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LAG Köln, Be­schluss vom 23.01.2013, 5 TaBV 7/12

   
Schlagworte: Betriebsrat, Betriebsratsbüro
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Aktenzeichen: 5 TaBV 7/12
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 23.01.2013
   
Leitsätze:

1. Es hängt von der Größe des Betriebs und den Besonderheiten des Einzelfalls ab, ob dem Betriebsrat Räume im Betrieb zur ausschließlichen Nutzung oder nur zu bestimmten Zeiten überlassen werden müssen.

2. In jüngerer Rechtsprechung nimmt das BAG an, dass sich der Betriebsrat regelmäßig im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums bewegt, wenn er einen Internetzugriff für die einzelnen Mitglieder des Betriebsrats für erforderlich hält (BAG 14. Juli 2010 – 7 ABR 80/08 – BAGE 135, 154). Dies impliziert, dass der Betriebsrat regelmäßig die Zurverfügungstellung eines Computers verlangen kann, denn der Internetanschluss setzt regelmäßig die Nutzung des Computers voraus.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Köln, Beschluss vom 21.12.2011, 3 BV 150/10
   

Te­nor:

1. Die Be­schwer­de der Be­tei­lig­ten zu 2) ge­gen den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Köln vom 21. De­zem­ber 2011 – 3 BV 150/10 – wird zurück­ge­wie­sen.

2. Die Rechts­be­schwer­de wird nicht zu­ge­las­sen.

Gründe

I.

Der Be­triebs­rat macht die Zur­verfügung­stel­lung ei­nes ab­sch­ließba­ren Raums zur al­lei­ni­gen Nut­zung nebst Mo­bi­li­ar und tech­ni­scher Aus­stat­tung gel­tend.

Die Ar­beit­ge­be­rin er­bringt Dienst­leis­tun­gen im Haus­meis­ter­breich. Sie beschäftigt 155 Ar­beit­neh­mer, da­von 42 in Voll­zeit und den Rest in Teil­zeit. Hier­von sind 111 Ar­beit­neh­mer ge­ringfügig beschäftigt. Der an­trag­stel­len­de Be­triebs­rat be­steht aus sie­ben Mit­glie­dern. Sechs der Mit­glie­der ar­bei­ten als Haus­meis­ter. In den Ob­jek­ten ist je­weils ein Haus­meis­terbüro ein­ge­rich­tet.

Mit Schrei­ben vom 29. März 2010 for­der­te der Be­triebs­rat die Ar­beit­ge­be­rin auf, ihm ein ge­eig­ne­tes Büro zur Verfügung zu stel­len, um re­gelmäßig Sit­zun­gen und Sprech­stun­den ab­hal­ten zu können. Das Büro soll­te mit ei­nem Schreib­tisch, ei­nem Te­le­fon­an­schluss, ei­nem PC, ei­nem Ak­ten­schrank und min­des­tens sie­ben Stühlen aus­ge­stat­tet sein.

Die Ar­beit­ge­be­rin lehn­te dies am 31. März 2010 ab. Zur Be­gründung ver­wies sie dar­auf, dass die Ein­rich­tung ei­nes se­pa­ra­ten Büros nicht er­for­der­lich sei. Die Be­triebs­rats­mit­glie­der könn­ten Com­pu­ter und Te­le­fon am Ar­beits­platz nut­zen. Sprech­stun­den könn­ten in den Büros der Be­triebs­rats­mit­glie­der ab­ge­hal­ten wer­den.

Der Be­triebs­rat hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, er könne ein Be­triebs­ratsbüro zur al­lei­ni­gen Nut­zung nebst Aus­stat­tung ver­lan­gen. Die Ar­beit­ge­be­rin ha­be aus­rei­chend Räum­lich­kei­ten zur Verfügung. Ein ei­ge­nes Büro gehöre zur Ba­sis­aus­stat­tung nach § 40 Abs. 2 Be­trVG.

Der Be­triebs­rat hat be­an­tragt,

1. die Ar­beit­ge­be­rin zu ver­pflich­ten, ihm ei­nen ge­eig­ne­ten ab­sch­ließba­ren Raum für die Ausübung von Be­triebs­ratstätig­kei­ten, ins­be­son­de­re die Ab­hal­tung re­gelmäßiger Sit­zun­gen, zur al­lei­ni­gen Nut­zung zur Verfügung zu stel­len;

2. die Ar­beit­ge­be­rin zu ver­pflich­ten, den im An­trag zu 1. ge­nann­ten Raum mit ei­nem Schreib­tisch, ei­nem Tisch für die Durchführung von Be­spre­chun­gen, min­des­tens acht Stühlen und ei­nem ver­sch­ließba­ren Ak­ten­schrank aus­zu­stat­ten;

3. die Ar­beit­ge­be­rin zu ver­pflich­ten, den im An­trag zu 1. ge­nann­ten Raum mit ei­nem Te­le­fon­an­schluss mit ei­ge­ner Durch­wahl aus­zu­stat­ten;

4. die Ar­beit­ge­be­rin zu ver­pflich­ten, den im An­trag zu 1. ge­nann­ten Raum mit ei­nem Te­le­fon und ei­nem PC aus­zu­stat­ten.

Die Ar­beit­ge­be­rin hat be­an­tragt,

den An­trag zurück­zu­wei­sen

Sie hat gel­tend ge­macht, sie ha­be die Möglich­keit, auf drei Sit­zungssäle im 5. Ober­ge­schoss und ei­nen Kon­fe­renz­raum im 1. Ober­ge­schoss zurück­zu­grei­fen. In sämt­li­chen Räum­en stünden Te­le­fon, Ti­sche und Stühle für mehr als acht Per­so­nen zur Verfügung. Zwar müsse sie sich bei der Nut­zung die­ser Räume mit zwei an­de­ren Ge­sell­schaf­ten ab­spre­chen; die Aus­las­tung der Räume sei je­doch ge­ring. Es könne ihr nicht zu­ge­mu­tet wer­den, ei­gens für den Be­triebs­rat ein Büro an­zu­mie­ten. Im Übri­gen könn­ten die Be­triebs­rats­mit­glie­der an in ih­rem Ar­beits­platz un­gestört der Be­triebs­rats­ar­beit nach­zu­ge­hen. Der Be­triebs­rat ha­be die Möglich­keit, durch ei­nen Hin­weis am Ein­gang des Büros dar­auf hin­zu­wei­sen, dass das Haus­meis­terbüro we­gen Be­triebs­rats­ar­beit vorüber­ge­hend ge­schlos­sen sei. Der Be­triebs­rat benöti­ge we­der ei­nen ei­ge­nen Te­le­fon­an­schluss noch ei­nen PC. Die Be­triebs­rats­mit­glie­der, die Te­le­fo­na­te und Com­pu­ter an ih­rem Ar­beits­platz für die Be­triebs­rats­ar­beit zu nut­zen.

Das Ar­beits­ge­richt hat den Anträgen statt­ge­ge­ben. Ge­gen den ihr am 12. Ja­nu­ar 2012 zu­ge­stell­ten erst­in­stanz­li­chen Be­schluss hat die Ar­beit­ge­be­rin am 10. Fe­bru­ar 2012 Be­schwer­de ein­ge­legt und die­se nach Verlänge­rung der Be­gründungs­frist bis zum 12. April 2012 am 4. April 2012 be­gründet.

Die Ar­beit­ge­be­rin ist nach wie vor der Auf­fas­sung, die Anträge sei­en un­be­gründet. Der An­trag, mit dem der Be­triebs­rat ei­nen Raum zur al­lei­ni­gen Nut­zung ver­lan­ge, stel­le ei­nen un­zulässi­gen Glo­balan­trag dar. Die Zu­spre­chung würde nämlich da­zu führen, dass der dem Be­triebs­rat ein­mal zur Verfügung ge­stell­te Raum die­sem dau­er­haft zu­zu­wei­sen wäre. Der Ar­beit­ge­ber ha­be aber das Recht, den Raum aus­zu­tau­schen. Außer­dem sei zu berück­sich­ti­gen, dass sie als Mie­te­rin im Haus M stras­se über kei­nen Raum verfüge, den sie dem Be­triebs­rat zur Al­lein­nut­zung zu­wei­sen könne. Die An­mie­tung ei­nes ex­ter­nen Büros sei ihr we­gen der da­mit ver­bun­de­nen ho­hen Kos­ten nicht zu­mut­bar. Der Be­triebs­rat ha­be die Er­for­der­lich­keit nicht hin­rei­chend dar­ge­legt. Es ge­be kei­nen An­spruch auf ei­ne be­stimm­te Grund­aus­stat­tung. Bis ein­sch­ließlich Ok­to­ber 2012 ha­be der Be­triebs­rat nur 14 Mal um Über­las­sung ei­nes Raums nach­ge­sucht. Der Wunsch sei je­des Mal erfüllt wor­den.

Die Ar­beit­ge­be­rin be­an­tragt,

den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Köln, Az. 3 BV150/10 vom 21.12.2011 ab­zuändern und den An­trag zurück­zu­wei­sen.

Der Be­triebs­rat be­an­tragt,

die Be­schwer­de zurück­zu­wei­sen.

Er ver­tei­digt un­ter Wie­der­ho­lung und Ver­tie­fung sei­nes erst­in­stanz­li­chen Vor­trags den an­ge­foch­te­nen Be­schluss. Zu berück­sich­ti­gen sei, dass die Be­triebs­rats­sit­zung nicht nur aus Be­triebs­rats­sit­zun­gen be­ste­he. Von den Haus­meis­terbüros aus sei die un­gestörte Be­triebs­ratstätig­keit auf­grund des Pu­bli­kums­ver­kehrs nicht möglich. Ein ei­ge­ner Raum sei auch not­wen­dig, da­mit je­des Be­triebs­rats­mit­glied je­der­zeit Zu­griff auf al­le Un­ter­la­gen neh­men könne.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird auf die Gründe des an­ge­foch­te­nen Be­schlus­ses, die im Be­schwer­de­ver­fah­ren
ge­wech­sel­ten Schriftsätze, die ein­ge­reich­ten Un­ter­la­gen so­wie die Sit­zungs­nie­der­schrif­ten Be­zug ge­nom­men.

II.

1. Die Be­schwer­de der Ar­beit­ge­be­rin ist zulässig. Sie ist gemäß § 87 Abs. 1 25 ArbGG statt­haft und wur­de gemäß §§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 und 5 ArbGG, §§ 519 und 520 ZPO frist- und form­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet.

2. Das Rechts­mit­tel ist un­be­gründet. Das Ar­beits­ge­richt hat den Anträgen zu Recht und mit zu­tref­fen­den Erwägun­gen statt­ge­ge­ben.

a) Die Anträge sind ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Ar­beit­ge­be­rin ins­ge­samt zulässig.

Dies gilt auch für den An­trag zu 1), mit dem der Be­triebs­rat die Zur­verfügung­stel­lung ei­nes Büros zur al­lei­ni­gen Nut­zung be­gehrt. Der Hin­weis der Ar­beit­ge­be­rin, es lie­ge ein un­zulässi­ger Glo­balan­trag vor, führt zu kei­ner an­de­ren Be­trach­tung.

Dies er­gibt sich be­reits dar­aus, dass ein zu weit ge­fass­ter Glo­balan­trag nicht zur Un­zulässig­keit, son­dern zur Un­be­gründet­heit des An­trags führt (vgl. BAG 29. Ju­ni 2011 – 7 ABR 135/09 – NZA 2012, 47, m.w.N.).

b) Der An­trag zu 1) ist be­gründet.

aa) Es han­delt sich nicht um ei­nen Glo­balan­trag.

Nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ist ein Glo­balan­trag, der ei­ne Viel­zahl von Fall­ge­stal­tun­gen er­fasst, ins­ge­samt als
un­be­gründet ab­zu­wei­sen, wenn es dar­un­ter zu­min­dest auch Fall­ge­stal­tun­gen gibt, in de­nen sich der An­trag als un­be­gründet er­weist (BAG 3. Ju­ni 2003 – 1 ABR 19/02 – BA­GE 106, 188).

Der An­trag des Be­triebs­rats er­fasst kei­ne Fall­ge­stal­tun­gen, in de­nen er sich als un­be­gründet er­weist. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Ar­beit­ge­be­rin schränkt er ih­re Möglich­keit, dem Be­triebs­rat bei be­ste­hen­dem An­lass ei­nen an­de­ren Raum zur Verfügung zu stel­len, nicht ein. Die­se Möglich­keit darf dem Ar­beit­ge­ber nicht ge­nom­men wer­den, weil der Be­triebs­rat kei­nen An­spruch hat, ein­mal zu­ge­wie­se­ne Räume dau­er­haft zu be­hal­ten (LAG Hamm 28. Mai 2010 – 13 TaBV 102/09 – ju­ris). Dies ist mit der Zu­spre­chung des An­trags in­des nicht ver­bun­den. Denn der Be­triebs­rat ver­langt nicht die Zu­wei­sung ei­nes be­stimm­ten Rau­mes, son­dern ei­nes Rau­mes zur al­lei­ni­gen Nut­zung. Da­mit ist die Aus­wahl der Ar­beit­ge­be­rin über­las­sen.

bb) Der Be­triebs­rat hat nach 40 Abs. 2 Be­trVG ei­nen An­spruch ge­gen die Ar­beit­ge­be­rin, dass sie ihm ei­nen ge­eig­ne­ten, ab­sch­ließba­ren Raum zur al­lei­ni­gen Nut­zung zur Verfügung stellt.

aaa) Nach § 40 Abs. 2 Be­trVG hat der Ar­beit­ge­ber dem Be­triebs­rat für die Sit­zun­gen, die Sprech­stun­den und die lau­fen­de Geschäftsführung in er­for­der­li­chem Um­fang Räume, sach­li­che Mit­tel, Büro­per­so­nal so­wie In­for­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik zur Verfügung zu stel­len (BAG 14. Ju­li 2010 – 7 ABR 80/08 – BA­GE 135, 154).

Nach ständi­ger Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ob­liegt dem Be­triebs­rat die Prüfung, ob ein von ihm ver­lang­tes Sach­mit­tel zur Er­le­di­gung von Be­triebs­rats­auf­ga­ben er­for­der­lich und vom Ar­beit­ge­ber zur Verfügung zu stel­len ist. Die Ent­schei­dung hierüber darf er nicht al­lein an sei­nen sub­jek­ti­ven Bedürf­nis­sen aus­rich­ten. Von ihm wird viel­mehr ver­langt, dass er die be­trieb­li­chen Verhält­nis­se und die sich ihm stel­len­den Auf­ga­ben berück­sich­tigt. Da­bei hat er die In­ter­es­sen der Be­leg­schaft an ei­ner sach­ge­rech­ten Ausübung des Be­triebs­rats­amts ei­ner­seits und be­rech­tig­te In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers, auch so­weit sie auf ei­ne Be­gren­zung der Kos­ten­tra­gungs­pflicht ge­rich­tet sind, ge­gen­ein­an­der ab­zuwägen (BAG 14. Ju­li 2010 – 7 ABR 80/08 – BA­GE 135, 154; 20. Ja­nu­ar 2010 - 7 ABR 79/08 - NZA 2010, 709).

Die Ent­schei­dung des Be­triebs­rats über die Er­for­der­lich­keit des ver­lang­ten Sach­mit­tels un­ter­liegt der ar­beits­ge­richt­li­chen Kon­trol­le. Die­se ist auf die Prüfung be­schränkt, ob das ver­lang­te Sach­mit­tel auf­grund der kon­kre­ten be­trieb­li­chen Si­tua­ti­on der Er­le­di­gung der ge­setz­li­chen Auf­ga­ben des Be­triebs­rats dient und der Be­triebs­rat bei sei­ner Ent­schei­dung nicht nur die In­ter­es­sen der Be­leg­schaft berück­sich­tigt, son­dern auch be­rech­tig­ten Be­lan­gen des Ar­beit­ge­bers Rech­nung ge­tra­gen hat. Dient das je­wei­li­ge Sach­mit­tel der Er­le­di­gung be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­cher Auf­ga­ben und hält sich die In­ter­es­sen­abwägung des Be­triebs­rats im Rah­men sei­nes Be­ur­tei­lungs­spiel­raums, kann das Ge­richt die Ent­schei­dung des Be­triebs­rats nicht durch sei­ne ei­ge­ne er­set­zen (BAG 14. Ju­li 2010 – 7 ABR 80/08 – BA­GE 135, 154; 17. Fe­bru­ar 2010 - 7 ABR 81/09 - NZA-RR 2010, 413).

Aus­ge­hend von die­sen Grundsätzen hängt es von der Größe des Be­triebs und den Be­son­der­hei­ten des Ein­zel­falls ab, ob dem Be­triebs­rat Räume im Be­trieb zur aus­sch­ließli­chen Nut­zung oder nur zu be­stimm­ten Zei­ten über­las­sen wer­den müssen (vgl. LAG Köln 19. Ja­nu­ar 2001 – 11 TaBV 75/00 – NZA-RR 2001, 482; Fit­ting 26. Aufl. § 40 Be­trVG Rn. 108; Ri­char­di/Thüsing § 40 Be­trVG Rn. 63).

Die­se Aus­sa­gen be­inhal­ten kei­ne Ab­wei­chung von der Ent­schei­dung des LAG Schles­wig-Hol­stein vom 19. Sep­tem­ber 2007 (- 6 Ta BV 14/07 – NZA-RR 2008, 187). Das LAG Schles­wig-Hol­stein ist im kon­kre­ten Fall zu dem Er­geb­nis ge­kom­men, dass dem Be­triebs­rat kein ei­ge­ner Raum aus­sch­ließlich zur Verfügung zu stel­len ist. Das LAG Schles­wig-Hol­stein hat in dem Be­schluss nicht den Rechts­satz auf­ge­stellt, dass der Be­triebs­rat in Be­trie­ben oh­ne frei­ge­stell­te Be­triebs­rats­mit­glie­der ge­ne­rell kei­nen ei­ge­nen Raum ver­lan­gen kann. Es hat le­dig­lich aus­geführt, dass in die­sen Fällen ei­ne stun­den­wei­se Raum­zu­wei­sung „in Be­tracht“ kom­me. Maßge­bend sei­en die Bedürf­nis­se des Be­triebs­rats. Dies schließt es nicht aus, im Ein­zel­fall – wie vor­lie­gend ge­sche­hen – zu dem Er­geb­nis zu ge­lan­gen, dass der Be­triebs­rat auch in Be­trie­ben oh­ne frei­ge­stell­tes Be­triebs­rats­mit­glied ei­nen Raum zur al­lei­ni­gen Nut­zung be­an­spru­chen kann.

Oh­ne Aus­sa­ge­kraft für die­se Fra­gen ist in­so­weit die Ent­schei­dung des LAG München vom 8. Ju­li 2005 (3 TaBV 79/03 – ju­ris). Denn der Be­triebs­rat hat­te in die­sem Fall ei­nen Raum „für die Dau­er der Be­triebs­ratstätig­keit“ be­gehrt.

bbb) Da­nach hat der Be­triebs­rat mit sei­nem Be­geh­ren sei­nen Be­ur­tei­lungs­spiel­raum nicht über­schrit­ten.

Das Ar­beits­ge­richt hat zu­tref­fend auf die be­trieb­li­chen Be­son­der­hei­ten ver­wie­sen. Die de­zen­tra­le Or­ga­ni­sa­ti­on der Ar­beit­ge­be­rin er­schwert die ord­nungs­gemäße Be­triebs­rats­ar­beit, wenn der Be­triebs­rat nicht die Möglich­keit hat, ei­nen Raum an zen­tra­ler Stel­le für sich al­lein zu ver­wen­den.

Da­bei muss sich der Be­triebs­rat nicht auf die Möglich­keit ver­wei­sen las­sen, die Kon­fe­renzräume der Ar­beit­ge­be­rin zu nut­zen. Dies gilt un­abhängig von dem Um­stand, dass der Be­triebs­rat die Nut­zung ei­nes der­ar­ti­gen Raums im Jah­re 2012 nur we­ni­ge Ma­le ver­langt hat. Ent­schei­dend ist, dass nur durch die Zu­wei­sung ei­nes Raums zur al­lei­ni­gen Nut­zung si­cher­ge­stellt ist, dass der Be­triebs­rat je­der Zeit zu­sam­men­kom­men und bei sei­ner Zu­sam­men­kunft auf die für die Be­triebs­ratstätig­keit not­wen­di­gen Un­ter­la­gen zu­grei­fen kann.

Dies ist bei den von der Ar­beit­ge­be­rin auf­geführ­ten Al­ter­na­ti­ven nicht möglich. Sie hat selbst an­ge­ge­ben, dass sie sich bei der Nut­zung der Räume nicht nur in­tern, son­dern so­gar mit an­de­ren Ge­sell­schaf­ten ab­stim­men müsse. Dies im­pli­ziert die Möglich­keit, dass der Raum ge­ra­de dann, wenn er vom Be­triebs­rat benötigt wird, nicht zur Verfügung steht.

Es kann dem Be­triebs­rat nicht zu­ge­mu­tet wer­den, Tei­le der Be­triebs­ratstätig­keit wie et­wa Sprech­stun­den in den Haus­meis­terbüros ab­zu­hal­ten. Auch in­so­weit über­schrei­tet er sei­nen Be­ur­tei­lungs­spiel­raum nicht, wenn er ei­nen zen­tra­len An­lauf­punkt für die Mit­ar­bei­ter be­gehrt. Hin­zu kommt, dass in den Haus­meis­terbüros ei­ne un­gestörte Be­triebs­ratstätig­keit nicht möglich ist. Es ist für die Kam­mer plau­si­bel, dass sich Mie­ter mit ei­nem drin­gen­den An­lie­gen nicht von ei­nem Hin­weis­schild ab­brin­gen las­sen, die­ses dem Haus­meis­ter vor­zu­tra­gen.

Darüber hin­aus wird nur mit der Zu­wei­sung ei­nes ei­ge­nen Raums si­cher­ge­stellt, dass je­des Be­triebs­rats­mit­glied je­der­zeit auf die für die Be­triebs­ratstätig­keit not­wen­di­gen Un­ter­la­gen zu­grei­fen kann.

Be­rech­tig­te In­ter­es­sen der Ar­beit­ge­be­rin ste­hen dem An­lie­gen des Be­triebs­rats nicht ent­ge­gen. Die In­ter­es­sen der Ar­beit­ge­be­rin wer­den da­durch ge­wahrt, dass es ihr über­las­sen bleibt, wie sie den An­spruch des Be­triebs­rats um­setzt. In Be­tracht kommt et­wa die Räum­ung ei­nes bis­her an­der­wei­tig ge­nutz­ten Büros. Denk­bar ist auch die An­mie­tung ei­nes ex­ter­nen Büros. Die da­mit ver­bun­de­nen Kos­ten sind der Ar­beit­ge­be­rin zur Si­che­rung ei­ner ef­fek­ti­ven Be­triebs­rats­ar­beit zu­mut­bar.

cc) Der Be­triebs­rat kann ver­lan­gen, dass der Raum mit ei­nem Schreib­tisch, ei­nem Tisch, min­des­tens acht Stühlen und ei­nem Ak­ten­schrank aus­ge­stat­tet wird.

Die Räume müssen funk­ti­ons­ge­recht mit dem er­for­der­li­chen Mo­bi­li­ar aus­ge­stat­tet sein (LAG Schles­wig-Hol­stein vom 19. Sep­tem­ber 2007 - 6 Ta BV 14/07 – NZA-RR 2008, 187; ArbG Frank­furt 17. Fe­bru­ar 1999 – 2 BV 454/98 – NZA-RR 1999, 420; Fit­ting 26. Aufl. § 40 Be­trVG Rn. 109; Ri­char­di/Thüsing § 40 Be­trVG Rn. 64).

Hier­zu gehören ein Tisch und die er­for­der­li­che An­zahl an Stühlen, da­mit der Be­triebs­rat Be­spre­chun­gen durchführen kann. Es ist nicht zu be­an­stan­den, dass der Be­triebs­rat ei­nen Stuhl mehr als es sei­ner Größe ent­spricht ver­langt. Dies berück­sich­tigt die Möglich­keit, dass Ex­ter­ne zur Be­triebs­rats­sit­zung ein­ge­la­den wer­den. Der Ak­ten­schrank wird zur Auf­be­wah­rung der Un­ter­la­gen benötigt.

dd) Der Be­triebs­rat kann schließlich ei­nen Te­le­fon­an­schluss und ei­nen PC ver­lan­gen.

aaa) Auch nach der am 28. Ju­li 2001 in Kraft ge­tre­te­nen Neu­fas­sung des § 40 Abs. 2 Be­trVG, mit der der Ge­setz­ge­ber klar­ge­stellt hat, dass der Ar­beit­ge­ber dem Be­triebs­rat In­for­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik in er­for­der­li­chem Um­fang zur Verfügung zu stel­len hat (BT-Drucks. 14/5741 S. 41), kann bei der Nut­zung die­ser Tech­nik von der Prüfung der Er­for­der­lich­keit nicht ab­ge­se­hen wer­den. Dies er­gibt sich be­reits aus dem Wort­laut des § 40 Abs. 2 Be­trVG. Da­nach ste­hen In­for­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik gleich­ran­gig ne­ben Räum­en, sach­li­chen Mit­teln und Büro­per­so­nal. Die Be­schränkung des Sach­mit­tel­an­spruchs des Be­triebs­rats auf den er­for­der­li­chen Um­fang dient da­zu, ei­ne übermäßige fi­nan­zi­el­le Be­las­tung des Ar­beit­ge­bers zu ver­hin­dern. Da­mit ließe sich nicht in Ein­klang brin­gen, ge­ra­de in dem kos­ten­in­ten­si­ven Be­reich mo­der­ner Büro­tech­nik, an­ders als bei den übri­gen Sach­mit­teln, auf die Prüfung der Er­for­der­lich­keit zu ver­zich­ten (BAG 14. Ju­li 2010 – 7 ABR 80/08 – BA­GE 135, 154; 17. Fe­bru­ar 2010 - 7 ABR 81/09 - NZA-RR 2010, 413).

Ins­be­son­de­re in ei­nem Un­ter­neh­men, des­sen vom Be­triebs­rat zu be­treu­en­de Be­triebsstätten räum­lich von­ein­an­der ent­fernt sind, kann es der Be­triebs­rat zur Ermögli­chung des in­ner­be­trieb­li­chen Dia­logs mit den von ihm re­präsen­tier­ten Ar­beit­neh­mern als er­for­der­lich an­se­hen, dass sei­ne Mit­glie­der je­der­zeit te­le­fo­nie­ren können und te­le­fo­nisch er­reich­bar sind (BAG 9. De­zem­ber 2009 – 7 ABR 46/08 – BA­GE 132, 357; 19. Ja­nu­ar 2005 - 7 ABR 24/04 – AP § 40 Be­trVG 1972 Nr. 76).

Der Be­triebs­rat kann nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom Ar­beit­ge­ber nach § 40 Abs. 2 Be­trVG die Über­las­sung ei­nes PC nebst Zu­behör und Soft­ware nur ver­lan­gen, wenn er die Aus­stat­tung mit die­sem Sach­mit­tel zur Durchführung sei­ner sich ihm stel­len­den be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Auf­ga­ben für er­for­der­lich hal­ten darf. Dies ist nicht be­reits dann der Fall, wenn der Be­triebs­rat ihm ob­lie­gen­de Auf­ga­ben mit Hil­fe ei­nes PC ef­fek­ti­ver und ra­tio­nel­ler er­le­di­gen kann als mit ei­nem an­de­ren ihm be­reits zur Verfügung ste­hen­den Sach­mit­tel. Aus
Ef­fek­ti­vitäts­gründen darf der Be­triebs­rat die Über­las­sung ei­nes PC nur für er­for­der­lich hal­ten, wenn er oh­ne die­se tech­ni­sche Aus­stat­tung ihm ob­lie­gen­de Auf­ga­ben ver­nachlässi­gen müss­te (BAG 16. Mai 2007 – 7 ABR 45/06 – BA­GE 122, 293).

In jünge­rer Recht­spre­chung nimmt das BAG al­ler­dings an, dass sich der Be­triebs­rat re­gelmäßig im Rah­men des ihm zu­ste­hen­den Be­ur­tei­lungs­spiel­raums be­wegt, wenn er ei­nen In­ter­net­zu­griff für die ein­zel­nen Mit­glie­der des Be­triebs­rats für er­for­der­lich hält (BAG 14. Ju­li 2010 – 7 ABR 80/08 – BA­GE 135, 154). Dies im­pli­ziert, dass der Be­triebs­rat re­gelmäßig die Zur­verfügung­stel­lung ei­nes Com­pu­ters ver­lan­gen kann, denn der In­ter­net­an­schluss setzt re­gelmäßig die Nut­zung ei­nes Com­pu­ters vor­aus (vgl. ErfK/Koch 12. Aufl. § 40 Be­trVG Rn. 16).

bbb) Nach die­sen Grundsätzen hat der Be­triebs­rat auch mit sei­nem Ver­lan­gen nach ei­nem Te­le­fon­an­schluss und ei­nem PC sei­nen Be­ur­tei­lungs­spiel­raum nicht über­schrit­ten.

Das Te­le­fon benötigt der Be­triebs­rat, um während der Nut­zung der Räum­lich­keit mit an­de­ren Be­triebs­rats­mit­glie­dern und Ar­beit­neh­mern in Kon­takt tre­ten zu können.

Den Com­pu­ter braucht der Be­triebs­rat, um di­rekt An­schrei­ben und Stel­lung­nah­men fer­ti­gen zu können. Er muss sich nicht dar­auf ver­wei­sen las­sen, hierfür erst in die ei­ge­nen Büros zu ge­hen. Ins­be­son­de­re in Fällen, in de­nen das Ge­setz ei­ne schrift­li­che Stel­lung­nah­me ver­langt (§§ 99 Abs. 3 Satz 1, 102 Abs. 2 Satz 1 Be­trVG), bestünde an­dern­falls die Ge­fahr, dass die ihm ein­geräum­te Frist nicht ge­wahrt wer­den kann.

Den Be­lan­gen der Ar­beit­ge­be­rin ist da­mit aus­rei­chend Rech­nung ge­tra­gen wor­den. Die Ein­rich­tung ei­nes Te­le­fon­an­schlus­ses und die An­schaf­fung ei­nes Com­pu­ters sind an­ge­sichts der Größe des Be­triebs nicht mit er­heb­li­chen Kos­ten ver­bun­den. Im Übri­gen dürf­ten für die Ar­beit­ge­be­rin höhe­re Kos­ten ent­ste­hen, wenn der Be­triebs­rat zur Ab­fas­sung ei­ner Stel­lung­nah­me ge­zwun­gen wäre, sei­ne Sit­zung zu un­ter­bre­chen oder gar zeit­nah er­neut zu ei­ner Sit­zung zu­sam­men­zu­kom­men.

3. Die Rechts­be­schwer­de war nicht nach §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zu­zu­las­sen, weil die Ent­schei­dung auf den be­son­de­ren Umständen des Ein­zel­falls be­ruht.

Es liegt nach den obi­gen Ausführun­gen auch kei­ne Di­ver­genz zu der Ent­schei­dung des LAG Schles­wig-Hol­stein vom 19. Sep­tem­ber 2007 (- 6 Ta BV 14/07 – NZA-RR 2008, 187) vor.

RECH­TSMIT­TEL­BE­LEH­RUNG:

Ge­gen die­sen Be­schluss ist ein Rechts­mit­tel nicht ge­ge­ben.

We­gen der Möglich­keit der Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de wird auf § 92a ArbGG ver­wie­sen.

Dr. Sie­vers

Lind­lahr

Do­se

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