HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

EuGH, Ur­teil vom 22.02.2018, C-103/16 - Por­ras Gu­i­sa­do

   
Schlagworte: Kündigungsschutz, Schwangerschaft, Massenentlassung, Mutterschutz, Unkündbarkeit
   
Gericht: Europäischer Gerichtshof
Aktenzeichen: C-103/16
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 22.02.2018
   
Leitsätze: 1. Art. 10 Nr. 1 der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) ist dahin auszulegen, dass er nicht einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Kündigung einer schwangeren Arbeitnehmerin aufgrund einer Massenentlassung im Sinne von Art. 1 Nr. 1 Buchst. a der Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen zulässig ist.
2. Art. 10 Nr. 2 der Richtlinie 92/85 ist dahin auszulegen, dass er nicht einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der ein Arbeitgeber einer schwangeren Arbeitnehmerin im Rahmen einer Massenentlassung kündigen kann, ohne ihr weitere Gründe zu nennen als diejenigen, die die Massenentlassung rechtfertigen, solange die sachlichen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer angegeben werden.
3. Art. 10 Nr. 1 der Richtlinie 92/85 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Kündigung von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen nicht grundsätzlich präventiv verboten ist und im Fall einer widerrechtlichen Kündigung nur deren Unwirksamkeit als Wiedergutmachung vorgesehen ist.
4. Art. 10 Nr. 1 der Richtlinie 92/85 ist dahin auszulegen, dass er nicht einer nationalen Regelung entgegensteht, die im Rahmen einer Massenentlassung im Sinne der Richtlinie 98/59 für schwangere Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen oder stillende Arbeitnehmerinnen weder einen Vorrang der Weiterbeschäftigung noch einen Vorrang der anderweitigen Verwendung vor dieser Entlassung vorsieht. Dies schließt jedoch nicht die für Mitgliedstaaten bestehende Möglichkeit aus, schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen oder stillenden Arbeitnehmerinnen einen weiter gehenden Schutz zu gewähren.
Vorinstanzen:
   

UR­TEIL DES GERICH­TSHOFS (Drit­te Kam­mer)

22. Fe­bru­ar 2018(*)

„Vor­la­ge zur Vor­ab­ent­schei­dung - So­zi­al­po­li­tik - Richt­li­nie 92/85/EWG - Maßnah­men zur Ver­bes­se­rung der Si­cher­heit und des Ge­sund­heits­schut­zes von schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen und stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen am Ar­beits­platz - Art. 2 Buchst. a - Art. 10 Nrn. 1 bis 3 - Ver­bot der Kündi­gung ei­ner Ar­beit­neh­me­rin während der Zeit vom Be­ginn ih­rer Schwan­ger­schaft bis zum En­de ih­res Mut­ter­schafts­ur­laubs - An­wen­dungs­be­reich - Νicht mit dem Zu­stand der be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­me­rin in Zu­sam­men­hang ste­hen­de Aus­nah­mefälle - Richt­li­nie 98/59/EG - Mas­sen­ent­las­sun­gen - Art. 1 Abs. 1 Buchst. a - Gründe, die nicht in der Per­son der Ar­beit­neh­mer lie­gen - Im Rah­men ei­ner Mas­sen­ent­las­sung ent­las­se­ne schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin - Be­gründung der Ent­las­sung - Vor­ran­gi­ge Wei­ter­beschäfti­gung der Ar­beit­neh­me­rin - Vor­ran­gi­ge an­der­wei­ti­ge Ver­wen­dung“

In der Rechts­sa­che C-103/16

be­tref­fend ein Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen nach Art. 267 AEUV, ein­ge­reicht vom Tri­bu­nal Su­pe­ri­or de Jus­ti­cia de Ca­ta­luña (Obers­tes Ge­richt von Ka­ta­lo­ni­en, Spa­ni­en) mit Ent­schei­dung vom 20. Ja­nu­ar 2016, beim Ge­richts­hof ein­ge­gan­gen am 19. Fe­bru­ar 2016, in dem Ver­fah­ren

Jes­si­ca Por­ras Gu­i­sa­do

ge­gen

Ban­kia SA,

Sección Sin­di­cal de Ban­kia de CCOO,

Sección Sin­di­cal de Ban­kia de UGT,

Sección Sin­di­cal de Ban­kia de AC­CAM,

Sección Sin­di­cal de Ban­kia de SA­TE,

Sección Sin­di­cal de Ban­kia de CSI­CA,

Fon­do de Ga­rantía Sala­ri­al (Fo­ga­sa),

Be­tei­lig­ter:

Mi­nis­te­rio Fis­cal

erlässt

DER GERICH­TSHOF (Drit­te Kam­mer)

un­ter Mit­wir­kung des Kam­mer­präsi­den­ten L. Bay Lar­sen so­wie der Rich­ter J. Ma­le­n­ovský, M. Saf­jan (Be­richt­er­stat­ter), D. Šváby und M. Vil­a­ras,

Ge­ne­ral­anwältin: E. Sharps­ton,

Kanz­ler: M. Fer­rei­ra, Haupt­ver­wal­tungsrätin,

auf­grund des schrift­li­chen Ver­fah­rens und auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 26. Ja­nu­ar 2017,

un­ter Berück­sich­ti­gung der Erklärun­gen

- der Ban­kia SA, ver­tre­ten durch C. Ro­dríguez Eli­as und V. García González, aboga­dos,

- der spa­ni­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch M.-J. García-Val­de­ca­sas Dor­re­go und A. Ga­ve­la Llo­pis als Be­vollmäch­tig­te,

- der Eu­ropäischen Kom­mis­si­on, ver­tre­ten durch C. Va­le­ro, A. Sz­myt­kow­s­ka und S. Par­do Quin­tillán als Be­vollmäch­tig­te,

nach Anhörung der Schluss­anträge der Ge­ne­ral­anwältin in der Sit­zung vom 14. Sep­tem­ber 2017

fol­gen­des

Ur­teil

1 Das Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen be­trifft die Aus­le­gung von Art. 10 Nrn. 1 und 2 der Richt­li­nie 92/85/EWG des Ra­tes vom 19. Ok­to­ber 1992 über die Durchführung von Maßnah­men zur Ver­bes­se­rung der Si­cher­heit und des Ge­sund­heits­schut­zes von schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen und stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen am Ar­beits­platz (zehn­te Ein­zel­richt­li­nie im Sin­ne des Ar­ti­kels 16 Ab­satz 1 der Richt­li­nie 89/391/EWG) (ABl. 1992, L 348, S. 1) und von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richt­li­nie 98/59/EG des Ra­tes vom 20. Ju­li 1998 zur An­glei­chung der Rechts­vor­schrif­ten der Mit­glied­staa­ten über Mas­sen­ent­las­sun­gen (ABl. 1998, L 225, S. 16).
2 Es er­geht im Rah­men ei­nes Rechts­streits zwi­schen Frau Jes­si­ca Por­ras Gu­i­sa­do auf der ei­nen und der Ban­kia SA, ver­schie­de­nen Be­triebs­grup­pen von Ge­werk­schaf­ten und dem Fon­do de Ga­rantía Sala­ri­al (Fo­ga­sa) (Lohn­aus­gleich­kas­se, Spa­ni­en) auf der an­de­ren Sei­te be­tref­fend die Rechtmäßig­keit der Kündi­gung von Frau Por­ras Gu­i­sa­do, die im Rah­men ei­ner Mas­sen­ent­las­sung vor­ge­nom­men wur­de, während sie schwan­ger war.

Recht­li­cher Rah­men

Uni­ons­recht

Richt­li­nie 92/85

3 Die Erwägungs­gründe 1, 7, 8 und 15 der Richt­li­nie 92/85 ha­ben fol­gen­den Wort­laut:

„Ar­ti­kel 118a des [EWG-]Ver­tra­ges sieht vor, dass der Rat durch Richt­li­ni­en Min­dest­vor­schrif­ten erlässt, um die Ver­bes­se­rung ins­be­son­de­re der Ar­beits­um­welt zu fördern und so die Si­cher­heit und die Ge­sund­heit der Ar­beit­neh­mer zu schützen.

Gemäß Ar­ti­kel 15 der Richt­li­nie 89/391/EWG des Ra­tes vom 12. Ju­ni 1989 über die Durchführung von Maßnah­men zur Ver­bes­se­rung der Si­cher­heit und des Ge­sund­heits­schut­zes der Ar­beit­neh­mer bei der Ar­beit [(ABl. 1989, L 183, S. 1)] müssen be­son­ders gefähr­de­te Ri­si­ko­grup­pen ge­gen die spe­zi­ell sie be­dro­hen­den Ge­fah­ren geschützt wer­den.

Da schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen und stil­len­de Ar­beit­neh­me­rin­nen in vie­ler­lei Hin­sicht als ei­ne Grup­pe mit be­son­de­ren Ri­si­ken be­trach­tet wer­den müssen, sind Maßnah­men für ih­re Si­cher­heit und ih­ren Ge­sund­heits­schutz zu tref­fen.

Die Ge­fahr, aus Gründen ent­las­sen zu wer­den, die mit ih­rem Zu­stand in Ver­bin­dung ste­hen, kann sich schädlich auf die phy­si­sche und psy­chi­sche Ver­fas­sung von schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen oder stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen aus­wir­ken; da­her ist es er­for­der­lich, ih­re Kündi­gung zu ver­bie­ten“.

4 Art. 1 („Ziel“) der Richt­li­nie 92/85 sieht in sei­nem Abs. 1 vor:

„Ziel die­ser Richt­li­nie, die die zehn­te Ein­zel­richt­li­nie im Sin­ne von Ar­ti­kel 16 Ab­satz 1 der Richt­li­nie 89/391/EWG dar­stellt, ist die Durchführung von Maßnah­men zur Ver­bes­se­rung der Si­cher­heit und des Ge­sund­heits­schut­zes von schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen und stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen am Ar­beits­platz.“

5 Art. 2 („De­fi­ni­tio­nen“) der Richt­li­nie 92/85 lau­tet:

„Im Sin­ne die­ser Richt­li­nie gilt als

a) „schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin“ je­de schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin, die den Ar­beit­ge­ber gemäß den ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten und/oder Ge­pflo­gen­hei­ten von ih­rer Schwan­ger­schaft un­ter­rich­tet;

b) „Wöch­ne­rin“ je­de Ar­beit­neh­me­rin kurz nach ei­ner Ent­bin­dung im Sin­ne der ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten und/oder Ge­pflo­gen­hei­ten, die den Ar­beit­ge­ber gemäß die­sen Rechts­vor­schrif­ten und/oder Ge­pflo­gen­hei­ten von ih­rer Ent­bin­dung un­ter­rich­tet;

c) „stil­len­de Ar­beit­neh­me­rin“ je­de stil­len­de Ar­beit­neh­me­rin im Sin­ne der ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten und/oder Ge­pflo­gen­hei­ten, die den Ar­beit­ge­ber gemäß die­sen Rechts­vor­schrif­ten und/oder Ge­pflo­gen­hei­ten darüber un­ter­rich­tet, dass sie stillt.“

6 Art. 10 („Ver­bot der Kündi­gung“) der Richt­li­nie 92/85 be­stimmt:

„Um den Ar­beit­neh­me­rin­nen im Sin­ne des Ar­ti­kels 2 die Ausübung der in die­sem Ar­ti­kel an­er­kann­ten Rech­te in Be­zug auf ih­re Si­cher­heit und ih­ren Ge­sund­heits­schutz zu gewähr­leis­ten, wird Fol­gen­des vor­ge­se­hen:

1. Die Mit­glied­staa­ten tref­fen die er­for­der­li­chen Maßnah­men, um die Kündi­gung der Ar­beit­neh­me­rin­nen im Sin­ne des Ar­ti­kels 2 während der Zeit vom Be­ginn der Schwan­ger­schaft bis zum En­de des Mut­ter­schafts­ur­laubs nach Ar­ti­kel 8 Ab­satz 1 zu ver­bie­ten; da­von aus­ge­nom­men sind die nicht mit ih­rem Zu­stand in Zu­sam­men­hang ste­hen­den Aus­nah­mefälle, die ent­spre­chend den ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten und/oder Ge­pflo­gen­hei­ten zulässig sind, wo­bei ge­ge­be­nen­falls die zuständi­ge Behörde ih­re Zu­stim­mung er­tei­len muss.

2. Wird ei­ner Ar­beit­neh­me­rin im Sin­ne des Ar­ti­kels 2 während der in Num­mer 1 ge­nann­ten Zeit gekündigt, so muss der Ar­beit­ge­ber schrift­lich be­rech­tig­te Kündi­gungs­gründe anführen.

3. Die Mit­glied­staa­ten tref­fen die er­for­der­li­chen Maßnah­men, um Ar­beit­neh­me­rin­nen im Sin­ne des Ar­ti­kels 2 vor den Fol­gen ei­ner nach Num­mer 1 wi­der­recht­li­chen Kündi­gung zu schützen.“

Richt­li­nie 98/59

7 Die Erwägungs­gründe 2 bis 4 und 7 der Richt­li­nie 98/59 lau­ten:

„(2) Un­ter Berück­sich­ti­gung der Not­wen­dig­keit ei­ner aus­ge­wo­ge­nen wirt­schaft­li­chen und so­zia­len Ent­wick­lung in der Ge­mein­schaft ist es wich­tig, den Schutz der Ar­beit­neh­mer bei Mas­sen­ent­las­sun­gen zu verstärken.

(3) Trotz ei­ner kon­ver­gie­ren­den Ent­wick­lung be­ste­hen wei­ter­hin Un­ter­schie­de zwi­schen den in den Mit­glied­staa­ten gel­ten­den Be­stim­mun­gen hin­sicht­lich der Vor­aus­set­zun­gen und des Ver­fah­rens für Mas­sen­ent­las­sun­gen so­wie hin­sicht­lich der Maßnah­men, die die Fol­gen die­ser Ent­las­sun­gen für die Ar­beit­neh­mer mil­dern könn­ten.

(4) Die­se Un­ter­schie­de können sich auf das Funk­tio­nie­ren des Bin­nen­mark­tes un­mit­tel­bar aus­wir­ken.

(7) Da­her muss auf die­se An­glei­chung auf dem We­ge des Fort­schritts im Sin­ne des Ar­ti­kels 117 EG-Ver­trag hin­ge­wirkt wer­den“.

8 Art. 1 („Be­griffs­be­stim­mun­gen und An­wen­dungs­be­reich“) der Richt­li­nie 98/59 be­stimmt in sei­nem Abs. 1 Buchst. a:

„Für die Durchführung die­ser Richt­li­nie gel­ten fol­gen­de Be­griffs­be­stim­mun­gen:

a) ‚Mas­sen­ent­las­sun­gen‘ sind Ent­las­sun­gen, die ein Ar­beit­ge­ber aus ei­nem oder meh­re­ren Gründen, die nicht in der Per­son der Ar­beit­neh­mer lie­gen, vor­nimmt und bei de­nen – nach Wahl der Mit­glied­staa­ten – die Zahl der Ent­las­sun­gen

i) ent­we­der in­ner­halb ei­nes Zeit­raums von 30 Ta­gen

– min­des­tens 10 in Be­trie­ben mit in der Re­gel mehr als 20 und we­ni­ger als 100 Ar­beit­neh­mern,

– min­des­tens 10 v. H. der Ar­beit­neh­mer in Be­trie­ben mit in der Re­gel min­des­tens 100 und we­ni­ger als 300 Ar­beit­neh­mern,

– min­des­tens 30 in Be­trie­ben mit in der Re­gel min­des­tens 300 Ar­beit­neh­mern,

ii) oder in­ner­halb ei­nes Zeit­raums von 90 Ta­gen min­des­tens 20, und zwar un­abhängig da­von, wie vie­le Ar­beit­neh­mer in der Re­gel in dem be­tref­fen­den Be­trieb beschäftigt sind,

beträgt“.

9 Art. 2 („In­for­ma­ti­on und Kon­sul­ta­ti­on“) die­ser Richt­li­nie sieht in sei­nen Abs. 1 bis 3 vor:

„(1) Be­ab­sich­tigt ein Ar­beit­ge­ber, Mas­sen­ent­las­sun­gen vor­zu­neh­men, so hat er die Ar­beit­neh­mer­ver­tre­ter recht­zei­tig zu kon­sul­tie­ren, um zu ei­ner Ei­ni­gung zu ge­lan­gen.

(2) Die­se Kon­sul­ta­tio­nen er­stre­cken sich zu­min­dest auf die Möglich­keit, Mas­sen­ent­las­sun­gen zu ver­mei­den oder zu be­schränken, so­wie auf die Möglich­keit, ih­re Fol­gen durch so­zia­le Be­gleit­maßnah­men, die ins­be­son­de­re Hil­fen für ei­ne an­der­wei­ti­ge Ver­wen­dung oder Um­schu­lung der ent­las­se­nen Ar­beit­neh­mer zum Ziel ha­ben, zu mil­dern.

Die Mit­glied­staa­ten können vor­se­hen, dass die Ar­beit­neh­mer­ver­tre­ter gemäß den in­ner­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten und/oder Prak­ti­ken Sach­verständi­ge hin­zu­zie­hen können.

(3) Da­mit die Ar­beit­neh­mer­ver­tre­ter kon­struk­ti­ve Vor­schläge un­ter­brei­ten können, hat der Ar­beit­ge­ber ih­nen recht­zei­tig im Ver­lauf der Kon­sul­ta­tio­nen

a) die zweck­dien­li­chen Auskünf­te zu er­tei­len und

b) in je­dem Fall schrift­lich Fol­gen­des mit­zu­tei­len:

i) die Gründe der ge­plan­ten Ent­las­sung;

ii) die Zahl und die Ka­te­go­ri­en der zu ent­las­sen­den Ar­beit­neh­mer;

iii) die Zahl und die Ka­te­go­ri­en der in der Re­gel beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer;

iv) den Zeit­raum, in dem die Ent­las­sun­gen vor­ge­nom­men wer­den sol­len;

v) die vor­ge­se­he­nen Kri­te­ri­en für die Aus­wahl der zu ent­las­sen­den Ar­beit­neh­mer, so­weit die in­ner­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten und/oder Prak­ti­ken dem Ar­beit­ge­ber die Zuständig­keit dafür zu­er­ken­nen;

vi) die vor­ge­se­he­ne Me­tho­de für die Be­rech­nung et­wai­ger Ab­fin­dun­gen, so­weit sie sich nicht aus den in­ner­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten und/oder Prak­ti­ken er­ge­ben.

Der Ar­beit­ge­ber hat der zuständi­gen Behörde ei­ne Ab­schrift zu­min­dest der in Un­ter­ab­satz 1 Buch­sta­be b) Zif­fern i) bis v) ge­nann­ten Be­stand­tei­le der schrift­li­chen Mit­tei­lung zu über­mit­teln.“

Spa­ni­sches Recht

10 Art. 51 des Tex­to re­fundi­do de la Ley del Es­ta­tu­to de los Tra­ba­ja­do­res, apro­ba­do por el Re­al De­cre­to Le­gis­la­tivo 1/1995 (Neu­fas­sung des Ge­set­zes über das Sta­tut der Ar­beit­neh­mer durch das Re­al De­cre­to Le­gis­la­tivo 1/1995), vom 24. März 1995 (BOE Nr. 75 vom 29. März 1995, S. 9654) in sei­ner auf den Sach­ver­halt des Aus­gangs­ver­fah­rens zeit­lich an­wend­ba­ren Fas­sung (im Fol­gen­den: Ar­beit­neh­mer­sta­tut) re­gelt Mas­sen­ent­las­sun­gen wie folgt:

„1. Als Mas­sen­ent­las­sung im Sin­ne [des Ar­beit­neh­mer­sta­tuts] gilt die Be­en­di­gung von Ar­beits­verträgen aus wirt­schaft­li­chen, tech­ni­schen, or­ga­ni­sa­to­ri­schen oder pro­duk­ti­ons­be­ding­ten Gründen, wenn sich die Be­en­di­gung in­ner­halb ei­nes Zeit­raums von 90 Ta­gen min­des­tens aus­wirkt auf

a) 10 Ar­beit­neh­mer in Un­ter­neh­men mit we­ni­ger als 100 Beschäftig­ten,

b) 10 % der Ar­beit­neh­mer in Un­ter­neh­men, die zwi­schen 100 und 300 Ar­beit­neh­mer beschäfti­gen,

c) 30 Ar­beit­neh­mer in Un­ter­neh­men, die mehr als 300 Ar­beit­neh­mer beschäfti­gen.

Wirt­schaft­li­che Gründe lie­gen vor, wenn das Un­ter­neh­mens­er­geb­nis ei­ne ne­ga­ti­ve wirt­schaft­li­che La­ge wi­der­spie­gelt, et­wa im Fall von be­reits rea­li­sier­ten oder zu er­war­ten­den Ver­lus­ten oder bei ei­nem an­hal­ten­den Rück­gang der gewöhn­li­chen Ein­nah­men oder der Umsätze. Von ei­nem an­hal­ten­den Rück­gang ist je­den­falls dann aus­zu­ge­hen, wenn während drei auf­ein­an­der­fol­gen­der Quar­ta­le das Ni­veau der gewöhn­li­chen Ein­nah­men oder des Um­sat­zes ei­nes je­den Quar­tals nied­ri­ger ausfällt als das im glei­chen Quar­tal des Vor­jah­res ver­zeich­ne­te Ni­veau.

2. Der Mas­sen­ent­las­sung müssen Kon­sul­ta­tio­nen der ge­setz­li­chen Ar­beit­neh­mer­ver­tre­ter für ei­ne Dau­er von nicht mehr als 30 Ka­len­der­ta­gen oder – bei Un­ter­neh­men mit we­ni­ger als 50 Ar­beit­neh­mern – 15 Ka­len­der­ta­gen vor­aus­ge­hen. Die Kon­sul­ta­tio­nen der ge­setz­li­chen Ar­beit­neh­mer­ver­tre­ter er­stre­cken sich zu­min­dest auf die Möglich­keit, Mas­sen­ent­las­sun­gen zu ver­mei­den oder zu be­schränken, so­wie auf die Möglich­keit, ih­re Fol­gen durch so­zia­le Be­gleit­maßnah­men wie Ver­la­ge­rungs­maßnah­men oder Maßnah­men zur be­ruf­li­chen Wei­ter­bil­dung oder Um­schu­lung zwecks Ver­bes­se­rung der Beschäfti­gungsfähig­keit zu mil­dern. Die Kon­sul­ta­tio­nen wer­den in ei­nem ein­zi­gen Ver­hand­lungs­gre­mi­um durch­geführt, wo­bei sich die­ses bei Be­ste­hen meh­re­rer Be­triebsstätten auf die­je­ni­gen be­schränkt, die von dem Mas­sen­ent­las­sungs­ver­fah­ren be­trof­fen sind. …

Die Mit­tei­lung über die Eröff­nung des Kon­sul­ta­ti­ons­zeit­raums er­folgt durch Schrei­ben des Ar­beit­ge­bers an die ge­setz­li­chen Ar­beit­neh­mer­ver­tre­ter, von dem ei­ne Ab­schrift der Ar­beits­behörde zu über­mit­teln ist. Das Schrei­ben muss fol­gen­de An­ga­ben ent­hal­ten:

a) die ge­naue An­ga­be der Gründe der Mas­sen­ent­las­sung nach Abs. 1;

b) die Zahl der von der Ent­las­sung be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer und die Be­rufs­grup­pen, de­nen sie an­gehören;

c) die Zahl der während des letz­ten Jah­res in der Re­gel beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer und die Be­rufs­grup­pen, de­nen sie an­gehören;

d) den Zeit­raum, in dem die Ent­las­sun­gen vor­ge­nom­men wer­den sol­len;

e) die Kri­te­ri­en, die bei der Aus­wahl der von der Ent­las­sung be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer berück­sich­tigt wur­den;

f) ei­ne Ab­schrift der von der Un­ter­neh­mens­lei­tung an die Ar­beit­neh­mer oder ih­re Ver­tre­ter ge­rich­te­ten Mit­tei­lung über die Ab­sicht, ein Mas­sen­ent­las­sungs­ver­fah­ren ein­zu­lei­ten;

g) die Iden­tität der Ar­beit­neh­mer­ver­tre­ter, die dem Ver­hand­lungs­gre­mi­um an­gehören, oder ge­ge­be­nen­falls den Hin­weis dar­auf, dass das Gre­mi­um nicht in­ner­halb der ge­setz­li­chen Fris­ten ge­bil­det wor­den ist;

5. Die ge­setz­li­chen Ver­tre­ter der Ar­beit­neh­mer sind in den in die­sem Ar­ti­kel ge­re­gel­ten Fällen vor­ran­gig im Un­ter­neh­men wei­ter­zu­beschäfti­gen. Durch Ta­rif­ver­trag oder in ei­ner während des Kon­sul­ta­ti­ons­zeit­raums ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­rung kann ein An­spruch auf vor­ran­gi­ge Wei­ter­beschäfti­gung für an­de­re Grup­pen wie Ar­beit­neh­mer mit fa­mi­liären Be­las­tun­gen, älte­re Ar­beit­neh­mer mit ei­nem be­stim­men Al­ter oder Be­hin­der­te ver­ein­bart wer­den.

…“

11 Art. 52 des Ar­beit­neh­mer­sta­tuts über die Be­en­di­gung des Ver­trags aus sach­li­chen Gründen sieht vor:

„Der Ar­beits­ver­trag kann be­en­det wer­den,

c) wenn ei­ner der in Art. 51 Abs. 1 [des Ar­beit­neh­mer­sta­tuts] ge­nann­ten Gründe vor­liegt und die Be­en­di­gung ei­ne ge­rin­ge­re als die dort ge­nann­te Zahl von Ar­beit­neh­mern be­trifft.

…“

12 In Art. 53 des Ar­beit­neh­mer­sta­tuts über die Form und die Wir­kun­gen der Be­en­di­gung des Ar­beits­ver­trags aus sach­li­chen Gründen heißt es:

„1. Die An­nah­me der Be­en­di­gungs­ver­ein­ba­rung nach dem vor­ste­hen­den Ar­ti­kel un­ter­liegt fol­gen­den Vor­aus­set­zun­gen:

a) Dem Ar­beit­neh­mer ist der Grund schrift­lich mit­zu­tei­len.

b) Dem Ar­beit­neh­mer ist gleich­zei­tig mit der Überg­a­be der schrift­li­chen Mit­tei­lung ei­ne Ab­fin­dung in Höhe von 20 Ta­ges­ent­gel­ten je Dienst­jahr zur Verfügung zu stel­len, wo­bei Zei­ten von we­ni­ger als ei­nem Jahr an­tei­lig auf Mo­nats­ba­sis be­rech­net wer­den und die Ober­gren­ze bei zwölf Mo­nats­ent­gel­ten liegt.

Be­ruht die auf Art. 52 Buchst. c [des Ar­beit­neh­mer­sta­tuts] gestütz­te Kündi­gungs­ent­schei­dung auf wirt­schaft­li­chen Gründen und kann die im vor­aus­ge­hen­den Un­ter­ab­satz ge­nann­te Ab­fin­dung auf­grund der wirt­schaft­li­chen Si­tua­ti­on nicht aus­ge­zahlt wer­den, kann der Ar­beit­ge­ber von ih­rer Zah­lung ab­se­hen und weist in der schrift­li­chen Mit­tei­lung dar­auf hin, das ihm dies unmöglich ist; das Recht des Ar­beit­neh­mers, die Zah­lung der Ab­fin­dung bei Wirk­sam­wer­den der Kündi­gung zu ver­lan­gen, bleibt hier­von un­berührt.

c) Es ist ei­ne Kündi­gungs­frist von 15 Ta­gen, be­rech­net ab der Überg­a­be der persönli­chen Mit­tei­lung an den Ar­beit­neh­mer bis zur Be­en­di­gung des Ar­beits­ver­trags, zu gewähren. Im Fal­le des Art. 52 Buchst. c er­hal­ten die ge­setz­li­chen Per­so­nal­ver­tre­ter zu In­for­ma­ti­ons­zwe­cken ei­ne Ab­schrift des Kündi­gungs­schrei­bens.

3. Ge­gen die Kündi­gungs­ent­schei­dung kann im Kla­ge­we­ge wie ge­gen ei­ne Kündi­gung aus dis­zi­pli­na­ri­schen Gründen vor­ge­gan­gen wer­den.

4. Ist das Mo­tiv der Kündi­gungs­ent­schei­dung des Ar­beit­ge­bers ei­ner der in der Ver­fas­sung oder im Ge­setz ver­bo­te­nen Dis­kri­mi­nie­rungs­gründe oder ist die Kündi­gung un­ter Ver­s­toß ge­gen die Grund­rech­te und Grund­frei­hei­ten des Ar­beit­neh­mers er­folgt, ist die Kündi­gungs­ent­schei­dung un­wirk­sam. Das Ge­richt stellt die Un­wirk­sam­keit von Amts we­gen fest.

Außer­dem ist ei­ne Kündi­gungs­ent­schei­dung in fol­gen­den Fällen un­wirk­sam:

a) wenn sie er­geht, während der Ar­beits­ver­trag we­gen Mut­ter­schaft, Gefähr­dung während der Schwan­ger­schaft, Gefähr­dung während des natürli­chen Stil­lens, ei­ner durch die Schwan­ger­schaft, die Ge­burt oder das natürli­che Stil­len ver­ur­sach­ten Krank­heit, ei­ner Ad­op­ti­on, Auf­nah­me ei­nes Pfle­ge­kin­des oder Va­ter­schaft im Sin­ne von Art. 45 Abs. 1 Buchst. d aus­ge­setzt ist oder wenn sie zeit­lich so zu­ge­stellt wird, dass die Kündi­gungs­frist während die­ses Aus­set­zungs­zeit­raums en­det;

b) wenn sie ei­ne schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin zwi­schen dem Be­ginn ih­rer Schwan­ger­schaft und dem Be­ginn des Aus­set­zungs­zeit­raums im Sin­ne des Buchst. a be­trifft oder wenn sie ei­nen Ar­beit­neh­mer, der ei­ne Frei­stel­lung nach Art. 37 Abs. 4, 4a und 5 be­an­tragt hat oder in An­spruch nimmt oder der ei­ne Be­ur­lau­bung nach Art. 46 Abs. 3 die­ses Ge­set­zes be­an­tragt hat oder in An­spruch nimmt, be­trifft; wenn sie ei­ne Ar­beit­neh­me­rin, die Op­fer ge­schlechts­spe­zi­fi­scher Ge­walt ist, we­gen der Ausübung ih­rer Rech­te auf ei­ne Ver­rin­ge­rung oder Um­or­ga­ni­sie­rung ih­rer Ar­beits­zeit, auf geo­gra­fi­sche Mo­bi­lität, auf ei­ne Ände­rung des Ar­beits­orts oder auf ei­ne Aus­set­zung des Ar­beits­ver­trags nach den vom [Ar­beit­neh­mer­sta­tut] an­er­kann­ten Be­din­gun­gen be­trifft;

c) wenn sie ei­nen Ar­beit­neh­mer nach Wie­der­auf­nah­me sei­ner Beschäfti­gung nach der Aus­set­zung des Ar­beits­ver­trags we­gen Mut­ter­schaft, Ad­op­ti­on, Auf­nah­me ei­nes Pfle­ge­kin­des oder Va­ter­schaft be­trifft, so­fern we­ni­ger als neun Mo­na­te seit der Ge­burt, der Ad­op­ti­on oder der Auf­nah­me als Pfle­ge­kind ver­gan­gen sind.

Die Be­stim­mun­gen der vor­ste­hen­den Absätze fin­den An­wen­dung, so­fern nicht in die­sen Fällen fest­ge­stellt wird, dass die Kündi­gungs­ent­schei­dung aus Gründen rechtmäßig ist, die nicht mit der Schwan­ger­schaft oder der Ausübung des Rechts auf die oben ge­nann­te Frei­stel­lung oder Be­ur­lau­bung in Ver­bin­dung ste­hen.

Die Kündi­gungs­ent­schei­dung gilt als be­gründet, wenn der Grund, auf dem sie be­ruht, nach­ge­wie­sen wird und die Vor­aus­set­zun­gen nach Abs. 1 des vor­lie­gen­den Ar­ti­kels erfüllt sind. An­de­ren­falls wird sie für un­be­gründet erklärt.

Das Un­ter­las­sen ei­ner Frist­set­zung oder ein ent­schuld­ba­rer Feh­ler bei der Be­rech­nung der Ab­fin­dung führen al­ler­dings nicht zur Un­be­gründet­heit der Kündi­gung, un­be­scha­det der Pflicht des Ar­beit­ge­bers, die die­sem Zeit­raum ent­spre­chen­den Gehälter oder den kor­rek­ten Be­trag der Ab­fin­dung zu zah­len, und zwar un­abhängig von den an­de­ren sich hier­aus er­ge­ben­den Wir­kun­gen.

5. Die Ent­schei­dung des Ge­richts, mit der die Un­wirk­sam­keit, die Be­gründet­heit oder die feh­len­de Be­gründung der Kündi­gungs­ent­schei­dung fest­ge­stellt wird, zieht vor­be­halt­lich der fol­gen­den Ab­wei­chun­gen die­sel­ben Wir­kun­gen nach sich wie die­je­ni­gen, die für Kündi­gun­gen aus dis­zi­pli­na­ri­schen Gründen vor­ge­se­hen sind:

a) wird die Kündi­gungs­ent­schei­dung für be­gründet erklärt, hat der Ar­beit­neh­mer An­spruch auf die Ab­fin­dung nach Abs. 1 des vor­lie­gen­den Ar­ti­kels, die bei ihm ver­bleibt, wenn er sie be­reits er­hal­ten hat, und gilt als ar­beits­los aus ihm nicht zu­re­chen­ba­ren Gründen;

b) wird die Kündi­gungs­ent­schei­dung für un­be­gründet erklärt und nimmt der Ar­beit­neh­mer sei­ne Beschäfti­gung beim Ar­beit­ge­ber wie­der auf, ist der Ar­beit­neh­mer zur Rück­zah­lung der er­hal­te­nen Ab­fin­dung ver­pflich­tet. Wird die Wie­der­ein­glie­de­rung in den Be­trieb durch ei­ne wirt­schaft­li­che Entschädi­gung er­setzt, wird die­se um den Be­trag der Ab­fin­dung ver­rin­gert.“

13 Art. 55 des Ar­beit­neh­mer­sta­tuts über die Form und die Wir­kun­gen der Kündi­gung aus dis­zi­pli­na­ri­schen Gründen be­stimmt in sei­nen Abs. 5 und 6:

„5. Ei­ne Kündi­gung, die auf ei­nem der in der Ver­fas­sung oder im Ge­setz ver­bo­te­nen Dis­kri­mi­nie­rungs­gründe be­ruht oder un­ter Ver­s­toß ge­gen die Grund­rech­te und Grund­frei­hei­ten des Ar­beit­neh­mers er­folgt, ist un­wirk­sam.

Außer­dem ist ei­ne Kündi­gung in fol­gen­den Fällen un­wirk­sam:

a) wenn sie er­folgt, während der Ar­beits­ver­trag we­gen Mut­ter­schaft, Gefähr­dung während der Schwan­ger­schaft, Gefähr­dung während des natürli­chen Stil­lens, ei­ner durch die Schwan­ger­schaft, die Ge­burt oder das natürli­che Stil­len ver­ur­sach­ten Krank­heit, ei­ner Ad­op­ti­on, Auf­nah­me ei­nes Pfle­ge­kin­des oder Va­ter­schaft im Sin­ne von Art. 45 Abs. 1 Buchst. d [des Ar­beit­neh­mer­sta­tuts] aus­ge­setzt ist, oder wenn sie zeit­lich so zu­ge­stellt wird, dass die Kündi­gungs­frist in­ner­halb die­ses Aus­set­zungs­zeit­raums en­det;

b) wenn sie schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin­nen zwi­schen dem Be­ginn der Schwan­ger­schaft und dem Be­ginn des Aus­set­zungs­zeit­raums im Sin­ne des vor­ste­hen­den Ab­sat­zes oder ei­nen Ar­beit­neh­mer, der ei­ne Frei­stel­lung nach Art. 37 Abs. 4, 4a und 5 be­an­tragt hat oder in An­spruch nimmt oder der ei­ne Be­ur­lau­bung nach Art. 46 Abs. 3 be­an­tragt hat oder in An­spruch nimmt, be­trifft; wenn sie ei­ne Ar­beit­neh­me­rin, die Op­fer ge­schlechts­spe­zi­fi­scher Ge­walt ist, we­gen der Ausübung ih­rer Rech­te auf ei­ne Ver­rin­ge­rung oder Um­or­ga­ni­sie­rung ih­rer Ar­beits­zeit, auf geo­gra­fi­sche Mo­bi­lität, auf ei­ne Ände­rung des Ar­beits­or­tes oder auf ei­ne Aus­set­zung des Ar­beits­ver­trags nach den vom [Ar­beit­neh­mer­sta­tut] an­er­kann­ten Be­din­gun­gen be­trifft;

c) wenn sie ei­nen Ar­beit­neh­mer be­trifft, der nach der Aus­set­zung des Ar­beits­ver­trags we­gen Mut­ter­schaft, Ad­op­ti­on, Auf­nah­me ei­nes Pfle­ge­kin­des oder Va­ter­schaft sei­ne Beschäfti­gung wie­der auf­ge­nom­men hat, so­fern we­ni­ger als neun Mo­na­te seit der Ge­burt, der Ad­op­ti­on oder der Auf­nah­me als Pfle­ge­kind ver­gan­gen sind.

Die Re­ge­lung der vor­ste­hen­den Absätze gilt, so­fern nicht in die­sen Fällen fest­ge­stellt wird, dass die Kündi­gung aus Gründen rechtmäßig ist, die nicht mit der Schwan­ger­schaft oder der Ausübung des Rechts auf die oben ge­nann­te Frei­stel­lung oder Be­ur­lau­bung zu­sam­menhängen.

6. Ei­ne für un­wirk­sam erklärte Kündi­gung be­wirkt die so­for­ti­ge Wie­der­her­stel­lung des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses und die Zah­lung des nicht er­hal­te­nen Ar­beits­ent­gelts.“

14 Art. 13 des Re­al De­cre­to 1483/2012 por el que se aprue­ba el Re­gla­men­to de los pro­ce­di­mi­en­tos de de­s­pi­do colec­tivo y de sus­pen­sión de con­tra­tos y re­duc­ción de jor­na­da (Re­al De­cre­to 1483/2012 zur An­nah­me der Ver­ord­nung über Mas­sen­ent­las­sungs­ver­fah­ren, die Aus­set­zung von Verträgen und Kurz­ar­beit) vom 29. Ok­to­ber 2012 (BOE Nr. 261 vom 30. Ok­to­ber 2012, S. 76292) be­stimmt:

„1. Gemäß den Re­ge­lun­gen von Art. 51 Abs. 5 und Art. 68 Buchst. b des [Ar­beit­neh­mer­sta­tuts] so­wie Art. 10 Abs. 3 der Ley Orgáni­ca 11/1985 de Li­ber­tad Sin­di­cal [(Ley Orgáni­ca 11/1985 über die Ver­ei­ni­gungs­frei­heit)] vom 2. Au­gust 1985 sind die ge­setz­li­chen Ar­beit­neh­mer­ver­tre­ter im Verhält­nis zu den an­de­ren vom Mas­sen­ent­las­sungs­ver­fah­ren be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer vor­ran­gig wei­ter­zu­beschäfti­gen.

2. Zu an­de­ren Grup­pen gehören­de Ar­beit­neh­mer wer­den eben­falls vor­ran­gig wei­ter­beschäftigt, wenn dies in ei­nem Ta­rif­ver­trag oder in der während des Kon­sul­ta­ti­ons­zeit­raums ge­schlos­se­nen Ver­ein­ba­rung ver­ein­bart wird, wie et­wa Ar­beit­neh­mer mit fa­mi­liären Be­las­tun­gen, Ar­beit­neh­mer mit ei­nem be­stimm­ten Al­ter oder Be­hin­der­te.

3. Das Un­ter­neh­men muss in der endgülti­gen Ent­schei­dung über die Mas­sen­ent­las­sung im Sin­ne von Ar­ti­kel 12 die Kündi­gung von Ar­beit­neh­mern, die An­spruch auf vor­ran­gi­ge Wei­ter­beschäfti­gung im Un­ter­neh­men ha­ben, recht­fer­ti­gen.“

15 Art. 122 Abs. 2 der Ley 36/2011, re­gu­la­do­ra de la ju­ris­dic­ción so­ci­al (Ge­setz 36/2011 über die Ar­beits- und So­zi­al­ge­richts­ord­nung), vom 10. Ok­to­ber 2011 (BOE Nr. 245 vom 11. Ok­to­ber 2011, S. 106584) in sei­ner auf den Sach­ver­halt des Aus­gangs­ver­fah­rens an­wend­ba­ren Fas­sung sieht vor:

„Die Kündi­gungs­ent­schei­dung ist un­wirk­sam:

b) wenn sie rechts­miss­bräuch­lich durch Um­ge­hung der für Mas­sen­ent­las­sun­gen gel­ten­den Be­stim­mun­gen in den Fällen des Art. 51 Abs. 1 letz­ter Un­ter­ab­satz [des Ar­beit­neh­mer­sta­tuts] ge­trof­fen wur­de;

c) wenn sie er­geht, während der Ar­beits­ver­trag we­gen Mut­ter­schaft, Gefähr­dung während der Schwan­ger­schaft, Gefähr­dung während des natürli­chen Stil­lens, ei­ner durch die Schwan­ger­schaft, die Ge­burt oder das natürli­che Stil­len ver­ur­sach­ten Krank­heit, ei­ner Ad­op­ti­on, Auf­nah­me ei­nes Pfle­ge­kin­des oder Va­ter­schaft im Sin­ne von Art. 45 Abs. 1 Buchst. d [des Ar­beit­neh­mer­sta­tuts] aus­ge­setzt ist, oder zeit­lich so zu­ge­stellt wird, dass die Kündi­gungs­frist in­ner­halb die­ses Aus­set­zungs­zeit­raums en­det;

d) wenn sie schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin­nen zwi­schen dem Be­ginn der Schwan­ger­schaft und dem Be­ginn des Aus­set­zungs­zeit­raums im Sin­ne von Buchst. c oder ei­nen Ar­beit­neh­mer, der ei­ne Frei­stel­lung nach Art. 37 Abs. 4, 4a und 5 [des Ar­beit­neh­mer­sta­tuts] be­an­tragt hat oder in An­spruch nimmt oder der ei­ne Be­ur­lau­bung nach Art. 46 Abs. 3 die­ses Sta­tuts be­an­tragt hat oder in An­spruch nimmt, be­trifft; wenn sie ei­ne Ar­beit­neh­me­rin, die Op­fer ge­schlechts­spe­zi­fi­scher Ge­walt ist, we­gen der Ausübung ih­rer Rech­te auf ei­ne Ver­rin­ge­rung oder Um­or­ga­ni­sie­rung ih­rer Ar­beits­zeit, auf geo­gra­fi­sche Mo­bi­lität, auf ei­ne Ände­rung des Ar­beits­orts oder auf ei­ne Aus­set­zung des Ar­beits­ver­trags gemäß den vom [Ar­beit­neh­mer­sta­tut] an­er­kann­ten Be­din­gun­gen, be­trifft;

e) wenn sie ei­nen Ar­beit­neh­mer be­trifft, der nach der Aus­set­zung des Ar­beits­ver­trags we­gen Mut­ter­schaft, Ad­op­ti­on, Auf­nah­me ei­nes Pfle­ge­kin­des oder Va­ter­schaft sei­ne Beschäfti­gung wie­der auf­ge­nom­men hat, so­fern we­ni­ger als neun Mo­na­te seit der Ge­burt, der Ad­op­ti­on oder der Auf­nah­me als Pfle­ge­kind ver­gan­gen sind.

Die Re­ge­lung in den Buchst. c, d und e gilt, so­fern nicht in die­sen Fällen fest­ge­stellt wird, dass die Kündi­gung auf Gründen be­ruht, die nicht mit der Schwan­ger­schaft oder der Ausübung des Rechts auf die oben ge­nann­te Frei­stel­lung oder Be­ur­lau­bung zu­sam­menhängen.

…“

Aus­gangs­ver­fah­ren und Vor­la­ge­fra­gen

16 Frau Por­ras Gu­i­sa­do wur­de am 18. April 2006 von Ban­kia ein­ge­stellt.
17 Am 9. Ja­nu­ar 2013 be­gan­nen we­gen ei­ner ge­plan­ten Mas­sen­ent­las­sung Kon­sul­ta­tio­nen zwi­schen Ban­kia und den Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tern, nämlich den Be­triebs­grup­pen der Ge­werk­schaf­ten CCOO, UGT, AC­CAM, SA­TE und der CSI­CA.
18 Am 8. Fe­bru­ar 2013 er­ziel­te das Ver­hand­lungs­gre­mi­um im Sin­ne von Art. 51 Abs. 2 des Ar­beit­neh­mer­sta­tuts ei­ne Ver­ein­ba­rung, die u. a. die vor­zu­neh­men­de Mas­sen­ent­las­sung, die Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen und die funk­tio­na­le und geo­gra­fi­sche Mo­bi­lität re­gel­te (im Fol­gen­den: Ver­ein­ba­rung vom 8. Fe­bru­ar 2013).
19 Aus der Vor­la­ge­ent­schei­dung er­gibt sich, dass nach dem Pro­to­koll zu die­ser Ver­ein­ba­rung bei der Aus­wahl der Per­so­nen, die von der un­mit­tel­bar vom Un­ter­neh­men ge­trof­fe­nen Kündi­gungs­ent­schei­dung be­trof­fen sind, fol­gen­de Kri­te­ri­en berück­sich­tigt wer­den:

„1. An­wen­dungs­be­reich ist die Pro­vinz oder die funk­tio­na­len Grup­pen oder Ein­hei­ten der zen­tra­len Diens­te, in de­nen die Ar­beit­neh­mer beschäftigt sind.

2. In die­sem Sin­ne trifft das Un­ter­neh­men nach Ab­zug der Ar­beitsplätze, die das Un­ter­neh­men mit­tels des Ver­fah­rens der Teil­nah­me [des Pro­gramms der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­gen Ab­fin­dung] ab­baut, und der­je­ni­gen Per­so­nen, die von geo­gra­fi­scher Mo­bi­lität und Ar­beits­platz­wech­seln zur De­ckung des Be­darfs, der aus der von den Beschäftig­ten … be­an­trag­ten Teil­nah­me an dem Pro­gramm ent­steht, be­trof­fen sind, die Aus­wahl der im je­wei­li­gen An­wen­dungs­be­reich von der Mas­sen­ent­las­sung be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer und berück­sich­tigt da­bei das Er­geb­nis der vom Un­ter­neh­men durch­geführ­ten Ver­fah­ren zur Be­wer­tung des Kom­pe­tenz­pro­fils und der In­di­ka­to­ren für das Po­ten­ti­al.“

20 In die­sem Pro­to­koll sind auch die Kri­te­ri­en für ei­nen An­spruch auf vor­ran­gi­ge Wei­ter­beschäfti­gung nie­der­ge­legt, nämlich:

„1. Bei Ehe­gat­ten oder Part­nern ei­ner nicht­ehe­li­chen Le­bens­ge­mein­schaft darf nur ei­ner der Part­ner nach de­ren Wahl im Ein­klang mit dem funk­tio­na­len Be­darf und der ge­for­der­ten Pro­fi­le be­trof­fen sein, wo­bei zur Erfüllung die­ser Vor­aus­set­zung ei­ne ört­li­che Ver­set­zung er­for­der­lich sein kann.

2. Bei Strei­chung der Ar­beitsplätze von Ar­beit­neh­mern mit ei­nem Be­hin­de­rungs­grad von mehr als 33 %, der von den zuständi­gen Behörden je­der Au­to­no­men Ge­mein­schaft an­er­kannt und be­schei­nigt ist, wird das Un­ter­neh­men, so­fern der neue Ar­beits­platz de­ren Pro­fil ent­spricht, ih­re Wei­ter­ver­wen­dung an ei­nem an­de­ren Ar­beits­platz in Be­tracht zie­hen.“

21 Am 13. No­vem­ber 2013 stell­te Ban­kia Frau Por­ras Gu­i­sa­do ihr Kündi­gungs­schrei­ben zu. In die­sem hieß es:

„Im kon­kre­ten Fall der Pro­vinz Bar­ce­lo­na [(Spa­ni­en)], in der Sie beschäftigt sind, ist es nach Durchführung des Ver­fah­rens zur Teil­nah­me am Pro­gramm der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­gen Ab­fin­dung und nach Ab­zug der von Fällen der geo­gra­fi­schen Mo­bi­lität und Ar­beits­platz­wech­seln be­trof­fe­nen Per­so­nen er­for­der­lich ge­wor­den, wei­te­re Per­so­nal­an­pas­sun­gen vor­zu­neh­men und nach Maßga­be der [Ver­ein­ba­rung vom 8. Fe­bru­ar 2013] Ar­beits­verhält­nis­se im We­ge der un­mit­tel­ba­ren Aus­wahl durch das Un­ter­neh­men zu be­en­di­gen.

In die­sem Sin­ne beträgt Ihr Be­wer­tungs­er­geb­nis in dem vom Un­ter­neh­men durch­geführ­ten Be­wer­tungs­ver­fah­ren, das in der Kon­sul­ta­ti­ons­pha­se aus­ge­han­delt wur­de und ei­nen maßgeb­li­chen Be­stand­teil für den Ab­schluss der Ver­ein­ba­rung vom 8. Fe­bru­ar 2013 bil­de­te, 6 Punk­te und gehört zu den Be­wer­tun­gen mit der nied­rigs­ten Punkt­zahl in der Pro­vinz Bar­ce­lo­na, in der Sie beschäftigt sind.

Da­her müssen wir Ih­nen mit­tei­len, dass nach An­wen­dung der dar­ge­leg­ten Be­wer­tungs­kri­te­ri­en und aus den ge­nann­ten Gründen ent­schie­den wur­de, Ih­ren Ar­beits­ver­trag mit Wir­kung zum 10. De­zem­ber 2013 zu kündi­gen.“

22 Am sel­ben Tag wie dem der Zu­stel­lung ih­rer Kündi­gung er­hielt Frau Por­ras Gu­i­sa­do von Ban­kia ei­nen Geld­be­trag als Ab­fin­dung.
23 Frau Por­ras Gu­i­sa­do war zum Kündi­gungs­zeit­punkt schwan­ger.
24 Am 9. Ja­nu­ar 2014 be­an­trag­te sie ei­ne Güte­ver­hand­lung, die er­folg­los ver­lief.
25 Am 3. Fe­bru­ar 2014 reich­te Frau Por­ras Gu­i­sa­do ge­gen ih­re Kündi­gung beim Juz­ga­do So­ci­al No 1 de Ma­taró (So­zi­al­ge­richt Nr. 1 von Ma­taró, Spa­ni­en) ei­ne Kla­ge ein. Mit Ur­teil vom 25. Fe­bru­ar 2015 wies das Ge­richt ih­re Kla­ge ab.
26 Hier­ge­gen leg­te Frau Por­ras Gu­i­sa­do ein Rechts­mit­tel zum vor­le­gen­den Ge­richt, dem Tri­bu­nal Su­pe­ri­or de Jus­ti­cia de Ca­ta­luña (Obers­tes Ge­richt von Ka­ta­lo­ni­en, Spa­ni­en), ein.
27 Die­ses Ge­richt be­tont, dass sein Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen nicht den Schutz vor Dis­kri­mi­nie­run­gen nach der Richt­li­nie 2006/54/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 5. Ju­li 2006 zur Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Chan­cen­gleich­heit und Gleich­be­hand­lung von Männern und Frau­en in Ar­beits- und Beschäfti­gungs­fra­gen (ABl. 2006, L 204, S. 23) be­trifft. Viel­mehr ge­he es dar­in um die Fra­ge, ob durch die spa­ni­sche Re­ge­lung Art. 10 der Richt­li­nie 92/85 kor­rekt um­ge­setzt wur­de, der es außer in Aus­nah­mefällen ver­bie­te, schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen zu kündi­gen.
28 Un­ter die­sen Umständen hat das Tri­bu­nal Su­pe­ri­or de Jus­ti­cia de Ca­ta­luña (Obers­tes Ge­richt von Ka­ta­lo­ni­en) be­schlos­sen, das Ver­fah­ren aus­zu­set­zen und dem Ge­richts­hof die fol­gen­den Fra­gen zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­zu­le­gen:

1. Ist Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85 da­hin aus­zu­le­gen, dass der Tat­be­stand der „nicht mit ih­rem Zu­stand in Zu­sam­men­hang ste­hen­den Aus­nah­mefälle, die ent­spre­chend den ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten und/oder Ge­pflo­gen­hei­ten zulässig sind“ als Aus­nah­me vom Ver­bot der Kündi­gung von schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen und stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen nicht mit dem Tat­be­stand „aus ei­nem oder meh­re­ren Gründen, die nicht in der Per­son der Ar­beit­neh­mer lie­gen“ im Sin­ne des Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richt­li­nie 98/59 ver­gleich­bar ist, son­dern ei­nen en­ge­ren Tat­be­stand dar­stellt?

2. Ist es bei ei­ner Mas­sen­ent­las­sung für die Be­ur­tei­lung der Fra­ge, ob Aus­nah­mefälle vor­lie­gen, die die Kündi­gung von schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen und stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen im Sin­ne von Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85 recht­fer­ti­gen, er­for­der­lich, dass die be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­me­rin nicht auf ei­ner an­de­ren Stel­le wei­ter­beschäftigt wer­den kann, oder genügt der Nach­weis wirt­schaft­li­cher, tech­ni­scher und pro­duk­ti­ons­be­ding­ter Gründe, die ih­ren Ar­beits­platz be­tref­fen?

3. Steht mit Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85, der die Kündi­gung von schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen und stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen ver­bie­tet, ei­ne Re­ge­lung wie die spa­ni­sche in Ein­klang, die die­ses Ver­bot um­setzt, in­dem sie gewähr­leis­tet, dass bei un­ter­blie­be­nem Nach­weis der Gründe, die ih­re Kündi­gung recht­fer­ti­gen, de­ren Un­wirk­sam­keit fest­ge­stellt wird (Schutz durch Wie­der­gut­ma­chung), die aber kein Kündi­gungs­ver­bot vor­sieht (präven­ti­ver Schutz)?

4. Steht mit Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85 ei­ne Re­ge­lung wie die spa­ni­sche in Ein­klang, die für schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen und stil­len­de Ar­beit­neh­me­rin­nen bei ei­ner Mas­sen­ent­las­sung kei­nen An­spruch auf vor­ran­gi­ge Wei­ter­beschäfti­gung im Un­ter­neh­men vor­sieht?

5. Steht mit Art. 10 Nr. 2 der Richt­li­nie 92/85 ei­ne na­tio­na­le Re­ge­lung in Ein­klang, nach der ein Kündi­gungs­schrei­ben wie das im vor­lie­gen­den Fall frag­li­che, das ne­ben den Gründen für die Mas­sen­ent­las­sung kei­ner­lei Be­zug­nah­me auf das Vor­lie­gen ei­nes Aus­nah­me­falls enthält, aus­rei­chend ist, um die Ent­schei­dung über ei­ne Mas­sen­ent­las­sung auf die schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin zu er­stre­cken?

Zu den Vor­la­ge­fra­gen

Zur Zulässig­keit des Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chens

Zur Ein­hal­tung der na­tio­na­len Ver­fah­rens­vor­schrif­ten

29

Nach Auf­fas­sung von Ban­kia ist das Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen un­zulässig, weil das vor­le­gen­de Ge­richt die na­tio­na­len Ver­fah­rens­vor­schrif­ten nicht ein­ge­hal­ten ha­be. Im Rah­men des Aus­gangs­rechts­streits ha­be nämlich Frau Por­ras Gu­i­sa­do den Ver­s­toß ge­gen die Richt­li­nie 92/85 nur im Rechts­mit­tel gerügt. Nach den na­tio­na­len Ver­fah­rens­vor­schrif­ten könne je­doch ein neu­er, an­de­rer Kla­ge­grund als die­je­ni­gen Kla­ge­gründe, die in der Kla­ge­schrift gel­tend ge­macht wur­den, nicht zu­ge­las­sen wer­den.

30 In je­dem Fall feh­le Frau Por­ras Gu­i­sa­do nach der Recht­spre­chung der spa­ni­schen Ge­rich­te die Be­fug­nis, die zwi­schen Ban­kia und den Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tern in der Ver­ein­ba­rung vom 8. Fe­bru­ar 2013 nie­der­ge­leg­ten Kri­te­ri­en für ei­nen An­spruch auf vor­ran­gi­ge Wei­ter­beschäfti­gung im Rah­men ih­rer in­di­vi­du­el­len Kündi­gungs­schutz­kla­ge zu be­an­stan­den.
31 In­so­weit ist zum ei­nen dar­an zu er­in­nern, dass der Ge­richts­hof im Rah­men von Art. 267 AEUV we­der zur Aus­le­gung in­ner­staat­li­cher Rechts- oder Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten noch zu Äußerun­gen über de­ren Ver­ein­bar­keit mit dem Uni­ons­recht be­fugt ist, und zum an­de­ren, dass es nicht Sa­che des Ge­richts­hofs ist, nach­zu­prüfen, ob die Vor­la­ge­ent­schei­dung den na­tio­na­len Vor­schrif­ten über die Ge­richts­or­ga­ni­sa­ti­on und das Ge­richts­ver­fah­ren ent­spricht (Ur­teil vom 7. Ju­li 2016, Gen­en­tech, C-567/14, EU:C:2016:526, Rn. 22 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
32 Folg­lich kann das Vor­brin­gen, dass die na­tio­na­len Ver­fah­rens­vor­schrif­ten nicht be­ach­tet wor­den sei­en, im vor­lie­gen­den Fall nicht da­zu führen, dass das Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen als un­zulässig zurück­zu­wei­sen ist.

Zum hy­po­the­ti­schen Cha­rak­ter der Vor­la­ge­fra­gen

33 Ban­kia macht gel­tend, dass Frau Por­ras Gu­i­sa­do sie zum Zeit­punkt der Kündi­gung nicht über ih­re Schwan­ger­schaft un­ter­rich­tet ha­be. Un­ter die­sen Umständen sei die Richt­li­nie 92/85 an­ge­sichts der De­fi­ni­ti­on des Be­griffs „schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin“ in ih­rem Art. 2 Buchst. a im Aus­gangs­rechts­streit nicht an­wend­bar. Da­her sei­en die vom vor­le­gen­den Ge­richt ge­stell­ten Fra­gen hy­po­the­ti­scher Na­tur.
34 Hier­zu ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass im Rah­men des In­stru­ments der Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen dem Ge­richts­hof und den na­tio­na­len Ge­rich­ten, das das in Art. 267 AEUV ge­schaf­fe­ne Ver­fah­ren dar­stellt, ei­ne Ver­mu­tung für die Ent­schei­dungs­er­heb­lich­keit der Fra­gen zum Uni­ons­recht spricht. Der Ge­richts­hof kann die Ent­schei­dung über ei­ne von ei­nem na­tio­na­len Ge­richt gemäß Art. 267 AEUV zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­ge­leg­te Fra­ge nur dann ab­leh­nen, wenn et­wa die in Art. 94 der Ver­fah­rens­ord­nung des Ge­richts­hofs auf­geführ­ten An­for­de­run­gen an den In­halt ei­nes Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chens nicht erfüllt sind oder of­fen­sicht­lich ist, dass die Aus­le­gung oder die Be­ur­tei­lung der Gültig­keit ei­ner Uni­ons­vor­schrift, um die das vor­le­gen­de Ge­richt er­sucht, in kei­nem Zu­sam­men­hang mit der Rea­lität oder dem Ge­gen­stand des Aus­gangs­rechts­streits steht oder wenn das Pro­blem hy­po­the­ti­scher Na­tur ist (Ur­teil vom 28. März 2017, Ros­neft, C-72/15, EU:C:2017:236, Rn. 50 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
35 Im vor­lie­gen­den Fall hat das vor­le­gen­de Ge­richt, wie oben in Rn. 27 die­ses Ur­teils aus­geführt wor­den ist, klar­ge­stellt, dass es in dem Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen um die Fra­ge ge­he, ob durch die spa­ni­sche Re­ge­lung Art. 10 der Richt­li­nie 92/85 kor­rekt um­ge­setzt wur­de, der es außer in Aus­nah­mefällen ver­bie­te, schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen zu kündi­gen.
36 Es steht fest, dass Frau Por­ras Gu­i­sa­do zum Zeit­punkt ih­rer Kündi­gung schwan­ger war. Darüber hin­aus er­gibt sich aus den dem Ge­richts­hof vor­lie­gen­den Ak­ten, dass sie im Rah­men des na­tio­na­len Ver­fah­rens gel­tend ge­macht hat, da­mals ih­re Kol­le­gen und Vor­ge­setz­ten von ih­rer Schwan­ger­schaft in Kennt­nis ge­setzt zu ha­ben.
37 Un­ter die­sen Umständen und man­gels je­der ge­gen­tei­li­gen An­ga­be des vor­le­gen­den Ge­richts ist fest­zu­stel­len, dass die­ses von der An­wend­bar­keit des Art. 10 der Richt­li­nie 92/85 auf Frau Por­ras Gu­i­sa­do aus­geht.
38

Da­her ist es nicht of­fen­sicht­lich, dass die Vor­la­ge­fra­gen hy­po­the­ti­scher Na­tur sind oder in kei­nem Zu­sam­men­hang mit der Rea­lität oder dem Ge­gen­stand des Aus­gangs­rechts­streits ste­hen.

39 Vor die­sem Hin­ter­grund ist das Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen für zulässig zu erklären.

Zur ers­ten Fra­ge

40 Mit sei­ner ers­ten Fra­ge möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt wis­sen, ob Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass der Tat­be­stand der „nicht mit ih­rem Zu­stand in Zu­sam­men­hang ste­hen­den Aus­nah­mefälle, die ent­spre­chend den ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten und/oder Ge­pflo­gen­hei­ten zulässig sind“, als Aus­nah­me vom Ver­bot der Kündi­gung von schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen und stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen nicht mit dem Tat­be­stand „aus ei­nem oder meh­re­ren Gründen, die nicht in der Per­son der Ar­beit­neh­mer lie­gen“, im Sin­ne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richt­li­nie 98/59 ver­gleich­bar ist, son­dern ei­nen en­ge­ren Tat­be­stand dar­stellt.
41 Nach Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85 tref­fen die Mit­glied­staa­ten die er­for­der­li­chen Maßnah­men, um die Kündi­gung der Ar­beit­neh­me­rin­nen während der Zeit vom Be­ginn der Schwan­ger­schaft bis zum En­de des Mut­ter­schafts­ur­laubs zu ver­bie­ten; da­von aus­ge­nom­men sind die nicht mit ih­rem Zu­stand in Zu­sam­men­hang ste­hen­den Aus­nah­mefälle, die ent­spre­chend den ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten und/oder Ge­pflo­gen­hei­ten zulässig sind, wo­bei ge­ge­be­nen­falls die zuständi­ge Behörde ih­re Zu­stim­mung er­tei­len muss.
42 Nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richt­li­nie 98/59 sind un­ter dem Be­griff der Mas­sen­ent­las­sung sol­che Ent­las­sun­gen zu ver­ste­hen, die ein Ar­beit­ge­ber aus ei­nem oder meh­re­ren Gründen, die nicht in der Per­son der Ar­beit­neh­mer lie­gen, vor­nimmt, so­fern be­stimm­te quan­ti­ta­ti­ve und zeit­li­che Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind (vgl. Ur­teil vom 10. De­zem­ber 2009, Ro­dríguez Ma­yor u. a., C-323/08, EU:C:2009:770, Rn. 35).
43 Wenn ei­ner schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin, stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin oder Wöch­ne­rin im Rah­men ei­nes Mas­sen­ent­las­sungs­ver­fah­rens gekündigt wird, gehört sie gleich­zei­tig zu der von der Richt­li­nie 92/85 und zu der von der Richt­li­nie 98/59 geschütz­ten Grup­pe von Ar­beit­neh­mern. Da­her müssen ihr die in bei­den Richt­li­ni­en vor­ge­se­he­nen Rech­te zu­gu­te­kom­men, die sich, wie die Ge­ne­ral­anwältin in Nr. 53 ih­rer Schluss­anträge aus­geführt hat, ergänzen.
44 Im Hin­blick auf die kom­bi­nier­te An­wen­dung der ge­nann­ten Richt­li­ni­en möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt wis­sen, ob Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85 ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, nach der die Kündi­gung ei­ner schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin auf­grund ei­ner Mas­sen­ent­las­sung im Sin­ne von Art. 1 Nr. 1 der Richt­li­nie 98/59 zulässig ist.
45 Hier­zu ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass das Kündi­gungs­ver­bot in Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85 aus­weis­lich ih­res 15. Erwägungs­grun­des ver­hin­dern soll, dass sich die Ge­fahr, aus Gründen ent­las­sen zu wer­den, die mit ih­rem Zu­stand in Ver­bin­dung ste­hen, schädlich auf die phy­si­sche und psy­chi­sche Ver­fas­sung von schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen oder stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen aus­wirkt.
46 Ge­ra­de in An­be­tracht der Ge­fahr, die ei­ne mögli­che Ent­las­sung für die phy­si­sche und psy­chi­sche Ver­fas­sung von schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen oder stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen dar­stellt, ein­sch­ließlich des be­son­ders schwer­wie­gen­den Ri­si­kos, dass ei­ne schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin zum frei­wil­li­gen Ab­bruch ih­rer Schwan­ger­schaft ver­an­lasst wird, hat der Uni­ons­ge­setz­ge­ber in Art. 10 der Richt­li­nie 92/85 ei­nen be­son­de­ren Schutz für die Frau vor­ge­se­hen, in­dem er das Ver­bot der Kündi­gung während der Zeit vom Be­ginn der Schwan­ger­schaft bis zum En­de des Mut­ter­schafts­ur­laubs verfügt hat, außer in nicht mit ih­rem Zu­stand in Zu­sam­men­hang ste­hen­den Aus­nah­mefällen und un­ter der Vor­aus­set­zung, dass der Ar­beit­ge­ber die Gründe für die Kündi­gung schrift­lich an­gibt (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil vom 11. No­vem­ber 2010, Da­no­sa, C-232/09, EU:C:2010:674, Rn. 60 und 61).
47 Wenn al­so die Kündi­gungs­ent­schei­dung aus Gründen er­ging, die we­sent­lich mit der Schwan­ger­schaft der Be­trof­fe­nen zu­sam­menhängen, ist sie mit dem Kündi­gungs­ver­bot nach Art. 10 der Richt­li­nie 92/85 un­ver­ein­bar (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil vom 11. No­vem­ber 2010, Da­no­sa, C-232/09, EU:C:2010:674, Rn. 62).
48 Da­ge­gen ver­stieße ei­ne Kündi­gungs­ent­schei­dung in der Zeit vom Be­ginn der Schwan­ger­schaft bis zum En­de des Mut­ter­schafts­ur­laubs aus Gründen, die nichts mit der Schwan­ger­schaft der Ar­beit­neh­me­rin zu tun ha­ben, nicht ge­gen Art. 10 der Richt­li­nie 92/85, vor­aus­ge­setzt al­ler­dings, der Ar­beit­ge­ber führt schrift­lich be­rech­tig­te Kündi­gungs­gründe an und die Kündi­gung der Be­trof­fe­nen ist nach den be­tref­fen­den ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten und/oder Ge­pflo­gen­hei­ten zulässig, wie es in Art. 10 Nrn. 1 und 2 der Richt­li­nie 92/85 ge­re­gelt ist (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil vom 11. No­vem­ber 2010, Da­no­sa, C-232/09, EU:C:2010:674, Rn. 63).
49 Hier­aus folgt, dass der oder die nicht in der Per­son der Ar­beit­neh­mer lie­gen­den Gründe, aus de­nen Mas­sen­ent­las­sun­gen im Sin­ne von Art. 1 Nr. 1 der Richt­li­nie 98/59 vor­ge­nom­men wer­den, un­ter die nicht mit dem Zu­stand der Ar­beit­neh­me­rin­nen in Zu­sam­men­hang ste­hen­den Aus­nah­mefälle im Sin­ne von Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85 fal­len.
50 Nach al­le­dem ist auf die ers­te Vor­la­ge­fra­ge zu ant­wor­ten, dass Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er nicht ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, nach der die Kündi­gung ei­ner schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin auf­grund ei­ner Mas­sen­ent­las­sung im Sin­ne von Art. 1 Nr. 1 Buchst. a der Richt­li­nie 98/59 zulässig ist.

Zur fünf­ten Fra­ge

51 Mit sei­ner fünf­ten Fra­ge, die an zwei­ter Stel­le zu prüfen ist, möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt wis­sen, ob Art. 10 Nr. 2 der Richt­li­nie 92/85 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, wo­nach der Ar­beit­ge­ber ei­ner schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin im Rah­men ei­ner Mas­sen­ent­las­sung kündi­gen kann, oh­ne ihr wei­te­re Gründe zu nen­nen als die­je­ni­gen, die die Mas­sen­ent­las­sung recht­fer­ti­gen, und oh­ne auf das Vor­lie­gen ei­nes Aus­nah­me­falls Be­zug zu neh­men.
52 Nach dem Wort­laut von Art. 10 Nr. 2 der Richt­li­nie 92/85 muss der Ar­beit­ge­ber dann, wenn ei­ner Ar­beit­neh­me­rin während der Zeit vom Be­ginn der Schwan­ger­schaft bis zum En­de des Mut­ter­schafts­ur­laubs gekündigt wird, schrift­lich be­rech­tig­te Kündi­gungs­gründe anführen.
53 So­mit muss der Ar­beit­ge­ber ei­ner schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin, der zu kündi­gen er im Be­griff ist oder der er be­reits gekündigt hat, die nicht in ih­rer Per­son lie­gen­den Gründe schrift­lich dar­le­gen, aus de­nen er ei­ne Mas­sen­ent­las­sung im Sin­ne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richt­li­nie 98/59 vor­nimmt. Sol­che Gründe können u. a. wirt­schaft­li­che oder tech­ni­sche Gründe sein oder Gründe, die sich auf Or­ga­ni­sa­ti­on oder Pro­duk­ti­on des Un­ter­neh­mens be­zie­hen.
54 Darüber hin­aus muss der Ar­beit­ge­ber der schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin die sach­li­chen Kri­te­ri­en für die Aus­wahl der zu ent­las­sen­den Ar­beit­neh­mer nen­nen.
55 Un­ter die­sen Umständen ist auf die fünf­te Fra­ge zu ant­wor­ten, dass Art. 10 Nr. 2 der Richt­li­nie 92/85 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er nicht ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, nach der ein Ar­beit­ge­ber ei­ner schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin im Rah­men ei­ner Mas­sen­ent­las­sung kündi­gen kann, oh­ne ihr wei­te­re Gründe zu nen­nen als die­je­ni­gen, die die Mas­sen­ent­las­sung recht­fer­ti­gen, so­lan­ge die sach­li­chen Kri­te­ri­en für die Aus­wahl der zu ent­las­sen­den Ar­beit­neh­mer an­ge­ge­ben wer­den.

Zur drit­ten Fra­ge

56 Mit sei­ner drit­ten Fra­ge möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt wis­sen, ob Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, nach der die Kündi­gung von schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen und stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen nicht grundsätz­lich präven­tiv ver­bo­ten ist und bei ei­ner wi­der­recht­li­chen Kündi­gung le­dig­lich de­ren Un­wirk­sam­keit als Wie­der­gut­ma­chung vor­ge­se­hen ist.
57 Zunächst ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass die Mit­glied­staa­ten nach Art. 288 AEUV ver­pflich­tet sind, bei der Um­set­zung ei­ner Richt­li­nie de­ren vollständi­ge Wirk­sam­keit zu gewähr­leis­ten, wo­bei sie aber über ei­nen wei­ten Wer­tungs­spiel­raum hin­sicht­lich der Wahl der Mit­tel und We­ge zu ih­rer Durchführung verfügen. Die­se Frei­heit lässt die Ver­pflich­tung der ein­zel­nen Mit­glied­staa­ten un­berührt, al­le er­for­der­li­chen Maßnah­men zu er­grei­fen, um die vollständi­ge Wirk­sam­keit der Richt­li­nie ent­spre­chend ih­rer Ziel­set­zung zu gewähr­leis­ten (Ur­tei­le vom 6. Ok­to­ber 2010, Ba­se u. a., C-389/08, EU:C:2010:584, Rn. 24 und 25, und vom 19. Ok­to­ber 2016, Or­maet­xea Ga­rai und Lo­ren­zo Al­men­d­ros, C-424/15, EU:C:2016:780, Rn. 29).
58 Nach dem Wort­laut von Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85 tref­fen die Mit­glied­staa­ten zum ei­nen die er­for­der­li­chen Maßnah­men, um die Kündi­gung der ge­nann­ten Ar­beit­neh­me­rin­nen grundsätz­lich zu ver­bie­ten. Zum an­de­ren tref­fen die Mit­glied­staa­ten aus­weis­lich von Art. 10 Nr. 3 die­ser Richt­li­nie die er­for­der­li­chen Maßnah­men, um die Ar­beit­neh­me­rin­nen vor den Fol­gen ei­ner nach Art. 10 Nr. 1 wi­der­recht­li­chen Kündi­gung zu schützen.
59 Art. 10 der Richt­li­nie 92/85 un­ter­schei­det al­so aus­drück­lich zwi­schen dem präven­ti­ven Schutz vor der Kündi­gung selbst und dem Schutz vor den Fol­gen der Kündi­gung als Wie­der­gut­ma­chung. Da­her ist zur ord­nungsmäßigen Um­set­zung die­ses Ar­ti­kels er­for­der­lich, dass die Mit­glied­staa­ten die­sen dop­pel­ten Schutz gewähr­leis­ten.
60 Dem präven­ti­ven Schutz schwan­ge­rer Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen und stil­len­der Ar­beit­neh­me­rin­nen vor ei­ner Kündi­gung kommt im Rah­men der Richt­li­nie 92/85 be­son­de­re Be­deu­tung zu.
61 Nach dem 15. Erwägungs­grund die­ser Richt­li­nie kann sich nämlich die Ge­fahr, aus Gründen ent­las­sen zu wer­den, die mit ih­rem Zu­stand in Ver­bin­dung ste­hen, schädlich auf die phy­si­sche und psy­chi­sche Ver­fas­sung von schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen oder stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen aus­wir­ken; da­her ist es er­for­der­lich, ih­re Kündi­gung zu ver­bie­ten.
62 In An­be­tracht der Ge­fahr, die ei­ne mögli­che Ent­las­sung für die phy­si­sche und psy­chi­sche Ver­fas­sung von schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen oder stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen dar­stellt, ein­sch­ließlich des be­son­ders schwer­wie­gen­den Ri­si­kos, dass ei­ne schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin zum frei­wil­li­gen Ab­bruch ih­rer Schwan­ger­schaft ver­an­lasst wird, hat der Uni­ons­ge­setz­ge­ber in Art. 10 der Richt­li­nie 92/85 ei­nen be­son­de­ren Schutz für die Frau vor­ge­se­hen, in­dem er das Ver­bot der Kündi­gung während der Zeit vom Be­ginn der Schwan­ger­schaft bis zum En­de des Mut­ter­schafts­ur­laubs verfügt hat (Ur­tei­le vom 14. Ju­li 1994, Webb, C-32/93, EU:C:1994:300, Rn. 21, und vom 11. No­vem­ber 2010, Da­no­sa, C-232/09, EU:C:2010:674, Rn. 60).
63 An­ge­sichts der mit der Richt­li­nie 92/85 und ins­be­son­de­re mit ih­rem Art. 10 ver­folg­ten Zie­le schließt der Schutz, der schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen oder stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen durch die­se Be­stim­mung gewährt wird, so­wohl aus, dass ei­ne Kündi­gungs­ent­schei­dung ge­trof­fen wird, als auch, dass Vor­be­rei­tun­gen für ei­ne Kündi­gung ge­trof­fen wer­den wie et­wa die Su­che und Pla­nung ei­nes endgülti­gen Er­sat­zes für die be­trof­fe­ne An­ge­stell­te auf­grund der Schwan­ger­schaft und/oder der Ge­burt ei­nes Kin­des (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil vom 11. Ok­to­ber 2007, Paquay, C-460/06, EU:C:2007:601, Rn. 33).
64 Un­ter Berück­sich­ti­gung der Ge­fahr, die ei­ne mögli­che Ent­las­sung für die phy­si­sche und psy­chi­sche Ver­fas­sung von schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen oder stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen dar­stellt, ver­mag ein Schutz im We­ge der Wie­der­gut­ma­chung selbst dann, wenn er zur Wie­der­ein­glie­de­rung der ent­las­se­nen Ar­beit­neh­me­rin und zur Zah­lung der we­gen der Ent­las­sung nicht er­hal­te­nen Gehälter führt, den präven­ti­ven Schutz nicht zu er­set­zen.
65 Um ei­ne ge­treue Um­set­zung von Art. 10 der Richt­li­nie 92/85 so­wie den Schutz schwan­ge­rer Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen oder stil­len­der Ar­beit­neh­me­rin­nen zu gewähr­leis­ten, dürfen sich die Mit­glied­staa­ten folg­lich nicht dar­auf be­schränken, bei ei­ner un­ge­recht­fer­tig­ten Kündi­gung le­dig­lich de­ren Un­wirk­sam­keit als Wie­der­gut­ma­chung vor­zu­se­hen.
66 Nach al­le­dem ist auf die drit­te Fra­ge zu ant­wor­ten, dass Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, nach der die Kündi­gung von schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen und stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen nicht grundsätz­lich präven­tiv ver­bo­ten ist und im Fall ei­ner wi­der­recht­li­chen Kündi­gung nur de­ren Un­wirk­sam­keit als Wie­der­gut­ma­chung vor­ge­se­hen ist.

Zur zwei­ten und zur vier­ten Fra­ge

67 Mit sei­ner zwei­ten und sei­ner vier­ten Fra­ge, die als Letz­tes zu­sam­men zu prüfen sind, möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt wis­sen, ob Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, die im Rah­men ei­ner Mas­sen­ent­las­sung im Sin­ne der Richt­li­nie 98/59 für schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen oder stil­len­de Ar­beit­neh­me­rin­nen we­der ei­nen Vor­rang der Wei­ter­beschäfti­gung noch ei­nen Vor­rang der an­der­wei­ti­gen Ver­wen­dung vor die­ser Ent­las­sung vor­sieht.
68 Nach Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85 „tref­fen [die Mit­glied­staa­ten] die er­for­der­li­chen Maßnah­men“, um die Kündi­gung der Ar­beit­neh­me­rin­nen während der Zeit vom Be­ginn der Schwan­ger­schaft bis zum En­de des Mut­ter­schafts­ur­laubs grundsätz­lich zu ver­bie­ten.
69 Zum Be­ste­hen ei­nes An­spruchs auf vor­ran­gi­ge Wei­ter­beschäfti­gung ei­ner schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin, Wöch­ne­rin oder stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin führt das vor­le­gen­de Ge­richt in sei­ner Ent­schei­dung aus, dass nach den spa­ni­schen Vor­schrif­ten die Ar­beit­neh­mer­ver­tre­ter im Verhält­nis zu den an­de­ren vom Mas­sen­ent­las­sungs­ver­fah­ren be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer vor­ran­gig wei­ter beschäftigt würden und dass Ar­beit­neh­mer, die zu an­de­ren Grup­pen gehörten, auch ei­nen An­spruch auf vor­ran­gi­ge Wei­ter­beschäfti­gung hätten, wenn dies im Ver­hand­lungs­we­ge ver­ein­bart wor­den sei, wie et­wa Ar­beit­neh­mer mit fa­mi­liären Be­las­tun­gen, älte­re Ar­beit­neh­mer mit ei­nem be­stimm­ten Al­ter oder Be­hin­der­te.
70 Aus die­ser Re­ge­lung lei­tet das vor­le­gen­de Ge­richt ab, dass schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin­nen nur dann ei­nen An­spruch auf vor­ran­gi­ge Wei­ter­beschäfti­gung im Un­ter­neh­men ha­ben, wenn dies ta­rif­ver­trag­lich ver­ein­bart wor­den ist. Im Übri­gen könn­ten auch vor­ran­gig wei­ter­zu­beschäfti­gen­de Ar­beit­neh­mer ent­las­sen wer­den, al­ler­dings müsse der Ar­beit­ge­ber in die­sem Fall außer­or­dent­li­che Gründe an­ge­ben, die sich von den Gründen, auf de­nen die Mas­sen­ent­las­sung be­ruht, un­ter­schei­den.
71 Im vor­lie­gen­den Fall ist nach der Ant­wort auf die ers­te Vor­la­ge­fra­ge Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85 da­hin aus­zu­le­gen, dass er nicht ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, nach der die Kündi­gung ei­ner schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin auf­grund ei­ner Mas­sen­ent­las­sung im Sin­ne von Art. 1 Nr. 1 Buchst. a der Richt­li­nie 98/59 zulässig ist.
72 In­so­weit trifft es zu, dass, wie die Eu­ropäische Kom­mis­si­on aus­geführt hat, die Richt­li­nie 92/85, ins­be­son­de­re ihr Art. 10 Nr. 1, die Mit­glied­staa­ten nicht ver­pflich­tet, für schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen oder stil­len­de Ar­beit­neh­me­rin­nen ei­nen vor der Mas­sen­ent­las­sung an­wend­ba­ren An­spruch auf vor­ran­gi­ge Wei­ter- oder an­der­wei­ti­ge Beschäfti­gung vor­zu­se­hen.
73 Die­se Richt­li­nie, die le­dig­lich Min­dest­vor­schrif­ten enthält, schließt je­doch kei­nes­wegs die für Mit­glied­staa­ten be­ste­hen­de Möglich­keit aus, schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen oder stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen ei­nen wei­ter ge­hen­den Schutz zu gewähren (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil vom 4. Ok­to­ber 2001, Jiménez Mel­gar, C-438/99, EU:C:2001:509, Rn. 37).
74 Da­her ist auf die zwei­te und die vier­te Vor­la­ge­fra­ge zu ant­wor­ten, dass Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er nicht ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, die im Rah­men ei­ner Mas­sen­ent­las­sung im Sin­ne der Richt­li­nie 98/59 für schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen oder stil­len­de Ar­beit­neh­me­rin­nen we­der ei­nen Vor­rang der Wei­ter­beschäfti­gung noch ei­nen Vor­rang der an­der­wei­ti­gen Ver­wen­dung vor die­ser Ent­las­sung vor­sieht. Dies schließt je­doch nicht die für Mit­glied­staa­ten be­ste­hen­de Möglich­keit aus, schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen oder stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen ei­nen wei­ter ge­hen­den Schutz zu gewähren.

Kos­ten

75 Für die Par­tei­en des Aus­gangs­ver­fah­rens ist das Ver­fah­ren ein Zwi­schen­streit in dem beim vor­le­gen­den Ge­richt anhängi­gen Rechts­streit; die Kos­ten­ent­schei­dung ist da­her Sa­che die­ses Ge­richts. Die Aus­la­gen an­de­rer Be­tei­lig­ter für die Ab­ga­be von Erklärun­gen vor dem Ge­richts­hof sind nicht er­stat­tungsfähig.

Aus die­sen Gründen hat der Ge­richts­hof (Drit­te Kam­mer) für Recht er­kannt:

1. Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85/EWG des Ra­tes vom 19. Ok­to­ber 1992 über die Durchführung von Maßnah­men zur Ver­bes­se­rung der Si­cher­heit und des Ge­sund­heits­schut­zes von schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen und stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen am Ar­beits­platz (zehn­te Ein­zel­richt­li­nie im Sin­ne des Ar­ti­kels 16 Ab­satz 1 der Richt­li­nie 89/391/EWG) ist da­hin aus­zu­le­gen, dass er nicht ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, nach der die Kündi­gung ei­ner schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin auf­grund ei­ner Mas­sen­ent­las­sung im Sin­ne von Art. 1 Nr. 1 Buchst. a der Richt­li­nie 98/59/EG des Ra­tes vom 20. Ju­li 1998 zur An­glei­chung der Rechts­vor­schrif­ten der Mit­glied­staa­ten über Mas­sen­ent­las­sun­gen zulässig ist.

2. Art. 10 Nr. 2 der Richt­li­nie 92/85 ist da­hin aus­zu­le­gen, dass er nicht ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, nach der ein Ar­beit­ge­ber ei­ner schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin im Rah­men ei­ner Mas­sen­ent­las­sung kündi­gen kann, oh­ne ihr wei­te­re Gründe zu nen­nen als die­je­ni­gen, die die Mas­sen­ent­las­sung recht­fer­ti­gen, so­lan­ge die sach­li­chen Kri­te­ri­en für die Aus­wahl der zu ent­las­sen­den Ar­beit­neh­mer an­ge­ge­ben wer­den.

3. Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85 ist da­hin aus­zu­le­gen, dass er ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, nach der die Kündi­gung von schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen und stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen nicht grundsätz­lich präven­tiv ver­bo­ten ist und im Fall ei­ner wi­der­recht­li­chen Kündi­gung nur de­ren Un­wirk­sam­keit als Wie­der­gut­ma­chung vor­ge­se­hen ist.

4. Art. 10 Nr. 1 der Richt­li­nie 92/85 ist da­hin aus­zu­le­gen, dass er nicht ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, die im Rah­men ei­ner Mas­sen­ent­las­sung im Sin­ne der Richt­li­nie 98/59 für schwan­ge­re Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen oder stil­len­de Ar­beit­neh­me­rin­nen we­der ei­nen Vor­rang der Wei­ter­beschäfti­gung noch ei­nen Vor­rang der an­der­wei­ti­gen Ver­wen­dung vor die­ser Ent­las­sung vor­sieht. Dies schließt je­doch nicht die für Mit­glied­staa­ten be­ste­hen­de Möglich­keit aus, schwan­ge­ren Ar­beit­neh­me­rin­nen, Wöch­ne­rin­nen oder stil­len­den Ar­beit­neh­me­rin­nen ei­nen wei­ter ge­hen­den Schutz zu gewähren.

Un­ter­schrif­ten

* Ver­fah­rens­spra­che: Spa­nisch.

Quel­le: Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on (EuGH), http://cu­ria.eu­ro­pa.eu

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