbeitgebersicht kann das bei erfolgreichen Mitarbeitern das kleinere Übel sein. Außerdem kann anderweitiger Verdienst ab einer bestimmten Höhe auf die Karenzentschädigung angerechnet werden. Eine Anrechnung von Arbeitslosengeld ist aber im Regelfall kaum möglich. Das ist die Konsequenz einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 14.09.2011, 10 AZR 198/10).
Ist das Arbeitsverhältnis beendet, darf der Ex-Arbeitnehmer seinem Ex-Arbeitgeber Konkurrenz machen. Das ist nur dann unzulässig, wenn die Arbeitsvertragsparteien ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart haben. Ein solches Verbot darf höchstens zwei Jahre dauern. In dieser Zeit muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Hälfte seiner zuletzt bezogenen (Gesamt)Vergütung als Karenzentschädigung zahlen, § 74 und § 74a Abs.1 Handelsgesetzbuch (HGB).
Auf die Entschädigung ist ein während des Wettbewerbsverbots erzielter anderweitiger Verdienst anzurechnen (§ 74c Abs.1 HGB). Voraussetzung der Anrechnung ist allerdings, dass die neue Einnahmequelle zusammen mit der Karenzentschädigung mehr als 110 Prozent der beim Ex-Arbeitgeber zuletzt bezogenen Brutto-(Gesamt-)Vergütung ausmachen. Der Arbeitnehmer darf sich also während des Wettbewerbsverbots finanziell verbessern, aber nicht um mehr als 10 Prozent.
Fraglich ist, ob auch Arbeitslosengeld I ein anrechenbarer Verdienst ist - schließlich ist das Arbeitslosengeld kein Arbeitslohn, d.h. nicht das Ergebnis der Verwertung der Arbeitskraft. Und falls das Arbeitslosengeld im Prinzip anzurechnen ist, fragt sich, ob es dann nur auf den an den Arbeitslosen geflossenen Auszahlungsbetrag ankommt oder ob auch Steuern und Sozialabgaben hinzuzurechnen sind.
Solche Zahlungen hat der Arbeitslose von der Arbeitsagentur zwar nicht erhalten, aber wenn man das gezahlte ("Netto-")Arbeitlosengeld mit einem Nettoarbeitslohn gleichsetzt, könnte man Steuern und den Arbeitnehmeranteil am Sozialbeitrag aus dem gezahlten Arbeitslosengeld errechnen. Das könnte man mit dem Ziel rechtfertigen, den Arbeitslosen nicht besserzustellen als einen Erwerbstätigen, und außerdem damit, dass der Arbeitslose ja über die Arbeitsagentur sozialversichert ist.
Geklagt hatte ein Ex-Außendienstmitarbeiter, der aufgrund eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes die Hälfte seiner letzten Bruttovergütung als Karenzentschädigung verlangen konnte. Da er arbeitslos war, bestand kein Zweifel daran, dass er keine verbotene Konkurrenz ausübte. Allerdings wollte ihm sein Ex-Arbeitgeber nicht die volle Karenzentschädigung zahlen, sondern er errechnete aus dem gezahlten Arbeitslosengeld eine fiktive Lohnsteuer (nebst Soli) und einen fiktiven Arbeitnehmeranteil am Sozialbeitrag, so dass das in dieser Weise künstlich hochgerechnete Arbeitslosengeld zusammen mit der an sich zu zahlenden Karenzentschädigung die Grenze von 110 Prozent zuletzt bezogenen (Gesamt)Vergütung überstieg.
Den einbehaltenen Differenzbetrag klagte der Außendienstmitarbeiter ein und hatte damit in allen Instanzen Erfolg, d.h. vor dem Arbeitsgericht Hannover, vor dem Landesarbeitsdem Niedersachsen (Urteil vom 18.11.2009, 2 Sa 449/09) und beim BAG.
Das BAG ließ in seiner Begründung die Streitfrage offen, ob das Arbeitslosengeld überhaupt ein "Verdienst" ist, der auf die Karenzentschädigung anrechenbar ist. Denn selbst wenn das Arbeitslosengeld anzurechnen sein sollte, dann nur der effektiv an den Arbeitnehmer ausgezahlte Betrag, aber keine rein theoretischen bzw. fiktiv errechneten Steuern und Sozialabgaben. Im Streitfall hatte das die Konsequenz, dass der Arbeitnehmer mit dem Arbeitslosengeld plus der vollen Karenzentschädigung unterhalb der 110-Prozent-Grenze blieb, d.h. nicht mehr erhielt als 110 Prozent seines alten Brutto-Gesamtgehaltes.
Fazit: Da das Arbeitslosengeld nicht mehr als gut die Hälfte des letzten Nettogehalts beträgt, sind kaum Fälle denkbar, in denen der Bezug von Arbeitslosengeld zur Kürzung einer Karenzentschädigung führen kann. Trotzdem kann ein Arbeitloser infolge des Zusammentreffens von Karenzentschädigung und Arbeitslosengeld mehr „auf der Hand“ haben als zuletzt beim Ex-Arbeitgeber, denn die Karenzentschädigung ist sozialversicherungsfrei. Und er kann sich auch netto besser stehen als er stünde, wenn er arbeiten ginge anstatt Arbeitslosengeld zu beziehen. Wer infolge eines Wettbewerbsverbots Anspruch auf eine Karenzentschädigung hat, sollte daher genau nachrechnen, bevor er eine neue Stelle antritt.
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Letzte Überarbeitung: 23. März 2017
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