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HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

EuGH, Ur­teil vom 20.01.2009, C-350/06 C-520/06 - Strin­ger u.a.

   
Schlagworte: Urlaubsanspruch, Urlaub
   
Gericht: Europäischer Gerichtshof
Aktenzeichen: C-350/06
C-520/06
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 20.01.2009
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: EuGH-Vorlage des Landesarbeitsgericht Düsseldorf
   

UR­TEIL DES GERICH­TSHOFS (Große Kam­mer)

20. Ja­nu­ar 2009(*)

„Ar­beits­be­din­gun­gen – Ar­beits­zeit­ge­stal­tung – Richt­li­nie 2003/88/EG – An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub – Krank­heits­ur­laub – Jah­res­ur­laub, der mit ei­nem Krank­heits­ur­laub zu­sam­menfällt – Ab­gel­tung für bei Ver­trags­en­de we­gen Krank­heit nicht ge­nom­me­nen be­zahl­ten Jah­res­ur­laub

In den ver­bun­de­nen Rechts­sa­chen C‑350/06 und C‑520/06

be­tref­fend Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen nach Art. 234 EG, ein­ge­reicht vom Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf (Deutsch­land) (C‑350/06) und vom Hou­se of Lords (Ver­ei­nig­tes König­reich) (C‑520/06) mit Ent­schei­dun­gen vom 2. Au­gust und vom 13. De­zem­ber 2006, beim Ge­richts­hof ein­ge­gan­gen am 21. Au­gust und am 20. De­zem­ber 2006, in den Ver­fah­ren

Ger­hard Schultz-Hoff (C‑350/06)

ge­gen

Deut­sche Ren­ten­ver­si­che­rung Bund

und

Strin­ger u. a. (C‑520/06)

ge­gen

Her Ma­jes­ty’s Re­ve­nue and Cust­oms

erlässt

DER GERICH­TSHOF (Große Kam­mer)

un­ter Mit­wir­kung des Präsi­den­ten V. Skou­ris, der Kam­mer­präsi­den­ten P. Jann, C. W. A. Tim­mer­m­ans, A. Ro­sas, K. Lena­erts und A. Ó Cao­imh so­wie der Rich­ter K. Schie­mann, J. Ma­k­arc­zyk, P. Kūris, E. Juhász, G. Ares­tis, E. Le­vits (Be­richt­er­stat­ter) und L. Bay Lar­sen,

Ge­ne­ral­anwältin: V. Trs­ten­jak,

Kanz­ler: J. Swe­den­borg, Ver­wal­tungs­rat,

auf­grund des schrift­li­chen Ver­fah­rens und auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 20. No­vem­ber 2007,

un­ter Berück­sich­ti­gung der Erklärun­gen

– der Deut­schen Ren­ten­ver­si­che­rung Bund, ver­tre­ten durch Rechts­an­walt J. Lit­tig,

– der Rechts­mitt­elführer in der Rechts­sa­che Strin­ger u. a., ver­tre­ten durch C. Jeans, QC, und M. Ford, Bar­ris­ter, be­auf­tragt von V. Phil­lips, So­li­ci­tor,

– der deut­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch M. Lum­ma und C. Blasch­ke als Be­vollmäch­tig­te,

– der Re­gie­rung des Ver­ei­nig­ten König­reichs, ver­tre­ten durch Z. Bryans­ton-Cross als Be­vollmäch­tig­te im Bei­stand von T. Ward, Bar­ris­ter,

– der bel­gi­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch L. Van den Bro­eck als Be­vollmäch­tig­te,

– der tsche­chi­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch T. Boček als Be­vollmäch­tig­ten,

– der ita­lie­ni­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch I. M. Bra­guglia als Be­vollmäch­tig­ten im Bei­stand von W. Fer­ran­te, av­vo­ca­to del­lo Sta­to,

– der nie­derländi­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch C. Wis­sels als Be­vollmäch­tig­te,

– der pol­ni­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch E. Ośniecka-Ta­me­cka als Be­vollmäch­tig­te,

– der slo­we­ni­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch M. Re­mic als Be­vollmäch­tig­te,

– der Kom­mis­si­on der Eu­ropäischen Ge­mein­schaf­ten, ver­tre­ten durch M. van Beek als Be­vollmäch­tig­ten,

nach Anhörung der Schluss­anträge der Ge­ne­ral­anwältin in der Sit­zung vom 24. Ja­nu­ar 2008

fol­gen­des

Ur­teil

1

Die Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen be­tref­fen die Aus­le­gung von Art. 7 der Richt­li­nie 2003/88/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 4. No­vem­ber 2003 über be­stimm­te As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung (ABl. L 299, S. 9).

2 Die­se Er­su­chen er­ge­hen im Rah­men zwei­er Rechts­strei­tig­kei­ten – zum ei­nen zwi­schen Herrn Schultz-Hoff und sei­nem ehe­ma­li­gen Ar­beit­ge­ber, der Deut­schen Ren­ten­ver­si­che­rung Bund (im Fol­gen­den: DRB), zum an­de­ren zwi­schen meh­re­ren An­ge­stell­ten, von de­nen ei­ni­ge ent­las­sen wur­den, und ih­rem Ar­beit­ge­ber bzw. ehe­ma­li­gen Ar­beit­ge­ber, Her Ma­jes­ty’s Re­ve­nue and Cust­oms – über die Fra­gen, ob ein we­gen Krank­heits­ur­laub ab­we­sen­der Ar­beit­neh­mer be­rech­tigt ist, während des ent­spre­chen­den Krank­heits­ur­laubs be­zahl­ten Jah­res­ur­laub zu neh­men, und ob und ge­ge­be­nen­falls in wel­chem Um­fang ein Ar­beit­neh­mer, der während des Be­zugs­zeit­raums und/oder ei­nes Über­tra­gungs­zeit­raums we­gen Krank­heits­ur­laub ganz oder teil­wei­se ge­fehlt hat, An­spruch auf ei­ne fi­nan­zi­el­le Vergütung für bei Ver­trags­en­de nicht ge­nom­me­nen be­zahl­ten Jah­res­ur­laub hat.

Recht­li­cher Rah­men
3

Art. 1 der Richt­li­nie 2003/88 sieht Fol­gen­des vor:

„Ge­gen­stand und An­wen­dungs­be­reich

(1) Die­se Richt­li­nie enthält Min­dest­vor­schrif­ten für Si­cher­heit und Ge­sund­heits­schutz bei der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung.

(2) Ge­gen­stand die­ser Richt­li­nie sind

a) … der Min­dest­jah­res­ur­laub …

…“

4

Art. 7 der Richt­li­nie lau­tet:

Jah­res­ur­laub

(1) Die Mit­glied­staa­ten tref­fen die er­for­der­li­chen Maßnah­men, da­mit je­der Ar­beit­neh­mer ei­nen be­zahl­ten Min­dest­jah­res­ur­laub von vier Wo­chen nach Maßga­be der Be­din­gun­gen für die In­an­spruch­nah­me und die Gewährung erhält, die in den ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten und/oder nach den ein­zel­staat­li­chen Ge­pflo­gen­hei­ten vor­ge­se­hen sind.

(2) Der be­zahl­te Min­dest­jah­res­ur­laub darf außer bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht durch ei­ne fi­nan­zi­el­le Vergütung er­setzt wer­den.“

5 Nach Art. 17 der Richt­li­nie 2003/88 können die Mit­glied­staa­ten von be­stimm­ten Vor­schrif­ten die­ser Richt­li­nie ab­wei­chen. Im Hin­blick auf ih­ren Art. 7 ist kei­ne Ab­wei­chung er­laubt.

Aus­gangs­rechts­strei­tig­kei­ten und Vor­la­ge­fra­gen

Rechts­sa­che C-520/06
6 Die Rechts­mitt­elführer des Aus­gangs­ver­fah­rens gehören zu zwei Ka­te­go­ri­en.
7 Die ers­te Ka­te­go­rie be­trifft ei­ne Ar­beit­neh­me­rin, die ih­rer Ar­beit seit meh­re­ren Mo­na­ten we­gen un­be­fris­te­ten Krank­heits­ur­laubs fern­ge­blie­ben ist. Während die­ses Krank­heits­ur­laubs teil­te sie ih­rem Ar­beit­ge­ber ih­re Ab­sicht mit, in den bei­den Mo­na­ten nach ih­rem Er­su­chen Ta­ge be­zahl­ten Jah­res­ur­laubs zu neh­men.
8 Die Ar­beit­neh­mer, die zur zwei­ten Ka­te­go­rie gehören, be­fan­den sich vor ih­rer Ent­las­sung über lan­ge Dau­er im Krank­heits­ur­laub. Da sie ih­ren be­zahl­ten Jah­res­ur­laub nicht während des Be­zugs­zeit­raums ge­nom­men hat­ten, des ein­zi­gen Zeit­raums, in dem der be­zahl­te Jah­res­ur­laub nach bri­ti­schem Recht ge­nom­men wer­den kann, for­der­ten sie ei­ne Ab­gel­tung.
9 Die Ar­beit­neh­mer bei­der Ka­te­go­ri­en ob­sieg­ten vor dem Em­ploy­ment Tri­bu­nal. Das Em­ploy­ment Ap­peal Tri­bu­nal wies die Rechts­mit­tel des Ar­beit­ge­bers zurück, ließ aber ein Rechts­mit­tel zum Court of Ap­peal (Eng­land & Wa­les) (Ci­vil Di­vi­si­on) zu, das den Anträgen des Ar­beit­ge­bers statt­gab.
10

Die Rechts­mitt­elführer des Aus­gangs­ver­fah­rens ha­ben Rechts­mit­tel beim Hou­se of Lords ein­ge­legt, das be­schlos­sen hat, das Ver­fah­ren aus­zu­set­zen und dem Ge­richts­hof fol­gen­de Fra­gen zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­zu­le­gen:

  1. Ist Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88 da­hin aus­zu­le­gen, dass ein Ar­beit­neh­mer, der aus Krank­heits­gründen auf un­be­stimm­te Zeit be­ur­laubt ist, be­rech­tigt ist, während ei­ner Zeit, zu der er sich an­dern­falls im Krank­heits­ur­laub befände, i) be­zahl­ten Jah­res­ur­laub für ei­nen künf­ti­gen Zeit­raum zu ver­lan­gen und ii) be­zahl­ten Jah­res­ur­laub zu neh­men?
  2. Enthält Art. 7 Abs. 2 der Richt­li­nie 2003/88 Vor­aus­set­zun­gen oder Kri­te­ri­en zur Be­ur­tei­lung der Fra­ge, ob ei­ne fi­nan­zi­el­le Er­satz­vergütung zu zah­len und wie sie zu be­rech­nen ist, wenn ein Mit­glied­staat von sei­nem Er­mes­sen Ge­brauch macht, den Min­dest­zeit­raum für be­zahl­ten Jah­res­ur­laub bei der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses nach Art. 7 Abs. 2 durch ei­ne fi­nan­zi­el­le Vergütung zu er­set­zen, falls sich ein Ar­beit­neh­mer während des ge­sam­ten Ur­laubs­jahrs, in dem das Ar­beits­verhält­nis be­en­det wur­de, oder während ei­nes Teils da­von im Krank­heits­ur­laub be­fand?

Rechts­sa­che C-350/06
11 Herr Schultz-Hoff, der Be­ru­fungskläger des Aus­gangs­ver­fah­rens, war seit dem 1. April 1971 bei der DRB beschäftigt. Seit dem Jahr 1995 lösten sich bei Herrn Schultz-Hoff, der als Schwer­be­hin­der­ter an­er­kannt war, Zei­ten krank­heits­be­ding­ter Ar­beits­unfähig­keit und Zei­ten der Ar­beitsfähig­keit ab. Im Jahr 2004 war er bis An­fang Sep­tem­ber ar­beitsfähig. An­sch­ließend war er fort­lau­fend bis zum 30. Sep­tem­ber 2005, dem Zeit­punkt, zu dem sein Ar­beits­verhält­nis en­de­te, krank­ge­schrie­ben.
12 Mit Schrei­ben vom 13. Mai 2005 be­an­trag­te Herr Schultz-Hoff bei der DRB, ihm ab dem 1. Ju­ni 2005 den be­zahl­ten Jah­res­ur­laub für das Jahr 2004, den Be­zugs­zeit­raum, zu gewähren. Am 25. Mai 2005 wur­de der An­trag mit der Be­gründung ab­ge­lehnt, dass zu­vor der zuständi­ge ärzt­li­che Dienst die Dienstfähig­keit des Be­trof­fe­nen fest­stel­len müsse. Im Sep­tem­ber 2005 stell­te die DRB die Ar­beits­unfähig­keit von Herrn Schultz-Hoff fest und be­wil­lig­te ihm als Ren­ten­ver­si­che­rungs­träger ei­ne un­be­fris­te­te Ren­te rück­wir­kend ab 1. März 2005.
13 Herr Schultz-Hoff er­hob beim Ar­beits­ge­richt Düssel­dorf Kla­ge auf Ab­gel­tung des nicht ge­nom­me­nen be­zahl­ten Jah­res­ur­laubs für die Jah­re 2004 und 2005, die Be­zugs­zeiträume.
14 Die DRB macht gel­tend, dass die Ar­beits­unfähig­keit des Be­trof­fe­nen noch fort­be­ste­he, al­so über den Über­tra­gungs­zeit­raum hin­aus, der gemäß § 7 Abs. 3 des Bun­des­ur­laubs­ge­set­zes vom 8. Ja­nu­ar 1963 in sei­ner im Aus­gangs­ver­fah­ren an­wend­ba­ren Fas­sung ei­nem Ar­beit­neh­mer ein­geräumt wer­de, der sei­nen Jah­res­ur­laub aus drin­gen­den be­trieb­li­chen oder in sei­ner Per­son lie­gen­den Gründen nicht während des Be­zugs­zeit­raums ha­be neh­men können. Folg­lich sei­en die Ansprüche auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub nach deut­schem Recht ver­fal­len, und Herr Schultz-Hoff ha­be kei­nen Ab­gel­tungs­an­spruch für nicht ge­nom­me­nen be­zahl­ten Jah­res­ur­laub.
15 Das Ar­beits­ge­richt Düssel­dorf wies die Kla­ge von Herrn Schultz-Hoff ab, der Be­ru­fung beim Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf ein­leg­te.
16 Nach der Dar­stel­lung des vor­le­gen­den Ge­richts er­lischt der An­spruch des Ar­beit­neh­mers auf Ab­gel­tung des nicht ge­nom­me­nen be­zahl­ten Jah­res­ur­laubs nach den ein­schlägi­gen na­tio­na­len Rechts­vor­schrif­ten in ih­rer Aus­le­gung durch das Bun­des­ar­beits­ge­richt am En­de des be­tref­fen­den Ka­len­der­jahrs und spätes­tens am En­de ei­nes Über­tra­gungs­zeit­raums, der – vor­be­halt­lich ei­ner ta­rif­ver­trag­lich vor­ge­se­he­nen Ab­wei­chung zu­guns­ten des Ar­beit­neh­mers – drei Mo­na­te beträgt. War der Ar­beit­neh­mer bis zum En­de die­ses Über­tra­gungs­zeit­raums ar­beits­unfähig, muss der nicht ge­nom­me­ne be­zahl­te Jah­res­ur­laub am En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht fi­nan­zi­ell ab­ge­gol­ten wer­den.
17

Das Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf hat Zwei­fel, ob Art. 7 der Richt­li­nie 2003/88 die­se Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zulässt, und hat des­halb be­schlos­sen, das Ver­fah­ren aus­zu­set­zen und dem Ge­richts­hof fol­gen­de Fra­gen zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­zu­le­gen:

  1. Ist Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88 da­hin zu ver­ste­hen, dass Ar­beit­neh­mer auf je­den Fall ei­nen be­zahl­ten Min­dest­jah­res­ur­laub von vier Wo­chen er­hal­ten müssen [und dass] ins­be­son­de­re vom Ar­beit­neh­mer we­gen Krank­heit im Ur­laubs­jahr nicht ge­nom­me­ner Ur­laub zu ei­ner späte­ren Zeit zu gewähren ist, oder kann durch ein­zel­staat­li­che Rechts­vor­schrif­ten und/oder ein­zel­staat­li­che Ge­pflo­gen­hei­ten vor­ge­se­hen wer­den, dass der An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub er­lischt, wenn Ar­beit­neh­mer im Ur­laubs­jahr vor der Ur­laubs­gewährung ar­beits­unfähig er­kran­ken und vor Ab­lauf des Ur­laubs­jahrs bzw. des ge­setz­lich, kol­lek­tiv- oder ein­zel­ver­trag­lich fest­ge­leg­ten Über­tra­gungs­zeit­raums ih­re Ar­beitsfähig­keit nicht wie­der­er­lan­gen?
  2. Ist Art. 7 Abs. 2 der Richt­li­nie 2003/88 da­hin zu ver­ste­hen, dass Ar­beit­neh­mern bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses auf je­den Fall ein An­spruch auf fi­nan­zi­el­le Vergütung als Er­satz für er­wor­be­nen und nicht ge­nom­me­nen Ur­laub (Ur­laubs­ab­gel­tung) zu­steht, oder können ein­zel­staat­li­che Rechts­vor­schrif­ten und/oder ein­zel­staat­li­che Ge­pflo­gen­hei­ten vor­se­hen, dass Ar­beit­neh­mern Ur­laubs­ab­gel­tung nicht zu­steht, wenn sie bis zum Ab­lauf des Ur­laubs­jahrs bzw. des an­sch­ließen­den Über­tra­gungs­zeit­raums ar­beits­unfähig er­krankt sind und/oder wenn sie nach Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ei­ne Ren­te we­gen ver­min­der­ter Er­werbsfähig­keit oder In­va­li­dität be­zie­hen?
  3. Für den Fall, dass der Ge­richts­hof die Fra­gen zu 1 und 2 be­jaht: Ist Art. 7 der Richt­li­nie 2003/88 da­hin zu ver­ste­hen, dass der An­spruch auf Jah­res­ur­laub oder auf fi­nan­zi­el­len Er­satz vor­aus­setzt, dass der Ar­beit­neh­mer tatsächlich im Ur­laubs­jahr ge­ar­bei­tet hat, oder ent­steht der An­spruch auch bei ent­schul­dig­tem Feh­len (we­gen Krank­heit) oder un­ent­schul­dig­tem Feh­len im ge­sam­ten Ur­laubs­jahr?
18 We­gen des in der münd­li­chen Ver­hand­lung bestätig­ten Zu­sam­men­hangs zwi­schen den bei­den Aus­gangs­ver­fah­ren sind sie zu ge­mein­sa­mer Ent­schei­dung zu ver­bin­den.

Zu den Vor­la­ge­fra­gen
19

Ein­lei­tend ist fest­zu­stel­len, dass die in den Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­den Krank­heits­ur­laubs­zei­ten nicht die Dau­er der Be­zugs­zeiträume über­schrit­ten ha­ben, die in den ein­zel­nen Rechts­sa­chen nach dem je­weils gel­ten­den na­tio­na­len Recht im Be­reich des be­zahl­ten Jah­res­ur­laubs an­wend­bar wa­ren.

Zum Recht, be­zahl­ten Jah­res­ur­laub während ei­nes Zeit­raums zu neh­men, der in die Zeit ei­nes Krank­heits­ur­laubs fällt

20 Mit der ers­ten in der Rechts­sa­che C-520/06 ge­stell­ten Fra­ge möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt wis­sen, ob Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten oder Ge­pflo­gen­hei­ten ent­ge­gen­steht, nach de­nen ein Ar­beit­neh­mer im Krank­heits­ur­laub kei­nen be­zahl­ten Jah­res­ur­laub neh­men darf.
21 Al­le Re­gie­run­gen und die Kom­mis­si­on der Eu­ropäischen Ge­mein­schaf­ten ver­tre­ten in ih­ren Erklärun­gen den Stand­punkt, dass die­se Fra­ge zu ver­nei­nen sei.
22 Nach ständi­ger Recht­spre­chung ist der An­spruch je­des Ar­beit­neh­mers auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub als ein be­son­ders be­deut­sa­mer Grund­satz des So­zi­al­rechts der Ge­mein­schaft an­zu­se­hen, von dem nicht ab­ge­wi­chen wer­den darf und den die zuständi­gen na­tio­na­len Stel­len nur in den in der Richt­li­nie 93/104/EG des Ra­tes vom 23. No­vem­ber 1993 über be­stimm­te As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung (ABl. L 307, S. 18) selbst aus­drück­lich ge­zo­ge­nen Gren­zen um­set­zen dürfen (vgl. Ur­tei­le vom 26. Ju­ni 2001, BEC­TU, C-173/99, Slg. 2001, I-4881, Rand­nr. 43, vom 18. März 2004, Me­ri­no Gómez, C-342/01, Slg. 2004, I-2605, Rand­nr. 29, und vom 16. März 2006, Ro­bin­son-Stee­le u. a., C-131/04 und C-257/04, Slg. 2006, I-2531, Rand­nr. 48).
23 Der Ar­beit­neh­mer muss nor­ma­ler­wei­se über ei­ne tatsächli­che Ru­he­zeit verfügen können, da­mit ein wirk­sa­mer Schutz sei­ner Si­cher­heit und sei­ner Ge­sund­heit si­cher­ge­stellt ist, denn nur für den Fall, dass das Ar­beits­verhält­nis be­en­det wird, lässt Art. 7 Abs. 2 der Richt­li­nie 2003/88 zu, dass der An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub durch ei­ne fi­nan­zi­el­le Vergütung er­setzt wird (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­tei­le BEC­TU, Rand­nr. 44, und Me­ri­no Gómez, Rand­nr. 30).
24 Art. 7 der Richt­li­nie 2003/88 gehört im Übri­gen nicht zu den Vor­schrif­ten, von de­nen die­se Richt­li­nie aus­drück­lich Ab­wei­chun­gen zulässt.
25 Es steht fest, dass mit dem An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub be­zweckt wird, es dem Ar­beit­neh­mer zu ermögli­chen, sich zu er­ho­len und über ei­nen Zeit­raum für Ent­span­nung und Frei­zeit zu verfügen. In­so­weit weicht die­ser Zweck vom Zweck des An­spruchs auf Krank­heits­ur­laub ab. Die­ser wird dem Ar­beit­neh­mer gewährt, da­mit er von ei­ner Krank­heit ge­ne­sen kann.
26 Der Ge­richts­hof hat be­reits ent­schie­den, dass ein durch das Ge­mein­schafts­recht gewähr­leis­te­ter Ur­laub nicht den An­spruch auf ei­nen an­de­ren ge­mein­schafts­recht­lich gewähr­leis­te­ten Ur­laub be­ein­träch­ti­gen kann (vgl. Ur­tei­le Me­ri­no Gómez, Rand­nrn. 32 und 33, vom 14. April 2005, Kom­mis­si­on/Lu­xem­burg, C-519/03, Slg. 2005, I-3067, Rand­nr. 33, und vom 20. Sep­tem­ber 2007, Ki­iski, C-116/06, Slg. 2007, I-7643, Rand­nr. 56). Im Ur­teil Me­ri­no Gómez hat er ins­be­son­de­re aus­geführt, dass Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 93/104 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass die An­for­de­run­gen die­ser Richt­li­nie hin­sicht­lich des be­zahl­ten Jah­res­ur­laubs nicht als erfüllt an­ge­se­hen wer­den können, wenn der Mut­ter­schafts­ur­laub ei­ner Ar­beit­neh­me­rin zeit­lich mit dem durch ei­ne be­trieb­li­che Kol­lek­tiv­ver­ein­ba­rung all­ge­mein fest­ge­leg­ten Jah­res­ur­laub für die ge­sam­te Be­leg­schaft zu­sam­menfällt.
27 An­ders als die Ansprüche auf Mut­ter­schafts­ur­laub oder auf El­tern­ur­laub, die in den in der vor­ste­hen­den Rand­num­mer an­geführ­ten Ur­tei­len in Re­de stan­den, wer­den der An­spruch auf Krank­heits­ur­laub und die Mo­da­litäten für sei­ne Ausübung al­ler­dings beim ge­genwärti­gen Stand des Ge­mein­schafts­rechts von die­sem nicht ge­re­gelt. Außer­dem war die Aus­le­gung des Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 93/104 in der Rechts­sa­che, in der das Ur­teil Me­ri­no Gómez er­gan­gen ist, durch die Not­wen­dig­keit ge­bo­ten, un­ter Berück­sich­ti­gung der an­de­ren in je­ner Rechts­sa­che ein­schlägi­gen Ge­mein­schafts­richt­li­ni­en die Be­ach­tung der ar­beits­ver­trag­li­chen Rech­te ei­ner Ar­beit­neh­me­rin im Fall ei­nes Mut­ter­schafts­ur­laubs zu gewähr­leis­ten.
28 Was den An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub an­be­langt, so ist es, wie sich aus dem Wort­laut der Richt­li­nie 2003/88 und der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs er­gibt, Sa­che der Mit­glied­staa­ten, in ih­ren in­ner­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten die Vor­aus­set­zun­gen für die Ausübung und die Um­set­zung die­ses An­spruchs fest­zu­le­gen und da­bei die kon­kre­ten Umstände zu be­zeich­nen, un­ter de­nen die Ar­beit­neh­mer von die­sem An­spruch Ge­brauch ma­chen können, oh­ne da­bei aber be­reits die Ent­ste­hung die­ses sich un­mit­tel­bar aus der Richt­li­nie 93/104 er­ge­ben­den An­spruchs von ir­gend­ei­ner Vor­aus­set­zung abhängig zu ma­chen (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil BEC­TU, Rand­nr. 53).
29 Un­ter die­sen Umständen steht so­mit Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88 ei­ner­seits ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten oder Ge­pflo­gen­hei­ten grundsätz­lich nicht ent­ge­gen, nach de­nen ein Ar­beit­neh­mer im Krank­heits­ur­laub nicht be­rech­tigt ist, während ei­nes Zeit­raums, der in die Zeit des Krank­heits­ur­laubs fällt, be­zahl­ten Jah­res­ur­laub zu neh­men, so­fern er den ihm durch die Richt­li­nie ver­lie­he­nen An­spruch während ei­nes an­de­ren Zeit­raums ausüben kann.
30 Wie sich nämlich aus der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs er­gibt, ent­fal­tet sich die po­si­ti­ve Wir­kung des be­zahl­ten Jah­res­ur­laubs für die Si­cher­heit und die Ge­sund­heit des Ar­beit­neh­mers zwar dann vollständig, wenn der Ur­laub in dem hierfür vor­ge­se­he­nen, al­so dem lau­fen­den Jahr ge­nom­men wird, doch ver­liert die­se Ru­he­zeit ih­re Be­deu­tung in­so­weit nicht, wenn sie zu ei­ner späte­ren Zeit ge­nom­men wird (Ur­teil vom 6. April 2006, Fe­de­ra­tie Neder­land­se Vak­be­we­ging, C-124/05, Slg. 2006, I-3423, Rand­nr. 30).
31 An­de­rer­seits steht die Richt­li­nie 2003/88 auch ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten oder Ge­pflo­gen­hei­ten nicht ent­ge­gen, nach de­nen ein Ar­beit­neh­mer, der sich im Krank­heits­ur­laub be­fin­det, während des ent­spre­chen­den Zeit­raums be­zahl­ten Jah­res­ur­laub neh­men kann.
32

Nach al­le­dem ist auf die ers­te Vor­la­ge­fra­ge in der Rechts­sa­che C-520/06 zu ant­wor­ten, dass Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten oder Ge­pflo­gen­hei­ten nicht ent­ge­gen­steht, nach de­nen ein Ar­beit­neh­mer im Krank­heits­ur­laub nicht be­rech­tigt ist, während ei­nes Zeit­raums, der in die Zeit des Krank­heits­ur­laubs fällt, be­zahl­ten Jah­res­ur­laub zu neh­men.

Zum An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub im Fall ei­ner Krank­schrei­bung während des ge­sam­ten Be­zugs­zeit­raums oder ei­nes Teils da­von, wenn die Ar­beits­unfähig­keit bei Ab­lauf die­ses Zeit­raums und/oder ei­nes im na­tio­na­len Recht fest­ge­leg­ten Über­tra­gungs­zeit­raums fort­be­steht

33 Mit der ers­ten und hilfs­wei­se – so­weit sie sich auf den Ur­laubs­an­spruch und nicht auf die fi­nan­zi­el­le Vergütung für nicht ge­nom­me­nen be­zahl­ten Jah­res­ur­laub be­zieht – mit der drit­ten Vor­la­ge­fra­ge in der Rechts­sa­che C-350/06 möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt wis­sen, ob Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten oder Ge­pflo­gen­hei­ten ent­ge­gen­steht, nach de­nen der An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub bei Ab­lauf des Be­zugs­zeit­raums und/oder ei­nes im na­tio­na­len Recht fest­ge­leg­ten Über­tra­gungs­zeit­raums auch dann er­lischt, wenn der Ar­beit­neh­mer während des ge­sam­ten Be­zugs­zeit­raums oder ei­nes Teils da­von krank­ge­schrie­ben war und sei­ne Ar­beits­unfähig­keit bis zum En­de sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses fort­be­stand.
34 Wie ins­be­son­de­re die deut­sche Re­gie­rung in der münd­li­chen Ver­hand­lung un­ter Be­ru­fung auf Rand­nr. 53 des Ur­teils BEC­TU aus­geführt hat, geht aus Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88 her­vor, dass die An­wen­dungs­mo­da­litäten des An­spruchs auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub in den ver­schie­de­nen Mit­glied­staa­ten durch die ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten und/oder Ge­pflo­gen­hei­ten ge­re­gelt wer­den. Die deut­sche Re­gie­rung zieht dar­aus den Schluss, dass die Fra­ge der Ur­laubsüber­tra­gung und da­mit der Fest­le­gung ei­nes Zeit­raums, in dem ein Ar­beit­neh­mer, der während des Be­zugs­zeit­raums dar­an ge­hin­dert war, sei­nen be­zahl­ten Jah­res­ur­laub zu neh­men, noch in den Ge­nuss des ent­spre­chen­den Jah­res­ur­laubs kom­men kann, zu den Vor­aus­set­zun­gen für die Ausübung und die Um­set­zung des An­spruchs auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub gehöre und da­mit von den ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten und/oder Ge­pflo­gen­hei­ten ge­re­gelt wer­de.
35 Die­sem Schluss kann zwar grundsätz­lich ge­folgt wer­den, doch un­ter­liegt er be­stimm­ten Be­gren­zun­gen.
36

So­mit ist zu prüfen, wel­che Be­gren­zun­gen die­ses Grund­sat­zes un­ter den spe­zi­el­len Umständen der Rechts­sa­che C-350/06 ge­bo­ten sind.

  • Krank­schrei­bung während des ge­sam­ten Be­zugs­zeit­raums, die bei Ab­lauf die­ses Zeit­raums und/oder ei­nes Über­tra­gungs­zeit­raums fort­be­steht
37 Ein­lei­tend ist dar­auf zu ver­wei­sen, dass die Richt­li­nie 2003/88 aus­weis­lich ih­res sechs­ten Erwägungs­grun­des den Grundsätzen der In­ter­na­tio­na­len Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on hin­sicht­lich der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung Rech­nung ge­tra­gen hat.
38 In­so­weit ist fest­zu­stel­len, dass nach Art. 5 Abs. 4 des Übe­r­ein­kom­mens Nr. 132 der In­ter­na­tio­na­len Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on vom 24. Ju­ni 1970 über den be­zahl­ten Jah­res­ur­laub (Neu­fas­sung) „… Ar­beits­versäum­nis­se aus Gründen, die un­abhängig vom Wil­len des be­tei­lig­ten Ar­beit­neh­mers be­ste­hen, wie z. B. Krank­heit …, als Dienst­zeit an­zu­rech­nen [sind]“.
39 Was zunächst die Vor­schrif­ten über Min­destru­he­zei­ten in Ka­pi­tel 2 der Richt­li­nie 2003/88 an­geht, be­zie­hen sich die­se meist auf „je­den Ar­beit­neh­mer“, so ins­be­son­de­re auch Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie in Be­zug auf den An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub (Ur­teil BEC­TU, Rand­nr. 46).
40 Außer­dem wird in der Richt­li­nie 2003/88 in Be­zug auf die­sen An­spruch nicht zwi­schen Ar­beit­neh­mern, die we­gen ei­ner kurz- oder lang­fris­ti­gen Krank­schrei­bung während des Be­zugs­zeit­raums der Ar­beit fern­ge­blie­ben sind, und sol­chen, die während die­ses Zeit­raums tatsächlich ge­ar­bei­tet ha­ben, un­ter­schie­den.
41 Dar­aus folgt, dass ein Mit­glied­staat den mit der Richt­li­nie 2003/88 al­len Ar­beit­neh­mern un­mit­tel­bar ver­lie­he­nen An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub (Ur­teil BEC­TU, Rand­nrn. 52 und 53) bei ord­nungs­gemäß krank­ge­schrie­be­nen Ar­beit­neh­mern nicht von der Vor­aus­set­zung abhängig ma­chen kann, dass sie während des von die­sem Staat fest­ge­leg­ten Be­zugs­zeit­raums tatsächlich ge­ar­bei­tet ha­ben.
42 Mit ei­ner na­tio­na­len Vor­schrift, die ei­nen Über­tra­gungs­zeit­raum für am En­de des Be­zugs­zeit­raums nicht ge­nom­me­nen Jah­res­ur­laub vor­sieht, wird grundsätz­lich das Ziel ver­folgt, dem Ar­beit­neh­mer, der dar­an ge­hin­dert war, sei­nen Jah­res­ur­laub zu neh­men, ei­ne zusätz­li­che Möglich­keit zu eröff­nen, in des­sen Ge­nuss zu kom­men. Die Fest­le­gung ei­nes sol­chen Zeit­raums gehört zu den Vor­aus­set­zun­gen für die Ausübung und die Um­set­zung des An­spruchs auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub und fällt so­mit grundsätz­lich in die Zuständig­keit der Mit­glied­staa­ten.
43 Dar­aus folgt, dass Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88 grundsätz­lich ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung, die für die Ausübung des mit die­ser Richt­li­nie aus­drück­lich ver­lie­he­nen An­spruchs auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub Mo­da­litäten vor­sieht, die so­gar den Ver­lust die­ses An­spruchs am En­de ei­nes Be­zugs­zeit­raums oder ei­nes Über­tra­gungs­zeit­raums be­inhal­ten, nicht ent­ge­gen­steht, al­ler­dings un­ter der Vor­aus­set­zung, dass der Ar­beit­neh­mer, des­sen An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub er­lo­schen ist, tatsächlich die Möglich­keit hat­te, den ihm mit der Richt­li­nie ver­lie­he­nen An­spruch aus­zuüben.
44 Fest­zu­stel­len ist je­doch, dass ei­nem Ar­beit­neh­mer, der wie der Kläger des Aus­gangs­ver­fah­rens in der Rechts­sa­che C-350/06 im Jahr 2005 während des ge­sam­ten Be­zugs­zeit­raums und über den im na­tio­na­len Recht fest­ge­leg­ten Über­tra­gungs­zeit­raum hin­aus krank­ge­schrie­ben ist, zu kei­ner Zeit die Möglich­keit eröff­net wird, in den Ge­nuss sei­nes be­zahl­ten Jah­res­ur­laubs zu kom­men.
45 Ließe man zu, dass die ein­schlägi­gen na­tio­na­len Rechts­vor­schrif­ten, ins­be­son­de­re die über die Fest­le­gung des Über­tra­gungs­zeit­raums, un­ter den in der vor­ste­hen­den Rand­num­mer be­schrie­be­nen be­son­de­ren Umständen ei­ner Ar­beits­unfähig­keit das Erlöschen des in Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88 ga­ran­tier­ten An­spruchs des Ar­beit­neh­mers auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub vor­se­hen können, oh­ne dass der Ar­beit­neh­mer tatsächlich die Möglich­keit hat­te, den ihm durch die­se Richt­li­nie gewähr­ten An­spruch aus­zuüben, so würde dies be­deu­ten, dass die­se Rechts­vor­schrif­ten das je­dem Ar­beit­neh­mer durch Art. 7 der ge­nann­ten Richt­li­nie un­mit­tel­bar gewähr­te so­zia­le Recht be­ein­träch­tig­ten.
46 So hat der Ge­richts­hof zwar an­er­kannt, dass es den Mit­glied­staa­ten frei­steht, in ih­ren in­ner­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten die Vor­aus­set­zun­gen für die Ausübung und die Um­set­zung des An­spruchs auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub fest­zu­le­gen, er hat aber klar­ge­stellt, dass die Mit­glied­staa­ten die Ent­ste­hung die­ses sich un­mit­tel­bar aus der Richt­li­nie 93/104 er­ge­ben­den An­spruchs nicht von ir­gend­ei­ner Vor­aus­set­zung abhängig ma­chen können (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil BEC­TU, Rand­nr. 53).
47 In dem­sel­ben Ur­teil hat der Ge­richts­hof un­ter­stri­chen, dass die zur Um­set­zung der Vor­schrif­ten der Richt­li­nie 93/104 er­for­der­li­chen Durchführungs- und An­wen­dungs­be­stim­mun­gen ge­wis­se Un­ter­schie­de in Be­zug auf die Vor­aus­set­zun­gen für die Ausübung des An­spruchs auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub auf­wei­sen können, dass die­se Richt­li­nie es den Mit­glied­staa­ten aber nicht er­laubt, be­reits die Ent­ste­hung ei­nes aus­drück­lich al­len Ar­beit­neh­mern zu­er­kann­ten An­spruchs aus­zu­sch­ließen (Ur­teil BEC­TU, Rand­nr. 55).
48 Wenn so­mit nach der in den vor­ste­hen­den Rand­num­mern an­geführ­ten Recht­spre­chung der dem Ar­beit­neh­mer durch Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88 ga­ran­tier­te An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub nicht durch na­tio­na­le Rechts­vor­schrif­ten in Fra­ge ge­stellt wer­den kann, die die Be­gründung oder Ent­ste­hung die­ses An­spruchs aus­sch­ließen, dann kann es sich hin­sicht­lich na­tio­na­ler Rechts­vor­schrif­ten nicht an­ders ver­hal­ten, die das Erlöschen die­ses An­spruchs bei ei­nem Ar­beit­neh­mer wie Herrn Schultz-Hoff vor­se­hen, der während des ge­sam­ten Be­zugs­zeit­raums und/oder über ei­nen Über­tra­gungs­zeit­raum hin­aus krank­ge­schrie­ben war und sei­nen An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub nicht ausüben konn­te. Denn wie un­ter den Umständen der Rechts­sa­che, in der das Ur­teil BEC­TU er­gan­gen ist, in der der Ge­richts­hof ent­schie­den hat, dass die Mit­glied­staa­ten das Ent­ste­hen des An­spruchs auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub nicht aus­sch­ließen können, können die Mit­glied­staa­ten in ei­ner Si­tua­ti­on wie der von Herrn Schultz-Hoff nicht das Erlöschen die­ses An­spruchs vor­se­hen.
49

Dar­aus folgt, dass Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten oder Ge­pflo­gen­hei­ten ent­ge­gen­steht, nach de­nen der An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub bei Ab­lauf des Be­zugs­zeit­raums und/oder ei­nes im na­tio­na­len Recht fest­ge­leg­ten Über­tra­gungs­zeit­raums auch dann er­lischt, wenn der Ar­beit­neh­mer während des ge­sam­ten Be­zugs­zeit­raums oder ei­nes Teils da­von krank­ge­schrie­ben war und sei­ne Ar­beits­unfähig­keit bis zum En­de sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses fort­ge­dau­ert hat, wes­halb er sei­nen An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub nicht ausüben konn­te.

  • Krank­schrei­bung während ei­nes Teils des Be­zugs­zeit­raums, die bei Ab­lauf die­ses Zeit­raums und/oder ei­nes Über­tra­gungs­zeit­raums fort­be­steht
50 An­ge­sichts der in den Rand­nrn. 37 bis 49 des vor­lie­gen­den Ur­teils dar­ge­leg­ten Erwägun­gen ist bei ei­nem Ar­beit­neh­mer, der wie Herr Schultz-Hoff im Jahr 2004 während ei­nes Teils des Be­zugs­zeit­raums ge­ar­bei­tet hat, be­vor er krank­ge­schrie­ben wur­de, hin­sicht­lich sei­nes An­spruchs auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub der in Rand­nr. 49 des vor­lie­gen­den Ur­teils dar­ge­leg­te Schluss zu zie­hen.
51 Je­der Ar­beit­neh­mer, der we­gen ei­ner lang­fris­ti­gen Krank­schrei­bung nicht in den Ge­nuss ei­ner Zeit be­zahl­ten Jah­res­ur­laubs ge­kom­men ist, be­fin­det sich nämlich in der in Rand­nr. 44 des vor­lie­gen­den Ur­teils be­schrie­be­nen Si­tua­ti­on, da das Ein­tre­ten ei­ner krank­heits­be­ding­ten Ar­beits­unfähig­keit nicht vor­her­seh­bar ist.
52 Nach al­le­dem ist auf die ers­te und – so­weit sie sich auf den Ur­laubs­an­spruch und nicht auf die fi­nan­zi­el­le Vergütung für nicht ge­nom­me­nen be­zahl­ten Jah­res­ur­laub be­zieht – die drit­te Vor­la­ge­fra­ge in der Rechts­sa­che C-350/06 zu ant­wor­ten, dass Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten oder Ge­pflo­gen­hei­ten ent­ge­gen­steht, nach de­nen der An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub bei Ab­lauf des Be­zugs­zeit­raums und/oder ei­nes im na­tio­na­len Recht fest­ge­leg­ten Über­tra­gungs­zeit­raums auch dann er­lischt, wenn der Ar­beit­neh­mer während des ge­sam­ten Be­zugs­zeit­raums oder ei­nes Teils da­von krank­ge­schrie­ben war und sei­ne Ar­beits­unfähig­keit bis zum En­de sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses fort­ge­dau­ert hat, wes­halb er sei­nen An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub nicht ausüben konn­te. Zum An­spruch auf ei­ne am En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses zu zah­len­de fi­nan­zi­el­le Vergütung für be­zahl­ten Jah­res­ur­laub, der während des Be­zugs­zeit­raums und/oder des Über­tra­gungs­zeit­raums we­gen Ar­beits­unfähig­keit während der ge­sam­ten ent­spre­chen­den Zeit oder ei­nes Teils da­von nicht ge­nom­men wur­de
53 Mit der zwei­ten und, so­weit sie sich auf die fi­nan­zi­el­le Vergütung für nicht ge­nom­me­nen Jah­res­ur­laub be­zieht, hilfs­wei­se mit der drit­ten Vor­la­ge­fra­ge in der Rechts­sa­che C-350/06 so­wie mit der zwei­ten Vor­la­ge­fra­ge in der Rechts­sa­che C-520/06 möch­ten die vor­le­gen­den Ge­rich­te wis­sen, ob Art. 7 Abs. 2 der Richt­li­nie 2003/88 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten oder Ge­pflo­gen­hei­ten ent­ge­gen­steht, nach de­nen für nicht ge­nom­me­nen Jah­res­ur­laub am En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses kei­ne fi­nan­zi­el­le Vergütung ge­zahlt wird, wenn der Ar­beit­neh­mer während des ge­sam­ten Be­zugs­zeit­raums und/oder Über­tra­gungs­zeit­raums oder ei­nes Teils da­von krank­ge­schrie­ben bzw. im Krank­heits­ur­laub war. Im Fall ei­ner Be­ja­hung die­ser Fra­ge möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt in der Rechts­sa­che C-520/06 wis­sen, an­hand wel­cher Kri­te­ri­en die fi­nan­zi­el­le Vergütung zu be­rech­nen ist.
54

In­so­weit ist zunächst dar­auf hin­zu­wei­sen, dass je­der Ar­beit­neh­mer, wie sich be­reits aus dem Wort­laut von Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88 er­gibt, ei­ner Be­stim­mung, von der die­se Richt­li­nie kei­ne Ab­wei­chung zulässt, An­spruch auf ei­nen be­zahl­ten Min­dest­jah­res­ur­laub von vier Wo­chen hat. Die­ser An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub, der nach der in Rand­nr. 22 des vor­lie­gen­den Ur­teils an­geführ­ten Recht­spre­chung als ein be­son­ders be­deut­sa­mer Grund­satz des So­zi­al­rechts der Ge­mein­schaft an­zu­se­hen ist, wird so­mit je­dem Ar­beit­neh­mer un­abhängig von sei­nem Ge­sund­heits­zu­stand gewährt.

55 Wie sich aus Rand­nr. 52 des vor­lie­gen­den Ur­teils er­gibt, er­lischt der An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub nicht bei Ab­lauf des Be­zugs­zeit­raums und/oder ei­nes im na­tio­na­len Recht fest­ge­leg­ten Über­tra­gungs­zeit­raums, wenn der Ar­beit­neh­mer während des ge­sam­ten Be­zugs­zeit­raums oder ei­nes Teils da­von krank­ge­schrie­ben war und tatsächlich nicht die Möglich­keit hat­te, die­sen ihm mit der Richt­li­nie 2003/88 gewähr­ten An­spruch aus­zuüben.
56 Wenn das Ar­beits­verhält­nis en­det, ist es nicht mehr möglich, tatsächlich be­zahl­ten Jah­res­ur­laub zu neh­men. Um zu ver­hin­dern, dass dem Ar­beit­neh­mer we­gen die­ser Unmöglich­keit je­der Ge­nuss die­ses An­spruchs, selbst in fi­nan­zi­el­ler Form, ver­wehrt wird, sieht Art. 7 Abs. 2 der Richt­li­nie 2003/88 vor, dass der Ar­beit­neh­mer An­spruch auf ei­ne fi­nan­zi­el­le Vergütung hat.
57 In kei­ner Vor­schrift der Richt­li­nie 2003/88 wird aus­drück­lich ge­re­gelt, wie die fi­nan­zi­el­le Vergütung zu be­rech­nen ist, die bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses an die Stel­le der Min­dest­zeit oder der Min­dest­zei­ten be­zahl­ten Jah­res­ur­laubs tritt.
58 Nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs be­deu­tet al­ler­dings der Aus­druck „be­zahl­ter [J]ah­res­ur­laub“ in Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88, dass das Ar­beits­ent­gelt für die Dau­er des Jah­res­ur­laubs im Sin­ne die­ser Richt­li­nie wei­ter­zu­gewähren ist und dass der Ar­beit­neh­mer mit an­de­ren Wor­ten für die­se Ru­he­zeit das gewöhn­li­che Ar­beits­ent­gelt er­hal­ten muss (vgl. Ur­teil Ro­bin­son-Stee­le u. a., Rand­nr. 50).
59 Bei der Fest­le­gung der dem Ar­beit­neh­mer nach Art. 7 Abs. 2 der Richt­li­nie 2003/88 ge­schul­de­ten fi­nan­zi­el­len Vergütung ha­ben die Mit­glied­staa­ten dar­auf zu ach­ten, dass die na­tio­na­len An­wen­dungs­mo­da­litäten die sich aus der Richt­li­nie selbst er­ge­ben­den Gren­zen be­ach­ten.
60 Nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs wer­den der An­spruch auf Jah­res­ur­laub und der auf Zah­lung des Ur­laubs­ent­gelts in der Richt­li­nie 2003/88 als zwei As­pek­te ei­nes ein­zi­gen An­spruchs be­han­delt. Durch das Er­for­der­nis der Zah­lung die­ses Ur­laubs­ent­gelts soll der Ar­beit­neh­mer während des Jah­res­ur­laubs in ei­ne La­ge ver­setzt wer­den, die in Be­zug auf das Ent­gelt mit den Zei­ten ge­leis­te­ter Ar­beit ver­gleich­bar ist (vgl. Ur­teil Ro­bin­son-Stee­le u. a., Rand­nr. 58).
61 Dar­aus folgt, dass die fi­nan­zi­el­le Vergütung, auf die ein Ar­beit­neh­mer An­spruch hat, der aus von sei­nem Wil­len un­abhängi­gen Gründen nicht in der La­ge war, sei­nen An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub vor dem En­de des Ar­beit­verhält­nis­ses aus­zuüben, in der Wei­se zu be­rech­nen ist, dass der Ar­beit­neh­mer so ge­stellt wird, als hätte er die­sen An­spruch während der Dau­er sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses aus­geübt. Folg­lich ist das gewöhn­li­che Ar­beits­ent­gelt des Ar­beit­neh­mers, das während der dem be­zahl­ten Jah­res­ur­laub ent­spre­chen­den Ru­he­zeit wei­ter­zu­zah­len ist, auch für die Be­rech­nung der fi­nan­zi­el­len Vergütung für bei Be­en­di­gung des Ver­trags­verhält­nis­ses nicht ge­nom­me­nen Jah­res­ur­laub maßge­bend.
62 Nach al­le­dem ist auf die zwei­te und, so­weit sie sich auf die fi­nan­zi­el­le Vergütung für nicht ge­nom­me­nen Jah­res­ur­laub be­zieht, die drit­te Vor­la­ge­fra­ge in der Rechts­sa­che C-350/06 so­wie auf die zwei­te Vor­la­ge­fra­ge in der Rechts­sa­che C-520/06 zu ant­wor­ten, dass Art. 7 Abs. 2 der Richt­li­nie 2003/88 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten oder Ge­pflo­gen­hei­ten ent­ge­gen­steht, nach de­nen für nicht ge­nom­me­nen Jah­res­ur­laub am En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses kei­ne fi­nan­zi­el­le Vergütung ge­zahlt wird, wenn der Ar­beit­neh­mer während des ge­sam­ten Be­zugs­zeit­raums und/oder Über­tra­gungs­zeit­raums oder ei­nes Teils da­von krank­ge­schrie­ben bzw. im Krank­heits­ur­laub war und des­halb sei­nen An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub nicht ausüben konn­te. Für die Be­rech­nung der ent­spre­chen­den fi­nan­zi­el­len Vergütung ist das gewöhn­li­che Ar­beits­ent­gelt des Ar­beit­neh­mers, das während der dem be­zahl­ten Jah­res­ur­laub ent­spre­chen­den Ru­he­zeit wei­ter­zu­zah­len ist, maßge­bend.

Kos­ten
63 Für die Par­tei­en des Aus­gangs­ver­fah­rens ist das Ver­fah­ren ein Zwi­schen­streit in dem bei dem vor­le­gen­den Ge­richt anhängi­gen Rechts­streit; die Kos­ten­ent­schei­dung ist da­her Sa­che die­ses Ge­richts. Die Aus­la­gen an­de­rer Be­tei­lig­ter für die Ab­ga­be von Erklärun­gen vor dem Ge­richts­hof sind nicht er­stat­tungsfähig.

Aus die­sen Gründen hat der Ge­richts­hof (Große Kam­mer) für Recht er­kannt:
  1. Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 4. No­vem­ber 2003 über be­stimm­te As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung ist da­hin aus­zu­le­gen, dass er ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten oder Ge­pflo­gen­hei­ten nicht ent­ge­gen­steht, nach de­nen ein Ar­beit­neh­mer im Krank­heits­ur­laub nicht be­rech­tigt ist, während ei­nes Zeit­raums, der in die Zeit des Krank­heits­ur­laubs fällt, be­zahl­ten Jah­res­ur­laub zu neh­men.
  2. Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88 ist da­hin aus­zu­le­gen, dass er ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten oder Ge­pflo­gen­hei­ten ent­ge­gen­steht, nach de­nen der An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub bei Ab­lauf des Be­zugs­zeit­raums und/oder ei­nes im na­tio­na­len Recht fest­ge­leg­ten Über­tra­gungs­zeit­raums auch dann er­lischt, wenn der Ar­beit­neh­mer während des ge­sam­ten Be­zugs­zeit­raums oder ei­nes Teils da­von krank­ge­schrie­ben war und sei­ne Ar­beits­unfähig­keit bis zum En­de sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses fort­ge­dau­ert hat, wes­halb er sei­nen An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub nicht ausüben konn­te.

 

 

 

 

3. Art. 7 Abs. 2 der Richt­li­nie 2003/88 ist da­hin aus­zu­le­gen, dass er ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten oder Ge­pflo­gen­hei­ten ent­ge­gen­steht, nach de­nen für nicht ge­nom­me­nen Jah­res­ur­laub am En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses kei­ne fi­nan­zi­el­le Vergütung ge­zahlt wird, wenn der Ar­beit­neh­mer während des ge­sam­ten Be­zugs­zeit­raums und/oder Über­tra­gungs­zeit­raums oder ei­nes Teils da­von krank­ge­schrie­ben bzw. im Krank­heits­ur­laub war und des­halb sei­nen An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub nicht ausüben konn­te. Für die Be­rech­nung der ent­spre­chen­den fi­nan­zi­el­len Vergütung ist das gewöhn­li­che Ar­beits­ent­gelt des Ar­beit­neh­mers, das während der dem be­zahl­ten Jah­res­ur­laub ent­spre­chen­den Ru­he­zeit wei­ter­zu­zah­len ist, maßge­bend.

* Ver­fah­rens­spra­chen: Deutsch und Eng­lisch.

Quel­le: Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on (EuGH), http://cu­ria.eu­ro­pa.eu

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