HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

BAG, Ur­teil vom 12.10.2011, 10 AZR 746/10

   
Schlagworte: Bonus, Vergütung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 10 AZR 746/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 12.10.2011
   
Leitsätze: Legt der Arbeitgeber im laufenden Geschäftsjahr ein Bonusvolumen in bestimmter Höhe zugunsten der Arbeitnehmer fest, hat er dies als wesentlichen Umstand in die Ermessensentscheidung über den individuellen Bonus einzubeziehen. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände darf er von dem festgelegten Volumen abweichen.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Frankfurt, Urteil vom 21.10.2009, 14 Ca 7276/09
Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 20.09.2010, 7 Sa 44/10
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


10 AZR 746/10
7 Sa 44/10

Hes­si­sches
Lan­des­ar­beits­ge­richt

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

12. Ok­to­ber 2011

UR­TEIL

Jatz, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­onskläger,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Zehn­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 12. Ok­to­ber 2011 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Prof. Dr. Mi­kosch, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Ey­lert und Rein­fel­der so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Züfle und Flu­ri für Recht er­kannt:
 


- 2 -

1. Die Re­vi­si­on des Klägers ge­gen das Ur­teil des Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 20. Sep­tem­ber 2010 - 7 Sa 44/10 - wird zurück­ge­wie­sen.


2. Der Kläger hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über ei­ne Bo­nus­zah­lung für das Jahr 2008. 


Der Kläger war auf der Grund­la­ge des Ar­beits­ver­trags vom 21. März/ 4. April 2005 seit dem 1. Mai 2005, zu­letzt als „Lei­ter Ak­ti­en Sa­les Tra­ding“ in der In­vest­ments­par­te (DKIB) der D AG beschäftigt.

Die D AG wur­de auf die Be­klag­te, die zu­vor Al­lein­ak­ti­onärin an der D AG ge­wor­den war, mit Wir­kung vom 11. Mai 2009 ver­schmol­zen.


Das Ar­beits­verhält­nis en­de­te durch Kündi­gung des Klägers mit dem 31. De­zem­ber 2009.

Der Ar­beits­ver­trag enthält ua. fol­gen­de Re­ge­lun­gen:

„2. Bezüge


Der Mit­ar­bei­ter erhält fol­gen­de Bezüge, durch die zu­gleich Ansprüche auf Mehr­ar­beits­vergütung ab­ge­gol­ten sind:

a) G e h a l t

Ein Brut­to­mo­nats­ge­halt von € 15.000,00 ...

b) V a r i a b l e V e r g ü t u n g

Ei­ne zusätz­li­che Vergütung, die un­ter Berück­sich­ti­gung der Er­trags­la­ge des D Geschäftes der Bank in­di­vi­du­ell nach Leis­tungs­ge­sichts­punk­ten jähr­lich neu fest­ge­legt wird. Die Aus­zah­lung er­folgt im Frühjahr des fol­gen­den Geschäfts­jah­res, so­fern der Mit­ar­bei­ter zu die­sem Zeit­punkt in ei­nem un­gekündig­ten Ar­beits­verhält­nis steht.
 


- 3 -

...“

In den Jah­ren 2005 bis 2007 er­hielt der Kläger Bo­ni zwi­schen 161.700,00 und 325.000,00 Eu­ro. Die Mit­tei­lung hierüber er­folg­te je­weils vor Weih­nach­ten.


Am 12. Au­gust 2008 wur­de auf ei­ner Vor­stands­sit­zung der D AG die Not­wen­dig­keit der Fest­le­gung ei­nes Mi­ni­mum-Bo­nus­pools in Höhe von 400 Mio. Eu­ro für das Geschäfts­jahr 2008 für den Be­reich DKIB Fron­tof­fice erörtert, um die Mit­ar­bei­ter­sta­bi­lität auf­recht­zu­er­hal­ten. Es wur­de ein ent­spre­chen­der Vor­stands­be­schluss ge­fasst.

Am 18. Au­gust 2008 teil­te das zuständi­ge Vor­stands­mit­glied Dr. J im Rah­men ei­nes sog. Busi­ness-Up­dates den Mit­ar­bei­tern des Be­reichs DKIB Fron­tof­fice die Bil­dung des Bo­nus­pools mit. Die Bil­dung des Bo­nus­pools ist in der Fol­ge­zeit wie­der­holt ver­laut­bart wor­den.


Mit E-Mail vom 20. Ok­to­ber 2008 wur­den die Mit­ar­bei­ter des Be­reichs DKIB Fron­tof­fice darüber in­for­miert, dass die Be­nach­rich­ti­gung über die Bo­ni am 19. De­zem­ber 2008 er­fol­gen wer­de.


Am 28. Ok­to­ber 2008 veröffent­lich­te die D AG im In­tra­net ei­ne Mit­tei­lung an die Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter mit fol­gen­dem Wort­laut:

„Bo­nus­vo­lu­men 2008

Lie­be Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter,


wir freu­en uns, Ih­nen mit­tei­len zu können, dass der Vor­stand für das Ka­len­der­jahr 2008 ein Bo­nus­vo­lu­men in Höhe von 100 % des Bo­nus­vo­lu­mens 2007 - an­ge­passt an den Mit­ar­bei­ter­be­stand 2008 - pro Funk­ti­on und Di­vi­si­on (ex­clu­si­ve DKIB Fron­tof­fice) zu­ge­sagt hat.


Mit die­ser Ent­schei­dung ver­bun­den ist der Dank für Ihr En­ga­ge­ment und Ih­ren Ein­satz für un­se­re Bank im lau­fen­den Jahr, auf den wir auch in Zu­kunft ver­trau­en.

Die Fest­set­zung der in­di­vi­du­el­len Bo­nus­beträge er­folgt wie in den ver­gan­ge­nen Jah­ren leis­tungs­abhängig. Über die in­di­vi­du­el­le Bo­nus­fest­set­zung wer­den die Führungs­kräfte ih­re Mit­ar­bei­ter recht­zei­tig in ei­nem persönli­chen Gespräch in­for­mie­ren.

- 4 -

Die Aus­zah­lung des Bo­nus er­folgt im Frühjahr 2009.

Ihr

H W“

Die­se Mit­tei­lung ba­sier­te auf ei­ner Vor­stands­ent­schei­dung vom 2. Ok­to­ber 2008 und ist mit den Na­men des da­ma­li­gen Vor­stands­vor­sit­zen­den und des da­ma­li­gen Per­so­nal­vor­stands un­ter­zeich­net.

Am 19. De­zem­ber 2008 er­hielt der Kläger fol­gen­den „Bo­nus­brief“:

„...


wir können Ih­nen heu­te mit­tei­len, dass Ihr Bo­nus für das Jahr 2008 im Sin­ne von Zif­fer 2 b) Ih­res Ar­beits­ver­tra­ges nach Maßga­be der nach­ste­hen­den Re­ge­lung vorläufig in Höhe von

EUR 140.000,00 brut­to

fest­ge­setzt wur­de.

Die vorläufi­ge Bo­nus­fest­set­zung steht un­ter dem Vor­be­halt ei­nes Re­views für den Fall, dass im Rah­men der Auf­stel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses 2008 wei­te­re we­sent­li­che ne­ga­ti­ve Ab­wei­chun­gen in Er­trag und Er­geb­nis von DKIB zum Fo­re­cast für die Mo­na­te No­vem­ber und De­zem­ber 2008 fest­ge­stellt wer­den, d. h. die Er­geb­nis­si­tua­ti­on in DKIB sich in die­sem Zeit­raum we­sent­lich ver­schlech­tert. Die­ser Re­view wird im Ja­nu­ar 2009 un­ter der Führung von Herrn Dr. J durch­geführt. Soll­ten sol­che wei­te­ren we­sent­li­chen ne­ga­ti­ven Ab­wei­chun­gen fest­ge­stellt wer­den, behält sich die Bank das Recht vor, Ih­re vorläufi­ge Bo­nus­fest­set­zung zu über­prüfen und, falls er­for­der­lich, den Be­trag der vorläufi­gen Bo­nus­fest­set­zung zu re­du­zie­ren.

Im Fe­bru­ar 2009 er­hal­ten Sie ei­ne de­tail­lier­te Auf­stel­lung Ih­rer für das Ka­len­der­jahr 2008 zu­ste­hen­den Zah­lung der endgülti­gen va­ria­blen Vergütung gem. Ih­res Ar­beits­ver­tra­ges.

Ei­ne Aus­zah­lung des Bo­nus er­folgt nur, wenn zum Aus­zah­lungs­zeit­punkt des Bo­nus ein un­gekündig­tes Ar­beits­verhält­nis be­steht. Ei­ne Aus­zah­lung des Bo­nus er­folgt im Rah­men Ih­rer übli­chen Ge­halts­zah­lung für den Mo­nat Fe­bru­ar 2009.


...“


- 5 -

Am 18. Fe­bru­ar 2009 teil­te die D AG nach ei­ner ent­spre­chen­den Vor­stands­ent­schei­dung vom Vor­tag ua. mit, dass die Mit­ar­bei­ter des Be­reichs DKIB Fron­tof­fice ei­ne um 90 % gekürz­te Zah­lung er­hal­ten soll­ten, min­des­tens aber ein Brut­to­mo­nats­ge­halt.

Dem­ent­spre­chend er­hielt der Kläger im März 2009 ei­nen Be­trag von 16.836,00 Eu­ro brut­to.

Die D AG hat im Geschäfts­jahr 2008 ein ne­ga­ti­ves ope­ra­ti­ves Er­geb­nis von 6,56 Mrd. Eu­ro er­reicht. Die Be­klag­te hat ihr zusätz­li­ches Ka­pi­tal im Um-fang von 4 Mrd. Eu­ro zu­geführt; selbst hat die Be­klag­te in zwei Tran­chen 18,2 Mrd. Eu­ro aus dem Son­der­fonds Fi­nanz­markt­sta­bi­li­sie­rung (SoFF­in) in An­spruch ge­nom­men. Die DKIB er­ziel­te im ope­ra­ti­ven Geschäft des Jah­res 2008 ein vorläufi­ges ne­ga­ti­ves Er­geb­nis von 5,751 Mrd. Eu­ro und ein endgülti­ges ne­ga­ti­ves Er­geb­nis von 6,275 Mrd. Eu­ro.

Der Kläger hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, er ha­be ei­nen An­spruch auf Bo­nus­zah­lung in Höhe der vorläufi­gen Fest­set­zung aus dem Schrei­ben vom 19. De­zem­ber 2008. Die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten ha­be of­fi­zi­ell und mehr­fach wie­der­holt ein Bo­nus­vo­lu­men für das Jahr 2008 in Höhe von 400 Mio. Eu­ro be­kannt ge­macht. Dar­in sei ei­ne Ge­samt­zu­sa­ge an die Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter der DKIB zu se­hen. Die Ge­samt­zu­sa­ge er­ge­be sich auch aus dem Schrei­ben vom 28. Ok­to­ber 2008. Mit dem Schrei­ben vom 19. De­zem­ber 2008 sei so­dann die in­di­vi­du­el­le Bo­nushöhe ver­bind­lich fest­ge­setzt wor­den. Ein et­wa dort ent­hal­te­ner Vor­be­halt sei un­wirk­sam. Der Kläger ha­be sei­ne in­di­vi­du­el­len Zie­le er­reicht, wie sich auch aus dem „Bo­nus­brief“ er­ge­be. Auf die Ziel­er­rei­chung ha­be sich der Vor­be­halt nicht be­zo­gen. Im Fe­bru­ar 2009 sei die glei­che Be­rech­nungs- und Ver­tei­lungs­me­tho­de wie im Schrei­ben vom 19. De­zem­ber 2008 an­ge­wandt und le­dig­lich ei­ne pau­scha­le Kürzung vor­ge­nom­men wor­den. Die­se Kürzung wi­der­spre­che bil­li­gem Er­mes­sen. Auch sei­en die wirt­schaft­li­chen Gründe hierfür nicht schlüssig dar­ge­legt wor­den. Im Übri­gen sei­en in der Ver­gan­gen­heit aus­sch­ließlich in­di­vi­du­el­le Leis­tungs­ge­sichts­punk­te berück­sich­tigt wor­den, ei­ne er­trags­abhängi­ge Fest­set­zung sei nicht er­folgt.
 


- 6 -

Ein An­spruch be­ste­he auch auf­grund be­trieb­li­cher Übung, da die Zah­lung in der Ver­gan­gen­heit im­mer vor­be­halt­los er­folgt sei. Im Übri­gen lie­ge ei­ne Un­gleich­be­hand­lung ge­genüber den Mit­ar­bei­tern des Be­reichs DKIB Back­of­fice vor, da die­se nach dem Schrei­ben vom 28. Ok­to­ber 2008 vor­be­halt­los ei­nen Bo­nus in Höhe des Bo­nus des Vor­jah­res er­hal­ten soll­ten.

Der Kläger hat be­an­tragt, 


die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn 123.164,00 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 1. April 2009 zu zah­len.


Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Für das Geschäfts­jahr 2008 ha­be die D AG zunächst ei­nen Bo­nus­pool für die Mit­ar­bei­ter des Be­reichs DKIB Fron­tof­fice fest­ge­legt. Das zum da­ma­li­gen Zeit­punkt zuständi­ge Vor­stands­mit­glied Dr. J ha­be die Vor­stands­ent­schei­dung über die Bil­dung des Bo­nus­pools im Au­gust an die Mit­ar­bei­ter des Be­reichs kom­mu­ni­ziert. Aus­sa­gen über die in­di­vi­du­el­le Bo­nushöhe sei­en nicht ge­trof­fen wor­den, son­dern viel­mehr sei klar­ge­stellt wor­den, dass die Fest­set­zung der in­di­vi­du­el­len Bo­ni wei­ter­hin im Er­mes­sen der Bank ste­he. Zu die­sem Zeit­punkt sei die Bank für die DKIB im Geschäfts­jahr 2008 von ei­nem ne­ga­ti­ven ope­ra­ti­ven Er­geb­nis in Höhe von 1,31 Mrd. Eu­ro und po­si­ti­ven ope­ra­ti­ven Erträgen in Höhe von 0,89 Mrd. Eu­ro aus­ge­gan­gen.


Ei­ne Pro­gno­se mit Stand vom 20. No­vem­ber 2008 ha­be er­ge­ben, dass sich der Ver­lust aus dem ope­ra­ti­ven Geschäft für das Geschäfts­jahr 2008 auf 2,97 Mrd. Eu­ro aus­wei­ten wer­de. Am En­de des Jah­res 2008 hätten noch kei­ne endgülti­gen Zah­len und Er­geb­nis­se für die Mo­na­te No­vem­ber und De­zem­ber vor­ge­le­gen, da die Zu­sam­men­stel­lung der Mo­nats­zah­len im vier­ten Quar­tal 2008 auf­grund der Be­son­der­hei­ten der Fi­nanz­markt­kri­se ei­nen er­heb­li­chen Zeit­raum in An­spruch ge­nom­men ha­be. In Vor­stands­sit­zun­gen En­de No­vem­ber 2008 sei da­her dis­ku­tiert wor­den, ent­we­der den in Aus­sicht ge­stell­ten Bo­nus­pool er­heb­lich zu re­du­zie­ren oder für al­le Mit­ar­bei­ter des Be­reichs DKIB Fron­tof­fice Vor­be­hal­te in die „Bo­nus­brie­fe“ auf­zu­neh­men. Man ha­be sich für Letz­te­res ent­schie­den. Die tatsächli­che Geschäfts­ent­wick­lung in den Mo­na­ten No-
 


- 7 -

vem­ber und De­zem­ber 2008 sei de­saströs ge­we­sen. Al­lein in die­sen Mo­na­ten hätten sich ein ope­ra­ti­ves Er­geb­nis von mi­nus 3,481 Mrd. Eu­ro und ope­ra­ti­ve Erträge von mi­nus 2,207 Mrd. Eu­ro er­ge­ben. Das vorläufi­ge ope­ra­ti­ve Er­geb­nis für 2008 ha­be mi­nus 5,751 Mrd. Eu­ro be­tra­gen so­wie ope­ra­ti­ve Erträge der DKIB in Höhe von mi­nus 2,298 Mrd. Eu­ro aus­ge­wie­sen. Der Jah­res­ab­schluss ha­be sich dann noch ein­mal auf mi­nus 6,275 Mrd. Eu­ro ver­schlech­tert. Vor dem Hin­ter­grund die­ser dra­ma­ti­schen wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lung und der öffent­li­chen Dis­kus­si­on sei im Fe­bru­ar 2009 die Ent­schei­dung ge­trof­fen wor­den, die Bo­ni für das Geschäfts­jahr 2008 nur in Höhe von 10 % des un­ter Vor­be­halt ge­stell­ten Be­trags zu er­brin­gen, min­des­tens aber in Höhe ei­nes Brut­to­mo­nats­ge­halts. Da­bei ha­be auch die kri­ti­sche Ent­wick­lung der Kern­ka­pi­tal­quo­te der Bank ei­ne Rol­le ge­spielt, die bei ei­ner vollständi­gen Aus­zah­lung der Bo­ni noch wei­ter be­las­tet wor­den wäre. Oh­ne fi­nan­zi­el­le Un­terstützung Drit­ter sei die D AG nicht le­bensfähig ge­we­sen. Durch die Zuführung des zusätz­li­chen Ka­pi­tals in Höhe von 4 Mrd. Eu­ro ha­be si­cher­ge­stellt wer­den sol­len, dass die Kern­ka­pi­tal­quo­te dau­er­haft die auf­sichts­recht­li­chen Min­dest­an­for­de­run­gen erfülle.


Mit dem Schrei­ben vom 19. De­zem­ber 2008 sei kei­ne endgülti­ge Er­mes­sens­ausübung durch die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten er­folgt. Selbst wenn man aber ei­ne Wil­lens­erklärung an­neh­men woll­te, ent­hal­te das Schrei­ben ei­nen zulässi­gen Vor­be­halt. Im Hin­blick auf die wirt­schaft­li­che Ver­schlech­te­rung sei die Ar­beit­ge­be­rin be­rech­tigt ge­we­sen, im Fe­bru­ar 2009 ei­ne neue Leis­tungs­be­stim­mung vor­zu­neh­men. Die in­di­vi­du­el­len Leis­tun­gen der Mit­ar­bei­ter sei­en berück­sich­tigt wor­den, da die be­reits vor­ge­nom­me­ne in­di­vi­du­el­le Leis­tungs­be­ur­tei­lung im Hin­blick auf die 10 %-Quo­te Ein­fluss auf die endgülti­ge Bo­nus­fest­set­zung ge­nom­men ha­be. Im Übri­gen ent­spre­che die Er­mes­sens­ausübung der wirt­schaft­li­chen Si­tua­ti­on. Et­was an­de­res er­ge­be sich auch nicht aus der Mit­tei­lung des Bo­nus­pools. Es hand­le sich da­bei nicht um ei­ne Ge­samt­zu­sa­ge der Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten. Die­se ha­be kei­ne ne­ben die ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen tre­ten­de wei­te­re Rechts­grund­la­ge schaf­fen wol­len.

Für den Re­view-Vor­be­halt im Be­reich DKIB Fron­tof­fice ha­be ein sach­li­cher Grund be­stan­den. Die Mit­ar­bei­ter die­ses Be­reichs hätten im Ge­gen­satz zu den Mit­ar­bei­tern des Be­reichs DKIB Back­of­fice Ein­fluss auf das Geschäfts-

- 8 -

er­geb­nis der DKIB und könn­ten im Übri­gen auch sehr viel höhe­re Bo­ni er­zie­len. Tätig­kei­ten und Vergütungs­struk­tu­ren sei­en nicht ver­gleich­bar.


Ar­beits­ge­richt und Lan­des­ar­beits­ge­richt ha­ben die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt der Kläger sei­nen Zah­lungs­an­spruch wei­ter.


Ent­schei­dungs­gründe

Die zulässi­ge Re­vi­si­on ist un­be­gründet. Der Kläger hat we­der auf­grund der Re­ge­lung in Ziff. 2 Buchst. b sei­nes Ar­beits­ver­trags noch aus an­de­rem Rechts­grund ei­nen wei­te­ren Bo­nus­an­spruch für das Jahr 2008.

I. Die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten hat bei der Fest­set­zung der Bo­nushöhe im Fe­bru­ar 2009 die Grundsätze bil­li­gen Er­mes­sens gem. § 315 BGB ge­wahrt.


1. Nach den ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen der Par­tei­en ist die zusätz­li­che va­ria­ble Vergütung un­ter Berück­sich­ti­gung der Er­trags­la­ge des In­vest­ment­geschäfts der Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten in­di­vi­du­ell nach Leis­tungs­ge­sichts­punk­ten jähr­lich neu fest­zu­le­gen. Die ver­trag­li­che Re­ge­lung überlässt da­mit der Ar­beit­ge­be­rin ein ein­sei­ti­ges Leis­tungs­be­stim­mungs­recht iSd. § 315 BGB. Die Leis­tungs­be­stim­mung hat nach der ge­setz­li­chen Re­ge­lung man­gels ab­wei­chen­der An­halts­punk­te nach bil­li­gem Er­mes­sen zu er­fol­gen. Da­von ge­hen auch die Par­tei­en übe­rein­stim­mend aus.


Ei­ne Leis­tungs­be­stim­mung ent­spricht bil­li­gem Er­mes­sen, wenn die we­sent­li­chen Umstände des Falls ab­ge­wo­gen und die bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen an­ge­mes­sen berück­sich­tigt wor­den sind (vgl. BAG 25. Au­gust 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 31, AP Ge­wO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 23. Sep­tem­ber 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BA­GE 112, 80). Maßgeb­lich ist der Zeit­punkt, in dem der Ar­beit­ge­ber die Er­mes­sens­ent­schei­dung zu tref­fen hat (vgl. BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 -
 


- 9 -

zu B II 3 b aa der Gründe, AP TVG § 1 Al­ters­teil­zeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Al­ters­teil­zeit Nr. 15). Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last dafür, dass die Leis­tungs­be­stim­mung der Bil­lig­keit ent­spricht, hat der Be­stim­mungs­be­rech­tig­te zu tra­gen (vgl. BAG 14. Ju­li 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, AP GG Art. 12 Nr. 143; BGH 5. Ju­li 2005 - X ZR 60/04 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, BGHZ 163, 321).

2. Die Fest­set­zung der Bo­nushöhe nach Ziff. 2 Buchst. b des Ar­beits­ver­trags ist durch die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten im Fe­bru­ar 2009 ge­genüber dem Kläger als Gläubi­ger (§ 315 Abs. 2 BGB) er­folgt.

a) Nach den ar­beits­ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen ist die zusätz­li­che Vergütung un­ter Berück­sich­ti­gung der Er­trags­la­ge und der Leis­tung des Ar­beit­neh­mers fest­zu­set­zen. Die­se bei­den Kern­ele­men­te, die bei der Er­mes­sens­ausübung zu berück­sich­ti­gen sind, ste­hen re­gelmäßig erst nach Ab­lauf des Geschäfts­jah­res fest. Im lau­fen­den Geschäfts­jahr ist le­dig­lich ei­ne Pro­gno­se bei­der Fak­to­ren möglich. Zwar ist es nicht aus­ge­schlos­sen, be­reits vor­her ei­ne ver­bind­li­che Leis­tungs­be­stim­mung vor­zu­neh­men. Dies setzt aber vor­aus, dass ei­ne sol­che Leis­tungs­be­stim­mung be­reits al­le ein­zu­stel­len­den Umstände berück­sich­tigt.


b) Durch die Be­kannt­ga­be des Vor­stands­be­schlus­ses vom 12. Au­gust 2008 über ei­nen ga­ran­tier­ten Bo­nus­pool in Höhe von 400 Mio. Eu­ro für die Mit­ar­bei­ter des Be­reichs DKIB Fron­tof­fice hat die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten we­der ei­ne ver­bind­li­che Leis­tungs­be­stim­mung des in­di­vi­du­el­len Bo­nus für das Jahr 2008 iSv. § 315 BGB vor­ge­nom­men noch dem Kläger oder der Grup­pe der DKIB Fron­tof­fice-Beschäftig­ten ein An­ge­bot auf Zah­lung ei­nes be­stimm­ten in­di­vi­du­el­len Bo­nus un­ter­brei­tet.

aa) Die Leis­tungs­be­stim­mung nach § 315 BGB kon­kre­ti­siert den Leis­tungs­in­halt, der vor­her auf­grund des ei­ner Par­tei zu­ste­hen­den Be­stim­mungs­rechts noch of­fen ist. Er­for­der­lich für die An­nah­me ei­ner Leis­tungs­be­stim­mung ist da­her, dass die Be­stim­mung kon­kret die dem Ver­trags­part­ner zu­ste­hen­de Leis­tung fest­legt. Auch wenn man da­von aus­geht, dass § 315 BGB ei­ne Teil-
 


- 10 -

leis­tungs­be­stim­mung zulässt (vgl. da­zu KG Ber­lin 19. Fe­bru­ar 1979 - 2 U 3612/78 - DB 1979, 1124; Pa­landt/Grüne­berg BGB 70. Aufl. § 315 Rn. 11; Er­man/Ha­ger BGB 13. Aufl. § 315 Rn. 14; en­ger Stau­din­ger/Rieb­le (2009) § 315 Rn. 296: nur, wenn [ver­trag­lich] aus­be­dun­gen), muss durch sie das Er­mes­sen hin­sicht­lich ei­nes Teils der Leis­tung ab­sch­ließend aus­geübt wer­den. Noch kei­ne Leis­tungs­be­stim­mung liegt hin­ge­gen vor, wenn der Be­stim­mungs-be­rech­ti­ge le­dig­lich ein­zel­ne, in die Abwägung ein­zu­stel­len­de Fak­to­ren fest­legt oder die Vor­aus­set­zun­gen für die endgülti­ge Leis­tungs­be­stim­mung schafft.

Da­nach ist die Fest­le­gung des Bo­nus­pools noch kei­ne Leis­tungs­be­stim­mung. Aus der Höhe des Pools lässt sich für den Kläger die Höhe sei­nes in­di­vi­du­el­len Bo­nus we­der ganz noch teil­wei­se be­stim­men. Viel­mehr han­delt es sich bei der Fest­le­gung des Pools le­dig­lich um ei­nen - nach den ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen nicht not­wen­di­gen - Fak­tor, der in die späte­re Leis­tungs­be­stim­mung ein­zu­be­zie­hen ist.


bb) Eben­so we­nig hat die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten mit der Be­kannt­ga­be der Vor­stands­ent­schei­dung über den Bo­nus­pool dem Kläger oder der Grup­pe der DKIB Fron­tof­fice-Beschäftig­ten ge­genüber ein aus­drück­li­ches oder kon­klu­den­tes Ver­trags­an­ge­bot iSv. § 145 BGB auf Zah­lung von Bo­ni in be­stimm­ter Höhe ge­macht.


(1) Der ein­zel­ne Erklärungs­empfänger, der ver­trag­lich dem Grun­de nach ei­nen An­spruch auf ei­ne Bo­nus­zah­lung un­ter Berück­sich­ti­gung der Er­trags­la­ge und der in­di­vi­du­el­len Leis­tung hat­te, konn­te aus die­ser Erklärung nicht ab­lei­ten, dass da­mit sein in­di­vi­du­el­ler Bo­nus­an­spruch fest­ge­legt ist. Viel­mehr muss­te auch der Kläger vor dem Hin­ter­grund der Re­ge­lung in Ziff. 2 Buchst. b des Ar­beits­ver­trags da­von aus­ge­hen, dass noch of­fen ist, ob er über­haupt ei­nen Bo­nus oder ggf. in wel­cher Höhe er ei­nen Bo­nus er­hal­ten wer­de. Dies gilt auch des­halb, weil nach dem Ar­beits­ver­trag der Bo­nus­an­spruch die Fest­set­zung ei­nes Bo­nus­pools oder Bo­nus­vo­lu­mens we­der vor­sieht noch vor­aus­setzt. Dem steht auch nicht ent­ge­gen, dass der Bo­nus­pool nach dem Vor­stands­be­schluss aus Gründen der Mit­ar­bei­ter­sta­bi­li­sie­rung be­schlos­sen und be­kannt ge­ge­ben wer­den soll­te. Auch wenn man an­nimmt, dass der Kläger hier­von Kennt­nis
 


- 11 -

er­langt hat oder die­ser Um­stand bei ob­jek­ti­ver Be­trach­tung für ihn er­kenn­bar war (vgl. zu die­ser Vor­aus­set­zung: BGH 5. Ok­to­ber 2006 - III ZR 166/05 - zu II 3 der Gründe, NJW 2006, 3777), konn­te er dar­aus nicht auf ei­ne ga­ran­tier­te in­di­vi­du­el­le Bo­nushöhe schließen.


(2) Auch die Be­kannt­ga­be der Fest­set­zung ei­nes Bo­nus­pools im Au­gust 2008 ist nicht als Ge­samt­zu­sa­ge auf ei­ne be­stimm­te Bo­nu­s­leis­tung für die Grup­pe der DKIB Fron­tof­fice-Beschäftig­ten an­zu­se­hen.

(a) Ei­ne Ge­samt­zu­sa­ge ist die an al­le Ar­beit­neh­mer des Be­triebs oder ei­nen nach abs­trak­ten Merk­ma­len be­stimm­ten Teil von ih­nen in all­ge­mei­ner Form ge­rich­te­te Erklärung des Ar­beit­ge­bers, zusätz­li­che Leis­tun­gen er­brin­gen zu wol­len (st. Rspr., zB BAG 17. No­vem­ber 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 19, AP BGB § 242 Be­trieb­li­che Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Be­trieb­li­che Übung Nr. 12). Ei­ne Ge­samt­zu­sa­ge setzt ei­ne be­wuss­te und ge­ziel­te Be­kannt­ga­be an die Ar­beit­neh­mer vor­aus (vgl. BAG 28. Ju­ni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 32, BA­GE 118, 360).


(b) Dafür, dass die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten mit der Be­kannt­ga­be des Bo­nus­pools ge­genüber den Beschäftig­ten des Be­reichs DKIB Fron­tof­fice ei­ne selbstständi­ge, von den ar­beits­ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen un­abhängi­ge Grund­la­ge für ei­nen Bo­nus­an­spruch schaf­fen woll­te, gibt die ab­ge­ge­be­ne Erklärung kei­ne An­halts­punk­te. Viel­mehr be­zog sich die Erklärung für die Ar­beit­neh­mer er­kenn­bar nur auf ei­nen Fak­tor für die späte­re Be­stim­mung ih­res je­wei­li­gen ver­trag­li­chen Bo­nus­an­spruchs.

cc) Al­ler­dings ist die Fest­set­zung des Bo­nus­pools und de­ren Be­kannt­ga­be an die Ar­beit­neh­mer nicht oh­ne recht­li­che Be­deu­tung. Viel­mehr hat sich die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten da­durch ver­pflich­tet, die­ses Bo­nus­vo­lu­men bei der Ausübung ih­res Er­mes­sens als ei­nen we­sent­li­chen Fak­tor zu­grun­de zu le­gen.


(1) Der nach § 315 BGB Be­stim­mungs­be­rech­tig­te kann das ihm zu­ste­hen­de Er­mes­sen im We­ge der Selbst­bin­dung vor­ab ein­schränken. In die­sem Fall
 


- 12 -

ver­hiel­te er sich wi­dersprüchlich und ver­stieße da­mit ge­gen die in § 242 BGB nie­der­ge­leg­ten Ge­bo­te von Treu und Glau­ben, wenn er oh­ne das Hin­zu­tre­ten be­son­de­rer Umstände von sei­ner ursprüng­li­chen Ent­schei­dung Ab­stand nähme (vgl. zur Ausübung des Di­rek­ti­ons­rechts: BAG 16. März 2010 - 3 AZR 31/09 - Rn. 26, BA­GE 133, 307; 17. De­zem­ber 1997 - 5 AZR 332/96 - zu IV 3 der Gründe, BA­GE 87, 311).


(2) Ein sol­cher Fall liegt vor. 


Den Beschäftig­ten des Be­reichs DKIB Fron­tof­fice wur­de durch das da­mals zuständi­ge Vor­stands­mit­glied in ei­nem sog. Busi­ness-Up­date vom 18. Au­gust 2008 und auf nach­fol­gen­den Ver­an­stal­tun­gen den Mit­ar­bei­tern die Bil­dung des Bo­nus­pools in Höhe von 400 Mio. Eu­ro ent­spre­chend dem Vor­stands­be­schluss vom 12. Au­gust 2008 mit­ge­teilt. Die Größe des Bo­nus­vo­lu­mens ist als Eu­ro­be­trag be­stimmt wor­den. Eben­so wur­den Geschäfts­be­reich und Ziel­grup­pe, für die die­ses Bo­nus­vo­lu­men ga­ran­tiert wer­den soll­te, fest­ge­legt. Da­mit han­delt es sich nicht le­dig­lich um ei­ne bloße In­aus­sicht­stel­lung ei­ner mögli­chen Größen­ord­nung ei­nes Bo­nus­vo­lu­mens oder die Mit­tei­lung über ei­nen ak­tu­el­len Sach­stand. Für ei­ne recht­li­che Re­le­vanz der Erklärung spricht deut­lich auch der Zweck des Bo­nus­pools, nämlich zu ver­hin­dern, dass Mit­ar­bei­ter den Ar­beit­ge­ber wech­seln. Nur so kann der Be­griff der „Mit­ar­bei­ter­sta­bi­lität“ ver­stan­den wer­den. Da­mit konn­ten die DKIB Fron­tof­fice-Beschäftig­ten der Erklärung ein ge­wis­ses Maß an Ver­bind­lich­keit hin­sicht­lich des aus­zuschütten­den Bo­nus­vo­lu­mens zu­mes­sen. Dar­an war die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten grundsätz­lich ge­bun­den und ver­pflich­tet, das zu­ge­sag­te Bo­nus­vo­lu­men als we­sent­li­chen Um­stand in die späte­re Ent­schei­dung über die in­di­vi­du­el­le Bo­nushöhe ein­zu­be­zie­hen.

c) Das Schrei­ben vom 28. Ok­to­ber 2008 rich­tet sich nach sei­nem aus­drück­li­chen Wort­laut an al­le Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter mit Aus­nah­me der Beschäftig­ten des Be­reichs DKIB Fron­tof­fice. Des­we­gen kann der Kläger aus der Zu­sa­ge ei­nes Bo­nus­vo­lu­mens in Höhe von 100 % des Bo­nus­vo­lu­mens 2007 für die an­de­ren Beschäftig­ten kei­ne Rechts­fol­gen her­lei­ten (zu den Rechts­wir­kun­gen des Schrei­bens vom 28. Ok­to­ber 2008: BAG 12. Ok­to­ber


- 13 -

2011 - 10 AZR 649/10 - [Ta­rif­beschäftig­te] und - 10 AZR 165/11 - [außer­ta­rif­li­che An­ge­stell­te]).

d) Auch im „Bo­nus­brief“ vom 19. De­zem­ber 2008 liegt kei­ne rechts­ver­bind­li­che Fest­le­gung der Höhe des in­di­vi­du­el­len Bo­nus des Klägers. Viel­mehr han­delt es sich um ei­ne bloße Wis­sens­erklärung (vgl. da­zu BAG 15. März 2011 - 1 AZR 808/09 - Rn. 16, EzA Be­trVG 2001 § 112 Nr. 40; 29. Sep­tem­ber 2010 - 3 AZR 546/08 - Rn. 16 ff., AP Be­trAVG § 9 Nr. 23) darüber, wel­che Bo­nus­ansprüche sich un­ter Berück­sich­ti­gung der Leis­tung des Klägers und ei­ner be­stimm­ten wirt­schaft­li­chen Si­tua­ti­on zum Aus­zah­lungs­zeit­punkt er­ge­ben. Dies er­gibt ei­ne Aus­le­gung des Schrei­bens.


Nach dem Schrei­ben wur­de der dar­in ge­nann­te Be­trag „vorläufig“ fest­ge­setzt. Die­se vorläufi­ge Fest­set­zung soll­te darüber hin­aus un­ter dem „Vor­be­halt ei­nes Re­views“ ste­hen, so­fern sich die Er­geb­nis­si­tua­ti­on der DKIB we­sent­lich ver­schlech­te­re. Verstärkt wird dies durch den Hin­weis, dass sich die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten das Recht vor­be­hal­te, die vorläufi­ge Bo­nus­fest­set­zung zu über­prüfen und den Be­trag zu re­du­zie­ren. Erst für Fe­bru­ar 2009 ist ei­ne Auf­stel­lung der „endgülti­gen va­ria­blen Vergütung“ an­gekündigt. Bei die­sem Wort­laut konn­te der Kläger nach Er­halt die­ses Schrei­bens nicht da­von aus­ge­hen, dass die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten mit dem „Bo­nus­brief“ die Leis­tungs­be­stim­mung be­reits endgültig vor­ge­nom­men hat. Auch ei­ne Berück­sich­ti­gung der Ge­samt­umstände, un­ter de­nen das Schrei­ben vom 19. De­zem­ber 2008 dem Kläger über­mit­telt wur­de, führt zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis. Aus der Fest­le­gung ei­nes ga­ran­tier­ten Bo­nus­vo­lu­mens im Au­gust 2008 lässt sich nicht ent­neh­men, dass be­reits im De­zem­ber 2008 ei­ne ver­bind­li­che Fest­set­zung sei­nes in­di­vi­du­el­len Bo­nus er­fol­gen wer­de. Auch wenn dies in der Ver­gan­gen­heit so ge­hand­habt wor­den sein soll­te, macht der Wort­laut des Schrei­bens hin­rei­chend deut­lich, dass für das Jahr 2008 an ei­ner ent­spre­chen­den - durch den Ver­trag nicht vor­ge­ge­be­nen - Pra­xis nicht fest­ge­hal­ten wird. Ge­ra­de die Ab­wei­chung von ei­ner frühe­ren Hand­ha­bung bie­tet im Übri­gen An­lass für den Erklärungs­empfänger, frühe­re Deu­tun­gen nicht oh­ne Wei­te­res zu über-neh­men. Auch aus der E-Mail vom 20. Ok­to­ber 2008 er­gibt sich nichts an­de­res.
 


- 14 -

Dort ist zwar die Re­de da­von, dass die am 19. De­zem­ber 2008 mit­zu­tei­len­den Bo­ni mit der Vergütung des Mo­nats Ja­nu­ar 2009 ge­zahlt wer­den. Es mag des­halb sein, dass die Beschäftig­ten die Er­war­tung hat­ten, dass im De­zem­ber 2008 ei­ne ver­bind­li­che Fest­le­gung er­folgt. Durch die Nut­zung ei­ner kla­ren Wort­wahl im Schrei­ben vom 19. De­zem­ber 2008 hat die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten je­doch hin­rei­chend deut­lich ge­macht, dass dies nicht der Fall ist. Auch der Hin­weis auf die ar­beits­ver­trag­li­che Stich­tags­re­ge­lung führt - oh­ne dass es auf de­ren Wirk­sam­keit ankäme - zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis.

Ent­ge­gen der An­nah­me der Re­vi­si­on führt die grundsätz­li­che Be­din­gungs­feind­lich­keit ei­ner Leis­tungs­be­stim­mung nach § 315 BGB nicht un­abhängig vom Cha­rak­ter der Erklärung da­zu, dass le­dig­lich die Be­din­gung entfällt und die Leis­tungs­be­stim­mung da­mit vor­liegt. Er­gibt viel­mehr die Aus­le­gung der Erklärung, dass es an ei­nem Rechts­bin­dungs­wil­len fehlt, so liegt kei­ne Leis­tungs­be­stim­mung im ge­setz­li­chen Sinn vor. Da es an ei­ner ver­bind­li­chen Erklärung fehlt, kommt es auch nicht dar­auf an, ob der ent­hal­te­ne Vor­be­halt ei­ner In­halts­kon­trol­le nach § 305 ff. BGB stand­hal­ten würde.

3. Die Leis­tungs­be­stim­mung vom 18. Fe­bru­ar 2009 ent­spricht der Bil­lig­keit (§ 315 BGB); dem Kläger steht kein wei­te­rer Bo­nus­an­spruch zu.


a) Ob die Ent­schei­dung der Bil­lig­keit ent­spricht, un­ter­liegt der vol­len ge­richt­li­chen Kon­trol­le, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB (vgl. BAG 23. Ja­nu­ar 2007 - 9 AZR 624/06 - Rn. 29, AP AVR Dia­ko­ni­sches Werk § 1 Nr. 14). Die­se Sach­ent­schei­dung ist we­gen der zu berück­sich­ti­gen­den Umstände des Ein­zel­falls vor­ran­gig den Tat­sa­chen­ge­rich­ten vor­be­hal­ten (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b und B IV 1 der Gründe, AP TVG § 1 Al­ters­teil­zeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Al­ters­teil­zeit Nr. 15; vgl. zur Kon­tro­ver­se über den Um­fang der re­vi­si­ons­recht­li­chen Über­prüfung: GMP/Müller-Glöge 7. Aufl. § 73 Rn. 10).


b) Da­nach ist die Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts, die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten ha­be bei der Bo­nus­fest­set­zung die Grundsätze bil­li­gen Er­mes­sens be­ach­tet, im Er­geb­nis nicht zu be­an­stan­den.
 


- 15 -

Die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten hat al­le nach der ver­trag­li­chen Re­ge­lung we­sent­li­chen Umstände in ih­re Abwägung ein­be­zo­gen und an­ge­mes­sen ge­wich­tet. Da­bei muss­te sie zunächst - an­ders als wohl das Lan­des­ar­beits­ge­richt an­nimmt - die Zu­sa­ge des Bo­nus­pools in Höhe von 400 Mio. Eu­ro als we­sent­li­chen Um­stand in ih­re Erwägun­gen ein­be­zie­hen. Sie war da­her durch ih­re Zu­sa­ge ge­hin­dert, von die­sem Pool als Aus­gangs­ba­sis für die Be­stim­mung des in­di­vi­du­el­len Bo­nus ab­zu­wei­chen, oh­ne dass dafür be­son­ders ge­wich­ti­ge Umstände vor­la­gen. Sol­che Umstände la­gen aber mit ei­nem vorläufi­gen ne­ga­ti­ven ope­ra­ti­ven Er­geb­nis der DKIB von 5,751 Mrd. Eu­ro, wel­ches sich im Jah­res­ab­schluss noch auf 6,275 Mrd. Eu­ro ver­schlech­ter­te, vor. Da­bei han­delt es sich nicht nur - wie viel­leicht im Jahr 2007 - um ein ne­ga­ti­ves Er­geb­nis, von des­sen Aus­gleich im Fol­ge­jahr aus­zu­ge­hen war und das ei­ne Kürzung der Bo­nus­zah­lun­gen ver­zicht­bar er­schei­nen ließ. Viel­mehr macht auch die Zu­fuhr von Ka­pi­tal in Höhe von 4 Mrd. Eu­ro durch die Be­klag­te, die wie­der­um Mit­tel im Um­fang von et­wa 18,2 Mrd. Eu­ro aus dem SoFF­in in An­spruch nahm, deut­lich, dass es sich nicht um ei­ne Si­tua­ti­on im Rah­men des nor­ma­len Geschäfts­ver­laufs oder übli­cher Schwan­kungs­brei­ten han­del­te. Die­se Aus­nah­me­si­tua­ti­on lässt es auch un­ter Berück­sich­ti­gung der Leis­tung des Klägers nicht un­an­ge­mes­sen er­schei­nen, den aus­zuschütten­den Bo­nus­an­spruch ge­genüber dem zu­ge­sag­ten Vo­lu­men auf et­was mehr als 10 % zu re­du­zie­ren. Dem steht auch nicht ent­ge­gen, dass mögli­cher­wei­se die Er­trags­la­ge bei der Fest­set­zung der Bo­nushöhe in den Vor­jah­ren nicht oder nicht maßgeb­lich berück­sich­tigt wor­den ist. Dafür, dass sich die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten ent­ge­gen der ver­trag­li­chen Re­ge­lung dau­er­haft zu ei­ner sol­chen Hand­ha­bung ver­pflich­ten woll­te, gibt es kei­ne An­halts­punk­te.


Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on ist bei der Ausübung des Er­mes­sens die in­di­vi­du­el­le Leis­tung des Klägers berück­sich­tigt wor­den. Die Höhe des aus­ge­zahl­ten An­spruchs ori­en­tier­te sich an dem vorläufig mit­ge­teil­ten Be­trag in dem „Bo­nus­brief“ vom 19. De­zem­ber 2008, der un­ter Leis­tungs­ge­sichts­punk­ten be­stimmt wur­de. Die­sen Be­trag hat die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten (nur) verhält­nismäßig gekürzt. Zu­guns­ten des Klägers ist der sich
 


- 16 -

er­ge­ben­de Be­trag auf ein Mo­nats­ge­halt auf­ge­stockt wor­den; auch in der Höhe sei­nes Ge­halts wird die in­di­vi­du­el­le Si­tua­ti­on des Klägers ab­ge­bil­det.


II. Ein An­spruch auf ei­ne be­stimm­te Bo­nushöhe er­gibt sich we­der un­ter dem Ge­sichts­punkt des ar­beits­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes (vgl. zu­letzt BAG 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 12 ff., NZA 2011, 1047) noch aus be­trieb­li­cher Übung (vgl. zu­letzt BAG 8. De­zem­ber 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 11, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51).

1. Hin­sicht­lich der gel­tend ge­mach­ten Un­gleich­be­hand­lung ge­genüber den Beschäftig­ten des Be­reichs DKIB Back­of­fice fehlt es schon an An­halts­punk­ten dafür, dass die Vergütungs­sys­te­me der bei­den Beschäftig­ten­grup­pen im Hin­blick auf die un­ter­schied­li­che Tätig­keit und den un­ter­schied­li­chen Ein­fluss auf das Geschäfts­er­geb­nis ver­gleich­bar sind. Die Be­klag­te hat hier­auf hin­ge­wie­sen, oh­ne dass der Kläger dem sub­stan­zi­iert ent­ge­gen­ge­tre­ten ist. Im Übri­gen führt auch die Fest­le­gung ei­nes Bo­nus­vo­lu­mens ent­spre­chend dem Schrei­ben vom 28. Ok­to­ber 2008 nach der Recht­spre­chung des Se­nats (BAG 12. Ok­to­ber 2011 - 10 AZR 165/11 -) außer­halb des An­wen­dungs­be­reichs der „Be­triebs­ver­ein­ba­rung über das Bo­nus­sys­tem im Ta­rif­be­reich“ (BV Bo­nus im Ta­rif) nicht zu ei­nem An­spruch auf ei­nen be­stimm­ten in­di­vi­du­el­len Bo­nus.


2. Ein An­spruch aus be­trieb­li­cher Übung kommt schon des­halb nicht in Be­tracht, weil die Zah­lung des Bo­nus in der Ver­gan­gen­heit auf aus­drück­li­cher ver­trag­li­cher Grund­la­ge er­folgt ist. An­halts­punk­te dafür, dass die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten ei­ne wei­te­re, hier­von un­abhängi­ge Leis­tung gewähren woll­te, hat der Kläger nicht vor­ge­tra­gen.


III. Mögli­che Scha­dens­er­satz­ansprüche des Klägers un­ter dem Blick­win­kel des enttäusch­ten Ver­trau­ens auf In­halt und Reich­wei­te der Erklärung vom Au­gust 2008 sind nicht Streit­ge­gen­stand die­ses Rechts­streits.



- 17 -

IV. Der Kläger hat die Kos­ten sei­nes er­folg­lo­sen Rechts­mit­tels zu tra­gen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Mi­kosch 

Ey­lert 

W. Rein­fel­der

Ri­go Züfle 

Ste­fan Flu­ri

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 


zur Übersicht 10 AZR 746/10